KLINIK UND POLIKLINIK FÜR INNERE MEDIZIN I Gebiet: Allgemeine Innere Medizin, Pneumologie Ausrichtung: diagnostisch /
therapeutisch
COPD als Nebendiagnose
Version: 3.0 (4 Seiten)
Gültig ab: 01.11.2010
Revision: 01.11.2012
Verfasser: MAS/CBO
Geprüft: CBO
Genehmigt: BS (2.0)
Grundsätzliches
Definition der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) Prinzipiell vorbeugungs- und
behandlungsfähige Erkrankung, die durch eine nicht vollständig reversible Begrenzung des
Atemflusses charakterisiert ist. Diese Flusslimitation ist progressiv und mit einer abnormen
inflammatorischen Antwort auf die Inhalation von schädlichen Gasen und Partikeln assoziiert, in erster
Linie Folge des langjährigen Inhalationsrauchens. Es entstehen, obwohl primär eine
Lungenerkrankung, auch signifikante systemische Auswirkungen und Konsequenzen.
Pathophysiologie der COPD: Im Mittelpunkt des chronisch inflammatorischen Prozesses stehen
neutrophile Granulozyten, Makrophagen und CD8+ Lymphozyten sowie die Freisetzung einer Vielzahl
von Mediatoren, Proteasen, Oxidantien und toxischer Peptide. Dadurch entsteht eine Imbalance im
Proteasen-Antiproteasen-System und oxidativer Streß. Die klinische Folge dieser pathologischen
Prozesse ist an den großen Atemwegen eine Hypersekretion von Mucus sowie eine Dysfunktion der
mucoziliaren Clearance und an den kleinen Atemwegen eine Behinderung des Atemflusses durch
Bronchiolitis und Fibrose und dadurch eine Hyperinflation der Lunge. Zusätzlich finden sich eine
unterschiedlich ausgeprägte Destruktion des Lungenparenchyms (Emphysem), eine Rarefizierung der
Gefäße mit gestörtem Gasaustausch sowie Vasokonstriktion und Remodelling mit konsekutiver
pulmonaler Hypertonie.
Prävalenz in Deutschland: keine validen Angaben, geschätzt 10 bis 15%, aktuell weltweit 4.-häufigste
Todesursache!
Anamnese / Klinik / Differentialdiagnosen
Erste Beschwerden sind chronischer Husten (anfangs intermitt., dann täglich morgens, später auch
tagsüber), chronischer Auswurf und im Verlauf Dyspnoe (anfangs nur bei Belastung, später auch in
Ruhe). Bei 70% der COPD-Patienten ist Dyspnoe das erste Symptom, fast 90% empfinden die Luftnot
als das am stärksten belastende Symptom. Engegefühl im Thorax und pfeifende Atemgeräusche.
Immer Frage nach Tabakkonsum, beruflicher Staubexposition, genetischer Erkrankung (alpha1-
Antitrypsinmangel), Allergien, Sinusitiden, Nasenpolypen. Differentialdiagnostisch bei
Belastungsdyspnoe sind auszuschließen: Asthma bronchiale, restriktive Ventilationsstörungen,
Stenosen der zentralen Atemwege, Lungenembolie und pulmonale Hypertonie, Übergewicht,
Trainingsmangel, Herzerkrankungen, Hyperthyreose, metabolische Azidose und schwere Anämie.
Körperliche Untersuchung
Bei geringer Ausprägung der COPD kann die körperliche Untersuchung unauffällig sein. Bei
mittelschwerer Erkrankung finden sich ein verlängertes Exspirium, Giemen, Pfeifen, Brummen, tief
stehende Zwerchfellgrenzen und hypersonorere Klopfschall. Bei schwerer COPD zusätzlich oft leises
Atemgeräusch, Fassthorax, zentrale Zyanose, pulmonale Kachexie und periphere Ödeme.
Mindestanforderung zur Durchführung technischer Untersuchungen
Lungenfunktion: mindestens Spirometrie, besser Bodyplethysmographie. Bestimmung der absoluten
Einsekundenkapazität (FEV1 (l)), der inspiratorischen Vitalkapazität (VC) und der relativen
Einsekundenkapazität (FEV1/VC (%)). Zum Nachweis eines Emphysems Messung der funktionellen
Residualkapazität (FRC), bzw. des intrathorakalen Gasvolumens (ITGV), Bestimmung der RV/TLC-
Ratio, sowie des Atemwegswiderstandes (Rtot (hPaxsec/l)).
Reversibilitätstestung: Bei nachgewiesener Obstruktion ist immer die Messung der Reaktion auf
kurzwirksame ß2-Sympathomimetika und/oder Anticholinergika (v.a. zur DD gegenüber Asthma) nötig.
Zuvor 6 h Pause für kurzwirksame ß2-Sympathomimetika, 6-12 h für Anticholinergika, 12 h für
langwirksame ß2-Sympathomimetika und 24 h für retardiertes Theophyllin. Ein Anstieg des FEV 1 um
mehr als 200 ml und um mind. 12 % gegenüber dem Ausgangswert gilt als relevant.
Arterielle (kapilläre) Blutgasanalyse: respir. Partialinsuffizienz (pO2 < 60 mmHg), respir.
Globalinsuffizienz (pO2 < 60 mmHg und pCO2 > 45 mmHg) unter Raumluft.
CO-Diffusionskapazität (TLCO): zur Analyse der Diffusionsstörung bei COPD durch Emphysem und /
oder Verteilungsstörung.
Röntgen Thorax in 2 Ebenen: bei Erstdiagnose: zum Ausschluss anderer Erkrankungen
Erweiterte Diagnostik
HRCT der Lunge: zur Quantifizierung und Verteilung eines Lungenemphysems, vor evtl.
Lungenvolumenreduktionsoperation, Bullaresektion
Echokardiographie: bei V.a. Cor pulmonale zur Abschätzung der pulmonale Hypertonie.
Laboruntersuchung: nur bei V.a. Exazerbation Bestimmung von Entzündungswerten (CRP, BB),
Sputumdiagnostik (nur bei bekannten Bronchiektasen, fehlendem Ansprechen auf kalkulierte
Antibiose nach 72h, häufigen Schüben von Bronchialinfekten, immunsupprimierten Patienten).
Schweregradeinteilung der COPD nach GOLD 2009
Zur Festelegung des Schweregrades werden immer die Lungenfunktionswerte nach
Bronchospasmolyse verwendet.
Stadium Symptome FEV1
% Sollwert
FEV1/VC
%
I Symptome
Husten / Sputum
> 80 < 70
II Symptome
Husten / Sputum / Dyspnoe
50-80 < 70
III Symptome
Husten / Sputum / Dyspnoe
30-50 < 70
IV Husten / Sputum / Dyspnoe
Rechtsherzinsuffizienz (FEV1< 50)
Respiratorische Insuffizienz (FEV1<
50)
< 30 < 70
Definition der respir. Insuffizienz: pO2 < 60 mmHg, pCO > 50 mmHg
Stadiengerechte Therapie der COPD nach GOLD 2009
Für alle Stadien: Risikofaktoren vermeiden, Raucherentwöhnung
GOLD Stadium I: kurz wirksame ß2-Sympathomimetika (z.B. Fenoterol (Berotec® DA) 100 µg 1-
2 Hub) und / oder Anticholinergika (z.B. Ipratropiumbromid (Atrovent® DA) 20
µg 1-2 Hub) bei Bedarf
Impfung gegen Influenza jährlich (Reduktion der Mortalität, Abnahme
sekundär auftretender Pneumonien)
Impfung gegen Pneumokokken einmalig (keine eindeutige Evidenz, bei
älteren Patienten)
GOLD Stadium II: langwirksame ß2-Sympathomimetika (z.B. Formoterol (Oxis® TH oder Foradil
P® ) 12 µg 1-0-1 oder Salmeterol (Serevent
® Diskus) 50 µg 1-0-1) oder
ultralangwirksames ß2-Sympathomimetikum (Indacatarol (Onbrez®) 150 µg 1-
0-0 und / oder Anticholinergika (Tiotropiumbromid (Spiriva® Kaps.) 18 µg 1-0-
0) als Dauertherapie
kurz wirksame ß2-Sympathomimetika und / oder Anticholinergika bei Bedarf
Evtl. zusätzlich Theophyllin (Spiegelkontrollen)
Pneumologische Rehabilitation, Patientenschulung, Atemtherapie,
Atemhilfsmittel
GOLD Stadium III: zusätzlich Therapieversuch mit inhalativen Corticosteroiden (z.B. Budesonid
(Pulmicort® TH) 400 µg 1-0-1 oder Fluticason (Flutide
® Diskus forte) 500 µg 1-
0-1) bei rez. Exazerbationen (≥ 1/Jahr)
Erhöhung der Indacatarol-Dosis auf 300 µg 1-0-0
Bei bronchitischem Phänotyp und gehäuften Exazerbationen Versuch der
antiinflammatorischen Therapie mit Reflumilast (Daxas®) 500 µg 1-0-0
Adäquate Ernährung bei pulmonaler Kachexie
GOLD Stadium IV: Sauerstofflangzeittherapie prüfen bei respir. Insuffizienz
ISB-Therapie prüfen bei respir. Globalinsuffizienz
Chir. Optionen (LTX, Volumenreduktionsplastik) und interventionelle
Therapiemaßnahmen (endobronchiale Ventile) prüfen
© Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Regensburg, 07.02.2011
Vertreter
E-mail: ([email protected])
Vertretung: [email protected]
Hausfunk: 1508
Literatur Nationale Leitlinien: http://www.pneumologie.de/Leitlinien/COPD: Leitlinie der
Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem. Pneumologie 2002; 56: 704-738.
http://www.versorgungsleitlinien.de/themen/copd
Internationale Leitlinien: http://www.gold.com http://www.thoracic.org/copd http://www.ersnet.org/lrPresentations/copd
Empfehlungen ohne Gewähr, Verantwortung liegt bei behandelnder Ärztin/Arzt!