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Worum geht es bei der partizipativen Steuerung des kulturellen Erbes? Bei der partizipativen Steuerung geht es darum, die Beziehung zwischen Einrichtungen und Fachleuten aus dem Bereich kulturelles Erbe und all denjenigen zu stärken, die sich für das kulturelle Erbe interessieren und engagieren: die Zivilgesellschaft, die Öffentlichkeit, Eigentümer, Verwalter, Unternehmen usw. Die partizipative Steuerung wirkt sich auf die Rolle von Fachleuten aus, da dafür sowohl Wissen über das kulturelle Erbe und seine Bedeutung für die Gesellschaft als auch über die Beziehung zwischen Menschen und kulturellem Erbe notwendig ist. Mit Steuerung ist in diesem Zusammenhang gemeint, dass über Interessengruppen weniger bestimmt wird, sondern dass sie vielmehr stärker in Prozesse eingebunden werden, die normalerweise Experten, Beamten und Politikern vorbehalten sind und von diesen geleitet werden. Die Hauptaspekte der Mitwirkung und des Zugangs sind in der Kulturpolitik schon lange beliebte Themen. Bisher war dies jedoch eher im Zusammenhang mit Ideen, Ambitionen und Visionen der Fall; die partizipative Steuerung des kulturellen Erbes drückt den Willen aus, im alltäglichen Vorgehen mehr Mitwirkung zu erreichen. Die partizipative Steuerung des materiellen, immateriellen und digitalen kulturellen Erbes ist ein innovativer Ansatz, mit dem sich spürbar ändert, wie das kulturelle Erbe verwaltet und geschätzt wird. Langfristig ist dieser Ansatz nachhaltiger als der bisherige. Es handelt sich um einen kreativen Prozess, bei dem es darum geht, mit alten und neuen Ideen und Optionen in verschiedenen Kontexten zu experimentieren, sie auszuprobieren und zu testen. Es geht darum, offen zu sein und sich nicht auf das Endergebnis oder Möglichkeiten, das Ergebnis zu messen, zu konzentrieren. Es bedeutet, mutig, sogar wagemutig zu sein, und Grenzen auszutesten. Es geht darum, bereit zu sein, über die passive Hinnahme des „Gemeinwillens“ hinauszugehen. ZUSAMMENFASSUNG PARTIZIPATIVE STEUERUNG DES KULTURELLEN ERBES BERICHT DER EXPERTEN-ARBEITSGRUPPE DER EU-MITGLIEDSTAATEN IM RAHMEN DER OFFENEN KOORDINIERUNGSMETHODE (OKM) EUROPÄISCHE KULTURAGENDA ARBEITSPLAN FÜR KULTUR 2015-2018 APRIL 2018 EUROPÄISCHE UNION « « « « « « ««««

ZUSAMMENFASSUNG PARTIZIPATIVE …kultur.creative-europe-desk.de/fileadmin/...Deutsch_Partizipative... · Die partizipative Steuerung des materiellen, immateriellen und digitalen kulturellen

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Worum geht es bei der partizipativen Steuerung

des kulturellen Erbes?

Bei der partizipativen Steuerung geht es darum, die Beziehung zwischen Einrichtungen und Fachleuten aus dem Bereich kulturelles Erbe und all denjenigen zu stärken, die sich für das kulturelle Erbe interessieren und engagieren: die Zivilgesellschaft, die Öffentlichkeit, Eigentümer, Verwalter, Unternehmen usw. Die partizipative Steuerung wirkt sich auf die Rolle von Fachleuten aus, da dafür sowohl Wissen über das kulturelle Erbe und seine Bedeutung für die Gesellschaft als auch über die Beziehung zwischen Menschen und kulturellem Erbe notwendig ist.

Mit Steuerung ist in diesem Zusammenhang gemeint, dass über Interessengruppen weniger bestimmt wird, sondern dass sie vielmehr stärker in Prozesse eingebunden werden, die normalerweise Experten, Beamten und Politikern vorbehalten sind und von diesen geleitet werden. Die Hauptaspekte der Mitwirkung und des Zugangs sind in der Kulturpolitik schon lange beliebte Themen. Bisher war dies jedoch eher im Zusammenhang mit Ideen, Ambitionen und Visionen der Fall; die partizipative Steuerung des kulturellen Erbes drückt den Willen aus, im alltäglichen Vorgehen mehr Mitwirkung zu erreichen.

Die partizipative Steuerung des materiellen, immateriellen und digitalen kulturellen Erbes ist ein innovativer Ansatz, mit dem sich spürbar ändert, wie das kulturelle Erbe verwaltet und geschätzt wird. Langfristig ist dieser Ansatz nachhaltiger als der bisherige.

Es handelt sich um einen kreativen Prozess, bei dem es darum geht, mit alten und neuen Ideen und Optionen in verschiedenen Kontexten zu experimentieren, sie auszuprobieren und zu testen. Es geht darum, offen zu sein und sich nicht auf das Endergebnis oder Möglichkeiten, das Ergebnis zu messen, zu konzentrieren. Es bedeutet, mutig, sogar wagemutig zu sein, und Grenzen auszutesten. Es geht darum, bereit zu sein, über die passive Hinnahme des „Gemeinwillens“ hinauszugehen.

ZUSAMMENFASSUNG

PARTIZIPATIVE STEUERUNG DES KULTURELLEN ERBES

BERICHT DER EXPERTEN-ARBEITSGRUPPE DER EU-MITGLIEDSTAATEN

IM RAHMEN DER OFFENEN KOORDINIERUNGSMETHODE (OKM)

EUROPÄISCHE KULTURAGENDAARBEITSPLAN FÜR KULTUR 2015-2018

APRIL 2018

EUROPÄISCHE UNION

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Das Handbuch

In seinen „Schlussfolgerungen zur partizipativen Steuerung des kulturellen Erbes“ rief der Rat der Europäischen Union dazu auf, den öffentlichen Sektor und die Privatwirtschaft auf allen Ebenen in die Entscheidungsfindung miteinzubeziehen, und forderte die Kommission auf, einen partizipativen Ansatz bei der Steuerung des kulturellen Erbes zu fördern. Darüber hinaus rief er zu mehr Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten auf, um vorbildliche Vorgehensweisen zu Bottom-up-Ansätzen für ein gemeinsames integratives Management des kulturellen Erbes zu erarbeiten und zu verbreiten.

Daraufhin wurde im Rahmen des Arbeitsplans für Kultur 2015 bis 2018 eine Arbeitsgruppe nationaler Experten aus 26 Mitgliedstaaten und Norwegen eingerichtet. Das Ziel war, innovative Modelle für die partizipative Steuerung des kulturellen Erbes zu entwickeln.

Das vorliegende Handbuch ist das Ergebnis dieser Arbeit.

An wen richtet sich dieses Handbuch?

Das Handbuch enthält praktische Ratschläge, die sich vor allem an Fachleute und Einrichtungen im Bereich des kulturellen Erbes richten. Grundsätzlich ist das Ziel jedoch, abstrakte Vorstellungen zur partizipativen Steuerung des kulturellen Erbes hinter sich zu lassen und sich verstärkt auf konkrete Maßnahmen zu konzentrieren, sodass auch Politiker und politische Entscheidungsträger Teile des Handbuchs hilfreich finden werden.

Wie wurde der Inhalt erstellt?

Die Kommission beauftragte die Arbeitsgruppe damit, auf nationaler und regionaler Ebene politische Ansätze abzubilden und zu vergleichen und so bewährte Vorgehensweisen zu ermitteln.

Zunächst füllten die Ländervertreter einen Fragebogen aus. Die Ergebnisse zeigten, dass es nicht besonders vielversprechend wäre, den Schwerpunkt auf rechtliche Voraussetzungen und finanzielle Unterstützung zu legen. Konsultationen mit der Zivilgesellschaft sind entweder gesetzlich vorgeschrieben oder in den Mitgliedstaaten allgemein üblich. Grundsätzlich vertraut die Öffentlichkeit Entscheidungen im Zusammenhang mit dem kulturellen Erbe, es gibt jedoch auch Verbesserungspotenzial. Dies trifft auch auf die Widerspruchsfreiheit zwischen unterschiedlichen Regierungsebenen zu. Die grundlegende Schlussfolgerung lautet, dass in den meisten in der Arbeitsgruppe vertretenen Ländern der Einführung partizipativer Steuerung des kulturellen Erbes formell nichts entgegensteht. In vielen, ja sogar den meisten, liegen die Voraussetzungen bereits vor.

Als Nächstes füllten die Ländervertreter eine Vorlage aus und die Arbeitsgruppe sammelte 47 Beispiele für vorbildliche Vorgehensweisen für die partizipative Steuerung des kulturellen Erbes. Die Arbeitsgruppe war sich einig, dass es, auch wenn es zwischen den Ländern einige Ähnlichkeiten gibt, individuelle Beispiele nicht von einem Land auf ein anderes oder auch nur innerhalb desselben Landes übertragen werden können.

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Zu guter Letzt analysierte die Gruppe die Beispiele auf Grundlage von fünf Faktoren: Initiator, Motivation, Hindernisse/Hürden, Folgen und gewonnene Erkenntnisse. Die Analyse zeigt, dass das öffentliche Interesse gefördert und Beziehungen, Flexibilität und Unterstützung für Projekte gestärkt sowie die Kompetenzen und Ausbildung des Personals ausgebaut werden müssen. Darüber hinaus konnte aus der Analyse die Lehre gezogen werden, dass der Prozess Teil des Ergebnisses ist, Bottom-up- und Top-down-Ansätze sich gegenseitig ergänzen können, Mitwirkung und Transparenz in allen Phasen unerlässlich sind und das materielle, das immaterielle und das digitale Erbe miteinander verknüpft werden sollten.

Dieses Handbuch basiert auf den Schlussfolgerungen, die aus der Analyse gezogen wurden.

Empfehlungen für Einrichtungen und Fachleute

im Bereich kulturelles Erbe

Das Handbuch enthält auch Empfehlungen für Einrichtungen und Fachleute im Bereich kultu-relles Erbe. Dieser Abschnitt baut auf der Analyse auf und identifiziert spezifische Bereiche, in denen Maßnahmen ergriffen werden sollten, aber auch Schritte, die berücksichtigt, und Fragen, die gestellt werden müssen.

Der erste Punkt, der angesprochen werden muss, ist die Einstellung und Bereitschaft zur partizipativen Steuerung des kulturellen Erbes. Alle kulturellen Einrichtungen und Fachleute sollten den Prozess damit beginnen, dass sie eine einfache Liste mit sechs Fragen durcharbei-ten. Diese befassen sich damit, ob bei der Einrichtung/dem Experten Veränderungsbereitschaft besteht, ob sich die Zivilgesellschaft/Interessengruppen interessiert gezeigt haben, ob es eine positive Einstellung zur Zusammenarbeit, ein erstes Einvernehmen sowie berufliche Offenheit für Wissen aller Art gibt und ob der Nutzen für die Öffentlichkeit das Hauptziel ist.

Diese Fragenliste dient als Instrument, um zu prüfen, ob für den Prozess Umstände vorliegen, in denen eine partizipative Steuerung des kulturellen Erbes als Vorteil gesehen werden könnte. Darüber hinaus ist sie auch während der nächsten Schritte hilfreich, um eine genaue Feinab-stimmung des Prozesses vorzunehmen.

Die nächsten Schritte befassen sich mit drei grundlegenden Bereichen und sind jeweils in drei bis fünf Unterschritte eingeteilt:

Vorbedingungen schaffen: Informationen zur Rechtslage und zu den Chancen bereitstellen, Interessengruppen identifizieren, eine gemeinsame Vision entwickeln, Ressourcen zuweisen und ein Umfeld oder Möglichkeiten schaffen, um Wissen und neue Erkenntnisse auszutauschen.

Den Prozess unterstützen: Kommunikation und Transparenz fördern, Interesse wecken und für ein Zusammenwirken der Geschichte des kulturellen Erbes und den persönlichen Geschich-ten der Interessengruppen sorgen, dabei betonen, dass das Gemeinwohl auch gemeinsame Verantwortung bedeutet, und die Rolle von Fachleuten in der öffentlichen Meinung bestätigen sowie Plänen und der Notwendigkeit von Kompromissen Aufmerksamkeit schenken.

Nachhaltigkeit sicherstellen: den Prozess überwachen und beurteilen, die immanente Moti-vation stärken, den Ansatz anzunehmen, für die Vorteile für die Allgemeinheit werben.

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Empfehlungen für Politiker und politische

Entscheidungsträger

Es gibt einige grundlegende Vorbedingungen, wie die Förderung der Anerkennung des kulturellen Erbes als Gemeingut, gemeinsame Ressource und Motor der nachhaltigen Entwicklung sowie das kontinuierliche Vorantreiben von Synergien zwischen verschiedenen Interessengruppen und mit anderen Bereichen.

Die Arbeitsgruppe hat empfohlen, bestehende und anstehende Initiativen im Zusammen-hang mit dem kulturellen Erbe zu nutzen und Programme auf nationaler und europäischer Ebene zu finanzieren, wobei das Ziel lauten sollte, das Potenzial für die partizipative Steuerung weiterzuentwickeln.

Darüber hinaus empfahl die Gruppe, auf nationaler und europäischer Ebene einen klaren und umfassenden politischen Rahmen aufzubauen, an dem sich Strategien und Vorgehensweisen orientieren können.

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Den vollständigen Bericht finden Sie hier: http://ec.europa.eu/culture/library/index_de.htm

Die Vorsitzenden der OKM-Arbeitsgruppe: Birgitta Johansen

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Europäische KommissionGeneraldirektion Bildung, Jugend, Sport und KulturDirektion D – Kultur und KreativitätReferat D1 – KulturpolitikKontakt: Erminia SciacchitanoE-Mails: [email protected]

© Europäische Union, 2018

DE

NC-04-17-331-D

E-N 978-92-79-67398-6 doi:10.2766/094845««««««««