Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 1___________________________________________________________________________________________________________________
1. Einleitung
2. Strömungssimulation in Windkanälen
3. Numerische Strömungssimulation
4. Potentialströmungen
5. Tragflügel unendlicher Streckung in inkompressibler Strömung
(Profiltheorie)
6. Tragflügel endlicher Streckung in inkompressibler Strömung
7. Aerodynamik der Klappen und Leitwerke
8. Kompressible Strömungsmechanik (Gasdynamik)
9. Hochgeschwindigkeits‐Aerodynamik
10. Stabilität und Steuerbarkeit
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 2___________________________________________________________________________________________________________________
10. Stabilität und Steuerbarkeit
10.1 Definition der Längs‐ und Seitenbewegung
Bisher Betrachtung der Kräfte und Momente infolge der Umströmung eines
Flugkörpers (Aufrieb, Widerstand, Nickmoment, …) Keine Aussagen hinsichtlich des Flugverhaltens und Steuerbarkeit
Jetzt Analyse der erforderlichen Kräfte und Momente zum Ein‐ und Ausleiten
von Richtungsänderungen um die drei Hauptachsen Analyse der Ruderwirksamkeiten Analyse des statischen Stabilitätsverhaltens Analyse des und dynamischen Stabilitätsverhaltens
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 3___________________________________________________________________________________________________________________
10.1 Definition der Längs‐ und Seitenbewegung
Statisches Stabilitätsverhalten Beschreibt ob ein System nach einer Störung wieder in seine Ausgangslage
zurückkehrt
Dynamisches Stabilitätsverhalten Berücksichtigt zusätzlich noch das Zeitverhalten des Systems Ist der Mensch als Regelgröße im System noch zulässig? Ist eine Rechner‐gestützte Stabilisierung erforderlich?
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 4___________________________________________________________________________________________________________________
10.1 Definition der Längs‐ und Seitenbewegung
Aerodynamisches Modell Beschreibung des flugmechanischen Verhalten eines Flugkörpers
Unterscheidung zwischen Längsbewegung (Auftrieb, Widerstand und Nickmoment) Seitenbewegung (Seitenkraft, Giermoment und Rollmoment)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 5___________________________________________________________________________________________________________________
10.1 Definition der Längs‐ und Seitenbewegung
Längsbewegung Bewegung eines Flugzeugs im Reiseflug erfolgt im wesentlichen als
Längsbewegung Translatorische Bewegung in der x-z‐Ebene Rotatorische Bewegung um die Querachse (Nickbewegung) Entspricht einer Änderung des Anstellwinkels Flugzeug wird 'von vorne' angeströmt, also ohne Schiebewinkel
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 6___________________________________________________________________________________________________________________
10.1 Definition der Längs‐ und Seitenbewegung
Definition der Längsbewegung, (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 7___________________________________________________________________________________________________________________
10.1 Definition der Längs‐ und Seitenbewegung
Seitenbewegung Seitenbewegung entspricht translatorischer Bewegung in y‐Richtung Rotation um die x‐ und z‐Achse Flugzeug wird 'von der Seite' angeströmt, also mit einem Schiebewinkel
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10.1 Definition der Längs‐ und Seitenbewegung
Definition der Seitenbewegung, (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 9___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung ‐ Statische Längsstabilität
Auswirkungen von Kräften und Momenten, die durch eine kleine Störung, hervorgerufen werden
Statisch stabil Flugzeug kehrt von alleine wieder in seine Ausgangslage zurück
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 10___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung ‐ Statische Längsstabilität
Beschreibung der Bewegung eines Körpers im Raum durch sechs Freiheitsgrade
Gleichförmige, unbeschleunigte Bewegung erfordert, dass die Summe aller Kräfte und Momente Null ergibt
∑ 0 Kräfte in x‐Richtung (Schub, Widerstand)∑ 0 Kräfte in y‐Richtung (Seitenkräfte)∑ 0 Kräfte in z‐Richtung (Auftrieb, Gewicht)∑ 0 Momente um die x‐Achse (Rollmoment)∑ 0 Momente um die y‐Achse (Längs‐ bzw. Nickmoment)∑ 0 Momente um die z‐Achse (Giermoment)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 11___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung ‐ Statische Längsstabilität
Längsbewegung Kräftegleichgewicht in x‐ und z‐Richtung Momentengleichgewicht um die y‐Achse (Nickmoment)
∑ 0 Kräfte in x‐Richtung (Schub, Widerstand)∑ 0 Kräfte in z‐Richtung (Auftrieb, Gewicht)∑ 0 Momente um die y‐Achse (Längs‐ bzw. Nickmoment)
Einflussfaktoren Auftrieb von Flügel und Höhenleitwerk, Flugzeuggewicht, Schub Auftriebsabhängiges Flügelmoment ohne Leitwerk (xs-xN,F )AFR
Auftriebsunabhängiges Nullmoment M0
Auftriebsabhängiges Leitwerksmoment rHAH
Schubmoment zSS
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 12___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung ‐ Statische Längsstabilität
Statisch stabil Störung bewirkt z.B. Erhöhung des Anstellwinkels Erhöhung des Auftriebs Fluggeschwindigkeit bleibt konstant Erzeugung eines abnickenden Moments Rückführung des Flugzeug in die Ausgangslage zurückführt
Statisch instabil Störung erzeugt Zusatzmoment mit gleicher Drehrichtung wie die Störung Flugzeug bäumt sich weiter auf Strömungsabriss Strukturelle Überlastung der Zelle
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 13___________________________________________________________________________________________________________________
Steigung der Momentenkurve
Statisch stabil
dCm/dCA < 0
Statisch indifferent
dCm/dCA = 0
Statisch instabil
dCm/dCA > 0
Trimmwiderstand Widerstand infolge eines
Höhenruderausschlags oder eines Trimmruders
Auslegungsziel:Leicht stabiles bis fastindifferentes Verhalten
stabil
instabil
stabil
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 14___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung ‐ Neutralpunkt
Im Neutralpunkt verschwinden alle auftriebsabhängigen Momente Längsmoment im Neutralpunkt ist anstellwinkelunabhängig Bestimmung des Neutralpunkts durch Anlegen einer Tangente an die
Momentenkurve CA = CA(Cm)
(Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 15___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung ‐ Schwerpunktlage und Längsstabilität
Lage des Schwerpunktes relativ zum Neutralpunkt ist die wichtigste Einflussgröße für die statische als auch für die dynamische Längsstabilität
Dimensionsloser Abstand des Schwerpunkts zum Neutralpunkt wird als Stabilitätsmaß der Längsbewegung bezeichnet
0 ⇔
Vordere Schwerpunktlage = Schwerpunkt liegt vor Neutralpunkt Negatives Stabilitätsmaß = statisch stabil Maximale hintere Schwerpunktlage: 1 ‐ 5 %, d.h. dCm/dCA = ‐0,01 bis ‐0,05 Verringerung des Stabilitätsmaßes: Flugzeug reagiert immer empfindlicher
auf Steuereingaben Einsatz eines Flugreglers erforderlich
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 16___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung ‐ Längssteuerbarkeit
Reiseflug Ausgetrimmtes Nickmoment (Cm = 0) Statisch stabil (dCm/dCA < 0)
Landeanflug Verringerung der Geschwindigkeit erfordert größeren Auftriebsbeiwert Kopflastiges Moment durch Landeklappen muss über Höhenleitwerk
ausgeglichen werden Höhenruderausschlag e bewirkt Parallelverschiebung der Momentenkurve Cm = 0 wird bei einem höheren Auftriebsbeiwert CA wieder hergestellt Ruderwinkel e als Funktion der Auftriebswerte liegen auf einer Geraden,
deren Steigung von der Schwerpunktlage abhängt Je weiter der Schwerpunkt nach hinten wandert, desto flacher die Kurve Kleine Ruderausschläge bewirken bei hinterer Schwerpunktlage große
Änderungen im Auftrieb
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 17___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung ‐ Längssteuerbarkeit
(Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 18___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung – Einfluss der Mach‐Zahl und der Pfeilung
Superkritischer Profile Auslegungsmachzahl liegt über der kritischen Machzahl Mkrit
Erhöhung der Machzahl über Mkrit vergrößert den Auftrieb Widerstandserhöhung durch Totaldruckverlust infolge von Verdichtungsstößen Abklingen der Auftriebskurve bei zunehmender Machzahl durch Überschall‐
gebiet auf der Profilunterseite einPfeilung Tragende Flügelbereiche verschieben sich nach hinten Neutralpunkt wandert nach hinten Flugzeug wird kopflastig und nimmt Fahrt auf Verringerung des Flügelauftriebs bewirkt Reduzierung des Abwindfelds am
Höhenleitwerk Verringerung der Höhenruderwirksamkeit Flugzeug neigt zu Bahnneigungsflug und zur Fahrtaufnahme Gefahr, dass 'buffet'‐Grenze erreicht wird
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 19___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung – Einfluss der Mach‐Zahl
Kompressibilitätseinfluss auf die statische Längsstabilität (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 20___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung – Einfluss der Pfeilung
(Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 21___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung – Kriterien zur Höhenleitwerksauslegung
Abdeckung folgender Fälle Stabilisierung im Reiseflug bei hinterer Schwerpunktlage Austrimmen im Langsamflug (Landeanflug) bei vorderer Schwerpunktlage Rotation des Flugzeugs beim Startlauf
Hintere Schwerpunktlage Geringer Anstand des Schwerpunkts zum Neutralpunkt: Auftriebsabhängiges
Moment der Flügel‐Rumpfkombination (schwanzlastig) wird fast durch auftriebsunabhängiges Nullmoment (kopflastig) ausgeglichen
Trimmzustand: Höhenleitwerk muss nur einen geringen Abtrieb erzeugen Je weiter der Schwerpunkt nach hinten wandert, desto geringer ist der
erforderliche Abtrieb durch das Höhenleitwerk Minimierung des Trimmwiderstands
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 22___________________________________________________________________________________________________________________
10.2 Längsbewegung – Kriterien zur Höhenleitwerksauslegung
Hintere Schwerpunktlage ‐ Problem
Abnehmendes Stabilitätsmaß bedeutet flacheren Verlauf der Momentkurve Kleine Ruderausschläge bewirken große Änderungen des Anstellwinkels Leitwerksgröße ist ein Kompromiss zwischen Widerstandsminimierung und
zulässigem Stabilitätsmaß (Regler)
Vordere Schwerpunktlage
Je weiter Schwerpunkt nach vorne wandert, desto größer die Längsstabilität Verschiebung des Schwerpunkts nach vorne erfordert größere
Ruderausschläge zur Kompensation als bei hinterer Schwerpunktlage
Kriterien
Maximal möglicher Ausschlagwinkel der Höhenleitwerksflosse bei der Landung Maximal erforderliche Handkraft beim Abfangmanöver aus dem getrimmten
Zustand Steigung des Handkraftgradienten im getrimmten Zustand
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 23___________________________________________________________________________________________________________________
10.2.2 Dynamische Längsbewegung
Dynamisches Stabilitätsverhalten
Aussage hinsichtlich des Zeitverhalten des Systems Gedämpftes Schwingungsverhalten oder wachsende Amplitude Geschwindigkeit, Höhe und Anstellwinkel sind miteinander gekoppelt
Anstellwinkelschwingung Variation des Anstellwinkels bei konstanter Höhe, klingt in der Regel sehr
schnell ab (1 ‐ 5 s)
Bahnschwingung (Phygoide) Variation von Höhe und Geschwindigkeit bei konstantem Anstellwinkel
und konstanter Energie Permanenter Austausch von potentieller und kinetischer Energie Schwingung ist in der Regel schwach gedämpft
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit ‐ Längsbewegung 24___________________________________________________________________________________________________________________
10.2.2 Dynamische Längsbewegung
Anstellwinkel‐ und Bahnschwingung (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Instabile Auslegung 25___________________________________________________________________________________________________________________
10.3 Instabile Auslegung von Flugzeugen
Instabile Auslegung von Flugzeugen erst mit der Verfügbarkeit von elektronischen Flugreglern möglich
Mensch verfügt auf Dauer nicht über die erforderlichen Reaktionszeiten
stabile Auslegung: xNP < xSP instabile Auslegung: xNP > xSP
(Cucinelli, 1997)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Instabile Auslegung 26___________________________________________________________________________________________________________________
10.3 Instabile Auslegung von Flugzeugen
Vorteile instabiler Auslegung Reduzierter Trimmwiderstand aufgrund günstigerer Trimmklappenstellung Vergrößerung des erreichbaren Maximalauftriebs, da mehr Flächen zum
Gesamtauftrieb beitragen Erhöhung der stationären und instationären Wenderate
(Cucinelli, 1997)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Instabile Auslegung 27___________________________________________________________________________________________________________________
10.3 Instabile Auslegung von Flugzeugen
Identische Konfiguration ist bei gleicher Masse und Triebwerksleistung ‐ agiler (höhere Wenderate)‐ leistungsfähiger (höherer Maximalauftrieb
Bei vorgegebener Missionsleistung kann die instabile Konfiguration kleiner und leichter ausgeführt werden als bei stabiler Auslegung
(Cucinelli, 1997)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Instabile Auslegung 28___________________________________________________________________________________________________________________
10.3 Instabile Auslegung von Flugzeugen ‐ Grenzen der Instabilität
Mit zunehmender Instabilität steigt das erforderliche Steuerpotential = Verstellmöglichkeit der Kontrollflächen zur Nicksteuerung
Es verbleibt nur noch wenig Potential für die zusätzliche Nickbeschleunigung zur Ausführung eines Manövers
Aufwand für den Flugregler und die Anforderungen an das Luftdatensystem steigt überproportional an
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Instabile Auslegung 29___________________________________________________________________________________________________________________
10.3 Instabile Auslegung von Flugzeugen ‐ Grenzen der Instabilität
Einfluss der Stabilität auf Agilität und Steuerpotential, (Cucinelli, 1997)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Instabile Auslegung 30___________________________________________________________________________________________________________________
10.3 Instabile Auslegung von Flugzeugen ‐ Grenzen der Instabilität
Doppelwertzeit T2
Zeit, in der ein ungeregeltes, instabiles Flugzeug eine Anstellwinkelstörung verdoppelt
Grenze der maximalen Instabilität Heutige Flugregler bewältigen ein T2 von ca. 250 ms Doppelwertzeit nimmt mit zunehmender Fluggeschwindigkeit ab Kritische Bereiche sind die Kombination von hoher Instabilität und hohem
Staudruck = Flug mit hoher Unterschallmachzahl in Bodennähe
(Cucinelli, 1997)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Instabile Auslegung 31___________________________________________________________________________________________________________________
10.3 Instabile Auslegung von Flugzeugen ‐ Grenzen der Instabilität
Beschränkung für instabile Systeme durch staudruckabhängige Ruderwirksamkeit
Begrenztes Steuerpotential bei niedrigen Fluggeschwindigkeiten
Maximaler Ausschlag einer Steuerfläche als Funktion der Mach‐Zahl (Cucinelli, 1997)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 32___________________________________________________________________________________________________________________
10.4 Seitenbewegung – Kräfte und Momente
Längsbewegung
Bewegung eines Flugzeugs in der Symmetrieebene (x-z‐Ebene) Flugzeug erfährt eine symmetrische Umströmung
Seitenbewegung
Überlagerung von drei Bewegungen Translationsbewegung entlang der y‐Achse, Rotationsbewegung um die Hochachse (z‐Achse) Rotationsbewegung um die Längsachse (x‐Achse) Unsymmetrische Anströmung erzeugt eine Kraft und zwei Momente
‐ Seitenkraft ∙
‐ Rollmoment∙ ∙
‐ Giermoment∙ ∙
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 33___________________________________________________________________________________________________________________
10.4 Seitenbewegung – Kräfte und Momente
Giermomentenbeiwert Cn ‐ Bezugslänge LN9300: Halbspannweite s = b/2 US‐amerikanische Literatur: Spannweite b Airbus Industries: Flügelbezugstiefe l
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 34___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.2 Seitenbewegung
Richtungsstabilität (directional stability = weathercock stability)
Beschreibt die Fähigkeit des Flugzeugs nach einer Störung durch eine seitliche Böe (in der x-y‐Ebene) oder eines Seitenruderausschlags wieder selbständig in seine Ausgangslage zurückzukehren
Analog zur Längsstabilität müssen rückstellende Kräfte und Momente erzeugt werden
Rückstellendes Giermoment wird maßgeblich durch die am Seitenleitwerk angreifenden Kräfte erzeugt
Maß für die Richtungsstabilität ist die Veränderung des Giermoments Cn mit dem Schiebewinkel , dem Schiebegierbeiwert
Stabil: 0 Positiver Schiebewinkel ( > 0) erzeugt rechtsdrehendes Giermoment 0Instabil : 0 Positiver Schiebewinkel ( > 0) erzeugt linksdrehendes Giermoment 0
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 35___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.2 Seitenbewegung ‐ Richtungsstabilität
Richtungsstabilität infolge einer lateralen Störung (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 36___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.2 Seitenbewegung ‐ Richtungsstabilität
Verlauf des Schiebegierbeiwerts (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 37___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.2 Richtungsstabilität ‐ Einfluss des Seitenleitwerks
Seitenleitwerk liefert größten Beitrag zur Richtungsstabilität Analog zum Auftrieb kann auch die Seitenkraft auf den Neutralpunkt der
Flosse bezogen werden und erzeugt das Giermoment Cn um den Gesamtschwerpunkt des Flugzeugs
Im linearen Bereich (= kleine Schiebewinkel ) und am Seitenleitwerk bei anliegender Strömung gilt
dd ∙ ∙
Dimensionsloses Seitenleitwerksvolumen∙∙
Beiwert des Giermoments Cn als Funktion des Seitenleitwerkvolumens
∙ ∙∙∙ ∙ ∙
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 38___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.2 Richtungsstabilität ‐ Einfluss des Rumpfes
Resultierende Seitenkraft bei einem Schiebewinkel greift bei ca. 25% der Rumpflänge an
In der Regel weit vor dem Schwerpunkt Destabilisierendes Giermoment
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 39___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.2 Richtungsstabilität ‐ Einfluss der Pfeilung
Maßgebend für die Strömungsverhältnisse am Flügel ist die Strömungs‐geschwindigkeit senkrecht zur Flügelvorderkante
Vorauseilender Flügel
Erhöhte Anströmgeschwindigkeit Erhöhung von Auftrieb und Widerstand
Zurückbleibender Flügel
Verringerte Anströmgeschwindigkeit Verringerung von Auftrieb und Widerstand
Asymmetrische Auftriebs‐ und Widerstandsverteilung
Stabilisierendes, rückdrehendes Giermoment (Richtungsstabilität) Destabilisierendes, anfachendes Rollmoment (Rollstabilität)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 40___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.2 Richtungsstabilität ‐ Einfluss von SLW, Rumpf und Pfeilung
Einfluss Seitenleitwerk Einfluss Rumpf Einfluss Pfeilung (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 41___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rollstabilität (lateral stability)
Beschreibt das Verhalten des Flugzeugs infolge einer Störung um die Längsachse (x‐Achse).
Abwärts drehender Flügel Erhöhung der Anströmgeschwindigkeit Erhöhung von Auftrieb und Widerstand
Aufwärts drehender Flügel Verringerung der Anströmgeschwindigkeit Verringerung von Auftrieb und Widerstand
Asymmetrische Auftriebs‐ und Widerstandsverteilung erzeugt Moment um die Längsachse
Wirkt im linearen Anstellwinkelbereich zurückdrehend, also dämpfend
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 42___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rollstabilität
Schieberollbeiwert Cl
Beschreibt die Änderung des Rollmoments Cl mit dem Schiebewinkel Maß für die Stärke der Rollstabilität
dd
Rollstabiles Verhalten Positiver Schiebewinkel (Wind von rechts) erzeugt negatives
(linksdrehendes) Rollmoment, d.h. 0
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 43___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rolldämpfung
Beschreibt die Änderung des Rollmoments in Abhängigkeit von der Drehrate um die Flugzeuglängsachse (x‐Achse)
Drehrate p ist dimensionsbehaftet Verwendung der dimensionslosen Drehrate p* zur Berechnung der
Rolldämpfung Clp
∗ ∙
2 ∙dd ∗
Stabil gedämpftes Verhalten0
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 44___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rolldämpfung
(Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 45___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rollstabilität (dihedral effect) ‐ Einfluss der V‐Stellung
Rollverhalten kann auch über die V‐Stellung der Flügel beeinflusst werden
Positive V‐StellungVorauseilender Flügel, Normalkomponente des Seitenwinds Anstellwinkelvergrößerung Erhöhung von Auftrieb und Widerstand
Zurückbleibender Flügel , , Normalkomponente des Seitenwinds Anstellwinkelverringerung Verringerung von Auftrieb und Widerstand
Asymmetrische Auftriebsverteilung Rollmoment (= Schiebe‐Rollmoment)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 46___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rollstabilität (dihedral effect) ‐ Einfluss der V‐Stellung
Tiefdecker mit positiver V‐Stellung Positivem Schiebewinkel erzeugt linksdrehendes (= stabilisierendes)
Rollmoment
Entstehung des Schiebe‐Rollmoments, (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 47___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rollstabilität (dihedral effect) ‐ Einfluss der Flügelhochlage
Beim Schiebeflug wirkt sich insbesondere die Interferenz zwischen Flügel‐und Rumpfumströmung auf das Rollverhalten aus
Tiefdeckerkonfiguration ‐ seitliche Anströmung (von rechts) Verkleinerung des Anstellwinkels auf der Luvseite Vergrößerung des Anstellwinkels auf der Leeseite Erzeugung eines rechtsdrehendes (= destabilisierendes) Schiebe‐
rollmoment Flugzeug rollt in Luvrichtung Destabilisierende Rollmoment kann durch positive V‐Stellung kompensiert
werden
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 48___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rollstabilität (dihedral effect) ‐ Einfluss der Flügelhochlage
Einfluss der Flügelhochlage auf die Rollstabilität (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 49___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rollstabilität (dihedral effect) ‐ Einfluss der Flügelhochlage
Hochdeckerkonfiguration ‐ seitliche Anströmung Umkehrung der Verhältnisse gegenüber Tiefdeckeranordnung Flügelhochlage erzeugt beim Schiebeflug stabilisierendes Schiebe‐
Rollmoment Kompensation bei zu großer Rollstabilität durch negative V‐Stellung
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 50___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rollstabilität (dihedral effect) ‐ Einfluss der Flügelhochlage
Lockheed Galaxy C5 (©Stefan Lindauer)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 51___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rollstabilität (dihedral effect) ‐ Einfluss des Seitenleitwerks
Erzeugung einer Seitenkraft am Seitenleitwerk bei seitlicher Anströmung Abstand des Seitenleitwerk‐Neutralpunktes zur Rollachse bewirkt bei
positivem Schiebewinkel ein linksdrehendes (= stabilisierendes) Rollmoment
Einfluss des Seitenleitwerks auf die Rollstabilität, (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 52___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rollstabilität (dihedral effect) ‐ Einfluss des Höhenleitwerks
Ähnliche Verhältnisse wie bei der Umströmung eines Flügels Ähnliche konfigurative Möglichkeiten zur Beeinflussung der Rollstabilität
Pfeilung V‐Stellung Hochlage
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 53___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Richtungsstabilität im hohen Anstellwinkelbereich
Kampfflugzeuge mit hoher Rollagilität = geringe Trägheit um die Längsachse
Beschreibung der Schiebegierstabilität durch die dynamische Seitenstabilität Cndyn
Dynamische Seitenstabilität setzt sich zusammen aus der Schiebegierstabilität Cn und der Schieberollstabilität Cl
∙ ∙ ∙
Mit zunehmendem Anstellwinkel wird die Seitenstabilität von der Schieberollstabilität Cl bestimmt und die Schiebegierstabilität Cn verliert mit cos an Bedeutung
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 54___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Richtungsstabilität im hohen Anstellwinkelbereich
Konfiguration Ix [kg/m²] Iz [kg/m²] Iz/Ix
Lockheed T33 32260 59369 1,84Dornier Do328 103000 240000 2,33Boeing 707 5030000 12260000 2,44AirbusA300 6011000 15730000 2,61McDonnelDouglas F‐4C 32081 181255 5,65Concorde 2166000 19840000 9,16Dasa‐Rockwell X31 4465 49050 10,99Lockheed F104G 4900 80400 16,40
Trägheitsmomente ausgeführter Konfigurationen
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit – Seitenbewegung 55___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.3 Rolldämpfung von Deltaflügeln
Einbruch der Rolldämpfung Clp im Bereich von Ca,max
Asymmetrisches Aufplatzen der Wirbel auf der Flügeloberseite Umkehrung des Stabilitätsverhalten von dämpfend (Clp < 0) in anfachend
(Clp > 0)
X‐31: Rolldämpfung bei unterschiedlichen Drehraten
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 56___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.4 Steuerbarkeit der Seitenbewegung
Bei der Seitenbewegung werden durch die Einleitung einer Drehung um eine Achse, z.B. Längsachse, immer Koppelmomente um eine weitere Achse (Hochachse) induziert
Dimensionierender Fehlerfall zur Auslegung des Seitenleitwerks und der Querruder ist der asymmetrische Triebwerksausfall
Asymmetrische Verteilung von Kräften und Momenten infolge von asymmetrischer Schub‐ und Widerstandsverteilung (Triebwerke) sowie die Widerstandserhöhung infolge des Schiebeflugs muss durch entsprechende Ruderausschläge ausgeglichen werden
Kompensationsmaßnahmen‐ Schiebeflug ohne Hängewinkel‐ Schiebeflug mit Hängewinkel in Richtung des funktionsfähigen Triebwerks
Hängewinkel erzeugt seitliche Komponente des Flugzeuggewichts Seitenruder arbeitet nicht gegen die Seitenflosse wie beim Schiebeflug ohne
Hängewinkel Manöver kann geringerer Geschwindigkeit geflogen werden
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 57___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.4 Steuerbarkeit der Seitenbewegung
Schiebeflug ohne Hängewinkel (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 58___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.4 Steuerbarkeit der Seitenbewegung
Schiebeflug mit Hängewinkel (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 59___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.5 Dynamische Seitenbewegung
Antwort auf eine Störung der Seitenbewegung (seitliche Böe, Ruderausschlag)Drei Schwingungsformen möglich Rollbewegung Spiralbewegung Taumelschwingung
Rollbewegung Unproblematisch bei Flugzeugen mit großer Streckung Ausgeprägte Rolldämpfung infolge der großen Streckung Rollbewegung klingt schnell abklingt, Flugzeug kehrt nicht wieder in
Ausgangslage zurück Hängewinkel muss korrigiert werden muss
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 60___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.5 Dynamische Seitenbewegung ‐ Spiralbewegung
Spiralbewegung Flugzeug nimmt Hänge‐ und Gierwinkel ein Stabile Spirale: Kurvenradius bleibt gleich oder nimmt zu Instabile Spirale (= Spiralsturz): Kurvenradius verkleinert sich
Stabile Spirale kann von einer Roll‐Gierschwingung (dutch roll) überlagert werden
Kombination von Rollen, Schieben und Gieren
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 61___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.5 Dynamische Seitenbewegung ‐ Spiralbewegung
Stabile, neutrale und instabile Spirale (Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 62___________________________________________________________________________________________________________________
Roll‐Gierschwingung dutch roll(Hünecke, 1998)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 63___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.5 Dynamische Seitenbewegung ‐ Trudeleigenschaften
Aufgrund der geringeren Trägheitsmomente um die Hoch‐ und die Längsachse zur Erzielung höherer Agilität, weisen Kampfflugzeuge in der Regel ungünstigere Trudeleigenschaften auf als Verkehrsflugzeuge
Im hohen Anstellwinkelbereich können große Schiebewinkel und hohe Drehbeschleunigungen um alle drei flugzeugfesten Achsen auftreten
Einflussfaktoren sind hauptsächlich eine schlechte Gierdämpfung infolge der Abschattung des Seitenleitwerks
Verbesserung ist beispielsweise durch Leitbleche an der Rumpfunterseite (ventral fins) möglich
Insbesondere bei sehr langen schlanken Rumpfnasen (F5, F22) kann die Rumpfnase bei einer Rotation um die Hochachse ein anfachendes Giermoment erzeugen
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 64___________________________________________________________________________________________________________________
10.4.5 Dynamische Seitenbewegung ‐ Trudeleigenschaften
Weissmann‐Kriterium und LCDP‐Parameter, (Wedekind, 2001)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 65___________________________________________________________________________________________________________________
10.5 Steuerbarkeit bei hohen Anstellwinkeln ‐ Schubvektorsteuerung
F‐18 HARV, X‐31, F‐16 MATV MBB – Rockwell X‐31Dryden Flight Research Center EC94‐42513‐3 (1994)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 66___________________________________________________________________________________________________________________
10.5 Steuerbarkeit bei hohen Anstellwinkeln ‐Wirbelstrukturen
Wirbelstrukturen, Normal‐ und Seitenkraft im hohen Anstellwinkelbereich (Hakenesch, 1999)
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 67___________________________________________________________________________________________________________________
10.5 Steuerbarkeit bei hohen Anstellwinkeln ‐Wirbelstabilisierung
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 68___________________________________________________________________________________________________________________
10.5 Steuerbarkeit bei hohen Anstellwinkeln ‐Wirbelstabilisierung
X31‐VECTOR, Deutsches Museum, Oberschleißheim
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 69___________________________________________________________________________________________________________________
10.5 Steuerbarkeit bei hohen Anstellwinkeln ‐Wirbelsteuerung
Wirbelsteuerung mittels rotatorisch verstellbarem Nasen‐strake
Aerodynamik Stabilität und Steuerbarkeit 70___________________________________________________________________________________________________________________
10.5 Steuerbarkeit bei hohen Anstellwinkeln ‐Wirbelsteuerung
Giermoment vs. Drehwinkel Giermoment vs. Anstellwinkel(Hakenesch, 1999)