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Fütterung
Mineralstoffe: Blindflug ins Milchfieber Die Trockensteher-Ration entscheidet über den Start in die Laktation. Wie dabei die Kationen
Anionen-Bilanz aussehen sollte, sagen Martin Schulze und Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge.
Bundesweit erkrankt fast jede zehnte Kuh an akutem Milchfieber. Literaturangaben zufolge ist
die Zahl der Tiere mit subklinischem Milchfieber, das meist unbemerkt bleibt, mit 30 % noch ungleich höher.
Hervorgerufen wird Milchfieber insbesondere durch Fütterungs- und Haltungsfehler in der Trockenstehzeit. Auch hohe Einstiegsleistungen, das zunehmende Alter der Kuh und Vorerkrankungen spielen eine große Rolle.
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Und dabei bleibt es nicht: Beide Formen von Milchfieber begünstigen Folgeerkrankungen. Nachgeburtsverhalten, Gebärmutterentzündung, Mastitis, Ketose und Labmagenverlagerung treten häufiger bei Kühen auf, die rund um die Geburt an Milchfieber erkrankten.
Das verursacht Milchfieber: Die Milchfiebergefahr hängt vom SäureBasen-Haushalt der Kuh ab. Jedes Futtermittel enthält natürlicherweise ver-
schiedene Salze, die den Säure-BasenHaushalt des Tieres beeinflussen. Die Kationen-Anionen-Bilanz (Kasten rechts) des Futtermittels oder der Ration gibt an, welcher Effekt auf den Säure-Basen-Haushalt der Kuh zu erwarten ist. Ein Überschuss an starken Anionen äußert sich in niedrigen oder negativen DCAB-Werten. Rationen mit einer DCAB von 50 meq/kg TM oder weniger haben eine ansäuernde (azidotische) Wirkung. Sie begünstigen eine
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DCAB und NSBA - was ist das? Die Kationen-Anionen-Bilanz oder
dietary cation anion balance (DCAB) gibt den Einfluss der Futterration auf den Säure-Basen-Haushalt der Kuh an und wird in Milligrammäquivalent (meq) je kg TM ausgedrückt. Sie berechnet sich aus der Menge der wichtigsten pH-wirksamen Kationen Kalium (K) und Natrium (Na) sowie den Anionen Chlor (Cl) und Schwefel (S), Gehalte in g/kg TM:
metabolische Azidose. Sehr hohe DCAB-Werte wiederum, also ein Überhang an starken Kationen, führen zu einer basischen (alkalischen) Stoffwechsellage. Das ist bei Werten um 200 meq pro kg TM der Fall. Eine DCAB in diesem Bereich führt zu einer verringerten Reaktion von Knochen und Niere auf das Parathormon, das dort normalerweise für die Ausschüttung von Calcium (Ca) sorgt. Bei hohen DCAB-Werten trainiert die Kuh ihre Ca-Regulationsmechanismen nicht ausreichend. Damit steigt das Milchfieberrisiko.
In der Vorbereitungszeit sollte daher eher eine saure Stoffwechsellage angestrebt werden. Berater und Wissenschaftler empfehlen für diese Zeit Rationen mit DCAB-Werten von 50 meq pro kg TM und weniger. Verlässliche DCAB-Werte der Futtermittel sind nötig, um die Ration entsprechend zu berechnen und das Milchfieberrisiko einzudämmen.
Unsere Versuche zeigen jedoch: Annahme und Wirklichkeit über die
Übersicht 1: Berechnete und analysierte DCAB
400 Berechnete DCAB, meq/kg TM
350
300 R2 = 0,004
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250 '5 C Q)
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• 200
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0 50 100 150 200 250 300 350 400
Analysierte DCAB, meq/kg TM
Die Kationen-Anionen-Bilanz in den Rationen war meist höher als angenommen.
DCAB (meq/kg TM)= (43,5 x Na+ 25,6 x K) - (28,2 x Cl + 62,3 x S)
Wie sich die Ration tätsächlich auf den Säure-Basen-Haushalt auswirkt, hängt von der resorbierten Ionenmenge ab. Diese lässt sich anhand der Netto-Säure-Basen-Ausscheidung (NSBA) über den Harn beurteilen. Hohe NSBA-Werte bedeuten einen alkalischen Zustand, niedrige wiederum einen azidotischen Zustand.
DCAB-Werte in der Ration gehen teils weit auseinander.
Annahme und Wirklichkeit: Vorab gingen wir der Frage nach, wie hoch DCAB-Werte in Trockensteherrationen allgemein eingestellt sind. Dafür betrachteten wir die Trockensteher-Rationen von zehn Betrieben in SchleswigHolstein mit durchschnittlich 188 Kühen. Weiterhin untersuchten wir, ob eine Beziehung zwischen berechneten DCAB-Werten im Futter und dem ermittelten Säure-Basen-Haushalt der Kühe in der Transitphase (gemessen in NSBA; Kasten oben) besteht.
Dafür bestimmten wir die DCAB der Rationen auf Basis der analysierten Mineralstoffgehalte (K, Na, Cl, S), also der realen Werte. Die berechneten Werte bezogen sich auf Tabellenwerte der Mineralstoffgehalte in den Futtermitteln, lediglich K und Na in den Silagen wurden analysiert. Erschreckend: Die reale DCAB der Ration unterschied sich stark von der Berechneten (Übers. 1). Sie war
Schnell gelesen • Um Milchfieber vorzubeugen,
sollte die Kationen-AnionenBilanz für Trockensteher unter 50 meq/kg TM liegen.
• Die berechnete KationenAnionen-Bilanz unterscheidet sich zum Teil stark von der tatsächlich analysierten.
• Besonders Grassilagen variieren erheblich. Deshalb sind Tabellenwerte nicht verlässlich.
• Nur eine vollständige Futtermittelanalyse kann helfen, Milchfieber vorzubeugen.
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Erreger beteiligt sind, wie
z.B. und
und Bakterien wie
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Fütterung
Kalium, g 2,7 24,4 39,6
Natrium, g 0 1,4 7
Chlor, g 0,9 7 19,8
Schwefel, g 1,2 2,5 4,9
DCAB, meq -339 337 680
6,4 5,1 9,9 15,5 1,8
1, 1 0 0,01 0,6 0,1
3,5 0,2 1,7 5,3 0,8
0,6 0,7 4,4 0,3
140 -37 146 268 45
Quelle: LKSmbH Lichtenwalde, 2015/16
Das passiert bei Milchfieber
Die Mineralstoffgehalte und DCAB-Werte in Gras- und Maissilagen schwanken.
Mit der Kalbung steigt der Calcium (Ca)-Bedarf der Kuh durch die einsetzende Milchproduktion erheblich. Gleichzeitig ist die Futteraufnahme in dieser Phase verringert, sodass der Bedarf nicht ganz über die Fütterung gedeckt wird. Milchfieber entsteht, wenn die natürliche Regulierung des Calcium- und Phosphatstoffwechsels nach der Kalbung gestört ist.
Deshalb sollten Landwirte das Futter analysieren und keine Tabellenwerte nutzen.
meist deutlich höher als angenommen. Und das steigert die Milchfiebergefahr für Transitkühe. Bei der Bestimmung der NSBA von 50 Kühen der zehn Betriebe bestätigte sich die Annahme. Es bestand kein Zusammenhang zwischen der NSBA der Tiere und der auf Basis unzureichender Analysen kombiniert mit Tabellenwerten unterstellten DCAB in ihrem Futter.
Grassilage ist das Problem: Die Ursache für die Unterschiede zwischen den realen und den analysierten DCABWerten einer Ration liegt besonders in den großen Differenzen zwischen den einzelnen Grassilagen. Oft haben ins-
Unsere Autoren
Martin Schulze, Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge, FH Kiel
besondere Grassilagen sehr unterschiedliche K-Gehalte. Das liegt vor allem an der unterschiedlich starken Gülle-Düngung. Auch in Maissilagen unterscheiden sich die Mineralstoffgehalte (Übersicht 2). Genauso wie die K-Gehalte, variieren auch Cl und S abhängig von Düngung, Boden und Niederschlägen stark. Diese Mineralstoffe nehmen ebenfalls Einfluss auf den Säure-Basen-Haushalt der Kuh.
Was heißt das für die Praxis? Eine erfolgreiche Milchfieberprophylaxe ist untrennbar mit der Rationsgestaltung für die Trockensteher verbunden.
Insbesondere in der Vorbereiterration müssen die Ca-Gehalte korrekt eingestellt sein. Das geht nur, wenn die realen DCAB-Werte der Einzelfuttermittel bekannt sind. Tabellenwerte der Mineralstoffgehalte von Grundfutter sind wenig verlässlich, da Silagen innerhalb eines
Jetzt
Diese läuft normalerweise so ab: Durch den sinkenden Calciumspiegel im Blut kommt es zur Freisetzung von Parathormon. Das bedingt die Reduzierung der Ca-Ausscheidung über den Harn und die Steigerung der Absorption von Ca aus dem Futter. Auch die Ca-Mobilisation aus den Knochen steigt. Die Kühe müssen mehrere Tage vor der Kalbung über die Anfütterung trainiert werden, damit diese Regelprozesse funktionieren.
Jahres stark variieren. Es ist zwingend notwendig, alle eingesetzten Futtermittel in Bezug auf ihre Wirkung auf den Säure-Basen-Haushalt zu untersuchen. Ist das nicht möglich muss zumindest die ganze Mischration analysiert werden. Nur dann ist die gezielte Anpassung des Ca-Gehalts möglich. -klh-
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