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Wie kommt Wissenschaft in die Praxis? Vortrag von Detlef Rüsing

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Am 11. September 2013 hielt Detlef Rüsing, Leiter des Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD), auf dem Münsterländer Demenz-Kongress eine Präsentation zu der Frage, wie die Wissenschaft in die Pflegepraxis kommt.

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Wie kommt Wissenschaft in die Praxis?

Detlef RüsingDialog- und Transferzentrum Demenz (DZD)

11. September 2013, Telgte2. Münsterländer Demenz-Kongress

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Inhalte

Warum sollte Wissen(schaft) in die Praxis gelangen? Wissen – Erfahrung – Intuition Vom Anfänger zum Experten Wissens-Beispiele Schwierigkeiten bei der Implementierung Wie gelingt Implementierung Wie kommt Wissen in die Praxis?

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Ausgangslage

Wissenschaft Ungeordnete Flut an Artikeln

2007: über 30.000 wissenschaftliche Artikel zu Demenz und Alzheimer (Ihl 2008)

Nicht mitgerechnet: Veröffentlichungen in nicht-wissenschaftlichen Journalen

Artikel in wissenschaftlicher Fachsprache die meisten Artikel in Englisch Artikel in Wissenschaftssprache

Forschungen gehen häufig an den Bedürfnissen der Praktiker „vorbei“ (Laborsituation; Komplexität der Praxis wird nicht abgebildet)

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Warum sollte Wissen(schaft) in die Praxis gelangen?

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Intuition Wissen

1. „Das mache ich ganz intuitiv!“2. „Das machen wir hier immer so!“3. „Das ist eben meine Erfahrung!“

4. „Ich fühle, was richtig ist!“

1. „Fortbildung hat mir einen anderen Blick auf die Arbeit gegeben.“2. „Das habe ich nicht gewusst!“

3. „Das macht man jetzt nicht mehr so??“4. „Ich weiß einfach zu wenig!“

Erfahrung

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Erfahrung – Wissen - Intuition

Erfahrung Erleben von ähnlichen Fällen

Wissen Aus-/Fortbildung, Studium Kongresse Literatur, Kolleginnen

Intuition „Schlüsselkomponente pflegerischen Expertentums“; Teil einer

reflektierten Praxis“ (u.a. Benner 1994 nach Friesacher 2008) „subjektives, unwissenschaftliches und auch nicht lehrbares Phänomen“

(English 1993 nach Friesacher 2008)

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Warum sollte Wissen(schaft) in die Praxis gelangen?

Patricia Benner: From novice to expert (1984) 5 Stufen zur Pflegeexpertin (Basiert auf dem Dreyfuss-Modell)

1. Stufe: Anfänger 2. Stufe: Fortgeschrittener Anfänger 3. Stufe: Kompetente Pflegende 4. Stufe: Erfahrende Pflegende

5. Stufe: Pflegeexperte– Integration von „praktischem und theoretischem Wissen“– „intuitives Handeln“

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Erfahrung &

Wissensverm

ehrungWo bleibt die Intuition?

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Warum kommt das Wissen nicht in die Praxis?

Praktiker „Lesehemmung“ der Praktiker

Schlechte Englisch-Kenntnisse „Wann sollen wir das lesen?“ (Lesen in der Freizeit)

„Ablehnung“ wissenschaftlicher Erkenntnisse als „abgehoben“ „Forschung geht an Realität vorbei“

Fühlen eigene Erfahrung nicht berücksichtigt Ignoranz gegenüber neuen Erkenntnissen („das war bei uns

schon immer so“) Zuständigkeit und Rollenprobleme (z. B. Weisungsbefugnis der

Ärzte) Vernachlässigung der Rahmenbedingungen

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Warum kommt das Wissen nicht in die Praxis?

Organisation Organisation muss Literatur/Wissen beschaffen Organisation muss Fort- und Weiterbildung anbieten Organisation muss sich auf das Klientel einstellen

Z. B. Huiskamer-ModellDenn Ist mit der Politik verantwortlich für die Rahmenbedingungen Hat den Auftrag angenommen, nach dem „state of the art“ zu

pflegen Schaffung von Stellen zur Implementierung von Wissen und

Konzepten

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Wissen für die Praxis (aus der Wissenschaft)-Beispiele

Ernährung

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Ernährung: Die Rolle der Pflegenden

Prof. Pflegende empfinden Essverhalten Demenzkranker als belastend. Gefühle: Hilflosigkeit, Gefühl des Versagens, Ärger, Ekel, Scham, Empörung (Borker 1996, 2002; Sowinski 1991, Manthorpe 2003)

Pflegende haben Schwierigkeiten zu unterscheiden, ob ein Demenzerkrankter nicht essen kann oder nicht essen will (Norberg 1995, Aaakerlund 1993 u.a.)

Essensgabe wird als unangenehme Pflicht empfunden und an Hilfspersonal delegiert (Bäckström 1993; Norberg 1993)

Pflegende erleben Double-Bind-Konflikt: Leben erhalten vs. zusätzliche Leiden (Schwerdt 2005)

Werte wie leben und Lebensqualität, Leidensvermeidung, Autonomie, Verantwortung in Würde scheinen sich gegenseitig auszuschließen (Aakerlund 1993; Norberg 1995): Folge ist häufig PEG

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Ernährung: Tipps Ruhige Atmosphäre im Speisesaal,

kein Lärm, ruhiges Verhalten der Pflegekräfte, ungestört (McDaniel et al. 2001)

Wohnliche, vertraute Gestaltung Gemeinsames Essen, passende

Tischnachbarn, nicht zu große Gruppen

Qualifizierung der Mitarbeiter (Roberts & Durnbaugh 2002;Schwerdt 2005)

Übersichtliche Tischgestaltung, nicht alles gleichzeitig servieren

Eher kleine Portionen Kontrastreiches Geschirr (Dunne et al.

2004) Farbige Getränke (Keller, Rüsing 2007) ruhige Musik (Hicks-Moore 2005;

Aldridge 2007) Aquarien (Edwards, Beck 2002)

Appetitliches Anrichten, auch pürierte Kost getrennt voneinander, kein Einheitsbrei, Einzelkomponenten auch farblich unterschiedlich

Würzen Vertraute, attraktive, verlockende

Mahlzeiten, Stichwort: Hausmannskost der Region

Einbindung in die Tagesstruktur, verknüpft mit festen Ritualen

Bewegung und frische Luft Gelüfteter Speiseraum Ausreichende Beleuchtung (Brush et

al. 2002) Teamarbeit und Austausch aller

Beteiligten

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Wie kommt Wissen in die Praxis?

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13 D. Rüsing (MScN)

Dialogzentrum Demenz

2009

Grade der Implementierung (Fixsen et al 2005)

„Papierimplementierung“: Richtlinien werden formal in Kraft gesetzt, unklar ist, ob sie angewendet werden (Paper-Implementation)

„Prozessimplementierung“: Trainings, Schulungen, Supervisionen werden durchgeführt; allerdings steht nicht fest, ob das Erlernte auch angewendet wird (Process implementation)

„Durchführungsimplementierung“: Prozeduren und Prozesse sind so eingeführt, dass die Tätigkeiten zur Umsetzung nachvollzogen werden können und positive Effekte auf die Klienten haben (Performance implementation)

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14 D. Rüsing (MScN)

Dialogzentrum Demenz

2009

Eckpunkte der Implementierung (1)(Müller-Hergl 2006)

Veränderungen sind leichter anzunehmen, wenn sie mit den vorhandenen Werten und Auffassungen der Praktiker vereinbar sind, leicht anzuwenden sind, von anderen bereits verwendet werden und ausprobiert werden können.

Neues annehmen und umsetzen gelingt nur dann, wenn auch eigene Bedürfnisse berücksichtigt werden

Implementierung gelingt nur, wenn Praktiker Fragen an die eigene Praxis haben und an der Entwicklung beteiligt sind

Es braucht eine zentrale Person, die Rückmeldungen gibt, unterstützt, berät und die Entwicklung antreibt

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15 D. Rüsing (MScN)

Dialogzentrum Demenz

2009

Eckpunkte der Implementierung (2)(Müller-Hergl 2006)

Veränderung braucht Begleitungsprozesse von Angesicht zu Angesicht, die längere Zeit stabil bleiben

Veränderung braucht Verbündete (kritische Masse) Berücksichtigung der Eigeninteressen der Professionen innerhalb

der Organisation: Eigeninteressen aufnehmen Von Prozess- zu Durchführungsimplementierung gelingt nur,

wenn neben Schulungen und Veränderungen auch Veränderungen in den organisatorischen Abläufen sichtbar werden (Arbeitszeiten, Fallbesprechungen, Dokumentation)

Ohne Leitungsebene keine Veränderung: Leitungsebene muss Veränderungen tragen, sehen, mitmachen: sonst wird der Prozess aufgegeben

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16 D. Rüsing (MScN)

Dialogzentrum Demenz

2009

PARIHS-Konzept (Promoting action on Research Implementation in Health Services)

Implementierung gelingt, wenn: Empirisch gesichertes Wissen , welches viel Zustimmung

findet, der Maßnahme vorliegt wenn es einen offenen Kontext für die Einführung der

Maßnahme gibt Wenn es ermöglichende und erleichternde Unterstützung

gibt (Trainer, Experten, Supervisionen)

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Wie kommt Wissen in die Praxis

Man braucht Begriffe für das, was man sieht! Voraussetzungen:

Leitungsunterstützung Organisationswille zur Entwicklung: nicht (nur )Befriedigung von

gesetzlichen Auflagen (ureigenstes Interesse der Organisation) Vorsicht: „Lernen, dass Lernen sich nicht lohnt!“

Schaffung einer Lern- und Veränderungsplattform

UND:

Echtes Interesse der Mitarbeiter zur Entwicklung

17 09.09.2013

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Hilfreich sind:

„Training on the job“ Einzelne als Multiplikatoren sind selten erfolgreich

Vernetzung mit internen und externen Experten Z. B. Expertenforen

Literatur (Forderung an die Wissenschaft) Internet(basiertes) Lernen: Blended Learning Gespräche mit Kollegen Aussicht auf Veränderung der eigenen Rolle/Funktion

Belohnung: Interessante Tätigkeit Lernen, dass Lernen sich lohnt!

Follow-ups sind wichtig

18 09.09.2013

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Dialog- und Transferzentrum Demenz (DZD)

Universität Witten/HerdeckeStockumer Str. 1058453 Witten

Tel: 02302 [email protected]

Dialogzentrum-Online:web: www.dialogzentrum-demenz.defacebook: https://www.facebook.com/DialogzentrumDemenztwitter: https://twitter.com/DemenzDialog

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