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100 He s s e , Zur Kewntlziss ehiger Solanaceemalkaloi'de. Aus diesem Ergebniss folgt die Formel der Base zu C,2H13N. Diese Base ist somit ein Homologes des Chinolins; sie hhnelt dem Cumochinolin, von welchem, wie von allen andern damit isomeren Basen, sie sich insbesondere durch die prachtige Fluorescenz der verdiinnten sauren Suflosungen unterscheidet. Zur Kenntniss einiger Solanaceenallialofde ; ~oii Devzsel ben. (Eingelaufen am 22. April 1892.) In den Solanaceen findet sich eine Anzahl von Alltalojideii \Tor, die bei der Spaltung durch Basen odcr SLuren ausser gewissen fluchtigen Basen Tropasaure oder Abkommlinge der- selben liefern und dadurch eine Beziehung zii einander er- kennen lassen. Einige von diesen Alkalolden, wie z. B. das Atropin , finden in der Heillrunde weite Anwendung, wiihrend die ubrigen nur in wissenschaft1iche.r Beziehung von Interesse sind. Obgleich gegenwartig die Darstellung dieser Basen ohne Zweifel einen hohen Grad von Vollkommenheit erreicht hat, wie sich schon aus dem Aeussern der meisten der hier in Betracht kommenden kauflichen Praparate schliessen lasst , so besitzen doch diese Praparate hin und wieder Eigenschaften, welche nicht ganz zu den Angaben der Literatur stimmen. Diese Differenz sowohl, als auch die Behauptung yon L i e b e r- m ann l) , dass die boi der Spaltung eines Coc,aalkalo'ids er- haltene fliichtige Base mit dem friiher yon L a d e n b u r g a ) aus Hyoscin dargestellten Pseudotropin identisch sei , gaben mir Veranlassung zur nochmaligen Untersuchung des Gegenstandes, iiber welche ich nun im Folgenden zu berichten mir erlaube. Mit Bezug auf eine Mittheilung von E. Mercks) habe ich I) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 24, 2339. 2, Diese Annalen 206, 299. 3, E. Merck, dessen Jahresbericht, Januar 1892.

Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

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100 He s s e , Zur Kewntlziss ehiger Solanaceemalkaloi'de.

Aus diesem Ergebniss folgt die Formel der Base zu C,2H13N. Diese Base ist somit ein Homologes des Chinolins; sie hhnelt dem Cumochinolin, von welchem, wie von allen andern damit isomeren Basen, sie sich insbesondere durch die prachtige Fluorescenz der verdiinnten sauren Suflosungen unterscheidet.

Zur Kenntniss einiger Solanaceenallialofde ; ~ o i i Devzsel ben.

(Eingelaufen am 22. April 1892.)

In den Solanaceen findet sich eine Anzahl von Alltalojideii \Tor, die bei der Spaltung durch Basen odcr SLuren ausser gewissen fluchtigen Basen Tropasaure oder Abkommlinge der- selben liefern und dadurch eine Beziehung zii einander er- kennen lassen. Einige von diesen Alkalolden, wie z. B. das Atropin , finden in der Heillrunde weite Anwendung, wiihrend die ubrigen nur in wissenschaft1iche.r Beziehung von Interesse sind.

Obgleich gegenwartig die Darstellung dieser Basen ohne Zweifel einen hohen Grad von Vollkommenheit erreicht hat, wie sich schon aus dem Aeussern der meisten der hier in Betracht kommenden kauflichen Praparate schliessen lasst , so besitzen doch diese Praparate hin und wieder Eigenschaften, welche nicht ganz zu den Angaben der Literatur stimmen. Diese Differenz sowohl, als auch die Behauptung yon L i e b e r- m a n n l) , dass die boi der Spaltung eines Coc,aalkalo'ids er- haltene fliichtige Base mit dem friiher yon L a d e n b u r g a ) aus Hyoscin dargestellten Pseudotropin identisch sei , gaben mir Veranlassung zur nochmaligen Untersuchung des Gegenstandes, iiber welche ich nun im Folgenden zu berichten mir erlaube. Mit Bezug auf eine Mittheilung von E. Mercks ) habe ich

I) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 24, 2339. 2, Diese Annalen 206, 299. 3, E. Merck, dessen Jahresbericht, Januar 1892.

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H e ss e , Ztw Kelzlznlniss einiger Solanaceelzalkuloi. 101

auch das Apoatropin kurz beriihrt, wenngleich ich iiber dasselbe selbst keine Versuche ausfiihren konnte.

1. Atropin, Unter der Bezeichnnng Atropin wird in der Literatur ein

Alkalold verstanden , das hanptsachlicb aus Atropa Belladonna gewonnen wird und zwischen 115 und 116O schmilzt. Im Handel wird dasselbe auch ,,schweres Stropin" oder ,,Atropin verum" genannt.

Zur Darstellung dieses Alkaloides wlihlte ich ein kaufliches Sulfat, das absolut rein war. Dasselbe wurde in Wasser ge- lost, mit Ammoniak iiberslttigt und mittelst Chloroform das Alkalold ausgrscbiittelt, welches beim Verdunsten der letzteren Losung theils in zarten weissen Nadelii, theils in glanzenden Prismeii vom Schmelzpunkt 11 5,50 zuriickblieb. Dasselbe gab bei p = 3,22 und t = 15O in absolutem Alkohol = - 0,4O. Wil l4) giebt in seiner ersten Mittheilung fiber diesen Gegen- stand an, das Atropin besitze in alkoholischer Losung kein DrehungsvermBgen , spiiter findet er dasselbe gemeinschaftlich mit Bredig5) zu - 1,89O. Ladenburge ) halt dagegen das Atropin fur optiseh inactiv, giebt aber gleichwohl zu, dass er ein wirklich optisch inactives Atropin nicht erhalten konnte.

Neutrales Sulfat. In der Augenheilkunde wird nicht das Atropin fur sich, sondern in Verbindung mit Schwefelsaure an- gewandt, welche Verbindung die deutsche Phitrmakopoe, 3. AUS- gabe, ganz besonders rein verlangt. Die verschiedenen Proben von Atropinsulfat dieser Art, welche ich in Untersuchung nahm, waren daher susser mit ,,puriss." oder ,,verum" noch rnit ,,Ph. Gem. 111" bezeichnet ; diese entsprachen zww alle den von dieser Pharmakopoe gegebenen Vorschriften, enthielten aber rnit Ausnahme eines Praparates gleichwohl noch etwas

3 Bcr. d. deutsch. chem. Gcs. 21, 1724. ROY. d. deutsch. chem. Ccs. 21, 2792.

6, Diese Annalcii 206, 282. Ber. d. deutsch. choin. Ges. 21, 3065.

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102 He s s e, Zur Kenlzlniss eiaiger Solanacee.rzalkalotde.

Hyoscyaminsulfat. Von der An- oder Abwesenheit des letzteren Sulfats kann man sich lcicht dadurch uberzeugen , dass man die Aufliisung des zu prufenden Sulfats in absolutem Alkohol mit Aether bis zur milchigen Trubung vcrmischt. Nach kurzer Zeit verschwindet diese Trdbung, indem sich lange, glanzende, lose zusammenhiingende Nadeln von Atropinsulfat abscheidcn ; ist das nndere Sulfat zugegen, so bilden sich ausserdem matt- weisse Krystallaggregate , die iibrigens nicht aus Hyoscyamin- sulfat allein, sondern aus einem Gemengc von diesem mit Atropinsulfat bestehen. Das Atropinsulfat enthalt Krystall- wasser, das bei 100° leicht entwreicht.

I. 0,1612 g des lufttrooknen reineu Salfats gaben boi 100'

0,2598g dos lufttrooknen reinon Salfats gaben bei 100' 0,0074H,O.

Daraus ergiebt sich fur das Sulfat die Forniel (Cli€12JY03)2,

0,0047 H,O, ferner 0,0535 S0,Ba. 11.

SO,H, + H 2 0 , welche verlangt gefundon

H%O 2,5Y 2,91 %,84 50, 3 1,52 11,39 -

In wassriger Liisung zeigt es bei p = 2 (wasserfrei ge- dacht) und t = 1 5 O , [a],, = - 8,8O.

Das PZuti!nsuZB, durch Vermischen der mfissig coiicentrirten wassrigen L6sung mit Platinchlorid und Verdunsten der klar filtrirten Losung im Exsiccator erhalten , krystallisirt in tafel- artigen Fornien, ist wasserfrei und schmilzt bei 197 - W O 0 , je nachdem langsanier oder rascher erhitzt wird.

Das GoZdsuZx, durch Fallen der schmach erwiirmten wassrigen Sulfatliisung niit Goldchlorid erhalten, scheidet sich theils als olige, bald krgstallinisch erstarrende Masse ab, theils in kleinen moosformig aggregirten Blattchen , die nach dem Trocknen an der Luft keinen Glanz zeigen. Dcr S.chmelzpunkt des krystallisirten Salzcs liegt bci 138O, wabrend jener der ersteren Massen meist bis 3O niedriger liegt.

Das neutrale OxaZat wird crhalten beim Vermischen der Aufl6sung dor Base in Aceton init gtherischer OxalsBurolbsung,

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H e s s e , Zur Kelzntlziss e ikger Solanaceelzalkaloi. 3 03

wobei letztere nur tropfenweise, jedoch nicht iiberschiissig zu- gesetzt werdeii darf. Nach voriibergehender Trtibung scheidet sich das Oxalat in warzenformigen Krystallaggregaten ab, welche aus wasserfreien, kurzen Prismen bestehen. Es last sich wenig in heissem absolutem Alkohol, aus wclchem es sich beim Er- kalten in kiirnigen Aggregaten wieder abscheidet. Es schmilzt bei 176O.

0,344 g bci 100' getrockneter Substanz gaben mit Chlorcalcinm etc. 0,0706 S0,Ca.

Berechnct fur Gcfunden (C ,,H,,NO,), 9 C , O A

CXO, 10,77 10,82

2. Hyoscyamilz.

Dasselbe wurde von mir theils aus Samen von Hyoscya- mu6 niger , theils aus dem von T r oinm sdo r f f bezogenen krystallisirten Hyoscyaminsulfat dargestellt, welch letzteres, wie T r o mm s d o r f f auf meine Anfrage ausdriicklich erklart , eben- falls aus Ilyoscyamus niger dargestellt war. Ein Unterschied zsischen den beiderseitigen Prtiparaten konnte nicht constatirt iverden ; wegen Mange1 an selbst dargestelltem Alkalo'id diente zur folgenden Untersuchung jedoch nur das voii T rommsdor f f bezogene , das sich als vollkommen rein erwies. Dasselbe wurde in derselben Weise aus dem Sulfat dargestellt, wie das vorigc Alkalojid uncl hinterblieb beiin Verdunsten des Chloro- forms in zarten. weissen Nadeln, die bei 108,FjO schmolzen. In absolutem Alkohol zeigte das Alkaloid bei p = 3,22 und t = Iso, [aID - -- 20,3O. L a d e n b u r g 7 ) fand [aID ctwa -. 14,507 W i l l R ) - 21,68O und I - I a i n r n e r ~ c h m i d t ~ ) bei 20°

b l D = - 21,016-0,0154~. Nach Hammersch in id t hat in alkoholischer Losung die Concentration innerhalb der Werthe von 1 bis 12 keinen wesentlichen Einfluss auf das Drehungs- vermogen des Ilyoscyamins.

') Diese Annalen 206, 274. *) Ber. d. dentsoh. chem. Ges. 21, 17-22. 7 Ber. d. deutsch. chem. Ges. 21, 2784.

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104 Hes s e , Zur Kefifitniss eifiiger Solurmcee~ulkalotde.

Die Analyse des Hyoscyamihs entsprach ferner, wie zu

0,155 g Substanz, bei 100" getrocknet, gaben 0,4515 CO, imd erwarten , vollkommen der Formel C,,&3N03.

0,1285 H,O.

C 70,58 i0,35 H 7,9Y Y, l5

Berechnet Gcfuuden

Das IzeutrffiZe Sulfut, wie es wiederliolt von T r om m s d orf f erhalten wurde, bildet zarte, weisse Nadeln, welche bei 1 O o o unter Verlust von Krystallwasser mattglanzend wcrden und bei 201O schmelzen. Es lost sich leicht in Wasser und heissem Alkohol und wird &us letztcrem nach dem Erkalten durch Aether in kleinen, weissen, coucentrisch gruppirten Nadeln ab- geschieden. In Aether lost es sich nicht, dagcgen etwns in heissem Aceton, aus welchem es sich beiin Erltalten ebenfalls in kleinen , weissen Nadelchen abscheidet.

I. 0,1427 g Substanz verloren bei 100" 0,0072 H,O und gaben 0,0482 S0,Ba.

11. 0,5730 g Substam verloren bei 100O 0,0288 H,O. III. 0,4238 g ,. ,, ,, looo 0,0234 qo .

Berechnet fur Gefunden r

(C17K3~0s)m SO,H, + 2H,O I. IT. 111. %

2H,O 5,05 5,05 5,02 5,49 so, 11,23 ll,5Y - -

Fur das entwasserte Sulfat ergab sich ferner bei p = 1, t = 15O in Wasser [a] = - 28,CiO. D

Das Plffitinsala, durch Vermischcn der Sulfatlosung iiiit Platinchlorid erhalten, krystallisirt beim freiwilligen Vcrduiisten in schbnen orangefarbenen Prismon, die wasserfrei sind und bei 206O schmelzen, wie von E. S c h m i d t schoii angegebeii ist.

0, 1345 g bei 100" getrockneter Verbindung gaben 0,U264 F't. Borechnet fur Gef unden

~ClTH'Z3NO3)*9 PtC1,K, Pt 19,67 19,GZ

Das Gol&uZz, in analoger Art, jedoch aus der heissen Lbsung erhalten, krystallisirt in schonen, goldglanzcnden Blatt-

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H e s s e , Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkalofde. 105

chen, die an der Luft ihren Glanz behalten und bei 159O schmelzen. W i 11 giebt den Schmelzpunkt zu 1 620 an, wahrend andere Chemiker denselben von 158- 160° fanden.

0,266 g Substanz bei 100" getrocknet, gabon 0,083 Au. Berechnet fur Gefunden

Cl,H23NOs, AuC1,H A U 31,33 31,20

Das neutrale Oxalat wird in analoger Art wie das Atropin- oxalat erhalten, scheidet sich indess aus der Losung in langen, derben Prismen ab , welche bei 176O schmelzen und wasser- frei sind. Es lost sich in absolutem Alkohol ctwas leichter als das Atropinoxalat , scheidet sich aber daraus ebenfalls in kornigen Aggregaten ab.

0,2213 g bei looo getrockneter Substanz gaben mit Chlorcalcium etc. 0,0462 S0,Ca.

Berechnet fur Gefunden (Cl,ES,NO,),7 C,O,H,

C,O, 10,77 10,Y4

3. Atropimum naturale.

Unter Atropinum naturale oder natiirlichem Atropin wird im Ilandel das krystallisirte Alkalo'id verstanden , das aus der Belladonnawurzel, welche das Hauptmaterial fitr die Darstellung des Atropins ist , unmittelbar gewonnen wird. Aus diesem Praparat wird dann weiter das neutrale Sulfat dargestellt, welches hierauf mit verschiedener Bezeichnung z. B. als Atropin. sulfur. purissimum , natiirlich ohne Beifiigung von ,,Ph. Germ. 111'' in den Handel golangt. 1)as meiste Atropinsulfat des Handels durfto aus diesem Priiparate bestehen, welches jc nach den Bedingiingen bei dcr Herstellung bald das eine, bald das andere der vorgenannten Alkalo'idc in uberwiogender Menge enthiilt.

Urn eine Vergleichung mit dem Obigen zu ermiiglichen, gebe ich zunachst das Resultat an , das ich bei der Unter- suchung des betreffenden Sulfats yon verschiedener Herkunft, sowie des daraus dargestellten Alkalo'ids erhalten habe.

Page 7: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

106 Hess e , Z u r Iietintniss eiaiger SoZanaceenalkaloiUe.

Letzteres wurde aus dem Sulfat in der oben angegebenen Weise dargestellt und in zarten, weissen Nadeln crhalten, welche bei 1090 schmolzen. In der dufl6sung in absolutem Allrohol wurde in einem Versuche bei p = 2,472 und t = Is0 [a],, = - 16,2O erhalten.

Das f ieutmle Szclfut, das in vier Proben vorlag, glich im Aeussern dem Atropinsulfat und hatte fast die gleiche procentische Zusammeiisetzung wie dieses,

0,1425 g gaben bei 100O 0,0025 H,O. 0,1427 g ,, ,, 100' 0,0032 II,O.

0,1415 g ,, 0,0485 S0,Ba. 0,110s g ), ,, 100" 0,0029 qo .

Atropinsulfat ver. Atropinsulfat nat. 13,o 2,91 2,84 1,76 2,24 2,52 -

11,76 - - - so:, 11.39 -

Dar'aus liesc sicli also fur das fragliche Sulfat dic gleiche Fonnel ableiten wie fur das reinc Atropinsulfat.

Ferncr wurdc fur eine Probe bei p = 2 (wasserfrci) und t == 1 5 0 [ElD== - 22,3O ermittelt..

In hcisscrn Aceton ltjste sich dieses Sulfat ohne Unter- schied kaum auf, leicht dagegen in heissem absolutem Allrohol, nns welchem es iiach den1 Erkalteii durch Aether in kleinen weissen Krystallaggrcgaten gefallt wurde , die aus zarten Nadeln bestanden.

Das +zeutrale O m l a t , in derselben Weise wie die obigen Oxalate dargestellt, glciclit meist dem Atropiiioxalat ; nur hin und wieder bildcten sich rnonoklinische , an Rhomboeder eriiinernde gliinzande Iirystalle. E s ist wasserfrei und besitzt die gleiche procentische Zusammeiisetzung wie die vorgenannten Oxalatc.

0,29 45 g hei 1 0Oo getrockneter Snbstane gaben mit Chlorcalciruin ctc. 0,0585 SO&

Berechnet fur Gcfunden ~~l,H*,NO,),, W,H*

c,o, 30,77 10,85

Page 8: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

He s s e , Zur Kenntniss einiger Solannceenalkaloiile. 107

Wurde die whssrige Losung des Sulfats mit Platinchlorid vermischt, so resultirte beim Verdunsten derselben ein Platin- salz, das wasserfrei ist und zwischen 200 und 204O schmilzt. Mit Goldchlorid wurde dagegen aus der schwach erwiirmten Losung nach vorubergehender milchiger Trubung derselben eine bliitterige Krystallisation erhalten , welche nach dem Trocknen an der Luft iliren Glanz beibeliielt. und bei 154 bis 158O schmolz, jc nach der angewandten Probe Sulfat. Durch Urnlrrystallisiren des Golclsalzes liess sich dessen Schmclzpunkt etwas erhohen. hndererseits wurden aus don Muttcrlaugen dieser Goldfallungen beim vorsicht,igen Verdunsten warzenformige Krystallaggregatc erhalten, welclie bei I 4.i0 und noch niedriger schmolzeii.

Aus den Goldfallungen liess sich nun dcutlich erkennen, dass die vorliegenden vier Proben yon Atropinsulfat haupt- sachlich aus Hyoscyaminsulfat bestanden, dass abcr gleichwohl dessen Menge genauer so nicht zu bestimmen sei.

Ueber letzteren Puiikt giebt jcdoch die optische Analyse Bufklarung. Dabei hat man zuniichst den Wassergchalt des Sulfats zu bestimmen und dann die Substanz auf wasserfrei berechnet anzuwendcn. Rezeichnet man die Menge von Atropinsulfat,, wclche sich i n cler Gewichtseinheit vorfindet, mit x, jene dcs Hyoscyaminsulfats mit y, deren Drehungsvermogen fur gleiche Concentration der Auf1osungeii in den1 gleichen Losungsmittel mit a, beziohungsweise b und das des nnter- suchten Sulfats mit c , so ergiebt sich der I-Iyoscyamingchalt

dcs letzteren = y = - l i d dcr Atropinsulfatgehalt

= x = I . Ein Controlversuch, mit. bekannten Mengen

von Atropin - und. Hyoscyaminsulfat ausgefuhrt , ergab die Ge- nauigkeit dieser Methode der Bestimmung unzweideutig zu erkennen.

Urn diese Art der Bestimmung bcider Alkaloide in der Praxis zu zeigen , gcnugen jedoch die obigen Bestimniungen

c - a b--8

C - - a

b - a

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108 H e s s e , Zur Kenlztlziss eilziger Solanaceenalkaloi'de.

fur die betreffenden Sulfate. Bei gleicher Concentration, gleichem Losungsmittel und gleicher Temperatur wurde a = 8,8, b = 28,6 und c (das Drehnngsvermogen des in seinen Theilen noch unbekannten Sulfats) - 22,3 gefunden. Werden diese Werthe in die obigen Gleichungen eingesetzt, so ergiebt sich der Hyoscyaminsulfatgehalt zu 0,682 und der Atropinsulfat- gehalt zu 0,318. E s bestanden somit 100 Theile des frag- lichen Atropin. sulf. puriss. naturale aus 68,2 Theilen Hyos- cyamin- und 31,8 Theilen Atropinsulfat.

In der gleichen Art lasst sich aucli das Atropin. pur. nat., d. h. das unmittelbar durch Krystallisation oder sonstwie er- haltcne Gemenge von Atropin und Hyoscyamin naher bestimmen. Bei Einhaltung der obigen Concentration der alkoholischen Losung wurde, wenn z. B. das Drehungsvermogen des Gemisches [a],= - 16,2O betragen hiitte (wie es oben bei annahernd

gleichcr Concentration thatsachlich gefunden wurde) die Menge

des Hyoscyamins = y = 1672 - '?A= 0,704 und die des 20,3 - 0,4

Atropins =x= 1 - 0,794, also 0,206 betragen. Van Wichtigkeit ist die Bestimmnng der Alkalo'ide ganz

besonders bei der Untersuchung der diese Basen liefernden Pflanzen. S c h u t t e lo) wnndte dam Goldchlorid an, wobei er yon der Ansicht ausging , dass das Hyoscyamingoldsalx zuerst ausfalle und dann das Atropingoldsalz. Dies ist im Ganzen genommen auch richtig ; allein das erstere Salz halt mehr oder weniger Atropinsalz zuruck, von welchem es nur linter erheblichem Verlust an Hyoscyaminsalz getrennt werden kann, wiihrend andererseits eine gewisse Mengc Hyoscyamin in der Mutterlauge bleibt , das mit Atropingoldsalz warzenforniig zu- sammenkrystallisirt. Ausserdem sind aber in der Mutterlauge noch amorphe Substanzen enthalten, welche die Erkennung des Atropins bisweilen erschweren, wenn nicht unmiiglich machen.

lo) Mittheilungen aus Clem pharm. - cliem. Institut der Universitat Marburg 12, 596.

Page 10: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

H e s s e , Zur Xeiantniss einiger Solaiaaceendkaloi. 109

Dies mag wohl auch die Ursache sein, weshalb v. I t a l i e im Extract. Belladonnae nur Spuren yon Atropin fand.

Aus diesem Grunde habe ich friiher bei meinen Bestim- mungen des Atropins in der Tollkirsche von dieser Methode ganz abgeschen. Dagegen wurden dieselben in der Weise vor- genommen, dass ich die betreffenden Alkaloide in Aceton loste und zu dieser Losung nach und nach so langc tropfenweise htherische Oxalsiiurelosung braclite, so lange die Krystallisation zunahm. Dabei scheidet sich das At,ropinoxalat zuerst ab und hierauf dati Hyoscyaminoxalat,. Aus den cinzelnen Fractionen w a d e alsdann das Alltalo'id in obiger Weise abgescliieden und die Art dessclben durch Sclimelzpuiiktsbestiminungen und das Ver- halten zu Goldchlorid festgestellt. Bei Anwcndung der optischen Methode, die mir damals noch unbekannt war, ware nur niithig gewesen , die Gesammtmenge der Alkaloide der Oxalsaure- fallung darzustellen uiid davon einen gewissen Antheil in alkoholischer Losung auf seine Ablenkung zu priifen, uni zu erfahren , ob ,4tropin, Hyocysamin oder ein Gemenge yon bcidcn 'Alkaloiden vorliege. In jedem F d l e giebt dalier diese Methode den Atropingehalt richtig an, wihend die Goldchlorid- methode ihn wesentlich zu niedrig finden liisst, wie man an dem ,,naturlichcn Atropin oder dessen Sulfat" leicht beobach- ten lrann.

Ob nun in diesem Sulfat der Gehalt an Hyoscyaininsulfat etwa 90 oder nur 10 pC. betragt, der Gehalt an Atropinsulfat dagegen 10, beziehungsweise 90 pC., wic in dem von der neuen deutschen Pharmakopoe zugelassenen Priiparat , das koniint schliesslich fur die Wirkung des Siilfats nicht in Be- tracht, weil die beiden fraglichen Salze in dieser Beziehung einen Unterschicd nicht orliennen lassen. Aus diesem Grunde ist auch das Yerlangen dieser Pharmakopoe, das Sulfat sol1 nur aus dem bei 11 5,5O schmelzenden Alkaloid dargestellt werden, wohl nieht zu billigen, da das von der Natur gelieferte

'I) Chem. Centralbl. 1892, 1, 390.

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110 H e s s e , Zur h'enntrziss einiger Solirnaceenallcalo2'~le.

Alkalo'id, mag es nun das eine oder andere, Ocler ein Gemisch beider sein, dem gleichen Zweck entspricht.

4. Hyoscin.

Diese angeblich mit Atropin und Hyoscyamin isomere Base wurde von L a d en b u r g 1s) aus dem sogenannten amorpheii Hyoscyamin dargestellt , welches bei der Darstellung des Hyoscyamins aus Hyoscyamus iiigcr erhalten wird und in der Mutterlauge desselben bleibt. Spater gelang es L a d e nb urg13) das Chlor-, Brorn- und Jodhydret dieses Allialojides in hystalli- sirter Form darzustellen, wahrend andererseits auf die Anwen- dung des Hyoscins in der Medicin, naniciitlich als Berubigiings- mittel hingewiesen wurde. E. M e r c l i , welcher zu den Untersucliungen, die L a d e lib u r g ausfuhrte, das Rohmaterial geliefert hatte, nahm dann die Darstcllung des Hyoscins aus Hyoscyamus niger auf und vertrat bis or Kurzem uocli dio Ansicht , dass dasselbe nacb C,,H,,NO, zusammengesetzt sei, indem er fiir das bei der Spaltung des Hyoscina erhaltenc Pseudotropin die voii L a d e n b u r g aufgestellte Formel C,H,,NO beibehielt l4). Letztere ist jedoch unrichtig ; mit dieser Forrnel fallt auch jene des Hyoscins, welche, wie ich zeigen werde, in C,,II2,,NO, abzuandern ist, zu welcher tibrigens die Resultate zahlreicher Bestimmungeii passen, welche Id a d e n - h u r g erhielt.

Das zu meiner Untersuchung dienende Material verdankc ich zum Theil der Giite des IIerrn E. M e r c k . Dasselbe, in dem Hyosciiihydrobromid bestehend, erwies sich als ganz rein ; es bestand in grosseren Krystallen, an welchen indess die Krystallform nicht sicher erkannt werden konnte. Dasselbe wurde daher in der geringsten Menge beissen Wassers gelost, worauf sich dann das Salz in prachtigen Krystallen abschied,

11) Diese Annalen 206, 299. 18) Rer. d deutsch. chem. Ges. 14, 1670.

Jahresbericht iron E. M c r c k , Januar 1692.

Page 12: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

H c s s e , Zur Kelzfitlziss eilziger So7an~iceenalkuloiile. 111

die beziiglich der Form vollkommen den Angaben von F o c lt 15) entsprachen. Andererseits zcigte das aus dem A41kalo'id inittelst Goldchlorid gewonnene Goldsalz vollkoninien die Eigenschaften, welche 1, a d e n b u r g vom Hyoscingoldsalz angiebt. Erst nach- dem so die Identitat des jetzigen Hyoscins mit den1 fruheren IIyoscin fest.gestellt war, ging ich an die Untcrsuchung des- selben, soweit ich dieselbe ftir vorliegenden Zweck nothig hielt.

Zur Darstellung des Alkalolds verfuhr ich genau so, wie zur Darstellung der voremlhnten Alkaloide. Beim Verdampfen des C,hloroforms blieb das Hyoscin zuruck, das jedoch in keincr Wcise zur Krystallisation zu bringen war. Es hildet hei gewohnlicher Temperatur eine harte, firnissartige, durch- sichtige Masse, welche gegen 5 5 0 geschmolzen und lcicht be- weglich ist. Zur Analyse wurde die Substanz bei 900 his zum constanten Gewicht getrocknet.

0,1985 g Substanz gabcn alsdann 0,391 CO, und 0,105 H,O. Berechnet fur Gefunden

~1,HiIW CI,H,w; C 67,42 i0 ,58 67,27 H 6,93 7,99 i ,ll

Daraus ist ersichtlich, dass das Hyoscin iiur nach dcr E'ormel C17H21N04, keineswegs nach C,,II,,RTO, zusammengesetzt sein liann.

Das Hyoscin lost sich ziemlich leicht in Wasser, besonders aber in Aetlier, Chloroform und Alkohol. Letztere Losung reagirt stark basisch. In absolutein Alkohol zeigt es bei p = 2,65 nnd t = 16" [a] = -- 13,7O. Wird dicse Liisung

mit ganz wenig Natronlauge versetzt, so vermindert sich rasch die Drehkraft des Alkalolds.

Das Alkalold wird aus seinen wlssrigen Salzlosungen durch Natronlauge oder Salmiakgeist gefiillt, jedoch setzt die Fiillung durch Ammoniak cine ziemlich starke C,oncentration der Losung voraus. Mit mehreren Sluren bildet. es ltqstallisirbare Salze, die

I)

") Ber. d. deutach. chem. Ges. 14, 1872.

Page 13: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

11 2 He s s e , ZMY hlenrztrziss eifiiger Solafiaceenulkaloiae.

meist schon von L a d e n b u r g dargestellt und untersucht , je- doch mit einer unzutreffenden Formel versehen wurden.

Das Chlorl~ydrat krystallisirt beini Verdunsten seiner wassrigen Losung, wenngleich etwas schwierig. Mit Platin- chlorid giebt dasselbe keine Fiillung , dagegen mit Goldchlorid noch in ziemlicher Verdiinnung der Lijsung einen krystalli- uischen Niederschlag. A m heisser LOsung wird das Goldsalz in gelben Nadeln erhalten , die oft salmiakartig gruppirt sind, kein Krystallwasser cnthalten und, wie schon L a d c n b u r g fand, untcr Zersetzung bei 198O schnielzen. Dieser Schniclz- punkt iindert sich nicht im Geringsten, wie oft das Salz nuch aus lrochendein Wasser umlirystallisirt werden mag.

0,2425 g bei 100° getrockneter Substane gabcn 0,2825 CO,,

Brrechnet fiir Gcfiinden 0 , W H,O und 0,0742 Au.

C,,H,,NO,,AuCl,H C 31 , i6 31,64 H 3,42 3,50 Au 3 4 5 7 30,56

Vou L a d e n b u r g wurden ftir dieses Salz folgende Wertho gefunden : C 32,26 - 3 1 , i l 31,80 - - - 31,O’i - - 32, lT 32,24 H 4,2O - 3,4Y 3,28 - - - 3,54 - - 3 3 7 3,52 N - - - - - -- 2,21 - - - - - AU - 30,66 - - 30,81 30,49 - - 30,(i4 30,69 - -

Bereehnet fur ~,7%,3NOmAuCI4H CiJ&iNO&CI,H

C 32,43 31,iG

N “22 2,17 Au 31,42 3 0 , 5 i

H 3,Yl 3,42

Wie aus dieser Zusammenstelhng ersichtlich, stimmeu die meisten von L a d c n b u r g erhaltenen Wcrthe zur letzteren Formel ; keine einzige Goldbestimmung stimint dagegen zur Formel C,,H&O,,AuCl,H.

Brorntoasserstoffsaures Hyoscirz. Dasselbe bildet grosse, rhombische, glasglitnzende Krystalle, welche sich in Wasser und

Page 14: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

Hess e, Zzcr Kenntniss eiwiger Solanaceenalkaloi. 113

Alkohol leicht h e n und Krystallwasser enthalten, das bei ge- wohnlirher Temperatur ini Exsiccator vollstfindig entweicht. In wassriger Losung zeigt es bei p = 4 (unverwittert) und t = 15' [a]= = - 22,5O.

I. 0,2633 g Substanz verlorcn im Exsiccator 0,0322 €&O, dann bei

11. 0,2243 g Subetanz verloren im Exsiccator 0,0278 q0. 111. 0,231 g bei 100O getrockneter Substane gabcn 0,1137 AgBr. IV. 0,1966 g bei looo gctrockneter Substanz gaben 0,381 GO, und

Darsus ergiebt. sich die E'ormel C,,H2,N0, + 3H2O fur das luftrockne , und C1,LI,,NO, fur das exiccatortroclrne Salz. Um die analytischen Resultate in Einklang mit der Formel C,,H,,XOB fur das Hyoscin zu bringen, nimmt L a d e n b u r g an, das in? Exsiccator oder selbst bei looo getrocknete Salz halte noch 1/2H,0 zuruck; gegen diesc Annahme spricht indess schon seine Wasserstofiestimmung in dem bei looo ge- trockneten Salze. Fur das luftrockne Salz sah sich L a d e n - b u r g geniithigt, 3l/, Mol. Krystallwasser auzunehmen.

Ich gebe die Berechnung im Folgenden nach beiden Formelu :

100 oder 120" nichts mehr.

0.104 H,O.

Berechnet fur C,,H,,NO,,HBr + 3H,O C,,H&O,,HBr + 3V2&0

3H,O 12,33 1 2 3 8 C,&$"&Br C,,H,NO,,HBr

C 53,12 53,82 H 5,73 6,57 Br 20,83 21,10

Gcfnnden Hesse L L de n b iir g --

H,O 12,23 14,39 12,2i C 52,W 53,27 H 5,88 6,17 Br 20,94 20,84

Das jodwasscrstoffsaure Hyoscilz , welc,hes gleichfalls sehr hiibsch krystallisirt und in wlssriger Liisung nach links polarisirt, sollte nach L a d e n b u r g bei 1 OOo ebenfalls Mol.

Annalen der Chemie 271. Bd. 8

Page 15: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

114 Hes s e , Zzcr Kenntlziss einiger Sola.naceenalka7oi?ie.

Krystallwasser zuriickhdten , wahrend es nach meincn Beob- achtungen tvasserfrei krystallisirt. Dazu stimmen auch die Bestimmungen L a d e n b u r g's, wahrend bei der andern Formel wesentlich mehr Wasserstoff gefunden wcrden sollte , wic aus der folgenden Zusammenstellung ersichtlich ist :

Berechnet fiir Ladenburg fand

c 47,58 47.88 47>66 47,55 47,78 H 5,10 5 8 7 5,43 5,41 5,25 J 49,46 29,81 28,8ti - 29,tO

Bezuglich des pikrinsazcrelz Hyoscim beklagt sich I, a d e n - b u r g , dass seine Resultate nicht gut zu der Formel C,,H,,NO,, C,II,(NO,),O stimmen; dagegen stimmcn diesclben zu der neuen Formel.

Lad c n b 11 r g fand

C&LNO,,HJ Ci,H&O&J + '/eH,O

Borechnot fiir C,,H,,~O,,C,H,(~0,),0 C,,H,,NO,.C,H,(NO,),O

C 51,87 53,28 51,82 5 1 , Y Y H 4,51 5JO 5,19 5,08

Die Formel C,,B,,NO, fur das I-Iyoscin findet ferner eine Bestiltigung in der Zusammensctzung der Producte, welche bei der Spaltung der Rase durch Alkali oder Salzsaure entstehen. L ad e n b u r g erhielt bei der Spaltung durch Baryt Tropasaure und eine fliichtige Base, der er die Formel C,,H,,h'O und den Namen Pseudotropin gab, wahrend er in Genieinschaft mit R o t h ganz dieselbe Substanz bei einer anderen Gelegenheit nach C,H,,NO, zusammengesetzt fand und nun untcr dem Namen Oxytropin einfiihrte. Da indess diese Base nxch C8II,,XTO, zusammengesetzt ist, und aus dieser Formel zunacbst keine Be- ziehung zu Tropin erkannt werden kann, so schlage icli vor, diese Base Oscilz zu nennen. Dieser Name wurde in analoger Art aus Hyoscin abgeleitet sein, wie die Bezeichnung Tropin aus Atropin.

Wird das Hyoscin-Bromhydrat mit concentrirter Salzsaure einige Stunden im geschlossenen Rohr auf 80-1 OOo erhibzt, so findet sich nach dem Erkalten auf dem Boden ein Oel ab- geschieden, welches mit Aether leicht ausgeschiittelt werden

Page 16: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

Xe s s e , Zur Keerzlztniss eierziger Solanucee.naHkaloie. 115

kann, wahrend das Oscin in der saurern Losung bleibt. Beim Verdunsten des Aethers hinterbleibt wieder ein Oel , welches erst nach langcrer Zeit Zuni Theil krystallisirt. In Petrol- ather lijst es sich bis auf einen kleinen Rest auf und beim Verdunsten desselben wird abermals ein theilweise krystallisi- rendes Ocl erhalten. Es last sich auch in KalkmilCh und wird daraus durch Zusatz von Salzsaure und Ausathern un- verhndert wiedererhalten.

Durch Behandlung dieser Masse niit heissem Wasser ge- lang es indess eine Saure daraus abzuscheiden, die unschwer als Atropasaure zu erkennen mar. Das in solcher Weise ge- reinigte Oel gab aber fort und fort an heisses Wasser neue Mengen von Atropasaure ab, die, wie leicht zu erkennen war, erst bei der Behandlung mit Wasser entstanden. Beim Er- kalten wurde es fest, liess aber auf der Oberflache deutlich eine diinne krystallinische Schicht erltcnnen. Da die Mengc des Materials schon stark geschwunden war , so wurde jetzt zur Analyse geschritten.

0,095 g bis 100'' getroekneter Substanz gaben 0,2455 COs nnd

Hieraus ergiebt sich, dass diese Substanz annahernd nach

0,0475 H,O.

C18H1805 zusammengesetzt ist. Berechnet Gefunden

C 68,79 70,37 H 5,73 5,55

Wegen des zweifellosen Riickhaltes von Atropasaure wurde der Kohlenstoff etwas zu hoch, der Wasserstoff zu niedrig ge- fundcn. Schon friiher, bei der Spaltung des Atropitmins und Belladonnins, begegnete ich der gleichen Substanz, ebenso wie sie M e r 1 i n g schon vordem bei der Spaltung des Relladonnins erhielt. Ohne Zweifel stoht diese Substmz, welche sich eine Sgure vcrhihlt, zwischen dem von K r a u t J 6 ) zuerst haltcncn Tropid, dem L i o b e r m a n n und L i m p a c h l ' )

wie er- die

le) Diese Annalen 148, 241. l') Ber. d. dentach. chem. Ges. 25, 937.

Page 17: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

116 H e s s e , Zur Kenfitniss eilziger SolanaceenalkaZoide.

Formcl C,sH,60, beilegen, und Tropasaure, die ja L a d en - b u r g sofort aus Hyosciii erhielt. Die Bezeichnung Tropid- suure dtirfte daher fur diese Saure wohl angezeigt sein, Die fortdauernde Bildung von Atropasiiure beim Erhitzen mit P'asser wiirde einen Ausdruck in der Gleichung C,sH,80,= 2C,H80,+HB0 finden,' wahrend die Bildung von a-Isatropasaure, welche beim langeren Erhitzen auf 80-90° friiher beobachtet wurde, durch die Gleichung C18H1805 = C,,H1,O, + H,O wiedergegeben ist.

Was nun die Spaltungsbase, das Oscin betrifft, so wurde die saure Auflbsung desselben in einer flachen Schale bei ge- linder Warme verdunstet, der Ruckstand in Wasser gelost, mit Natronlauge ubersattigt und mit Chloroform das Oscin aus- gaschuttelt. Beim Verdunstcn des Chloroforms blieb dann das Oscin in farblosen Rhomboedern und kurzen Prismen zuruck, die massig hygroskopisch waren und bei 104,5O schmolzen. Der Siedepunkt wurde zu 242O gefunden. L a d e n b u r g fand den Schmelzpunkt bei 106O, den Siedepunkt bei 240--242O, M e r c k letzteren zu 241--243O. Indess verdampft das Oscin schon, wenn man es an der Luft anhaltend auf etwa looo erhitzt. Zur Analyse diente die llngere Zeit bis zum con- stanten Gewicht im Exsiccator bei 60° getrocknete Base.

0,140 g gaben 0,3175 0, und 0,1065 H,O. Berechnet fur Gefunden

C,H,,NO, c 61,92 61,85 H 8,39 5,43

Das Oscin lost sich leicht in Wasser und bildet damit eine stark basische Losung. Durch Ammoniak wird es aus seinen Salzen nicht gefallt , Natronlauge scheidet es aber Blig ab. Mit Salzsaure bildet es ein krystallisirbares Salz. Wird letzteres in concentrirter wlssriger Losung mit Platinchlorid zusammengebracht , so scheiden sich bald schbne, anscheinend rhombische, orangerothe Prismen ab, die sich leicht aus heissem Wasser umkrystallisiren lassen. Beim Verdunsten der be- treffenden Losungen wird noch mehr von diesem Salze erhalten.

Page 18: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

Dieses Salz enthsllt Krystallwasser, das bei l l O o vollstandig entweicht. Das entwiisserte Salz schmilzt dann bei 200-202O unter Zersetzung, nach M e r c k erst bei 211--213°.

I. 0,5215 g lufttrockene Substanz gaben boi llOo 0,0128 H,O. r[. 0,2639 g ,, ,, ., ,, ,, 0,0076 H,O. In. 0,2207 g ,, 9 , ,7 7, ,, 0 , O O ~ ~ H,O. Iv. 0.249 g bei 100" getrockneta Substanz gaben 0,2470 CO, ,

0,0925 H,O und 0,0675 Pt.

0,0795 H20 und 0,0585 Pt. V. 0,2154 g bei 120' getrocknete S\ibstanz gaben 0,2115 CO,,

Daraus ergiebt sich fur das lufttrockene Salz (C8H,,N02)2, PtCI,H, + H,O und fur das wasserfreie. (C8H,3N02)n,PtC16H2, womit auch die voii M e r c k ermittelten Werthe stimmen.

Berechnet fiir Hesse Merck - (C,~*,w!),,PtC~tlH, + H,O

H.20 2,43 2,45 2,87 2 4 4 2,48 2,46 (C$i$NOM'tClJJ, IV. Y.

C 2ti,67 27,05 26,78 L - H 4,89 4,12 4,lO - - Pt 27,Ol 2 7 , l l 27,18 27,13 17,18

Zu dieser Formel st.immen ferner auch die Werthe be- friedigend, welche L a d e n b u r g und Roth18) bei dem ,,Oxy- tropinsdz" und M e r l i n g 19) bei dem gleichen Platinsalz erhielten :

Ladenburg und R o t h Merl ing C 26,6 26,55 27,20 H 4,4 477 4,14 Pt 26,71 26,62 26,98

&I c rl i n g giebt den Krystallwassergehalt zu 4,90 und 4,96 pC. an; wahrscheinlich war dasselbe noch feucht, da er sagt, die Krystalle ,,verwittern an der Luft", eine Erscheiaung, welche inan an dem sorgfaltig getrockneten Salze nicht be- merken kann. Dass andererseits L a d e n b u r g anf&nglich ftir

18) Ber. d. deutsch. ohem. Gee. I?, 153. 13 Ber. d. deutsch. cheni. Ges. 17, 384.

Page 19: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

118 Hess e, Zw Kenfitmiss eh iger SoZanaceenalkaZozde.

dieses Salz scharf zur Formel (CsH1SNO),,PtC16H3 stimmende Werthe finden Konnte, bleibt mir unerklarlich.

Fur das entsprechende Goldsab wird man die Formel C8Hl,N02,AuCI,H anzunehmen haben. Ich habe mich mit diesem nicht befasst, dagegen mit dem Verhalten des Oscins zu Methyl- jodid, woruber L a d e 11 b u r g ebenfalls Angaben macht.

Bringt man Oscin mit Methyljodid zusammen, so verbinden sich beide Substanzen unter Erwarinung sofort miteinander ; zweckmassiger ist eine methylalkoholische Losung der Base anzuwenden und dazu einen kleincn Ueberschuss von Methyl- jodid hinzuzubringen. Nach kurzer Zeit wird die Losung ver- dunstet und der krystallinische Riiclrstand aus Wasser nm- krystallisirt. Es wird so das Jodid in farblosen, rhomboedrischen Krystallen erhalten, wclche sich sehr leicht in Wasser losen und kein Krystallwasser enthalten. Seine Formel ist demnach C8Hl3N0,,CH,J, welche im Einklang mit den von L a d e n b u r g und Ro t h * O ) ermittelten Jodmenge steht.

J 42,76 42,03 Berechnet Ladenburg und R o t h fanden

L a d e n b u r g und R o t h stelltcn fiir diese Verbindung die Formel CsH,,NO,CH,J auf, fiir welche sie irrthiimlich 41,19 pC. J berechneten, wshrend dieselbe 44,87 pC. crgiebt.

Das Chlorid, durch Schutteln der wkssrigen Losung des Jodids niit frisch gefglltem Chlorsilber erhalten, hinterbleibt beim Verdunsten als weisse, aus Prismen bestehende Xrystall- masse, weiche sich in Wasser sehr leicht lost. Durch Fallen der Losung mit Platinchlorid wird das ChZoropZutimat in schonen, orangefarbenen, vierseitigen, gliinzenden Hlattchen erhalten, welche wasserfrei sind und bei 22S0 schmelzen. Fur dieses Salz wollen L a d e n b u r g und R o t h bei der Analyse der Theorie ent- sprechende Werthe erhalten haben. Ich erhielt von

0,2086 g bei 100'' getrockneter Substanz 0,2198 GO, und 0,0803 H20. 0,1545 g I , I , 1, ,, 0,0405 Pt.

"0) Ber. d. dentsch. chem. Ges. 17, 151.

Page 20: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

H es s e , Zw Kenntniss ehiger Sola~zacee~aZ~alo~de.

Berechnet fur Es fanden

c 28.90 30,05 25,73 29,86 H 4 , u 5,oo 4,27 4,66 Pt 26,04 27,04 2G,21 26,66

1 19

(C,H,,NO,,CH,),,PtC& (C,H,,N0,,CH3)sPtC1, Hesse Ladenburg u. Roth

Be.naoyloscin. Von Interesse war fur niich nocli zu prufen, ob in dem

Oscin, gleichwie in dem Tropin eine Hydroxylgruppe enthalten sei oder das zneite Atom Sauerstoff in anderer Weise ge- gebunden gedacht werden miisse. Zu dem 3Zwecke wurde die Base mit dem gleichcn Gewicht Wasser und einem erheblichen Ueberschuss von Benzoesaureanhydrid auf 80 bis loo0 erhitzt, nach erfolgter Einwirkung das restirende Anhydrid durch Wasser zersetzt und die Benzoesaure ausgeathert. Aus der ruck- standigen Lbsung wurde dann die Base mittelst Ammoniak und Chloroform abgeschieden. Letztcres liess beim Verdunsten cinen farblosen Ruckstand zurlick, der rasch krystallisirte und nun zarte Nadeln bildete, welche bei 590 schmolzen.

0,1791 g bei 100O getrockneter Substanz galjen 0,4565 CO, und

Daraus ergiebt sich nun, dass diese Base nach C,,H,.,NO, zusammengesetzt ist und also vollkommen dem Hyoscin oder Atropyloscin entspricht.

Bercchnct Gefunden

0,1oY5 H,O.

c 69,49 69,51 H 6,56 6,73

Dss Benzoyloscin lost sich leicht in Chloroform, Aether und Alkohol und reagirt in letztcr Losung basisch. Auch i n Wasser lost es sich ziemlich gut , besonders leicht in SLureii und v i r d daraus durch Natronlituge und, wenn die Lbsung nicht erheblich verdunnt , auch durch Ammoniak olig abgeschieden. Jcdoch erstarrt diese Abscheidung nach lrurzer Zeit krystallinisch.

Mit Goldchlorid giebt die erwarmto Auflbsung in verdiinnter Salzsaure milchige Trubung und bald Abscheidung des Gold- salzes in kleinen gelben, glfinzenden Nadeln, welche nach dem Trocknen bei 100° den Schmelzpunkt yon 184O zeigen.

Page 21: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

120 Hes s e , Zw Kemtrtiss eiwiger Sola.naceenalkaloi.

I. 0,207 g bei 100° getroekneter Substanz gaben 0,0682 Au. 11. 0,1292 g bei 100° ,, ,, ,, 0,0425 Au.

Berechnet fur Gefunden 7.7

C,,H,,NO,,AuCl,H I. II . A U 32,89 42:34 32,89

5. Scopolarnin. Mit diesem Namen bezeichnet E. Schmid t vorlaufig

ein fur New gehaltenes Alkalond, das B e n d e r aus Scopolia atropoides zuerst abschied und fur Hyoscin hielt. S c h mi d t zeigte dann, dass das fragliche AlkaloSd nach C1,H,,NO, zu- sammengesetzt sei und mit Bromwasserstoffsaure m d Gold- chlorid krystallisirbare Salze bilde , die nach C,,H2,N04, HBr + 3H,O, beziehungsweise C1,HalN04,AuC1,H zusammen- gesetzt seien , sowie dass dieses Alkaloid im Hyoscinhydro- bromid des Handels angetroffen werde.

Fur das fragliche Goldsalz fand S c h m i d t den Schmelz- punkt anfangs zu !214O, dann zn 210-212O und hierauf S c h u t t e Z a ) zu 208O. Aus der Mutterlauge des Goldsalzes, welches aus kauflichem Hydrobromid gcwonnen war, wurde schliesslich noch ein mehr blattriges Goldsalz erzielt, das schon bei 204O schmolz.

Neuerdings theilte S c hm i d t ,3) mit , dass das lriiufliche Hyoscinhydrobromid fast ausschliesslich aus Scopolaminhydro- bromid bestehe und dass das Scopolamin bei der Behandlung mit Barytwasser in Atropasaure und die Base C8H,,N02 zer- falle, welch letztere bei 11 Oo schmelzende, farblose Nadeln bilde.

Da aber das kaufliche Hyoscinhydrobromid, soweit ich dasselbe untersuchen konnte, nichts anderes ist als das echtc Hyoscinsalz, das eiii Goldsalz vom Schmelzpunlrt 198" liefert, wie ihn L a d e n b u r g nnd ganz neuerdings auch L i e b e r n i a n n

21) Apotheker-Zeitung 1890 Nr. 30. za) Mittheilungen aus dem pharmaceutisch-chemischen Institut der

Universitiit Marburg 12, 623. 9 Cheinisches Centralblatt 1891, 2, 704.

Page 22: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

He s s e , Zur Kenntniss einiger. Solanaceenalkulol'de. 12 1

und L i m p a c h fanden, so kann die bezugliche DifTerenz in den Beobachtungen von S c h m i d t und S c h i i t t e gegen denen von L a d e n b u r g , L i e b e r m a n n und L i m p a c h und mir nur auf Zuhlligkeiten beruhen.

Es wurde weiter oben gezeigt, dass das Drehungsvermogen des Hyoscins in seiner alkoholischen Losung auf Zusatz von wenig Natronlauge (2 Tropfen 30procentiger Lauge auf 2.5 ccm Losung) fast ganz verschwinde. Es war daher denkbar, dass das Hyoscin bei seiner Darstellung eine iihnliche Veranderung erleide, wie das Hyoscyamin. In der That gab das so be- handelte Hyoscin ein Goldsalz, das in langgestreckten Bllttern krystallisirte , dessen Schmelzpunkt indess nur unbedeutend hoher, niimlich bei 200° gefunden wnrde. Eine Erklarung fur obige Differenz liisst sich daraus somit noch nicht geben.

6. Atropamin.

Dieses Alkalo'id wurde von mir in dem Rohalknloid oder Rohatropin aufgefunden , das aus einer grosseren Menge Bella- donnawurzel erhalten worden war, keineswegs im Belladonnin, wie M e r c k angiebt. Da das Atropamin aus seiner essigsauren Aufliisung durch Kochsalz gefiillt wird, wahrend die krystallisir- baren Restandtheile des Rohatropins, das Atropin und Ilyoscy- amin, in solcher Art nicht gefilllt werden, so bot die Trennung desselben von letzteren keinerlei Schwierigkeiten dar. Unter Beriicksichtigung seiner Eigenschaften hielt es dann auch nicht schwer , das Vorkommen des Atropamins in Belladonnawurzel von anderer Herkunft nachzuweisen , wenn auch dessen Menge in der Regel nur Spuren betrug.

Jener Mittheilung habe ich nur noch beizufiigen , dass das Platinsalz des Atropamins aus kalter, concentrirter, wilssriger Losung auch in blassgelben Schiippchen erhalten wird, welche unter Zersetzung bei 203 - 204O schmelzen.

Was die bei der Spaltung des Atropamins erhaltene Base

"3 Diese Annalen 261, 87.

Page 23: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

12.2 He s s e , Zzcr Kenntniss ehiger Solanaceenalkalofde.

betrifft, so kann dieselbe nach Obigem nicht das von L a d e n - b u r g entdeclrte Pseudoatropin oder Oscin soin, da ja dasselbe eine ganz andere Zusammensetzung hat als fragliche Base, andererseits aber auch nicht ilkopin, weil das Platinsalz des- selben einen wesentlich niedrigeren Schmelzpunkt besitzt als das Tropinplatinsalz. Zwar giebt K r a u t ”) an, dass letzteres je nach der Art der Spaltung des Atropins vorschiedene Eigen- schaften zeige, allein auch diese Angabe kanu in vorlicgendem Falle nicht wohl in Betracht kommen, weil die fliichtigen Basen aus Tropin und Atropamin nnd deren Platinsalzc unter absolut den gleichen Bedingungen dargestellt und mit einander verglichen wurden. So lange die Richtiglreit dieser Beobachtung experimentell nicht widerlegt ist , wird die bei dcr Spaltiing dos Atropamins erhaltene Base fur verschieden vom Tropin an- zusehen sein. Um ii-rthumlichen beziiglichen Auffassungen zu begegnen, nenne ich daher diese Base p-Tropin.

Uebrigens habe ich den kleinen Vorrath von fraglichem Platinsalz (gegen 0,3 g), den ich noch yon meiner friiheren Untersuchung her besass, noch der €olgenden Untersuchung unter- worfen. Den Schmelzpunkt des drcinial aus Wasser umkrystal- lisirten Salzes fand ich bei 187O. Das Salz wurde in wPssriger Losung mit Schwcfel\\.asserstoffgas zersetzt , dic klar filtrirte Lijsnng verdunstet , der krystalliuischo Riiclistand in wsssriger Losung mit iiberschhssiger Natronlange vermischt und die Base init Chloroform ausgeschiittelt. Die klar filtrirte, chloroformische Losung liess dann beim Verdunsten das B - Tropin in langen, farbloscn Nadeln zurtick , welche nameritlich die Wande des Gefiisses, in welchem die Verdunstung stattfand, eisblumcnartig bedeclrten. Die im Exsiccator vollig ausgetrocknete Substanz schmolz bei 60-61°. An feuchter Luft zerflossen die Krystalle sehr bald. Wurde die Base im Exsiccator auf 530 erhitzt, SO

verdunstete dieselbe ziemlich rasch. In Wasser loste sich diese Base leicht; wurde diese Losung mit Platinchlorid versetzt und

2b) Diese Annalen 133, 97.

Page 24: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

He s s e , Zw Kemntniss eimiger SolanaceemalkaloXde. 123

dann verdunstet , so krystallisirte das Chloroplatinat in der frilheren Form. Auch war dasselbe wasserfrei und schmolz bei 186O unter Zersetzung.

Der Vergleichung halber habe ich Tropin aus Atropin dargestellt und dessen chloroformische Liisung unter genau denselben Bedingungen , wie vorhin, verdunsten lassen. Es zeigte sich indess nur eine sparliche Bildung yon eisblumen- artigcn Gcbilden ; die Krystalle des Tropins waren farblose, platte , oft spiessige Nadeln, wclchc aber anscheinend ebenso hygroskopisch waren, wie jene des ,5'-Tropins. Dagegon crgab sich, dass das Tropin unter den gleichen Bedingungen sich sehr wenig verfluchtigt.

Die Unterschiede der beiden Tropine bestehen daher, so- weit bis jetzt ermittclt ~ hauptsachlich in denen der Schmelz- punkte ihrer Platinsalze und der grilsseren Fluchtigkeit des 8- Tropins.

7. Belladonni?i.

Unter Belladonnin wurde yon H u b s c 11 m a n n 26) eine Base verstanden , deren Sulfat bei der Bereitung des Atropinsulfats in dessen Miitterlauge blicb. Aus diesem Sulfat wurde dann das Belladonnin durch Alkali abgeschieden , das ebenso wie das Sulfat amorph war. Merclr versteht dagegen unter Belladonnin und zwar ganz specie11 uuter Rohbelladonnin die Mutterlauge , welche bei der Atropindarstcllung kein ltrystallisirbares Alkalo'id niehr liefcrt. M e r ck ist ferner der Meinung , dass das sogenanntc Bohbelladonnin, wclches D ur- k o p f B 7 ) untersuchte, wegen des bedeutenden Hyoscingehaltes nur zum Thcil aus Bclladonnawurzel starnnite.

K r a u t ") zeigtc , dass das Belladonniu durch kochendes Barytwasser schwer zersetzt werde und deutete damit den Weg an, auf welchem dieses Alkalo'id rein erhalten werden kdnne.

I6) Schweizerische Zeitschrift fur Pharmacio, 1858, 123. ") Ber. d. deutsch. ehem. Ges. 22, 3188.

Diese Annalen 148, 239. Ber. d. deutsch. chem. Ges. 13, 165.

Page 25: Zur Kenntniss einiger Solanaceenalkaloïde

124 Hes s e , Zwr Kendlziss eimiger Soln~aceenalkaloiile.

M e r l i n g will dann bei der Spaltung des in solcher Weise gereinigten Alkaloids Tropin erhalten haben; jedoch beschranken sich seine Bestimmurigen nur auf die Krystallform und den Platingehalt des Chloroplatinats. Fur die Base selbst ermittelte M e r l i n g die Formel C,,H,,NO,.

Ich lronnte nun friiher zeigen, dass das Btropamin bei der Einwirkung von Baryt wie von Salzsaure bald in Belladonnin iibergefiihrt wird und dass das so erhaltene Alkaloid derartige Eigenschaften besitzt, welche befriedigend zu den von M e r l i n g uber Belladonnin gemaehten Angaben stimmen.

Ich mochte hier noch anfitgen, dass salzsaures Atropamin quantitativ in salzsaures Belladonnin iibergeht , wenn dessen mit gam menig Salzskure angesauerte Lljsung wiederholt bei etwa 80" abgedunstet wird:

Auch wenn Atropaminchlorhydraf in massig concentrirter Salzsaure gelost und diese Losling erwiirmt wird, so geht der Spaltung des Atropamins seine Umwandlung in Belladonuin voraus, das man durch Kochsalz direct als Chlorhydrat ab- scheiden kann.

In beiden Fallen wird somit salzsaures Belladonnin er- halten, welches amorph ist und durch sein Verhalten zu Platin- oder Goldchlorid leicht vom Ausgangsmaterial , dem salzsauren Atropamin , unterschiedeu werden kann.

8. Apoatropha.

Diese Base wurde von P e s c i ~ ~ ) durch Einwirkung von Salpetersaure auf Atropin erhalten, sowie yon L ad e n b u r g durch wiederholtes Abdampfen yon atropasaurem Tropin mit verdiinnter Salzsaure. L a d e n b u r g nannte diese Base Atropyl- tropcln. M e r c k erhielt das Apoatropin als ein secundiires Product bei der Darstellung von Atropin, also wohl ebenfalls durch Einwirkung einer Saure auf das genannte Alkaloid. Beim

29) Ber. d. dentsch. chem. Ges. 15, 530.

*") Diese Annalen 117, 102.

Gnzzetta chim. 11, 538; 12, 60.

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H e s se, Zwr Ke.n&aiss ei.niger Soln.naceenalkaloie. 125

Kochen mit Barytwasser wird es nach P e s c i rasch i n Atropa- sSiure und Tropin gespalten, wodurch es sich vom Belladonilin beziehungsweise von dem Atropamin nnterscheidet. Im Uebrigen besitzt es nach M e r c k anscheinend die gleichen Eigenschaften wie das Atropamin, jedoch niit folgenden Ausnahmen :

Apoabopin.

Freie Base: Nadcln, schnielzen bei G O

Chlorhydrat : Elittchen , schmelxen bei

Platinaalz: Schiippchen, bei 212-214'

Goldsalz: Lange Nadeln, bei 110-111'

bis 62O.

237-239'.

schmelzend .

schmelsend.

Atropamim.

Amorph, schmilzt untcr GO".

Bei 236' schmelzbare Blatt- chen.

Schiippchen und Nadeln, bei 203 -204O schmelzend.

Glanzende, bei 112" schmel- zende BUttchen.

Als weiterer Unterschied von Apoatropin und Atropamin lasst sich noch anfuhren, dass das Apoatropin unter dem Ein- flusse von verdunnter Salzsaure elztsteht, das Atropamin dagegen vergeht, indem es in Belladonnin verwandelt wird.

Aus alledem durfte wohl ersichtlich sein dass entgegen der Behauptung von M e r c k das Atropamin nicht mit Apo- atropin identisch sein kann.

Nachsckrift.

Im Archiv der Pharmacie 230, 207 (Maiheft 1892) pu- blicirt E. S c h m i d t ausfuhrlich seine Untersuchnngen uber Scopolamin, woruber derselbe schon friiher in der Apotheker- zeitung 1 8 9 0 , 186 und 1891, 522 Andeutungen machtc. Diese Abhandlung ist zwar vorn ,,October 1891" datirt, enthUt aber gleichwohl Erg8nzungen ails diesem Jahre ; eine Nach- schrift dazu, datirt 12. April 1892, bezieht sich auf rneine in der Pharmaceutischen Zeitung vom 9. April 1892 gebrachte Notiz und die darin nngekiindigte , oben enthaltene Untersuchung. E. S c h m i d t erkliirt jetzt, dass das kiiufliche Hyoscinbromid im Wesentlichen nichts anderes als sein Scopolaminbromid sei. Diese Erklarung mochte ich dahin erganzen, dass das

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126 Hess e , Zzcr Kenntniss einiger Solanaceenalkaloacle.

fragliche Hyoscinhydrobromid und Scopolaminsalz , wie oben gezeigt, nicht im Wesentlichen, sondern ganz miteinander uber- einstimmen und dass die kleinen Differenzen, welche E. Schmid t an dem aus den kauflichen Hydrobromid dargestellten Gold- salz etc. beobachtete, in Wirklichkeit wohl nicht existiren.

S c h m i d t bringt ferner in Vorschlag , dieses Alkalo'id Scopolamin zu neunen, weil man sich gegenwArtig in der Literatur etc. unter dem Namen Hyoscin ein mit Atropiii und Hyoscyamin isomeres Alkaloid donke. An der letzteren Thatsache, die allerdings seit etwa 10 Jahren besteht, sind doch nur die Fachgenossen schuld, welche sich mit dem Gegen- stand befassten, indem sie fort und fort fur die Formel C,,H2,hT0, direct oder indirect eintraten ; wenn daher jetzt diese Formel richtig gestellt ist, so ist damit der Sache voll- koinmen entsprochen; unzweckmassig scheint es aber, mit dieser Richtigstellung den Namen der Substanz abzuandern, zumal in der betreffenden Technik, sowie im Handel und Verkehr sich der Name ,,Hyoscin" ltingst eingeburgert hat, wahrend der Name Scopolamin, der so gut wie unbekannt ist, sich erst einburgern musste. Wer vermag zu sagen, dass letzterer Fall iiberhaupt eintritt ? Ich mochte daher die Fachgenossen bitten, die von L a den b u r g fur dieses Alkaloid gewlhlte Bezeichnung Hyoscin, welche bis vor Kurzem allgemein gebrhnchlich war, auch fernerhin beizubehalten.

Was schliesslich die Bezeichnung Scopolin betrifft, welche E. Schmid t fur die betreffende fluchtige Spaltungsbase vor- schliigt, so darf ich wohl daran orinnern, dass unter diesem Namen in der chemischen Literatur ein Glykosid verstanden wird und dass daher dieser Name nicht wohl annehmbar sein kann, ohne befilrchten zu miissen, damit neue Verwirrung her- vorzurufen.