Konjunktur
4.2. Geld- und Fiskalpolitik im IS-LM Modell
I Gleichgewicht am Geld- und Gütermarkt:
Y ∗ = C(Y ∗ − T ) + I(r∗) +G (1)M
P= L(r∗, Y ∗) (2)
I Dieses Gleichungssystem de�niert die endogenen Variablen rund Y als Funktion der exogenen Variablen G,T und M (P istgegeben).
I Wie wirkt sich Geld- und Fiskalpolitik auf Einkommen undZinsen aus?
1
Konjunktur
Beispiel
I Güternachfrage und IS-Kurve:
Y = a+ c(Y − T ) + k − br +G (3)
I Geldnachfrage und LM-Kurve:
M
P= mY − hr (4)
I Au�ösen von (4) nach r:
r =1
h
(mY − M
P
)(5)
2
Konjunktur
I Einsetzen in (3) gibt
Y = a+ c(Y − T ) + k − b
h
(mY − M
P
)+G (6)
I Au�ösen nach Y gibt gleichgewichtiges Einkommen
Y ∗ =h(a− cT + k +G) + bM/P
h− ch+mb(7)
I Einsetzen in (5) und Vereinfachen gibt gleichgewichtigen Zins
r∗ =m (a− cT + k +G)− (1− c)M/P
h− ch+mb(8)
3
Konjunktur
Fiskalpolitik
I Expansive Fiskalpolitik: Erhöhe G oder senke T .
I IS-Kurve verschiebt sich nach rechts.
I Im neuen GGW sind Y und r höher als im alten.
I Steigende Zinsen führen zu partiellem crowding out
(Verdrängung privater Investitionen).
4
Konjunktur
r
LM
IS0
Y
r0
Y0
IS1
Y1
r1
G1>G0
Abbildung: Expansive Fiskalpolitik5
Konjunktur
I Intuition: höhere Staatsausgaben erhöhen Güternachfrage;Produktion und Einkommen steigen um dG/(1− C ′).
I Höheres Einkommen führt zu höherer Geldnachfrage.
I Dadurch steigen Zinsen am Geldmarkt.
I Durch steigende Zinsen wird Investitionsnachfragezurückgedrängt: Einkommensanstieg ist geringer als im�Keynesschen Kreuz�.
6
Konjunktur
I Analytisch: (1) und (2) de�nieren r und Y als Funktion derexogenen Gröÿen, M,T und G.
I Totales Di�erential von (1) und (2):
dY = C ′(dY − dT ) + I ′dr + dG (9)
dM = P (Lrdr + LY dY ) (10)
I Beispiel kredit�nanzierte Ausgabenerhöhung:dM = dT = 0, dG > 0. Au�ösen von (9) und (10):
dY = C ′(dY ) + I ′dr + dG (11)
0 = P (Lrdr + LY dY ) (12)
7
Konjunktur
I Aus (12) folgt
dr = −LY
LrdY
Einsetzen in (11):
dY = C ′dY − I ′LY
LrdY +dG⇒ dY =
Lr
(1− C ′)Lr + I ′LYdG
und damit
dr = −LY
Lr
Lr
(1− C ′)Lr + I ′LYdG = − LY
(1− C ′)Lr + I ′LYdG
8
Konjunktur
Beispiel
I Im Beispiel oben folgt
dY
dG=
h
h(1− c) +mb
I Outputanstieg ist stärker1. je gröÿer c (starke Verschiebung der IS-Kurve)2. je gröÿer h (Geldnachfrage zinselastisch → LM-Kurve �acher)3. je kleiner m (LM-Kurve �acher)4. je kleiner b (IS-Kurve wird steiler)
9
Konjunktur
Steuer�nanzierte Fiskalpolitik
I Was passiert, wenn Ausgaben statt über Kredit durch Steuern�nanziert werden? Höhere Steuern senken verfügbaresEinkommen: gegenläu�ger E�ekt.
I Ausgeglichenes Budget: dT = dG > 0. Im Beispiel erhaltenwir:
dY
dT= −cdY
dG
I Damit folgt für dT = dG:
dY
dG=
h(1− c)h(1− c) +mb
I Einkommen steigt aber um weniger als bei Kredit�nanzierung.
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Konjunktur
Geldpolitik
I Expansive Geldpolitik: Erhöhe Geldmenge M .
I Als Folge verschiebt sich LM-Kurve nach rechts: Y steigt, rsinkt.
I Expansion mit niedrigeren Zinsen und höherem Output.
I Intuition: Höhere Geldmenge → Geldnachfrage höher alsAngebot bei gegebenem Zins.
I Zins muss fallen, um Geldangebot und -nachfrage ins GGW zubringen.
I Dadurch steigt die Investitionsnachfrage und damit auch dieGüternachfrage, Produktion und Einkommen.
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Konjunktur
r
IS
Y
r0
Y0 Y1
r1
M1>M0
LM0
LM1
Abbildung: Expansive Geldpolitik12
Konjunktur
Beispiel
I Im Beispiel �nden wir für die Einkommensänderung (fürP = 1)
dY
dM=
b
h(1− c) +mb(13)
I Und für die Zinsänderung
dr
dM= − 1− c
h(1− c) +mb(14)
I Outputsteigerung ist gröÿerI je gröÿer b (IS-Kurve �acher)I je kleiner h (starke Verschiebung der LM-Kurve)I je kleiner m (LM-Kurve �acher)I je gröÿer c (IS-Kurve �acher)
13
Konjunktur
Policy mix
I Policy mix: Einsatz von Geld- und Fiskalpolitik.
I Bsp. USA 90 er Jahre. De�zitabbau unter Clinton-Regierung.
I Um Outputrückgang zu verhindern, war Geldpolitik expansiv.
I Im Ergebnis waren die 90er Jahre gekennzeichnet durch hohesWachstum trotz sinkender De�zite.
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Konjunktur
r
Y
r0
Y0
r1
1. T1-G1>T0-G0 2. M 1>M0
LM0
LM1
IS0
IS1
1
2
Abbildung: Policy mix15
Konjunktur
I Policy mix (2): Wiedervereinigung. Durch staatlicheInvestitionen und Sozialausgaben: expansive Fiskalpolitik:IS-Kurve verschob sich nach rechts.
I Bundesbank: restriktive Geldpolitik: LM Kurve nach oben.
I Ergebnis: höherer Output und höhere Zinsen.
I Für andere europäische Länder waren hohe Zinsen inschwieriger Konjunktur schädlich (Investitionen gebremst).
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Konjunktur
LM´
IS´
Y
LM
Y
rA
Y´
r´A´
IS
r
Abbildung: Geld- und Fiskalpolitik nach der Wiedervereinigung
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Konjunktur
4.3. AS-AD Modell
I IS-LM Modell: Presiniveau P ist �x; Nachfrage bestimmtOutput. Annahme: Unterausgelastete Kapazitäten.
I Mittelfristg können sich Preise und Löhne anpassen. Outputwird durch Angebot und Nachfrage bestimmt.
I AS-AD Modell: Gleichgewichtiger Output und Preisniveau.
I AS: aggregiertes Angebot, AD: aggregierte Nachfrage.
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Konjunktur
AD-Kurve
I IS-LM Modell beschreibt für gegebenes Preisniveau dasGleichgewicht am Geld- und Gütermarkt: aggregierteNachfrage.
I Wenn Preisniveau variiert: Gleichgewicht ändert sich → AD alsFunktion von P .
I Gütermarkt: Gleichgewicht (per Annahme) unabhängig von P .
I Geldmarkt: P ↓→M/P ↑→ LM Kurve verschiebt sich nachrechts.
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Konjunktur
Y
r
Y
P
LM 1
LM 0
P1<P0
P0
P1
IS
AD
Abbildung: AD Kurve
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Konjunktur
AS Kurve
I Zusammenhang zwischen Preisniveau und aggregiertemGüterangebot (AS).
I Warum sollen Firmen mehr produzieren, wenn Preisniveausteigt?
I Relevant für Firma sind Outputpreise (P ) und Nominallöhne(W ). Wenn alle Preise und Löhne steigen, bleibt ReallohnW/P konstant und Firmen haben keinen AnreizProduktionsentscheidungen zu verändern.
I Antwort: rigide Preise oder Löhne.
21
Konjunktur
I Keynes (1936): Nominallöhne sind nach unten rigide. Firmenmaximieren Gewinne:
max PF (L)− wL⇒ PF ′(L) = w mit w = w̄
I Wenn w̄ gröÿer als markträumender Lohn → unfreiwilligeArbeitslosigkeit.
I Wenn P steigt, fällt Reallohn w/P und Firmen stellen mehrLeute ein: Arbeitslosigkeit sinkt, Beschäftigung steigt: L(P )mit dL/dP > 0, Output steigt: Y = F (L(P )) mitdY/dP = F ′dL/dP > 0.
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Konjunktur
W/P
W/P
W/P'
LS
LD
L
_
_
E A
E' A'
P
P'
P
AS
Y=F(L)
Abbildung: Arbeitsmarkt mit rigiden Löhnen
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Konjunktur
I Andere Gründe für Preisrigidität
1. Information
2. Kosten der Preisänderung
3. E�zienzlöhne
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Konjunktur
I Mittelfristiges Gleichgewicht: Schnittpunkt von AD und ASKurve.
I Hier sind Geld-, Güter- und Arbeitsmärkte im �Gleichgewicht�.
I Anmerkung: nicht alle Märkte müssen im GGW sein (z.B.unfreiwillige Arbeitslosigkeit).
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Konjunktur
P
AS
AD
Y
P*
Y*
Abbildung: AS-AD Modell
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Konjunktur
Geld- und Fiskalpolitik
I Bsp.: expansive Fiskalpolitik, dG > 0.
I IS Kurve verschiebt sich nach rechts.
I → AD Kurve verschiebt sich nach rechts.
I Folge: Höheres Preisniveau und höherer Output.
I Analog: expansive Geldpolitik: LM-Kurve verschiebt sich nachrechts → AD Kurve verschiebt sich nach rechts.
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Konjunktur
P
AS
AD0
Y
P0*
Y0*
AD1
P1*
Y1*
Abbildung: Expansive Geld- oder Fiskalpolitik
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Konjunktur
Langfristiges Gleichgewicht
I Kurzfristig, bei rigiden Preisen, ist GGW durch Schnittpunktvon AD und AS Kurve gegeben.
I Langfristig sind aber Preise �exibel. Bsp: Löhne werden anIn�ation angepasst.
I Wenn alle Preise und Löhne �exibel sind, ist langfristig dasaggregierte Angebot �x und Geld- oder Fiskalpolitik hat keinenEin�uss auf den Output, nur auf In�ation.
I �Natürliches� Outputniveau Yn: dies ist das Outputniveau, dasdas Gleichgewicht der Märkte beschreibt, wenn Geld- undFiskalpolitik nicht aktiv sind.
I Politik kann Yn beein�ussen, z.B. durch Arbeitsmarkt- oderWettbewerbspolitik, aber nicht durch Geld- und Fiskalpolitik.
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Konjunktur
P
AS
AD0
Y
P0
Yn
AD1
P1
Abbildung: Langfristiges GGW
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Konjunktur
Neutralität des Geldes
I Kurzfristig hat Geldpolitik im AS-AD Modell reale E�ekte.
I Mittel- bis langfristig ist Geldpolitik neutral.
I Bsp. einer monetären Expansion: Rechtsverschiebung derAD-Kurve, P steigt, Y steigt kurzfristig.
I Wenn Preise und Löhne �exibel sind, passen sie sich angestiegene In�ation an. AS-Kurve verschiebt sich nach links,mittelfristig ist Output Y = Yn.
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Konjunktur
Abbildung: Langfristiges GGW
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Konjunktur
4.4. Die Weltwirtschaftskrise
I Was verursachte die Weltwirtschaftskrise Ende der20er/Anfang der 30er Jahre?
I Fakt 1: fallender Output Anfang der 30er in USA ging einhermit fallendenZinsen.
I Mögliche Erklärung: Kontraktive Verschiebung der IS-Kurve,z.B. schrumpfende Nachfrage als Folge desAktienmarkt-Crashs 1929.
I Ähnlich: Rückgang der Wohnungsbau-Investitionen.
I Weitere Faktoren: Bankenkrach führte zu knappen Kreditenund somit zu Rückgang der Investitionen.
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Konjunktur
I Amerikanische Fiskalpolitik in den 30er Jahren war restriktiv:Um Budgetde�zite zu verhindern, wurden Steuern 1932angehoben!
I Geldpolitik: Von 1929-1933 �el Geldangebot in USA um 33%;Arbeitslosigkeit stieg von 3,2 auf über 25%!
I Die monetäre Hypothese besagt, dass kontraktive Geldpolitikhauptverantwortlich für die Depression war(Friedman/Schwartz 1963).
I Allerdings: erstens war die reale Geldmenge bis 1931 konstantund �el erst später.
I Zweitens sollte kontraktive Geldpolitik mit steigenden undnicht fallenden Zinsen einhergehen.
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Konjunktur
E�ekte fallender Preise
I Im IS-LM Modell sollte fallendes Preisniveau (De�ation)eigentlich expansiv wirken.
I Aber es gibt Gründe dafür, dass De�ation kontraktiv wirkenkann:1. Schulden-De�ationshypothese: De�ation erhöht den realen
Wert von Krediten B/P : Umverteilung von Schuldnern zuGläubigern. Wenn Gläubiger geringere Konsumneigung habenals Schuldner, kann aggregierte Nachfrage fallen.
2. Investitionen sind Funktion der erwarteten Realzinsen,r = i− πe. Wenn erwartete In�ation sinkt, steigt der Realzins(für gegebenes i) und es wird weniger investiert.
I Insoweit fallende Preise durch sinkende Geldmenge verursachtwurde, würde die Geldpolitik einen Teil der Verantwortung fürdie fallende Güternachfrage tragen.
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