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Page 1: Oxydationsprodukte von Thioharnstoff

Z. anorg. allg. Chem. 561 (1988) G G - 7 2 VEB J. A. Barth, Leipzig

Oxydationsprodukte von Thioharnstoff

G. GATTOW" und W. M ~ N Z

Mainz, Institut fiir Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Universitiit

Inh i i l t subers ic ht. Thioharnstoff reagiert je nach den Versurhsbedingungen rnit Wasser- stoffperoxid znm Thioharnstoff-S-dioxid (H,N)2C-S0, oder in Gegenwart von HCI zum Dithio- bisformamidiniumdichlorid [(H,N),C-S -S-C(NH,),]CI,. Ihre Elektronenabsorptions-, Tnfrarot-,- IiernresonimL- und Massenspektren werden mitgeteilt.

Beidc Verbindungen sowie das instabile Bis(formamidiii)disulfan re'igieren nicht rnit Kohlen- stoffdisulfid zurn entsprechenden Dithiocarbamat, auch nicht in Gegenwart von Hilfsbasen. Mit Chlorodithioameisen~nrealkylestern findet ebenfalls keine Umsetzung stntt.

Oxidation Products of Thiourea i \bs t rn c t . The oxidation of thiourea with hydrogen peroxide forms in dependence of test con-

ditions thiourea s-dioxide (H,?\T),C-SO, or in the presence of HCI dithiobisformamidinium dichloride [(H,N),C -S -S -C(NH,),]CI,. Their electron absorption, infrared, nnclear magnetic resonance, and mass speotr,b an= communicated.

Both compounds as well as unstable bis(formamidine)disalfme do not react with carbon di- sulfide to produce the corresponding dithiocarbamate neither in the presence of help-bases. Also no renction happens with alkyl esters of chlorodithioformic acid

Es ist bekannt, daB Thioharnstoff rnit Wasserstoffperoxid zum Thioharn- stoff-S-dioxid und in Gegenwart von z. B. Salzsaure zum Dithiobisformamidi- niumdirbhlorid oxydiert wird:

(H,N),CS + 2 HZO, -> (H,N),C-SO, + 2 H,O,

2 (H2N),CS + H,O, + 2 HCI + [(H2N)2C-S-S--C(SH,),1C1? i- 2 H2O t l / 2 0,.

Im Hinblick auf denkbare Reaktionen dieser beiden Verbindungen mit Kohlen- stoffdisulfid zu den entsprechenden Dithiocarbamaten (s. Kapitel 111) haben wir die Ausgangsverbindungen untersucht und die in der Literatur bekannten spar- 1 ichen spektrosklopischen Daten durch neue Messungen erganzt.

1. Thioharnstoff- S-dioxid Thioharnstoff-S-dioxid, das in der alteren Literatur auch als Formamidin-

sulfinsaure oder als Amino-imino-methsnsulfinsaure bezeichnet wird, wurde erst- mals I91 0 von DE BARRY BARNETT [I] durch Oxydation von Thioharnstoff mit Wasserstoffperoxid dargestellt. Fur die eigenen Untersuchungen fand ein han- delsiibliches Produkt (Fa. EGA-Chemie, Steinhei m) Verwendung .

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Aufgrund von Rontgenstrukturanalysen [ 2,3] und durch Vergleich der er- mittelten Bindungslangen mit denen im Thioharnstoff [4] liege das Thioharn- stoff-S-dioxid in kristallinem Zustand als Zwitterioii I und nicht als Derivat der Sulfinsaure I1 vor :

H,N 0 H S 0

H,X 0 H2K

@ “C-S./ 0 \ .c-fg

‘ ‘OH ,’ \\,

I I1

Das farblose Thiohamstoff-S-dioxid schmilzt bei 3 26 -13OOC unter Zersetzung und zerfLllt bei Sauerstoffzufuhr sowohl in festem Zustand als auch in der Hitze in wiiflriger Ldsung zu Harnstoff und Schwefeldioxid [ 51. In ammoniakalischer Losung nimmt es Sauerstoff unter Bildung von Thioharnstoff-S-trioxid auf ; vgl. z. R . [6]. Es besitzt reduzierende Eigenschaften, die auf die Bildung von Sulfoxylat HS0,- bei der alkalischen Hydrolyse zuruckgefuhrt werden [5]. So kdnnen z. B. Metallsdze in Losung bzw. Suspension zu Metallen reduziert wer- den [7].

Thioharnstoff-S-dioxid lost sich gut in Wasser, ebenfalls gut aber unter Iang- samer Zersetzung in Dimethylsulfoxid (Gelbfarbung der Losung). In ublichen Losungsmitteln ist es schlecht ldslich. In konz. SchwefelsLure gelost sol1 das Dioxid bis etwa I O O O C stabil sein [8].

Das E l e k t r o n e n a b s o r p t ionsspe k t r u m (Bereich 200 -800 nm) des in Ethanol gelosten Thioharnstoff-S-dioxids zeigt bei 22 O C zwei Absorptionen mit Maxima bei 218 nm und 281 nm. Die unter Verwendung einer Verdunnungsreihe (Konzentrationsbereich 1,10 lo-* bis 3,57 * lod5 mol/l) ermittelten molaren Extinktionskoeffizienten betragen E~~~ = 1,51 . 1 O4 und E~~~ = 3,20 . l o3 1 . mol-l- cm-l.

Der Arbeit von SORBO and LJKJNGGREV [9] kann man e k e Absorption bei etwit 270-275 nm mtnehmen. - Gegenuber drm in Wasser gelostrn Thioharnstoff [lo] mit 196 nm und 236 nm tritt beim Dioxid eine bathochromc Versehiebung beider Absorptionsbanden auf.

Das I n f r a r o t s p e k t r u m (Bereich 4000-400 em-l, KHr-PreSling) des Thio- harnstoff-S-dioxids weist Absorptionsbanden auf, deren Maxima mit versuchs- weisen Zuordiiungen Tab. 1 zu entnehmen sind. Die Lage der v(C N)- und der v(C- S) -Schwingung zeigen den partiellen Doppelbindungscharakter dieser Bin- dungen. Die Aufspdtung und Lage der v(NH,) -Schwingungen deuten suf das Vorliegen unterschiedlicher Wasserstoffbrucken der Art N -H..-O hin ; vgl. [ 3 ] . Dns Fehlen der Y(0H)-Schwingung schliefit das Vorliegen der Substanz als Sulfin- saurederivat I1 aus.

Die Zuordnung drr Banden zii Schwingungsmoden erfolgte imtrr Verwendung der Angaben yon [If, 121.

Jn den K e r n r e s o n a n z s p e k t r e n lH-NMR (80,17 MHz, 50/,ige Ldsung) und 13C-NMR (20, I5 MHz, lH-entkoppelt, 20%ige Ldsung) ties in Dimethylsulfoxid-d, gelfisten Thioharnstoff-S-dioxids treten bei 30 OC Resonanzsignale in Form von

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Tabelle .1 Infrarotspektrum") vom Thioharnstoff-S-dioxid

(H,N),C-SO, Mogliche (H,N),C-SO, Mogliche [cm-l] Zuordnung [cm-l] Zuordnung

1028 s V,(SOZ) V",,,(NHJ 1000 s v(C-S)

v(C=N) E } o(NH,), z(xH?)

e(NH,) 502 m WO,) 6(NH,) 617 w

0260 s 3060 s 2 790 w, br, ski 1 ti90 s 1435 m, br 11% w, br, sh 1060 s, br Vss(SO2)

") Es bedeutcn: v == Valenzschwingung, 6 = Deformationsschwingung, e = rocking-Schwingung, T = twistingSchwingung, o = waggingschwingung. Geschatzte relative Intensitiiten der Ab- sorptionsmaxima: s = stark, m = mittel, w = schwach, br = breit, sh = Schulter.

Singuletts mit folgenden, auf T M S bezogenen chemischen Verschiebungen auf : ein breites, sufgespaltenes Signal der NH-Protonen bei d,(NH,) = 8,64 und 8,49 ppm gleicher Intensitat und ein Signal bei d,(CS) = 181,7 ppm.

Die Tieffeldlage und Aufspaltung des (NH,)-Signals 1aBt auf Wasserstoffbrucken auch in Losung schlieDen. Das Fehlen eines (OH)-Signals beweist die Betainstruktur I und schliek die Form I1 aus.

Gegcndber dem unter den gleichen Bedingungen vermessenen Thioharnstoff mit &(CS) = 183,7 pprn wird das entsprechende Signal des Dioxids zu hoherem Felde hin verschoben. - Im Protonenresonanzspektrum vom Thioharnstoff wurde fur die NH-Protonen nur ein Signal bei d,(NH,) = 6,OO ppm in Acetonitril bzw. bei 6,55 pprn in Essigsaureethylester beobachtet [13].

Im M a s s e n s p e k t r u m (ElektronenstoBionisation, 70 eV, Probentemperatur 90 "C) mird der Peak des Molekiilions nicht registriert. Der Basispeak stammt vom Fragmention (H:,N) zC+, dessen deprotonierte Formen man ebenfalls beobachtet, wie man Tab. 2 entnehmen kann. Haufig ist auch dss Bruchstuck SO,+. Unter massenspektrometrischen Bedingungen findet folgender primarer Zerfallsschritt statt :

(H,N),C-SO, + (H,IC),C + SO,.

Tabelle 2 Massenspektren") von Thioharnstoff-S-dioxid und Dithiobisformamidiniumdichlorid

mle Fr,&gmention Relative Hanfigkeiten in yo (H,N)ZC-SOz [(HzN),C- S -S - C(NH,),]CI,

75 74 64 64 44 43 42 41

(HzN),CS+- 1H (H.,N),CS+ - 2H so,+ s,i- (Hzw&+ (H,X),C+ - 1H (H,N),C+-2H (H.,N),C+-3H

0,0 0,0

78,6

100,o 85,7 12,9 37,1

-

G5,2 S,6

100,o 0,o 090

?1,9 17,3

-

~

") Die vom Isotyp 31S stammrnden Peaks sind nicht aufgefdhrt.

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TI. Dithiobisformaniidiniumdichlorid

Bis(formamidin) disulfan, das in der Literatur auch als Formamidindisulfid oder als a, oc'-Dithiobisformamidin bezeichnet wird, ist nur in Form seines Di- kations [(H,N),C -S -S -C(NH,)J2+ bekannt. Es wurde erstmals 1886 von MCGOWAN [14] durch Oxydation von Thioharnstoff mit Iod dargestellt. Zum Mechanismus und zur Kinetik der Bildung des Dithiobisformamidinium-Ions vgl. z. B. [15-171.

Zur Untersuchung gelangte dm Dichlorid, das durch Oxydation von Thio- harnstoff mit Wasserstoffperoxid in salzsaurer Losung in Anlehnung an das von ~PREISLER und BERGER [ 181 beschriebene Verfahren gewonnen wurde.

Arbei t svorschr i f t [(H,N),C-S-S-C(NH2),1CI,. Zu ciner Losung von 2d,8 g Thioharnstoff in 200 cm3 3 N Salzsaure werden bei 6°C unter Ruhren innerhalb 30 min 22,5 cm3 H,O, (30%ig) getropft. AnschlieSend werden 800 om3 Ethanol und dann 250 cm3 konz. HC1 hinzugefugt. Die gebil- deten Kristalle werden abgesaugt, dreimal rnit je 100cm3 eiskaltem Ethanol gewaschen und im Vakuum uber konz. H,SO, getrocknet. Ausbeute etwa 72q4 der Theorie, bezogen auf die eingesetzte Nenge an Thioharnstoff.

Analyse. Die C-, H- und N-Gehalte w-nrden nuch den ublichen Methoden bestimmt, der S-Ge- halt nach dem von SCHONIGER [t9] beschrirbencn Verfahren. C 10,29 (ber. 10,7G); H 3,68 (3,61); X 24,73 (2.5,12); S 29,21 (28,74)q/,.

Das in farblosen Nadeln kristallisierende Dithiobisformamidiniumdichlorid schmilzt bei 174,jOC unter Zersetzung (173 -174OC nach [203). AuRer in Methanol und Wasser ist es in anderen Losungsmitteln nur wenig loslich.

Die Kristallstruktur ist bekannt [21, 221; mit CuCI, AgCl und AuCl bildet das Dichlorid Iiom- plcxe [?3, 2441.

Im Elekt ronenabsorp t ionsspekt rum (Bereich 200-800 nm) des in Ethanol gelosten Dithiobisformamidiniumdichlorids treten bei 22 O C zwei Ab- sorptionen bei 237,5 und 319 nm auf, deren molare Extinktionskoeffizienten mit Hilfe einer Verdunnungsreihe (Konzentrationsbereich 7,36 - bis 3,15 - 10-5 mol/l) zu F , ~ , , ~ = 1,83 * lo4 und E~~~ = 7,0 - lo1 1 . mol-l * cm-l bestimmt wurden.

Der kiirzerwelligen der beiden Banden ist ein x -+ n*-ubergang und der bei 319 nm ein n --z x*- ~ b e r g n n g zuzuordnen. A u s der Abbildung der Arbeit von SORBO und LJUNGGREN [9] kann man eine Absorption bei etwa 2% nm entnehmen. Gegenuber dem in Wasser gelosten Thioharnstoff (bei 196 und 236 nm [lo]) sind die beiden Absorptionen des Dichlorids bathochrom verschoben.

Das I n f r a r o t s p e k t r u m (Bereich 4000-400 cm-l, KBr-PrelJling) vom Dithiobisformamidiniumdichlorid zeigt Absorptionsbanden, deren Maxima mit moglichen Zuordnungen in Tab. 3 aufgelistet sind. Fur die Zuweisungen der Ab- sorptionen wurden teilweise die Angaben von PEYRONEL u. Mitarb. [25] ver- wendet. Fur den Bereich <1650 cm-1 sind die Zuordnungen zu Schwingungs- moden unsicher, da es hier zur Kopplung verschiedener Schwingungsarten kommt.

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Tabelle :i Infrarotspektruma) vom Dithiobisformamidiniumdiclilorid

[((HzN)2('- %)&I, Moglichc [((H2;P\1),C- S -)2]C12 Nogliche rcm 'I Zuordnung [cm-'1 Zuordnung

I 3 300 s, Sll

3 230 s 2 990 s, Sll

1660 s 1 ii3.j s, sli 1-100 s 1100 in

2980s J

1060 m Q(KH,) v(NH2) 716s, hr 1 v(C-8)

G G O s J 620 m, hr S(N,CS) 370 m, br 1 v ( S - S ) WH2)

6(NH,), v,,(NCS) 515 II', sh v,(NCN), dNH,) 472 s G(NCS) v,(NCN), c(?iH,) 409 w e(X,CS)

I m I H - N M R - S p e k t r u m (80,17 MHz, 5Xige Losung in Dimethylsulf- oxid-d,) des gelosten Dithiobisformamidiniumdichlorids wird bei 30 O C ein breites Signal mit einer chemischen Verschiebung von dH(NH2) = 9,74 ppm relativ zu TMS registriert. Es ist gegenuber dem von Thioharnstoff [ 131 tieffeldverschoben.

Fur dds festc Dichlorid wird bri 3"7C fur die NH-Protonrn ein zweites Moment von <H'> =

11,2 & 0,9 C;? angcgaben, der entsprwhende Wert fur Thioharnstoff betragt 17,8 & 0,2 G' [?(;I. Das 13C-NMR-Spektrum (20,15 MHz, lH-entkoppelt. ti%ige Lbsung) von

in Dimethylsulfoxid-d, gelostem Dichlorid weist bei 30°C ein Signal mit einer auf TMS bezogenen chemischen Verschiebung von d,(CS) = 175,s ppm auf. Gegen- iiber dem unter den gleichen Redingungen aufgenommenen Thioharnstoff ist es um 9,i) ppm zu hoherem Felde hin verschoben.

Tm Mnsse n s p e k t r um (ElektronenstoBionisation, 70 eV, Probentemperatur 60 "C) vom Dit hiobisformamidiniumdichlorid wird der Peak des Molekidions und der erwartete vom Bis(formamidin)disulfan nicht beobachtet. \Vie man Tab. 2 entnehmen kann, stammt der Basispeak vom Fragmention SL-. Haufig sind such noch die Bruchstucke (H,N),CX- und (H2N),Ct, die in ihren partiell deprotonierten Formen registriert werden.

111. Versnchc zur Umsetzung von Thioharnstoff-S-oxid, Dithiobisformamidiniumdichlorid nnd Bis ( formamidin) disiilf an rnit Kohleris tof fdisulfid

ErwartungsgemiiB reagieren Thioharnstoff-S-dioxid und Dithiobisformamidi- niumdichlorid nicht direkt mit Kohlenstoffdisulfid. Eine Reaktion zum ent- sprechenden Dithiocarbamat ist jedoch in Gegenwart einer Hilfsbase MB denk- bar, z. B. nach

(H2X)2C-S0, +-- CS, + ;\IB -+ M[S2C-NH-(H2N-)C-S02] + HB.

Thioharnstoff SOH nach ROSENHEIM u. Mitarb. [67] rnit Kohlenstoffdisulfid in Gegenwart von Hydrosiden zii Trithioallophanaten [S,C-NH-CS--NH,]- reagieren. Wir konnten diese Um- srtzungen jedoch nicht beststigen [%8], erneute eingehende Untersnchungen fiihrten zii dem gleichen Ergebnis. Trithioallophanate erhielten wir durch Umsetziing von Cyanodithiocurbimaten mit Schwefelwasserstoff [%I.

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Beim Einsatz von Dithiobisformamidiniumdichlorid sollte mit Hilfsbasen primar freies Bis(formamidin)disulfan entstehen, das ohne oder mit weiterer Hilfsbase MB mit dem Kohlenstoffdisulfid reagieren konnte, z. R. nach

[(HzN),C-S-S-C(NH,),]C12 $- 2 NB + HzN-(HN=)C-S-S-C(=NH)-PU'H, + 2 HJ-(HN=)C-S-S-C(=XH)-KH, + 2 CS, [( H,N),C-S -S - C(NH2)J[S2C -NH- (HN= )C--S -S -C( =NH) -NH -CS,], HJ"-(HN=)C-S-S-C(=P\'H)-NH, t CS, + MB + M[S2C -NH - (HN= )C - S -S - C( =NH) - NH,1 + HB, H,N-(HR'=)C-S-S-C(=NH)-NH2 {- 2 CS2 + 2 MB -' Nz[S,C-NH-(HX=)C-S-S-C(=NH)--?U'H-CS2] + 2 HB.

2 MCI f 2HB, +

Bis (formamidin)disulfan ist instabil und nicht isolierbar [29, 301; es kann jedoch in Losung a18 Intermediat auftreten und in einigen Fallen weiter reagieren [30].

A r b e i t s v o r s c h r i f t H,X-(HN=)C-S-S-C(=NH)-KH,. Zu einer Suspension von Di- thiobisformamidiniumdichlorid in abs. Tetrahydrofuran oder abs. Diethylether wird bei 0°C die biaquivalente Menge an NaH oder K H gegeben. Ilas ausgefallene NaCl bzw. KCI wird unter Schutz- gas schnell abfiltriert und die Losung sofort weiter umgesetzt.

Sowohl Thioharnstoff-S-dioxid und Dithiobisformamidiniumdichlorid als auch Bis(formamidin) disulfan reagieren trotz breiter Variation der Versuchsbedingun- gen nicht mit Kohlenstoffdisulfid in Abwesenheit und in Gegenwart von Hilfs- basen. Der Grund ist wohl in der Ladungsverteilung des dipolaren Thioharnstoff- S-dioxids und in der Instabilitat des Bis(formamidin)disulfans zu suchen.

Vcrsuchsdurchfuhrung. Die Reaktionen wurden bezuglich ihrer stochiometrischen Mengen entsprechend den obenstehenden Reaktionsgleichungen unter Schutzgasatmosphare und kraftigem Riihren mit Beaktionszeiten von 1 h bis 3 d durrhgefnhrt und die Umsetzangen dunnschichtchroma- tographisch verfolgt. Sowohl die Losungen als auch die getrockneten Ruckstande wurden jeweils auf gebildetes Dithiocarbamat rnit spektroskopisrhen Methoden untersucht.

1. Absolutierte Losungs- bzw. Snspensionsmittel: Methanol, Ethanol, Acetonitril, Aceton, Tetrahydrofuran, Dioxan, Diethylether, Essigsaureethylester und Pyridin.

2. Hilfsbasen: MOH, MH, MC,H,, M[OCH,] und M[OC,H,1 mit M = Na, K. Bei Verwendung von MH nur in Tetrahydrofuran, Dioxan, Diethylether und Pyridin als Rpaktionsmedium.

3. Arbeitstemperatur -15 bis $-20"C, sowic auch unter Erwarmen. Bei Temperaturen >0"C treten Nebenprodukte auf: Trithiorarbonatr, Xnnthate bei Alkoholen als Losungsmittel rind Aldol- reaktion bei Verwendung von Aceton.

4. Bei den Reaktionen entstanden Grmische aim Harnstoff, Thioliarnstoff und undefinierten Produkten, die sich auch rnit Saulenchromatographie (Kieselgel GO, Laufmittel z. B. Dichlormethan/ Aceton-Gemisch 3 : 2) nicht suftrennen lieBen.

5. Eine Umsetzung der Reaktionsgemische niit Tetrabutylammonium- oder Tetraphenylarso- niumsalzm nach z. B. [31] unter versehiedenen Bedingungen gelang nicht.

6. Reaktionen von Thioharnstoff-S-dioxid, Dithiobisformamidiniumdichlorid und Bis(form- amidin)disulfan mit Chlorodithioameisensaurealkylestern [32] in Gegenwart von Saurefangern in verschiedenen Losungsmitteln zu den entsprechenden Dithiocarbamidsaurealkylestern sowie die direkte Veresterung der Reaktionsgemische rnit Alkylhalogeniden fuhrten zu negativen Ergeb- nissen, wie Massenspektren belegten.

Der Fonds der Chemischen Industrie hat in dankenswerter Weise Hilfsmittel zur Verfugung g jstellt.

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Bei der Redaktion eingegmgen am 15. September 1987.

dnschr. d. Verf.: Prof. Dr. G. GATTOW und Dip1.-Chem. W. MANZ, Inst. f. Anorg. Cliemie u. Analyt. Chemie d. Universitat, Johann-Joachim-Becher- Weg 24, D-6500 Mainz


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