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Steuer-Luchs Sind 6% Steuerzinsen noch angemessen? Es ist schon fraglich, ob es in Zeiten von dauerhaften Niedrigzinsen und Strafzinsen noch angemessen ist, den Zinssatz für Steuernachzahlungen und Steuererstattungen unverändert zu lassen. Der Steuerzinssatz beträgt seit über 50 Jahren 0,5 % pro Monat also 6 % pro Jahr. Dabei beginnt der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Im Jahr 2014 hat der Bundesfinanzhof schon einmal über die Höhe des gesetzlichen Zins- satzes geurteilt. Damals bezogen sich die Zinsen auf den Zeitraum 11.11.2004 bis 21.03.2011. Für diesen Zinszeitraum hatten die Karlsruher Richter für die Zinshöhe von 6 % keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nun unterstützt der Bund der Steuerzahler ein neues Musterverfahren gegen die hohen Steuerzinsen. Es geht um ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen, das gegen die Steuerbe- scheide 2010 und 2011 klagt. Das Finanzamt setzte die endgültige Steuer 2010 erst im Ja- nuar 2016 fest und für die Steuererklärung 2011 benötigte das Finanzamt auch mehr als 10 Monate zur Bearbeitung. Somit fielen in beiden Fällen hohe Zinsen an. Zu berücksichtigen ist, dass in beiden Fällen die Kläger die lange Bearbeitungszeit nicht verschuldet haben. Die Klage ist beim Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 10 K 2472/16 E anhängig. TIPP: In ähnlich gelagerten Fällen können Sie Einspruch einlegen und unter Zugrundelegung der obigen anhängigen Klage das Ruhen des Verfahrens beantragen. Zudem können Sie auf ein anhängiges Verfahren beim Bundesfinanzhof verweisen. Unter dem Aktenzeichen I R 77/15 hat der Bundesfinanzhof die Frage zu klären, ob der gesetzliche Zinssatz verfassungswidrig ist. Die Vorinstanz, das Finanzgericht Thüringen hat 2015 entschieden, dass gegen die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes, bezogen auf den entscheidungserheblichen Zeitraum 01.04.2006 bis 21.11.2011 keine verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Es bleibt also spannend, der Steuerluchs wird Sie auf dem Laufenden halten.

Sind 6% Steuerzinsen noch angemessen?

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Steuer-Luchs

Sind 6% Steuerzinsen noch

angemessen?

Es ist schon fraglich, ob es in Zeiten von dauerhaften Niedrigzinsen und Strafzinsen noch

angemessen ist, den Zinssatz für Steuernachzahlungen und Steuererstattungen unverändert

zu lassen. Der Steuerzinssatz beträgt seit über 50 Jahren 0,5 % pro Monat – also 6 % pro

Jahr. Dabei beginnt der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die

Steuer entstanden ist.

Im Jahr 2014 hat der Bundesfinanzhof schon einmal über die Höhe des gesetzlichen Zins-

satzes geurteilt. Damals bezogen sich die Zinsen auf den Zeitraum 11.11.2004 bis

21.03.2011. Für diesen Zinszeitraum hatten die Karlsruher Richter für die Zinshöhe von 6 %

keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Nun unterstützt der Bund der Steuerzahler ein neues Musterverfahren gegen die hohen

Steuerzinsen. Es geht um ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen, das gegen die Steuerbe-

scheide 2010 und 2011 klagt. Das Finanzamt setzte die endgültige Steuer 2010 erst im Ja-

nuar 2016 fest und für die Steuererklärung 2011 benötigte das Finanzamt auch mehr als 10

Monate zur Bearbeitung. Somit fielen in beiden Fällen hohe Zinsen an. Zu berücksichtigen

ist, dass in beiden Fällen die Kläger die lange Bearbeitungszeit nicht verschuldet haben. Die

Klage ist beim Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 10 K 2472/16 E anhängig.

TIPP:

In ähnlich gelagerten Fällen können Sie Einspruch einlegen und unter Zugrundelegung der

obigen anhängigen Klage das Ruhen des Verfahrens beantragen. Zudem können Sie auf ein

anhängiges Verfahren beim Bundesfinanzhof verweisen. Unter dem Aktenzeichen I R 77/15

hat der Bundesfinanzhof die Frage zu klären, ob der gesetzliche Zinssatz verfassungswidrig

ist. Die Vorinstanz, das Finanzgericht Thüringen hat 2015 entschieden, dass gegen die Höhe

des gesetzlichen Zinssatzes, bezogen auf den entscheidungserheblichen Zeitraum

01.04.2006 bis 21.11.2011 keine verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.

Es bleibt also spannend, der Steuerluchs wird Sie auf dem Laufenden halten.