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Systeme im Einsatz - Lernmanagement, Kompetenzmanagement und PLE

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Kapitel des L3T Lehrbuch (http://l3t.eu)

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2  —  Lehrbuch  für  Lernen  und  Lehren  mit  Technologien  (L3T)

1. Einleitung  

Rahmenbedingungen und Lehrmittel beeinflussenund gestalten implizit Lernprozesse: Mit einem Buchunterrichte ich anders als mit einer Tafel, in einemStuhlkreis anders als in einem Hörsaal. Auch Techno-logien wirken sich auf den Unterricht und dasLernen aus. Solche Effekte werden von Lehrendenzum einen angestrebt und genutzt; zum anderenwirken sich die verwendeten Technologien auch un-bewusst auf den Unterricht und das Lernen aus.

In diesem Kapitel werden wir drei Formen vontechnologischen Systemen zur Verwaltung desLernen und Lehrens betrachten: Diese sind Lernma-nagementsysteme (LMS), dann Kompetenzmanage-mentsysteme (KMS) und schließlich sogenannte Per-sönliche Lernumgebungen (PLE). Es geht also nichtum einzelne Anwendungen für das Lernen undLehren, sondern es handelt sich dabei um dieSysteme, mit denen das webbasierte Lernen aktuellgesteuert, verwaltet und dokumentiert wird.

Die drei Systeme wurden ausgewählt, da sie einenbesonderen Stellenwert einnehmen: Lernmanage-mentsysteme sind weit verbreitet und werden seitlängerer Zeit diskutiert, auch kritisiert und immerwieder an neue Bedürfnisse angepasst. Die beidenweiteren Konzepte sind eher jung: Kompetenzma-nagementsysteme spielen sowohl im Rahmen desbetrieblichen Lernens, aber auch aus der Perspektivedes lebenslangen Lernens eine wichtige Rolle, da sieLernende in ihrer Kompetenzentwicklung unter-stützen und gleichzeitig betriebliche Anforderungenerfüllen können. Persönliche Lernumgebungenfokussieren konsequent auf die Perspektive der Ler-nenden und erlauben diesen, ihre individuelle Infor-mations- und Kommunikationsumgebung zu ge-stalten.

Alle drei Systeme werden wir in diesem Beitragaus der Perspektive der pädagogischen Praxis be-schrieben, indem wir skizzieren, welche Aufgabendiese Systeme übernehmen und wie solche Rahmen-bedingungen gegebenenfalls das Lernen beeinflussen.Zum besseren Verständnis stellen wir diese dreiSysteme als prototypische Konzepte vor. In derPraxis sind die realen Produkte weniger trennscharfkonzipiert.

2. Lernmanagementsysteme  

Defini5on,   Funk5onen   und   Einsatz   von   Lernmanage-­‐mentsystemen  

Lernen und Lehren beinhaltet vielfältige organisato-rische Aufgaben. Lernmanagementsysteme unter-stützen vor allem Managementaufgaben von Leh-renden.

Umgangssprachlich werden LMS auch oft als „Lern-plattformen“ bezeichnet. War die Funktionalität derentsprechenden Produkte der diversen Hersteller an-fänglich uneinheitlich, so begann sich später durchdie Marktkonsolidierung und den extensiven Praxi-seinsatz eine gewisse funktionelle Standardisierungherauszukristallisieren.

In einer Darstellung von Bäumer et al. (2004)werden Administration, Kommunikation und Inhalteals die drei wesentlichen Säulen von Lernmanagment-systemen beschrieben (siehe Abbildung 1).

Fünf Funktionsbereiche von LMS können dabeiunterschieden werden: ▸ Werkzeuge für Lehrende zur Erstellung von Auf-

gaben und Übungen,▸ Evaluations- und Bewertungshilfen (Umfragen

und Tests), ▸ Präsentation von Inhalten (Lernmaterialien), ▸ administrative Unterstützung von Lehrenden (zum

Beispiel bei Abgaben, Terminen) und

Ein   Lernmanagementsystem   (engl.   „learning   mana-­‐gement  system“,  kurz  LMS)  ist  eine  serverseiGg  instal-­‐lierte  SoHware,  die  beliebige  Lerninhalte  über  das  In-­‐ternet   zu   vermiKeln   hilH   und   die   OrganisaGon   derdabei   notwendigen   Lernprozesse   unterstützt   (Baum-­‐gartner  et  al.,  2002,  24).

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Abbildung  1:  Drei  Säulen  von  Lernmanagementsys-­‐temen.  Quelle:  nach  Bäumer  et  al.  (2004)

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▸ Kommunikationswerkzeuge für Lehrende undLernende.

Wenngleich LMS eine Fülle von Funktionenhaben, ist ihr praktischer Einsatz häufig auf die Be-reitstellung der Unterrichtsmaterialien der Lehrendenreduziert.

Nach wie vor ist der Funktionsumfang, der dieseSoftware charakterisiert, im ständigen Wandel. Auchsind in den konkreten Produkten nicht alle Funkti-onsbereiche im gleichen Umfang vorhanden, bzw.kann in einigen Fällen die eine oder andere Kategoriefehlen. Um die Systeme zu unterscheiden, werdenauch weitere Bezeichnungen verwendet. So werdenLMS, die auch Werkzeuge zur Erstellung und An-passung von Lerninhalten integrieren, auch als Lear-ningcontentmagementsystem (LCMS) bezeichnet.

In nahezu jeder Hochschule in Mitteleuropasowie bei vielen Schulen und Bildungseinrich-tungen werden derzeit LMS eingesetzt. Recherchiertman LMS, findet man mehrere Hundert Anbieter. ImOpen-Source-Bereich gibt es allein mehr als 50 Pro-jekte, die aktuell LMS entwickeln und offerieren. Zuden am weitesten verbreiteten gehören hier Moodle,Ilias und Blackboard. In Studien wird versucht, Hilfe-stellungen bei der Auswahl passender LMS zu geben.Beispielsweise wird unterscheiden nach technischenVoraussetzungen, Kapazitäten und Funktionen derSysteme (Schulmeister, 2003).

Als Motiv für den Einsatz von LMS wird an ersterStelle die Zentralisierung der Verwaltung von Lernak-tivitäten genannt, weitere wichtige Gründe sind dieMöglichkeiten der Überwachung und Kontrolle vonLernaktivitäten (Learning Circuits, 2009, 184 Be-fragte).

Auswirkungen   auf   die   Gestaltung   des   Lernens   undLehrens  

LMS übernehmen, darauf weist auch die Be-zeichnung „Management“ hin, vor allem organisie-rende und verwaltende Aufgaben, die auf klassi-schen Kurs-, Klassen- und Unterrichtsstrukturen be-ruhen. Lernenden werden bestimmte Kurse freige-schaltet, das heißt sie können in aller Regel dort ver-fügbare Unterrichtsmaterialien oder Stundenpläneeinsehen und beispielsweise auch in Diskussionsforendes Kurses Beiträge der Lehrenden und Mitlernendenlesen oder eigene verfassen. LMS gewährleistensomit, dass Lernende Zugang zu denen für sie rele-vanten Kursen erhalten und Lehrende beispielsweiseUnterstützung bei der geordneten Abgabe, Be-wertung und Rückmeldung von Arbeitsaufträgen er-halten. LMS stellen hier, im Unterschied zum Aus-

tausch von Dokumenten per E-Mail sowie dezen-traler Verwaltung und Bewertung der Beiträge durchden Lehrenden, eine Arbeitserleichterung dar.

Wie einführend dargestellt, limitieren und ge-stalten Technologien das Lernen und Lehren. Ausdieser Perspektive rücken die Funktionen von LMS inein anderes Licht. Die Konzeption von Organisationin Kursen und Klassen, sowie insbesondere die Rolleder Lehrenden als diejenigen, die über Zugänge undLehrmaterial wesentlich bestimmen können, ent-spricht nur eingeschränkt den aktuellen Vorstellungendes technologiegestützten Lernens und Lehrens.

Die aktuell dominanten Theorien und erwünsch-ten Konzepte guten Lehrens stellen die Eigenaktivitätder Lernenden und damit eigenständige Kon-struktion und Diskussionen zum Lerngegenstand inden Vordergrund, bei denen der Lehrende nichtprimär als Experte des Fachs, sondern vor allem alsUnterstützer des Lernens tätig ist. Schneider (2003)argumentiert so für die Unterstützung einer aktivi-tätsbasierten Pädagogik und kritisiert klassische E-Learning-Technologien wie LMS. Er weist daraufhin, dass diese eine behavioristische Tradition fort-setzen und eine Praxis der klassischen Wissensüber-tragung fördern: Der Zugang zu Informationen,Wissen und auch der Kontakt zu Gleichgesinnten istin LMS in der Praxis limitiert und nur durch Ver-mittlung von Institutionen und Autoritäten er-reichbar, die wiederum darüber Prüfungen ab-nehmen. In einer Zusammenfassung der Kritik anLMS von Siemens (2004) wird zudem darauf ver-wiesen, dass zentralisierte, monolithische Systeme nurwenig didaktische Variationen erlauben. Dalsgaard(2006) kritisiert besonders die geringe Flexibilität, diebei der Nutzung eines LMS gegeben ist und siehtdringenden Bedarf, Lernenden mehr Freiräume beider Auswahl von Kommunikations- und Interakti-onswerkzeugen zu ermöglichen.

In den letzten Jahren hat die Verbreitung derNutzung von sozialen Netzwerksystemen und dieEntwicklung von zahlreichen Webanwendungen,welche die Kommunikation und die Kollaborationvon Lernenden unterstützen können, zu ihrer zuneh-menden Integration oder die Einführung vonSchnittstellen zu solchen Angeboten in LMS geführt.

LMS  sind  aus  vielen  Bildungseinrichtungen  nicht  mehrwegzudenken.   ReflekGeren   Sie   Ihre   eigenen   Erfah-­‐rungen  mit  LMS:  Wie  nutzen  Lehrende  und  Lernendedie  Möglichkeiten  dieser  Systeme  in  Ihrer  Umgebung?Haben   Sie   ähnliche   Erfahrungen   gemacht,   wie   sie   inden  ziGerten  KriGkpunkten  genannt  werden?

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3. Kompetenzmanagementsysteme  

Defini5on,  Funk5onen  und  Einsatz  von  Kompetenzma-­‐nagementsystemen  Während Lernmanagementsysteme überwiegend inSchulen und Hochschulen eingesetzt werden, beginntsich seit einigen Jahren in Unternehmen eine andereVariante eines Systems zur Unterstützung des Ler-nens durchzusetzen. Eine Aufgabe betrieblichen Ma-nagements, insbesondere des Personalwesens ist es,zu gewährleisten, dass die Mitarbeiter/innen so ein-gesetzt werden, dass sie notwendige Kompetenzenmitbringen oder deren Entwicklung gezielt unter-stützt wird.

Während es Anfang der 1990er Jahre noch wichtigwar, die Mitarbeiter/innen mit den passenden Quali-fikationen, also mit entsprechend bescheinigtenKenntnissen und Fortbildungen, an einer bestimmtenPosition einzusetzen, wurde zunehmend die For-derung nach Kompetenzen laut (Grootings, 1994).Stark vereinfacht bezeichnen Kompetenzen das Kon-glomerat an Fähigkeiten, Fertigkeiten, Werten undWillen, das Individuen ermöglicht, in komplexen unddynamischen Situationen Probleme erfolgreich lösenzu können (Erpenbeck & Rosenstiel, 2003). Kompe-tenzen, die häufig eingefordert werden, sind bei-spielsweise Teamfähigkeit, Selbstorganisation oderDurchsetzungskraft. Unternehmens- oder aufgaben-relevante Kompetenzen zu definieren, zu bewertenund zu erfassen ist nicht trivial und gehört zum Auf-gabenbereich des Kompetenzmanagements. Kompe-tenzmanagement ist „eine Managementdisziplin mitder Aufgabe Kompetenzen zu beschreiben, trans-parent zu machen sowie den Transfer, die Nutzungund Entwicklung der Kompetenzen orientiert an denpersönlichen Zielen des Mitarbeiters sowie denZielen der Unternehmung sicherzustellen“ (North &Reinhardt, 2005, 16).

KMS unterstützen das Kompetenzmanagementund vermitteln zwischen verschiedenen Bereichen inUnternehmen (zum Beispiel zwischen Personalmana-gement und Strategischem Management). Sie sind die

zentrale Plattform für die Erstellung von Kompe-tenzprofilen, für die Kompetenzüberprüfung und fürden Kompetenztransfer.

Folgende Funktionsbereiche von KMS könnenunterschieden werden (Dittmann et al., 2005), mit derEinschränkung, dass eine eindeutige Definition undeine Klärung des genauen Verständnis von KMS,ähnlich wie bei LMS vor einigen Jahren, noch aus-steht:▸ Erstellung und Verwaltung von Kompetenzmo-

dellen,▸ Erstellung und Verwaltung von Kompetenzpro-

filen für Aufgabenbereiche im Unternehmen, ▸ Anlegen, Verwaltung und Pflege der Kompetenz-

profile der Mitarbeiter/innen, ▸ Darstellung der Kompetenzprofile auf individu-

eller und organisationaler Ebene,▸ Recherche- und Verwaltungsaufgaben (Recherche

nach passenden Mitarbeiter/innen, Qualifikations-bedürfnissen) und

▸ Planung und Dokumentation der Kompetenzent-wicklung.

Eine Fokussierung der Systeme liegt darin, möglichstumfassendes Wissen über die Kompetenzen im Un-ternehmen zu erhalten. KMS ermöglichen zum Bei-spiel die Modellierung von Kompetenzmodellen undderen Verknüpfung mit Job- oder Aufgabeprofilen.Durch die Verknüpfung mit weiteren Werkzeugen ausder Personalentwicklung lassen sich auch Kennzahlenfür Ist-Kompetenzen erheben und entsprechendeMaßnahmen zu deren Verbesserung einleiten. Ob dieInformationen über die Kompetenzen von Personenunternehmensweit veröffentlich werden, um bei-spielsweise die richtigen Ansprechpartner zu finden,oder ob sie nur Führungskräften zugänglich gemachtwerden, ist unterschiedlich gelöst.

Es gibt mehrere kommerzielle KMS, wie zum Bei-spiel „SAP ERP Human Capital Management“, oderauch Open-Source-Systeme, wie zum Beispiel das imRahmen des Europäischen ForschungsprojektesTENCompetence entwickelte (Koper & Specht,2008). Inwieweit in Unternehmen derzeit technolo-gische Unterstützung in Form von KMS zum Einsatzbeim Kompetenzmanagement kommt, ist unbekannt.Das liegt auch daran, dass entsprechende Systemeunter unterschiedlichen Bezeichnungen vertriebenund bekannt sind (zum Beispiel auch unter dem Be-griff „Talentmanagement“). Vor allem werden sie ininternationalen, großen Unternehmen eingesetzt, waswiederum in Form von Fallbeispielen dokumentiertund beschrieben ist (Elbert, 2001).

Ein  Kompetenzmanagementsystem  (kurz  KMS)  ist  eineserverseiGg   installierte   SoHware,   die   das   Personal-­‐wesen  und  die   Personalentwicklung   in  Unternehmenunterstützt,   indem   Soll-­‐   und   Ist-­‐Stände   der   Kompe-­‐tenzen   der   Mitarbeiter   erfasst   und   dokumenGertwerden   und   entsprechende   Bildungs-­‐   und   auch   Be-­‐setzungsentscheidungen  beeinflussen.

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Auswirkungen   auf   die   Gestaltung   des   Lernens   undLehrens  Kompetenzmanagementsysteme unterstützen darin,Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Mit-arbeiter/innen zentral zu erfassen, zu dokumentierenund zu organisieren sowie gleichzeitig dabei unter-stützen, entsprechende Bildungs- und Besetzungsent-scheidungen zu treffen. KMS nehmen damit sowohlfür Unternehmen als auch Mitarbeiter/innen wichtigeFunktionen ein. Doch auch hier stellt sich die Frage,inwieweit die Technologie bzw. das inhärente Modellder Personalentwicklung das Lernen in Unternehmenbeeinflusst.

Der Umgang mit Bildungs- und Kompetenzfragendurch das Management, welches sich aus organisatio-naler und strategischer Perspektive damit beschäftigt,wird häufig als eher irrelevant für das eigene Lernenempfunden. Werden KMS mit einem Fokus auf dieEntwicklung der Mitarbeiter/innen gelegt, kann diesUnterschiedliches auslösen: Zum einen erlebt dieKompetenzentwicklung und Weiterbildung im Unter-nehmen allgemein – sofern dies auch entsprechendim System abgebildet wird – eine Aufwertung undAnerkennung. Gleichzeitig befürchten Mitarbei-ter/innen auch die Erfassung von Kompetenzen undderen Evaluierung, gerade wenn davon Beförde-rungen oder Stellenbesetzungen abhängen. Be-sonders problematisch wird der Einsatz, wenn dieKompetenzanalysen nicht nachvollziehbar sind(Hüneke & Zimmermann, 2000). Über das Lernenhinaus können KMS noch viele weitere Konse-quenzen haben, die auch dazu führen, dass sie vonUnternehmen abgelehnt werden: So können Füh-rungskräfte auf kompetente Mitarbeiter/innen ausanderen Abteilungen aufmerksam werden und sie ab-werben (Dittmann et al., 2005).

4. Persönliche  Lernumgebungen  

Defini5on,   Funk5onen   und   Einsatz   von   PersönlichenLernumgebungen  Mit der Entwicklung und dem wachsenden Erfolgvon partizipativen Anwendungen im Internet gewannmit sogenannten Persönlichen Lernumgebungen(engl. „personal learning environment“, kurz PLE)ein neues Konzept Aufmerksamkeit. Im Fokus der„Persönlichen Lernumgebung“ stehen die Ler-nenden, die sich selbst Webinhalte, Lernressourcenund Lernwerkzeuge so arrangieren und sie so nutzen,dass sie deren persönliches Wissensmanagement undLernen unterstützen. Im Unterschied zu den Lern-managmentsystemen rückt es die selbst gesteuertenund aktiven Lernenden in den Fokus.

Auf den ersten Blick wird man mit dem Begriff„Persönliche Lernumgebung“ nicht zwangsläufig eineneue Variante des internetgestützten Lernens assozi-ieren: Der Begriff zielt zunächst einmal darauf ab,dass es sich hier um die individuelle, nach persön-lichen Interessen und Bedürfnissen ausgerichtete,also personalisierte Umgebung handelt, in der Ler-nende ihr persönliches Wissensmanagement und ihreeigene Weiterbildung organisieren. Tatsächlich ver-birgt sich hinter PLE jedoch ein neues technologi-sches Konzept für die Unterstützung von Lernenden.Dabei gibt es unterschiedliche technologische Vorge-hensweisen und Realisierungen (Schaffert & Kalz,2009). Manchmal wird dabei das persönliche Wis-sensmanagement unterstützt, indem eigene virtuelleDokumentationsräume angeboten werden (zum Bei-spiel bei Lernweg.de). Immer häufiger werden jedochMashup-Technologien eingesetzt (siehe Kapitel#webtech). Ein PLE stellt dann eine technologischeBasis dar, mit der Anwendungen und Dienste, dieLernende nach Verfügbarkeit entsprechender Anwen-dungen (zum Beispiel in Form von Widgets) hinzu-fügen können. Potentiell stehen ihnen dabei Res-sourcen und Anwendungen des gesamten Webs zurVerfügung.

Welche   Vorteile   haben   Mitarbeiter/innen,   die   ineinem  Unternehmen  arbeiten,  in  dem  ein  Kompetenz-­‐managementsystem   eingesetzt   wird?   Wo   sehen   SieSchwierigkeiten?   Welche   Vorteile   und   Herausforde-­‐rungen   sehen   Sie   auf   Seiten   des  Managements,   bei-­‐spielsweise  der  Personalentwicklung?  -­‐  BiKe  sammelnund   dokumenGeren   Sie   entsprechende   Vorteile   undNachteile   bzw.   Herausforderungen   aus   Mitarbeiter-­‐und  Unternehmenssicht.

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PLE   sind   Systeme,   bei   denen   Lernende   verteilteOnline-­‐InformaGonen,   -­‐Ressourcen   oder   -­‐Kontakteaus   unterschiedlichen   Social-­‐SoHware-­‐Anwendungenund   anderen   Systemen   zentral   integrieren   und   ver-­‐walten  können  und  dabei  große  Freiräume  bei  der  in-­‐haltlichen   Gestaltung   haben   (Schaffert   &   Kalz,2009,  6)

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Folgende Funktionsbereiche von PLE können un-terschieden werden: ▸ individuelle Abonnements von Quellen und Res-

sourcen sowie Präsentation der Inhalte, ▸ Zugänge zur persönliche Kommunikation und

Netzwerkpflege und▸ Schnittstellen und Werkzeuge für individuelles

oder kollaboratives Arbeiten.

Das Konzept der Persönlichen Lernumgebung wirderst seit kurzer Zeit auf einer breiteren Basis disku-tiert. Es gibt jedoch schon länger Ansätze in dieseRichtung. So waren Olivier und Liber (2001) dieErsten, die diese Idee thematisiert haben. EinigeJahre später waren es die Entwickler der Blogging-und Social-Networking-Plattform Elgg, die mit den„Personal Learning Landscapes“ ein integriertesKonzept vorgestellt haben, aus dem sich dann späterdas Konzept der „Personal Learning Environments“entwickelt hat (Kalz, 2006).

Im Gegensatz zu traditionellen multifunktionalenvirtuellen Lernumgebungen, die verschiedene As-pekte in das System integrieren (zum Beispiel Studie-rendenverwaltung, Kommunikations- und Kollabora-tionswerkzeuge), stellt das PLE-Konzept den Ler-nenden, seine Aktivitäten und Bedürfnisse in denMittelpunkt; es holt die Werkzeuge und Informa-tionen in die PLE des Lernenden.

Anwendungen wie i-Google und Netvibes werdenaktuell häufig als vergleichsweise bekannte Realisie-rungen genannt. Auch gibt es erste PLE-Entwick-lungen, die auf der Mashup-Technologie basieren, diebereits an Universitäten eingesetzt werden (Ebner &Taraghi, 2010).

Auswirkungen   auf   die   Gestaltung   des   Lernens   undLehrens  

PLE wurden maßgeblich als Gegenentwurf zu admi-nistrativen Verwaltungstools wie LMS kreiert undstellen den aktiven, selbstgesteuerten Lerner in denMittelpunkt. Lernende können in ihrer PLE aus-wählen, welche Ressourcen sie nutzen wollen, mitwelchen Werkzeugen und wie sie mit ihren Kon-takten und Netzwerken arbeiten wollen und könnenmit der Mashup-Technologie ihr persönliches Infor-mationsmanagement optimieren. Dies setzt voraus,das Lernende wissen und einen Überblick haben (a)wie die PLE funktioniert, (b) wie sie ihr eigenesLernen gut planen und durchführen können, (c) ge-eignete Quellen auswählen und bewerten können und(d) geeignete Werkzeuge und Webanwendungenkennen (beispielsweise Kalender). Damit keinfalsches Bild entsteht: Die Bedienung der PLE an

sich ist vergleichsweise einfach. Häufig muss man dieeinzelnen Anwendungen nur in das eigene Cockpit„ziehen“. Voraussetzung ist jedoch, die vorhandenenWebanwendungen und Ressourcen auch zu kennenund nutzen zu können. Dies ist also nur bei einer re-lativ kleinen web-affinen Gruppe selbstgesteuerterLernenden gegeben.

PLE sind für Lernende. Es gibt also keine direktenMöglichkeit für Lehrende, Inhalte vorzugeben, oderkorrigierend einzugreifen. (Allerdings können Ler-nende in ihren PLE auch Meldungen ihrer Leh-renden oder des verwendeten LMS integrieren.) Dadie Vorteile der PLE, insbesondere das einfache Hin-zufügen von neuen Webanwendungen auch fürandere Lernangebote attraktiv sind, werden ihreFunktionalitäten zunehmend in LMS eingebunden.

5. Vergleich  der  Systeme  

Zum Abschluss des Beitrages wollen wir die hier dis-kutierten Systeme noch einmal aus Perspektive ihrerZielsetzungen und der möglichen Aktivitäten ver-gleichen. Einen Überblick gibt Tabelle 1 auf der fol-genden Seite. Es zeigt sich, dass LMS und KMS eherdie administrative Zielsetzungen erfüllen, währendPLE die Lernenden unterstützen.

Wie bereits in der Einführung angedeutet, ist dieDarstellung im Rahmen dieses Beitrages nur skiz-zenhaft und bedarf einer Vertiefung. Mittlerweileexistieren einige Mischformen und konvergenteSysteme, beispielsweise werden LMS immer häufigerso erweitert, dass dort Beiträge aus anderen Anwen-dungen eingebunden werden.

Auch  wenn   voller   Enthusiasmus   von   PLE   gesprochenwird:  Manche  behaupten,  die  aktuellen  „PLE“-­‐Anwen-­‐dungen  wären  auch  nicht  mehr  als  Werkzeuge  zur  Un-­‐terstützung   des   Persönlichen   Wissensmanagementsim   Internet.   BiKe   recherchieren   Sie   nach   aktuellenTools,  die  als  PLE  bezeichnet  werden  und  analysierenSie,   welche   FunkGonalitäten   diese   anbieten.   Inwelcher  Weise  könnten  Sie  mit  diesen  AnwendungenIhr  eigenes  Lernen  unterstützen?

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Welche   Aufgaben   und   FunkGonen   sollte   ein   Systemerfüllen,  dass  Lernen  und  Lehren   in   Ihrer  Einrichtunggelungen  und  zeitgemäß  unterstützt?  Entwerfen  Sie  –möglichst  gemeinsam  mit  einer  Partnerin  oder  einemPartner   –   ein   System,   das   die   Vorteile   der   hier   be-­‐schriebenen   Systeme   gelungen   kombiniert,   gleich-­‐zeiGg  die  negaGven  Auswirkungen  umgeht  und  disku-­‐Geren  Sie,  wenn  möglich,  Ihren  Entwurf  mit  anderen.

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Literatur▸ Baumgartner, P.; Häfele, H. & Maier-Häfele (2002). E-Learning

Praxishandbuch: Auswahl von Lernplattformen Marktübersicht- Funktionen - Fachbegriffe. Innsbruck: Studien Verlag.

▸ Bäumer, M., Malys, B. & Wosko, M. (2004). Lernplattformenfür den universitären Einsatz. In K. Fellbaum & M. Göcks(Hrsg.), eLearning an der Hochschule, Aachen: Shaker Verlag,121-140.

▸ Dittmann, L.; Peters, M.L. & Zelewski, S. (2005). MotivationaleAspekte von Kompetenzmanagementsystemen. In: Zelewski,S.; Ahlert, D.; Kenning, P. & Schütte, R. (Hrsg.), Wissensmana-gement in Dienstleistungsnetzwerken - Wissenstransferfördern mit der Relationship Management Balanced Scorecard.,Wiesbaden: DUV, 345-362.

▸ Ebner, M. & Taraghi, B. (2010). Personal Learning Envi-ronment for Higher Education - A First Prototype.In: Procee-dings of World Conference on Educational Multimedia, Hy-permedia and Telecommunications 2010, Chesapeake, VA:AACE, 1158-1166.

▸ Elbert, S. (2001). Einführung eines Management-Support-Systems zum effektiven Skill- Management bei BertelsmannmediaSystems. In: H.-P. Schnurr; S. Staab; R. Studer; G.Stumme & Y. Sure (Hrsg.), Professionelles Wissensmana-gement-– Erfahrungen und Visionen, Aachen: Shaker Verlag,129-144.

▸ Erpenbeck & Rosenstiel, v. L. (2003). Handbuch Kompetenz-messung. Stuttgart: Schäffer-Pöschel.

▸ Grootings, P. (1994). Von der Qualifikation zur Kompetenz.Wovon reden wir eigentlich? Europäische Zeitung für Berufs-bildung (CEDEFOP), 1, 5-8.

▸ Hüneke, K. & Zimmermann, B. (2000). Skill-Datenbanken.Computer Fachwissen, 8/9 (9), 51-55.

▸ Koper, R. & Specht, M. (2008). Ten-Competence: Life-LongCompetence Development and Learning. In: M. Sicilia (Hrsg.),Competencies in Organizational e-learning: concepts and tools.Hershey: IGI Global, 234-252.

▸ Schulmeister, R. (2000). Selektions- und Entscheidungskriterienfür die Auswahl von Lernplattformen und Autorenwerkzeugen.Hamburg: Universität Hamburg.

▸ Schaffert, S. & Kalz, M. (2008). Persönliche Lernumgebungen:Grundlagen, Möglichkeiten und Herausforderungen einesneuen Konzeptes. In: K. Wilbers & A. Hohenstein (Hrsg.),Handbuch E-Learning, Cologne, Deutschland: DeutscherWirtschaftsdienst, 1-24.

▸ Siemens, G. (2004). Learning management systems: The wrongplace to start learning. Elearnspace, 22.11.2004. URL:http://www.elearnspace.org/Articles/lms.htm [2010-09-10].

LMS KMS PLE

Ziele   Erfüllen  v.a.  die  Bedürfnisse  vonBildungseinrichtungen  

Erfüllen  v.a.  die  Bedürfnisse  vonUnternehmen  

Erfüllen  v.a.  die  individuellenWünsche  von  Lernenden  an  einepersonalisierte  (informelle)  Ler-­‐numgebung  

AkGvitäten   Kurs-­‐  und  Trainingsabwicklung,Bereitstellung  von  Kursunterla-­‐gen  sowie  Monitoring  und  Qua-­‐litätssicherung  

Für  Mitarbeiter/innen  werdenKompetenzprofile  angelegt,  mitSollprofilen  verglichen  und  Maß-­‐nahmen  zur  Kompetenzanpas-­‐sung  empfohlen,verwaltet  undmit  strategischen  Zielen  in  Ein-­‐klang  gebracht.  

Unterstützen  persönliches  Wis-­‐sensmanagement  und  sind  aufkompetente,  selbstgesteuerteLerner/innen  angewiesen  

Tabelle  1:  Vergleich  der  technologischen  Konzepte  im  Hinblick  auf  die  Ziele  ihres  Einsatzes  und  unterstützte  Aktivitäten