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Nürnberger Nachrichten 21/07/2012

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AB / Samstag, 21. Juli 2012 Seite 9

UmdenTurtelbergUltraleichtflieger nahmen Gäste mit in die Luft

Asyl imWirtshaus„Brandner Hof“ beherbergt äthiopische Flüchtlinge

Statt vielerWorte

AB-Mitarbeiter Peter Tippl überwand seine Ängste und flog mit. Unser Bild zeigt einen Blick auf Wassertrüdingen undden Hesselberg. Das Engagement der „Turtelbergflieger“ würdigte auch Bürgermeister Günther Babel.

Musiker Ankisawi aus Äthiopien ist einer der 26 Asylbewerber, die derzeit im „Brandner Hof“ leben. Fotos: epd

Marion und Bernd Hiller kümmern sich in ihrem Landgasthof in Brand um afri-kanische Flüchtlinge und geben ihnen mehr als nur ein Dach über dem Kopf.

LOKALES

GEILSHEIM (pet) – „Über denWolken“ hieß es beim vierten Flieger-fest der „Turtelbergflieger“ Geils-heim. Das Team um Gerhard Kitzstei-ner und Karl Bauer hatte Flugbegeis-terte und Neugierige zu seiner Flug-halle auf den 508 Meter hohen Turtel-berg eingeladen.

Ein mittäglicher Regenschauer hieltden Besucheransturm zunächst inGrenzen, jedoch spitzte am Nachmit-tag die Sonne heraus und promptströmten die Besucher zum Flugplatznach Geilsheim.Vor vier Jahren wurdeder Flugplatz offiziell in Betrieb ge-nommen und mittlerweile haben elfUltraleichtflieger ihren Platz in dergroßzügigen Flughalle gefunden.Durch eine „zweite Ebene“ mit mobi-len Eisenträgern wurden Stellplätzefür die Ultraleichtflugzeuge mit ei-nem Gewicht von rund 300 Kilo-gramm geschaffen.Den schwierigen Wetterverhältnis-

sen zum Trotz starteten einige Piloten

dennoch zu Rundflügen für die Besu-cher des Fliegerfests und den Copilo-ten wurde eine herrliche Aussicht aufihre Heimat mit Hesselberg, Römer-park oder die mäandernde Wörnitzgeboten. Die frischenWindverhältnis-se und eine wechselnde Thermik bil-deten zwar keine idealen Vorausset-zungen für einen ruhigen Flug, dennnur die Segelflieger und die großenGreifvögel freuen sich über die Ther-mik, so Gerhard Kitzsteiner.Am liebs-ten bewegen sich die Ultraleichtflie-ger in den Abendstunden bei Wind-stille in der Luft, so der Vorsitzendeder Turtelbergflieger. Für die MithilfederVereinsmitglieder und der Dorfge-meinschaft bei der Organisation desFliegerfests dankte Kitzsteiner, dennfür einen 400 Einwohner zählendenOrt sei ein Flugplatz schon eine Be-sonderheit. Dies sah auch Bürger-meister Günther Babel bei seinem Be-such am Fliegerfest so und würdigtedas Engagement der „Turtelbergflie-ger“ für die Region.

BRAND (epd) – Das Schönste ist,auf der Flucht ein Zuhause zu finden.Im kleinen mittelfränkischen WeilerBrand ist genau das passiert. Der„Brandner Hof“ ist ein typischesLandgasthaus. Ein Ausflugslokal mithübschem Biergarten, einer gutbür-gerlichen Küche, netten Wirtsleutenund kleinen Gästezimmern mit Satel-litenfernsehen. Was sich Touristeneben so wünschen. Feriengäste ver-irren sich allerdings immer seltenerdorthin, die meisten Zimmer sind in-zwischen anderweitig belegt: mitAsylbewerbern aus Somalia und Äthi-opien.

Gut ein Dutzend dunkelhäutigerjungerMänner sitzt imWirtsraum undmittendrin wirbelt „Mama“ Marion.Die 46-jährige Wirtin bringt „ihrenJungs“ das Mittagessen. Heute gibt esSpinatlasagne oder Buntbarsch aufReis, dazu Salat mit essigsauremDressing. Ankisawi möchte nichts da-von. „Mama, weißt doch, ich bin kne-schig“, sagt der 25-jährige Äthiopierund grinst verschmitzt. Marion Hillerrollt mit den Augen und geht wieder.Kurze Zeit später stellt sie Ankisawi

Nudeln mit Tomatensoße hin: „Daswird jetzt gegessen, basta.“Was ein wenig wie ein Schulland-

heimaufenthalt wirkt, ist Alltag im„Brandner Hof“. Seit September 2010vermieten Marion und Wolfgang Hil-ler Zimmer an den LandkreisWeißen-burg-Gunzenhausen, der für die Un-terbringung von Asylbewerbern inseiner Region zuständig ist. Hillerskönnten es sich leichtmachen, so wieviele andere, die Zimmer oder Woh-nungen an Behörden vermieten, diedann wiederum Flüchtlinge dort un-terbringen. Denn Asylbewerber sindbares Geld.Auf Kosten der Schwächsten Profit

zu machen, das ist aber nicht die Artder Hillers. „Natürlich brauchen wirdas Geld“, räumtWolfgang Hiller ein.Der Landgasthof wäre schon längstGeschichte, wenn es die Afrikanernicht gäbe. „Von ein paar Feierabend-bieren in den warmen Sommermona-ten kann ich nicht das ganze Jahr le-ben“, sagt Marion Hiller. Die Situati-on wurde über Jahre hinweg wirt-schaftlich immer schwieriger. Alsdann noch der Sommer 2010 schlechtlief, stand das Gasthaus vor dem Aus.

Da kam den Hillers die Anfrage ausdem Landratsamt nicht ungelegen.„Aber gezögert haben wir trotzdem“,erinnert sichWirtin Hiller.

Brand ist, man kann es nicht anderssagen, ein Kaff. Es liegt nicht malmehr an einer befahrenen Straße, seit-dem es eineUmgehung gibt. „In Brandist der Hund verrückt“, sagtAnkisawi.„Nein, nicht verrückt – verreckt, hinü-ber, tot“, verbessert ihn die Chefin:„Wir haben einfach mal am Stamm-tisch gefragt, was die Leute von derIdee halten.“ Die Rückmeldungen wa-ren durchweg positiv; sicherlich auch,weil es dasWirtshaus sonst nicht mehrlange gegeben hätte.

Von kleinen Anlaufschwierigkeitenabgesehen, entwickelte sich aus demVermieter-Zwangsmieter-Verhältnisschnell so eine Art große Familie:„Mama“ Marion und „Papa“ Wolf-gang, die von ihren 26 „Jungs“ auch sogerufen werden. „Jeder von meinenJungs hat ein Schicksal“, sagt sie: „Ichkann doch nicht das Geld nehmen, umihnen ein Zimmer und Essen zu geben,und sonst sind sie mir wurscht.“ DieJungs seien schließlich nicht nur einWirtschaftsfaktor, „die sind wie Pfle-gekinder für mich“. Ihre beiden Töch-ter seien da schon manchmal richtigeifersüchtig.

Die Hillers und ihr Landgasthofsind in Bayern eine Ausnahme. DieFlüchtlingspolitik der Landesregie-rung gilt bundesweit als besondersrestriktiv. Wer als Asylbewerber imFreistaat landet, hat nichts zu lachen.Massenunterkünfte, Essenspakete,Residenzpflicht – willkommen fühltman sich da nicht unbedingt. Diebayerische Asylverordnung ist un-

missverständlich, man will „die Be-reitschaft zur Rückkehr in das Hei-matland fördern“, heißt es imVerord-nungstext.

Ankisawi kann nicht einfach wiederheimgehen. Er kommt für äthiopischeVerhältnisse aus einer eher wohlha-benden Familie. Aber der 25-Jährigeist Musiker und hat sich mit dem äthi-opischen Regime angelegt. „DemAus-wärtigen Amt zufolge ist Äthiopienein Urlaubsparadies“, sagtWirt Hiller,„doch alle Flüchtlingsorganisationen– und unsere Jungs – sagen etwas an-deres.“ Das Land im Nordosten Afri-kas sei ein Regime à la DDR, nach au-ßen demokratisch, nach innen repres-siv. Wer nicht spure, wird zum Terro-risten erklärt.

Ankisawi und sein 28-jähriger Mit-bewohner Tewelde sind intelligentejunge Männer. Täglich sitzen sie vorihren Deutschbüchern, pauken Gram-matik undVokabeln. Dreimal die Wo-che gibt es für die FlüchtlingeDeutschunterricht. Pensionierte Leh-rer pauken mit den Flüchtlingen kos-tenlos. „Wir müssen Deutsch lernen,wenn wir hier eine Zukunft habenwollen“, sagt Tewelde.

Wer andere junge Männer mit ver-gleichbaren Geschichten in einer dergroßen Gemeinschaftsunterkünfte fürAsylbewerber trifft, spürt den Unter-schied. Bei den Hillers, das ist ein Zu-hause.Dagegen sind die Massenunter-künfte ein Dach über dem Kopf. Teu-rer als Gemeinschaftsunterkünfte mitEssens- und Hygienepaketen ist diePension samtVollverpflegung bei Hil-lers nicht, heißt es laut Berechnungenvon Organisationen wie dem Bayeri-schen Flüchtlingsrat. Die Verwaltung

der Massenbehausungen und derenSicherung verschlängen viel mehrGeld. Dennoch leben in Bayern diemeisten 21489 Flüchtlinge (StandEnde Mai 2012), deren Asylverfahrennoch laufen oder derenAsylantrag be-reits abgelehnt wurde, in Gemein-schaftsunterkünften. Gerade mal10074 seien in privaten Wohnungenuntergebracht, weitere 1303 Asylbe-werber seien in Gasthäusern oderPensionen eingemietet.

Inzwischen gehören die Afrikanerzum Ortsbild von Brand. Im Gottes-dienst am Sonntag machen sie mitt-lerweile „einen beachtlichen Anteil“aus, sagt der evangelische Pfarrer vonGräfensteinberg,Matthias Knoch. DieGemeinde hat enge Kontakte zu denHillers in Brand, einmal imMonat fin-det ein englischsprachiger Gottes-dienst mit den Flüchtlingen statt. Un-ter den Männern im „Brandner Hof“sind sowohl ein Priester als auch einPrediger der äthiopisch-orthodoxenKirche, berichtet Knoch.Vor dem En-gagement der Eheleute Hiller hat ergroßen Respekt: „Sie tun weitausmehr, als sie tun müssten. Sie helfen,wo sie nur können.“

Dass in dieser Haltung auch einbisschen die Gefahr zur Aufopferungsteckt, weiß auch Gastwirtin MarionHiller: „Ich kann meinen Jungs einbesseres Leben ermöglichen, warumsollte ich es dann nicht auch tun?“Dazu gehört für sie neben einem sau-beren Bett, Essen und Trinken ebenauch Zuhören, Spaß haben, Ausflügemachen, Geborgenheit geben undmanchmal auch ein bisschen verhät-scheln – so, wie man das mit seinenKindern eben macht.

Jugendfreizeit in Schweden

WEISSENBURG – Das Evangeli-sche Jugendwerk in Weißenburg hatfür die Jugendfreizeit in Schwedennoch freie Plätze. Vom 18. August biszum 1. September geht es mit Reise-bus und Fähre nach Alstermo in Sma-land, wo ein Freizeitenhaus mit direk-tem Zugang zum See zur Verfügungsteht. Die „typisch“ skandinavische

Landschaft mit ihren großen Nadel-wäldern, ausgedehnten Seen und wei-ten Mooren ist aus dem Fernsehenbestens bekannt. Der Katthuld-Hof,die Heimat von Michel aus Lönneber-ga, und Bullerbü liegen ganz in derNähe des Hauses. Interessierte könnensich bis zum 23. Juli beim Evangeli-schen Jugendwerk in Weißenburg un-ter Telefon 09141/974640 melden.

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