Wie wir ticken.
Zeit, Gefühl und Kognition.
Marc Wittmann
Ars Vivendi – Die Kunst zu leben
Vom bewussten Umgang mit begrenzter Zeit
5. April 2014
Agenda
(1) Vom-nicht-Warten-können / von der Hetze des Alltags
Bedeutung des Zeiterlebens im Alltag
Kulturkritik: Dominanz der Zukunftsperspektive
(2) „Wie entsteht unser Gefühl für Zeit?“
Rätsel der subjektiven Zeit
psychologisch-neurowissenschaftliche Antworten
Aufmerksamkeit, Gedächtnis
Emotion, Körpergefühl
(3) Warum die Zeit so schnell vergeht
„Ich habe keine Zeit“ – Aspekte der Temporegulation
Philosophisch: St. Augustinus (Book 11, Confessions):
In te, animus meus, tempora metior […] ipsam metior, cum tempora metior.
Martin Heidegger (Der Begriff der Zeit: Vortrag Marburg 1924):
In Dir, mein Geist, messe ich die Zeiten, Dich messe ich, so ich die Zeit messe. [...] Mein
Mich-Befinden selbst messe ich, wenn ich die Zeit messe
Psychologisch: Wenn ich subjektive Zeit einschätze, „messe” ich mich:
Stimmungen, Denken, Erinnerungen, Persönlichkeit
Subjektive Zeit stellt den mentalen Status des Betrachters dar
keinen physikalischer Reiz – kein sensorisches Organ
Zeitbewusstsein stellt eine Konstruktion dar
„Was ist die Zeit?”
(1) Zeitliche Prozesse des Gehirns steuern
Wahrnehmung und Handlung (“Timing”):
- Synchronisation: Handlung – Ereignis
(2) Zeit als subjektive Erfahrung: Schlüssel zum
Verständnis von Denken und Fühlen
- Langeweile vs. Zeitdruck
Zwei Arten von Zeitverarbeitung
„Timing“ innerer Uhren: circadiane Rhythmen
Shub et al. 1997 Valdez et al. 2008
Reaktionszeiten Aufmerksamkeit
Echte biologische Uhren, die Physiologie, Verhalten und Erleben steuern
→ Schule: Wann Kernfächer abhalten?
Normalverteilung der Chronotypen:
> 50.000 Menschen
Früh- vs. Spättypen sind in ihren
natürlichen Einschlaf- und
Aufwachzeiten phasenverschoben
Individuelle Unterschiede für zeitliche
Optima in Leistungsfähigkeit
→ Arbeit: Anpassung an Chronotypen
Till Roenneberg, München
Diskrepanz innere biologische Uhr vs. soziale Zeit: Sozialer Jetlag
Wittmann et al. 2007
Bsp.
Natürliche Aufwachzeit: 9 Uhr
Soziale Aufwachzeit: 7 Uhr
Innere Uhr erlaubt keine frühere
Einschlafzeit
Akkumulation von 2 Stunden
Schlafdefizit pro Tag
= sozialer Jetlag
→ Erhöhter Koffeingenuss (Aufwachhilfe) → Erhöhter Alkoholgenuss (Einschlafhilfe) → Vermehrt Schlafschwierigkeiten → Erhöhte depressive Verstimmung
Diskrepanz Eigenzeit vs. soziale Zeit
Prinzip De-synchronisierung
Klinisch-psychologisch:
Viele Störungsbilder erklärbar als „Desynchronisierung oder partielle
Entkoppelung von Organismus und Umwelt bzw. von innerer und
äußerer Zeit“ (Thomas Fuchs, Heidelberg)
Alltag:
Zeitlich de-sychronisiert: Meine innere Geschwindigkeit passt nicht zur
vorgegeben äußeren Geschwindigkeit
Alltägliche Belastungsreaktionen / Unbehagen in unserer Kultur
Wann bemerken wir die Zeit?
Im erlebten Moment:
• Wartezeit: an der Kasse im Supermarkt , im Stau, …
• Wie lange dauert das Laden der Software?
• Pause beim Sprecherwechsel
• Warten aufs Essen im Restaurant : Toleranz der Wartezeit
Kulturunterschiede
Im Rückblick:
• Arbeitstag
• Lebenszeit
Zeiterfahrung = Fehlersignal: etwas dauert
“zu kurz” oder “zu lang”
Erleben der Beschleunigung gesellschaftlicher Vorgänge (Hartmut Rosa, Jena)
Alle technischen und sozialen Vorgänge laufen schneller ab:
- Information: 10 Sekunden Download von Artikel vs. Bibliothek
- Kommunikation: „Warten auf E-Mail-Antwort“ vs. Brief
- Verkehr: „Eine Tagesreise entfernt“ (nicht nur Zeit, auch Raum verschwindet)
Beschleunigte Vorgänge Erleben von Termindruck Anpassungsreaktion
- Beschleunigung von Handlungen (Gehen, Schreiben, Essen, …)
- Verkürzung von Pausenzeiten (Kaffeepause entfällt)
- Multi-tasking (Essen und Fernsehen, Telefonieren und E-Mail schreiben)
- Ersetzen von langsamen Handlungen (anstatt Kochen Gefrierpizza in Mikrowelle)
Psychologisch: Gewöhnung an kurze Wartezeiten / Verlernen zu warten
„Vormals kurze Wartezeiten sind uns heute zu lang“
These
Die allseits thematisierten Probleme im Umgang mit der Zeit
resultieren aus
- Dominanz der Zukunftsorientierung
- Verlust von Gegenwartskultur
Zukunftsorientierung
Norbert Elias (Über die Zeit. Suhrkamp)
Funktion der Uhrzeit:
Synchronisierung von Individuen zur effektiven Zusammenarbeit
„... in der Praxis menschlicher Gesellschaften […] ist »Zeit« ein Regulierungsmechanismus
von zwingender Kraft, wie man sofort bemerkt, wenn man sich zu einer wichtigen
Verabredung verspätet“
Uhrzeit ermöglicht minutengenaue Zukunftsplanung
Dominanz Zukunftsorientierung
Erziehung: gröβere Gratifikation SPÄTER wichtiger als kleine Gratifikation JETZT
- “Zuerst Hausarbeiten machen, dann Spielen”
- Party heute oder Lernen für zukünftige Karriere?
Sozialkompetenz: Gratifikationsaufschub
Zukunftsorientierung:
Planen/Sicherheit
Lernen/Kompetenz
Entwicklung/Wohlstand
Kulturkritik: Dominanz Zukunftsorientierung
Leben/Erleben nur im „Jetzt“: Eigenzeit
→ Balance der Zeitperspektiven
„Zeitfreiheit“ = Wer nicht dominant gebunden ist an
Vergangenheit: „nicht loslassen können“
Gegenwart: „impulsivem Verlangen ausgeliefert “
Zukunft: „reine Termin- und Zielorientierung“
Wie entsteht das Gefühl von Zeitdauer?
Psychologische, neurowissenschaftliche und
erfahrungsweltlich-literarische Erkenntnisse
„Das Rätsel der subjektiven Zeit“
Psychologische Modelle der Zeitwahrnehmung
Prospektive Zeitperspektive (im Moment erlebend):
→ Aufmerksamkeit auf Zeit vs. Ablenkung von Zeit
Retrospektive Zeitperspektive (in der Rückschau):
→ Gedächtnisinhalte / Menge an abwechslungsreichen Erlebnissen
1. Prospektiv: Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit: Achte ich auf die Zeit, oder nicht?
Anzahl der Zeitgeber-Impulse im Akkumulator = subjektive Dauer
→ Zunahme an subjektiver Dauer durch
1. Aufmerksamkeit
Zeitgeber Akkumulator Schalter
Aufmerksamkeit
Die Zeit
Es gibt ein sehr probates Mittel,
die Zeit zu halten am Schlawittel:
Man nimmt die Taschenuhr zur Hand
und folgt dem Zeiger unverwandt.
Sie geht so langsam dann, so brav
als wie ein wohlgezogenes Schaf,
setzt Fuß vor Fuß so voll Manier
als wie ein Fräulein von Saint-Cyr.
Jedoch verträumst du dich ein Weilchen,
so rückt das züchtigliche Veilchen
mit Beinen wie der Vogel Strauß
und heimlich wie ein Puma aus.
Und wieder siehst du auf sie nieder;
Ha, Elende! – Doch was ist das?
Unschuldig lächelnd macht sie wieder
Die zierlichsten Sekunden-Pas.
Christian Morgenstern
Aufmerksamkeit: Achte ich auf die Zeit, oder nicht?
→ Zunahme an subjektiver Dauer durch
1. erhöhte Aufmerksamkeit
2. erhöhtes körperliches Erregungsniveau
Zeitgeber Akkumulator Schalter
Aufmerksamkeit Körperl. Erregung
Langweile: Konzentration auf Zeit
Evagrius Ponticus (3. Jahrhundert): Aufmerksamkeit und Erregung
„Die Sonne scheint dem der Akedia* verfallenen Mönch stillzustehen, der Tag
kommt ihm unendlich lang vor. Er wird von dem Dämon getrieben, aus der
Behausung zu gehen, die Sonne anzustarren und ihren Stand zu prüfen. Hass
gegen seinen Aufenthaltsort, gegen sein Leben und seiner Hände Arbeit
überkommt ihn [...] und schließlich setzt der Dämon alle Mittel ein, den Mönch
zur Flucht zu bewegen.“
*Akedia: Langeweile, Überdruss / spirituelle Lethargie bei Eremiten
2. Retrospektiv: Erinnerung / Gedächtnis
Wie die Zeit vergeht: Rückschau auf Tage und Wochen
Dies ist der Zweck des Orts- und Luftwechsels, der Badereise, die Erholsamkeit
der Abwechslung und der Episode. Die ersten Tage an einem neuen Aufenthalt
haben jugendliche, das heißt starken und breiten Gang, - es sind etwa sechs bis
acht. Dann, in dem Maße, wie man »sich einlebt«, macht sich allmählich
Verkürzung bemerkbar: wer am Leben hängt oder, besser gesagt, sich ans
Leben hängen möchte, mag mit Grauen gewahren, wie die Tage wieder leicht zu
werden und zu huschen beginnen; und die letzte Woche, etwa von vieren, hat
unheimliche Rapidität und Flüchtigkeit.
Vgl. empirische Studie: retrospektives Zeiturteil
- 41 israelische Urlauber: Tage verkürzten sich subjektiv mit zunehmender Urlaubsdauer
- Zeit vergeht schneller in Berufen mit Routinevorgängen Avni-Babad & Ritov (2003) Journal of Experimental Psychology
Neuartige Erlebnisse → vielfältige Gedächtnisinhalte → Zeitdehnung
Bekanntes/Routine → weniger Gedächtnisinhalte → Zeitverlust
Zeitparadox
Momentane Zeitwahrnehmung:
Aufmerksamkeit auf Zeit vs.
Ablenkung von Zeit
Wartezeit/Langeweile:
Zeit vergeht langsam/ Zeitdauer lang
Unterhaltung/Ablenkung:
Zeit vergeht schnell/ Zeitdauer kurz
Retrospektive Zeitwahrnehmung:
Erinnerungen:
- Neuartigkeit der Erlebnisse
- Intensität der Erlebnisse
Zeitdauer ist kurz
Zeitdauer ist lang
Rückschau aufs Leben: Wie die Lebenszeit vergeht
Gewöhnung ist das Einschlafen oder doch ein Mattwerden des Zeitsinnes, und
wenn die Jugendjahre langsam erlebt werden, das spätere Leben aber immer
hurtiger abläuft und hineilt, so muß auch das auf Gewöhnung beruhen.
Wir wissen wohl, dass die Einschaltung von Um- auf Neugewöhnungen das
einzige Mittel ist, unser Leben zu halten, unseren Zeitsinn aufzufrischen, eine
Verjüngung, Verstärkung, Verlangsamung unseres Zeiterlebnisses und damit
die Erneuerung unseres Lebensgefühls überhaupt zu erzielen.
Gewöhnung/Routine:
Entwicklungspsychologisch:
Vgl. 12 – 16 Jahre vs. 42 – 46 Jahre
Zunahme an Monotonie → weniger Gedächtnisinhalte → Verkürzung der Zeit
Wie die Lebenszeit vergeht: Jahrzehnte
0-12 13-19 20-29 30-39
Life Periods (ys.)
-2
-1
0
1
2
Su
bje
cti
ve
Sp
ee
d o
f T
ime
How fast did the last 10 years passfor you?
14-19
20-29
30-39
40-49
50-59
60-69
70-79
80-94
Age Category (ys.)
-2
-1
0
1
2
Su
bje
cti
ve
Sp
ee
d o
f T
ime
Menschen > 40 Jahre im Rückblick
auf die eigenen Lebensalter Wie schnell vergingen die letzten 10 Jahre
für Menschen verschiedener Lebensalter?
Wittmann & Lehnhoff (2005) Psychological Reports
Mechanismen der Zeitwahrnehmung
Retrospektiv: Erinnerungsdichte / Intensität der Erlebnisse
Prospektiv/ Verlauf der Zeit jetzt: Aufmerksamkeit auf Zeit
„Was ist die Zeit?“
Worauf richten wir die Aufmerksamkeit, wenn wir auf die Zeit achten?
Rätsel Zeit
Wie entsteht das Gefühl des Zeitverlaufs?
im Sekunden- bis Minutenbereich
Experiment mit
funktioneller Magneto-Resonanz-Tomographie (fMRT)
Hypothese: Körperwahrnehmung, Emotionen Zeiterleben
9 s - Intervall
0
0.15
0.3
0.45
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22
duration [sec]
RO
I acti
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on
0
0.15
0.3
0.45
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22
duration [sec]
RO
I acti
vati
on
p Ins p Ins
z = 14
R L
L p Ins, ST
R p Ins, ST
Tondauer *
p Ins: posteriorer insularer Kortex
Wittmann et al. (2010) Neuropsychologia
18 s - Intervall
-0.15
0
0.15
0.3
0.45
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30
duration [sec]
RO
I ac
tiva
tio
n
z = 14
p Ins p Ins
R L
-0.1
0.05
0.2
0.35
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30
duration [sec]
RO
I ac
tiva
tio
n
L p Ins
R p Ins
* Tondauer
Wittmann et al. (2010) Neuropsychologia
“Insel”: Aufnahme von Körpersignalen
(1) Repräsentiert physiologische Zustände des Körpers
- Körpersignale: Herz, Lunge, Darm
- Regulation von physiologischen Bedürfnissen:
Durst, Hunger, Temperatur, Schmerz Handlung
(2) “Interpretation” physiologischer Zustände: - Basis für komplexe menschliche Gefühle (Antonio Damasio)
Studien zur Funktion der Insel:
- Emotionen: Angst, Empathie, Freude…
- Komplexe Entscheidungen (“aus dem Bauch heraus”)
- Musikwahrnehmung (zeitliche Struktur, Emotionen)
- Meditation (Konzentration auf das ‘Jetzt’ und das Atmen)
Die Insel und die Repräsentation von Dauer
Körpersignale Repräsentation von Dauer
Zeit wird nicht in der Welt ausserhalb unseres Selbst wahrgenommen
sondern durch uns selbst, durch unsere Körperwahrnehmung
Hl. Augustinus /Heidegger:
In Dir mein Geist messe ich die Zeit […] ich messe mich selbst, wenn ich Zeit messe.
Was ist die Zeit? Zeit ist das körperliche und gefühlte Selbst.
Zeitgeber Körperzustände
Akkumulator Insula
Zeitwahrnehmung als Körperwahrnehmung
Verlangsamung der Zeitverlaufes / Überschätzung von Zeitdauer
1. Aufmerksamkeit auf Körperprozesse
2. Erhöhte körperliche/emotionale Erregung
Zeitgeber Körperzustände
Akkumulator Insula
Schalter
Aufmerksamkeit Körperl. Erregung
- Ereignisse mit emotionalem Gehalt werden zeitlich überschätzt
- Patienten mit Depression fühlen einen verlangsamten Zeitverlauf / überschätzen Dauer
- Bei Fieber wird Dauer länger eingeschätzt
- Meditation: Konzentration auf Körperprozesse Zeitverlauf verlangsamt
- Personen mit besserer Wahrnehmung des Herzschlages schätzen Zeit genauer
Emotionen, Körper & Zeitwahrnehmung
Zeit & Physiologische Erregung
Erregung hoch Erregung niedrig
Zeit langsam
Zeit schnell
Kim & Zauberman 2012
Was ist die subjektive Zeit?
Momentaner Zeitverlauf:
Präsenzzeit = Körperzeit = Gefühlszeit
Retrospektiv:
Erinnerungen = Lebenszeit = Erlebniszeit
Erlebtes Tempo: Beschleunigung vs. Zeitdehnung
Momentaner Zeitverlauf:
Beschleunigung:
Zukunftsorientierung = keine gefühlte Präsenz
Zeitdehnung:
Präsenzorientierung = sinnliche Erfahrung „hier und jetzt“
Retrospektiv:
Beschleunigung:
Flüchtige Erfahrungen wenig Erinnerungen
Zeitdehnung:
Intensive, mannigfaltige Erfahrungen viele Erinnerungen
Beschleunigung
Prospektiv
„immer schneller immer mehr gleichzeitig“ (Multitasking)
schnelle Aufmerksamkeitswechsel = nichts mehr richtig und vertieft
Fehlende Präsenzerfahrung
Retrospektiv
nichts mehr richtig und vertieft weniger Erinnerungsdichte
„Zeit vergeht zu schnell“
Zukunftserleben: Beschleunigung
„Orientiert man sich ausschließlich am Ziel, so ist das räumliche Intervall bis
zum Zeitpunkt nur noch ein Hindernis, das möglichst schnell zu überwinden ist.
Die reine Zielorientierung nimmt dem Zwischenraum jede Bedeutung. Sie
entleert ihn zu einem Korridor, dem jeder Eigenwert fehlt.
Die Beschleunigung ist der Versuch, die Zwischenzeit, die für die Überwindung
des Zwischenraumes notwendig ist, ganz zum Verschwinden zu bringen“
Byung-Chul Han (2009). Duft der Zeit. Ein philosophischer Essay zur Kunst des Verweilens. Bielefeld:
Transkript-Verlag
Ziel Jetzt
Reine Zielorientierung zerstört Jetzt- und Ich-Erleben
Meditation & Achtsamkeit
Verstärkte Wahrnehmung von Körperprozessen in der Praxis
Erhöhte Achtsamkeit im „Hier und Jetzt“ auch im Alltag
Jon Kabat-Zinn:
Der Weg, um die gefühlte Zeit langsamer ablaufen zu lassen, ist die gewöhnlichen
Momente im Leben genauer zu betrachten, achtsamer zu bemerken und mit Bedeutung
anzureichern.
[…] die kleinsten Momente werden zu veritablen Meilensteinen
[…] Deine Zeiterfahrung und das Tempo des Lebens werden langsamer.
Jetzt-Erleben: Zeitdehnung
Zukunftserleben: Beschleunigung
Prospektiv
Gesteigerte Aufmerksamkeit auf das eigene Erleben
Verstärkte Präsenzerfahrung
Vertiefte Erfahrung größere Erinnerungsdichte
„Zeit vergeht langsam“
Retrospektiv
Ich im Jetzt bin die Zeit Ich-Bewusstsein = Zeit-Bewusstsein
„Ich habe keine Zeit“
Jean Gebser (1905 – 1973): „Ich habe keine Zeit … Der es sagt würde
erschrecken, realisierte er, dass er in dem gleichen Augenblicke auch sagt: »Ich
habe keine Seele« und »Ich habe kein Leben«!“
„Ich habe keine Zeit“ bedeutet:
Jetzt: Kein intensiv erlebtes ICH-Erleben in der Gegenwart
Im Rückblick: die Zeit (= das Leben) ist schnell vergangen
„Zeit haben jetzt“ = Bewusstes Erleben meiner selbst
„Keine Zeit haben“ = kein Erleben meiner selbst (Seelenlosigkeit)