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Fachbeitrag für „Die Landwirtschaft“ Mai 2012 und das LK-Web Die besten Gräser für Heuwiesen Dipl.-Ing. Johann HUMER, LK NIEDERÖSTERREICH 27. März 2012 Bestes Heu ist für seine Vorzüge gefragt in der Milchviehhaltung für die Erzeugung von Rohmilchkäse, Heumilch und als Rauhfutter für Pferde und Kleinnager. Schlagzeilen macht es neuerdings auch in Heuprojekten, Heumeisterschaften, Heuprämierungen samt Heugala. Weil bestes Heu immer mehr gefragt wird, ist es sogar Mangelware. Mit welchen Heugräsern sich reichlich bestes Heuwiesenfutter produziert lässt, lesen Sie in diesem Beitrag. Die besten Heugräser für gute Heuerträge Voraussetzung für gute Heugräser ist, dass sie spät reifen. So bewahren sie bis zur Ernte noch viele eiweißreiche, gut erhaltene Blätter und zerbröseln möglichst wenig. Damit die Bröckelverluste, die bis zu 25% ausmachen können, möglichst niedrig bleiben, ist folgendenes zu beachten: Anzustreben ist ein möglichst hoher Gräseranteil von über 90 %, weil Gräser die Träger von Ertrag wie Qualität sind. Der Anteil an Kräutern und Klee soll dagegen möglichst gering sein. Kräuteranteile und vor allem von nur einer Art sollen nicht über 10% liegen, denn Kräuter verursachen folgende Verschlechterungen bei Heu: hohe Bröckelverluste bei der Ernte, die die Futterproduktionskosten erhöhen schlechte, ungleichmäßige und langsamere Abtrocknung von fetten Kräuterstängeln die Nacherwärmung und damit den Energieabbau im Heu durch ihre höhere Erntefeuchte Kräuter die Feldheutrocknung verlängern und das Verlustrisiko bei Schlechtwetterperioden erhöhen Kräuter durch ihre höhere Erntefeuchte bei kurzen Schönwetterperioden die Heureife verzögern J. Humer: Die besten Gräser für Heuwiesen, 2012 Seite 1/5

HUMER Die besten Gräser für Heuwiesen 2012

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Die besten Gräser für Heuwiesen Timothe Glatthafer Knaulgras Rohrschwingel Wiesenschwingel Rotschwingel Goldhafer Rotstraußgras

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Page 1: HUMER Die besten Gräser für Heuwiesen 2012

Fachbeitrag

für „Die Landwirtschaft“ Mai 2012 und das LK-Web

Die besten Gräser für Heuwiesen

Dipl.-Ing. Johann HUMER, LK NIEDERÖSTERREICH

27. März 2012

Bestes Heu ist für seine Vorzüge gefragt in der Milchviehhaltung für die Erzeugung von Rohmilchkäse, Heumilch und als Rauhfutter für Pferde und Kleinnager. Schlagzeilen macht es neuerdings auch in Heuprojekten, Heumeisterschaften, Heuprämierungen samt Heugala. Weil bestes Heu immer mehr gefragt wird, ist es sogar Mangelware. Mit welchen Heugräsern sich reichlich bestes Heuwiesenfutter produziert lässt, lesen Sie in diesem Beitrag.

Die besten Heugräser für gute Heuerträge

Voraussetzung für gute Heugräser ist, dass sie spät reifen. So bewahren sie bis zur Ernte noch viele eiweißreiche, gut erhaltene Blätter und zerbröseln möglichst wenig. Damit die Bröckelverluste, die bis zu 25% ausmachen können, möglichst niedrig bleiben, ist folgendenes zu beachten:Anzustreben ist ein möglichst hoher Gräseranteil von über 90 %, weil Gräser die Träger von Ertrag wie Qualität sind. Der Anteil an Kräutern und Klee soll dagegen möglichst gering sein. Kräuteranteile und vor allem von nur einer Art sollen nicht über 10% liegen, denn Kräuter verursachen folgende Verschlechterungen bei Heu:

hohe Bröckelverluste bei der Ernte, die die Futterproduktionskosten erhöhen schlechte, ungleichmäßige und langsamere Abtrocknung von fetten Kräuterstängeln die Nacherwärmung und damit den Energieabbau im Heu durch ihre höhere Erntefeuchte Kräuter die Feldheutrocknung verlängern und das Verlustrisiko bei

Schlechtwetterperioden erhöhen Kräuter durch ihre höhere Erntefeuchte bei kurzen Schönwetterperioden die Heureife

verzögern Kräuter meist bittere, fresshemmende Geschmacksstoffe, also leistungshemmende

Stoffe enthalten Kräuter den verschmähten ausselektierten ungefressenen Futteranteil am Barren

erhöhen Kräuter mit niedrigen Futterwert die Kraftfuttereffizienz senken die Produktionskosten des Futters erhöhen und so Rentabilität und

Einkommensschöpfung aus der Tierhaltung mindern

Bei Heuwiesen ist daher der Fokus auf einen hohen Anteil leistungsfähiger, hochqualitativ erntbarer Gräser zu richten. Wichtig ist auch, dass sie bei der Schnittnutzung ausdauernd bleiben, was speziell bei Englischem Raygras nicht der Fall ist. Es kommen auch alle frühreifenden Gräser (wie Wiesenfuchsschwanz) nicht in Frage, die bis zur Heuernte

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zusammenbrechen. Je länger frühreife Gräser abaltern, desto mehr verwittern sie und sind höher mikrobiologisch belastet und damit energetisch minderwertig. Daher kommen als beste Heugräser nur spätreifende Gräserarten in Frage. Die Reifezeiten von Gräsern veranschaulicht folgende Tabelle von Zürich-Reckenholz bei 440 m Seehöhe (Dietl ua: Wiesengräser, 1998)

Wiesenfuchsschwanz

Englisches Raigras

Wiesenrispengras

Rotschwingel

Knaulgras

Glatthafer

Rohrschwingel

Wiesenschwingel

Goldhafer

Straußgras

Timothe

April Mai JuniReifezeiten der Gräser

Unterschiede zwischen Heugräsern und Weidegräsern

Heugräser sind hochwüchsige Horstgräser, also reine Schnittnutzungsgräser. Dagegen sind Weidegräser unsere besten bodenbedeckenden Gräser, die mit den vielen Wurzelausläufern extrem tritt- und verbissfest und andererseits deutlich niederwüchsiger sind. Horstgräser haben einen stark zusammengewachsenen horstigen Wurzelstock aus dem zahlreiche hochwüchsige Obergräser entspringen. Weil sie kaum Wurzelausläufer bilden, können sie sich nur über den Samenausfall vermehren. Die Heuwerbung mit Samenausfall führt daher zur idealen Weitervermehrung. Bei dauernder früher Silageschnittnutzung erschöpfen sich dagegen die ertragreichen Obergräser. Nur regelmäßiges Aussamen oder Einsaat garantiert ihren dauernder Bestand.

Horstgräser von Heuwiesen sind nicht weidetauglich

Horstgräser bilden zwischen den Horsten meist eine sehr offene Narbe. Feldfutter illustriert das am deutlichsten. Horste von Schnittwiesen werden bei Beweidung leicht zertreten. Wegen ihrer naturbedingten offenen Narbe und weil Horstgräser durch Weidetritt leicht zerstört werden, sollten Heuwiesen nicht beweidet werden. Werden sie im Herbst bei feuchtem Boden dennoch beweidet, führt der Zertritt durch extreme Huf-Rutsch-Spuren zu starken Narbenschäden mit Leistungseinbußen im Frühjahr beim ersten Schnitt. Stellen mit Narbenzertritt oder Huf-Rutsch-Spuren können Ausgangspunkt problematischer Verunkrautungen werden. Massenausbreitungsbeispiele sind Wiesenkerbel, Bärenklau, Ampfer, Gemeine Rispe und Weiche Trespe. Häufiger Wechsel von Schnittnutzung und Weide führt daher zur Ausbildung einer instabilen Grasnarbe. Für sichere Erträge mit hochqualitativem Futter ist es am besten, wenn man eine Zeitlang entweder nur Schnittnutzung oder Weide betreibt.

Wiesenmischungen für Heuwiesen

Für die Anlage von Heuwiesen stehen folgende saatfertige Handelsmischungen in Österreich zur Verfügung (siehe Tabelle Dauerwiesenmischungen). Sie decken dabei aus Gründen des Biodiverstätsangebotes möglichst alle ökologisch relevanten Lagen ab. Erfahrungsgemäß entwickeln sich mittelfristig meist nur ½ bis ¾ der gesäten Arten. Wer die Gräser seines Standortes und Nutzungshäufigkeit ausreichend kennt, wird dabei Schwerpunkte in der Saatgutwahl auf die besten durchsetzungsfähigsten Arten legen. Ohne diese Gräserartenkenntnisse muss man auf die Fertigmischungen setzen oder den lk-Beratungservice nutzen.

J. Humer: Die besten Gräser für Heuwiesen, 2012 Seite 2/4

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Summe kg/ha 26Timothe 15Glatthafer 5Knaulgras 1Rohrschwingel 1Wiesenschwingel 1Rotschwingel 1Goldhafer 1Rotstraußgras 1

ZWEI -Schnittwiesenmischung

für alle Lagen

Naturheuwiese ertragsoptimiert durch

wenig Bröckelverluste mit Wiesenkraftfutterqualität

LK-HeuWiese

Kurzbezeichnung PH A B C D OG

Lage-EignungPferde

heutrocken mittel feucht raue

ohneGoldhafer

Englisches Raygras n n n n n nKnaulgras n n n n n nWiesenschwingel n n n n n nTimothe n n n n n nWiesenrispe n n n n n nGlatthafer n n nGoldhafer n n n nWiesenfuchsschwanz n nRotschwingel n n nRotstraußgras n nRohrschwingel n n

Rotklee n n nWeißklee n n n n nHornklee n n n

Gräserarten

Kleearten

Futterarten in österr. Handels-Dauerwiesenmischungen

Aufgrund eigener Erfahrungen kommen für die späte Heunutzung nur wenige Hauptgrasarten wie Timothe und Glatthafer in Frage, die primär für Qualität und Ertrag stehen. Zu dem Zweck wurde die „LK-Heuwiese“ (siehe Tabelle) konzipiert. Sie ist eine ertragsoptimierte Naturheuwiese, die durch weniger Bröckelverluste hervorsticht und damit gleichzeitig Potential für hochenergetische Spitzenheuqualität in sich birgt – gleichsam Wiesenkraftfutter ist.

Zum dichten Narbenschluss wird die Heumischung mit extensiveren niedrigwüchsigen Gräserarten Rotschwingel, Rotstraußgras und Goldhafer dotiert. Diese Arten liefern neben der Grobstruktur von Timothe und Glatthafer eine feinere Heustruktur. Bei mageren Wiesenstandorten mit geringer Bonität können die Extensivarten Rotschwingel, Rotstraußgras und Goldhafer ihre besten Eigenschaften zum Tragen bringen. Rohrschwingel und Wiesenschwingel sind Experimentalarten, die eher in wärmeren Lagen bei wechselnder oder guter Wasserversorgung gut gedeihen. Diese Erkenntnisse zeigen die Vielschichtigkeit der Fragen, die bei Wiesensaatgutmischungen auftreten. Der beste Lehrmeister ist dabei aber das geschulte Auge, wo und wann bestwüchsige Gräser von Heuwiesen wachsen. Erst dieses Wissen in Kombination mit optimalem Saatgut, Düngung und Nutzung bringt Hochkultur und zudem die Artenvielfalt einer Heuwiese hervor.

Wiesensaatgutmischungen sollten nicht nach opportuner Verfügbarkeit im Saatguthandel ausgewählt werden. Die Auswahl muß sich danach richten, was naturbedingt am besten gedeiht. Die LK-Heuwiese ist daher ein Vorschlag als Grobkonzept, wo aber jeder Heubauer die Feinabstimmung der Zusammensetzung seiner Heuwiesen aufgrund seines Wiesenstandortes selber entscheidet. Genauso, wie man den Klee je nach Notwendigkeit dazunimmt oder weglässt, wenn ohnedies genug vorhanden ist. Die LK NÖ bietet zur optimalen Gräserwahl den neuen Theorie- und Praxiskurs „Gräserführerschein“ an, mit dem Sie alle leistungsfähigen Futtergräser ihres Standortes kennenlernen und fördern können. Initiiert und geleitet werden die Kurse „Gräserführerschein“ auf Anfrage beim Autor dieses Beitrages.

J. Humer: Die besten Gräser für Heuwiesen, 2012 Seite 3/4

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Fazit

Die Anlage und Verbesserung von Heuwiesen kann durch gezielte Auswahl bester Heugräser erfolgen, wobei ein möglichst hoher Gräseranteil anzustreben ist. Auf die großen Unterschiede zwischen Heugräsern und untauglichen Weidegräsern oder zu viel Kräuter in Heuwiesen wird hingewiesen. Aufgezeigt wird das Konzept der Standard-Heuwiesenmischungen und die individuelle Gräserauswahl im Beispiel „LK-Heuwiese“. Die Königsdisziplin ist die standörtlichen bestwüchsigen Heugräser zu kennen und nutzbringend in Ertrag und Qualität umzusetzen. Der LK Beratungskurs „Gräserführerschein“ bietet dazu die Möglichkeit den notwendigen Feinschliff zu erlangen. Werden Sie damit Spitzenreiter in der Wiesenheuproduktion!

Erscheinungsbilder einiger unserer leistungsfähigsten und besten Heugräser

Knaulgras Glatthafer Wiesenschwingel Timothe

Quelle: Wiesengräser: Walter Dietl, Josef Lehmann, Manuel Jorquera, 1998.

J. Humer: Die besten Gräser für Heuwiesen, 2012 Seite 4/4