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G. ACKERMANN u. D. HESSE, Struktur der gefiirbten Borax- und Phosphorsalzperlen 149 Zur Verwendung von Perlenreaktionen in der quantirativen Mikroanalyse. III) Beitrag zur Struktur der gefarbten Borax- und Phosphorsalzperlen Von GERHARD ACKE~CMANN z, und DIETER HESSE 3, Mit 7 ilbbildungen Tnhaltsiibersicht Mit Hilfe der Absorptionsspektren werden Wertigkeit und Koordinationsverhaltnisse der Farbkationen in den Borax- und Phosphorsalzperlen untersucht. I n Anlehnung an die Theorie der gefarbten Silicatgliiser wird die Wirkung der eingebauten Kationen iiber die Sauerstoff- komplexe gedeutet. Die Abhangigkeit der Farbung vom Blkaligehalt des Glases und von der Srt der venvendeten Alkalien wird als Folge der unterschiedlichen Polarisierbarkeit des Briickensauerstoffs erklart. Summary The oxidation and co-ordination numbers of coloured cations being in the analytically used borax and polyposphate bead, respectively, have been studied by means of absorption spectra. The mutual interaction between the cations and the oxygen-containing polyanions is discussed in comparison with the state of coloured silicate glasses. 1. Einleitung Obwohl die Farbungen der Borax- und Phosphorsalzperlen zu den klassi- schen Reaktionen der qualitativen Analyse gehoren, ist uber die Grundlagen dieser Nachweismethode kaum etwas in den Lehrbuchern der qualitativen Analyse zu finden. Im Rahmen unserer Unt,ersuchungen uber die Verwendbarkeit der Per- lenfarbungen in der quantitativen Analyse ergab sich nun die Moglichkeit, am den aufgenommenen Absorptionsspektren auch einige Aussagen iiber den Aufbau dieser Farbglaser zu machen. l) 1. Mitt.: G. ACKERMANN u. C. ALFERI, Mikrochim. Acta 1961, 390. *) Dem Andenken meines hochverehrten Lehrers, Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. ARTHUR SIMON, 3, Dip1.-Arbeit D. HESSE, Bergakademie Freiberg 1961. gewidmet.

Zur Verwendung Perlenreaktionen in der quantitativen Mikroanalyse. II. Beitrag zur Struktur der gefärbten Borax- und Phosphorsalzperlen

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G. ACKERMANN u. D. HESSE, Struktur der gefiirbten Borax- und Phosphorsalzperlen 149

Zur Verwendung von Perlenreaktionen in der quantirativen Mikroanalyse. III)

Beitrag zur Struktur der gefarbten Borax- und Phosphorsalzperlen

Von GERHARD ACKE~CMANN z, und DIETER HESSE 3,

Mit 7 ilbbildungen

Tnhaltsiibersicht Mit Hilfe der Absorptionsspektren werden Wertigkeit und Koordinationsverhaltnisse der

Farbkationen in den Borax- und Phosphorsalzperlen untersucht. I n Anlehnung an die Theorie der gefarbten Silicatgliiser wird die Wirkung der eingebauten Kationen iiber die Sauerstoff- komplexe gedeutet. Die Abhangigkeit der Farbung vom Blkaligehalt des Glases und von der Srt der venvendeten Alkalien wird als Folge der unterschiedlichen Polarisierbarkeit des Briickensauerstoffs erklart.

Summary The oxidation and co-ordination numbers of coloured cations being in the analytically

used borax and polyposphate bead, respectively, have been studied by means of absorption spectra.

The mutual interaction between the cations and the oxygen-containing polyanions is discussed in comparison with the state of coloured silicate glasses.

1. Einleitung Obwohl die Farbungen der Borax- und Phosphorsalzperlen zu den klassi-

schen Reaktionen der qualitativen Analyse gehoren, ist uber die Grundlagen dieser Nachweismethode kaum etwas in den Lehrbuchern der qualitativen Analyse zu finden.

Im Rahmen unserer Unt,ersuchungen uber die Verwendbarkeit der Per- lenfarbungen in der quantitativen Analyse ergab sich nun die Moglichkeit, am den aufgenommenen Absorptionsspektren auch einige Aussagen iiber den Aufbau dieser Farbglaser zu machen.

l) 1. Mitt.: G. ACKERMANN u. C. ALFERI, Mikrochim. Acta 1961, 390. *) Dem Andenken meines hochverehrten Lehrers, Prof. Dr. Dr.-Ing. E. h. ARTHUR SIMON,

3, Dip1.-Arbeit D. HESSE, Bergakademie Freiberg 1961. gewidmet.

150 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 333. 1963

2. Versuehsanordnung Wie bereits fruher I) 3, beschrieben, erfolgten die Messungen an Glasern,

die in einer Platinose erschmolzen worden waren. Die Mengen an Borax bzw. Phosphorsale wurderi so bemessen, daB Scheiben mit etwa planparallelen Flachen entstanden.

Zur Aufnahme der Spektren diente wieder das Spektralphotometer Mo- dell VSU 1 des VEB Carl Zeiss Jena4). Im Vergleichsstrahlengang befand sich eine gleichgrofle, ungefarbte Perle.

3. Diskussion der Absorptionsspektren In Tab. 1 sind die Wellenlangen der Absorptionsmaxima der untersuch-

ten Perlen zusammengestellt.

Tabelle 1 Maxima der Absorptionsspektren der Phosphorsalz- und

Boraxperlen

I Wellenliingen der Absorptionsmaxima in nm Borax

I co 530 1 590 630

Xi

Cr kleine Geh.

groBe Geh. (291 F d

(> 5Yg)

V

Mn

450 (570)

366

uv w

475

red. I

- 535 575

430 ' 450

620 ~ 650

430 600 -

-

1150

430 500 G40

UV

500

uv I R

uv 420 470 540 650

Phosphorsalz red.

-

-

450

650

440 680 -

-

1050

430 480 540 660

4) Experimentelle Einzelheiten sowie genaue Angaben iiber die Spektren sind in der 1. Mitteilung') bzw. der Diplomarbeit D. HESsES) zu finden.

G. ACKERYIANN u. D. HESSE, Strukt,ur der gefarbten Borax- und Phosphorsalzperlen 151

Da es sich bei den Perlen um Glaser handelt, kann man zur ErklBrung der farbenden Wirkixng der eingebauten Metallionen die Theorie der Silicat- glaser, die besonders von WEPL 5, ausgebaut worden ist, heranziehen. AuSer- dem lassen sich zumindest zu Aussagcn iiber die in den Perlen vorliegenden Oxydationsstufen die Absorptionsspektren der waBrigeii Losungeii der be- treffenden Metallsalze mit, verwenden.’

Die Kationen konnen iii oktaedrischer (MeO,) oder in tetraedrischer Ko- ordination (MeO,) in das Grundgerust des Borat- bzw. Phosphatglases eiu- gebaut werden. Allerdings werden diese St,rukturen nur naherungsweise ein- gehalten, da in den Glasern doch ein niederer Ordnungsgrad vorliegt. Wie von den Silicatglasern her bekannt ist, unterscheiden sich die Spektren bei- der Komplexc. Die Anwendung dieser Erkenntnisse auf die gefarbten Perlen ergibt folgendes Rild.

Kobalt Nach W E Y L ~ ) sollen die Banden zwischen 600 und 640 nin der COO,-

Koordination zuzuordnen sein, wahrend die kurzwelligen Banden zu (COO,) gehiiren. I m Boraxglas liegen wohl beide Strukturen vor (Banden bei 630, 590 und 530 nm), wobei Coo,-Koordination iiberwiegt. Im Phosphatglas durfte der (Co0,)-Anteil groSer sein, da die langwelligen Banden nur sehr schwach ausgebildet sind. (Maxima bei 535 und 575nm).

In der analytischen Literatur w i d angef iihrt, daR zwischen. den kobahhaltigen Oxyda- tions- und Reduktionsperlen kein Farbunterschied bestehen soll. Die sehr iihnlichen Redox- Potentiale von Nickel und Kobalt sprechen gegen diese Behauptung.

Eine Uberprkfung ergab, daR sich beim Erhitzen in der Keduktionsflamme metallisches Kobalt abscheidet, das rontgenographisch identifiziert werden konnte. Das entstehende Metal1 lLRt sich nur sehr schleoht erkennen, weil einerseits die Perlen sehr kraftig gefarbt sind, zum anderen aber auch die R.eduktion (besonders bei der Phosphorsalzperle) nur reoht schwierig durchgefuhrt werden kana.

Die spektrophotometrische Uberwachung des Reduktionsvorgnnges liiDt allerdings er- kennen, daR bereits nach einer Erhitzungsdauer von 20 sec die Extinktion bei 590 nm deutlich abgesunken ist, d. h. die Reduktion begonnen hat.

Nickel

Nach WEYL~) zeigen die Absorptionsspektren von nickelhaltigen Silicat- glasern beim Vorliegen von Ni0,-Koordination ein Maximum bei 425 nm. Dieser Fall liegt eindeutig im gelben Phosphat,glas vor. Bei den gelbbraunen Boraxglasern konnte auBer der Bande bei 450 nm noch eine deut,liche Ab- sorption im langerwelligen Teil (schwaches Maximum bei 5 i O nm) festge- steUt werden. Das laBt erkennen, daB hier beide Koordinationstypen neben- einander vorliegen musseii.

5 ) W. WEYL, Coloured glasses, Sheffield 1951.

152 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 323. 1963

Beim reduzierenden Erhitzen scheidet sich in beiden Fallen metallisches Nickel aus.

Chrom

Beim Chrom treten deutliche Unterschiede in der Fiirbung zwischen Borax- und Phosphorsalzperle auf.

Die Borax-Oxydationsperle ist bei kleinen Chrom-Gehalten praktisch farblos und zeigt maximale Absorption bei 366 nm. Mit steigender Metall- konzentration nimmt die Absorption im kurzwelligen sehr stark zu und der steile, langwellige Ted der Bande wandert gleichzeitig in den blaueri Teil des Spektrums. Die Perle ist gelb gefarbt.

Die Bande bei 366 nm steht in Einklang mit dem optischen Verhalten von Alkalichromatlosungen. Es liegt also in der vollstandig oxydierten Boraxperle nur 6wertiges Chrom vor. Nach W E Y L ~ ) IaSt das gefundene Maximum auf GO,-Koordination schlieBen. Der starken Zunahme der Ab- sorption und der Verschiebung ins Sichtbare durfte ein Ubergang von der oktaedrischen zur tetraedrischen Konfiguration zugrunde liegen, der all- gemein mit einer Verschiebung zu grSBeren Wellenlangen verbunden ist.

Die Banden der Rteduktions-Boraxperlen bei 436 und 620 nm stimmen mit denen der waBrigen, grunen Chrom(II1)-salzlosungen iiberein.

I n der Phosphorsalzperle gelingt die Oxydation des Chroms zur 6wer- tigen Stufe nicht. Auch bei sehr sorgfaltigem Arbeiten zeigen Oxydations- und Reduktionsperle das gleiche Absorptionsspektrum mit Bandenmaxima bei 450 und 650 nm, die der Absorption des Chrom(II1) entsprechen.

Vanadin Die Lage des Absorptionsmaximums der vanadinhaltigen Oxydations-

perlen hangt von der Vanadinkonzentration ah. Es liegt im UV. Die Bande reicht bei hohen Gehalten ahnlich wie beim Chrom his in den blauen Teil des Spektrums. Es ist anzunehmen, daB ebeiiso wie im Silicatglas Vanadin(V) vorliegt (vgl. SALMANG~)).

Die Spektren der Reduktionsperlen zeigen Maxima bei 430 und 600 nm (Boraxperle) bzw. bei 440 und 680 nm (Phosphatperle). Der grunen Farbe nach mu13 angenommen werden, daI3 in den Glasern Vanadin(II1) vorliegt. Nach SALMANG ,) besteht jedoch die Moglichkeit, daB die langwellige Bande von Vanadin(1V) herriihrt.

Illangan Das Spektrum der durch Mangan gefarbten Oxydations-Boraxperle

zeigt ein Maximum bei 470 nm, das der Phosphatperle eines bei 500 nm.

6, H. SALNANG, Die physikalischen und chemischen Grundlagen der Glasfabrikation Berlin 1957.

G. ACKERMANN u. D. HESSE, Struktur der gefarbten Borax- und Phosphorsalzperlen 153

Diese Spektren entsprechen der Absorption des Mangan(III), das nach SALMANG~) auch im violetten Silicatglas vorliegt.

Die Reduktionsperlen sind beide praktisch farblos. Es kann mit Sicher- heit angenommen werden, dalJ das Mangan bis zur 2wertigen Stufe reduziert wird.

Kupfer

Die in der Hitze grunen Oxydationsperlen des Kupfers zeigen bekannt- lich beim Abkuhlen Farbwechsel nach blau. Der ffbergang wird einem Ko- ordinationswechsel von (CuO,) nach (CuO,) zugeschrieben 6).

Aus experimentellen Griinden konnten nur die Spektren der blauen (kalten) Perlen auf- genommen w erden. Wie die photometrische Uberwachung zeigte, gelingt eine vollkommene Oxydation der Perlen nur schwer, da die Glaser sehr empfindlich gegen reduzierende Einfliisse sind. Wahrend im Boraxglas ein Maximum bei '780 nm festgestellt werden konnte, liegt es beim Phosphatglas im Ultraroten. Aus dem Verlauf der Kurven mu13 geschlossen werden, daB im Ultravioletten die maximale Absorption bei der Phosphorsalzperle weiter im Kurzwelligen liegt als bei der Boraxperle.

Bei der Reduktion scheidet sich aus beiden Glasern rotes, metallisches Kupfer aus. Sllerdings ist die vollstandige Reduktion der Phosphorsalzperle sehr langwierig.

Eisen Einen besonders starken Parbwechsel beim Abkuhlen (von tiefgelb nach

hellgelb oder farblos) zeigen die eisenhaltigen Oxydationsperlen. Als Ur- sache dafiir gibt W E Y L ~ ) einen obergang von der oktaedrischen zur tetra- edrischen Koordination an. Die maximale Absorption liegt im Ultravioletten, wandert aber mit steigender Konzentration in das Sichtbare (gelbe Perlen). Dieser Effekt mu13 wohl wie bei den Chromperlen mit Koordinationswechsel von (FeO,) nach (FeO,) gedeutet werden.

Die griinlichen Reduktionsperlen zeigen beide langsam zunehmende Ab- sorption ab 600 nm. Die Maxima der Kurven liegen bei 1150 nm (Boraxglas) bzw. 1050 nm (Phosphatglas). Die Farbung wird durch Eisen(I1) hervor- geruf en.

Uran Die gelbe Boraxperle zeigt starke Extinktion bei 420 nm. Weitere Ab-

sorptionsmaxima konnten bei 485 und 640 nm gefunden werden. Das Hauptmaximum (420 nm) wird im Silicatglas von SALMANG~) dem

Gwertigen Uran zugeschrieben. Ein Vergleich mit den Reduktionsperlen laBt vermuten, daB die beiden anderen Maxima niederwertigem Uran zu- geordnet werden mussen.

Die Borax-Reduktionsperle zeigt ein Maximum des Absorptionsspek- trunis bei etwa den gleichen Wellenlangen wie die Oxydationsperle, nur daI3 die Extinktion bei 420 nm wesentlich zuriickgegangen ist; wahrend sie bei

154 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chernie. Band 323. 1963

640 nm deutlich zugenommen hat. Es ist anzunehmen, daB auch hier Mi- schungen von Uran in verschiedenen Wertigkeitsstufen vorliegen. Eine quantitative Oxydation bzw. Reduktion ist trotz aller Bemuhungen nicht gelungen.

Der Aufbau der Spektren der Phosphatperlen ist noch komplizierter. In beiden Fallen konnten Maxima bei etwa der gleichen Wellenlange wie bei den Boraxglasern (420, 470, 540, 660 nm) gefunden werden.

Dem 6-wertigem Uran diirfen auch hier wieder die Bande bei 420 nm zugehoren, die bei der Reduktion deutlich zuruckgeht, wahrend dabei die Extinktion 470, 540 und 660 nm zunimmt, also vermutlich durch Uran einer niederen Oxydationsstufe hervorgerufen wird. Es liegen also auch hier sowohl in der Oxydations- ~7ie auch in der R,eduktionsperle verschiedene Wertigkeitsstufen des Urans nebeneinander vor.

Funktionen der Farbkationen im Glas Die in das Grundgeriist des Glases eingebauten Kationen konnen nach

SALMANG~) verschiedene Fuiikt,ionen ausiiben. Netzwerkbi ldner werden in das Geriist eingebaut und er-

Tabelle 2 setzen entsprechende Teile. So

FeOi--Tetraeder ausgetauscht wer- den. Net zwe r k w a 11 dler werden in die Hohlraume eingebaut und

Fi i rbung v o n Si l ica tg l&sern be i E i n - b a u d e r K a t i o n e n a l s Netzwork-

b i ldner o d e r Netzwerkwandler

kanll z. B. ein BO;-- durch ein

vetzwerku'andler Ion

C?+ Cfl+ c u 2 +

cu+ CoZ+ Ni2+ M n Z f Mns+ Fez+ Fe3+

U6+ V=+ 574+

v5+

Tetzwerkbildner

- gelb gelbbraun

blau Purpur farblos purpur

tief braun

gelb, orange

-

-

- -

farblos-gelb

griin

blau farblos rosa gelb

-

schwach orange -

IR sehwach gelb,

rosa schwach gelb

griin blau -

lockern dabei die Bindung des Bruckensauerstoffs, d. h. sie wir- ken der Glasstruktur entgegen.

Obwohl im allgemeinen die Wandler links, die Bildner rechts ini Periodensystem stehen, konnen viela Kationen beide Funktionen ubernehmen, treten aber dann z. B. in unterschiedlicher Wertig- keit auf.

Eine ubersicht (nach SAL- R I A K G ~ ) ) uber die Farbeffekte und deren Ursachen bei SilicatglGern enthalt Tab. 2.

Aus der Tabelle geht. deutlich hervor, da13 die Farbwirkung der einzelneii Oxydationsstufen und ihre Funktion im Glasgerust verschieden sein konnen. AuBerdern ist mit Redoxvorgangen hiiufig ein Wechsel im Einbau verbun- den.

G . ACHERMAHN u. D. HESSE, Struktur der gefiirbten Borax- und Phosphorsalzperlen 155

Redox- Systeme Ein Vergleich der Perlenreaktion zeigt, daB sich die Redoxreaktionen

&In2++ Mn3+ -C e

Vs++ V5+ + 2 e

C13+ + Cr6* + 3 e

zwar in der Boraxperle quantitativ durchfuhren lassen, daB aber diese Um- setzungen in der Phosphorsalzperle schwer, bzw. beim Chrom gar nicht ab- laufen. Aus Untersuchungen an anderen Glasern ist bekannt6), daB die Lage der Redoxgleichgewichte - in Analogie zur pH-Abhangigkeit in wBB- rigen Losungen - von der Basizitat des Glases bestimmt wird. Da die Phos- phorsaure starker ist als die Borsaure werden auch die Gleichgewichte im Phosphatglas auf seiten der niederen Oxydationsstufe liegen.

Koordinationsgleichgewichte Bei der Diskussioii der Spektreri wurde die Farbwirkung der entspre-

chenden Kationen auf die Ausbildung tetraedrischer bzw. oktaedrischer Komplexe mit Sauerstoff zuruckgefiihrt. Die bekannte Tatsache, da13 mit sinkender Ligandenzahl bei einem Kation die Wellenlange des absorbier- ten Lichts steigt, ermoglicht die Erklarung der Farbwechsel z. B. beim Ab- kiihlen der Kupfer- und Eisenperlen oder bei der Wanderung der Banden mit steigender Konzentration, wie sie z. B. bei Chrom und Eisen beobachtet werden konnte.

Obwohl in erster Linie der Ionenradius eines Kations entscheidet, ob es als Netzwerkbildner wirken kann, so ist andererseits auffallig, daB allem Anschein nach im Boraxglas die tetraedrische Koordination bevorzugt wird. Der Grad der Polarisierbarkeit des Bruckensauerstoffs, der beim Boraxglas groBer ist als beim Phosphatglas, wirkt sich dann auf die Gestalt der Ab- sorptionsbanden aus. Wegen der geringeren Ladung des Bors im Gegensatz zu Phosphor ist hier der Sauerstoff leichter polarisierbar. Das ist auch der Grund, weshalb bei gleichem Kationengehalt die Boraxperle intensiver ge- farbt ist als das Phosphatglas. Das gilt allerdings nur unter der Voraus- setzung, daIj in beiden Fallen die Kationen als Netzwerkbildner eingebaut werden.

Eine scheinbarc Ausnahme bilden Wolfram, Molybdan und Titan. Alle 3 Elemente liefern aber nur beim Vorliegen niederer Wertigkeitsstufen ge- farbte Perlen. Wie in waBriger Losung sind auch hier die Redoxgleichge- wichte von der Aziditat des Mediums abhangig. Nur so ist es zu erklaren, daB die Reduktion dieser Elemente und damit die Bildung gefarbter Glaser in der Phosphatperle leichter vonstatten geht.

156 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 323. 1963

Die Polarisierbarkeit des Sauerstoffs im Glas wird auch durch dessen Basizitat, d. h. den Alkaligehalt beeinfluat.

Zur Bestatigung dieser Aussage ist die Extinktion von Boraxglasern mit verschiedenem Natriumgehalt und gleichen Gehalten an Kobalt (17 pa)

Tabelle 3 Abhiingigkeit der Extinktion kobalthaltiger

Gliiser bei 530 und 590 nm vom Alkaligehalt des Boraxglases

. -

untersucht worden. Das Ergebnis dieser Messungen enthalt Tab. 3.

Die MeBergebnisse be- statigen deutlich die oben getroffene Feststellung, nach der die Extinktion mit steigendem Alkali- gehalt zunehmen mulj. Bei diesen Betrachtungen kann der geringe Einflulj den

der Alkaligehalt auf die Lage des Absorptionsmaximums ausubt, vernach- lassigt werden.

Aus der Verschiebung des Verhaltnisses der bei 530 nm und 590 nm ge- messenen Extinktion kann man auch schlieljen, daIj sich das Gleichgewicht zugunsten der tetraedrisehen Koordination verschiebt.

Es war zu erwarten, dalj neben dem Alkaligehalt auch die Art des Alkali- ions auf die Absorption von Einflulj ist.

Zur Prufung dieser Prage wurden noch die Dialkalitetraborate von Ka- liurn, Rubidium und Caesium hergestellt und daraus Perlen mit 18pg Kobalt geschmolzen. Beim Lithium muljte ein Salz der Zusammensetzung GO, . 4B,O, . xH,O beiiutzt werden, da hier die Tetraboratschmelze beim Erkalten kristatlin erstarrt. Die Absorptionsspektren der so erhaltenen Perlen sind in Abb. 1-5 dargestellt.

Man kann aus den Diagrammen deutlich erkennen, dalj auoh die Eigen- schaften der Alkalien mit in dss Spektrum eingehen.

Noch anschaulicher werden die Zusammenhange, wenn man die Lage des Hauptmaximums des Spektrums (Abb. '9 bzw. die maximale Extinktion fur 18 pg Co (Abb.0 in Abhangigkeit von den Ionenradien der Alkalielemente auftragt. Bei der Betrachtung mu13 noch berucksichtigt werden, da13 wohl beim hypothetischen Lithiumtetraboratglas das Maximum der Extinktions- kurve und dessen Wellenliinge etwas hoher liegen durfte.

Aus den Diagrammen geht hervor, daB sowohl Extinktion wie Maximum der Absorptionsspektren bei Rubidium einen Hochstwert aufweisen. D. h. die Polarisierbarkeit des Sauerstoffs nimmt von Lithium bis zum Rubidium zu und fkllt dann zum Caesium wieder ab. Da diese Kurve nicht linear ver-

G. ACKERMANN u. D. HESSE, Struktur der gefiirbten Borax- und Phosphorsalzperlen 157

lauft, muB man scklieBen, da13 hier zwei gegenlaufige Effekte wirksam sind 5 ) .

Da der Alkaligehalt bei allen Proben (mit Ausnahme des Lithiumglases) gleich grol3 ist, kann hier eine zur Deutung vereinfachte Betrachtungsweise angewandt werden, bei der der EinfluB unterschjedlicher Alkalikonzentra- tion vernachlassigt wird.

E Q2

Abb. 1

Abb. 3

Abb. 2

i

Abb. 4

Abb. 5

Abb. 1-5. Absorptionsspektren der Alkaliboratgliiser mit 18 pg Kobalt ir -

Die als Netzwerkwandler eingebauten Alkaliionen wirken einerseits lok- kernd auf den Bruckensauerstoff und erhohen so dessen Polarisierbarkeit durch die farbenden Kationen. Zum anderen kommt aber der Sauerstoff nun in das Kraftfeld dieser Alkalien und tritt mit diesen in Wechselwirkung.

Die uberlagerung beider Effekte ergibt dann die tatsachliche Polarisier- barkeit des Sauerstoffs durch die eingebauten Farbkationen.

Im Lithiumglas ist zwar der Sauerstoff dem EinfluB des Bors weitgehend entzogen, wird aber andererseits schon recht stark durch das Kraftfeld des kleinen Lithiumions beeinflul3t. Das Caesiumion ubt auf Grund seines groBen

158 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 323. 1963

Li,O. 4B,O, NaZO. 2 BZO,

Ionenradius nur eine geringe Mirkung auf den Briickensauerstoff des Glases nus. In diesen beiden Glasern ist folglich die Polarisierbarkeit des Sauer- stoffs durch Farbkationen gering. Beim Rubidiuni resultieren aiis der Ober-

0,134 1 0,178 I 0,75 O,5.5 O,85 , 0,65

A rnml

580 560

-

- a4 - -

a8 1,O 7,2 2 4 7,6 11 Na X RbCs.

Jortenradtiis CAI Abb. 6. Abhiingigkeit der maximalen Extinktion vom Ionenradius des venvende-

ten Alkalielements

- 08 10 12 24 16 II ffa K Rb Cs

Jonenradtus C R I dbb. 7. Abhiingigkeit der Lage des Extinktionsmaximums vom Ionenradius des verwendeten

Alkalielements

lagerung der beiden genannten Einflusse auf den Sauerstoff Verhaltnisse, unter denen eingebaute Kationen eine maximale Farbwirkung ausiiben konnen.

Wie Tab. 4 zeigt, besteht auch beini Vergleich der Boraxglaser mit ver- schiedenen Alkaliarten ein Zusammenhang zwischen der Koordination und der Polarisierbarkeit. Es kann in Analogie zu den Verhaltnissen bei den

Tabelle 4 A b h ii n g i g k e i t d e r maxim a 1 en Ex t i n k t i o n

k o b a l t h a l t i g e r G l a s e r v o n d e r Zusammen- s e t z u n g d e s Grundglases

Glaserii mit unterschiedlichen Alkaligehalten festgestellt werden, daS auch hier mit steigender Polarisierbarkeit des Sauerstoffs die Ausbildung der Coo,-Koordination zunimmt.

G. ACKERMAXN u. D. HESSE, St,ruktur der gefkrbten Borax- und PhosphorsalzperIen 159

Diese Beobachtungen stehen in1 Einklang mit Untersuchungen von WEYL 5), der die gleichen Effekte bei iiickelhaltigen Silicatglasern fand.

F r e i b erg (Sac h s.) , Institut fur anorganische und analytische Chemie der Bergakademie.

Bei der Redaktiori eingegangen am 17. Oktober 1962.