Europäische Staatsschuldenkrise
Update
Bundesverband deutscher Banken
Wirtschaftspolitik und Internationale Beziehungen
Berlin, 31. Oktober 2012
Europäische Staatsschuldenkrise
Update
I. Wichtige Ereignisse und Marktreaktionen
II. Hilfsprogramme/-maßnahmen
III. Aktuelle Themenfelder
3
I. Wichtige Ereignisse und
Marktreaktionen
Wichtige Ereignisse und Marktreaktionen – Übersicht
Wichtige
Ereignisse
in den letzten
drei Monaten
Draghi: „EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten“ (26. Juli 2012)
Neues EZB-Aufkaufprogramm (Outright Monetary Transactions, OMT) (Aug./Sep. 2012)
BVerfG-Urteil zu den Eilanträgen zu Fiskalpakt und ESM (12. September 2012)
Mehrfache Verschiebung des Troika-Berichts zu Griechenland
ESM nimmt Arbeit auf (8. Oktober 2012)
EU-Gipfel 18./19. Oktober 2012 (Bankenaufsicht, Weiterentwicklung WWU)
Schäuble: Kein Staatsbankrott Griechenlands (22. Oktober 2012)
Markt-
reaktionen
Sinkende Anleihespreads
Euro gewinnt gegenüber zahlreichen Währungen wieder an Boden
Target2-Saldo der Bundesbank sind im September 2012 um 56 Mrd. € gesunken
4
5
Marktreaktionen (1/3)
6
Marktreaktionen (2/3)
Marktreaktionen (2/3)
Trans-European Automated Real-time Gross Express Transfer System
Unter-
nehmen A
Geschäfts-
bank B
Banco de
Espaňa
Deutsche
Bundesbank
Geschäfts-
bank C
Unter-
nehmen D
Waren und Dienstleistungen
Verbindlichkeit ggü.
dem Eurosystem
Forderung ggü.
dem Eurosystem
Target
Forderung Verbindlichk.ggü. GB-B ggü. Eurosyst.
Notenbankbilanz
Forderung Verbindlichk.ggü. Eurosyst. ggü. GB-C
Notenbankbilanz
Target2-Salden
1
2
3 4
5
Target2-Salden
Worum
geht´s?
Leistungsbilanzdefizite (Kapitalexporte) können über Target-Salden finanziert werden
Vor der Finanzmarktkrise Leistungsbilanzdefizit (z. B. in GR, SP, PT oder IR) durch private
Kapitalzuflüsse finanziert
Mit Finanzmarktkrise versiegten die privaten Kapitalzuflüsse
Konse-
quenzen
Target-Salden kein ernsthaftes Problem, solange WU Bestand hat (kein Land austritt)
Target-Salden faktisch eine Art „Zahlungsbilanzhilfe“ Salden können erforderlichen
Anpassungsprozess in Ländern mit hohen Leistungsbilanzdefiziten abfedern
Problem: Wenn der Anpassungsprozess über Gebühr verzögert oder verhindert wird
Eska-
lations-
stufe
Kapitalflucht: z. B. Kauf von Immobilien in DE gegen Target-Forderung der Bundesbank
These: DE durch hohe Target-Salden „erpressbar“ geworden
Was kann
getan
werden?
Bewusstsein für Target-Salden-Problematik muss gestärkt werden
Problematik unterstreicht Bedeutung des neuen Überwachungsverfahrens bei makro-
ökonomischen Ungleichgewichten
Übertragung von Vermögenswerten als „Sicherheit“ für Target-Salden allenfalls langfristig
denkbar
10
II. Hilfsprogramme/-maßnahmen
Der Euro-Rettungsschirm*
GR I 52,9
EFSF
(kp. 440
Mrd.)
Euro-Staaten
20,1
IR: 17,7
PT: 26
GR II: 144,4
IR: 22,5
PT: 26
GR II: 28
IR: 22,5
PT: 26
EFSM
(60 Mrd.)
IR: 22,3
(GB, SW, DK, ir. Pensionsfonds)
ESM
(500 Mrd.)
* Alle Angaben in Mrd. €.
Sonst. IWF
SP: bis zu 100
ZY: rund 10
GR I: 73
IR: 85
PT: 78
GR II: 172
Summe
Rest: rd. 248
(bis Mitte 2013 einsetzbar)
321 428
500
214
Okt.
2
01
2
Ju
li
20
13
Q4
2013
1. Hj.
2014
Ergänzende
IWF-Hilfen:
offen
EU-Haushalt
11
SP: -
ZY: ?
Einzahlung 1. und 2. Tranche
(32 Mrd. €)
15 % der Finanzhilfen müssen durch eingezahltes Kapital gedeckt sein
Einzahlung 3. Tranche (16 Mrd. €)
4. Tranche
5. Tranche
ESM (1/3)
Kreditrahmen
500 Mrd. €
Garantien
620 Mrd. €
Schlüssel (%)
Bareinzahlung (Mrd. €)
Garantie (Mrd. €)
DE 27,1 21,7 168,3
FR 20,4 16,3 126,4
IT 17,9 14,3 111,1
SP 11,9 9,5 73,8
NL 5,7 4,6 35,4
BE 3,5 2,8 21,6
GR 2,8 2,3 17,5
AT 2,8 2,2 17,3
PT 2,5 2,0 15,6
FI 1,8 1,4 11,1
IR 1,6 1,3 9,9
SK 0,8 0,7 5,1
SL 0,4 0,3 2,7
LU 0,3 0,2 1,6
ZY 0,2 0,2 1,2
EE 0,2 0,1 1,2
MT 0,1 0,1 0,5
Bareinzahlung
80 Mrd. €
Summe:
700 Mrd. €
12
ESM (2/3)
Instru-
mente
Darlehen
(umfassendes
Hilfsproramm)
13
Primär-
marktkäufe
Sekundär-
marktkäufe
Bankenre-
kapitalisierung
Vorsorgliche
Finanzhilfe
Auflagen wie Dar-
lehn bzw. vorsorg-
liche Finanzhilfe
Auflagen wie bei
Darlehen
Auflagen für den
Finanzsektor Auflagen im MoU
Auflagen makroökonom.
Anpassungspro-
gramm (3 J.)
„Angemessene Konditionalität“ Memorandum of Understanding (MoU)
Gesunde Fundamental-
daten
1 Jahr; Verlängerung
2 x 6 Monate
Ziehung über Darlehen
od. Primärmarktkäufe
Wenn Mittel gezogen
Prüfung, ob Vollpro-
gramm nötig
Komplementär zu:
Darlehen
Staat an
Primärmarkt
zurückführen
vorsorgl. Finanz-
hilfe Staat
am Primärmarkt
halten
EU-Gipfel, Juni 2012:
Direkte ESM-Hilfen zur Rekapitalisierung an einzelne Banken
Voraussetzung: wirksame, einheitliche Aufsicht für Banken der WU
ESM-Instrumentenänderung muss vom Gouverneursrat einstimmig beschlossen werden
Merkel nach EU-Gipfel Oktober 2012: Rückwirkende Rekapitalisierung nicht möglich
Nur in Aus-
nahmefällen
(EZB muss Ge-
fahr für Finanz-
marktstabilität
feststellen)
Komplementär
zu Darlehen
Bislang:
Hilfen nur direkt
an Mitgliedstaat
Mitgliedstaat für
Rückzahlung und
Einhaltung der
Auflagen für
Bankensektor
verantwortlich
ESM (3/3)
Gouver-
neursrat
Direk-
torium
14
Wichtige Entscheidungen im Einvernehmen
- Veränderung des Stammkapitals, Anpassung max. Darlehensvolume
- Gewährung von Stabilitätshilfen einschließlich des MoU
Ausnahme: KOM u. EZB haben Dringlichkeit festgestellt 85 %-Mehrheit
- Änderung der Finanzhilfenistrumente
Eher organisatorische und technische Frage qualifizierte Mehrheit (80 %)
- Satzung und Geschäftsordnung
- Feststellung Jahresabschluss
Oberstes Beschlussorgan
Jedes Mitgliedsland ein Vertreter (Finanzminister); EZB-Präsident, Kommissar für Wirtschaft-
und Währung sowie Präsident Euro-Gruppe mit Beobachterstatus
Stimmrechte gemäß Anteile am Stammkapital
Entschei-
dungen
Führt die vom Gouverneursrat zugewiesenen Aufgaben aus
Jedes Mitgliedsland ein Vertreter; EZB-Präsident und Kommissar für Wirtschaft und Währung
als Beobachter möglich
Festlegung im deutschen ESM-Ratifizierungsgesetz:
In allen Fragen, in denen die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages
betroffen ist, darf der deutsche Vertreter im Gouverneursrat und im Direktorium nicht ohne vorherige
Zustimmung des Bundestages abstimmen
EZB: Outright Monetary Transactions (OMT)
Beschluss
Technik
15
Neues Aufkaufprogramm von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt
OMT-Volumen im Voraus nicht begrenzt
Notwendige Voraussetzung: Euro-Land wird von EFSF/ESM gestützt
(entweder im Rahmen eines vollen Programms oder durch einer vorsorglichen Finanz-
hilfe, vorausgesetzt sie beinhalten Möglichkeit für Primärmarktkäufe)
IWF-Unterstützung bei Ausarbeitung und Überwachung des Hilfsprogramms erwünscht
EZB-Rat entscheidet über Start, Fortsetzung und Ende unabhängig und fallweise
OMTs müssen geldpolitische begründet sein
2. August 2012: neues Programm
6. September 2012: nähere Details dazu
Nicht einstimmig
Konzept
Konzentration auf Staatspapiere mit (Rest)Laufzeit 1 – 3 Jahre
EZB ist kein vorrangiger Gläubiger
Liquiditätszufuhr durch Käufe wird neutralisiert
SMP (Securities Markets Programme) wird eingestellt;
Anleihen (zzt. 209,5 Mrd. €) werden bis Fälligkeit gehalten
16
III. Aktuelle Themenfelder
1. Griechenland
Lage
17
Viele Euro-Staaten lehnen dies ab (innenpolitische Widerstände)
Zudem: Schuldenstand GR würde weiter steigen
Nächste Kredittranche (31,3 Mrd. €) wird höchstwahrscheinlich ausgezahlt
Zeitliche Streckung der Haushaltsziele (Defizitquote < 3 % erst 2016 statt 2014)
neue Finanzierungslücke: 30 - 40 Mrd. €
Nächstes Treffen der Eurogruppe: 12. November 2012
Finanzie-
rungs-
möglich-
keiten
Neues
Hilfsprogramm
SMP-Gewinne
Zinserlass/Kre-
ditverlängerung
der Euro-Staaten
Kurzläufer
Diesmal auch öffentl. Gläubiger beteiligt erstmals Verluste.
Schäuble: Dann wäre Fortsetzung der Hilfen nicht mehr möglich
Zinsen für Hilfskredite bereits niedrig (Spielraum gering); mehr
Spielraum bei Kreditverlängerung (BT-Zustimmung erforderlich)
Zinsverzicht/Schuldenschnitt (auf von EZB gehaltene GR-Bonds)
wird von EZB strikt abgelehnt (direkte Staatsfinanzierung)
Volumen der Kurzläufer soll eigentlich reduziert werden
(wurden zuletzt fast ausschließlich von griech. Banken erworben)
Zudem: Schuldenstand würde weiter steigen
Neuerlicher
Schuldenschnitt
Hilfen der EZB
Nationale Zentralbanken schütten Gewinne an na. Regierungen aus,
diese reichen Mittel an GR weiter (Gleichbehandlung PT und IR?)
Rückkauf-
programm
Entlastungseffekt beim Schuldenstand wohl überschaubar
(hängt entscheidend von Rückkaufmodalitäten ab)
Griechenland
2. Spanien
Banken-
hilfe
19
Kritisch: weitere Ratingentwicklung und Konjunktur
Finanzbedarf 2012 (rd. 85 Mrd. €) so gut wie gedeckt
Finanzbedarf 2013: ca. 110 Mrd. € (60 Tilgung/50 Defizit)
Regierung versucht externe Auflagen zu vermeiden
(umfassende Reformen bereits angestoßen)
Regionalwahlen Katalonien (25. November 2012)
100 Mrd. € von Euro-Staaten bewilligt
Tatsächlicher Bedarf immer noch offen
Lange Zeit Spekulation auf direkte ESM-Hilfe für spanische Banken
Weitere
Finanz-
hilfen
S&P 26.04.12 BBB+
10.10.12 BBB-
Moody‘s 13.02.12 A3
13.06.12 Baa3
Fitch 27.01.12 A
07.06.12 BBB
1 Jahr + 2 x 6 Monate
Erweiterte Überwachung durch EZB und KOM
Hilfeempfänger kann Antrag auf Darlehen oder Primärmarktkäufe stellen
Höchstbetrag des Darlehens und der Käufe wird mit ursprünglicher Bewilligung der Kreditlinie
festgelegt.
Vollpro-
gramm
Vorsorg-
liche
Kredit-
linie
3 Jahre ca. 300 Mrd. €
3. Weiterentwicklung der Währungsunion
Van-
Rompuy-
Gruppe
20
KOM-Entwurf zur Aufsicht und Abwicklung
Nationale Einlagensicherungssysteme, die auf gemeinsamen
Standards beruhen
Van Rompuy, Barroso, Juncker, Draghi
Auftrag: verbindliche Fahrplan zur Erschaffung einer echten WWU
„Essential building blocks“ (Juni 2012), Zwischenbericht (Okt. 2012),
Abschlussbericht im Vorfeld des Europäischen Rates am 13./14. Dezember 2012
Schäuble-
Vorschläge
Einheitl.
Aufsichts-
mechanism.
Integrierter
Haushalts-
rahmen
Fiskalkapazität (= Euro-Zonen-Budget)
- Anpassung an länderspezifische Schocks erleichtern
- wirtschaftliche Strukturreformen erleichtern
Gemeinsame Treasury Bills, Schuldentilgungsfonds
Integrierter
wirtschafts-
politischer
Rahmen
Förderung von Strukturreformen durch „Vereinbarungen vertrag-
licher Natur“ durch befristete finanzielle Anreize unterstützen
Stärkung der Makroaufsicht
Entwicklung Richtung „echter Fiskalunion“ Vertragsänderung
Stärkung des Währungskommissars (entscheidet unabhängig, Vetorecht
gegen nationale Haushaltsentwürfe)
In Euro-Fragen entscheidet EP nur mit Abgeordneten aus WU-Ländern