Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segel-
yachten
K. Graf, FH Kiel, Yacht Research Unit
E. Wolf, Howaldswerke Deutsche Werft AG, Kiel
H. Renzsch, FH Kiel, Yacht Research Unit
Methoden der Strömungssimulation (Computational Fluid Dynamic, CFD) sind als Verfahren
der Analyse von Strömungen ein beim Entwurf von Hochleistungsyachten inzwischen akzeptier-
tes und verbreitetes Werkzeug, das den klassischen Modellversuch zunehmend verdrängt. Poten-
tialtheoretische Verfahren und RANSE-Solver gestatten die Prognose von Strömungskräften und
–phänomenen mit hoher Genauigkeit, Auflösung und Reproduzierbarkeit. Durch Integration der
Simulationsergebnisse in ein Geschwindigkeitsprognoseprogramm (VPP) kann so die Ge-
schwindigkeit einer Segelyacht im Entwurfsstadium vorhergesagt werden. Der besondere Vorteil
dieses Vorgehens liegt darin, dass Geschwindigkeitsänderungen der Yacht auf allen Kursen zum
Wind und bei allen Windgeschwindigkeiten für kleine Variationen der Form des Schiffes, der
Anhänge oder des Riggs und der Segel vorhergesagt werden können. Dies ist die Grundlage ei-
ner Optimierung der Segeleigenschaften einer Regattayacht. Der Aufsatz beschreibt Werkzeuge
und Arbeitsschritte einer derartigen Optimierung und stellt Anwendungsfälle vor.
1 Einleitung
Beim Entwurf neuer Segelyachten, insbesondere Regattayachten, ist es heute üblich, die Segel-
eigenschaften des Projektschiffes quantitativ vorherzusagen, d.h. in der Regel die Geschwindig-
keit der Yacht auf allen Kursen zum Wind und bei allen Windgeschwindigkeiten zu bestimmen.
Diese Geschwindigkeitsprognose ist zudem Voraussetzung für eine Optimierung der Yacht. Ge-
schwindigkeitsvorhersagen leisten sogenannte Geschwindigkeitsprognoseprogramme (VPPs),
die bei vielen Yachtdesignern bereits eingesetzt werden. Grundlage der Geschwindigkeitsvorher-
sage ist die Ermittlung der aero- und hydromechanischen Kräfte, die auf Segel, Rigg und
Schiffsrumpf mit seinen Anhängen wirken. Während dazu in der Vergangenheit meist Windka-
nal- und Schlepptankversuche dienten, geht man heute dazu über, Methoden der Strömungssimu-
lation (CFD) einzusetzen. Bei der Entwicklung von Hightech-Regattayachten wie IACC- und
VOR-Yachten gilt CFD als Schlüsseltechnik.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
Das Institut für Schiffbau der FH Kiel setzt seit Jahren CFD-Verfahren für die Untersuchung und
Optimierung von Regattayachten ein. CFD-Verfahren haben heute bereits eine beachtliche Er-
gebnissicherheit, die es mit Einschränkungen gestattet, Modellversuche vollständig zu substituie-
ren. Der besondere Vorteil von CFD-Berechnungen ist es aber, die Änderung von
Strömungskräften bei einer kleinen Änderung der untersuchten Strömungskörper (Segel, Rumpf,
Mast, Kiel ...) zu bestimmen (sogenannte Flow Force Deltas). Damit ist es vor allem möglich,
Variantenuntersuchungen – etwa einer Kielkonfiguration – im Vergleich zu einer Benchmark-
yacht durchzuführen. Eine Integration der CFD-Ergebnisse in ein Geschwindigkeitsprognose-
programm erlaubt es dann nicht nur die Geschwindigkeit einer Yacht vorherzusagen, sondern
gestattet insbesondere die Berechnung von Geschwindigkeitsänderungen der Yacht durch kleine
Änderungen der Strömungskräfte (Flow Force Deltas werden so in Time Allowance Deltas kon-
vertiert). Bei einem systematischen ingenieurmäßigen Yachtentwurf erstellt man in der Regel
zahlreiche Varianten eines Benchmarkschiffes, die so mit einer objektiven Metrik bewertet wer-
den können. Dies beschreibt das Prinzip der Optimierung, wie es unser Institut bei zahlreichen
Regattayachten angewandt hat, darunter VOR- und IACC-Yachten für die illbruck Challenge,
IMS-Yachten für verschiedene Yachtdesigner und einige olympische Bootsklassen.
Boundary-LayerMethod
Panel-code
RANSE-code
CFD-AnalyseBoundary-LayerMethod
RANSE-code
Boundary-LayerMethod
RANSE-code
Modellversuche
Schlepp-tank
Wind-kanal
Panel-code
Initial DesignBenchmark
VPPTime Allowance Deltas
Design-Alternativen
IMS
Abbildung 1-1: Schema Strömungsanalyse und Geschwindigkeitsprognose
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
2 Strömungssimulationsverfahren
Strömungssimulationsverfahren, die im Yachtbereich eingesetzt werden, lassen sich grob in drei
Gruppen aufteilen: a)potentialtheoretische Verfahren, meist sogenannte Panel-Codes, c) RAN-
SE-Verfahren und c) Grenzschichtverfahren. Allen Verfahren ist gemeinsam, dass sie auf Erhal-
tungsgleichungen für Masse und Impuls in einer mehr oder weniger vereinfachten Form
basieren. Diese partiellen Differenzialgleichungen werden mit numerischen Verfahren und
Rechnerhilfe gelöst.
2.1 Panel-Codes
Panel-Codes basieren auf dem Modell der reibungsfreien Strömung. Sie sind geeignet, Strö-
mungsprobleme zu lösen, bei denen die viskosen Effekte der Strömung vernachlässigt oder auf
anderem Wege abgeschätzt werden können. Sie werden somit primär für die Berechnung von
Tragflügelströmungen und Strömungen mit freier Wasseroberfläche und Wellenbildung einge-
setzt und erlauben die Vorhersage von Auftrieb, induziertem Widerstand und Wellenwiderstand.
Der Vorteil der Panel-Verfahren ist, dass sie relativ genügsam hinsichtlich der erforderlichen
Manpower und der Rechnerressourcen sind. Die daraus resultierenden geringen Turnaround-
Zeiten lassen es zu, eine große Anzahl von Varianten in beschränkter Zeit zu untersuchen.
Das an unserem Institut eingesetzte Panel-Verfahren ist ein von M. Richelsen der North Perfor-
mance Research Group entwickeltes Programm, das insbesondere für die Untersuchung von
IACC-Yachten optimiert wurde. Für die Untersuchung von Segeln wird ein Panel-Verfahren-
ähnliches Vortex-Lattice-Grid-Verfahren verwandt, dass in das Geschwindigkeitsprognosepro-
gramm AVPP (siehe unten) integriert ist.
2.2 RANSE-Verfahren
RANSE-Verfahren lösen eine zeitgemittelte Form der Navier-Stokes-Gleichungen, meist mit
einem Finite-Volumen-Verfahren. RANSE-Verfahren berücksichtigen viskose und turbulente
Effekte der Strömung und erlauben neben der Berechnung von Auftrieb und induziertem Wider-
stand auch die Berechnung des Reibungswiderstandes, die Vorhersage von Strömungsablösun-
gen und die Berechnung des Wellenwiderstandes.
Durch die Leistungssteigerung in der Rechnertechnik und durch lange Erfahrungen im Einsatz
dieser Verfahren gelingt es uns heute meist, mit RANSE-Verfahren Ergebnisse zu produzieren,
die mit Modellversuchen konkurrieren können. Der Aufwand für die Verwendung von RANSE-
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
Verfahren ist allerdings groß. Sie stellen nennenswerte Anforderungen an die rechnerischen und
personellen Ressourcen. Der Vorteil gegenüber den Modellversuchen liegt in den generischen
Eigenschaften der RANSE-Verfahren, d.h. bei einer Variantenuntersuchung steigt im Gegensatz
zu Modellversuchen der Aufwand nicht linear mit der Anzahl zu untersuchender Varianten.
An unserem Institut werden die RANSE-Verfahren CFX C) der Firma Ansys, Comet von Com-
putational Dynamics und die Eigenentwicklung flowc eingesetzt. Jedes dieser Programme hat
Stärken und Schwächen, die für bestimmte Einsatzfälle besonders geeignet sind.
2.3 Grenzschichtverfahren
Das sind Verfahren, die Panel-Verfahren mit einer vereinfachten Form der Navier-Stokes-
Gleichungen kombinieren. Der Vorteil dieser Verfahren liegt darin, dass sie viskose und turbu-
lente Effekte berücksichtigen, ohne dass dazu die großen Rechnerressourcen der RANSE-
Verfahren notwendig sind. Ein weit wichtigerer Vorteil für die Yachtströmungen liegt allerdings
darin, dass diese Verfahren auch laminar-turbulente Transitionsströmungen berechnen können,
die bei den Anhängen von Yachten auf Grund der geringen Reynoldsschen Zahlen auftreten und
das Design von Kiel- und Ruderprofilen signifikant beeinflussen. Grenzschichtverfahren sind für
die Untersuchungen von ebenen Strömungen besonders effektiv und werden daher bei der Opti-
mierung von Profilen für Kiel, Ruder, Trimmklappen und Wings eingesetzt. Wir verwenden
primär das Programm xfoil von Drela¸das im Public Domain verfügbar ist.
3 Geschwindigkeitsprognose
Geschwindigkeitsprognoseverfahren (VPPs) berechnen die Geschwindigkeit einer Yacht aus
dem Gleichgewicht der an der Yacht angreifenden Kräfte und Momente unter Einbeziehung ei-
ner Optimierungsbedingung (maximale Geschwindigkeit oder maximales VMG). In der Praxis
verbreitet ist das VPP WinDesign der WUPTIA, Southampton und das IMS-VPP des Offshore
Racing Council. Beide Verfahren wurden an unserem Institut für die Optimierung von Yachten
erfolgreich eingesetzt. Das Ergebnis der Geschwindigkeitsprognose ist in der Regel ein Ge-
schwindigkeitspolardiagramm, das die erreichbare Geschwindigkeit auf allen relevaten Kursen
zum Wind und bei allen Windgeschwindigkeiten angibt, Abbildung 3-1.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
-10
-6
-2
2
6
10
0 4 8
TWS = 4 m/s UpTWS = 6 m/s UpTWS = 8 m/s UpTWS = 4 m/s DownTWS = 6 m/s DownTWS = 8 m/s Down
-30
-25
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
5 7 9 11 13 15 17 19 21TWS [kn]
[perf]
P2 UP P3 UP
P4 UP P5 UP
P6 UP P8 UP
P2 Down P3 Down
P4 Down P5 Down
P6 Down P8 Down
Abbildung 3-1: Geschwindigkeitspolardiagramm Abbildung 3-2: Time Allowance Diagram
Bei der Optimierung von Yachten, wie sie beispielsweise bei VOR- und IACC-Yachten vorge-
nommen wird, interessiert in der Regel der Geschwindigkeitsunterschied einer Variante im Ver-
gleich zu einem Benchmark. Der Geschwindigkeitsunterschied wird meist als Time Allowance
Delta, d.i. der Zeitgewinn / -verlust für das Zurücklegen einer nautischen Meile oder eines
Rundkurses angegeben. Dieser Zeitgewinn wird in der Regel als gewichteter Mittewert einer
Reihe von ausgewählten Windrichtungen angegeben. Abbildung 3-1 zeigt beispielhaft dieses
Performace Ratio [perf] über der Geschwindigkeit für eine Reihe von Designvarianten. Bei der
Optimierung von IMS-Yachten wird als Optimierungskriterium der Unterschied der IMS-
prognostizierten Geschwindigkeit zur Geschwindigkeitsprognose auf der Basis von CFD-
Untersuchungen herangezogen.
4 AVPP
AVPP ist ein neues Geschwindigkeitsprognoseprogramm, dass an unserem Institut entwickelt
wurde. AVPP wurde entwickelt, um einige der bekannten Mängel der bisher eingesetzten VPPs
zu beseitigen. Die Besonderheiten von AVPP sind:
• Hydrodynamisches Modell, dass die Strömungskräfte in physikalische Wirkkomponenten
zerlegt und getrennt modelliert.
• Integration von Modellversuchen, CFD-Ergebnissen und empirischen Berechnungsansät-
zen in beliebiger Kombination, auch gemischt.
• Berücksichtigung von 4 Freiheitsgraden.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
• Zwei aerodynamische Modelle: Segelkraftkoeffizienten aus Windkanalversuchen ähnlich
IMS und CFD-Segelkraftermittlung mit einem VLG-Verfahren.
AVPP wurde mit dem Ziel entwickelt, die Anzahl von Modellversuchsläufen bzw. CFD-Runs
für eine vollständige Beschreibung des hydrodynamischen Modells deutlich zu reduzieren. Für
IACC-Yachten etwa wurde die Anzahl notwendiger Runs von über 100 auf etwa 50 reduziert.
Das VLG-Verfahren zur Berechnung der Segelkräfte gestattet die Berücksichtigung beliebiger
Segelumrissgeometrien und –profile. Es lässt damit zu, die Segel der Yacht am Rechner zu
trimmen wie es etwa ein Segler auf dem Wasser macht.
AVPP wird ständig weiterentwickelt und an neue Bedürfnisse angepasst. Zukünftige Entwick-
lungen werden die Flexibilität von Rigg und Segeln berücksichtigen, verbesserte Windage-
Modelle implementieren usw..
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
5 Applikationen
Die bisher beschriebenen Untersuchungsverfahren wurden in einer Reihe von Projekten erfolg-
reich eingesetzt, darunter VOR- und IACC-Yachten, IMS-Yachten und olympische Bootsklas-
sen. Die Ergebnisse dieser Studien sind nicht alle öffentlich zugänglich und werden daher hier
nur beispielhaft beschrieben. Die Natur unserer Untersuchungsverfahren bringt mit sich, dass
diese Untersuchungen nur Ergebnisse liefern, die für den einzelnen Anwendungsfall gelten. Es
ist also nicht möglich, daraus allgemeine Erkenntnisse abzuleiten, die für jeden beliebigen Y-
achtentwurf gelten.
6 IMS-Kiel
Die gegenwärtige IMS-Vermessungsformel begünstigt nach wie vor Schiffe mit geringem Segel-
tragvermögen. Dies führt dazu, dass viele Regattaschiffe mit deutlich reduziertem Kielgewicht
starten. Der Kiel wird dazu mit Hohlräumen versehen, aus denen das Ballastgewicht entfernt und
durch Schaummaterial ersetzt wird.
Dies gilt auch für Yachten vom Typ Swan 45 der Nautor-Werft, Abbildung 6-1. Der sogenannte
GPH-Rennwert, ein gewichteter Mittelwert für die benötigte Zeit für das Zurücklegen einer nau-
tischen Meile, erhöht sich nennenswert durch Herausnehmen einzelner Bleiaussparungen. Es hat
sich allerdings gezeigt, dass die Verlangsamung des Bootes auf dem Wasser tatsächlich geringer
ausfällt, als die IMS-Formel dies vorhersagt. Es lohnt sich also auch hier, den Ballast zu reduzie-
ren.
545
546
547
548
549
550
551
552
553
554
555
S0 S1 S2 S3 S4
Konfiguration
GPH
(s/n
m)
Abbildung 6-1: Einfluss von Aussparungen auf das IMS-GPH / Swan 45
StabilitätsuntersuchungKielaussparung
1 2&3 4 5&6 GesamtGewicht VCG Bez. GPHx x x x 10300 0.085 S0 554.3
x x x 10400 0.074 S1 553.7x x 10500 0.055 S2 552.8x 10620 0.023 S3 551.6
11000 -0.07 S4 548.6
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
Für den Neubau einer Swan 45 sollte in Zusammenarbeit mit der Nautor-Werft ein neuer Kiel
mit einem reduzierten Volumen ohne Bleiaussparungen entwickelt werden. Bei dieser Studie
wurde der Rumpfwiderstand mit dem o.g. Panelcode bestimmt. Auftrieb sowie viskoser und in-
duzierter Widerstand des Kieles wurde mit einem RANSE-Verfahren untersucht. Dazu wurde
der Ausgangskiel und mehrere Kielvarianten geometrisch modelliert. Beim Entwurf von Kielva-
rianten wurde als Randbedingung berücksichtigt, dass die Summe der Querkräfte und die Län-
genposition des Gewichtsschwerpunktes unverändert bleiben mussten, eine starke
Einschränkung der Designfreiheit für die Varianten. Die Varianten wurden für den auftriebsfrei-
en Fall und für verschiedene Fälle mit Abdrift und Krängung strömungsmechanisch analysiert.
Bei der anschließenden VPP−Analyse wurden Flow−Force−Deltas aus der CFD−Analyse, aber
auch Widerstandsänderungen durch Verdrängungsänderungen berücksichtigt.
Abbildung 6-2: Druckkonturplots Urkiel und Kielvariante V11
Die Bewertung des Ergebnisses muss berücksichtigen, dass Änderungen des Stabilitätsumfanges
sowohl auf die IMS−Vermessung als auch auf die Geschwindigkeitsprognose auf Basis der
CFD−Untersuchung Einfluss haben. Der Geschwindigkeitsgewinn oder −verlust, der sich aus
den CFD−basierten Geschwindigkeitsprognosen ergab wird demnach um den entsprechenden
Wert der IMS−Prognose reduziert. Das Ergebnis zeigt Abbildung 6-3.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
Time allowance Deltas (s/nm) relativ zu Originalkonfiguration (Grün hinterlegt bedeutet bessere Werte)
8-14 kn Org. Kiel V1Kiel V3Kiel Spinnaker V11Kiel
Org. Kiel ohne Erleichterungs- löcher
Upwind 0 -0.77 9.58 0.00 -1.78 7.47 Downwind 0 -2.00 0.45 -1.58 -2.40 0.90 Mittelwert 0 -1.39 5.01 -0.79 -2.09 4.19 6-12 kn Upwind 0 -0.63 12.68 0.00 -1.35 9.22 Downwind 0 -2.50 4.53 -0.48 -2.80 1.95 Mittelwert 0 -1.56 8.60 -0.24 -2.08 5.59 14-20 kn Upwind 0 -0.60 11.23 0.00 -1.73 7.07 Downwind 0 -0.53 0.63 -1.70 -0.93 1.00 Mittelwert 0 -0.57 5.93 -0.85 -1.33 4.03 Abbildung 6-3: Time Allowance Deltas Urkiel und verschiedene Varianten
Als bester Kiel hat sich die Variante V11 erwiesen, die die Time Allowance um durchschnittlich
2s/nm reduzierte. Abbildung 6-4 zeigt diese Kielvariante im Vergleich zum Ausgangskiel.
Abbildung 6-4: Urkiel und Kielvariante V11 im Vergleich
7 Anhänge IACC-Yacht
IACC−Yachten sind für ihre ungewöhnlichen Kiel bekannt, die ein komplexes Tragflügelsystem
darstellen, Abbildung 7-1. IACC−Kiele sind Gegenstand intensiver Untersuchungen und bieten
zahlreiche Entwurfs−Freiheitsgrade.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
Abbildung 7-1: IACC−Yacht
Die freien Parameter einer Kieloptimierung sind unter anderem:
• Länge des Ballastbulbs
• Spantform des Ballastbulbs
• Größe und Anordnung der Wings
• Kielfläche, Envelope und Kielprofil
• Trimm–Tab
Eine vollständige Optimierung des Kiels einer IACC−Yacht beinhaltet dementsprechend eine
kaum überschaubare Anzahl von Varianten, die sich aus einer Permutation sinnvoller Werte der
freien Parameter ergeben.
Für die Untersuchung von Kielvarianten wurden RANSE-Verfahren verwendet. Es wurden Dis-
kretisierungsgitter mit etwa 2.5*106 Gitterzellen verwendet. Der Schiffsrumpf wurde mit model-
liert, die freie Wasseroberfläche durch eine ebene Wand ersetzt. Turbulenz wurde mit dem k-ε-
Modell berücksichtigt. RANSE-Verfahren liefern Druckkorrekturverläufe auf der Oberfläche des
Ballastbulbs, die bei der Optimierung der Bulbgeometrie hilfreich sind. Insbesondere der Über-
gang vom Ballastbulb zum Kielblatt kann so systematisch untersucht und optimiert werden.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
Abbildung 7-2: Geschwindigkeits- und Druckkorrekturverläufe auf der Oberfläche des Bal-
lastbulbs
Eine systematische Variation der Länge des Ballastbulbs ergibt Aufschluss über den Einfluss
dieses Parameters auf die Geschwindigkeit der Yacht. Dazu wurde ausgehend von einem Urmo-
dell mit einer Länge von 5.4 m kürzere und längere Bulbs durch affine Verzerrung generiert..
Volumen, Breite und Völligkeit der Bulbs blieben dabei konstant, längere Bulbs waren dement-
sprechend flacher. Das Ergebnis der CFD−Analyse zeigt Abbildung 7-3, in dem nicht nur die
Widerstandsänderung des Bulbs, sondern auch die Veränderung der Schwerpunktlage dargestellt
ist. Während der Verdrängungsschwerpunkt mit zunehmender Länge etwa linear nach unten
fällt, zeigt der Widerstand einen mit der Länge ansteigenden Trend.
Eine statistische Analyse aller im Rahmen der Studie untersuchten Ballastbulbs zeigt, dass diese
Zunahme des Widerstandes des Bulbs bei einer Tieferlegung des Masseschwerpunktes als Trend
bei allen untersuchten Formen wiedergefunden wurde. Ausgehend von einem Ballastbulb mit
annähernd rotationssysmmetrischer Form hat sich gezeigt, dass tendenziell jeder Versuch, das
Segeltragvermögen durch Verlagerung des Verdrängungsschwerpunktes des Bulbs nach unten
mit einer Widerstandszunahme verbunden war, Abbildung 7-4.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
Bulb Length vs. Resistance and VCG deltas
-10.00
-8.00
-6.00
-4.00
-2.00
0.00
2.00
4.00
6.00
8.00
10.00
4 4.5 5 5.5 6 6.5 7Bulb length [m]
ΔVCG[m]
-0.10
-0.08
-0.06
-0.04
-0.02
0.00
0.02
0.04
0.06
0.08
0.10
ΔRTapp [%]
dRTapp dVCG
Abbildung 7-3: Längenstudie IACC−Ballastbulbs
0.96
0.97
0.98
0.99
1
1.01
1.02
1.03
0.97 0.98 0.99 1 1.01 1.02 1.03 1.04 1.05
RT/RT0
VCG/VCG0
Abbildung 7-4: Veränderung der Schwerpunktlage über Veränderung des Widerstandes
Als konkretes Beispiel wird hier ein Bulb mit einer elliptischen Spantkontur mit einem mit trian-
gularer Spantform verglichen, Abbildung 7-5.
Abbildung 7-5: Elliptische und triangulare Ballastbulb-Spantform
Eine CFD-Analyse zeigt, dass die elliptische Spantform den geringeren viskosen Widerstand
aufweist. Die triangulare Spantform hat aber eine tiefere Schwerpunktlage und dementsprechend
ein größeres Segeltragvermögen. Diese Spantform ist zudem besser geeignet, die Unterkanten-
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
umströmung des Kiels zu behindern mit der Folge einer größeren effektiven Spannweite und
eines geringeren induzierten Widerstandes. Der elliptische Bulb ist dementsprechend für Vor-
windkurse besser geeignet. Bei Amwindkursen kann allerdings nur eine VPP−Analyse zeigen,
welche Spantform zu einem schnelleren Schiff führt. Das Ergebnis dieser VPP−Analyse zeigt
Abbildung 7-6.
-25
-20
-15
-10
-5
0
5
2 6 10 14 18 22 26 30TWS [kn]
[per
f]
Benchmark Section I
Abbildung 7-6: Performance Ratio des Triangularbulbs
Das Diagramm zeigt, dass der triangulare Bulb deutliche Nachteile bei geringen Windgeschwin-
digkeiten aufweist, während er ab einer Windgeschwindigkeit von 10 Kn schneller ist.
8 Strömungen mit freier Oberfläche
Als Strömungen mit freier Wasseroberfläche bezeichnet man solche, bei denen die Verformung
der Wasseroberfläche, d.h. die Wellenbildung berücksichtigt wird. Ihre Simulation mit RAN-
SE−Verfahren ist sehr aufwendig. Wegen der hohen Anforderung an Rechenleistung wird man
sie nur für wenige Untersuchungsfälle einsetzten. Im Rahmen der Americas Cup Herausforde-
rung der illbruck Challenge wurden Strömungen mit freier Oberfläche für die Untersuchung der
Wings durchgeführt.
8.1 Wings
Im Vorwege dieser Untersuchung waren die Wings der IACC−Yachten zunächst unter Vernach-
lässigung der freien Wasseroberfläche optimiert worden. Mit Testrechnungen unter Berücksich-
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
tigung der freien Wasseroberfläche sollte ermittelt werden, welche Einfluss die Wellenbildung
um die Yacht auf die effektive Anströmung der Wings hat.
Die Berechnungen wurden durchgeführt mit einem Benchmark-Rumpf, der mit der Geschwin-
digkeit von 4.875 m/s bei einem Krängungswinkel von 20° und einem Abdriftwinkel von 2° an-
geströmt wurde. Das Diskretisierungsgitter war ein Hybridgitter, bei dem das Gebiet in
unmittelbarer Nähe der Wasseroberfläche und des Schiffskörpers mit seinen Anhängen als He-
xaedergitter, das Fernfeld als Tetraeder diskretisiert wurde. Das Gitter bestand aus etwa 2*106
Gitterzellen.
Abbildung 8-1: Wellenbildung IACC-Yacht (u=4.875 m/s, ϕ=20°, β=2°)
Angle of Incidence at 500 mm in front of windward wingposition (Upwind: heel=20°, leeway 2°)
-1
-0.8
-0.6
-0.4
-0.2
0
0.2
0.4
0.6
Wing Root 25% 50% 75% Wing Tip
AoA
(x) [
°]
AoA(x) incl. FSAoA(x) without FS
Abbildung 8-2: Stromlinien und Anströmwinkel 500 mm vor den Wings
Abbildung 8-1 und Abbildung 8-2 zeigen das Ergebnis der Simulation. Danach ändert sich der
lokale Anströmwinkel der Wings nur geringfügig, die Änderung im Vergleich zur Simulation
ohne freie Wasseroberfläche ist gering. Andererseits ergaben sich als optimale Anstellwinkel
grundsätzlich sehr kleine Werte, so dass die Winkeländerung durch die freie Wasseroberfläche
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
durchaus einen gravierenden Einfluss hatte. So zeigte sich, dass die örtlichen Anströmwinkel
gegenüber der Horizontalen ohne freie Wasseroberfläche im Bereich von etwa +0.5° bewegte,
während unter Berücksichtigung der freien Wasseroberfläche sich etwa doppelt so große Werte
mit negativem Vorzeichen einstellten. In der Praxis begegnet man diesem Problem, in dem die
geometrischen Anstellwinkel der Wings, die sich aus einer Optimierung ohne freie Wasserober-
fläche ergeben, um einen Offset korrigiert werden, der sich aus der Differenz des Anströmwinkel
mit/ohne freie Wasseroberfläche ergibt.
8.2 Widerstandsprognose
Eine genaue Vorhersage des Widerstandes von Yachten auf der Basis von RAN-
SE−Simulationen ist eine besondere Herausforderung für den Strömungsmechaniker. Neben den
allgemeinen Schwierigkeiten der Strömungssimulation mit freien Wasseroberflächen kommt hier
hinzu, dass sich die Yacht unter Segeln nennenswert vertrimmt und absenkt. Für ein genaues
Simulationsergebnis muss diese Schwimmlagenänderung berücksichtigt werden. Dies wird ge-
löst, in dem das gesamte Gitter mit Strömungskörper in einer Bewegungssimulation bei örtlich
konstanter Wasseroberfläche bewegt wird. Dies führt zu einer weiteren Steigerung der notwen-
digen Rechenleistung und macht derartige Simulationen besonders aufwändig.
An unserem Institut wird aktuell an einer Analyse der Segeleigenschaften des letzen AC–
Gewinners Alinghi gearbeitet. Dazu wurde zunächst aus öffentlich zugänglichen Quellen eine
Reproduktion der Linien der Yacht entwickelt und einer Vermessung unterzogen.
Abbildung 8-3: Reproduktion des Linienrisses der Alinghi
Der Linienriss zeigt die charakteristische Trapezspantform und den hochgezogenen Bug.
Die Strömungsanalyse des Rumpfes erfolgte mit RANSE-Verfahren unter Berücksichtigung der
freien Wasseroberfläche und in einzelnen Rechenfällen mit dynamischem Trimm und Absen-
kung. Es wurden Tetraedergitter verwendet, wobei die wandnahen Regionen des Rumpfes und
der Anhänge mit Prismenschichten aufgelöst wurden. Auch die freie Wasseroberfläche wurde
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
mit Prismenschichten belegt. Das Diskretisierungsgitter des Rechenmodells besteht aus etwa
1.8*106 Gitterzellen.
Die Ergebnisse der Strömungssimulation lagen zum Zeitpunkt der Berichtserstellung noch nicht
vor, werden aber auf dem Symposium gezeigt werden.
Abbildung 8-4: Spantriss und Diskretisierungsgitter Alinghi
9 Downwind-Segel
Moderne Spinnaker und Gennaker werden heute oft mit Hilfe von Windkanaluntersuchungen
entwickelt. So wurde die neueste Version der Gradient Gennaker der North Sails Inc. im Twist-
Flow-Windkanal optimiert. Strömungssimulationen in diesem Bereich sind nur begrenzt ergeb-
nissicher. Dafür gibt es im wesentlichen zwei Gründe: zum einen ist die Umströmung von Spin-
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
nakern besonders komplex, da große Bereiche mit Strömungsablösungen auftreten. Zum zweiten
wird ein Segel im Windkanal von einem Segeltrimmer getrimmt, um den Trimm, d.h. den Flying
Shape mit den besten Vortriebskoeffizienten zu ermitteln. Dies ist in der Strömungssimulation
mit seinen als starr angenommen Geometrien nicht möglich (es sind einige Ansätze der North
Performance Research Group bekannt, die dieses Problem mit einer kombinierten Festkörper-
Strömungssimulation lösen).
RANSE−Simulationen bieten im Vergleich zum Windkanalversuch einige Vorteile: Skalie-
rungseffekte durch zu kleine Reynoldssche Zahlen im Windkanal können vermieden werden und
die beim Segeln auftretende getwistete Anströmung lässt sich in der RANSE-Simulation prob-
lemlos berücksichtigen. Auch Krängung lässt sich einfach simulieren.
Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde an unserem Institut der Toppspinnaker einer VOR−Yacht
mit RANSE-Verfahren untersucht. Bei dem Diskretisierungsgitter handelt es sich um ein Tetra-
eder−Gitter mit ca. 1.5*106 Gitterzellen. Turbulenz wurde mit dem k-ω-Modell berücksichtigt.
Abbildung 9-1: Stromlinien um Toppspinnaker VOR Yacht
Das Problem des fehlenden Segeltrimms wurde zumindest näherungsweise umgangen: Das
Schoten des Achterholers wurde durch Drehen des Gennaker um die Mastachse berücksichtigt.
Für jede Achterholerposition wurden mehrere scheinbare Windeinfallswinkel simuliert. Es wur-
de angenommen, dass der Anstellwinkel mit maximalem Vortriebskoeffizienten dem Ergebnis
entspricht, das in einem Windkanal erzielt würde.
Trotz dieser rudimentären Trimmberücksichtigung und trotz des für großvolumige Ablösungen
wenig geeigneten Turbulenzmodells ist die Übereinstimmung mit Windkanalergebnissen gut.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
Abbildung 9-2: Vortriebskoeffizient cx VOR−Gennaker
Abbildung 9-2 zeigt, dass im untersuchten Windeinfallswinkel-Bereich zwischen 50° und 70°
die Abweichung des in der Simulation ermittelten Vortriebskoeffizienten von dem entsprechen-
den Windkanal-Ergebnis kleiner ist als die Unterschiede, die sich ergeben, wenn das gleiche Se-
gel in zwei verschiedenen Windkanälen getestet wird (hier Twist-Flow-Windkanal in Auckland
und Windkanal der TUHH).
Die Untersuchung von Gennakern mit RANSE−Verfahren steht noch am Anfang und wird fort-
gesetzt. Zielsetzung ist es dabei, den gesamten Windeinfallwinkel-Bereich, bei dem Gennaker
eingesetzt werden, mittels RANSE−Simulation abzudecken. Weitere Entwicklungen beziehen
sich auf die Berücksichtigung der Verformung des Gennakers und auf eine Integration der Opti-
mierung des Vortriebskoeffizienten durch Trimmen.
10 Segeldesign
AVPP ist ein neues Geschwindigkeitsprognoseprogramm, das neben der Untersuchung und Op-
timierung von Yachtrümpfen und –anhängen ein CFD–basiertes Segelmodell enthält. Mit ihm
werden die aerodynamischen Kräfte mit einem Vortex Lattice Grid (VLG) Berechnungsansatz
bestimmt. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass nicht nur Segelkräfte ohne Zuhilfenahme
von Modellversuchsergebnissen abgeschätzt werden können, sondern insbesondere, dass die
tatsächliche Formgebung der Segel berücksichtigt wird. Verfahrensbedingt ist der Berechnungs-
ansatz auf nicht abgelöste Strömungen, d.h. primär Am–Wind–Segelzustände beschränkt.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
In AVPP wird jedes Segel durch eine Reihe von Profilen definiert, die mit Profillänge, Profiltie-
fe, Dickerücklage usw. spezifiziert werden. Zusätzlich kann der Anstellwinkel und der Twist-
winkel jedes Segel vorgegeben oder optimiert werden, was in etwa dem Trimmen des Segels auf
dem Wasser entspricht. Die Definition der Segel erfolgt interaktiv, Abbildung 10-1.
Abbildung 10-1: AVPP interaktive Segeldefinition
Neben der Formgebung berücksichtigt AVPP getwistete Anströmung. Viskose Effekte werden
näherungsweise erfasst.
Mit AVPP ist es möglich, ein Segeldesign zu optimieren. Es unterstützt damit den Segeldesigner.
Die Optimierungsmöglichkeiten sollen hier an zwei Beispielen gezeigt werden.
Profiltiefe: Profiltiefe hat einen linearen Einfluss auf den Auftrieb und damit einen quadratischen
auf den induzierten Widerstand. Theoretisch hat sie damit im Optimum–Trimm keinen Einfluss
auf die Geschwindigkeit, wenn Profiltiefenänderungen durch Änderungen des Travellerwinkels
kombiniert werden (in der Praxis gilt dies wegen der Flexibilität des Segeltuchs und des Human-
Factors nur näherungsweise). Geschwindigkeitsunterschiede durch Profiltiefenänderungen wer-
den primär durch eine longitudinale Verschiebung des Segeldruckpunktes, verbunden mit ent-
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
sprechenden Ruderlagenänderungen, verursacht. Abbildung 10-2 zeigt Time Allowance einer
IACC–Yacht je nautischer Meile am Wind (TWA=35°) bei einer Windgeschwindigkeit von 12
Kn. Das Ergebnis dieser noch rudimentären Studie ist, dass die Profiltiefe des Großsegels etwa
doppelt so groß sein sollte, wie die der Genau. Dabei ist zu berücksichtigen, dass IACC-Yachten
grundsätzlich sehr kleine Profiltiefen von 5% bis 10% aufweisen.
402
404
406
408
410
412
414
416
TA[s/nm]
1
TA(jib=0.05,main=0.05)
TA(jib=0.06,main=0.06)
TA(jib=0.1,main=0.1)
TA(jib=0.05,main=0.1)
TA(jib=0.1,main=0.05)
Abbildung 10-2: Einfluss der Profiltiefe der Segel auf die Geschwindigkeit
Abstand des Segels vom Deck: Durch Aufliegen des Unterlieks an Deck wird der Druckaus-
gleich zwischen Luv- und Leeseite verhindert. Auch ein vorhandener aber kleiner Spalt zwischen
Unterliek und Deck hat diesen Effekt, wenn auch nur partiell. In AVPP wird ein Spalt zwischen
Deck und Unterliek (auch ein Spalt der Höhe 0) durch Spiegelung des Segels an der Deckebene
modelliert, Abbildung 10-3. Abbildung 10-4 zeigt Time Allowance der IACC–Yacht je nauti-
scher Meile am Wind (TWA=35°) bei einer Windgeschwindigkeit von 14 Kn. Variiert wurde
hier der Spalt zwischen Genua und Deck. Bereits ein Spalt von 200 mm erhöht die Zeit für das
Zurücklegen einer nautischen Meile um etwa 3s, ein Wert, der beispielsweise nur durch intensi-
ves Optimieren von Anhängen erreicht wird.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
394.0
394.5
395.0
395.5
396.0
396.5
397.0
397.5
398.0
TA[s/nm]
1
Spalt = 0 m
Spalt = 0.05 m
Spalt = 0.1 m
Spalt =0.15 m
Spalt = 0.2 m
Abbildung 10-3: Spiegelung der Segel an der Deckebene Abbildung 10-4: Einfluss des Unterliekspaltes auf die Geschwindigkeit
AVPP lässt eine so umfangreiche Parameterstudie des Segeldesigns zu, dass ein vollständiger
Bericht darüber den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen würde. Mit relativ geringem Aufwand ist
es jedoch möglich, für jeden Yachttyp und unter Berücksichtigung aller Randbedingungen wie
Windstärke und Crewgewicht individuell optimierte Segel zu entwickeln. In Zusammenarbeit
mit einem Kieler Segelmacher wird zu Zeit an ersten Prototypsegeln gearbeitet, die mittels
AVPP optimiert wurden.
11 Schlussbemerkung
In diesem Vortrag/Aufsatz werden Strömungssimulations- und Geschwindigkeitsprognosever-
fahren mit Beispielen für ihren Einsatz bei der Entwicklung von Rennyachten beschrieben.
CFD–Verfahren befinden sich allgemein in einer stürmischen Entwicklung. Ihre Anwendungsbe-
reiche werden immer weiter gefächert und ihr Einsatz im Yachtdesign immer selbstverständli-
cher werden. Nicht zuletzt durch die bekannten Steigerungen in verfügbarer Rechenleistung
werden sowohl CFD– als auch VPP–Methoden immer genauer. Dies ist die Ursache dafür, dass
die Entwicklung selbst in den Bereichen nicht stehen bleibt, in denen schon seit Jahren Hoch-
technologie zum Einsatz kommt, etwa beim Design von IACC–Yachten.
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
Zukünftige Entwicklungen an unserem Institut fokussieren auf der Verbesserung sowohl der
VPP– als auch der CFD–Methoden. Das VLG–Segelmodell in AVPP soll um eine Komponenten
ergänzt werden, die Flexibilität und Dehnung von Segeln und Rigg berücksichtigt. Bei den
CFD–Verfahren werden die Algorithmen zur Berechnung von Strömungen mit freier Oberfläche
und Berücksichtigung von Trimm und Absenkung laufend verbessert. Hinsichtlich der Berück-
sichtigung turbulenter Phänomene wird an der Entwicklung von Verfahren gearbeitet, die in ei-
nem RANSE–Verfahren die Berücksichtigung laminar-turbulenter Transientenströmungen
zulässt.
Methoden und Werkzeuge wie hier vorgestellt hängen in besonderer Weise davon ab, in Segel-
sportkampagnen eingesetzt zu werden, die für ein hohes technologisches Niveau stehen. Das
Institut für Schiffbau der FH Kiel strebt daher an, Kooperationen mit Yachtdesignern und De-
sign-Teams von Sportkampagnen, die im VOR, AC oder anderen professionellen Regattaserien
konkurrieren, einzugehen, um seine Verfahren zweckdienlich anzuwenden und weiterzuentwi-
ckeln.
12 Schrifttum
Newmann, J.N. (1977): Marine Hydrodynamics, MIT Press, Cambridge
Fletcher, C.A.J. (1991): Computational Techniques for Fluid Dynamics, Springer Verlag, Berlin
White, F.M. (1974): Viscous Fluid Flow, McGraw-Hill, New York
Claugthon, A., Wellicome, J.F., Shenoi, R.A. (1998): Sailing Yacht Design, Vol. 1, Addison
Wesley Longman, Essex
Graf, K. (1996): Bewertung der Fahrtleistung von Segelyachten, 17. Symposium Yachtentwurf
und Yachtbau, Deutscher Boots- und Schiffbauer-Verband, Hamburg
Graf, K. and Wolf, E. (2002): CFD Investigations and Design Integration for IACC Yachts,
Proc. High Performance Yachting Conference, Auckland/NZ, Dec. 2002
Muzaferija, S. and Peric, M. (1999): Computation of free surface flows using interface tracking
and interface capturing methods, Computational Mechanics Publications , WIT Press, South-
ampton
Strömungssimulation und Geschwindigkeitsprognose für Segelyachten FH Kiel / YRU
Graf, K.(2003): AVPP / A New Velocity Prediction Program for Sailing Yachts, YRU-Kiel, un-
veröffentlicht