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Der alte ahorn und die tanne - The old maple and the fir

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Der alte Ahorn und die Tanne The Old Maple and the Fir

Es war der Tag vor Weihnachten. In beiden Richtungen eilten die Leute mit vollgepackten Armen. Sie lachten und riefen sich im Gedränge der Menge einander zu. Über dem Weg streckten sich die langen Äste eines uralten Ahorns gegen den Himmel. Er schwankte und stöhnte als kräftige Winde seine Äste ergriffen und sie hinunter bogen. It was the day before Christmas. People rushed up and down the path carrying bundles in their arms or over their shoulders. They laughed and called to each other as they pushed their way through the crowds. Above the path, the long arms of an ancient maple tree reached upward to the sky. It swayed and moaned as strong winds grasped its branches and bent them toward the earth.

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Weiter unten ertönte ein hochmütiges Lachen, und eine anmutige Tanne streckte sich und putzte ihre dicken grünen Zweige, wobei ein feiner, schimmernder Schneeschauer auf den Boden fiel. „Man sollte meinen“, sagte die Tanne mit hoher, arroganter Stimme, „du könntest dich mehr anstrengen, still zu halten. Du siehst weiß Gott schlimm genug aus ohne die Blätter, die du schon verloren hast. Wenn du dich noch mehr bewegst, wirst du bald ganz kahl sein.“ Down below a haughty laugh sounded, and a lovely fir tree stretched and preened its thick green branches, sending a fine spray of snow shimmering downward to the ground. “I should think,” said the fir in a high smug voice, “that you’d try a little harder to stand still. Goodness knows you’re ugly enough with the leaves you’ve already lost. If you move around anymore, you’ll soon be quite bare.”

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“I know,” answered the old maple. “From here I can see the decorations shining on each street corner. And yesterday some men came and put the brightest, loveliest lights on every tree along the path—except me, of course.” He sighed softly, and a flake of snow melted in the form of a teardrop and ran down his gnarled trunk. “Oh, indeed! And did you expect they’d put lights upon you so your ugliness would stand out even more?” smirked the fir. “I guess you’re right,” replied the old maple in a sad voice. “If there were only somewhere I could hide until after the celebrations were over, but here I stand, the only ugly thing among all this beauty. If only they would come and chop me down,” he sighed sorrowfully. “Well, I don’t wish you any ill,” replied the fir, “but you are an eyesore. Perhaps it would be better for us all if they did come and chop you down.” Once again he stretched his lovely thick branches. “You might try to hang onto those three small leaves you still have. At least you wouldn’t be completely bare.”

„Ich weiß“, antwortete der alte Ahorn. „Von hier aus kann ich die Weihnachtsbeleuchtung an den Straßenecken sehen. Gestern kam sogar jemand und schmückte jeden Baum entlang des Weges mit den hellsten und schönsten Lichtern – außer mich natürlich.“ Er seufzte leicht, und eine Schneeflocke schmolz zu einer Träne und lief seinen knorrigen Stamm hinunter. „Ach, tatsächlich? Erwartetest du, sie würden Lichter an dich hängen, damit deine Hässlichkeit besser zum Ausdruck käme?”, grinste die Tanne. „Da hast du bestimmt recht“, erwiderte der alte Ahorn mit trauriger Stimme. „Gäbe es doch nur einen Platz, wo ich mich verstecken könnte bis die Feierlichkeiten vorbei sind, doch hier stehe ich, das einzig Hässliche zwischen all dem Schönen. Ach kämen sie doch und hackten mich zu Kleinholz“, seufzte er wehleidig. „Ich will dir ja nichts Übles“, antwortete die Tanne, „doch du bist ein unschöner Anblick. Vielleicht wäre es für uns alle besser, wenn sie kämen und dich fällen würden.“ Und noch einmal streckte sie ihre lieblichen dicken Zweige. „Du könntest ja versuchen, diese letzten drei Blättchen nicht zu verlieren, die dir noch geblieben sind, dann wärst du nicht so schrecklich kahl.“

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„Ach, ich hab mich wirklich angestrengt“, weinte der alte Ahorn. „Jeden Herbst sage ich mir, dieses Jahr geb ich kein einziges Blatt her, aus welchem Grund auch immer, doch jedes Mal kommt jemand daher und scheint sie dringender zu benötigen als ich.“ Wieder seufzte er. „Ich habe dir ja gesagt, nicht so viele Blätter dem schmutzigen kleinen Zeitungsjungen zu schenken“, sagte die Tanne. „Du hast sogar deine Zweige etwas geneigt, damit er sie greifen konnte. Ich habe dich ja gewarnt.“ “Oh, I’ve tried so hard,” cried the old maple. “Each fall I say to myself, ‘This year I won’t give up a single leaf, no matter what the cause,’ but someone always comes along who seems to need them more than I.” He sighed once again. “I told you not to give so many to that dirty little paper boy,” said the fir. “Why, you even lowered your branches a little bit, so that he could reach them. You can’t say I didn’t warn you.”

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“Yes, you did,” the old maple replied. “But they made him so happy. I heard him say he would pick some for his invalid mother.” “Oh, they all had good causes,” mocked the fir. “That young girl, for instance—colored leaves for her party. Indeed! They were your leaves!” “She took a lot, didn’t she?” said the old maple, and he seemed to smile. Just then a cold wind blew down the path and a tiny brown bird fell to the ground at the foot of the old maple and lay there shivering, too cold to lift its wings. The old maple looked down in pity and then he quickly let go of his last three leaves. The golden leaves fluttered down and settled softly over the shivering little bird, and it lay quietly under the warmth of them.

„Ja, das ist richtig“, stimmte der alte Ahorn zu. „Aber sie haben ihn so glücklich gemacht. Ich hörte, wie er sagte, er würde noch mehr für seine gebrechliche Mutter pflücken.“ „Ach, sie alle hatten gute Gründe“, spottete die Tanne. „Das junge Mädchen zum Beispiel – sogar farbige Blätter für ihre Party! Es waren deine Blätter!“ „Sie hat sich ganz schön viel genommen, nicht wahr?”, sagte der alte Ahorn und schien zu lächeln. Gerade dann fegte ein kalter Wind den Weg hinunter und ein winziges braunes Vögelchen fiel auf den Boden am Fuß des alten Ahorns. Es lag dort und zitterte vor Kälte, zu verfroren, um seine Flügel zu heben. Voll Mitleid schaute der alte Baum und dann, ganz schnell, ließ er seine letzten drei Blätter fallen. Die goldenen Blätter schaukelten hinunter und legten sich sanft über das frierende Vögelchen, das dann ganz ruhig unter ihrer Wärme verharrte.

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„Jetzt ist es passiert!“, kreischte die Tanne. „Jedes einzelne Blatt hast du weggegeben! Am Weihnachtsmorgen wirst du unseren Weg zum hässlichsten Anblick der ganzen Stadt machen!“ Der alte Ahorn erwiderte nichts. Stattdessen streckte er seine Äste aus, um so viele Schneeflocken wie möglich zu sammeln, damit sie nicht das Vögelchen unter ihnen begraben würde. Die junge Tanne wandte sich ärgerlich ab. In dem Moment sah sie einen Maler still abseits des Weges sitzen, mit seinen Pinseln und einem Bild beschäftigt. Seine Kleider waren alt und ramponiert und sein Gesicht sah traurig aus. Er dachte an seine Familie und wie sie den leeren, freudlosen Weihnachtsmorgen erleben würden, denn in den letzten Monaten hatte er nicht ein einziges Gemälde verkauft. “Now you’ve done it!” shrieked the fir. “You’ve given away every single leaf! Christmas morning you’ll make our path the ugliest sight in the whole city!” The old maple said nothing. Instead he stretched out his branches to gather what snowflakes he could that they might not fall on the tiny bird. The young fir turned away in anger. It was then he noticed a painter sitting quietly a few feet from the path, intent upon his long brushes and his canvas. His clothes were old and tattered, and his face wore a sad expression. He was thinking of his loved ones and the empty, cheerless Christmas morning they would face, for he had sold not a single painting in the last months.

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But the little tree didn’t see this. Instead he turned back to the old maple and said in a haughty voice, “At least keep those bare branches as far away from me as possible. I’m being painted and your hideousness will mar the background.” “I’ll try,” replied the old maple. And he raised his branches as high as possible. It was almost dark when the painter picked up his easel and left. And the little fir was tired and cross from all his preening and posing. Christmas morning he awoke late, and as he proudly shook away the snow from his lovely branches, he was amazed to see a huge crowd of people surrounding the old maple, oohing and ahhing as they stood back and gazed upward. Even those hurrying along the path had to stop for a moment before they went on. “Whatever could it be?” thought the haughty fir, and he too looked up to see if perhaps the top of the old maple had been broken off during the night.

Doch der kleine Baum bemerkte das nicht. Stattdessen drehte er sich zum alten Ahorn hin und sagte mit überheblicher Stimme, „Nimm wenigstens diese kahlen Äste so weit weg von mir wie möglich. Ich werde gemalt, und deine Scheußlichkeit verschandelt nur den Hintergrund.“ „Ich versuche es!“, entgegnete der alte Ahorn und hob seine Äste so hoch es ging. Es war fast dunkel als der Maler seine Staffelei einpackte und ging, und der kleine Tannenbaum war ganz müde von seinem Herausputzen und in Pose stellen. Am Weihnachtsmorgen erwachte er spät, und als er stolz den Schnee von seinen anmutigen Zweigen schüttelte, sah er überrascht eine große Menschenmenge um den alten Ahorn voller Bewunderung stehen und nach oben schauen. Selbst diejenigen, die den Weg entlang eilten, kamen nicht umhin, für einen Moment anzuhalten. „Was kann es wohl sein?“, dachte die stolze Tanne und schaute hinauf, um zu sehen ob vielleicht die Spitze des alten Baumes in der Nacht abgebrochen wäre.

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Gerade in dem Moment flog eine Zeitung aus der Hand eines verblüfften Zeitungsjungen und landete direkt im jungen Tannenbaum. Der schluckte vor Erstaunen, denn auf der Titelseite sah man das Foto des Malers mit seinem Gemälde eines großen weißen Baumes, dessen kahlen und mit Schnee beladenen Äste sich hoch zum Himmel streckten. Unten lag ein kleiner brauner Vogel, fast ganz von drei goldenen Blätter bedeckt, und unter dem Bild standen die Worte, „Das Wunderbarste ist, wenn jemand alles gegeben hat.“ Andächtig beugte die junge Tanne ihren Kopf vor der unaussprechlichen Schönheit des demütigen alten Ahornbaumes. Just then a paper blew away from the hands of an enraptured newsboy and sailed straight into the young fir. The fir gasped in amazement, for there on the front page was a picture of the painter holding his painting of a great white tree whose leafless branches, laden with snow, stretched upward into the sky. While down below lay a tiny brown bird almost covered by three golden leaves. And beneath the picture were the words, “The Most Beautiful Thing Is That Which Hath Given All.” The young fir quietly bowed its head beneath the great beauty of the humble old maple.

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