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Operative im Vergleich zu konservativer Behandlung der Achillessehnenruptur 1 Systematischer Review Surgical Compared to Conservative Management of Achilles Tendon Rupture Systematic Review Autor K. Biasi Institut Physiotherapie Biasi, A-Kufstein Schlɒsselwçrter l " Achillessehnenruptur l " operative Behandlung l " konservative Behandlung l " Physiotherapie Key words l " achillse tendon rupture l " surgical management l " conservative management l " physiotherapy eingereicht 21.12.2006 akzeptiert 20.1.2007 Bibliografie DOI 10.1055/s-2007-963696 Manuelle Therapie 2007; 11: 212 – 220 # Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 1433-2671 Korrespondenzadresse Katrin Biasi Dorf 15 A-6330 Kufstein [email protected] Einleitung ! Das verȨnderte Freizeitsportverhalten beein- flusst stark die Art der Verletzungsmechanis- men. So hat die Achillessehnenruptur in den letzten Jahren deutlich zugenommen und ist ne- ben dem Supinationstrauma eine der hȨufigsten Verletzungen im Freizeitsport [16]. Nach Lill et al. [16] werden in der Deutschland jȨhrlich ca. 16000 Achillessehnenrisse registriert. Trotzdem gibt es keinen allgemein etablierten Behand- lungskonsens. In der aktuellen Literatur ɒber Chirurgie und OrthopȨdie wird die Operation der frischen kompletten Achillessehnenruptur als „Therapie der Wahl“ angegeben, um die Seh- nenkontinuitȨt und Kraftɒbertragung des M. tri- ceps surae zu sichern [16]. Alternativ lȨsst sich eine Achillessehnenruptur auch konservativ, d.h. ohne Operation therapie- ren. Die beiden Sehnenenden kçnnen in einer mçglichst geeigneten Stellung von alleine wie- der zusammenwachsen. Die wesentlichen Argu- mente gegen eine konservative Behandlung der Sehnenruptur sind dabei zum einen im drohen- den verbleibenden Kraftverlust und zum ande- ren in der erhçhten Gefahr der Reruptur der Seh- ne zu sehen. Andererseits existieren bereits seit den 70er-Jahren konservative Therapiestrategien zur Behandlung geschlossener Achillessehnen- rupturen, die auch gute, wenn nicht der Operati- on vergleichbar gute Ergebnisse erzielen [12]. Unfallmechanismus Die in dieser Arbeit behandelten Sehnenruptu- ren sind traumatisch bedingt und umfassen ausschließlich Sportverletzungen vor allem von Freizeitsportlern. Es handelt sich um Sportarten wie Tennis, Fußball, Handball, Badminton und Volleyball, also hauptsȨchlich Ballsportarten, ohne genaue Beschreibung der Unfallmechanis- men. Als auslçsender Mechanismus gilt eine Dorsal- flexion des oberen Sprunggelenks, wȨhrend der M. triceps surae in die entgegengesetzte Rich- tung bzw. die Plantarflexion spannt [18]. Eine andere Theorie ist, dass der schnelle Bewe- gungswechsel zwischen Beschleunigung und Bewegungsstopp auf rutschfesten BodenbelȨgen zu vermehrter exzentrischer Muskelarbeit fɒhrt Zusammenfassung ! Der systematische Review vergleicht die Ergeb- nisse und die methodologische QualitȨt der operativen im Gegensatz zur konservativen The- rapie der geschlossenen kompletten frischen Achillessehnenruptur. Die bei der umfassenden Literaturrecherche gefundenen Studien wurden nach Art der Behandlungsintervention differen- ziert und durch definierte QualitȨtskriterien evaluiert. Es ließ sich nachweisen, dass die offe- ne Operation der frischen geschlossenen kom- pletten Achillessehnenruptur die Wahrschein- lichkeit einer Reruptur signifikant vermindert. Abstract ! This systematic review compares the results and the methodological quality of surgical and con- servative treatment modalities for acute closed Achilles tendon rupture. The studies found in this comprehensive literature investigation were sorted according to treatment intervention type and evaluated by defined quality criteria. It could be established that open surgery of acute closed complete Achilles tendon rupture redu- ces the probability of re-ruptures significantly. 1 Die Arbeit wurde fɒr den Lehrgang OrthopȨdische Manuelle Therapie OMT 2004/2006 erstellt. Biasi K. Operative im Vergleich… Manuelle Therapie 2007; 11: 212 – 220 Literaturstudie 212 Heruntergeladen von: FH Campus Wien. Urheberrechtlich geschützt.

Der achillessehnenruptur

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Page 1: Der achillessehnenruptur

Operative im Vergleich zu konservativer Behandlungder Achillessehnenruptur1

Systematischer ReviewSurgical Compared to Conservative Management of Achilles Tendon RuptureSystematic Review

Autor K. Biasi

Institut Physiotherapie Biasi, A-Kufstein

Schl�sselwçrterl" Achillessehnenrupturl" operative Behandlungl" konservative Behandlungl" Physiotherapie

Key wordsl" achillse tendon rupturel" surgical managementl" conservative managementl" physiotherapy

eingereicht 21.12.2006akzeptiert 20.1.2007

BibliografieDOI 10.1055/s-2007-963696Manuelle Therapie 2007; 11:212 – 220 � Georg ThiemeVerlag KG Stuttgart · New York ·ISSN 1433-2671

KorrespondenzadresseKatrin BiasiDorf 15A-6330 [email protected]

Einleitung!

Das ver�nderte Freizeitsportverhalten beein-flusst stark die Art der Verletzungsmechanis-men. So hat die Achillessehnenruptur in denletzten Jahren deutlich zugenommen und ist ne-ben dem Supinationstrauma eine der h�ufigstenVerletzungen im Freizeitsport [16]. Nach Lill etal. [16] werden in der Deutschland j�hrlich ca.16000 Achillessehnenrisse registriert. Trotzdemgibt es keinen allgemein etablierten Behand-lungskonsens. In der aktuellen Literatur �berChirurgie und Orthop�die wird die Operationder frischen kompletten Achillessehnenrupturals „Therapie der Wahl“ angegeben, um die Seh-nenkontinuit�t und Kraft�bertragung des M. tri-ceps surae zu sichern [16].Alternativ l�sst sich eine Achillessehnenrupturauch konservativ, d. h. ohne Operation therapie-ren. Die beiden Sehnenenden kçnnen in einermçglichst geeigneten Stellung von alleine wie-der zusammenwachsen. Die wesentlichen Argu-mente gegen eine konservative Behandlung der

Sehnenruptur sind dabei zum einen im drohen-den verbleibenden Kraftverlust und zum ande-ren in der erhçhten Gefahr der Reruptur der Seh-ne zu sehen. Andererseits existieren bereits seitden 70er-Jahren konservative Therapiestrategienzur Behandlung geschlossener Achillessehnen-rupturen, die auch gute, wenn nicht der Operati-on vergleichbar gute Ergebnisse erzielen [12].

UnfallmechanismusDie in dieser Arbeit behandelten Sehnenruptu-ren sind traumatisch bedingt und umfassenausschließlich Sportverletzungen vor allem vonFreizeitsportlern. Es handelt sich um Sportartenwie Tennis, Fußball, Handball, Badminton undVolleyball, also haupts�chlich Ballsportarten,ohne genaue Beschreibung der Unfallmechanis-men.Als auslçsender Mechanismus gilt eine Dorsal-flexion des oberen Sprunggelenks, w�hrend derM. triceps surae in die entgegengesetzte Rich-tung bzw. die Plantarflexion spannt [18].Eine andere Theorie ist, dass der schnelle Bewe-gungswechsel zwischen Beschleunigung undBewegungsstopp auf rutschfesten Bodenbel�genzu vermehrter exzentrischer Muskelarbeit f�hrt

Zusammenfassung!

Der systematische Review vergleicht die Ergeb-nisse und die methodologische Qualit�t deroperativen im Gegensatz zur konservativen The-rapie der geschlossenen kompletten frischenAchillessehnenruptur. Die bei der umfassendenLiteraturrecherche gefundenen Studien wurdennach Art der Behandlungsintervention differen-ziert und durch definierte Qualit�tskriterienevaluiert. Es ließ sich nachweisen, dass die offe-ne Operation der frischen geschlossenen kom-pletten Achillessehnenruptur die Wahrschein-lichkeit einer Reruptur signifikant vermindert.

Abstract!

This systematic review compares the results andthe methodological quality of surgical and con-servative treatment modalities for acute closedAchilles tendon rupture. The studies found inthis comprehensive literature investigationwere sorted according to treatment interventiontype and evaluated by defined quality criteria. Itcould be established that open surgery of acuteclosed complete Achilles tendon rupture redu-ces the probability of re-ruptures significantly.

1 Die Arbeit wurde f�r den Lehrgang Orthop�discheManuelle Therapie OMT 2004/2006 erstellt.

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und eine fr�hzeitige Muskelerm�dung beg�nstigt. Dadurch er-hçht sich die Gefahr einer Achillessehnenruptur [25].

DiagnosenstellungDie verschiedenen Mçglichkeiten der Diagnosestellung reichenvon subjektiver und physischer Untersuchung bis hin zur Mag-netresonanztomografie. Der Thomsen-Test ist das gebr�uch-lichste Testverfahren (l" Abb. 1). Dabei kniet der Patient z. B.auf einem Sessel, w�hrend der Behandler den Gastrocnemius-soleus-Muskelkomplex mit einer Hand zusammendr�ckt. Beiintakter Muskel-Sehnen-Einheit bewegt sich das Sprunggelenkin Richtung Plantarflexion, w�hrend bei rupturierter Achilles-sehne der Fuß in Neutralstellung bleibt.Die verschiedenen Diagnoseverfahren (l" Tab. 1) z�hlen wahr-scheinlich zu den wichtigsten Kriterien der Nachbehandlungder Achillessehnenruptur. Daher wird dieser Aspekt in die Qua-lit�tsbeurteilung mit einbezogen.

TherapieDie verwendeten Behandlungsinterventionen der eingeschlos-senen Studien lassen sich in 5 Kategorien unterteilen. Diekonservative Behandlung der Achillessehnenruptur kann funk-tionell oder immobil, die operative mittels offener oder ge-schlossener perkutaner Technik erfolgen. Die nachfolgendeTherapie wird wieder in eine funktionelle oder immobile The-rapie unterteilt. Die Therapieformen werden folgendermaßendefiniert:E Operation mit funktioneller Nachbehandlung (Operations-

technik: offen oder perkutan);E Operation mit immobiler Nachbehandlung;E Konservative Therapie mit funktioneller Behandlung;E Konservative Therapie mit immobiler Nachbehandlung.Die funktionelle Nachbehandlung zeichnet sich durch eine mçg-lichst kurze Ruhigstellung mit mçglichst fr�hzeitigem Bewe-gungsbeginn aus. Die immobile Nachbehandlung bedeutet eineRuhigstellung im Gips f�r ca. 3 – 6 Wochen.Die frische geschlossene komplette Achillessehnenruptur be-trifft haupts�chlich aktive und sportliche Menschen. Die Be-troffenen stellen hohe Erwartungen an das Behandlungsziel,da die Sportf�higkeit nach der Sehnenheilung nicht beein-tr�chtigt sein soll. Die h�ufigste Komplikation stellt die Re-ruptur dar.Die unterschiedlichen Behandlungsformen (operativ vs. kon-servativ, funktionell vs. immobil) zeigen kurz- bis mittelfristigunterschiedliche Ergebnisse. Trotzdem �ndert die Behand-lungsintervention langfristig nichts am Behandlungsziel, dieFunktionst�chtigkeit des Fußes wiederherzustellen. Die einge-schlossenen Studien beweisen, dass alle Interventionsgruppenfr�her oder sp�ter dasselbe oder sehr �hnliche Ziele erreichen.Der weder vom Behandler noch vom Behandelten beeinfluss-bare Faktor ist die Reruptur.

Ziele der ArbeitDie Arbeit sollte die unterschiedlichen Behandlungsformen ver-gleichen und dabei die Methodik der Studien �berpr�fen. DieReruptur diente als Vergleichsparameter der unterschiedlichenBehandlungsinterventionen. Es erfolgte eine Untersuchung dermethodologischen Qualit�t der Studien sowie der Anzahl derRerupturen. Rerupturen wurde folgendermaßen definiert: Rup-turen, die nach einer Behandlungsmaßnahme einer traumatischbedingten Achillessehnenruptur spontan z.B. durch normales Ge-hen oder durch Stufensteigen erneut rupturieren.

Abb. 1 Thomsen-Test [5].

Tab. 1 Art der Diagnosenstellung (Metaanalysen und Fallstudien wurdenausgenommen, weil sie ungen�gend beschrieben sind)

Art der Diagnosenstellung Studien

klinische Untersuchung Maffulli et al. [19]

physische Untersuchung – Cetti et al. [3]– Kangas [8]– Mortensen et al. [25]– Thermann et al. [29]– Weber et al. [31]

Palpation Kangas [8]

Thompson sign – Cetti et al. [2, 3]– Mortensen et al. [25]– Thermann et al. [29]– Weber et al. [31]– Zwipp [34]

Calf squeeze sign – Kangas [8]– Mçller et al. [22, 23]– Mortensen et al. [25]

Maltes Test Cetti et al. [3]

Ultraschall – Richter et al. [26]– Thermannet al. [29]– Weber et al. [31]– Zwipp [34]

dynamischer Ultraschall – Konerding [12]– Zwipp [34]

Magnetresonanz – Richter et al. [26]– Thermann et al. [29]– Zwipp [34]

keine Untersuchung angegeben – Kerkhoffs et al. [9]– Saleh et al. [27]

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Methode!

VorgehensweiseDie Literatursuche konzentrierte sich auf wissenschaftliche Ar-beiten zum Thema operative versus konservative Therapie. Aus-geschlossen wurden Patienten, die �lter als 65 und j�nger als 17Jahre waren. Außerdem durfte die Sehnenruptur nicht �lter als48 Stunden bestehen. Teilrupturen und offene Rupturen schie-den aus. Allgemeine Kontraindikationen wie das Einnehmenvon Immunsuppressiva, Kortison oder Erkrankungen wie Di-abetes mellitus f�hrten zum Ausschluss. Es mussten die Mçg-lichkeiten gegeben sein, sich einer Operation zu unterziehenund zu den Kontrollterminen zu erscheinen. Letztendlich muss-te die nicht betroffene Seite funktionst�chtig und die betroffe-ne Seite nicht schon einmal verletzt gewesen sein.Die Suche fand in mehreren Datenbanken (Ovid, PubMed, PE-Dro, Med Pilot) anhand unterschiedlicher Schl�sselwçrter statt(l" Tab. 2).

Ergebnisse der LiteraturrechercheDie Eingabe der nachfolgenden Begriffe in die Datenbanken er-zielte folgende Ergebnisse:E Achillessehnenruptur, Behandlung, operativ, nicht operativ:

21 Artikel, von denen 2 den angegebenen Kriterien entspra-chen;

E Achillessehnenruptur, Physiotherapie: 61 Artikel, von denen7 den Kriterien entsprachen;

E Achillessehnenruptur, Metaanalyse: 1 Artikel; unter „Rela-ted“ (109 Artikel) fanden sich 8 weitere Artikel;

E Achillessehnenruptur, randomisierte kontrollierte Studie: 7Artikel, von denen 2 den Kriterien entsprachen;

E Achillessehnenruptur, Freizeitsportler: 8 Artikel, von denen1 den Kriterien entsprach;

E Artikel aus Referenzlisten: insgesamt 8 relevant erscheinen-de Artikel;

E Internetsuche: 2 den Kriterien entsprechende Artikel.

Ergebnisse!

Suchergebnisse und StudiendesignDie durchgef�hrte Suchstrategie ergab 30 Studien, von denen 5�ber die Universit�tsbibliothek in Wien nicht bestellbar und da-her nicht erh�ltlich waren. 1 Artikel wurde ausgeschlossen, weiler f�r das definierte Thema nicht relevant war. Damit ergab sicheine Anzahl von 24 inkludierten erh�ltlichen, den Kriterien ent-sprechenden Artikeln.Die Mehrheit der Studien gehçrte zu den klinischen Studien.Zwischen randomisierten kontrollierten klinischen und nichtrandomisierten vergleichenden klinischen Studien musste un-terschieden werden. Des Weiteren wurden Review-Artikel undFallstudien eingeschlossen.

Verteilung nach dem Studiendesign2 Metaanalysen, 11 randomisierte kontrollierte Studien, 4 nichtrandomisierte klinische Studien, 2 Review-Artikel und 5 Fall-studien wurden in den systematischen Review aufgenommen(l" Tab. 3).

Verwendete Outcome MeasuresUm die Ergebnisse der Behandlungsinterventionen zu beschrei-ben, wurde eine Vielzahl subjektiver und objektiver OutcomeMeasures der eingeschlossenen Studien untersucht (l" Tab. 4).

Verwendete Behandlungsinterventionen mit Evaluie-rung der RerupturenF�r die Evaluierung der Anzahl der Rerupturen waren Metaanaly-sen und Fallstudien ausgeschlossen. Der Ausschluss der Metaana-lysen ist darin begr�ndet, dass die f�r die Evaluierung verwende-ten Studien in den Metaanalysen vorkommen und somit doppeltgez�hlt w�rden. Der Ausschluss der Fallstudien erfolgte, weil siein der Evidenzhierarchie zu weit unten angesiedelt sind.F�r die Evaluierung wurden 15 klinische Studien verwendet und886 Patienten eingeschlossen (l" Abb. 2):E A: operativ offen funktionell: 307 Patienten;

Tab. 3 Studientypen, nach der Hierarchie der Evidenz geordnet

Studientypen Anzahl Hauptstudiendesign

Metaanalysen 2 Metaanalyse

randomisierte kontrollierte klini-sche Studien

11 systematischerReview

nicht randomisierte vergleichen-de klinische Studien

4 klinische Studie

Review-Artikel 2 Review-Artikel

Fallstudien 5 Fallstudien

Tab. 4 Outcome Measures

Outcome Measures Anzahl der Studien

Komplikationen wie Reruptur und Infektionen 24

Wadenmuskelumfang 6

Kraftmessung f�r Plantar- und Dorsalflexion 15

Zeit des Arbeitsausfalls 10

R�ckkehr zum Sport 8

Beweglichkeit 23

Zufriedenheit, subjektive Bewertung 17

Sehnenverl�ngerung 2

Tab. 2 Verwendete Schl�sselwçrter

Achillessehnenruptur Behandlung operativ

vs. konservativ

Rangliste der

Studien

achilles tendon rup-ture

treatment meta-analysis

calcaneal tendon rup-ture

management RCT, CT

tendon injuries – operative– non-operative

non-randomisedclinical trial

immobilisation clinical control-led trial

conservative cohort study

exercise retrospectivestudy

manual therapy prospective stu-dy

physical therapy case study

functional case report

physiotherapy

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E B: operativ offen immobil: 257 Patienten;E C: konservativ funktionell: 141 Patienten;E D: konservativ immobil: 181 Patienten;E E: operativ perkutan funktionell: 22 Patienten.Die prozentuelle Evaluierung ergibt, dass die operative offenefunktionelle Therapie mit einer Rate von 1,63% die wenigstenRerupturen aufwies. Ihr folgte die operative immobile Therapiemit einem Prozentsatz von 3,11%. Die konservative Behandlungist folglich mit 5,67% Rerupturen f�r die funktionelle und mit16,57% f�r die immobile Behandlung der operativen deutlichunterlegen. Die operativ perkutan funktionelle Therapie wirdausgeschlossen, weil sie anhand der geringen Patientenanzahlals nicht valide erscheint (l" Abb. 2).Die errechneten Daten decken sich mit den Ergebnissen der Me-taanalysen von Kahn [11] und Bhandari et al. [1], dass die opera-tive Therapie mit einer funktionellen Nachbehandlung am we-nigsten Rerupturen verzeichnet.

Allgemeine ErgebnisseBei der Betrachtung der unterschiedlichen Maßnahmen undTherapieans�tze (l" Tab. 5 – 8) variiert bei den operierten eben-so wie bei den nicht operierten Patienten die Art der Immobi-lisation bzw. des Gipses und die Dauer der Ruhigstellung. ZurVerdeutlichung dieser Unterschiede wird der Zeitpunkt der er-laubten Gewichtsbelastung mit angegeben. Es f�llt auf, dassdie Nachbehandlung haupts�chlich aus aktiven allgemeinenBewegungs�bungen besteht. Zwipp [34] beschreibt als einzi-ger Manuelle Therapie, um eine Verbesserung des Gleitverhal-tens im Narbenbereich zu erzielen.

Diskussion!

MetaanalysenIn den Review wurden 2 Metaanalysen aufgenommen. Beide be-finden sich im oberen Drittel der Bewertungsskala und sind alssehr gut zu erachten.

Khan et al. [11] verglichen in ihrer Metaanalyse von 12 rando-misierten kontrollierten klinischen Studien 4 unterschiedlicheBehandlungsinterventionen:E Operativ offen gegen konservativ. Ergebnis: Die operative

Therapie weist deutlich weniger Rerupturen auf und ist anf�l-liger f�r andere kleine Komplikationen (wie Infektionen).

E Operativ offen gegen operativ perkutan. Ergebnis: Die perku-tane Operationstechnik reduziert das Risiko der kleinen Kom-plikationen.

E Operativ funktionell gegen operativ immobil. Ergebnis: Dieoperativ funktionelle Behandlung verzeichnet weniger Kom-plikationen der allgemeinen Resultate.

E Konservative Behandlung: Diese Behandlungsform erw�hnter separat und ist der Meinung, dass zu wenig Patienten do-kumentiert sind, um eine qualifizierte Aussage zu treffen.

Die Autoren schlussfolgerten, dass die offene OperationstechnikRerupturen signifikant reduzierte. Sie wies allerdings anderekleine Komplikationen auf, die sich durch eine perkutane Tech-nik reduzieren ließen. Postoperativ verringerte die funktionelleNachbehandlung die Anzahl der allgemeinen nachteiligen Re-

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B

A

16,57%

5,67%

3,11%

1,63%

0% 5% 10% 15% 20%

Abb. 2 Anzahl der Rerupturen.

Tab. 5 Maßnahmen und Thera-pieans�tze operativ funktionell vs.konservativ funktionell

Autor Maßnahme Gewichtsbelastung Therapie Punktzahl

Weber etal. [31]

– konservativ: Softgipsin 20� PF dar�ber or-thop�discher Rehabili-tationsschuh

– operativ: Gips unter-halb des Knies in Spitz-fußstellung

– sofort

– ab der 6. Woche

– Gangschulung, Einbeinstand,isometrische �bungen, Rad-fahren

– ab 4. Monat Lauftraining,Sportartspezifische �bungen

7 / 11

Konerding[12]

– konservativ: kurze Ru-higstellung mit US-Gipsschiene, anschlie-ßend Rçck-Orthese in25� PF

– operativ: siehe oben,Ruhigstellung etwasl�nger

– mit Rçck-Orthesevolle Belastungmçglich

– siehe oben

– nicht angegeben

– nicht angegeben

4 / 11

Zwipp [34] – konservativ: Versor-gung mit Spezialschuh(Grundform eines Bo-xerstiefels) nach 3 – 5Tagen

– operativ: Versorgungmit Spezialschuh nach8 – 10 Tagen

3.–5. Tag

– 8.–10. Tag

– isometrische �bungen, Rad-fahren, Koordinations�bun-gen, PNF, Elektrotherapie, ab4. Monat sportspezifische�bungen

– siehe oben und zus�tzlich Ma-nuelle Therapie zur Verbesse-rung des Gleitverhaltens imNarbenbereich

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sultate. Die Diskussion und Entscheidung �ber das Therapiever-fahren soll zwischen Arzt und Patient erfolgen [11].Die Metaanalyse von Bhandari et al. [1] verglich die operativemit der konservativen Therapie der Achillessehnenruptur. Hier

entsprachen 6 randomisierte kontrollierte klinische Studien al-len Anspr�chen und 11 fast allen Anspr�chen. Die operative The-rapie reduzierte zwar signifikant Rerupturen, war aber bei denkleinen Komplikationen deutlich erhçht. Bez�glich der R�ck-

Tab. 6 Maßnahmen und Thera-pieans�tze operativ funktionell vs.operativ immobil

Autor Maßnahme Gewichtsbelastung Therapie Punktzahl

Kangas [8] – operativ funktionell:6 Wochen Unterknie-gips mit speziellemGipsverband, der Be-wegung zul�sst

– operativ immobil:6 Wochen Unterknie-gips in Neutralstel-lung (Sehne in Dehn-position)

– ab 3. Woche

– ab 3. Woche

– Bewegungs�bungen der Ze-hen, des Sprunggelenks, desKnies und der H�fte

– beide Gruppen: allgemeine Be-wegungs�bungen, �bungengegen Widerstand nach einemgenauen Plan, keine professio-nelle Physiotherapie

8 / 11

Maffulli etal. [19]

– operativ funktionell:2 Wochen Gips inSpitzfußstellung,dann Versorgung mitspeziellem VELCRO-Gips

– operativ immobil:6 Wochen Gips

– auf Zehenspitzensofort mçglich

– ab 6. Woche

– sanfte Mobilisations�bungen,isometrische Kontraktion derWadenmuskulatur, Radfahren,Schwimmen, ab 5. Monatsportartspezifische �bungen

– siehe oben

6 / 11

Kerkhoffset al. [9]

– operativ funktionell:5.–7. Tag semirigiderWrap f�r 2 Wochen

– operativ immobil:5.–7. Tag postopera-tiv Walking Cast inNeutralstellung f�r6 – 8 Wochen

– Teilbelastung, ab2. Woche volleBelastung

– 5.–7. Tag post-operativ

Therapie nicht beschrieben 5 / 11

Cetti et al.[3]

– operativ funktionell:6 Wochen mobileGipskonstruktion

– operativ immobil:6 Wochen Gips in20� PF

– sofort erlaubt

– 6.–8. Woche

– unbelastete Gelenkbewegun-gen, normales Gehen, Waden-muskeltraining, ab 6. Monatalle Sportarten mçglich

– siehe oben

5 / 11

Mortensenet a. [25]

– operativ funktionell:6 Wochen St�tzver-band, dann Versor-gung mit DonJoy Wal-ker

– operativ immobil:8 Wochen Unterknie-gips

– ab 2. Woche

– ab 8. Woche

– Beweglichkeits�bungen, Rad-fahren, Schwimmen, Gehtrai-ning, keine organisierte Phy-siotherapie

– siehe oben

6 / 11

Tab. 7 Maßnahmen und Thera-pieans�tze konservativ immobilvs. operativ funktionell

Autor Maßnahme Gewichtsbelastung Therapie Punktzahl

Mçlleret al.[22]

– konservativ immobil:4 Wochen Unterkniegipsin Spitzfußstellung

– operativ funktionell: Un-terkniegips in 30� PF, ab12. Tag ROM Walker f�r3 – 8 Wochen

– ab 8. Woche ohneKr�cken

– ca. ab. 2. Woche,ab. 8. Woche ohneKr�cken

– Beweglichkeits�bungen, Bewe-gen in geschlossener Kette,Radfahren, Schwimmen,exzentrische �bungen, ab6. Monat alle Sportarten mçg-lich

– siehe oben

8 / 11

Mçlleret al.[23]

– konservativ immobil:4 Wochen Unterkniegipsin Spitzfußstellung

– operativ funktionell:10 – 14 Tage Unterknie-gips in zu erreichenderPF-Stellung, dann Ver-sorgung mit ROM Walker

– ab 4. Woche inNeutralstellungmit Gewichtsbe-lastung

– ab 10.–14. Tag

siehe oben 6 / 11

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kehr zur Funktionst�chtigkeit fanden sich keine Unterschiede[1].Beide Autoren [1, 11] gelangten somit zur gleichen Erkenntnis,dass die operative Therapie der Achillessehnenruptur Reruptu-ren signifikant reduziert. Sie konnten jedoch die Frage, ob dieAnzahl der Patienten valide und gerechtfertigt war, nicht posi-tiv beantworten. Dies ist in der Tatsache begr�ndet, dass derartviele verschiedene Behandlungsinterventionen mit �hnlich vie-len verschiedenen Behandlungsmaßnahmen nicht vergleichbarsind. F�r einen Vergleich l�sst sich nicht gen�gend Literatur zufinden. Die Qualit�t der Aussagekraft leidet unter den nicht zuvergleichenden mçglichen Strategien.

Klinische StudienAus den verschiedenen Behandlungsinterventionen ergebensich 8 unterschiedliche Kombinationsmçglichkeiten der Auto-ren der eingeschlossenen klinischen Studien:

1. Konservativ funktionell versus operativ offen funktionell[12, 31, 34]Die Studien von Weber et al. [31] und Zwipp [34] lagen imoberen Bereich der Evidenzhierarchie. Weber et al. [31], diezum Schluss kamen, dass die Ergebnisse der 2 Gruppen iden-tisch sind, schlugen trotzdem vor, junge Athleten zu operie-ren, weil die Kraftentwicklung besser ist und weniger Rerup-turen auftraten.

Zwipp [34], dessen Hauptfragestellung darin bestand, ab wel-cher noch verbleibenden Diastase (Abstand der beiden Sehnen-enden nach Ruptur) eine funktionelle Therapie mçglich ist, kamzu dem Resultat, dass Operationen nur in 10% der Achillesseh-nenrupturen notwendig sind. Bei den 50 von ihm untersuchtenPatienten hatten nur 5 eine sonografische Diastase von mehr als5 mm in 20� Plantarflexion. Die Diastase kann sonografisch mit-tels Ultraschall gemessen werden.Der Artikel von Konerding [12] schied wegen der niedrigenerreichten Punktzahl f�r die Beschreibung der Resultateaus.

2. Operativ offen funktionell versus operativ offen immobil[3, 8, 9, 19, 25]Von den 5 Artikeln erreichte Kangas [8] die Bewertung gut.Diese Studie untersuchte, ob eine operative Immobilisation inSehnenverl�ngerung Unterschiede zur funktionellen operati-ven Behandlung aufweist. Der einzige Unterschied bestand da-rin, dass die funktionelle Behandlung beim 3-monatigen Fol-low-up bessere Ergebnisse bez�glich der isometrischen Kraftin Plantarflexion erzielte. In allen anderen Bereichen schafftenbeide Gruppen �hnliche Ergebnisse. Deshalb empfiehlt der Au-tor die konservative funktionelle Behandlung [8]. Auch wenndieser Artikel 8 von 11 mçglichen Punkten erreichte und somitim oberen Drittel der Qualit�tsbeurteilung liegt, wurde den-noch der Hintergrund der Studie nicht erkl�rt. Es w�re interes-

Tab. 8 Maßnahmen und Thera-pieans�tze der �brigen mçglichenBehandlungsinterventionen

Autor Maßnahme Gewichtsbelastung Therapie Punktzahl

Richter etal. [26]

– konservativ funktionell:gespaltener Unterschen-kelgipsverband f�r 1 Wo-che

– operativ immobil: Unter-schenkelspaltgips in Spitz-fußstellung

– ab 4. Woche

– ab 6. Woche

– icht beschrieben

– nicht beschrieben

6 / 11

Saleh et al.[27]

– konservativ funktionell:3. Woche Unterkniegips,dann Versorgung mit Shef-field Splint

– konservativ immobil:4 Wochen Gips am ganzenBein, 2 Wochen Unterknie-gips, beides in Spitzenstel-lung

– ab 3. Woche

– ab 6. Woche

– regelm�ßig aktive undpassive Bewegungs�bun-gen, Physiotherapie

– siehe oben

4 / 11

Cetti et al.[2]

– konservativ immobil: Un-terkniegips in 20� PF f�r4 Wochen

– operativ immobil: Unter-kniegips in 20� PF f�r 6 Wo-chen

– ab 4. Woche

– ab 6. Woche

– Wadenmuskeltraining,normales Gehen, ab6. Monat alle Sportartenmçglich

5 / 11

Thermannet al. [29]

– konservativ funktionell:nach 3 – 5 Tagen Versor-gung mit Spezialschuh

– operativ perkutan funktio-nell: nach 8 – 10 tagen Ver-sorgung mit Spezialschuh

– nach 3 – 5 Tagen

– nach 8 – 10 Tagen

– aktive Bewegungs�bun-gen, isometrische �bun-gen, Radfahren, PNF, Ko-ordinations�bungen,Kr�ftigung der Waden-muskulatur, Schwimmen,Laufband, ab 4. Monatalle Sportarten mçglich

– siehe oben

8 / 11

Mortensen[24]

– operativ mit Mason-Sutu-re-Technik: 3,5 WochenUnterkniegips in 25� Plan-tarflexion

– operativ mit Six-Strained-Suture-Technik: siehe oben

3,5. Woche

3, 5. Woche

– nicht angegeben

– nicht angegeben

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sant, welche Erfahrungen oder anatomische Hintergr�nde denAutor zu einer Ruhigstellung in Dehnung bewogen.Maffulli et al. [19] und Mortensen et al. [25] testeten, ob einer-seits fr�hzeitige Gewichtsbelastung und andererseits fr�hzeiti-ge Bewegung Muskelkraft und -atrophie verhindern. Beide Au-toren gelangten zu der Erkenntnis, dass das nicht der Fall ist.Trotzdem kehrten die erw�hnten Gruppen schneller an den Ar-beitsplatz und auch zum Sport zur�ck. Daher erachten die Au-toren diese Therapiemaßnahme als bevorzugt. Auch hier warendie Blindierung der Ergebnisse des Gutachters und die Fragenach dem Operateur nicht positiv bez�glich der Bewertungs-skala zu beantworten.Die restlichen Artikel schieden wiederum wegen der niedrigenQualit�t f�r die Beschreibung der Resultate aus.

3. Konservativ immobil versus operativ offen funktionell[22, 23]Beide klinischen Studien [22, 23] erreichten die Beurteilunggut auf der Bewertungsskala. Ihre Aussage ist, dass die opera-tive Therapie mit funktioneller Nachbehandlung bez�glich Re-rupturen die sicherere Variante darstellt. In der konservativenGruppe erlitt jeder 5. eine Reruptur. Laut dem Autor ist diesesErgebnis inakzeptabel. Wenn es vermeidbar w�re, g�lte dasfunktionelle Ergebnis als gleichwertig.In Bezug auf Kraft ist nicht die Art der Behandlungsinterven-tion, sondern vielmehr Belastbarkeit und Art des Traumas f�rdas funktionelle Ergebnis ausschlaggebend. Außerdem ist esnach dem Wissensstand des Autors bislang nicht gelungen,eine Verbindung zwischen Muskelkraft und funktionellem Er-gebnis herzustellen.Beide Artikel sind f�r die Praxis relevant. Wieder fehlen diebereits oben erw�hnten Punkte der Bewertungsskala. Einzigseltsam scheint die identische Anzahl der Patienten sowieder Rerupturen bei allen eingeschlossenen Studien. Es scheint,als habe der Autor dieselben Behandlungsgruppen mit unter-schiedlichen Fragestellungen betitelt.

4. Konservativ funktionell versus operativ offen immobil[26]Richter et al. [26] verglichen die Sportf�higkeit nach konserva-tiver funktioneller und operativer immobiler Behandlung vonAchillessehnenrupturen. Der Artikel erreichte 6 von 11 Punk-ten. Die Resultate ergaben keine bedeutsamen Differenzen derBehandlungsgruppen. Nur die isokinetische Testung am Cybex-ger�t zeigte, dass Patienten nach konservativer funktionellerBehandlung eine grçßere Kraftminderung als nach adaptierterSehnennaht aufweisen. Die Indikation der konservativen The-rapie ist mittels Sonografie zu stellen.Die Rupturdiastase sollte 2 mm in 20� Plantarflexion nicht �ber-steigen. Die Autoren verwiesen auf ein individuelles Manage-ment von Achillessehnenrupturen. Neben den oben erw�hntenPunkten fehlten in dieser Studie die ausreichende Beschreibungder Behandlungs- und Kontrollgruppen sowie die Ber�cksichti-gung der ausgefallenen Patienten [26].

5. Konservativ funktionell versus konservativ immobil [27]Der Artikel von Saleh et al. [27] scheidet aufgrund der niedrigenerreichten Punktzahl f�r die Beschreibung der Resultate aus.

6. Konservativ immobil versus operativ offen immobil [2]Cetti et al. [2] verglichen die immobile zwischen konservativerund operativer Therapie der Achillessehnenruptur. Mit 5 von

11 Punkten befindet sich die Studie im mittleren Bereich derBewertungsskala. Nach Auffassung der Autoren ist die operati-ve Behandlung empfehlenswerter, weil die Wiederaufnahme inden Sport schneller erfolgte, die Muskelatrophie geringer unddie Beweglichkeit besser war.

7. Konservativ funktionell versus operativ perkutanfunktionell [29]Auch Thermann et al. [29] verfolgten den interessanten Aspektder Sehnendiastase und inwiefern deren Grçße die Behand-lungsintervention beeinflusst. Dabei erzielte die konservativefunktionelle Behandlung bessere Ergebnisse als die operative.Die sonografischen Untersuchungen zeigten, dass 90% der Seh-nenrupturen prim�r funktionell behandelt werden kçnnen undihre Resultate einer operativen nicht unterlegen sind.Khan et al. [11] schlossen den Artikel von Thermann et al. [29]wegen fehlender Randomisierung aus.

8. Operationstechnik: Mason-Suture- versus Six-Strained-Technik [24]Nach Mortensen et al. [24] ist bekannt, dass eine Achillesseh-nenruptur die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks ver�n-dert. Die Plantarflexion vergrçßert sich, w�hrend sich die Dor-salflexion verringert. Die Autoren wollten mit ihrer Studieherausfinden, ob die Art der Operationstechnik etwas an die-sem Ergebnis �ndern kann, konnten aber keine Unterschiedefeststellen. Auch die anderen Outcome Measures wie Kraft,R�ckkehr zum Sport und Zufriedenheit ergaben keine Diffe-renzen, und es traten Rerupturen und Infektionen auf.

Review-ArtikelLo et al. [18] versuchten, Unterschiede der operativen gegen�berder konservativen Therapie herauszufiltern. Von den 81 gefun-denen Artikeln nahmen sie 19 in ihren Review auf. In Bezug aufKraft und R�ckkehr zur Arbeit konnten sie keine Unterschiedefeststellen. Die Anzahl der Rerupturen lag bei der konservativenBehandlung 4-mal hçher als bei der operativen. Dagegen warenkleine Komplikationen bei der operativen 20-mal h�ufiger alsbei der konservativen Therapie.Der Artikel von Fierro und Sallis [6] schied wegen schlechterQualit�t f�r die Beurteilung aus.

FallstudienMerkmal der Fallstudien oder Clinical Trials war die fehlendeKontrollgruppe. Die 5 eingeschlossenen Studien lassen sich infolgende 3 Kategorien einteilen (l" Tab. 9):E Operativ funktionell [16, 21];E Operativ immobil [15];E Konservativ immobil [7, 30].Keine Studie erreichte die Bewertung gut, 4 befanden sich immittleren und 1 im unteren Drittel. Das Studiendesign, derNachweis von Reliabilit�t und Validit�t der Messinstrumentesowie die Limitationen der Studien wurden nicht erw�hnt.Daraus l�sst sich schließen, dass die inkludierten Fallstudienbei der Bewertung der gestellten Ziele keine bedeutende Rol-le spielen.

RerupturenDie eingeschlossenen Studien zeigten deutlich, dass die opera-tive Therapie Rerupturen signifikant reduziert. Kraft, funktio-nelle Ergebnisse sowie die R�ckkehr zur sportlichen Aktivit�twiesen keine deutlichen Differenzen auf. Wie bereits mehrfach

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erw�hnt, ist aber ein direkter Vergleich der unterschiedlichenBehandlungsinterventionen kaum mçglich.

Schlussfolgerungen!

F�r bessere Vergleichsmçglichkeiten m�sste die Studienquali-t�t generell zunehmen. Hierbei zu ber�cksichtigende Aspektesind die Art des Traumas und der Diagnosenstellung sowie derdaraus resultierenden Rupturdiastase, die Compliance des Pa-tienten, seine Anspr�che und Wertigkeiten.Statistische Analysen kçnnen zwar zeigen, ob Resultate statis-tisch signifikant sind oder nicht, jedoch keine Gr�nde f�r dieErgebnisse liefern.Aus den eingeschlossenen Studien geht hervor, dass oftmalsindividuell entschieden wird, welche Therapie zum Einsatzkommt. Der Beweis, ob die jeweiligen Entscheidungen rich-tig sind, erfordert bessere Langzeitstudien nicht nur zur An-zahl der Rerupturen, sondern zur ganzen Vielschichtigkeitdes Problems. Schon jetzt ist aber klar, dass die Nachbehand-lung bzw. die physiotherapeutische Nachbetreuung meistnicht ernst genug genommen wird. Nur eine Studie berichtetvon Manueller Therapie mit angef�hrter Zielsetzung [34].Ansonsten ist haupts�chlich von aktiven Bewegungs�bungendie Rede. Es w�re interessant herauszufinden, ob regelm�ßigdurchgef�hrte Manuelle Therapie mit organisierten Therapie-programmen einige Ergebnisse ver�ndern w�rde.Aufgrund der Ergebnisse wird deutlich, dass die operative Thera-pie Rerupturen signifikant reduziert, wohingegen Kraft, funktio-

nelle Verbesserungen sowie die R�ckkehr zur sportlichen Aktivi-t�t keine deutlichen Unterschiede ergeben. Daher stellt sich dieFrage, ob ein allgemein g�ltiger Konsens das Ziel der Fragestel-lung sein muss. Jede Behandlungsintervention scheint Vor- undNachteile zu haben. Nur die Diskussion zwischen Arzt und Pa-tienten kann herauszufiltern, welches die „Therapie der Wahl“f�r den jeweiligen Patienten ist.

Danksagung!

Mein herzliches Dankeschçn geht an meinen Betreuer JamesO’Brien und alle Freunde, die mich durch ihre konstruktive Kri-tik, aber auch fachliche und emotionale Unterst�tzung, beimEntstehen dieser Arbeit begleitet haben.

Literatur1 Bhandari M, Guyatt GH, Siddiqui F et al. Treatment of acute Achilles

tendon ruptures: a systematic overvview and metaanalysis. Clin Or-thop Relat Res 2002; 400: 190–200

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3 Cetti R, Henriksen LO, Jacobsen KS. A new treatment of ruptured Achil-les tendon. A prospective randomized study. Clin Orthop Relat Res1994; 308: 155–165

4 Chalmers J. Review article: Treatment of Achilles tendon ruptures.Journal of Orthopaedic Surgery 2000; 8: 97–99

5 Coughlin MJ, Mann RA, Saltzman CL. Surgery of the Foot and Ankle. 2Volume-Set. Philadelphia: Elsevier, 1999; 7th ed

Tab. 9 FallstudienAutor Teilnehmer Maßnahme Outcome Schlussfolgerung Punktzahl

Mandelbaumet al. [21]

29 operativ funktionell:2 Wochen Gips-schiene, nach 6 Wo-chen Gewichtsbe-lastung, 72 Stundenpostoperativ ROM

– isokinetischeKraft

– Beweglichkeit

– effiziente Metho-de

– keine Reruptur– nach 3 – 7 Mona-

ten R�ckkehr zumSport

4 / 9

Lill et al. [16] 565 operativ funktionell:Gipsimmobilisationmit fr�h funktionel-ler Behandlung imVariostabil-Schuh

– Komplikationen– Kraft– Beweglichkeit– Schmerzen– Sehnenverdi-

ckung

kein allumfassen-des Standardver-fahren mçglich

6 / 9

Leppilahtiet al. [15]

101 operativ immobil:6 Wochen Gips, je-weils 3 in Spitzfuß-und Neutralstel-lung, Gewichtsbe-lastung nach 3 Wo-chen

– Komplikationen– Sehnendicke– Overall-Ergeb-

nisse– isokinetische

Kraft– Schmerz– Beweglichkeit

– 4 Rerupturen– Overall-Ergebnis-

se: 34 exzellent,46 gut, 17 mittel,4 schlecht

5 / 9

Fruensgaardet al. [7]

66 konservativ immo-bil: 12 Wochen Im-mobilisation

– Reruptur– Beschwerden– Wadenumfang– Beweglichkeit

– 4 Rerupturen– ist eine Alternati-

ve, wenn keineOperation mçg-lich

3 / 9

Wallace et al.[30]

140 konservativ immo-bil: 4 Wochen Gips inSpitzfußstellung,4 Wochen Orthese,Gewichtsbelastungab 4. Woche

– Overall-Ergeb-nisse

– Schmerz– Steifheit– Schw�che– isokinetische

Kraft– Komplikationen

– 3 Rerupturen– Partialrupturen– konservative The-

rapie sollte Thera-pie der Wahl sein

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6 Fierro N, Sallis R. Achilles tendon rupture – Is casting enough? Postgra-duate Medicine 1995; 98: 145–151

7 Fruensgaard S, Helmig P, Riis J et al. Conservative treatment for acuterupture of the Achilles tendon. Int Orthop 1992; 16: 33–35

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30 Wallace RG, Traynor IE, Phil M et al. Combined conservative and ortho-tic management of acute ruptures of Achilles tendon. The AmericanJournal of Bone and Joint Surgery 2004; 86-A: 1198–2202

31 Weber M, Niemann M, Lanz R et al. Nonoperative treatment of acuterupture of the achilles tendon: results of a new protocol and compari-son with operative treatment. Am J Sports Med 2004; 32: 1776–1777

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