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Zur Papierchromatographie der Thiophosphate und zur Kenntnis von Thiosauren mit 3- und I-wertigem Phosphor Von E. STEGER und U. SEENER Mit 2 Abbildungen Inh alt subersicht Yon den Tliiophosphatrii harm man bei norinaler bzw. erniedrigter Teniperatur PO,S3- und P0,S; durch Papierchromatographie in saurem Losungsmittel erfassen. Als Abbauprodukte von P,S, neu auftretende Substanzen werden nach Analyse, Reduk- tionsvermogen und Stabilitatsbetrachtungen als Thiophosphit, Thiohypophosphit und Dithio2iypophosp~iit identifiziert. Summary It is possible to detect P03S3- and PO&';- by paper chromatography at normal and lowered temperatures, respectively. Xew compounds resulting from the decomposition of P4S7 have been identified as thiophosphite, thiohypophosphite, and clithiohypophosphite by analysis, reductive power, and stability considerations. Vorbemerkungen Die Reaktionsweise der Phosphorsulfide mit Wasser oder Alkoholen verdient wegen der Darstellung der Thiophosphorsaure-Derivate Beach- tung, zu deren Gewinnung zum Teil von Alkoholyseprodukten ausge- gangen wirdl). Die Ausbeuten sind dabei oft unbefriedigend und schwan- kend, auch deshalb, wcil uber die intrrmediar und nebenher entstehenden Produkte nichts bekannt ist. Auch uber die hydrolytiscbe Zersetzung der Phosphorsulfide weil3 man wenig. STOCK*) beobachtete, daIJ die Auflosung Ton P4S3 in KOH etwa 14 Tage lang PHs uiid H, entwickelt, der vollstandige Abbau sich also dber diesen Zeitraum hinzieht. Nach TREADWELL und BEELI~) entstchcn bei der Losung von P4s7 i n wQBrigen Alkalien auljer H, und PJI, Hypophosphit, Phosphit und Phosphat. PERNER'r und BROWN*) ') Z. B. American Cyanamid Co., A.P. 1748619 (1930); A.P. 11889943 (1932); 2) A. STOCK, Bw. dtsch. chem. Ges. 43, 150, 414, 1223 (1910). ,) W. D. TREADWELL u. CH. BEELI, Helv. chini. h t a 18, 1161 (1535). 4, J. C'. PERNERT u. J. H: BROW-N, Chem. Engng. News 27, 2143 (1945). F.P. 665179 (1929). 2*

Zur Papierchromatographie der Thiophosphate und zur Kenntnis von Thiosäuren mit 3- und 1-wertigem Phosphor

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Page 1: Zur Papierchromatographie der Thiophosphate und zur Kenntnis von Thiosäuren mit 3- und 1-wertigem Phosphor

Zur Papierchromatographie der Thiophosphate und zur Kenntnis von Thiosauren

mit 3- und I-wertigem Phosphor

Von E. STEGER und U. SEENER

Mit 2 Abbildungen

Inh alt subersicht Yon den Tliiophosphatrii harm man bei norinaler bzw. erniedrigter Teniperatur

PO,S3- und P0,S; durch Papierchromatographie in saurem Losungsmittel erfassen. Als Abbauprodukte von P,S, neu auftretende Substanzen werden nach Analyse, Reduk- tionsvermogen und Stabilitatsbetrachtungen als Thiophosphit, Thiohypophosphit und Dithio2iypophosp~iit identifiziert.

Summary It is possible to detect P03S3- and PO&';- by paper chromatography at normal

and lowered temperatures, respectively. Xew compounds resulting from the decomposition of P4S7 have been identified as

thiophosphite, thiohypophosphite, and clithiohypophosphite by analysis, reductive power, and stability considerations.

Vorbemerkungen Die Reaktionsweise der Phosphorsulfide mit Wasser oder Alkoholen

verdient wegen der Darstellung der Thiophosphorsaure-Derivate Beach- tung, zu deren Gewinnung zum Teil von Alkoholyseprodukten ausge- gangen wirdl). Die Ausbeuten sind dabei oft unbefriedigend und schwan- kend, auch deshalb, wcil uber die intrrmediar und nebenher entstehenden Produkte nichts bekannt ist. Auch uber die hydrolytiscbe Zersetzung der Phosphorsulfide weil3 man wenig.

STOCK*) beobachtete, daIJ die Auflosung Ton P4S3 in KOH etwa 14 Tage lang PHs uiid H, entwickelt, der vollstandige Abbau sich also dber diesen Zeitraum hinzieht. Nach TREADWELL und BEELI~) entstchcn bei der Losung von P4s7 in wQBrigen Alkalien auljer H, und PJI, Hypophosphit, Phosphit und Phosphat. PERNER'r und BROWN*)

') Z. B. American Cyanamid Co., A.P. 1748619 (1930); A.P. 11889943 (1932);

2) A. STOCK, Bw. dtsch. chem. Ges. 43, 150, 414, 1223 (1910). ,) W. D. TREADWELL u. CH. BEELI, Helv. chini. h t a 18, 1161 (1535). 4, J. C'. PERNERT u. J. H: BROW-N, Chem. Engng. News 27, 2143 (1945).

F.P. 665179 (1929).

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f iihrten quantitative Bestimniungeri dieser Zersetzungsprodukt.e durch, um den Reak- tionsmcchanismus aufzuklaren. Die Erfolge dieser Bemuhungen koniiten nur gering sein, weil iiber die Struktur der Phosphorsulfide kcinc cxakbcn Kenntnissc vorlagcn, init Aus- nahme yon k',S,5)6). Der Bau voii P,S,, und P,S7 wiirde in.den letzten Jahren rontgeno- graphisch aufgeldart7) uiid kann nun Betraclitnngeii iiber den Keaktionsniechariismus zugrnnde gelegt werden.

Bei keiner der oben angefuhrten Arbeiteri wurden Thiosiiuren isoliert, obwohl diese ja bei der Zersetzung des Phosphorpentasulfides praparativ dsrgcstellt werden konnen. Besonders sind bei dein Abbau von P4S,, P4S5 und P4f& Thiosluren mit niederwertigem Phosphor zu erwarten.

In der Literatur werden eiriige Thiophosphite beschriebeii. I884 hat LEMOINE~) durch Einwirkurig von uberschiissiger Katronlaugc auf Phosphortrisulfid im Verlauf ciniger bfonatc die Verbindung 2 hTa,O . P,os, . 5 H20 dargestellt. EPHRAIM und STEIN^) lassen Na,S . aq und P4S, reagieren. Es sol1 ein t.ertiiires Natriuiritrithiophospliit Na,PS,. 23 H,O entstehen. Das voii den1 angeblicheii Na,PS, . 23 H,O gelieferte In- frarotspektrum rnit einer PO-Schwingung bei 1045 cn-1 beweist, dai3 die untersuchte Substanz kein rcincs tcrtiares Trithiophosphit ist. Es niuB eich urn ein Gemiscli voii Tliiophosphaten handeln.

Erst mit den modernen Verteilurigsverfahren sind Trerinmethoden geschaffen worden, deren Anwendung bei den kompliziert,en und unbe- standigen Stoffgemischen der Hydrolyseiireaktion einc Isolierung der Komponent,en crmoglichen ksiiri.

Papierehromatographitt

Bri der Untersuchung und Trennung der kondensiertcn Phosphate hatten EBEL und Mitarbeiterl") gute Erfolge erzielt, die von GRUNZC und THILO 11) bestatigt und ausgebaut werden konnten. Eine papier- chromatographische Trennung von anorganischcn Thiophosphorver- bindungen ist noch nicht durchgefuhrt worden.

Wir verwendeten Papier der Sorte Schlcichcr 8: Schu11, Nr. 2040a, HCI-ge- wsschen. Das Zuschneiden der Papierstreifen nach REINDEL und H O P P E ~ ~ ) verbessert den Trenneifckt. In Anlehnung an EBEL kam eiu saures Losungsmittel zur \'ermendung,

5) 0. HASSEL u. 9. PETTERSOK, Tidsskr. Kjemi, Bergves. Metallurgi 1, 57 (1941). 6 ) ill. T. ROUERS u. K. J. GROSS, J. Anler. cheni. Soc. 74, 5294 (1953). 7 ) A. Fos u. E. H. W-IEBENGA, Acta crystallogr. [Copenhagen] S, 217 (1955). 8 ) G. LEMOINE, C . R. hebd. SBances Acad. Sci. 98, 46 (1884). 9 ) F. EPHRAIM u. R. STEIN, Ber. dtsch. chem. Ges. 44, 3410 (1911). 10) J. P. EBEL, Bull. SOC. chinl. France Mein. (1953) 991. 11) H. GRUXZE u. E. THILO, ,,DiePapierchro~llatographie der kondensierten Phosphate".

12) F. R.EINI)EL 1 1 . W. HOPPE, Nat,urwiss. 40, 245 (1953). Aliadeinieverlag, Berlin 1954.

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E. STEGER 11. U. SEENER, Papierchromatographie der Thiophosphate 2 1

desseii Zusarrirneiisetzurrg etwns vnrnert worden war. Es bestand aus:

@O ml Isopropanol, 20 rril Wasser,

5 g Trichloressigsaure, 0,3 ml Animoniak konz.

Fur die lllehrzahl der TTntersuchungen diente das absteigrnde Verfahren. Zurn Sicht- barinachen der Fleche wurde das fertige (getrocknetr) Chromatograinin mit eineln Ent- wickhng~reagens naeh HANES und ISHERWOOD13) bcspriiht.

Nach dem Erhitzen zeigt sich das PO:-Ion durch einen gelben Fleck, die sulfidhaltigen Produkte erscheinen als blaue Flecke (Molybdan- blau) ohne Anwendung eines besonderen Reduktionsmittels. Sichtbare Reaktionsprodukte cntstehen auch beim Bespruhen rnit AgN03-Losung. Darauf wird unten eingegangen.

Fur die papierchromatographische Untersuchung der Zersetzungs- produkte von Phosphorsulfiden sollte die Hydrolyse unter moglichst schonenden Bedingungen durchgefiihrt werden, um einem volligen Abbau der zu erwartenden empfindlichen Thioverbindungen vorzubeugen. Die Sulfide wurden daher in CS,-Losung auf das Chromatogramm auf- getragen und dann dort durch das Zusammentreffen mit dem wasser- haltigen sauren Losungsmittel zersetzt.

Untersucht wurclen die folgcndeii Praparate:

M o n o t h i o p h o s p h a t Na,PO,S . 1 2 H,O wiirde durch Zersetzung voii Phosphorsulfochlorid mit waWriger

Natronlauge nnch eiiiern l'erfahren yon W U R T Z ~ ~ ) erhaltcn. Dcr Schmelzpunkt liegt bei 60°C.

D i t h io p 11 o s p h a t

,\Ja,PO,S, . I1 H,O. Die Uarstellung erfolgte in Arilehnung an eiii von KUBIERSCHKY~~) aiigegebenes Verfahren. In eine niit H,S gcsattigte Losung von 25 g NaOH i n 150 ml Wasser wurden 15 g PAS, bei weniger als 20" C langsam eingetragen. Xach 15 Minuten dauerndem Erwarrneii aiif 23' C! konnte das Salz durch Zusatz von 50 :nil Alkohol aus- geflllt werden. Das mit Alkohul und Ather gewaschene lufttrockene Produkt ergab rnit CaCl, keine Fallung von Ca-Monothiophosphat, init verdiinnter CoSO,-Losung eine gelbe Flrbung. [State Farbung steht in GMELINS Handbuchle) und bei BRAmER17) ,,Fallung".] 26 g des Salzes wurden in 85 ml Wasscr gelost und auf 30" C erwarmt, bis eine Probe mit CoS0,-Losung eine smaragdgriine Farhung zeigte. Nach Abliuhliing lieR sich das Dithio- phosphat mit Alkohol ausfalleii. Es wurde aus Wasser yon 30" C umkrislallisiert. - ~~

la) C. S. HAKES 11. F. A . ISHERWOOI), Nature (London) 164, 1107 (1!349). 14) M. A. WURTZ, Ann. Chiiri. Phys. (3) 20, 443 (1847). l j) C. KUBIERSCHKY, J . prakt. Chem. 31, 93, 105 (1885). l 6 ) GMELIKS Handbuch der anorgaii. Chemie, Berlin 1927, Bd. 21, S. 930. 15) G. BRAUER, Haiidkuch der priip. ariorg. Chern., Stutt.gart 1934, S. 442.

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T r i t h i o p h o s p h a t ?u'a,Pos,. H,O. Das I'raparat wurde nach den Angaben von KVBIERSCHKYl5) durch

Reaktion yon P,S,, mit NaOH und anschlieliendc fraktionicrte Kristallisation der ent- standencn Thiophosphate gewonnen.

T e t r a t h i o p h o s p h a t Na,PS,. 8 H,O. Zur Darstellung des Praparates aus P,S,, und Na,S diente eine Vor-

schrift von G L A T Z E L ~ ~ ) mit Umkristallisation nach KLEME?JTlg) .

T hio p h o s p hi t Die Suhstanz wurde durch Reaktion von P4S, niit Na,S iiach EpHRArMS) dargestellt.

Phosphorsu l f ide P4S7 und P4SIo wurden nach den Angaben von STOCK,) aus rotein Phosphor und

Thiophosphorsaurees te r Ein Gemisch von Isopropylestern konnte nach KABATSCHNIK uiid MASSTRJUKOWA~)

aus Pas, und Isopropanol gewonnen werden.

Monothiophosphat, in dem beschriebenen sauren Losungsmittel chromatographiert, gibt nach Bespriihen mit Molybdanlosung und Er-

Schwefel erhalten und durch Extraktion mit CS, mehrfach umkristallisiert.

0

Abb.1. Chromatographie der Thiophosphate

Ab b .2. Chromat ogr aphie YOU Phosnhorsulfiden

hitzen cincn blauen Fleck unterhalb der Position von Orthophosphat .

Rf-Wert (18" C): PO:' 0,60 P0,S"' 0,53.

Dithiophosphat-Chroma- togramme, die bei Zimmer- temperatur gelaufen waren, zeigten im Vergleich zum Monothiophosphat keinen neuen Fleck, wohl aber sol- che, die im Eisschrank bei etwa 4 ° C gelaufen waren. Allcrdings konnte Hydro- lyse auch bei dieser Tem- peratur nicht ganz ver-

18) E. GLATZEL, Z. anorg.

19) R. KLEMENT, Z. aaorg.

~~ ~

Chem. 44, 6.5 (1905).

Chem. %3, 246 (1947).

A. MASSTKJUKOWA, Nachr. Akad. kI7iss. UdSSR 737 (1952); 121 (1963).

2 0 ) &f. J. K4BATSCHNIK U. T.

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23 R. %I EGhR 11. LT. SEEN ER, Papierchroinatographie der Thiophosphate

niieden werden, wie cine in Richtung Front f iihrende Zersetzungsspur zeigt (Abb. 1, Nr. 1, 2 und 3).

Rf-Wert (4” C): 1’0,s;’ 0,2% P0,S”’ 0,41 Po:’ 0,59.

Voii Trithiophosphat und Tetrathiophosphat konnti: weder bei Als Zimmertemperatur noch bei 4” C ein R,-Wert crhalten werden.

Zersetzungsprodukte zeigten sich’P0,Sy und P0,S”’. Die papierchrornatographische Untersuchung des nach EPHRAIM

und STEIN dargestellten Praparates mit saurcm Loungsmittel ergab ein Bild, das dem mit P0,S;” erhaltenen glich.

In Schwefelkohlenstofflosung aufgebrachtes P,S, zeigte mehrere Flecke auf dem Papier, die teilweise durch schwache Zersetzungsspuren verbundcn waren (Abb. 2 , Nr. 1). Die bei 18” C erhaltenen R,-Werte der einzelnen Substanzen sind :

&-Wert 0,33 0,53 0,64 0,75.

Qualitativ gleich sind die Chromatogramme von P4S3 und P,S,. Ein Chromatogramm mit P4Sl0 zeigte nur eine Zersetzungsspur vom Start an, die an der Stelle eine Verstarkung aufwies, an der sich P0,S“’ absetzt (Abb. 2, Nr. 3).

Zur Identifizierung der neucn Substanzen Um zuniichst eine Trennung der Flecke in S“-haltige und S”-freie

zu erzielen, wurde ein neues Entwicklungsverfahren angewcndet : Nach Bespriihen der Streifen mit 0 , l n AgN0,-Losung, die etwas H,S04 ent- halt, erschienen die sulfidhaltigen Flecke sofort mit brauner bis schwarzer Farbe. Eine im Laufe einiger Minuten erkennbarc Bildung rotlich- brauner Stellen deutete auf eine Reduktion des Silbers hin. An diesen Stellen muBte sich also Phosphor in niedriger Oxydationsstufe befinden, wie bei P4S7 auch zu erwarten war. Solche Reduktionen konnten bei R, = 0,33,0,64 und 0,75 beobachtet werden. Diese Flecke erwiesen sich auch allc als schwefelhaltig.

Bei dem Fleck mit R, = 0,51 handelt es sich um PO,S”’, wie ein Mitlaufenlassen der Vergleichssubstanz bewics. Die R,-Werte 0,33, 0,64 und 0,75 sind unbekannten Hvdrolyseprodukten zuzuordnen.

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24 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 303. 1960

Da init einein allroliollialtigen Losungsmittel gearbeitet worden war, lag die Ver- Inutung nahe, da13 eventuell clurch Esterbildung mit derri Phosphorsulfid iiene Vcrhin- dungen erzeugt, worden seien. Es wurden dahcr Thiophosphorsaureester (s. 0.) unter- mcht. Unterhalb der Losungsmittelfront verriet eine Rotfarbung iiach Bespriihen mit Molybdanreagens die Anwesenheit einer Substanz. Eine quantitative Untemxhung (s. dazu weiter unten) xeigte, daR sich in der Tat der gesanite Phosphor an dieser Stellc befancl. Die nieht wasserliislichen Ester werden also vom Losungsmittel niit der Front transport,iert.

Die quantitative Analyse hinsichtlich des Verhaltnisses v017 P : S wurde ausgefuhrt durch Verbindung einer eolorimetrisehen P-Bestim- mung init einem Verfahren der direkten Dcnsitometrie an dem als Rleisulfid a'usgefarbten Fleck auf dem Papier. Die Genauigkcit ist hin- reichend, um dem Fleck mit R, = 0,33 ein Verhaltnis P : S wie 1 : 2 uiid dem Fleck mit R, = 0,75 das Verhiiltnis P: S wie 1 : 1 zuzuordnen;

Der Fleck mit dem R,-Wert 0,64 ergibt keine reproduzierbareii Werte. Die Trerinung von den benachbarten Substanzen ist hier unge- nugend. Es ergibt sich im Mittel ein zu hoher Phosphorwcrt, etwa ein Verhaltnis P : S wie 2 : l . Ein solches ist natiirlich bei eineni so hohen R,-Wert zu verwerfen. Es ist auch bei diesem Fleck das Verhaltriis 1 : 1 anzunehmen, und es befinden sich an dieser schlecht aufgelosten Stelle des Chroinatogramms noch wechselnde Mengen S-freier Umwandlungs- produkte.

Bei der Verwendiing von Silbernitratlosung Bum Sichtba,rinachen der Substanzen war beobachtet worden, daI3 bei den drei zu besprechenden Flecken neben dcr Silberstdfidbildung eine Reduktion zu nretallischem Bilber erfnlgt. Das zeigte sich in den fehlerhaften zu hohen Schwarzungen, als die so erzeugten Flecke zur Schwefelbestimmung verwendet, werdeii sollt,en und auch schon an einer et>was anderen Farbe. Irri Vergleich zu dem reinen &sun der Mono- und Dithiophosphatfleclie erscheinen die anderen leicht' riitlichviolett. Phosphit erzcugt mit Silber die gleiche Farbung auf dem Papier. Dazu zeigt sich bei den drei Stoffen iioch eiiie Abstufung in der Reakt'ionsfBhigkcit. Bei dcm Fleck mit dem R,- Wert 0,75 erfolgt die Ausfarbung nur unter Erhitzung rasch. Dieser Unterschied entspricht dem differenziert,en Verhalten von Phosphit und Hypophosphit gegen Ag+-Losungen. Marl liann danach die langsam reduzierendc Substanz als Thiophosphit ansprechen, die Substanz init €2, = 0,64 als Monothiohypophosphit und diejenige mit R, = 0,33 und dem Verhaltnis Schwefel zu Phosphor 2 : 1 als Dithiohypophosphit.

Mit dem chromatographischen Verhalt,en stehen diese Erklarungen nicht in Widerspruch. Es stimmt mit den Sauren des 5-wertigen Phos- phors iibcrein, daIJ das Dithiohypophosphit gegenuber dem Monothio-

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E. STEGER 11. U. SPENER, P2ti)ierchroiriatograpl.iie der Thiophosph,Ate 25

derivat zuruckbleibt. Weitergehende Schlusse gestattct die mangel- hafte Kenntnis vom papierchromatographischen Mechanismus h u m . Bezichungen fur die Abhangigkeit des R,-Wertes vom Molekular- gewicht lassen sieh zwar innerhalb einer solrhen hnmologen Reihe wie der der Polyphosphate aufstellenll). doch es steht nicht fest, da8 das Molekulargewicht wirklich der mafigebrnde Parameter ist. Diese Ansicht stammt von der Vorstellung des Diffusionsmechanismus fur die Papier- chromatographie. Der Verteilunpsmechanismus, der heute wohl all- gemein akzeptiert ist, lafit die Bedeutung dcr Anionenladung und der dsdurch beeinflufiten Hydratation wichtiger erscheinen. Im Grunde rivhtet sich der R,-Wert danach, ob hydrophile oder organophile Los- lichkeitseigenschaften uberwiegen. Diese Eigenschaften sind nun schwer vorauszusagen. Es lafit sich daher auch keinc Korrelatiori zwischen den entsprechenden Thio- u n d Oxosaurcn aufstellen. Bei den Saimn des 5-wertigeii Phosphors erniedrigt ein Schwefelgehalt den R,-Wert, beim 1 -wertigen Phosphor crhoht er ihii merklirh, beim 3-wertigen Phosphor nur wenig:

Rf-iVerte bei 18" V

keit saure

0,50

Es bedarf noch einer Erklarung. weshalb vom Hypophosphit auch ein Dithioderivat auftritt. Aus der Untersuchung der verschiedenen Thiophosphate konnte man schlicfien. daB unter den Bedingungen der Papierchroinatographie in saurem Liisungsmittel bei Zimmertemperatur nur Monothioverbindungen genugend stabil sind. Eine ziinehmende Bestandigkeit der Thioverbindungen mit abnehmender Wertigkcit des Phosphors folgt aber schon a u s der einfachen Grundvorstellung vom mesomeren Bindungsausgleich in den Anionen der Sauerstoffsauren.

Die Bindefestigkeit nimmt also zum JIypophosphit zu. Diese Tendenz zeigt sich auch in den aus den Schwingungsspektren errechneten Kraft- Bonstanten der PO-Bindung21) :

PO:' HPO; H,I'O; 5,65 F,03 i,43 mdyn/A.

21) H. SIEBERT, Z. anorg. allg. Chem. 275, "25 (1951).

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26 Zeitschrift fur anorganische und allgemcine Chemie. Band 303. 1960

Wenn cin Schwefclatom in eine solche Verbindung cintritt, wird ein bcstiminter Teil der Bindungsverstarkung auf dieses entfallen. (Beim Thiosulfat nimmt der 2-wertige Schwefel fast vollstandig am mesomeren Bindungsausgleich der Sauerstoffatome tei121).)

Es ist gerade als weitere Stutze fur die Deutung der Flecke anzu- sellen, daB zum Hypophosphit ein Dithioderivat gefunden wurde. Das Produlit ist natiirlich unbestandiger als die Monothiovcrbindung. Es findet sich nicht unter den Hydrolyseprodukten, die nach langerem Stcheri mit Wasser oder mit Chrornatographierflussigkeit aufgetrennt worden sincl.

Eine weitere Stutze fur die Dcutung dcr hier aufgefundenen Vcr- bindungen liefert die Erwggung des IIydrolysemechanismus. Diesem kann man fur das hauptsiichlich untersuchte P,S, die neuerdings rontgeno- graphisch crmittelte Struktur mit 5 S-Brucken und einer P-P-Bindung zugrunde legen').

Aus den Angaben der Verfasser iiber die Atomabstande in der P4S7- Molekel laBt sich ermitteln, daB der Bindungsabstand zwischen den beiden durch einc Schwefelbrucke verbundenen 5-wertigen Phosphoratomen am Iangsten ist. Dieses Ergebnis wird zwar von den Verfassern nicht be- sonders hervorgehoben, es laBt sich aber als Hinweis dafiir werten, da8 hier die schwachste Briicke vorliegt, an der die hydrolytisrtie Zersetzung beginnen diirfte.

Bei den weiteren 4 Schwefelbriicken wird die Spaltung unter Anla- gerung der OH-Gruppe an den 5-wcrtigen Phosphor und Bildung einer SH-Gruppe am 2-wertigeii Phosphor verlaufen. 'CVichtig fur diese Vor- stellungen ist die Beobachtung, dalS sich Dithiophosphat unter den Zer- setzungsprodukten des P4S, auch bei Chromatographie unter Kuhlung, also unter Bedingungen, wo es nach den Untersuchungen an Thio- phosphaten bestandig ist, nicht auffinden lieB. Dies zeigt, daB die Auf- spaltung der P5+--B -P5+-Brucke in einem friihen Stadium geschieht und anschlicljend der vollstandige Austritt dieses S-Atoms erfolgt. Es entsteht also kein Dithiophosphat als zweites Folgeprodukt etwa ge- bildeten Tetrathiophosphates.

Die 5-wertigen Phosphoratome finden sich also im Monothiophosphat, die 2-wertigen zunaehst in einem hypothetischen Zwischenprodukt P( SH), - P( SH),.

Dieses durfte nun unter Disproportionierung gespaltet werden zu Dithiophosphit und Dithiohypophosphit. Das erstere verliert das zweite S-Atom vollstandig, das zweite zum Teil. Die Reaktion der P-P-Brucke unter Hypophosphitbildung stimmt iiberein mit derjenigen des weiBen Phosphors P4, wie sie zur praparativen Darstellung von

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Hypophosphit benutzt wird. Phosphorwasserstoff ist unter den niilden Abbaubedingungen der Chromatographie beim P,S, nicht bemerkt worden.

Thiophosphit, Thiohypophosphit und Dithiohypophosphit, init dencn hier die neu gefundenen Substanzen init grol3er Wahrscheinlichkeit identifiziert tvurdcn, sind reIativ bcstandige Stoffe. Sie sind jedenfalls bestiindiger als Dithiophosphat und sind dem Monothiophosphat vcr- gleichbar. Ihre praparative Gewinnung, nahere Untcrsuchung und end- gultige Sicherung durfte moglich sein.

Die Verfasser danken Herrn Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. A. SIMON fur stete Farderung.

Dresden, Institut fur anorqanische und anorqandsch-technische Chemie der Technischen Hochschule.

Bei tler Redaktion eingegangen am 1. Ju l i 1959.