Fachgebiet Massivbau Prof. Dr.-Ing. M. Rösler
Beuth Hochschule für Technik Berlin
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Stabilität
Einführung
Schlanke Stützen sind stabilitätsgefährdete Bauteile. Den Zusammenhang zwischen Belastung Verformung für verschiedene Werkstoffe zeigt das nächste Bild.
Die Grundtypen stabilitätsgefährdeter Stäbe werden auch als Euler-Stäbe bezeichnet.
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Der Verlauf der Bruchschnittgrößen bei verschiedenen Schlankheiten ist im folgenden Bild dargestellt.
Die Bemessung schlanker Stahlbeton-Bauteile erfolgt mit Hilfe der Momenten-Krümmungs-Beziehung. Die nächsten Bilder zeigen den Zusammenhang zwischen Moment und Stabkrümmung in zunehmender Vereinfachung.
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Vereinfachte Momenten-Krümmungs-Beziehung
Gebäudeaussteifung
Der Stabilitätsnachweis am Gesamtgebäude ist zu führen, wenn keine aus-reichende Translations- oder Rotationssteifigkeit vorliegt. Der Nachweis der ausreichenden Steifigkeit ist im Kapitel Aussteifung vorgestellt.
Ist das Gebäude ausgesteift, können Einzeldruckglieder unabhängig vom Rest des Bauwerks betrachtet werden und es kann ein Stabilitätsnachweis für Einzeldruckglieder geführt werden.
Nachweisverfahren
Zur Führung des Stabilitätsnachweises wird die Ersatzlänge l0 des Druckgliedes bestimmt.
colll 0
mit
Beiwert für die Ersatzlänge, abhängig vom statischen System
lcol Systemlänge des Druckgliedes
Von Bedeutung ist ferner die Schlankheit des Stabes.
i
l0 mit A
Ii
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Einzeldruckglieder
Im nächsten Bild sind verschiedene Formen von Einzeldruckgliedern gezeigt. Es kann sich um einzeln stehende Stützen (a), gelenkig angeschlossene Druckglieder (b), ein schlankes aussteifendes Bauteil, das verschieblich ist (c) oder biegesteif angeschlossene Druckglieder (d) handeln.
Ersatzlänge
Ist die Einzelstütze an ihren Enden durch angrenzende Bauteile elastisch eingespannt, so lässt sich die Ersatzlänge l0 mit Hilfe von Nomogrammen bestimmen. Es gilt
colll 0 .
Der Ersatzlängenbeiwert ist in Abhängigkeit der Steifigkeitszahlen kA und kB aus den Nomogrammen abzulesen. Es wird zwischen verschieblichen und unverschieblichen Bauteilen unterschieden (vergrößerte Darstellung auf der letzten Seite des Skriptes).
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Stabilitätsnachweis
Ein Stabilitätsnachweis ist erforderlich, wenn die Grenzschlankheit lim überschritten wird.
25lim für Ed 0,41
Ed
lim 16
für Ed < 0,41
mit cdc
EdEd fA
N
(NEd als Druckkraft mit dem Betrag einsetzen)
Verfahren mit Nennkrümmung
Für den Stabilitätsnachweis wird eine am Fuß eingespannte und am Kopf frei bewegliche Stütze verwendet. Der Nachweis erfolgt i.d.R. am Fuß der Stütze für die Schnittgrößen, die sich aus den Verformungen nach Theorie II. Ordnung ergeben.
Die Bemessung kann wahlweise durch Berechnung der Gesamtverschiebungen etot und anschließender Bemessung mit den Interaktionsdiagrammen oder direkt durch die Anwendung von Nomogrammen erfolgen, in denen die Einflüsse aus Theorie II. Ordnung berücksichtigt sind. Sie sind z.B. im Beton-kalender abgedruckt.
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Verlauf der Krümmungen
Berechnung der Ausmitten
Es wird die Berechnung der Ausmitten für die Kragstütze durchgeführt und die Gesamtausmitte ermittelt.
20 eeee itot
mit
e0 planmäßige Ausmitte
ei ungewollte Ausmitte (Imperfektion)
e2 zusätzliche Ausmitte nach Theorie II. Ordnung
NEd
HEd
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Planmäßige Ausmitte e0
Die planmäßige Ausmitte e0 wird nach Theorie I. Ordnung berechnet
Ed
Ed
N
Me 0
Sind die Momente an den Enden der Stütze unterschiedlich groß, so darf die wirksame Lastausmitte bei unverschieblichen Systemen vereinfacht ermittelt werden. Der größere der beiden Werte ist für die Bemessung maßgebend; die Ausmitten sind mit Vorzeichen nach dem folgendem Bild einzusetzen.
01020 4060 e,e,e bzw.
020 40 e,e
mit 0102 ee
Ungewollte Ausmitte ei
Die ungewollte Ausmitte ei wird wie folgt berechnet
20le ii
h
i
200
1 mit
0,1
02
col
hl
Oder vereinfachend
col
il
100
1
mit
lcol Länge des Einzeldruckgliedes
i Schiefstellung gegen die Sollachse
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Zusätzliche Ausmitte nach Theorie II. Ordnung e2
Die Berechnung der Zusätzliche Ausmitte nach Theorie II. Ordnung e2 erfolgt auf der Grundlage der vereinfachten Momenten-Krümmungs-Beziehung .
Bei diesem Bild bezeichnet BI die Biegesteifigkeit des ungerissenen Bauteils im Zustand I. Das Moment MI,II kennzeichnet den Übergang in den gerissenen Zustand BII. Das Fließen der Biegezugbewehrung erfolgt beim Moment My. Auf der x-Achse sind die zugehörigen Krümmungen 1/r aufgetragen.
Die maximale für die Bemessung maßgebende Ausmitte errechnet sich zu
10
1 2
12ol
rKe
Der Beiwert K1 beschreibt den Übergang von der Querschnitts- zur Stützentragfähigkeit und hängt von der Schlankheit der Stütze ab.
52101 ,K
für 25 35
011 ,K für > 35
Bei der Berechnung der Krümmung darf vereinfacht davon ausgegangen werden, dass die maximale Krümmung bei der Normalkraft Nbal erreicht wird, die zu der maximalen Momententragfähigkeit gehört. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass er Stahl auf beiden Seiten des Querschnitts seine Streckgrenze erreicht. Unter diesen Voraussetzungen wird die Krümmung berechnet zu
d,ryd
902
1
mit yd = 2,175 10 –3
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Dehnung der Bewehrung bei maximaler Krümmung
Kriecheinfluss
Einflüsse aus Kriechen dürfen vernachlässigt werden, wenn die Stütze
Bei unverschieblichen Systemen an beiden Enden monolithisch mit lastabtragenden Bauteilen verbunden ist
oder
das Tragwerk verschieblich ist mit < 50 und h
e0 > 2,0
Ist der Kriecheinfluss zu berücksichtigen, so gilt
Kee c 2,2 mit 11 efK
es sind
= 150200
35,0
ckf
ef effektive Kriechzahl Ed
permef M
Mt
,1
,10 ),(
M1,perm Moment nach Theorie I. Ordnung unter quasi-ständiger Einwirkungskombination (mit Imperfektion)
M1,Ed Moment nach Theorie I. Ordnung unter Bemessungs- Einwirkungskombination (mit Imperfektion)
Endkriechzahl
Stark vereinfacht kann K auch mit 1,7 abgeschätzt werden
Bemessung
Die Schnittgrößen für die Bemessung nach Theorie II. Ordnung lauten:
NEd und MIIEd = NEd etot
Mit diesen Schnittgrößen wird mit Hilfe des Interaktionsdiagramms die erforderliche Bewehrung bestimmt.
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Konstruktion von Stützen
In jeder Ecke ist ein Längsstab von mindestens 12 mm Durchmesser erforderlich, bei Kreisquerschnitten mindestens 6 Stäbe. Der Abstand der Längsstäbe darf 30 cm nicht überschreiten. Für Querschnitte mit b 40 cm genügt je ein Bewehrungsstab in den Ecken.
Die geringste zulässige Seitenlänge eines Stützenquerschnitts beträgt 20 cm für Stützen mit Vollquerschnitt, die vor Ort (senkrecht) betoniert werden und 12 cm für waagerecht betonierte Fertigteilstützen.
Es sind folgende Mindest- und Höchstbewehrungen, auch im Bereich von Übergreifungsstößen, einzuhalten:
As,min = yd
Ed
f
N15,0 0,003 Ac
As,max = 0,09 Ac
Die Längsbewehrung von Stützen muss durch Querbewehrung umschlossen werden. Sie kann aus Bügeln, Schlaufen oder Wendeln bestehen.
Die Bügeldurchmesser dürfen den größten der folgenden Durchmesser nicht unterschreiten:
ein Viertel des maximalen Durchmessers der Längsbewehrung
6 mm.
Die Bügelabstände dürfen den kleinsten der folgenden Abstände nicht überschreiten:
das 12fache des kleinsten Durchmessers der Längsstäbe,
die kleinste Seitenlänge oder den Durchmesser der Stütze,
30 cm.
Der Stabdurchmesser bei Betonstahlmatten als Bügelbewehrung muss mindestens 5 mm betragen.
Die Bügelabstände sind mit dem Faktor 0,6 zu vermindern:
unmittelbar über und unter Balken oder Platten über eine Höhe gleich der größeren Abmessung des Stützenquerschnitts,
bei Übergreifungsstößen der Längsstäbe, wenn deren größter Durchmesser ds größer als 14 mm ist.
In oder in der Nähe jeder Ecke darf eine Anzahl von maximal 5 Stäben durch die Querbewehrung als gegen Ausknicken gesichert angesehen werden. Der Achsabstand der Stäbe darf den 15fachen Bügeldurchmesser nicht überschreiten.
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Schnittgrößen
Zur Ermittlung der maßgebenden Schnittgrößen für die Bemessung ist der ungünstigste Lastfall zu untersuchen. Es kommen dafür in Frage:
1. Maximale Normalkraft mit zugehörigem Moment max N mit G = 1,35 Q = 1,5 zug M mit G = 1,35 Q = 1,5
2. Maximales Moment mit zugehöriger Normalkraft max M mit G = 1,35 Q = 1,5 zug N mit G = 1,0 Q = 0,0
3. Minimale Normalkraft mit zugehörigem Moment min N mit G = 1,0 Q = 0,0 zug M mit G = 1,35 Q = 1,5
Gegebenenfalls sind weitere Lastfallkombinationen zu untersuchen.