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J. Meyer. Zur Kenntnis des dreiwertigen Mnngans I. 385 Zur Kenntnis des dreiwertigen Mangans 1. Von JULIUS MEPER. Das Mangan kann bekanntlich eine erhebliche Zahl von Ver- bindungen bilden, in denen es 2-, 3-, 4-, 6- oder 7wertig zu fun- gieren vermag. Genauer untersucht sind bisher nur solche Stoffe, die sich von der ersten und der letzten Verbindungsstufe ableiten, die Manganosalze und die Permanganate. Von den dazwischen liegenden Manganverbindungen ist nur wenig bekannt , und dieses Wenige ist dazu noch haufig durch experimentelle Widerspriiche verschiedener Forscher entstellt. Diese geringe Kenntnis dieser Manganverbindungen entspricht durchaus nicht der groSen Be- deutung, die ihnen bei vielen Vorgangen als Zwischenstufen zuzu- kommen scheint. Vor allem sind es die Verbindungen, die sich vom 3 wertigen Mangan ableiten, die Manganiverbindungen, die in den letzten Jahren eine erhohte Bedeutung dadurch erlangt haben, daI3 man ihr intermediares Auftreten bei vielen Vorgangen annahm, denen irgendwelche Mangansalze als Katalysatoren hinzugefugt waren, ohne dab man allerdings das Vorhandensein irgendwelcher bestimmter Zwischenprodukte mit Sicherheit nachweisen konnte. So spielen die Salze des Manganoxyds Mn,O, eine Hauptrolle bei den theoretischen Erorterungen zu den kinetischen Versuchen iiber die Reaktion zwischen Kaliumpermanganat und Oxalsaure. 1 Die Bedeutung der Manganisalze liegt hier vor allem darin, daB sie Neigung haben, in Verbindungen einer niedriger- und einer hoher- wertigen Manganstufe zu zerfallen, z. B.: 2M.a' = 111" + M*-**. Dieser eigentilmliche Zerfall der Manganisalze, den ich schon vor langerer Zeit zur Erklarung der Bildung der Dithionsaure a herangezogen hatte: Mn,(SO,), = MnSO, + Mn(SO,), = MnSO, + MnS,O,, ist aber zugleich die Ursache dafur, daI3 Manganisalze bisher nur wenig dar- gestellt und untersucht worden sind. A. SKRABAL, 2. morg. Chem. 42 (1904), 1; NIC. SCEILOW, Berl. Ber. 36 JUL. MEYER, Bed. Ber. 34 (1901), 3606; 35 (1902), 3429. (1903), 2735. 2. anorg. Chem. Bd. 81. 25

Zur Kenntnis des dreiwertigen Mangans I

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J. Meyer. Zur Kenntnis des dreiwertigen Mnngans I. 385

Zur Kenntnis des dreiwertigen Mangans 1. Von

JULIUS MEPER.

Das Mangan kann bekanntlich eine erhebliche Zahl von Ver- bindungen bilden, in denen es 2-, 3-, 4-, 6- oder 7wertig zu fun- gieren vermag. Genauer untersucht sind bisher nur solche Stoffe, die sich von der ersten und der letzten Verbindungsstufe ableiten, die Manganosalze und die Permanganate. Von den dazwischen liegenden Manganverbindungen ist nur wenig bekannt , und dieses Wenige ist dazu noch haufig durch experimentelle Widerspriiche verschiedener Forscher entstellt. Diese geringe Kenntnis dieser Manganverbindungen entspricht durchaus nicht der groSen Be- deutung, die ihnen bei vielen Vorgangen als Zwischenstufen zuzu- kommen scheint. Vor allem sind es die Verbindungen, die sich vom 3 wertigen Mangan ableiten, die Manganiverbindungen, die in den letzten Jahren eine erhohte Bedeutung dadurch erlangt haben, daI3 man ihr intermediares Auftreten bei vielen Vorgangen annahm, denen irgendwelche Mangansalze als Katalysatoren hinzugefugt waren, ohne dab man allerdings das Vorhandensein irgendwelcher bestimmter Zwischenprodukte mit Sicherheit nachweisen konnte.

So spielen die Salze des Manganoxyds Mn,O, eine Hauptrolle bei den theoretischen Erorterungen zu den kinetischen Versuchen iiber die Reaktion zwischen Kaliumpermanganat und Oxalsaure. 1 Die Bedeutung der Manganisalze liegt hier vor allem darin, daB sie Neigung haben, in Verbindungen einer niedriger- und einer hoher- wertigen Manganstufe zu zerfallen, z. B.: 2M.a' = 111" + M*-**. Dieser eigentilmliche Zerfall der Manganisalze, den ich schon vor langerer Zeit zur Erklarung der Bildung der Dithionsaure a herangezogen hatte: Mn,(SO,), = MnSO, + Mn(SO,), = MnSO, + MnS,O,, ist aber zugleich die Ursache dafur, daI3 Manganisalze bisher nur wenig dar- gestellt und untersucht worden sind.

A. SKRABAL, 2. morg. Chem. 42 (1904), 1; NIC. SCEILOW, Berl. Ber. 36

JUL. MEYER, Bed. Ber. 34 (1901), 3606; 35 (1902), 3429. (1903), 2735.

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Die bisherigen Untersuchungen haben gelehrt, daB Manganisalz- losungen nur unter ganz bestimmten Bedingungen stabil sind und daB nur wenige Manganisalze im festen Zustande dargestellt werden konnen. Die Darstellungsweisen sind durchweg umstandlich und fiihren nicht immer zu reinen Produkten. Mit Sicherheit geht aus den bisher vorliegenden Produkten hervor, daB das freie Mangani- ion in merklicher Konzentration auBerst unbestiindig ist, daB man aber durch Verhinderung der elektrolytischen Dissoziation Losungen von Manganisalzen darstellen und auch Manganisalze daraus ge- winnen kann. Zur Verhinderung und moglichst weitgehenden Unter- druckung der Dissoziation der Manganisalze dient in erster Linie ein groBer UberschuB von Saure, zweitens aber Bildung komplexer Salze und schlieBlich auch Bildung schwer oder unloslicher Salze, Die Qewinnung des diesen Salzen zugrunde liegenden 3 wertigen Mangans ist aber bisher etwas umstandlich gewesen und war eine nicht geringe Schwierigkeit bei der Darstellung groBerer Mangani- salzmengen.

Bei den bisherigen Methoden zur Darstellung von Manganisalzen geht man entweder vom Mangandioxyd MnO, oder -oxyd M T I , ~ , aus, das man in der Hitze mit einer Saure behandelt. So erhalt man in mehr oder weniger reinem Zustande Manganisulfat und Mangani- phosphat, wahrend bei der Einwirkung von konzentrierter Salzsiiure in der Kalte das leicht zersetzliche Manganichlorid entsteht. Eine andere Darstellungsweise, die vor allem CHRISTENSEN ausgearbeitet hat, besteht in der Oxydation von Manganosalzen durch Kalium- permanganat in Qegenwart der betreffenden Siuren. SchlieBlich ist noch die anodische Oxydation von Manganosalzen zu erwahnen, mit deren Hilfe man Manganisulfatdoppelsalze gewonnen hat. Und end- lich hat man mit Erfolg versucht, die Oxydhydrate des 3wertigen Mangans darzustellen und in SSiuren aufzulosen. Auf diese Weise hat man z. B. Manganifluorid gewinnen konnen.S

Indessen leiden diese samtlichen Methoden zur Darstellung von Manganisalzen an dem Nachteile, daB sie teilweise recht kostspielig und auch umstandlich sind, und daB sie auBerdem meistens nur

Die Bemerkung von W. ENE EL, Zeitschr. fi Elektrochem. 16 (1909), 841, ,,dab in wasseriger Lasung die Ionen des 3wertigen Mangsns bestiindig sind", ist wohl nur mit dieser Einschrankung zutreffend.

* Oversight Kolzg. Selsk. Forh. 1896, 94; Jourlz. prakt. C h . [ 2 ] 28 (1883), 1; [2] 31 (1885), 163. Auch SCHJERNINQ, Jourmprakt. Chem. [ 2 ] 4i5 (1892), 515.

E. MULLER und KOPPE, 2. anorg. Chem. 68, 160.

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recht geringe Ausbeuten geben. Als Grundlage fur die Unter- suchung der verschiedenen bfanganisalze erwies es sich daher als durchaus notwendig, eine Methode zur Darstellung irgendeines Manganisalzes im groBen MaBstabe ausfindig zu machen. Dss so im GroBen beschaffte Ausgangsmaterial sollte dann die anderen Manganisalze liefern.

Nach einer Reihe von Versuchen nach den verschiedensten Richtungen hin stellte es sich schlieBlich heraus, daB die Gewinnung groBerer Mengen Kaliummanganicyanid sich ohne merkliche Kosten und fast ohne jeden Arbeitsaufwand durchfiihren liist und aus diesen Griinden sowohl wie auch seines chemischen Verhaltens wegen ist es, wie sich weiter unten zeigen wird, aderordentlich gut geeignet urn auch andere Manganisalze daraus zu gewinnen.

Daretellung dee Kaliummanganicyanida.

DaB das Mangan mit Cyan und Cyankalium eine Verbindung zu liefern vermag , die dem Kaliumferricyanid in ihrer Zusammen- setzung entspricht, ist von HAIDLEN und FILESENIUS~ auf Grund ihrer Beobachtungen des Verhaltens von Manganoxydul in Kaliumcyanid- losungen an der Luft wohl vermutet worden. Aus derartigen Losungen, die der Einwirkung der Luft ausgesetzt gewesen waren, hat dann RAMMELSBEEG~ rote Kristdle erhalten, denen er die Zu- sammensetzung 3 KCN . Mn(CN), zuschrieb und auch BALABD hat diese roten Kristallnadeln erhalten. Aber die erste eingehende Untersuchung uber die Cyanverbindungen des Mangans riihrt erst von J. H. EATON und RUD. FITTIQ~ her, deren Beobachtungen nicht unwesentlich von allen friiheren Angaben abweichen. Sie gewannen das Kaliummanganicyanid auf einem etwas urnstandlichen Wege, indem sie aus Manganoacetat und Kaliumcyanid zuerst Man- ganocyanid Mn(CN), und dann das blaue Kaliummanganocyanid K4Mn(CN), .3 H,O darstellten. ,,Siedendes Wasser zersetzt das Mangancyaniir-Cyankalium sofort unter Abscheidung von Mangan- oxydhydrat. Kalter Alkohol lost und zersetzt das Salz anfringlich nicht, aber nach einigen Tagen wird es oberflachlich oxydiert und braun; heiBer Alkohol zersetzt es rascher, aber doch vie1 langsamer

HAIDLEN und FBESENIUS, Ann. d. Chent. 43 (1842), 129. RAMYELSBEBQ, kogg. Ann. 42 (1838), 117. BALABD, Compt. rend. 18 (1844), 909. ' J. H. EATON und R. FITTIQ, Ann. d. Chem. 146 (1868), 157.

25 *

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388 J . Meyer.

als Wasser. Bei Gegenwart von KCN wird das Salz auch durch Wasser nur langsam zersetzt. Die Losung bleibt klar, aber fugt man nach mehreren Tagen Alkohol zu derselben, so bildet sich kein blauer Niederschlag mehr, sondern ein roter von Mangan- cyanid-Cyankalium." ,,Wenn man die blauen Kristalle des Mangan- cyaniir-Cyankaliums einige Tage in der cyankaliumhaltigen Mutter- lauge an der Luft stehen laBt, so losen sie sich auf und gehen ohne Abscheidung von Manganoxydhydrat in Mangancyanid-Cyankalium uber. Dieselbe Zersetzung findet statt, wenn man die aus der Losung herausgenommenen Kristalle, ohne sie vorher zu waschen, an der Luft liegen 1aBt; denn die kleine Menge der anhaftenden Mutterlauge reicht hin, urn diese Veranderung zu bewirken. Sie farben sich dann rot und losen sich nachher in Wasser zu einer roten Flussigkeit klar auf. Sehr rasch, aber unter Abscheidung von Manganoxydhydrat, erfolgt diese Umwandlung, wenn man die Losung des blauen Salzes zum Sieden erhitzt oder im Wasserbade auf ein geringes Volumen verdunstet. Im letzteren Falle scheidet sich eine rote Masse ab, welche sich unter Zurucklassung von Manganoxyd- hydrat in Wasser mit intensiv blutroter Farbe auflost. Versetzt man diese Losung mit etwtls KCN und 1aBt sie neben konzentrierter Schwefelsaure freiwillig verdunsten , so wird ihre Farbe immer schwacher und schlieBlich scheiden sich aus der fast farblos ge- wordenen Losung groBe, stark glanzende und vollkommen durch- sichtige Kristalle ab , welche nahezu die Farbe des Nitroprussid- natriums besitzen. Meistens bestehen diese aus saulenfijrmigen Prismen, die beim langsamen Verdunsten der Losung sehr leicht in der GroBe von mehreren Zollen erhalten werden konnen; einmal aber, als die Losung nur eben den Boden des flachen Kristal- 1isationsgefaBes bedeckte, erhielten wir groBe sechseckige Tafeln von derselben Farbe." Zur Erklarung der Bildung des Manganisalzes aus dem Kaliummanganocyanid fiihren EATON und FITTIG aus: ,,Es entsteht aus dem Mangancyanur-Cyankalium, ebenso wie das rote Blutlaugensalz aus dem gelben , durch Oxydation; wahrend aber beim Ferrocyankalium ein starkes Oxydationamittel erforderlich ist, geniigt bei der entsprechenden Manganverbindung dazu schon der Sauerstoff der Luft. Schwieriger ist die momentane Bilduag des roten Salzes beim Kochen der wasserigen Losung des blauen Salzes zu erklaren. Sehr wahrscheinlich h d e t dabei Zersetzung des Wassers statt. Die gleichzeitige Abscheidung von Manganoxydhydrat ist viel- leicht die Folge einer sekundaren Reaktion; denn auch das reine

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Salz scheidet beim Kochen seiner wilsserigen Lasung Manganoxyd- hydrat ab, und wenn man das Erhitzen hinreichend lange fortsetzt und das verdampfende Wasser erneuert, bleibt keine Spur Mangan zuruck. Aus diesem Grunde lafit sich das Salz auch nicht gut aus reinem Wasser umkristallisieren. Die Gegenwart von Cyankalium macht das Salz bestandiger." Wie sich weiter unten hersusstellen wird, sind die Beobachtungen von EATON und FITTIG der Hauptsache nach richtig gewesen, mussen aber teilweise anders gedeutet werden.

Eine andere Darstellungsweise fur Krtliummanganicyanid hat dann 0. T. CHRISTENSEN angegeben. ,,60 g 98 O/,iges KCN wurden unter Erhitzen in 200 ccm Wasser gelost und die Losung beinahe bis zum Sieden erhitzt; dann wurden 15 g normales phosphorsaures Manganoxyd a in drei Portionen eingetragen ; nach einigen Minuten, innerhalb welcher Zersetzung eintrat und ein dunkler Niederschlag sich ausschied, wurden 15-20 g festes Cyankalium in gro6eren Stucken hinzugefugt und wieder auf dem Wasserbade erhitzt ; dabei wurde eine tiefrote Lasung gebildet, welche nach dem Filtrieren so gut wie gar nichts auf dem Filter zurucklie6 und nach Stehen in der Kalte eine bedeutende Menge Kristalle von Manganidcyankalium lieferte. Diese wurden mit Cyankalilosung gewaschen und zwischen Filterpapier gepreBt. Die Mutterlauge lieferte nach kurzem Ein- dampfen auf dem Wasserbade und langsamer Abkuhlung eine be- deutende Kristallmasse, welche auf dieselbe Weise behandelt wurde.

Zur Reinigung konnen die Kristalle in cyankaliumhaltigem Wasser gelost werden und wieder aus dieser Losung auskristal- lisieren. Wendet man zur Losung eine Cyankalilosung an, welche 1 Teil KCN auf 4 Teile Wasser enthalt, 80 bemerkt man, da6 beim Erhitzen eine deutliche Reduktion eintritt, indem die Losung eine hellgelbe Farbe annimmt, welche fur die Losungen des Mangano- cyankaliums eigentumlich ist; fugt man dann Wasser hinzu und er- hitzt weiter, so wird die Losung wieder rot, indem sich Mangan- oxydhydrat ausscheidet, und nach dem Filtrieren erhalt man Kristalle yon Manganidcyankalium. - Das Cyanknlium zeigt sich demnach hier als Reduktionsmittel. Wird das Manganidcyankalium in einer kalten Cyankaliumlosung gelost, so bildet sich eine rote Losung, welche uber Schwefelsaure schone Kristalle liefert."

Diese CHRISTENSENSChe Methode ist zur Darstellung groBerer Mengen von Kaliummanganicyanid zweifellos nicht geeignet, da sie

0. T. CHRISTENSEN, Journ. prakt. Chern. 139 (1585), 163. Dargestellt nach 0. T. CHRISTENSEN, Jowm. prakt. C h m [2] 28, 20.

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von einem anderen, nicht ganz leicht zu beschaffenden Manganisalze ausgeht. Die Deutung des Farbenwechsels der Losungen von rot in gelb und umgekehrt ist nicht sehr wahrscheinlich. Weiter unten wird sich eine durchsichtigere Erklarung finden.

Andere Methoden zur Darstellung von K,Mn(CN), sind bisher nicht angegeben worden. P. STRAUS benutzt das CHRIsTmBENsche Verfahren mit kleinen Abanderungen. Er wascht die ausgeschiedenen Kristalle mit Alkohol.

Die von EATON und FITTIG beobachtete Autoxydation des Kaliummanganocyanids lieB es als wahrscheinlich erscheinen, daB sich auf diesem Wege groBere Mengen des Manganisalzes ohne Schwierigkeit darstellen lassen. Nach einer Reihe von VorverBuchen wurde dann folgendes Verfahren benutzt.

Es werden 400 g reines kristallinisches Kaliumcyanid in mog- lichst wenig Wasser von Zimmertemperatur aufgelost und in eine Baugflasche von 1-11/2 1 Inhalt gegeben. Dazu fugt man 100 g fein zerriebenes Manganokarbonat. Durch den Hals der Wasch- flasche fuhrt ein Glasrohr bis auf den Boden, so da8 beim An- schlieBen der Saugflasche an die Wasserstrahlpumpe durch die breiige Masse Luft hindurchgesaugt wird. Nach kurzer Zeit nimmt das Gemisch dunkelblaue Farbe an, wobei etwas Erwarmung eintritt. Es hat sich, vor allem wenn man noch keine Luft durchleitet und das Erwarmen der Masse durch Kiihlung mit Leitungswasser ma8igt, in sehr guter Ausbeute das Kaliummanganocyanid gebildet:

MnCO, + 6KCN = K,CO, + K,Mn(CN),,

und zwar erhalt man das Trihydrat, dessen Bildung sich auch schon durch Dickerwerden des Gemisches zu erkennen gibt. Wenn man diese blaue Masse auf einem Buchnertrichter rasch absaugt und mit Alkohol und schlieBlich mit Ather auswascht, so erhalt man ein schon sehr reines nichtkristallinisches Produkt. Hat man das verwendete Mangankarbonat geniigend fein verrieben, so bleiben bei mehrfachem energischem Durchschutteln des Gemisches keine Man- ganokarbonatpartikelchen unzersetzt zuriick und man erhalt nach kurzer Zeit ) moglichster AusschluB von Luft immer vorausgesetzt, ein fast analysenreines Produkt, wie folgende Analysen zeigen. Die abgewogene Substanzmenge wurde mit verdiinnter Salzsaure gekocht, dann das Mangan als Ammoniummanganphosphat ausgefallt und als

' P. STBAUS, 2. anorg. Chem. 9 (1895), 6.

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Pyrophosphat gewogen. Zur Bestimmung des Kaliums wurde die abgewogene Substanzmenge langere Zeit mit etwas Ammoniak in. vie1 Wasser gekocht. Dann wurde von den ausgeschiedenen Man- ganhydroxyden abfiltriert und das Kalium nach dem Eindampfen als Kaliumsulfat bestimmt.

Berechnet auf K,Mn(CN), . 3 H,O: Gefunden: Mn 13.05 12.74 12.86 12.83

o/o K 37.10 38.03 37.75 37.80

Leitet man nun durch die breiige, blaue Hasse in der Saug- flasche in der angegebenen Weise Luft, so beginnt sie sich allmiih- lich rotlich zu farben. Die Autoxydation wird solange fortgesetzt, bis das blaue Kaliummanganocyanid verschwunden und eine reine orangerote Masse zuruckgeblieben ist. Bei Zimmertemperatur sind dam mehrere Tage notwendig, aber durch gelindes Erwarmen auf dem Wasserbade kann die Oxydationszeit so abgekiirzt werden, daB schon im Verlaufe eines Tages vollstandige Oxydation eingetreten ist, was an der gleichmaEigen Farbung der inzwischen wieder etwas diinnflussiger gewordenen Masse zu erkennen ist. Dann saugt man ab, wobei ein schwach rotlich gefarbtes Filtrat durchlauft, wlischt mit Alkohol und schlieBlich mit Ather nach. Breitet man die rot- braune Masse, die bei gutem Arbeiten sehr feinkristallinisch zu sein scheint, in einer Porzellanschale an der Luft aus, so hat man schon ein fast analysenreines Produkt.

Will man das Kaliummanganicyanid kristallisiert erhalten, so kann man das erste Filtrat vorsichtig mit Alkohol uberschichten. Bei langerem, ruhigem Stehen scheidet der in die LGsung hinein- diffundierende Alkohol das Salz in schiinen, zentimeterlangen, rot- braunen Nadeln aus. Das Rohprodukt selbst la& sich ebenfalls leicht umkristallisieren, indem man es in heiBer, ungefahr 10°/,iger Kalium- cyanidlosung auflost und langsam erkalten laEt, wodurch man das Kaliummanganicyanid wiederum in Nadeln erbalt, oder indem man es nach dem Vorgange von P. Swum sehr rasch unter energischem Riihren abkiihlt, wodurch man ein feines Kristallpulver erhalt. Die umkristallisierten Produkte sind vollstandig eiaheitlich und ent- sprechen genau der Formel K,Mn(CN),.

Die Autoxydation des Kaliummanganosalzes verlauft nach der Gleichung :

2K,Mn(CN), + 0 + 40 = 2K,Mn(CN), + 2KOH.

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Zur Prufung dieser Gleichung wurde in dem MischgefaB eines Azotometers eine gewogene Menge Mangankarbonat mit einer zu- reichenden Menge einer fast gesattigten Kaliumcyanidlosung zu- sammengebracht. Unter haufigem Durchschutteln wurde dann die Abnahme des Luftvolumens infolge der Autoxydation beobachtet, wozu meistens 2-3 Tage erforderlich waren.

0.2136 g MnCO, verbrauchten 10.10 ccm 0,, ber. 10.40 ccm 0,,

Wahrend die beiden Oxydationsversuche bei Zimmerternperatur ausgefuhrt worden waren, wurde bei den beiden folgenden das be- schickte MittelgefaB durch den Glashahn verschlossen , auf dem Wasserbade auf ungefahr 50° erwarmt und fleiBig geschuttelt. Nach vollendeter Oxydation, die im Verlaufe eines Tages erfolgte, wurde wiederum auf Zimmertemperatur abgekuhlt, der Sauerstoffverbrauch festgestellt und wie ublich auf normale Bedingungen umgerechaet.

0.2412 g MnCO, verbrauchten 11.10 ccm 0,, ber. 11.72 ccm 0,, 0.1730 g MnCO, 19 "05 9 9 O,J 1, 8.43 ,, 0,.

Demnach verlauft die Autoxydation in der Warme nicht anders wie bei Zimmertemperatur, nur die Oxydationsgeschwindigkeit ist erheblich groBer. Damit ist auch die Erklarung fur den Befund von EATON nnd FITTIC) gegeben, daI3 das blaue Kaliummangano- cyanid in wasseriger LSsung beim Kochen ,,momentan" in das rote Manganisalz ubergeht. Es findet allerdings nicht etwa, wie EATON und FITTIO annehmen, hierbei eine Zersetzung des Wassers statt, sondern die Oxydationsgeschwindigkeit ist infolge der Temperatur- erhohung sehr grob geworden. Eine Uberschlagsrechnung zeigt auch die Berechtigung dieser Extrapolation. Nehmen wir an, daB der Temperaturquotient der Autoxydationsgeschwindigkeit des unter- suchten Vorganges zwischen den ublichen Werten 2 und 3 liegt, also im Mittel 2.5 ist, und benijtigen wir zur vollstandigen Autoxy- dation einer 'bestimmten Menge Kaliummanganocyanids bei 20 O

4 Tage, so brauchen wir bei der Siedetemperatur der konzentrierten Kaliummanganocyanid - Ealiumcyanidlosung, die wir mit erlaubter

Annaherung gleich l l O o setzen, eine Zeit von 60 24 * 2 . 5 - 1 0 = 0.38 Minuten,l urn den Vorgang ebenso weit zu fiihren wie oben bei Zimmertemperatur.

0.1848 g MnCO, J , 8'35 7, O,J 9 , 8.98 ,, 0,.

a o - - 1 1 0

JUL. MEYER, Chem. Reaktionsgeschwindigkeit, Leipzig, S. 37.

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Die Autoxydationsversuche des Mangankarbonats in konzen- trierten Kaliumcyanidlosungen lassen es schon zweifellos erscheinen, daB sich bei dem Vorkange Kaliummanganicyanid bildet. Die Analyse des erhaltenen Rohproduktes und vor allem des umkristalli- sierten Salzes bestatigen die Formel K,Mn(CN), in jeder Weise. Zur Analyse wurde die Unbestandigkeit des Salzes gegen Wasser benutzt, indem eine abgewogene Menge Kaliummanganicyanid mit viel Wasser gekocht wurde. Dabei scheidet sich Manganoxydhydrat quantitativ ab:

K,Mn(CN), + 3H,O = 3KCN + 3HCN + Mn(ON),.

Das Manganihydroxyd wurde abfiltriert und ausgewaschen, das Filtrat eingedampft und in einer Platinschale mit Schwefelsaure auf Kaliumsulfat zur Trockne verdampft. Das Manganihydroxyd wurde in Salzsaure gelost , durch Kochen in Manganochlorid verwandelt: MnCI, = MnCl, + C1, und dann als Ammoniummanganphosphat ge- fallt. Die Manganbestimmung la& sich auch in etwas einfacherer Form ausfuhren, indem man eine abgewogene Menge des Mangani- salzes mit viel Wasser und etwas Salzsaure kocht, wobei Blausa.ure entweicht und Manganochlorid entsteht, das wieder als Phosphat gefallt wird.

Berechnet: Rohprodukt I I1 Urnkristallisiert :

"0 K 35.73 38.91 37.80 36.65 36.72 35.96 35.89 Mn 16.73 17.01 17.67 16.96 17.23 16.78 16.87

Auch titrimetrisch IiiBt sich der Mangangehalt leicht bestimmen. Eine abgewogene Menge des Kaliummanganicyanids wird durch Kochen mit ungefahr 3/4 Liter Wasser hydrolysiert. Das ausge- schiedene Manganihydroxyd wird abfiltriert, gewaschen und rnit dem Filter in der Retorte eines Brannsteinbestimmungsapparates rnit Salzsiiure gekocht. Das in der Vorlage ausgeschiedene Jod wird wie ublich gegen Thiosulfat titriert. Von dem ersten Rohprodukte verbrauchten je 0.1000 g Einwage bei der Titration 3.21, 3.25 und 3.20 ccm einer 0.098-norm. Thiosulfatlijsung , einem Gehalte von 17.40, 17.66 und 17.39O/, Mn entsprechend. Von dem umkristalli- sierten Kaliummanganicyanide verbrauchten :

0.2410 g K,Mn(CN), 7.47 ccm 0.098-norm. Thiosulfat = 16.70°/, Mn

Die Ausbeute an Kaliummanganicyanid nach dem oben be- schriebenen Verfahren ist eine recht befriedigende. 100 g Mangan-

= 16.75 ,, MD 0.3275 g K,Mn(CN), 10.18 ,, 0.098- ,, 9 ,

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karbonat lieferten 265 und 268 g Rohprodukt, das aber, wie die Analysenzahlen beweisen, schon einen recht hohen Reinheitsgrad besag. Die Ausbeute betragt nach meinem Verfahren demnach 93--94O/,, und dazu kommt dann noch das kristallisierte Produkt, das aus dem ersten Filtrate durch Alkohol ausgeschieden wird. Hier wurden noch 8 und 7 g Kaliummanganicyanid erhalten, zusammen also 273 und 275 g, so daB die Ausbeute auf 96--97O/, steigt und nichts zu wiinschen iibrig la&. Von allen Salzen des dreiwertigen Mangans ist demnach das Kaliummanganicyanid das am billigsten und bequemsten in groberer Menge darzustellende, so daB es auch als Ausgangsmaterial fur die Darstellung anderer Manganisalze mit Vorteil dienen kann.

Loslichkeit nnd Hydrolyee des Kaliummanganicyanids.

Bereits EATON und FITTIG hdztten gefunden, dab das Kalium- manganicyanid keine sehr stabile Verbindung ist, sondern schon durch Wasser unter Abscheidung von Manganoxydhydrat zersetzt wird. DaB das Salz durch eine grogere Menge Wasser, vor allem in der Wiirme, quantitativ zerlegt wird, beweisen die Mangan- bestimmungen, bei denen das gesamte Mangan nach diesem Ver- fahren ausgeschieden wurde. Andererseits la& sich das Kalium- manganicyanid aus einer starkeren Kaliumcyanidlosung auch in der Hitze unzersetzt umkristallisieren. Dazwischen muB demnach ein Gebiet liegen, in welchem eine nur teilweise Zersetzung und Ab- scheidung von Manganoxydhydrat stattfindet. Dies la& sicb auch mit Leichtigkeit beobachten. Lost man etwas Kaliummangani- cyanid in wenig Wasser unter Umschiitteln rasch auf, so erhalt man anfangs eine klare gelbe bis rotlichgelbe Losung. Nach einiger Zeit tritt aber eine immer starker werdende Triibung auf, bis sich end- lich schwarzbraune Flocken von Manganoxydhydrat ausscheiden. Der Zeitpunkt des Eintretens der Trubung hangt von der Konzentration der Liisung ab. Konzentriertere Losungen, ungefahr 5 O/,ige, scheiden schon nach einigen Minuten dicke Flocken aus, wahrend 0.1 OIoige Losungen ihre klare gelbe Farbe bei geniigend tiefer Temperatur selbst nach 2 Stunden noch aufweisen. Aber schlieBlich trat auch hier Trubung ein. Die verdiinnten Losungen des Kaliummangani- cyanids scheinen demnach ein recht geeignetes Material zur Unter- suchung des zeitlichen Verlaufes der Hydrolyse zu sein.

Vgl. I. B. CABL L. WAQNEB, Mmatshefte f. Chmie 34 (1913), 95.

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Filtriert man die ausgeschiedenen Flocken nach Einstellung des Gleichgewichts ab, so erhalt man aus den konzentrierteren Lo- sungen ein gelbes, noch manganhaltiges Filtrat, aus dem sich bei gelinder Temperaturerhohung wiederum Manganhydroxydflocken aus- scheiden. Das Filtrat der verdiinntesten Losungen ist jedoch farblos und manganfrei. Fugt man zu den teilweise zersetzten Losungen etwas festes Kaliumcyanid hinzu, so kann man die ausgeschiedenen Flocken allmahlich wieder unter haufigem Schiitteln in Losung bringen. Allerdings scheint das Manganoxydhydrat um so langsamer geltist zu werden, j e l hge re Zeit seit seiner Ausscheidung ver- strichen ist, je alter es also ist. Nach diesen Beobachtungen haben wir es also mit einem reversiblen Gleichgewichte zu tun, an dem Kaliumcyanid und Manganoxydhydrat beteiligt sind und das sich durch folgendes Schema darstellen Wt :

K3Mn(CN), + 3$0 f - SKCN + 3HCN + Mn(0HL.

Die Gleichgewichtskonstante dieser Hydrolyse ist

Da nun die Konzentration des Wassers in samtlichen wasse- rigen Losungen als konstant betrachtet werden kann und da auBerdem auch die Konzentration des Manganoxydhydrats eine konstante GroBe ist, solange dasselbe als Bodenkorper anwesend ist, so reduziert sich

[ KCN] [ HCN] die Gleichgewichtskonstante auf K = ~ _ _ - ~ . [K,Mn(CN),I

Da das Manganoxydhydrat in Wasser praktisch unloslich ist und daher quantitativ ausgeschieden wird, la%t sich aus der Menge des ausgeschiedenen Hydroxyds leicht berechnen, wieviel Kalium- manganicyanid unzersetzt zuriickgeblieben ist und wieviel Kalium- cyanid und Blausaure vorhanden ist.

Zur Untersuchung dieses Hydrolysengleichgewichtes wurden be- stimmte Mengen Kaliummanganicyanid i n bestimmten Mengen reinen Wassers aufgelost und in Stopselflaschen bei 18O im Thermostaten geschuttelt. Wenn man annehmen konnte , da% das Hydrolysen- gleichgewicht erreicht war, wurde das ausgeschiedene Manganoxyd- hydrat durch ein trockenes Filter abfiltriert und mit Alkohol ge- waschen. Die Anwendung von Wasser muBte natiirlich vermieden werden. Das erste Filtrat wurde dann noch einige Zeit im Thermo- staten weiter geschiittelt um eine Kontrolle zu haben, daB sich kein

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Hydroxyd mehr ausschied. Die Menge des ausgeschiedenen Mangan- hydroxyds wurde titrimetrisch bestimmt, indem sie, in einem warmen Gemisch von Schwefelsaure und 10.00 ccm einer Oxalsaurelosung von bekanntem Titer aufgelost wurde. Die uberschiissige Oxalsaure wurde dann durch Permanganat zurucktitriert. Das Auflosen des Manganoxydhydrats durch Oxalsaure - Schwefelsaure erfolgt in der Warme ziemlich rasch und kann daher auf dem Filter vorgenommen werden. Bei dieser Methode ist nur Sorge zu tragen, daB das Hydroxyd von der Mutterlauge, die noch unzersetztes Manganisalz enthdten kann, quantitativ befreit ist, was durch vorsichtiges Aus- waschen mit Alkohol aber ohne Schwierigkeit zu erreichen ist. Bei den in folgender Tabelle enthaltenen Messungen ist stets nur reines Kaliummanganicyanid in Wasser gelost worden, so daB die Konzen- trationen des freien Kaliumcyanid und der freien Blausaure identisch sind. Dabei ist allerdings die Hydrolyse des Kaliumcyanids sowie die elektrolytische Dissoziation der beiden Salze und der Blausaure nicht mit in Rechnung gestellt worden. Es bedeutet C, die ursprung- liche Konzentration des Kaliummanganicyanids in Grammolekiilen pro Liter, C, ist die hydrolysierte Menge, die sich aus der Menge des ausgeschiedenen Manganoxydhydrats ergibt. C, - C, ist dann also die in der Losung noch vorhandene unzersetze Menge Kalium-

1 2 3 4 5 6

manganicyanid. ____ c1 bedeutet das Verhaltnis der urspriinglich c1- c2

0.00283 0.00220 0.00063 4.500 1.8.10-" 0.00686 0.00354 0.00332 2.065 5.9.10-" 0.01010 0.00392 0.00618 1.635 5.8 * lo-" 0.08730 0.00818 0.01912 1.102 3.8 - 0.1730 0.0119 0.1551 1.112 2.1.10-10 0.2542 0.0198 0.2344 1.085 2.6-10-'O

vorhanden gewesenen Manganisalzmenge zu derjenigen, welche nach Einstellung des Gleichgewichtes noch ubrig geblieben ist.

Tabelle 1.

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7 ~ r Kenntnis des dreiwertigen Mangans I. 397

1 2 3 4 5 6

durfte die Hydrolysenkonstante des Kaliummanganicyanids bei 18 O

durch den Wert K = 2.10-lo wiedergegeben sein. Von Interesse ist es, die Abhangigkeit des Verhaltnisses ~ 4

c, - c, von der Konzentration zu verfolgen. J e verdiinnter die Kalium- manganicyanidlosung ist, desto mehr Salz im Verhiiltnis zur an- gewendeten Menge wird hydrolysiert. Bei den konzentrierten Losungen wird nur eine geringe Menge zersetzt, wahrend der grobte Teil des angewendeten Salzes unverandert in Losung bleibt. Es ist dies natiirlich darauf zuriickzufuhren, daS die bei der Hydro- lyse entstandene Menge Kaliumcyanid und Blausaure, die j a der Zersetzung entgegenwirkt, mit der dritten Potenz der Konzentration in Wirksamkeit tritt.

Es war nun noch zu untersuchen, wie ein Zusatz von Kalium- cyanid das Hydrolysengleichgewicht verschiebt. Zu diesem Zwecke wurden jedesmal 15.00 ccm einer 10 O/,igen Kaliumcyanidlosung zu einer gewissen Menge Wasser gegeben und in dieser Mischung wurde dann eine abgewogene Menge Kaliummanganicyanid aufgelost. Nach geniigend langem Schiitteln im Thermostaten bei 18O wurde die Menge des ausgeschiedenen Manganoxydhydrats wie vorhin be- stimmt. 1st die Konzentration des Kaliumcyanids in der Losung vor der Hydrolyse gleich 3 C und wird von der urspriinglich vor- handenen Menge C, des Kaliummanganicyanids der Anteil C, hydro- lysiert, so lautet die Gleichung fur die Hydrolysenkonstante i n diesem

0.004488 0.0669 0.007842 0.1183 0.02379 0.1924 0.06425 0.1924 0.09274 0.3078 0.22990 0.3078

Falle K = [C + ~,13"c,13 [C, - C2l -

Die Ergebnisse mehrerer Versuche sind in folgender Tabelle

0.0022 0.002288 0.0014 0.006442 0.0008 0.02299 0.0011 0.06313 0.0007 0.09204 0.0010 0.2289

wiedergegeben. Tabelle 2.

1.955 0.16. lo-'' 1.218 9.2 .lo-'' 1.034 1.6 .lo-'' 1.018 1.5 1.006 1.1 .10-10 1.005 1.3 .lo-''

Wie sich aus der Tabelle ergibt, behiilt die Gleichgewichts- konstante auch bei den angewendeten, in ziemlich weiten Grenzen wechselnden Kaliumcyanid- und Kaliummanganicyanidkonzentrationen ungefahr denselben Wert, der sich schon aus der vorhergehenden

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398 J. Meyer.

Tabelle ergeben hatte. Es sol1 indessen nicht verschwiegen werden, daB mehrere Versuche ganz abweichende Hydrolysenkonstanteh er- geben haben. Es waren das solche Losungen, die ein oder mehrere Tage geschuttelt worden waren. Ich mochte diese Abweichungen auf das allmahliche Altern und Unloslicherwerden des ausgeschiedenen Manganoxydhydrats zuruckfiihren,

Die Kaliummanganicyanidlosungen in Wasser haben bei Gegen- wart von iiberschussigem Kaliumcyanid eine rein gelbe Farbe, die etwa nicht, wie EATON und FITTIG annehmen, dem gelosten Kalium- manganocyanid eigentiimlich ist. Die konzentrierteren Losungen weisen einen rotlichen Stich auf, der um 80 mehr hervortritt, je weniger Kaliumcyanid anwesend ist. Versetzt man etwas festes Kaliummanganicyanid mit einigen Tropfen Wasser , so erhalt man eine ziemlich dunkelrote Losung. Die Losungen riechen iibrigens infolge der Hydrolyse des Manganisalzes und des abgespaltenen Kaliumcyanids und der freien Cyanwasserstoffsaure stark nach Blau- saure und selbst an dem trockenen festen Salze laBt sich der Ge- ruch noch wahrnehmen. Um die Anderungen der Farbe der Losungen mit der Konzentration des Sakes und des Kaliumcyanids erklaren zu konnen, kann man die Annahme machen, daB das Kaliummanganicyanid, welches im festen Zustande rotlich gefarbt ist, als solches mit gelber Farbe in Losung geht. Dieses Verhalten entspricht vollstandig dem des Kaliumferricyanids, das im festen Zu- stande ebenfalls rot, allerdings intensiver als das Manganisalz, ge- fArbt ist, in geringer Konzentration das Wasser intensiv gelb zu farben vermag. Andererseits muB man annehmen, daB das Man- ganicyanid Mn(CNX wie alle Manganisalze rot bis violettrot gefarbt ist. In verdiinnten Losungen ist nun zweifellos keine merkliche Menge Manganicyanid vorhanden, d a die geringe Menge, welche aus dem Gleichgewicht K,Mn(CN), -2 3KCN + Mn(CN), entsteht, durch Hydrolyse nach Mn(CN), + 3H2O --f Mn(OH), + 3HCN unter Ab- scheidung von Manganoxydhydrat quantitativ, wie die oben ange- gebenen Yersuche lehren, weiter zersetzt wird. In konzentrierteren Losungen vermag aber eine merkliche, wenn vielleicht auch nur sehr geringe Menge des roten Manganicyanids zu existieren und der Losung die beobachtete rotliche Farbung zu verleihen.

Nachdem es so gelungen war, das Kaliummanganicyanid in groBeren Mengen leicht darzustellen, wurde versucht, daraus andere Salze des 3wertigen Mangans zu gewinnen. In erster Linie boten sich die Umsetzungen mit den entsprechenden Sauren dar.

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Zur Kenntnis des dreiwertigen Mangans I. 399

Versetzt man eine Lasung von Kaliummanganicyanid in der Kalte mit verdiinnter Schwefel- oder Salz- oder Salpetersaure, so erhalt man eine gelb gefarbte Fliissigkeit. Da die Manganisalz- losungen nur in Gegenwart von konzentrierteren Sauren bestandig und auBerdem intensiv violett bis rot gefhbt sind, so ist es aus- geschlossen, daB hier beim Hinzufiigen von verdtinnten Sauren das entsprechende Manganisalz entsteht. Wir haben es vielmehr wohl nur mit der freien Manganicyanwasserstoffsaure zu tun, die zu iso- lieren mir allerdings bisher nicht mbglich war. Beim Kochen wird die gelbe Lbsung allmiihlich entfarbt, ohne daB allerdings die ein- fachen Manganisalze gebildet wurden. Beim Erwiirmen der salz- sauren Losungen entweicht Chlor, wahrend Manganchloriir in der Losung zuriickbleibt. Das Behandeln des festen Kaliummangani- cyanids mit konzentrierten Sauren fuhrt im allgemeinen ebenfalls nicht zum Ziel. Abgesehen von den unangenehmen Cyanwasserstoff- dampfen, die reichlich entweichen, bilden sich Zersetzungsprodukte des Kaliumcyanids, die verunreinigend und auSerdem reduzierenc! wirken. Mit Erfolg wurde das feste Kaliummanganicyanid bisher nur durch konzentrierte FluSsaure zersetzt. Dariiber sol1 aber erst spater berichtet werden. Weit vorteilhafter als diese Versuche er- wies es sich, BUS dem Kaliummanganicyanid zuerst durch Hydrolyse das Manganoxydhydrat darzustellen und erst dieses mit den 9" L auren in Reaktion treten zu lassen.

Aus den wiisserigen Losungen des Kaliummanganicyanids wird das Mangan nur bei groBen Verdiinnungen und vor allem in der Hitze vollstandig ausgefallt. Wiihrend die im Hydrolysengleich- gewichte befindlichen Losungen gegen einen OberschuS von Alkali wenig oder gar nicht empfindlich sind, wird in den verdiinnten und erhitzten Losungen die Ausfallung stark beschleunigt und wohl auch vermehrt. ZweckmaSig wird demnach die Losung gekocht, wodurch sich schwarzbraune Flocken bilden, die zum Teil zu Boden sinken und hier zu Siedeverziigen Veranlassung geben, zum Teil aber auch an der Obefliche sich ansammeln und leicht abfiltriert werden konnen. Diese schwarzbraunen Flocken haben in ihrem Aussehen und Verhalten, abgesehen von der Farbe, die gr5Ste Ahnlichkeit rnit dem Eisenhydroxyd , wie sie ja auch demselben Verbindnngstypus angehoren. DaB das Mangan in den schwarzbraunen Flocken im 3wertigen Zustande enthalten ist, beweisen die auf S. 391-392 an- gegebenen Analysen und Titrationen und andererseits die Salze, die man daraus gewinnen kann. Ob dieser Verbindung aber die Formel

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400 J. Meyer.

eines Manganihydroxyds Mn(OH), oder eines Manganioxydhydrats Mn,0,.xH20 zukommt, das laBt sich ebensowenig wie bei der ent- sprechenden Ferriverbindung bisher entscheiden. Beim Abfiltrieren bildet das Manganihydroxyd auf dem Filter eine gelatinose Masse, welche die Poren bald verstopft und das Filtrieren erschwert. Kocht man das Hydroxyd langere Zeit, vor allem in Gegenwart seiner Mutterlauge oder in anderen Salzlosungen, so verliert es allmahlich seine gelatinoee Beschaffenheit, wird dichter und schlieBlich beinahe pulverfijrmig. Dieses Dichterwerden ist wohl darauf zuruckzufiihren, daB das ursprunglich ausgeschiedene Hydroxyd allmahlich Kon- stitutionswasser verliert , wie es ja auch beim Kupferhydroxyd be- kannt ist, und in wasserarmere Verbindungen, Oxydhydrate, uber- geht. Bei diesem Wasserentziehen verandert sich die Farbe des Niederschlages und wird etwas heller. Einige Male wurde sogar ein hellbraunes Produkt erhalten, clas sich von den anderen, unter anscheinend denselben Bedingungen hergestellten, durch die Farbe auffallig unterschied, wahrend die Zusammensetzung nach den Ana- lysenwerten dieselbe war. Ob man diesen Farbenunterschied durch den ublichen Hinweis auf verschiedene KorngroBen genugend erklaren kann, so11 dahingestellt bleiben.

Man hat die Oxyde und Oxydhydrate des 3wertigen Mangans haufig als Gemisch ron Mangano- und Mangandioxyd, bzw. -oxyd- hydraten hinzustellen versucht: Mn,O, = MnO.MnO,, 2Mn(OH), = Mn(OH),.Mn(OH)4. Vor allern hat FRANKE die Ansicht vertreten, der sich dann spater R. J. MEYER und H. BEST^ angeschlossen haben, ,,daB Manganoxyd und Manganoxyduloxyd nicht als selbstandige Oxyde gelten konnen". Indessen sind die von den verschiedenen Seiten zugunsten und ungunsten der Formel Mnz03, bzw. MnO.Mn0, herbeigebrachten Argumente wohl nicht als vollig stichhaltig zu be- trachten, solange sie nicht durch experimentelle Beweise unterstutzt werden. Eine experimentelle Entscheidung diirfte sich vielleicht durch die Autoxydationsfahigkeit der verschiedenen Oxyde durch den Sarierstoff der Luft beibringen lassen. Schuttelt man Mangano- hydroxyd in Gegenwart von Alkali mit Luft, so tritt bekanntlich Braun- bis Schwarzfarbung auf. Mehrere quantitative Versuche lehrten, daB sich bei dieser Autoxydation quantitativ Mangandioxyd oder ein Mangandioxydhydrat bildet, wie man es bisher ja auch

FRANKE, Journ.prakt. Chem. [2] 36, 31, 453. R. J. MKYEB und H. BEST, 2. nltorg. Chem. 22 (1910), 169.

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&r Kelzntais des dmiwertigen Malzgans I. 401

immer angenommen hat. Es wurden je 10 ccm einer 0.253-norm. Manganosulfatlosung im MischgefaB eines Azotometers mit iiber- schiissiger Natronlauge geschiittelt und die verbrauchten Volumina Luftsauerstoff festgestellt. Die Autoxydation erfolgt verhaltnismal3ig langsam und erfordert unter fleiBigem Schiitteln doch 3-4 Tage. Diese 10 ccm Manganlosung beanspruchen zur Oxydation zum Mangandioxyd 28.20 ccm Sauerstoff. Verbraucht wurden unter ver- schiedenen Bedingungen 27.35, 27.80, 27.65 ccm. Ein Versuch, der in salmiak- ammoniakalischer Liisung angestellt wurde und nach CHRISTENSEN Manganihydroxyd geben sollte, lieferte ebenfalls Man- gandioxyd. Auch mit den Angaben von QORQEU~ stehen diese Oxy- dstionsversuche nicht im Einklang.

Wenn man andererseits unter den gleichen Versuchsbedingungen das durch Hydrolyse des Kaliummanganicyaoids frisch gewonnene, noch name Manganhydroxyd zu autoxydieren versucht, so wird selbst bei zweiwochiger Einwirkung keine merkliche Spur von Sauerstoff verbraucht. Ein solches indifferentes Verhalten gegen Sauerstoff ist mit der Annahme eines 3wertigen Manganhydroxyds wohl ver- einbar, nicht aber oder nur gezwungen mit der FRaNmschen An- nahme, daf3 die Oxyde und Oxydhydrate, die der Form Mn,O, ent- sprechen , als Manganosalze der orthomanganigen Siiure Mn(OH),

zu betrachten sind, also als Mn<O>Mn(OH)z oder Mn<O>Mn = 0.

Die alkalischen Suspensionen, in denen nach der FRmmschen An- nahme neben diesen Manganosalzen wegen des iiberschiissigen Alkalis auch Manganohydroxyd, wenn auch vielleicht nur in geringer Menge, vorhanden sein miil3te , verhalten sich also gegen Sauerstoff vollig indifferent, ganz anders wie alkalische Suspensionen von Mangano- hydroxyd und Mangandioxyd, oder vQn Manganohydroxyd und Man- ganihydroxyd wie aus folgenden Versuchen hervorgeht. 10 ccm 0.253.norm. Mangansulfatlosung wurden im Mischgefaf3 des Azoto- meters in alkalischer Losung zu Mangandioxyd autoxydiert, wozu 27.80 ccm Sauerstoff notwendig waren. Zu dieser ljioxydmenge wurden dann nochmals 10 ccm Manganosalzlosung gegeben, so dab aquivalente Mengen Mn(OH), und MnO, vorhanden waren. Anch jetzt wurden zur Autoxydation noch 26.85 ccm Sauerstoff verbraucht, so da5 dieses Gemisch von &(OH), + MnO, zum SchluB nur aus Mangandioxyd bestand. Dieses vollig verschiedene Verhalten eines

0 0

CHRISTENSEN, Oversight Kong. V i h s k . Selrrk. Fwh. 1896, 94. a GOBQEU, Compt. rend. 84, 177.

Z. anorg. Ohom. Bd. 81. 26

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402 J. Meyer.

Mangano - Mangandioxydgemisches gegenuber dem Manganioxyde spricht wohl zweifellos gegen die Fxmmsche Annahme.

Es wurde ferner die Manganihydroxydmenge, die aus 0.4 g K,Mn(CN), durch Hydrolyse gewonnen war, langere Zeit im Misch- gefaB des Azotometers erfolglos mit Luft durchgeschiittelt. Dann wurden 10.00 ccm der 0.253-norm. Mangansulfatlosung nebst einer geniigenden Natronlaugenmenge hinzugefugt und wiederum aut- oxydiert. Dazu wurden 27.1 5 ccm Sauerstoff verbraucht.

Demnach ist die Gegenwart des Mangandioxyds und Mangan- Pesquioxyds, oder ihrer Oxydhydnate, auf die Autoxydation des Msnganhydroxyduls ohne merkliche Einwirkung.

Das feuchte Manganihydroxyd, das sich also nach dem oben angegebenen Verfahren ohne Schwierigkeit in groBeren Mengen dar- stellen laBt, ist ein ausgezeichnetes Ausgangsmaterial zur Darstel- lung einer Reihe von Manganisalzen. In verdiinnten Sauren lost es sich allerdings nicht auf, ein Verhalten, Jas mit der grogen Neigung der Manganisalze zur weitgehenden Hydrolyse im Einklang steht. Von stiirkerer und selbst von konzentrierter Salpetersaure wird Mn(OH), nicht aufgelost, auch nicht beim Kochen. Diese Indifferenz ist vielleicht darauf zuriickzufuhren, daB es in Mangandioxyd verwandelt wird. Auf Zusatz von Salzsaure tritt aber Liisung und Entfarbung ein.

In konzentrierter Salzsaure lost sich das Manganihydroxyd spielend leicht und in groBen Mengen auf. In der Hitze w i d aus der Lbsung Chlor entwickelt, wahrend Manganchloriir zuriickbleibt. Aus den oben angegebenen titrimetrischen Bestimmungen ergibt sich, daB auf 1 Atom Mangan stets 1 Atom Chlor entwickelt wird. Lost man das Hydroxyd in der Kalte in Salzsaure auf, so erhalt man eine dunkle Fliissigkeit, die beim Schiitteln in den dunneren Partien rot durchscheint, aber stark grun reflektiert, so daB die Losung bei oberflachlicher Betrachtung griin zu sein scheint. Eine eingehendere spektralanalytische Untersuchung dieser salzsauren Losung zeigte aber, daB die Absorptionsspektra der grunen salzsauren , der roten schwefelsauren und der violettroten phosphorsauren Lijsungen bis auf geringe Verschiedenheiten identisch sind. Die Ergebnisse dieser spektralanalytischen Untersuchung werden in Kurze an anderer Stelle veroffentlicht werden.1

Es ist nun zweifellos, daB das Manganhydroxyd sich als Mangan- trichlorid MnCl, oder Mn,CI, gelost hat. FEANKE hatte das Mangan- trichlorid als das Manganosalz einer Manganchlorwasserstoffsaure

W. J~~SCHKE und JUL. MEYER, in der Zeitschr. physikal. Chem.

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Zur Kelzntlzis des dreiwertigen Mangalzs 1. 403

betrachtet, als Mn.MnCI, oder MnCl,.MnCl,. R. J. MEYEE und H. BEST sind von diesen Konstitutionsformeln nicht vollig uberzeugt und, wie mir scheint, mit vollem Rechte. Gibt man namlich einige Tropfen der gekuhlten , stark salzsauren Losung des Manganoxyd- hydrats in kaltes Wasser und schuttelt rasch um, so erhiilt man eine je nach der Konzentration mehr oder minder rot gefarbte Liisung, deren Farbe vollstandig, soweit ein Augenvergleich ein Urteil zu- lafit, mit der Farbe von Manganisulfatlosungen geringer Mangan- konzentration ubereinstimmt, die also wohl ein Manganisalz, namlich MnCI, enthalt. Die verdiinnten Losungen des Mangantrichlorids sind jedoch nicht haltbar und scheiden bald etwas schwarzbraunes Hydr- oxyd ab. Um nun eindeutig zu entscheiden, ob im MnC1, oder Mn,Cl, das Manganosalz der Saure H2MnCl, vorliegt, wurde die salz- saure Losung langsam in eine gekuhlte verdunnte Natriumhydroxyd- losung getropft. Das ausgeschiedene Hydroxyd wurde dann im MischgefaB des Azotometers zu autoxydieren versucht, aber ohne jeden Erfolg. Es wurde selbst innerhalb von 6 Tagen keine merk- liche Menge Sauerstoff verbraucht, ein Zeichen, daB kein Mangan- hydroxydul vorhanden war. Damit durfte wohl die h a s m s c h e Ansicht uber die Konstitution der Manganioxyde und -hydroxyde auch in diesem Punkte widerlegt sein. Wir haben es vielmehr zweifellos mit Verbindungen zu tun, die sich vom dreiwertigen Mn ableiten und den entsprechenden Ferri-, Chromi-. Kobaltiverbin- dungen an die Seite zu stellen sind.

Ton konzentrierter Schwefelsaure und von konzentrierter, frisch bereiteter Phosphorsaure wird das Manganihydroxyd ebenfalls leicht und in groBen Mengen gelost. Diese intensiv rot und violettrot ge- farbten Losungen sind hitzebestandig und konnen ohne Entfarbung gekocht werden. Beim Verdiinnen tritt aber Hydrolyse unter Ab- scheidung von Manganihydroxyd ein. Fugt man zu der phosphor- sauren Losung nur wenig Wasser, so scheidet sich nach einiger Zeit ein grauweiBer Niederschlag ab, der nach CHRISTENSEN ein Manganiphosphat anderer Zusammensetzung sein soll. Die genauere Untersuchung iiber diese Losungen und die darin enthaltenen Salze wird spater veroffentlicht werden.

Ton den ubrigen Sauren, die sich zur Auflosung des Mangani- hydroxyds eignen, sei noch die E’luBsaure erwahnt, die ein recht stabiles Fluorid liefert , das gut isolierbare Doppelfluoride bildet. Das Kaliumsalz K,MnF, konnte so mit Leichtigkeit gewonnen werden. Beim Erhitzen des absolut trockenen roten Salzes scheint Fluor ab-

26*

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Nach 3 Stunden 98.12O/, Mn,O, ), 4 ,, 90.46 ,) Mn,O,

Nach 12Stunden 96.15O/, Mn,O, ,, 20 ,, 98.08 ,, Mn,O,

404 J. Myer .

gespalten zu werden, so daB sich hier, wenn sich diese Vorversuche als einwandfrei herausstellen, eine Methode zur Darstellung von Fluor auf rein chemischem Wege darbieten wurde.

Oxalsaure lost das Manganihydroxyd in Gegenwart von Schwefel- saure fast momentan auf, wahrend sich Kohlendioxyd entwickelt: 2Mn(OH), + (COOH), + 2H.90, = 2MnS0, + 2C0, + 6H,O. Nimmt man eine bestimmte Menge Oxalsaure, so kann man durch Riick- titration der nnverbrauchten Menge mittels Permanganatlosung die angewendete Menge Manganihydroxyd leicht bestimmen.

In Eisessig und verdunnterer Essigsaure lost sich das frische Hy droxyd . uberraschenderweise nicht im geringsten auf, selbst nicht nach langerem Kochen.

Wenn das durch Hydroiyse dargestellte Manganihydroxyd bei l l O o getrocknet wird, so erhalt man ein kakaofarbenes Pulver, dessen Farbe aber innerhalb gewisser Grenzen schwanken kann. Ein Produkt, das aus sehr lange unter Salzlosungen gekochtem Hydroxyd entstanden war, besaB eine iiberraschend helle gelbe Farbe. Nach der gravimetrischen Analyse enthielt es 91.42 und 91.60 Mn,O,. Es besaB also annahernd die Zusammensetzung Mn,O,. H,O oder MnO . OH mit 89.80 Mn,O,. Denselben Mangan- gehalt wiesen auch die dunkleren Proben auf, niimlich 90.58, 90.73 und 90.69O/, Mn,O,. Es scheint demnach, als ob die Farbe des Produktes nicht so sehr von der chemischen Zusammensetzung, als vielmehr von anderen noch unbekaanten Faktoren abhangt, unter denen vielleicht die Korngr8Be eine Rolle spielt.

Bei langerem Erwkmen auf 1 loo steigt def Manganoxydgehalt allmahlich an. Ein und dieselbe dunkelfarbige Probe zeigt nach dem Trocknen bei 110-1 15 O folgenden Manganoxydgehalt:

Es scheint demnach, als wenn man das Manganihydroxyd durch geniigend langes Erhitzen in Manganioxyd verwandeln kann. Das so dargestellte Mnz08, das also noch etwas Wasser enthielt, lost sich in Sauren nicht so leicht auf wie das entsprechende Hydroxyd. Bei der Einwirkung von konzentrierter Schwefelsaure tritt ein geringes Aufbrausen ein, das vielleicht einer Sauerstoffabspaltung aus dem Mn,O, zuzuschreiben ist. I n konzentrierter Schwefelsaure und frisch bereiteter konzentrierter Phosphorsaure lost es sich mit dunkelroter

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bis violettroter Farbe auf. Mit konzentrierter Salzsiiure erhalt man eine griinbraune, in der Durchsicht rote LSsung, die sich in der Hitze und Chlorentwickelung entfarbt, In FluBsaure lost sich das Oxyd langsam mit dunkelroter Farbe. Aus dieser Losung konnen durch Zusatz von saurem Kalium- und Ammoniumfluorid rosenrot gefarbte Doppelsalze K:,MnF, und (NH4),MnF, erhalten werden. Durch Zusatz von Alkohol zu den wasserigen Losungen werden diese Salze in verhaltnismaBig reiner Form ausgefallt.

Von Oxalsaure wird Yn,O, selbst in Gegenwart von Schwefel- saure und in der Hitze nur langsam aufgelost. Auch bei diesem Losungsvorgange scheint ein geringer Teil des Oxyds unter Sauerstoff- abspaltung in Manganosalz uberzugehen. Denn beim Zurucktitrieren der unverbrauchten Oxalsaure durch Permanganatlosung wurden stark voneinander abweichende Werte erhalten , die auBerdem im Vergleich mit den gravimetrischen Manganbestimmungen zu wenig Mangan ergaben.

Aus alledem geht hervor, daB das Nanganoxyd zur Darstellung von Manganisalzen zwar auch geeignet ist, aber bei weitem nicht so gut wie das frisch gefallte Manganihydroxyd, das daher weiterhin als Ausgangsmaterial dienen soll.

Zusammenfassung.

Es wurde ein einfaches Verfahren zur Darstellung groBerer Mengen von Kaliummanganicyanid K,Mn(CN), angegeben. Die Gleich- gewichtsverhaltnisse bei der Hydrolyse dieses Salzes in wasseriger Losung wurden untersucht. Die Zersetzung des Kaliummangani- cyanids durch vie1 heiBes Wasser liefert ein Manganihydroxyd oder -oxydhydrat, das sich sehr leicht in konzentrierten Sauren unter Bildung von Manganisalzen auflost. Das Manganihydroxyd, -oxyd- hydrat und -oxyd muB als Verbindung nur des dreiwertigen Mangans aufgefaBt werden, nicht aber als gemischte Verbindung des zwei- und des vierwertigen Mangans.

Den Herren P. K ~ H N E L und W. LINDEMANN danke ich auch hier fur die sorgfdltige Ausfiihrung einer Reihe von Analysen.

Breslau, Chemisches lnstitut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 17. April 1913.