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Zitiervorschlag: Schüren, jurisPR-ArbR 19/2016 Anm. 1 ISSN 1860-1553 juris GmbH, Gutenbergstraße 23, D-66117 Saarbrücken, Tel.: 0681/5866-0, Internet: www.juris.de, E-Mail: [email protected] Der juris PraxisReport sowie die darin veröffentlichten Anmerkungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil darf (auch nicht auszugsweise) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert werden. © juris GmbH 2016 Herausgeber: Prof. Franz Josef Düwell, Vors. RiBAG a.D. Prof. Klaus Bepler, Vors. RiBAG a.D. 19/2016 Erscheinungsdatum: 11.05.2016 Erscheinungsweise: wöchentlich Bezugspreis: 10,- € monatlich zzgl. MwSt. Inhaltsübersicht: Anm. 1 Die Reform des AÜG: Das Widerspruchsrecht gem. § 9 Nr. 1 AÜG 2017 - Ein Kuckuckskind im Koalitionsvertragsnest? von Prof. Dr. Peter Schüren, Universität Münster Anm. 2 Ausländerfeindliche Hasstiraden auf Facebook als wichtiger Grund i.S. von § 626 Abs. 1 BGB Anmerkung zu ArbG Gelsenkirchen, Urteil vom 24.11.2015, 5 Ca 1444/15 von Ulrich Fischer, RA und FA für Arbeitsrecht, Frankfurt am Main Anm. 3 Doppelzählung von Elternzeitvertretungen Anmerkung zu LArbG Nürnberg, Urteil vom 16.02.2016, 7 Sa 225/15 von Kristina Göhle-Sander, Präsidentin LArbG a.D., Hamm Anm. 4 Zulässige Videoüberwachung durch Arbeitgeber in einem Lager mit Sozialbereich zur Diebstahlsaufklärung Anmerkung zu ArbG Oberhausen, Urteil vom 25.02.2016, 2 Ca 2024/15 von Dr. André Zimmermann, LL.M., RA und FA für Arbeitsrecht, Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP, Düsseldorf / Louisa Kallhoff, RA'in, Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP, München Anm. 5 Annahmeverzugs- und Schadensersatzansprüche bei AU: Anforderung an Arbeitsangebot und die Umsetzung auf leidensgerechten Arbeitsplatz Anmerkung zu LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.11.2015, 9 Sa 1297/15 von Dr. Martin Lützeler, RA und FA Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, Köln Anm. 6 Auskunftsanspruch des Betriebsrats zu Umkleidezeiten Anmerkung zu LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.10.2015, 10 TaBV 929/15 von Priv.-Doz. Dr. Daniel Klocke

Zulässige Videoüberwachung durch Arbeitgeber zur Diebstahlsaufklärung

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Zitiervorschlag: Schüren, jurisPR-ArbR 19/2016 Anm. 1ISSN 1860-1553

juris GmbH, Gutenbergstraße 23, D-66117 Saarbrücken, Tel.: 0681/5866-0, Internet: www.juris.de, E-Mail: [email protected] juris PraxisReport sowie die darin veröffentlichten Anmerkungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil darf (auch nichtauszugsweise) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert werden.© juris GmbH 2016

Herausgeber: Prof. Franz Josef Düwell, Vors. RiBAG a.D.Prof. Klaus Bepler, Vors. RiBAG a.D.

19/2016

Erscheinungsdatum:11.05.2016 Erscheinungsweise:wöchentlich Bezugspreis:10,- € monatlichzzgl. MwSt.

Inhaltsübersicht:

Anm. 1 Die Reform des AÜG: Das Widerspruchsrecht gem. § 9 Nr. 1 AÜG 2017 - EinKuckuckskind im Koalitionsvertragsnest?von Prof. Dr. Peter Schüren, Universität Münster

Anm. 2 Ausländerfeindliche Hasstiraden auf Facebook als wichtiger Grund i.S. von§ 626 Abs. 1 BGBAnmerkung zu ArbG Gelsenkirchen, Urteil vom  24.11.2015, 5 Ca 1444/15von Ulrich Fischer, RA und FA für Arbeitsrecht, Frankfurt am Main

Anm. 3 Doppelzählung von ElternzeitvertretungenAnmerkung zu LArbG Nürnberg, Urteil vom  16.02.2016, 7 Sa 225/15von Kristina Göhle-Sander, Präsidentin LArbG a.D., Hamm

Anm. 4 Zulässige Videoüberwachung durch Arbeitgeber in einem Lager mitSozialbereich zur DiebstahlsaufklärungAnmerkung zu ArbG Oberhausen, Urteil vom  25.02.2016, 2 Ca 2024/15von Dr. André Zimmermann, LL.M., RA und FA für Arbeitsrecht, Orrick, Herrington & SutcliffeLLP, Düsseldorf / Louisa Kallhoff, RA'in, Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP, München

Anm. 5 Annahmeverzugs- und Schadensersatzansprüche bei AU: Anforderung anArbeitsangebot und die Umsetzung auf leidensgerechten ArbeitsplatzAnmerkung zu LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom  13.11.2015, 9 Sa 1297/15von Dr. Martin Lützeler, RA und FA Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, Köln

Anm. 6 Auskunftsanspruch des Betriebsrats zu UmkleidezeitenAnmerkung zu LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom  29.10.2015, 10 TaBV 929/15von Priv.-Doz. Dr. Daniel Klocke

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Die Reform des AÜG: DasWiderspruchsrecht gem. § 9 Nr. 1AÜG 2017 - Ein Kuckuckskind imKoalitionsvertragsnest?

von Prof. Dr. Peter Schüren, Universität Müns-ter

I. Worum geht es?

Das fingierte Arbeitsverhältnis zum Entleiher istseit 1972 die Rechtsfolge bei der Überlassungeines Arbeitnehmers ohne Erlaubnis. Die Folgensind bekannt, furchterregend und folglich ab-schreckend. Ein Unternehmen, das Scheinwerk-verträge zur Kostensenkung nutzt, geht ein gro-ßes Risiko ein.

Der BMAS-Entwurf (3. Versuch, Stand:14.04.2016 des Referentenentwurfs eines Ge-setzes zur Änderung des Arbeitnehmer-überlassungsgesetzes und anderer Geset-ze https://www.vbw-bayern.de/Redaktion/Frei-zu-gaengliche-Medien/Abteilungen-GS/Recht/2016/Downloads/Referentenentwurf-Zeitarbeit-Werkvertr%C3%A4ge-14.04.2016.pdf) sieht fürdie illegale Überlassung ein Widerspruchsrechtdes einzelnen Arbeitnehmers gegen das fingierteArbeitsverhältnis vor. Man hat nach 44 Jahren ent-deckt, dass hier eine Schutzlücke klafft. Vielleichtgibt es ja doch Arbeitnehmer, die beim illegalenVerleiher bleiben wollen.

Diese Innovation, die im Koalitionsvertrag nir-gends erwähnt ist, soll auch die neu geschaffenenFiktionstatbestände der verdeckten Überlassungmit Überlassungserlaubnis und der Überschrei-tung der Höchstüberlassungsdauer zum Schutzder Privatautonomie der Arbeitnehmer „ergän-zen“.

Das ist der Wortlaut der geplanten Regelung – dieFiktion greift über den unveränderten § 10 Abs. 1AÜG, wenn nicht rechtzeitig widersprochen wur-de:

„§ 9 Nr. 1 AÜG 2017

1. Verträge zwischen Verleihern und Entleihern so-wie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern,wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderlicheErlaubnis hat; der Vertrag zwischen Verleiher undLeiharbeitnehmer wird nicht unwirksam, wenn der

Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf einesMonats nach dem zwischen Verleiher und Entlei-her für den Beginn der Überlassung vorgesehe-nen Zeitpunkt gegenüber dem Verleiher oder demEntleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertragmit dem Verleiher festhält; tritt die Unwirksamkeiterst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiherein, so beginnt die Frist mit Eintritt der Unwirksam-keit,

1a. Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leih-arbeitnehmern, wenn entgegen §  1 Abs.  1 Satz5 und 6 die Arbeitnehmerüberlassung nicht aus-drücklich als solche bezeichnet und die Person desLeiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist,es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schrift-lich bis zum Ablauf eines Monats nach dem zwi-schen Verleiher und Entleiher für den Beginn derÜberlassung vorgesehenen Zeitpunkt gegenüberdem Verleiher oder dem Entleiher, dass er an demArbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält,

1b. Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leih-arbeitnehmern mit dem Überschreiten der zuläs-sigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b,es sei denn, der Leiharbeitnehmer erklärt schrift-lich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschrei-ten der zulässigen Überlassungshöchstdauer ge-genüber dem Verleiher oder dem Entleiher, dasser an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher fest-hält, …“

Es ergibt Sinn, diese drei Widerspruchstatbestän-de getrennt zu betrachten.

II. Widerspruch gegen die Unwirksamkeitdes Arbeitsverhältnisses bei illegaler Arbeit-nehmerüberlassung ohne Überlassungser-laubnis

Die Regelung wäre für einige ein Segen: Unter-nehmen, die sich illegal Personal ausleihen, könn-ten damit viele Millionen sparen. Und die beteilig-ten Führungskräfte würden besser schlafen, weilsie sich nicht mehr vor dem Staatsanwalt fürchtenmüssen.

Ein Beispiel soll das verdeutlichen:

Chemieunternehmen C mit 1.000 Beschäftigtenwill Lagerhaltung und Verpackung „outsourcen“.Der Auftrag geht im März 2013 an die Fa. Logis-tic-for-less (Lfl). Die kommt mit 110 Leuten – 100Helfer-/innen, 9 Vorarbeiter-/innen und einer Be-triebsleiterin. Die erledigen die gesamte Verpa-

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ckung und Lagerhaltung nach Anweisung durchden Lagerleiter der C. Lfl bezahlt im DurchschnittEuro 9 brutto Stundenlohn; die gleiche Mannschaftwürde bei C im Durchschnitt Euro 16 brutto proStunde bekommen. Die Menschen arbeiten ca.2.000 Stunden pro Jahr incl. Urlaub etc.

Es hat nur zum Scheinwerkvertrag gereicht, weilC die Fremdfirmenleute wie eigenes Personal ein-setzt. Wegen der illegalen Überlassung sind alle110 Lfl-Mitarbeiter seit der Arbeitsaufnahme (März2013) kraft Gesetzes (§§ 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 AÜG)Mitarbeiter der C. In diesen Arbeitsverhältnissen,die bereits drei Jahre andauern, haben sie An-spruch auf den Lohn, der bei C für ihre Arbeit zuzahlen ist (16 Euro statt 9 Euro).

Das ergibt für die Zeit von drei Jahren einen An-spruch auf Nachzahlung von 4,6 Mio. Euro Brutto-lohn (darin sind ca. 0,9 Mio. Euro Arbeitnehmeran-teil Sozialversicherungsbeiträge enthalten; der Ar-beitgeberanteil in ungefähr gleicher Höhe kommtobendrauf). Bei dieser Lohnsumme muss C ca.1,8 Mio. Euro Sozialversicherungsbeiträge nach-zahlen, die in den drei Jahren gesetzwidrig nichtabgeführt wurden. Übrigens unabhängig davon obauch der Lohn nachgezahlt wird.

Die Führungskräfte von C haben sich, weil sieden Sachverhalt kannten, wegen Beitragshinter-ziehung (§ 266a StGB) ernsthaft strafbar gemacht.Bei ca. 1,8 Mio. Euro hinterzogenen Beiträgen dro-hen Freiheitsstrafen auch ohne Bewährung.

Bußgelder wegen der Ordnungswidrigkeit des ille-galen Entleihs (§ 16 Abs. 1 Nr. 1a AÜG) sind fällig.

Das ist für die C und ihre Führungskräfte einewirtschaftliche und persönliche Katastrophe. Weildiese Sanktionen und Risiken bekannt sind, ver-zichten viele Unternehmen auf Scheinwerkverträ-ge. Man nennt das Abschreckung. Jetzt kommt ab2017 die segensreiche, im Koalitionsvertrag „nichtbestellte“ Reform aus dem BMAS. Wir betrachtenden gleichen Sachverhalt in der Zukunft:

Die 110 Leute von Lfl werden ab März 2017 wiederillegal an C ausgeliehen und wieder kraft Geset-zes Mitarbeiter der C. Die Mitarbeiter haben dannim Jahr 2020 alle zusammen Anspruch auf Nach-zahlung von 4,6 Mio. Euro Bruttolohn (darin sindca. 0,9 Mio. Euro Arbeitnehmeranteil Sozialversi-cherungsbeiträge enthalten) gegen C. Bei dieserLohnsumme muss C. ca. 1,8 Mio. Euro Sozialver-

sicherungsbeiträge nachzahlen, die in drei Jahrengesetzwidrig nicht abgeführt wurden.

Die Führungskräfte von C haben sich wieder we-gen Beitragshinterziehung strafbar gemacht; bei1,8 Mio. Euro drohen auch 2020 Freiheitsstrafen.

Bußgelder wegen der Ordnungswidrigkeit des ille-galen Entleihs (§ 16 Abs. 1 Nr. 1a AÜG 2017) sindfällig.

Das wäre für C wieder eine Katastrophe.

Wenn C freilich einigermaßen ordentlich beratenist, dann nutzt das Unternehmen die Neuregelungin § 9 Nr. 1 AÜG 2017. Es bleibt sonst alles un-verändert, aber alle Mitarbeiter, die Lfl schickte,haben bei der Arbeitsaufnahme bei C dort eineschriftliche Erklärung abgegeben, dass sie stetsbei Lfl bleiben wollen – sonst kommen sie bei Cnicht ins Haus. Diese Erklärung wäre übrigens kein„Widerspruch ins Blaue“. Die Fiktion greift im Au-genblick des Arbeitsbeginns. Also trifft der Wider-spruch auf den Punkt. Zwang oder Täuschung gabes auch nicht.

Hier liegt zwar immer noch illegale Überlassungvor. Die überlassenen Mitarbeiter werden wegender im AÜG 2017 erstmals vorgesehenen Wider-spruchserklärungen aber nicht mehr Arbeitneh-mer von C – sie alle bleiben wunschgemäß bei Lfl.

C wird nicht Arbeitgeber und schuldet weder Lohnnoch Sozialversicherungsbeiträge. C haftet auchnicht als Bürge für die von Lfl nicht bezahlten So-zialversicherungsbeiträge, weil es ja keine lega-le Überlassung ist! Die Führungskräfte von C ha-ben sich nicht wegen Beitragshinterziehung straf-bar gemacht. Wegen der Widersprüche der Mitar-beiter gibt es keine Arbeitsverhältnisse und keineBeitragsschuld der C.

Nur Bußgelder wegen der Ordnungswidrigkeit desillegalen Entleihs (§ 16 Abs. 1 Nr. 1a AÜG 2017)sind möglich.

Die Arbeitnehmer behalten aufgrund des Wider-spruchs ihr Arbeitsverhältnis zu Lfl. Da gibt es aberein kleines Problem. Lfl hat als illegaler Verleiherkeine legalen Arbeitsplätze. Da wird man die wi-dersprechenden Arbeitnehmer dort wohl schnellkündigen müssen. Nachzahlungsansprüche auf„Equal Pay“ werden vermutlich im Wesentlichenan den Ausschlussfristen in den Arbeitsverträgenmit Lfl scheitern.1 Es gibt dann drei Monate rück-

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wirkend „Equal Pay“ statt drei Jahre. Bei der C hät-te es keinen Anspruchsverlust über Ausschluss-fristen gegeben2 – aber es geht ja um den Schutzder Vertragsfreiheit der Arbeitnehmer und nichtum schnödes Geld.

Auf den Punkt gebracht: Das Widerspruchsrechtbei illegaler Überlassung schützt nur den illegalenEntleiher – den schützt es freilich sehr wirksam.

Für den seltenen Fall, dass ein Arbeitnehmer voneinem Arbeitgeber mit echten eigenen Arbeits-plätzen nur mal so „illegal“ ausgeliehen wurde,braucht es kein Widerspruchsrecht. Hier kann manim Wege der teleologischen Reduktion die Nichtig-keitsfolge des § 9 Nr. 1 AÜG auf die illegale Über-lassung beschränken. Das ist keine Innovation. Essteht so bereits in der ersten Auflage meines AÜG-Kommentars von 19943.

Aus der Praxis ist kein einziger Fall bekannt,in dem ein Arbeitnehmer erfolgreich gezwungenwurde, nach einer illegalen Überlassung beim Ent-leiher zu bleiben. Normalerweise muss sich ein Ar-beitnehmer gegen harten Widerstand einklagen,wenn er tatsächlich im fingierten Arbeitsverhält-nis bleiben will. Auch das BMAS hat keinen sol-chen Fall gefunden, in dem ein Arbeitnehmer überdas fingierte Arbeitsverhältnis seinen Arbeitsplatzbeim illegal tätigen Verleiher gegen seinen Willenwegen der Fiktion verloren hat.

Aber es gäbe in Zukunft mit Sicherheit Tausendevon Fällen der illegalen Überlassung, in denen dasWiderspruchsrecht die Führungskräfte der illega-len Entleiher vor der Strafbarkeit wegen Beitrags-hinterziehung schützen könnte. Für die geht es ummehr als Vertragsfreiheit, es geht um Freiheit ansich.

III. Widerspruch gegen die Unwirksamkeitdes Arbeitsverhältnisses bei illegaler Ar-beitnehmerüberlassung mit Überlassungs-erlaubnis

Für die illegale Überlassung, die trotz vorhande-ner Überlassungserlaubnis nicht offen als Überlas-sung durchgeführt wird (Reserveerlaubnis)4, giltkaum etwas anderes. Sollte es tatsächlich Ar-beitsplätze beim Scheinwerkunternehmer geben,auf denen die illegal überlassenen Arbeitnehmerin Zukunft legal arbeiten können, ist die glei-che Lösung über eine teleologische Reduktion der

Nichtigkeitsfolge möglich. Ein Widerspruchsrechtbraucht es nicht.

Der Vorteil dieser Lösung über eine teleologischeReduktion ist, dass die illegal überlassenen Arbeit-nehmer im Entleiher einen sicheren Schuldner fürihren „Equal Pay“-Anspruch für die Arbeitszeit dorthaben, da in dem gesetzlich begründeten Schuld-verhältnis keine Ausschlussfristen greifen.5

IV. Widerspruch gegen die Unwirksamkeitdes Arbeitsverhältnisses bei Überschreitender Höchstüberlassungsdauer

Anders sieht es beim Überschreiten der Höchst-überlassungsdauer aus. Hier gibt es im Regelfalleinen Verleiher, der den Arbeitnehmer auch be-schäftigen kann. Hier ist auch das Unwerturteil,das mit der Nichtigkeit und dem fingierten Ar-beitsverhältnis einhergeht, nach meiner Auffas-sung unangemessen hart. Denn der Referenten-entwurf will die Höchstüberlassungsdauer selbstsehr „durchlässig“ gestalten und ermöglicht unbe-grenzt tarifliche Ausnahmen.

Da ist es ein Wertungswiderspruch, für das Über-schreiten der 18-Monats-Grenze eine so tief ein-greifende Sanktion wie das fingierte Arbeitsver-hältnis vorzusehen. Hier reicht eine gewerbe-rechtliche Sanktion. Es genügt, dem Verleiher, derdie Grenze wiederholt nicht beachtet, die Überlas-sungserlaubnis zu entziehen. Das ist bereits heutemöglich. Wenn es nicht praktiziert wird, dann istdas kein Fehler des Gesetzes, sondern liegt an dermangelnden Bereitschaft oder Fähigkeit zum Ge-setzesvollzug durch die Bundesagentur für Arbeit.Da könnte man auch ohne Reform etwas ändern.

Das fingierte Arbeitsverhältnis ist für das Über-schreiten der Überlassungshöchstdauer eine ex-trem harte Sanktion. Will man sie gleichwohl,könnte man hier auch ein Widerspruchsrecht vor-sehen. Das deckt sich mit den Wertungen des BAGin seiner Entscheidung vom 10.12.20136.

V. Zusammenfassung

Das vorgesehene Widerspruchsrecht gegen einfingiertes Arbeitsverhältnis bei illegaler Überlas-sung (Scheinwerkvertrag) ist ein geschickt ver-packtes Geschenk für die Nutzer von Scheinwerk-verträgen. Es ist zwar im Koalitionsvertrag nicht sovorgesehen. Der legte noch fest, man wolle härtergegen Scheinwerkverträge vorgehen.

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Wenn das Widerspruchsrecht kommt, wird es denUnternehmen, die mit Scheinwerkverträgen arbei-ten, in Zukunft sehr viel Geld und den Führungs-kräften, die bisher wegen Beitragshinterziehungstrafbar wurden, viel Leid ersparen.

Man könnte das einen Bärendienst für die illegalüberlassenen Arbeitnehmer nennen. Aber davonspricht man nur, wenn hinter der Schädigung einegute Absicht steckt. Ich meine, es ist eher ein klei-ner Kuckuck, der hier ausgebrütet wird.

1 Vgl. die Argumentation in BAG, Urt.  v.25.03.2015 - 5 AZR 368/13.

2 BAG, Urt. v. 23.03. 2011 - 5 AZR 7/10.3 Schüren, AÜG, 1994, § 10 Rn. 157 ff.4 Ausf. dazu Schüren, NZA 2013, 176.5 BAG, Urt. v. 23.03.2011 - 5 AZR 7/10.6 BAG, Urt. v. 10.12.2013 - 9 AZR 51/13.

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Ausländerfeindliche Hasstiraden aufFacebook als wichtiger Grund i.S. von§ 626 Abs. 1 BGB

Orientierungssatz zur Anmerkung:

Ausländerfeindliche Hasstiraden auf Face-book können eine außerordentliche Kün-digung des Arbeitsverhältnisses rechtferti-gen.

Anmerkung zu ArbG Gelsenkirchen, Urteil vom 24.11.2015, 5 Ca 1444/15von Ulrich Fischer, RA und FA für Arbeitsrecht,Frankfurt am Main

A. Problemstellung

Bekanntlich zeichnen sich Diktaturen dadurchaus, dass in ihnen das Lied von der Freiheit derGedanken heimlich mit voller Inbrunst gesun-gen werden muss, weil der Übergang von Ge-danken in geäußerte Worte mit Gefahr für Leibund Leben verbunden ist. Demokratien singendemgegenüber das hohe Lied der Meinungsfrei-heit, die zu den unveräußerlichen Menschen-rechten gehört. Nun haben es aber so gut wiealle Rechte an sich, dass sie nicht grenzenlos

in Anspruch genommen werden dürfen. Die je-weilige Grenzziehung ist eine der wichtigen Auf-gaben, die im Rahmen der Gewaltenteilung derRechtsprechung zugewiesen ist.

Die technischen Möglichkeiten unserer Zeit zurEntäußerung von inneren Haltungen, Stimmun-gen, Gedanken und Gefühlen haben den Raum,in den diese entlassen werden können, ver-doppelt. Neben der Realität mittelbarer akusti-scher und visueller Phänomene steht jetzt zu-sätzlich die Virtualität des Internets. Aber diebloße Raumvergrößerung ist bei weitem nichtso qualitativ und quantitativ bedeutsam wie diegleichzeitig ermöglichte Reichweitenverlänge-rung und die exorbitant erhöhte Geschwindig-keit der Verbreitung. Hinzu kommt die Erleich-terung der Produktion und die Verkürzung derProduktionszeit: Schnell was eintippen ist nuneinmal einfacher und schneller, als ein Blatt Pa-pier zu beschreiben, zu vervielfältigen und zuverteilen. Diese Entwicklungen führen zuneh-mend dazu, dass sich auch die Arbeitsgerich-te mit der Einwirkung von Meinungsäußerungenauf das Arbeitsverhältnis befassen müssen, dienoch vor 20 Jahren den unmittelbarem Dunst-kreis eines Stammtisches, des privaten Umfeldsnicht verlassen hätten bzw. nie zur Kenntnis ei-ner unbestimmten Vielzahl von Menschen welt-weit, darunter eben auch dem Arbeitgeber, hät-ten kommen können. Die hier besprochene Ent-scheidung des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen istein Beispiel für diese Entwicklung.

Der Verfasser dieser Anmerkung gibt sich deroptimistischen Hoffnung hin, dass seine nach-folgenden Überlegungen nicht missverstandenbzw. richtig eingeordnet werden. Solche Hoff-nungen können allerdings trügerisch sein. Dennalles das, was zur Zeit unter dem (vermeintlich)schützenden Dach des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GGgeschieht, scheint in Zeiten der über die Medi-en angefeuerten Debatten, also in Zeiten, in de-nen Gesinnungsethik und Verantwortungsethiktiefe Gräben in die Gesellschaft reißen, gefahr-geneigte Tätigkeit zu sein. Vielleicht gelingt esmir aber trotz aller Risiken, deutlich zu machen:

1. Dass ich einerseits die inhaltlichen Positio-nen, um deren arbeitsrechtliche Bewertung imSinne einer Ausstrahlung auf das Arbeitsver-hältnis es im streitgegenständlichen Fall ging,nicht einmal ansatzweise teile, also weder gut-heiße noch hinnehme.

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2. Dass ich aber andererseits nicht in einen blin-den Taumel der Empörung verfalle, der dazuverleitet, arbeitsrechtliche Prinzipien, insbeson-dere den sozialen Schutzcharakter des Kündi-gungsschutzes, leichtfertig aufzugeben.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Ein im kommunalen Bereich beschäftigter Gärt-ner und Straßenreiniger war zwar der deutschenRechtschreibung wenig mächtig, was ihn abernicht daran hinderte, einen Facebook-Accountzu betreiben. Dort demonstrierte er, dass so gutwie jedes Wort, was er nicht zu Papier, aberins Internet brachte, falsch geschrieben werdenkann. Zutreffend ist, dass die Würde des Men-schen nicht davon abhängt, dass der die WürdeVerletzende orthographische Meisterleistungenverbringt. Auch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG beinhal-tet als Schutzvoraussetzung selbiges nicht. Sei-ne Wirkungen versagen aber immer dann, wenndurch geäußerte Meinungen in Art. 5 Abs. 2 GGgenannte Schranken tangiert bzw. überschrit-ten werden.

Der Verfasser versagt es sich, die Unsäglich-keit der hier streitgegenständlichen Äußerun-gen durch Wiederholung aufzuwerten und stelltfest, dass sie für den öffentlichen Diskurs nichtnur ungeeignet, sondern schädlich und gefähr-lich sind. Das Arbeitsgericht hat gemeint, sieseien darüber hinaus geeignet, das arbeits-vertragliche Band der Arbeitsvertragsparteien,trotz einer Betriebszugehörigkeit von deutlichmehr als 15 Jahren außerordentlich fristlos zubeenden und sah sich in der Lage, von derVerpflichtung zur Erteilung einer Abmahnungvor Ausspruch der schärfsten arbeitsrechtlichenSanktion abzusehen. Dies, obwohl der fristlosgekündigte Arbeitnehmer im Laufe des Prozes-ses alle Anstrengungen unternahm, den Ein-druck zu erwecken, er habe mit den auf sei-nem Facebook-Account geäußerten abstrusenMeinungen nichts zu tun.

C. Kontext der Entscheidung

Als älterer Mitbürger, der freimütig bekennt,an dem Milliardengeschäft, das das Unterneh-men Facebook darstellt, wenig Gefallen zu fin-den und seine Segnungen für die Menschheitals überschaubar zu bezeichnen, sehe ich mich

nicht in der Lage, die datentechnische Diskussi-on um die im streitgegenständlichen Fall aufge-worfene Frage zu beantworten, ob es möglichsei, dass die vom Arbeitgeber als kündigungs-relevant aufgefassten Äußerungen des Klägersnicht ihm, sondern unbekannten Dritten zuzu-ordnen sind. Ich gehe im Rahmen dieser Be-sprechung schlicht mit dem Arbeitsgericht da-von aus, dass es sich hier um eine (untaugli-che) Schutzbehauptung des klagenden Arbeit-nehmers handelt, wie sie in Prozessen um ver-haltensbedingte Kündigungen gang und gäbesind.

Wie oben bereits angedeutet, habe ich keinenZweifel, dass der wutschnaubende FacebookerÄußerungen getan hat, die nicht hinnehmbarund auch gesellschaftlich schädlich sind. Aller-dings, vor dem ArbG Gelsenkirchen ging esnicht um eine zivilrechtliche oder strafrechtli-che Beurteilung von Äußerungen mit Blick aufdie Opfer dieser Äußerungen und mit Blick aufdas gesamtstaatliche Gefüge. Vor dem ArbGGelsenkirchen ging es schlicht und ergreifendum die Frage, ob jenseits der Rechtsverletzunggegenüber den mit Hasstiraden überzogenenMenschen und jenseits der dadurch entstan-denen Beeinträchtigung öffentlichen Diskurses,„Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kün-digenden unter Berücksichtigung aller Umstän-de des Einzelfalles und unter Abwägung der In-teressen beider Vertragsteile die Fortsetzungdes Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kün-digungsfrist … nicht zugemutet werden kann“,§ 626 Abs. 1 BGB. Schon dieses Zitat zeigt, dassder Prüfungsrahmen und der Prüfungsauftragdes Arbeitsgerichtes eine völlig andere Schutz-richtung hat als die Persönlichkeitsschutzrech-te, die primär in Art. 5 Abs. 2 GG in Rede ste-hen. Für die Durchbrechung des Kündigungs-schutzes ist die wesentliche, ja die entscheiden-de Kategorie nicht die Frage nach allgemeinemWohlverhalten oder dem Gegenteil davon, son-dern die Frage der Beeinträchtigung der Inter-essen des Arbeitgebers im engeren bzw. desBetriebes oder Unternehmens als einer kollek-tiven Einheit im weiteren Sinne. Insbesonderedann, wenn der kündigungsrelevante Sachver-halt, hier das Verhalten eines Arbeitnehmers,mit der eigentlichen Erbringung der Arbeitsleis-tung nichts zu tun hat, sondern außerhalb der-selben und außerhalb des betrieblichen Zusam-menhanges steht, ist eine besonders sorgfälti-ge Prüfung erforderlich, worin genau die Beein-trächtigung des Dauerschuldverhältnisses be-

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steht. Diese kann sich z.B. daraus ergeben,dass das kündigungsrelevante Verhalten von ei-nem Arbeitnehmer stammt, der in der Öffent-lichkeit als Repräsentant des Arbeitgebers auf-tritt. Ich wage die These, dass bei einem Gärtnerund Straßenreiniger die öffentliche Wahrneh-mung desselben als Arbeitgeberrepräsentantallenfalls marginal vorhanden sein dürfte. DieBeeinträchtigung kann sich auch daraus erge-ben, dass das mit dem Arbeitsverhältnis nicht inVerbindung stehende Verhalten Ausstrahlungs-wirkungen auf den Ruf des Arbeitgebers in derÖffentlichkeit hat. Das ist natürlich insbeson-dere dann der Fall, wenn es um Tendenzun-ternehmen geht, aber auch dann, wenn Unter-nehmen sich im Rahmen ihrer Betriebszweckeethischen, moralischen oder auch sozialen oderqualitativen Prinzipien verschrieben haben. Ichwage zu bezweifeln, dass das kommunale Un-ternehmen, das den Gärtner und Straßenreini-ger beschäftigte, als Prototyp eines solchen Ar-beitgebers angesehen werden kann. Ferner istdas außerdienstliche Verhalten eines Arbeitneh-mers kündigungsrelevant, wenn Zweifel an sei-ner Bereitschaft bestehen, die arbeitsvertragli-chen Hauptpflichten ordnungsgemäß zu erfül-len oder wenn dieses Verhalten zu einer in-nerbetrieblichen Friedensstörung führt. Es er-scheint mir zweifelhaft, ob entsprechende Tat-sachen festgestellt wurden.

Die Schwierigkeit bei der rechtlichen Beurtei-lung von Meinungen durch gerichtliche Instan-zen liegt – auch dafür ist der vorliegende Fallmeines Erachtens ein schönes Beispiel – insbe-sondere darin, dass die Personen, die die ge-richtlichen Instanzen repräsentieren, ihrerseitsTräger von Meinungen, Haltungen, Einschätzun-gen, Urteilen, vielleicht sogar Vorurteilen sind.Denn es sind ja glücklicherweise Menschen. DieAufgabe dieser Menschen ist fast übermensch-lich, nämlich von den eigenen Meinungen in ho-hem Maße zu abstrahieren und nicht ihre eige-nen Meinungen selbst zum Maßstab der Beur-teilung anderer Meinungen zu machen. Folgen-des Gedankenexperiment sei gestattet: UnserGärtner und Straßenreiniger hätte nicht überAusländer gepöbelt, sondern über Kommunis-ten und Sektenangehörige oder wahlweise auchüber AfD-Mitglieder oder Nazis bzw. Neonazis.Hätte er auch mit der zwingenden Folgerich-tigkeit wie im vorliegenden Falle das schärfs-te arbeitsrechtliche Schwert im Nacken gehabt?Oder anders gefragt: Ist der Empörungspegel,der von der öffentlichen Debatte getriggert

wird, ein sachgerechtes Kriterium, die kündi-gungsrelevante Beeinträchtigung der Arbeitge-berinteressen zu indizieren? Wäre es nicht an-gebracht, auch bei Tiraden der hier streitgegen-ständlichen Art in Arbeitsverhältnissen der hierstreitgegenständlichen Art die Kirche im Dorf zulassen? Ich gebe folgendes zu bedenken: Nichtalle unter dem TVöD beschäftigten Arbeitneh-mer sind in der Lage, die Möglichkeiten, die sichihnen durch die oben bereits angesprochenentechnischen Möglichkeiten eröffnen, verantwor-tungsbewusst und sachgerecht wahrzunehmen.

Dem Arbeitsgericht ist in vollem Umfange zuzu-stimmen, wenn es kurz, knapp und richtig for-muliert: „Es gibt keinen Freiraum, im Internetehrkränkende Äußerungen über andere abge-ben zu können.“ Diesen Freiraum gibt es auchaußerhalb des Internets nicht. Nur haben dieÄußerungen außerhalb des Internets eine ganzandere Relevanz aufgrund der fehlenden Reich-weite, der fehlenden Reproduzierbarkeit undder geringen Aufmerksamkeitserregung. Oderanders formuliert: Stellt es nicht doch eine vomArbeitsgericht an sich gerade abgelehnte Diffe-renzierung zwischen der Realität und Virtuali-tät dar, wenn offensichtlich ist, dass eine Mei-nungsäußerung nur dann zu Sanktionen führt,weil sie in der Virtualität ihre besondere Wir-kung erweist, während sie hingenommen wird,weil sie in der Realität wenig Erregungspoten-zial beinhaltet? So ganz lässt sich der Eindrucknicht vermeiden, dass hier der Arbeitgeber undletztlich auch das Arbeitsgericht weniger daraninteressiert waren, die konkrete Beeinträchti-gung des Arbeitsverhältnisses zu sanktionieren.Möglicherweise war das allgemeine pädagogi-sche Interesse, der generalpräventive Gedankeentscheidungsleitend. Damit allerdings verließedas Kündigungsschutzrecht die ihm zugewiese-nen Bahnen.

Im vorliegenden Fall war es darüber hinaus so,dass der Arbeitnehmer weder außerprozessualnoch prozessual seine Hasstiraden wiederholtoder verteidigt hat. Ein verständiger Arbeitneh-mer könnte daraus möglicherweise die Schluss-folgerung ableiten, dass der erzieherische Ef-fekt, mit unmittelbarer Wirkung auf das Ar-beitsverhältnis, auch durch eine Abmahnung er-reicht worden wäre. Gerade dann, wenn – wie esder vorliegende Fall nahelegt – es sich um eine„Ersttäterschaft“ handelt, scheint mir das Ge-bot der vorherigen Abmahnung sinnvoll einge-setzt. Dabei geht es natürlich nicht darum, den

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Anspruch zu erheben, mit Mitteln des Arbeits-rechts den Arbeitnehmer zu einem geachtetenMitglied einer demokratischen Gesellschaft zuadeln. Es geht noch nicht einmal darum, die in-nere Gedankenwelt des Arbeitnehmers zu be-einflussen, denn – vgl. oben – jedenfalls dieGedanken sind frei. Dabei weiß ich aus mei-ner eigenen Stellung als Arbeitgeber, dass nichtalle von mir in „meinen“ Arbeitnehmern ver-muteten Gedanken mir zu meinem seelischenund politischen Wohlbefinden verhelfen. Aberum Wohlbefinden des Arbeitgebers geht es imArbeitsverhältnis glücklicherweise von Rechtswegen nicht. Auch der öffentliche Arbeitgebermuss es aushalten, dass in seinen Diensten Ar-beitnehmer beschäftigt sind, deren Gedanken-welt nicht mit allen Anforderungen der freiheit-lich-demokratischen Grundordnung kompatibelsind. Macht sich ein solcher Arbeitnehmer an-heischig, diese Gedankenwelt mit Breitenwir-kung zu offenbaren, ist es meines Erachtensin Fällen der vorliegenden Art zunächst ausrei-chend, dass der Arbeitgeber eine Abmahnungerteilt. Erst wenn diese nichts fruchtet, ist es –dann aber auch konsequent – geboten, Been-digungssanktionen zu ergreifen. Muss ich nocheinmal betonen, dass ich inhaltlich mit den vomArbeitsgericht beurteilten Tiraden nichts, aberauch gar nichts „am Hut“ habe? Wenn ja, habeich es hiermit getan.

D. Auswirkungen für die Praxis

Ich prognostiziere, dass Fälle der vorliegendenArt zukünftig breiten Raum einnehmen werden.Ich hoffe, dass meine Anmerkung nicht missver-standen wird, sondern Teil einer sachlichen undzielführenden Diskussion ist.

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Doppelzählung vonElternzeitvertretungen

Leitsatz:

§ 21 Abs. 7 BEEG ist nicht dahin auszulegen,dass der Mitarbeiter, der den beurlaubtenArbeitnehmer vertritt, aufgrund einer Be-fristung mit dem Sachgrund des § 21 Abs. 1BEEG eingestellt worden sein muss. Maßge-bend ist, ob eine Vertretung des beurlaub-ten Mitarbeiters stattfindet, nicht, auf wel-

cher rechtlichen Grundlage der Vertreter be-schäftigt wird. Eine Einstellung i.S.d. §  21Abs. 7 BEEG liegt auch dann vor, wenn derArbeitgeber keinen neuen Mitarbeiter ein-stellt, sondern einen vorhandenen Mitarbei-ter auf die Stelle des beurlaubten Mitarbei-ters versetzt.

Anmerkung zu LArbG Nürnberg, Urteil vom 16.02.2016, 7 Sa 225/15von Kristina Göhle-Sander, Präsidentin LArbGa.D., Hamm

A. Problemstellung

Setzt das „Verbot der Doppelzählung“ bei derFeststellung der Beschäftigtenzahl in §  23KSchG voraus, dass die für einen in Elternzeitbefindlichen Arbeitnehmer beschäftigte Vertre-tung befristet nach § 21 Abs. 1 BEEG (neu) ein-gestellt wurde?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

In dem von der Klägerin angestrengten Kün-digungsschutzverfahren streiten die Parteienum die Anwendbarkeit des Kündigungsschutz-gesetzes. Die Klägerin, die über eine kaufmän-nische Ausbildung verfügt, trat ab 16.03.2012in ein Arbeitsverhältnis zu der Beklagten, daszunächst bis zum 16.09.2012 befristet war. Ent-sprechend ihrem Arbeitsvertrag erbrachte siezunächst Tätigkeiten in der Produktion. Bei ihrerArbeitsaufnahme standen – einschließlich derKlägerin selbst – 14,5 Arbeitnehmer in einem Ar-beitsverhältnis mit der Beklagten, darunter dieseit 2011 in Elternzeit befindliche, bis dahin inder Produktion eingesetzte Arbeitnehmerin O.,für die als Ersatz der Arbeitnehmer Do. einge-stellt worden war, sowie die ab 05.04.2012 inMutterschutz mit anschließender Elternzeit be-findliche Verwaltungsangestellte Sa., für die En-de Februar 2012 der Arbeitnehmer We. einge-stellt worden war. Herr Do. schied nach demVortrag der Klägerin im August 2012, nach demVortrag der Beklagten zum 31.12.2012 aus demArbeitsverhältnis aus. Herr We. beendete dasArbeitsverhältnis zum 18.06.2012. Die Kläge-rin wechselte ab Juni 2012 in die Verwaltung.Im November 2012 erhielt sie einen neuen Ar-beitsvertrag, wonach sie ab dem 01.11.2012

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als kaufmännische Angestellte für alle anfallen-den Büroarbeiten beschäftigt wurde. Nachfol-gend verließen drei andere Arbeitnehmer dieBeklagte. Im Mai 2013 wurde der Arbeitneh-mer R. für den Produktionsbereich neu einge-stellt, so dass sich im Ergebnis 9,5 Arbeitneh-mer im aktiven Arbeitsverhältnis, zwei Eltern-zeitlerinnen im ruhenden Arbeitsverhältnis be-fanden. Im April 2014 wurde zusätzlich eine Teil-zeitkraft (0,5) eingestellt.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mitder Klägerin am 22.07.2014 zum 31.08.2014.An ihrer Stelle wurde eine neue Mitarbeiterineingestellt. Danach schieden eine Vollzeitkraftund eine Teilzeitkraft aus. Die Beklagte kün-digte der Klägerin erneut am 14.01.2015 zum28.02.2015. Zum 28.02.2015 schied außerdemeine Vollzeitkraft bei der Beklagten aus. Unterdem 12.03.2015 erfolgte eine dritte Kündigungder Klägerin zum 30.04.2015. Gegen alle Kün-digungen erhob die Klägerin fristgerecht Klage,die in der Berufungsinstanz ohne Erfolg blieb.

Das LArbG Nürnberg hält bereits die erste Kün-digung vom 22.07.2014 für wirksam, da die re-gelmäßige Beschäftigtenzahl bei der Beklagtenzu diesem Zeitpunkt nicht mehr als zehn Arbeit-nehmer betragen habe, so dass sich die Kläge-rin nicht auf das Kündigungsschutzgesetz beru-fen könne (§ 23 Abs. 1 Satz 3, 4 KSchG). Es ge-langt zu diesem Ergebnis, indem es die in El-ternzeit befindlichen Arbeitnehmerinnen O. undSa. auf der Grundlage des § 21 Abs. 7 Satz 1BEEG nicht als Beschäftigte i.S.d. §  23 Abs.  1KSchG mitzählt. Für beide Arbeitnehmerinnenhabe die Beklagte eine Ersatzkraft eingesetzt,nämlich für Frau O. den Arbeitnehmer R., der –wenn auch mit zeitlicher Verzögerung – dem ur-sprünglichen Vertreter Do. nachgefolgt sei, undfür Frau Sa. die Klägerin, die den ursprünglichenVertreter We. ersetzt habe. Es sei – so das Lan-desarbeitsgericht – für die Anwendung der Zähl-weise nach § 21 Abs. 7 BEEG unter Berücksich-tigung des Gesetzeszweckes nicht erforderlich,dass die jeweilige Vertretung gerade aufgrundeiner Befristung nach § 21 Abs. 1 BEEG beschäf-tigt wird. Unschädlich sei auch, dass die Kläge-rin nicht für Frau Sa. neu eingestellt, sondernsie nach dem Ausscheiden des ursprünglichenVertreters We. von der Produktion in die Ver-waltung versetzt und erst dadurch Ersatzkraftfür Sa. geworden sei. Dies ändere nichts daran,dass sich die Anzahl der regelmäßig beschäf-

tigten Arbeitnehmer in diesem Zeitpunkt verrin-gert habe.

Wegen der wirksamen Beendigung des Arbeits-verhältnisses zum 31.08.2014 seien die gegendie beiden nachfolgenden Kündigungen gerich-teten Klagen in Ermangelung eines Feststel-lungsinteresses nach § 256 ZPO unzulässig ge-worden.

C. Kontext der Entscheidung

Für die Feststellung der Anzahl der in der Regelbeschäftigten Arbeitnehmer i.S.d. §  23 Abs.  1Satz 3 KSchG ist darauf abzustellen, welcheBeschäftigtenlage für den Betrieb im Allgemei-nen kennzeichnend ist. Zufällige, außergewöhn-liche Schwankungen bleiben unberücksichtigt.Die Beurteilung der regelmäßigen Belegschafts-stärke erfolgt grundsätzlich über einen Rück-blick auf die bisherige Beschäftigtensituationund eine Einschätzung der zukünftigen Entwick-lung (BAG, Urt. v. 24.01.2013 - 2 AZR 140/12 -NZA 2013, 726; LArbG Köln, Urt. v. 21.11.2014- 4 Sa 674/14). Arbeitnehmer, die, etwa durchKrankheit, länger ausfallen, zählen mit, solan-ge mit ihrer Rückkehr in den Betrieb zu rech-nen ist (LArbG Köln, Urt .v. 22.05.2009 - 4 Sa1024/08 - NZA-RR 2009, 583). Dies gilt auchfür Arbeitnehmer im vorübergehend ruhendenArbeitsverhältnis (BAG, Urt.  v. 31.01.1991 - 2AZR 356/90 - NZA 1991, 562; Kiel in: ErfKomm,16. Aufl., § 23 KSchG Rn.11), gerade auch beiArbeitnehmern in Elternzeit. Die Beschäftigten-zahl i.S.d. § 23 Abs. 1 KSchG ändert sich nicht,wenn der Betrieb vor und nach der Elternzeitmit der gleichen Personalstärke ausgestattet ist(BAG, Urt. v. 31.01.1991 - 2 AZR 356/90). DerSchwellenwert des § 23 Abs. 1 KSchG kann al-so nicht vorübergehend durch die Inanspruch-nahme von Elternzeit/Freistellung zur Kinderbe-treuung unterschritten werden (vgl. Däubler in:Kittner/Däubler/Zwanziger, Kündigungsschutz-recht, 9.  Aufl. 2014, §  21 BEEG Rn.  22). Wirdder ausfallende Arbeitnehmer allerdings durcheine Ersatzkraft vertreten, zählt er nicht mit(Bader in: KR, 11.  Aufl., §  23 KSchG Rn.  54),denn für den Betrieb kennzeichnend ist nur dieBeschäftigung entweder der Stammarbeitneh-mer oder der Vertretungskräfte (BAG, Beschl. v.15.03.2006 - 7 ABR 39/05, zu § 9 BetrVG). FürFälle der Elternzeit bzw. Freistellung zur Kinder-betreuung regelt dies §  21 Abs.  7 BEEG aus-

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drücklich (ebenso bei der Inanspruchnahme vonPflegezeit: § 6 Abs. 4 PflZG).

Ausgangspunkt sind die Verhältnisse im Zeit-punkt des Zugangs der Kündigung (Kiel in:ErfKomm, § 23 KSchG Rn. 14). Bezogen auf dieerste Kündigung vom 22.07.2014 beschäftigtedie Beklagte nach den Feststellungen des Lan-desarbeitsgerichts damals unter Abzug der inElternzeit befindlichen Arbeitnehmerinnen zehnArbeitnehmer. In der Rückschau waren es 201212,5, ab Juni 2012 11,5 Arbeitnehmer, ab Mai2013 9,5 und ab April 2014 zehn Arbeitnehmer.Nach der Kündigung sank die Beschäftigtenzahlbis Februar 2015 durch Personalfluktuation wei-ter ab und betrug maximal 9,5 Arbeitnehmer.Ob diese Entwicklung bereits bei Zugang derKündigung absehbar war (vgl. LArbG Hamm,Urt. v. 03.04.1997 - 4 Sa 693/96 - AP Nr 15 zu§ 23 KSchG 1969), geht aus der Entscheidungnicht hervor. Lässt man die Frage der Nichtbe-rücksichtigung der Elternzeitlerinnen außer Be-tracht, lässt sich die Ansicht des LArbG Nürn-berg jedenfalls nachvollziehen, im Kündigungs-zeitpunkt sei eine Personalstärke von zehn Ar-beitnehmern für den Betrieb der Beklagtenkennzeichnend gewesen. Denn die Beschäftig-tenzahl reduzierte sich seit 2012 zunächst kon-tinuierlich und stieg danach nicht über zehn Ar-beitnehmer an. Nähere Angaben der Beklagtenzum betrieblichen Beschäftigungskonzept erüb-rigten sich, denn es ist zunächst Sache der Klä-gerin anzugeben, welche mehr als zehn Arbeit-nehmer im Kündigungszeitpunkt im Betrieb be-schäftigt waren (vgl. zur Darlegungs- und Be-weislast im Zusammenhang mit §  23 Abs.  1KSchG: BAG. Urt. v. 24.02.2005 - 2 AZR 373/03- NZA 2005, 764).

Entscheidungserheblich ist allerdings die An-sicht des LArbG Nürnberg, die zwei in Eltern-zeit befindlichen Arbeitnehmerinnen unterlägendem Verbot der Doppelzählung, für beide ha-be die Beklagte Vertretungen i.S.d. § 21 Abs. 7BEEG eingestellt. Dabei ist zunächst der Um-stand zu überwinden, dass für den ursprüng-lich unstreitig als Vertreter der Verwaltungs-angestellten Sa. (ob befristet oder unbefristet,ist der Entscheidung nicht zweifelsfrei zu ent-nehmen) eingestellten und im Juni 2012 wie-der ausgeschiedenen We. die Klägerin per Ver-setzung und nicht per Neueinstellung in derVerwaltung beschäftigt wurde. Weiter gilt esdie Tatsache rechtlich einzuordnen, dass we-der die Klägerin noch die vom LArbG Nürnberg

als Vertreter der O. eingestuften ArbeitnehmerDo. bzw. R. befristet und auf der Grundlage des§ 21 Abs. 7 BEEG eingestellt wurden. Dem Um-stand, dass die Klägerin nicht nur Aufgaben derSa., sondern auch Aufgaben anderer Verwal-tungsangestellter übernahm, weist das Landes-arbeitsgericht demgegenüber keine entschei-dende Bedeutung zu. Es kann sich dabei aufdie Rechtsprechung zur mittelbaren Vertretung(BAG, Urt. v. 10.10.2012 - 7 AZR 462/11; BAG,Urt. v. 11.02.2015 - 7 AZR 113/13 - NZA 2015,617) stützen.

Ob das in §  21 Abs.  7 BEEG normierte Ver-bot der Doppelzählung bei der Feststellungder Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 KSchGausschließlich dann zum Tragen kommt, wenndie Ersatzkraft für einen in Elternzeit befindli-chen Arbeitnehmer befristet nach § 21 Abs. 1BEEG i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG eingestelltwird, ist umstritten (dafür etwa: Müller-Glögein: ErfKomm, § 21 BEEG Rn. 11, unter Hinweisauf die Systematik des § 21 BEEG und die denVertretungsfall begründenden Tatsachen). DerWortlaut des §  21 Abs.  7 Satz 1 BEEG („so-lange“), ist nicht eindeutig. Allerdings legt esder Vertretungsbedarf in Fällen, in denen einArbeitnehmer nach der Prognose des Arbeitge-bers vorübergehend ausfällt, nahe, dass ein da-durch auszugleichender Beschäftigungsbedarfnur zeitweilig besteht. Die unbefristete Einstel-lung eines Arbeitnehmers unter Verzicht auf diedurch § 21 BEEG eröffneten rechtlichen Erleich-terungen kann deshalb zumindest Zweifel her-vorrufen, ob es bei dieser Maßnahme geradeum die Vertretung für die ausgefallene Stamm-kraft geht. Bruns (BB 2008, 386, 387) hält ei-nen solchen Arbeitnehmer für „in jeder Hin-sicht vollwertig“, da er auch bei Rückkehr desElternzeitlers nicht ohne weiteres ausscheidet.Das LArbG Mainz (Urt.  v. 05.02.2004 - 6 Sa1226/03) spricht einem unbefristet eingestell-ten Arbeitnehmer deshalb die Vertretereigen-schaft für einen in Elternzeit befindlichen Ar-beitnehmer grundsätzlich ab (vgl. auch LArbGHamm, Beschl. v. 18.03.1998 - 3 TaBV 42/98, zu§ 9 BetrVG; Dörner in: DLW, 13. Aufl., Rn. 2047).Andererseits ist nichts dafür ersichtlich, dass essich bei §  21 Abs.  7 BEEG um eine abschlie-ßende Sonderregelung handelt. In der Bestim-mung findet vielmehr gerade ein allgemeinerRechtsgedanke – Verbot der Doppelzählung inVertretungsfällen – seinen Niederschlag (Baderin: KR, §  23 KSchG Rn.  54; Lipke in: KR, §  21BEEG Rn.  78). §  21 BEEG soll dem Arbeitge-

jurisPR-ArbR 19/2016

ber bei der Überbrückung von Elternzeiten ei-ne rechtssichere Grundlage verschaffen und ihnim Hinblick auf arbeitsrechtliche Schwellenwer-te nicht wegen der Einstellung von Ersatzkräf-ten benachteiligen. Die Norm soll ihn aber nichtabhalten, einer Vertretung das deutlich attrak-tivere Angebot eines unbefristeten Arbeitsver-hältnisses selbst mit dem Risiko zu machen, beiRückkehr des Elternzeitlers einen Arbeitskräf-teüberhang zu haben. Die genannten Aspektesprechen mit dem LArbG Nürnberg dafür, dasVerbot der Doppelzählung in § 21 Abs. 7 BEEGauch auf unbefristet eingestellte Vertretungenzu erstrecken. Damit gelangt man zudem zu ei-nem Einklang mit den allgemeinen Grundsätzenzur Feststellung der regelmäßigen Beschäftig-tenzahl nach § 23 Abs. 1 KSchG, wonach Ver-tretungen für Stammarbeitnehmer (etwa in Ur-laubs- oder Krankheitsfällen) ungeachtet einerbefristeten oder unbefristeten Einstellung nichtmitzählen (vgl. BAG, Urt. v. 24.01.2013 - 2 AZR140/12 - NZA 2013, 726; LArbG Düsseldorf, Be-schl. v. 26.07.2000 - 12 TaBV 35/00; Bader in:KR, § 23 KSchG Rn. 54; für Wiedereinstellungenin der Freistellungsphase bei Altersteilzeit: Kielin: ErfKomm, § 23 KSchG Rn. 15).

Gleichgültig ob man an § 21 Abs. 7 BEEG oderunmittelbar an §  23 Abs.  1 KSchG anknüpft,reicht es allerdings nicht aus, dass der Ar-beitgeber bestimmte eingestellte Arbeitnehmerim gerichtlichen Verfahren lediglich als Vertre-tungskräfte bezeichnet. Bei einem fehlendenArbeitsvertrag nach § 21 Abs. 1 BEEG bedarf esfür das Eingreifen des Verbots der Doppelzäh-lung konkreter, nach außen hervortretender An-haltspunkte für den Vertretungscharakter derEinstellung (Lipke in: KR, §  21 BEEG Rn.  77,m.w.N.). Es muss feststellbar sein, dass die Ein-stellung gerade wegen des vorübergehendenBeschäftigungsbedarfs erfolgte, der durch denAusfall des zu vertretenden Arbeitnehmers ent-stand (vgl. BAG, Urt.  v. 29.04.2015 - 7 AZR310/13 - NZA 2015, 928). Ob dies im Fall desLArbG Nürnberg zutrifft, ist einer Bewertung destatsächlichen Vorbringens der Parteien überlas-sen. Dass etwa der im Mai 2013 eingestellte R.die Arbeitnehmerin O. vertritt, ist – zumal ange-sichts der Personalfluktuation bei der Beklagten– jedenfalls nicht ohne weiteres ersichtlich.

Mit der Feststellung der Beendigung des Ar-beitsverhältnisses zum 31.08.2014 kommt esauf die Wirksamkeit der nachfolgenden Kün-digungen nicht mehr an. Die insoweit erho-

benen Kündigungsschutzklagen bleiben erfolg-los, da sie ein im Zeitpunkt des Wirksamwer-dens der Kündigungen bestehendes Arbeitsver-hältnis voraussetzen (BAG, Urt.  v. 12.05.2011- 2 AZR 479/09). Nach dem LArbG Nürnbergführt dies zum nachträglichen Wegfall desRechtsschutzbedürfnisses und damit zur Unzu-lässigkeit der Kündigungsschutzklagen (so auchLArbG Nürnberg, Beschl. v. 24.11.2011 - 7 Ta185/11; LArbG Hamm, Urt.  v. 23.09.1999 - 4(19) Sa 1361/98; Klose in: KR, § 4 KSchG Rn. 44).Jedenfalls sind die Klagen gegen die ins Leeregehenden Kündigungen aus 2015 unbegründet(vgl. BAG, Urt. v. 14.06.2006 - 5 AZR 592/05 -NZA 2006, 1154).

D. Auswirkungen für die Praxis

Über die eingelegte Revision (2 AZR 225/16)wird das BAG Gelegenheit bekommen, zum Ver-hältnis zwischen §  21 Abs.  7 BEEG und §  23Abs. 1 KSchG Stellung zu nehmen. Unabhängigvon dieser Klärung sollten Elternzeitvertretun-gen gerade dann, wenn wegen neuer Arbeits-verhältnisse das Überschreiten arbeitsrechtli-cher Schwellenwerte in Rede steht, möglichstrechtssicher über § 21 Abs. 1 BEEG oder ander-weitige Vereinbarungen so gestaltet werden,dass sie den Vertretungscharakter der Einstel-lung klar erkennen lassen.

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Zulässige Videoüberwachung durchArbeitgeber in einem Lager mitSozialbereich zur Diebstahlsaufklärung

Leitsatz:

Ein Tisch mit Stühlen, der im Lagerraum auf-gestellt ist, stellt keinen Sozialraum i.S.v. § 6ArbStättV dar.

Orientierungssatz zur Anmerkung:

Die Videoüberwachung durch den Arbeitge-ber in einem Lagerraum mit Sozialbereich istnach § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zum Zweck derDiebstahlsaufklärung zulässig.

Anmerkung zu ArbG Oberhausen, Urteil vom 25.02.2016, 2 Ca 2024/15

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von Dr. André Zimmermann, LL.M., RA und FAfür Arbeitsrecht, Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP,Düsseldorf / Louisa Kallhoff, RA'in, Orrick, Her-rington & Sutcliffe LLP, München

A. Problemstellung

Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist ein um-strittenes Thema. Den rechtlichen Rahmen bil-den das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) unddas allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeit-nehmer.

Das ArbG Oberhausen hat jüngst entschieden,dass die Videoüberwachung durch den Arbeit-geber in einem Lager mit Sozialbereich zurDiebstahlsaufklärung zulässig ist. Damit hat esim Rahmen der bei § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ge-botenen Interessenabwägung das Interesse desArbeitgebers an der Diebstahlsaufklärung hö-her bewertet als die mögliche Persönlichkeits-rechtsverletzung der Arbeitnehmerin.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Eine teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin warfihrem Arbeitgeber, dem Betreiber eines Fan-shops eines Fußballvereins, vor, er mache imSozialraum in unzulässiger Weise Videoaufnah-men. Bei dem Raum handelt es sich um einenLagerraum, der neben Verkaufsware, organisa-torischen und technischen Einrichtungen sowiezwei Tresoren einen Sitzbereich enthält. Die-ser Sitzbereich, bestehend aus einem Tisch undStühlen, wurde von den Mitarbeitern für Pausenund kurze Unterhaltungen sowie von dem Filial-leiter für die Erledigung verschiedener Arbeitengenutzt.

Von der in dem Lagerraum angebrachten Video-kamera wurden in erster Linie die beiden Tre-sore erfasst, in denen sich stets hohe SummenBargeld befinden.

Die Arbeitnehmerin machte Ansprüche auf Un-terlassung der Videoüberwachung, Auskunftüber gespeicherte Daten und deren Löschungsowie Schadensersatz wegen der Verletzung ih-res Persönlichkeitsrechts geltend. Sie trug vor,der Arbeitgeber sei nicht berechtigt, sie wäh-

rend des Aufenthalts in dem von ihr als Sozial-raum bezeichneten Lagerraum zu filmen.

Der Arbeitgeber vertrat die Ansicht, es hande-le sich nur um einen Sitzbereich und keinen So-zialraum i.S.v. § 6 ArbStättV. Die Videoüberwa-chung sei nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zuläs-sig. Sie beschränke sich auf die Türen des La-gerraums sowie die darin befindlichen Tresoreund diene dem Schutz des Eigentums. In letzterZeit seien in anderen Fanshops große SummenBargeld entwendet worden.

Das ArbG Oberhausen hat die Klage abgewie-sen. Der Arbeitnehmerin stehe kein Anspruchaus den §§ 1004 i.V.m. 823 Abs. 1 BGB gegenihren Arbeitgeber auf Unterlassung der Video-überwachung zu.

Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus,dass es sich bei dem von der Arbeitnehmerin alsSozialraum bezeichneten Raum nicht um einenSozialraum im Sinne des Gesetzes handele, son-dern lediglich um einen Lagerraum mit Sozial-bereich. Der Arbeitgeber sei auch nicht nach § 6Abs. 3 ArbStättV verpflichtet, einen Sozialraumoder einen Pausenbereich einzurichten, denn erbeschäftige weniger als neun Mitarbeiter.

Die Arbeitnehmerin habe im Übrigen als Teil-zeitbeschäftigte gar kein Recht, sich währendder Arbeitszeit in dem Sitzbereich aufzuhalten,da sie nicht nach § 4 Satz 1 ArbZG berechtigtsei, eine Ruhepause durchzuführen.

Ein Anspruch der Arbeitnehmerin gegenüber ih-rem privaten Arbeitgeber auf Auskunft über diezu ihrer Person erhobenen Daten nach §  19BDSG bestehe ebenfalls nicht. Dieser Anspruchrichte sich nach § 12 Abs. 1 und 2 BDSG allein anöffentliche Stellen des Bundes und der Länder.

Ferner wies das Arbeitsgericht einen Anspruchder Arbeitnehmerin auf Löschung etwaiger vonihr erhobener Daten nach § 6b Abs. 5 BDSG ab,da es sich bei dem Lagerraum um keinen öffent-lich zugänglichen Bereich handele.

Mangels rechtswidrigen Eingriffs bestehe auchkein Anspruch auf Schadensersatz wegen Ver-letzung des Persönlichkeitsrechts.

jurisPR-ArbR 19/2016

C. Kontext der Entscheidung

Bei der Videoüberwachung am Arbeitsplatz istzwischen der Überwachung öffentlicher undnicht öffentlicher Räume sowie dem offenenund dem verdeckten Einsatz von Videokameraszu unterscheiden.

Bei der sichtbaren Videoüberwachung am Ar-beitsplatz in nicht öffentlich zugänglichen Räu-men hat das BAG im Hinblick auf die mögli-che Beeinträchtigung des allgemeinen Persön-lichkeitsrechts der Arbeitnehmer besondere An-forderungen entwickelt, vor allem wegen desbei einer dauerhaften Überwachung entstehen-den Anpassungsdrucks. Danach ist bei der ge-botenen Abwägung u.a. zu berücksichtigen, wieviele Personen Beeinträchtigungen welcher In-tensität ausgesetzt sind und ob diese Personenhierfür einen Anlass gegeben haben, ob sie an-onym bleiben, wo die Überwachungsmaßnah-men stattfinden, wie lange und intensiv sie sindund welche Technik dabei eingesetzt wird (BAG,Beschl. v. 29.06.2004 - 1 ABR 21/03, m.w.N.).

Videoüberwachung in Bereichen, die überwie-gend der privaten Lebensgestaltung der Mit-arbeiter dienen, ist danach grundsätzlich un-zulässig. In Bereichen wie Sanitär-, Umkleide-und Schlafräumen überwiegt grundsätzlich derSchutz der Intimsphäre.

Besonders strenge Grundsätze hat das BAG fürdie verdeckte Videoüberwachung in nicht öf-fentlichen Räumen aufgestellt: Sie ist nur zuläs-sig, wenn der konkrete Verdacht einer strafba-ren Handlung oder einer anderen schweren Ver-fehlung gegenüber bestimmten Arbeitnehmernbesteht und die verdeckte Videoüberwachungverhältnismäßig ist, vor allem keine wenigereinschneidenden Mittel zur Aufklärung des Ver-dachts zur Verfügung stehen (BAG, Beschl.  v.26.08.2008 - 1 ABR 16/07, m.w.N.).

D. Auswirkungen für die Praxis

Arbeitgeber setzen regelmäßig Videoüberwa-chung zum Schutz des Unternehmens und sei-ner Sachwerte ein. In nichtöffentlichen Räu-men muss hierfür grundsätzlich ein berechtig-tes Interesse des Arbeitgebers vorliegen, dasdas schutzwürdige Interesse der Arbeitnehmerüberwiegt.

Bei einer rechtswidrigen Datenerhebung, et-wa einer dauerhaften heimlichen Videoüber-wachung ohne nachvollziehbaren Zweck, dro-hen dem Arbeitgeber Sanktionen, insbesondereempfindliche Bußgelder. Daneben stehen mög-liche Schadensersatzansprüche der Arbeitneh-mer.

Es empfiehlt sich grundsätzlich, die Videoüber-wachung am Arbeitsplatz mit den Mitarbeiternund ggf. dem betrieblichen Datenschutzbeauf-tragten abzustimmen. In mitbestimmten Betrie-ben ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebs-rats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beachten.

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Annahmeverzugs- undSchadensersatzansprüche bei AU:Anforderung an Arbeitsangebot unddie Umsetzung auf leidensgerechtenArbeitsplatz

Orientierungssatz zur Anmerkung:

Annahmeverzugs- und Schadensersatzan-sprüche während oder nach einer Arbeits-unfähigkeit bedürfen eines vertragsgemä-ßen Arbeitsangebots bzw. des Verlangenseines konkretisierten leidensgerechten Ar-beitsplatzes, den der Arbeitgeber dem Ar-beitnehmer zuweisen soll.

Anmerkung zu LArbG Berlin-Brandenburg, Urteilvom  13.11.2015, 9 Sa 1297/15von Dr. Martin Lützeler, RA und FA Arbeitsrecht,CMS Hasche Sigle, Köln

A. Problemstellung

Die Parteien streiten in einem langjährig be-stehenden Arbeitsverhältnis über Vergütungs-ansprüche, nachdem die Klägerin über vieleMonate arbeitsunfähig war. Die Klägerin be-gründete ihre Ansprüche unter anderem damit,der Arbeitgeber habe kein betriebliches Einglie-derungsmanagement (BEM) durchgeführt, siehabe aber einen leidensgerechten Arbeitsplatzverlangt. Der Arbeitgeber verwies auf die feh-lende Arbeitsfähigkeit der Klägerin auf ihrem al-

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ten Arbeitsplatz und deren Ablehnung des an-gebotenen BEM.

Die Entscheidung ist vor allem ein Abbild, wel-che Bedeutung die Kommunikation der Parteienuntereinander hat: Was wurde geschrieben undgesagt und was nicht?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Dem Rechtsstreit liegt eine längere Arbeitsun-fähigkeit der Klägerin zugrunde.

Die Klägerin, eine Schulhausmeisterin, wurdeim Dezember 2012 arbeitsunfähig. Ein im Märzdes Folgejahres 2013 angebotenes BEM lehntesie ab. Stattdessen meldete sich rund ein Jahrspäter im Mai 2014 ihr Prozessbevollmächtigterund machte Schadensersatzansprüche geltend,weil der Arbeitgeber kein BEM durchgeführt ha-be. Der Arbeitgeber verwies auf die Ablehnungder Klägerin, ein BEM durchzuführen. Eine erstevertrauensärztliche Untersuchung (in der veröf-fentlichten Entscheidung ist Mai 2013 genannt,vermutlich war es Mai 2014) ergab eine fortbe-stehende Arbeitsunfähigkeit. Eine bis Juli 2014dauernde stationäre Rehabilitation endete miteinem Entlassungsbericht, wonach der Klägerineine Leistungsfähigkeit in ihrer bisherigen Tä-tigkeit von unter drei Stunden, aber sechs Stun-den und mehr für leichtere andere Tätigkeitenattestiert wurden.

Statt nun ein BEM anzunehmen oder zu verlan-gen, teilte die Klägerseite dem Arbeitgeber die-sen Entlassungsbericht mit und forderte zu ei-nem leidensgerechten Einsatz auf. Der Arbeit-geber wiederum verlangte eine weitere ver-trauensärztliche Untersuchung, deren Ergebnisrund zwei Jahre nach Beginn der Arbeitsunfä-higkeit im Dezember 2014 mitgeteilt wurde unddas Ergebnis der ersten Untersuchung weitge-hend bestätigte. Die Feststellungen vorliegen-der ärztlicher Gutachten waren für die gerichtli-chen Entscheidungen mitentscheidend.

Im Januar 2015 erhob die Klägerin ihre Entgelt-forderung für den Zeitraum von Juli 2014 bis De-zember 2014. Der Arbeitgeber lehnte die Zah-lung ab und bot erneut ein BEM an, zu dem dieKlägerin nun ihr Einverständnis erklärte, um imBEM einen alternativen Arbeitseinsatz zu ver-langen. War sie als Schulhausmeisterin einge-stellt worden, so wollte sie nun als „Kita-Erziehe-

rin bzw. -Helferin“ tätig werden, was der Arbeit-geber wegen fehlender Qualifikation ablehnte.

Noch vor dem Einverständnis zum BEM hattedie Klägerin Klage für die Vergütung von Julibis Dezember 2014 erhoben. Bei ihrer Klage-forderung hat die Klägerin bezogenes Arbeitslo-sengeld nicht auf die geltend gemachte Vergü-tung angerechnet. Sie begründete dies damit,dass die Leistungen zeitlich beschränkt seienund sich ihr Anspruch durch die fehlenden Zah-lungen des Arbeitgebers verkürzen würde.

Das ArbG Berlin hatte die Klage abgewiesen. Diehiergegen eingelegte Berufung hat das LArbGBerlin-Brandenburg zurückgewiesen. Das Lan-desarbeitsgericht hat jeglichen Anspruch derKlägerin abgelehnt.

In der Höhe, in der die Klägerin Arbeitslosen-geld bezogen hat, sind die Ansprüche gemäߧ 115 Abs. 1 SGB X auf die Agentur für Arbeitals Leistungsträger übergegangen. Damit fehltedie Anspruchsgrundlage. Auch die zeitliche Be-grenzung der Ansprüche auf Arbeitslosengeldstehe diesem Anspruchsübergang nicht entge-gen. Die Klägerin hatte in ihrer Klage auch nichtdie Zahlung an Dritte, also die Agentur für Ar-beit, verlangt.

Auch darüber hinaus hat das Landesarbeitsge-richt Ansprüche der Klägerin verneint. Es hatsich dabei zum einen mit möglichen Vergü-tungsansprüchen gemäß den §§ 615 Satz 1, 611Abs. 1 BGB befasst.

Die Klägerin berief sich auf den Entlassungsbe-richt der stationären Rehabilitationsmaßnahme.Darin wurde ihr bestätigt, dass für ihre bishe-rige Tätigkeit als Schulhausmeisterin eine Leis-tungsfähigkeit von unter drei Stunden bestehe.Sie sei jedoch sechs Stunden und mehr für eineleichte Tätigkeit einsetzbar. Der Entlassungsbe-richt machte abstrakte Angaben, wie diese Tä-tigkeit ausgestaltet sein müsste (zeitweise ste-hende, zeitweise gehende, überwiegend sitzen-de Arbeitshaltung, eingeschränkte geistig-phy-sische Belastbarkeit usw.). Zu diesem Entlas-sungsbericht hatte der Prozessbevollmächtigteder Klägerin mitgeteilt, dass die Klägerin aus ge-sundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lagesei, die Tätigkeit als Schulhausmeisterin auszu-führen.

jurisPR-ArbR 19/2016

Das im Rahmen der zweiten vertrauensärztli-chen Untersuchung eingeholte Gutachten kamzu einem ebenso wenig konkreten Ergebnis. Miteiner Besserung und einem Wiederantritt desDienstes sei in absehbarer Zeit nicht zu rech-nen. Die Klägerin sei als Schulhausmeisterin un-ter drei Stunden täglich belastbar, für leichtebis mittelschwere Tätigkeiten ohne eine beson-dere Anforderung an die Konzentration für dreibis sechs Stunden täglich einsetzbar. Für die ar-beitsvertraglich obliegenden Aufgaben liege ei-ne dauernde Arbeitsunfähigkeit vor.

Aus den ärztlichen Berichten und der Stellung-nahme des Prozessbevollmächtigten der Klä-gerin hat das Landesarbeitsgericht abgeleitet,dass die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit alsSchulhausmeisterin nicht angeboten und denArbeitgeber nicht in Annahmeverzug gesetzthabe. Das Landesarbeitsgericht hat die ärztli-chen Berichte ausgewertet und kam zu demSchluss, dass sich daraus nicht ableiten lasse,in welchem Umfang die Klägerin als Schulhaus-meisterin hätte tätig werden können. In demersten Arztbericht war lediglich davon die Rede,dass sie „unter drei Stunden“ arbeiten könne,ohne dass hiermit eine Feststellung für eine be-stimmte Arbeitszeit verbunden war. Auch hat-te der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit-geteilt, sie sei nicht in der Lage, eine Tätigkeitals Schulhausmeisterin auszuüben. Dies ergabsich auch aus dem Entlassungsbericht, wonachdie Klägerin für die Tätigkeit der Hausmeisterinnicht mehr arbeitsfähig sei. Alles in allem hatdas Landesarbeitsgericht die Leistungsfähigkeitder Klägerin verneint. Zudem sah es kein hin-reichend bestimmtes Angebot, weil keine Stun-denzahl angegeben wurde. Darüber hinaus ent-spreche ein derartiges Angebot auch nicht derbisherigen Tätigkeit, wie sie vereinbart sei, undder Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, Teilleis-tungen anzunehmen (BAG, Urt. v. 09.04.2014 -10 AZR 637/13 - BAGE 148, 16).

Auch die Forderung der Klägerin nach einer lei-densgerechten Einsatzmöglichkeit hat nach An-sicht des Landesarbeitsgerichts keinen Annah-meverzugsanspruch ausgelöst. Der Prozessbe-vollmächtigte der Klägerin hatte die Aussage,die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründennicht mehr in der Lage, die Tätigkeit als Schul-hausmeisterin auszuführen, mit dem Verlan-gen nach einer leidensgerechten Einsatzmög-lichkeit verbunden. Diese leidensgerechte Ein-

satzmöglichkeit sollte unter Berücksichtigungder sich aus dem ärztlichen Entlassungsberichtergebenden Einschränkungen angeboten sein.Konkrete Stellen hatte die Klägerin aber nichtbenannt. Das Landesarbeitsgericht lehnte ei-nen Annahmeverzugsanspruch ab. Wenn manAnnahmeverzugsansprüche entsprechend demBAG (Urt. v. 27.08.2008 - 5 AZR 16/08) für mög-lich halte, soweit ein geeigneter Arbeitsplatz imWege des Direktionsrechts zugewiesen werdenkönne, seien jedenfalls keine Anhaltspunkte füreine geeignete Tätigkeit innerhalb der gelten-den Entgeltgruppe vorhanden.

Auch einen Schadensersatzanspruch nach § 241Abs.  2 BGB i.V.m. §  280 Abs.  1 BGB hat dasLArbG Berlin-Brandenburg abgelehnt. Grund-sätzlich ist eine Partei eines Arbeitsvertragesgemäß § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahmeauf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen desVertragspartners verpflichtet. Das kann auchdazu führen, dass die Vertragspartner zu leis-tungssichernden Maßnahmen verpflichtet seinkönnen, also gegebenenfalls auch die Voraus-setzungen schaffen, dass der Vertrag durchge-führt werden kann. Dies schließt es ein, Erfül-lungshindernisse nicht entstehen zu lassen oderzu beseitigen. Zu dieser Rücksichtnahmepflichtkann es auch gehören, auf den Wunsch der an-deren Vertragspartei nach Vertragsanpassungeinzugehen, wenn dies eine Reaktion auf uner-wartete Änderungen der tatsächlichen Verhält-nisse ist. Das gilt insbesondere dann, wenn an-dernfalls in Dauerschuldverhältnissen das Un-vermögen des Schuldners droht. Allerdings lei-tet die Rechtsprechung (BAG, Urt. v. 19.05.2010- 5 AZR 162/09 - BAGE 134, 296) diese An-passung aus Rücksichtnahme in einen forma-len Rahmen ein. Die Verpflichtung des Arbeitge-bers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Ar-beitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitneh-mer die Umsetzung auf einen leidensgerechtenArbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mit-teilt, wie er sich seine weitere Beschäftigungvorstellt, die die aufgetretenen Leistungshin-dernisse ausräumt. Der Arbeitgeber muss die-sem Verlangen regelmäßig entsprechen, wennes ihm zumutbar und rechtlich möglich ist, dieArbeitsleistung durch Zuweisung einer anderenTätigkeit neu zu bestimmen. Aber erst durch dieMitteilung des Arbeitnehmers, wie er sich dieweitere Beschäftigung vorstellt, wird eine Ver-pflichtung des Arbeitgebers ausgelöst. Verletztder Arbeitgeber diese Pflicht zur Rücksichtnah-

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me, kann dies Schadensersatzansprüche auslö-sen.

Das Landesarbeitsgericht hat einen solchenSchadensersatzanspruch abgelehnt. Zwar hat-ten die Parteien kein BEM durchgeführt, bei demmögliche alternative Arbeitsplätze und damiteine Anpassung oder Änderung der Beschäfti-gung hätten besprochen werden können. Dieswar jedoch nicht auf den Arbeitgeber zurück-zuführen. Die Klägerin hatte ein angebotenesBEM abgelehnt. Dabei hatte sie im Formulardes Arbeitgebers angekreuzt, sie wolle kein BEMund auch keine spätere Nachfrage. Dement-sprechend konnte vom Arbeitgeber auch nichtverlangt werden, er müsse bei der Klägerin vonsich aus nachfragen.

Stattdessen – so führt es das Landesarbeits-gericht aus – ist es Sache des Betroffenen,zu erklären, er sei nunmehr mit der Durch-führung eines BEM einverstanden. Eine solcheErklärung hatte die Klägerin aber nicht abge-geben. Auch ihr Prozessbevollmächtigter, derSchadensersatzansprüche wegen eines fehlen-den BEM geltend gemacht hatte, hatte nicht er-klärt, die Klägerin wünsche jetzt die Durchfüh-rung eines BEM. Selbst als die Arbeitgeberin imJahr 2014 bei Ablehnung der Schadensersatzan-sprüche darauf hingewiesen hatte, dass die Klä-gerin das BEM nicht durchführen wollte, teiltedie Klägerin nicht mit, dass sie nun mit einemBEM einverstanden sei.

Darüber hinaus reichte es dem Landesarbeits-gericht nicht aus, dass die Klägerin einen lei-densgerechten Arbeitsplatz verlangte, ohne zuerklären, wie sie sich eine Beschäftigung vor-stellte. Fehle es an einer solchen Konkretisie-rung, würden Schadensersatzansprüche man-gels Handlungspflicht des Arbeitgebers und de-ren Verletzung ausscheiden.

Darüber hinaus verweist das Landesarbeitsge-richt darauf, dass die Klägerin auch nachträg-lich keine geeignete Beschäftigungsmöglichkeitgeltend gemacht habe, weil sie nicht als Erzie-herin einer Kindertagesstätte ausgebildet undqualifiziert war. Auch eine Tätigkeit als Aufsichtin Museen, die im nach Klageerhebung durch-geführten BEM angeführt wurde, führe nicht zueinem anderen Ergebnis. Hier hatte die Klägerinnicht erklärt, ob sie mit einer solchen – niedrigereingruppierten – Tätigkeit einverstanden sei. Al-lerdings hatte das Landesarbeitsgericht – wie

bei der Arbeit in einer Kindertagesstätte – ohne-hin Bedenken, was die körperlichen und geisti-gen Anforderungen dieser Tätigkeiten betraf.

C. Kontext der Entscheidung

Die Entscheidung steht im Zusammenhangmit zahlreichen individualrechtlichen Fragenbeim BEM. Immer wieder stellt sich bei Tren-nungssachverhalten oder Vergütungsstreitig-keiten die Frage, ob ein BEM durchgeführt wur-de oder nicht. Dabei weist § 84 Abs. 2 SGB IXdem Arbeitgeber die leitende Rolle zu (vgl. zu-letzt BAG, Beschl. v. 22.03.2016 - 1 ABR 14/14).Dementsprechend ist es zunächst Sache des Ar-beitgebers darzulegen, dass er seinen Pflichtennachgekommen ist. Die vorliegende Entschei-dung ist insoweit nur ein weiterer Mosaiksteinim „BEM-Dschungel“.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Entscheidung enthält keine bahnbrechen-den Neuigkeiten. Sie verdeutlicht jedoch, wel-che Anforderungen an die Kommunikation zwi-schen den Parteien gestellt werden müssen.

Der Arbeitgeber hatte gut daran getan, seinFormular mit mehreren Ankreuzmöglichkeitenzu versehen. Die Klägerin hatte den Fehler ge-macht, die „dauerhafte Ablehnung“ angekreuztzu haben. Dementsprechend war der Arbeit-geber nicht mehr verpflichtet, wieder nach ei-nem BEM nachzufragen. Hier verdeutlichen sichauch Organisationsanforderungen für Arbeitge-ber. Sie müssen sicherstellen, dass ein BEM an-geboten wird, wo dies nötig ist. Ob der Arbeit-geber hier rechtzeitig ein BEM angeboten hät-te, wenn die Klägerin ihr Kreuz an anderer Stellegemacht hätte, lässt sich dem Sachverhalt nichtentnehmen.

Aus Arbeitnehmersicht lässt sich der Entschei-dung ebenfalls einiges ableiten: Vergütungs-oder Schadensersatzforderungen wollen gutvorbereitet sein. Dabei reicht es in aller Regelnicht aus, sich auf ärztliche Gutachten und At-teste zu verlassen. Denn diese entsprechen inihrem Inhalt häufig nicht den jeweiligen Tatbe-standsvoraussetzungen – so auch hier! Zwarließ sich aus den ärztlichen Gutachten ableiten,dass die Klägerin nicht mehr in ihrer alten Tä-tigkeit eingesetzt werden konnte. Alles andere

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war jedoch fraglich, der anwaltliche Praktikermusste hier regelrecht verzweifeln. Aussagenwie „als Schulhausmeisterin ist Frau S.  unterdrei Stunden täglich belastbar“ oder „für leichtebis mittelschwere Tätigkeiten ohne eines beson-dere Anforderung an die Konzentration ist FrauS.  für drei bis sechs Stunden täglich einsetz-bar“ helfen ebenso wenig weiter wie die Aus-sage „der Gesundheitszustand von Frau S. er-fordert keine Reduzierung der Arbeitszeit“ oder„für die arbeitsvertraglich obliegenden Aufga-ben liegt dauernde Arbeitsunfähigkeit vor“. Dasgilt insbesondere auch deshalb, weil alle dieseAussagen auf ein und dieselbe Person zutreffen.So scheint es unerlässlich, begutachtenden Ärz-ten klare Ja-oder-nein-Fragen zu stellen, in derHoffnung, dass sie auch nur mit Ja oder Nein be-antwortet werden.

Die Entscheidung verdeutlicht zudem die kon-kreten Anforderungen an einen mit §  241Abs.  2 BGB begründeten Schadensersatzan-spruch. Hier ist es der Arbeitnehmer, der sichbeim Arbeitgeber melden muss. Er muss einer-seits die Umsetzung auf einen leidensgerech-ten Arbeitsplatz verlangen, andererseits auchmitteilen, wie eine Beschäftigung ohne Leis-tungshindernisse aussehen kann. Zudem musser klarstellen, dass er mit einem entsprechendgeänderten Arbeitseinsatz auch einverstandenist. Hier dürfte in der Praxis zusätzliches Fehler-und Streitpotenzial liegen.

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Auskunftsanspruch des Betriebsrats zuUmkleidezeiten

Leitsatz:

Das Ablegen der Privatkleidung vor dem An-legen der Unternehmensbekleidung und dasAnlegen der Privatkleidung nach Ablegender Unternehmensbekleidung sind untrenn-bar miteinander verbunden und stellen des-halb insgesamt den Zeitraum des Umklei-dens dar.

Anmerkung zu LArbG Berlin-Brandenburg, Be-schluss vom  29.10.2015, 10 TaBV 929/15von Priv.-Doz. Dr. Daniel Klocke

A. Problemstellung

Die genaue Erfassung der geleisteten Arbeits-zeit wirft seit jeher Probleme auf. Aktuell ste-hen die Umkleidezeiten im Fokus. Nach §  87Abs. 1 Nr. 2 BetrVG kann der Betriebsrat überden Beginn und das Ende der Arbeitszeit mitbe-stimmen. Besteht eine Pflicht zum Tragen vonUnternehmensbekleidung und gestattet der Ar-beitgeber den Arbeitnehmern, sich am Arbeits-platz umzuziehen, handelt es sich um Arbeits-zeit i.S.v. §  87 Abs.  1 Nr.  2 BetrVG. Eine De-tailfrage blieb dabei bislang oftmals offen: Er-fasst § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht nur das An-und Ausziehen der Unternehmensbekleidung,sondern auch das Aus- und Anziehen der eige-nen Kleidung? Das LArbG Berlin-Brandenburghat die Frage jüngst bejaht.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Das LArbG Berlin-Brandenburg hatte einen Fallzu entscheiden, in dem es um den Umgang mitUmkleidezeiten in einem Betrieb der DeutschenBahn ging.

Im Rahmen der Verhandlung über die zeitlicheErfassung des An- und Ablegens der Unterneh-mensbekleidung vereinbarten die Betriebspar-teien eine Einigungsstelle, im Rahmen derer sieeine Betriebsvereinbarung schlossen. §  2 die-ser Vereinbarung war mit „Vorlage der Einsatz-pläne zur Mitbestimmung mit Zeiten über dasAn- und Ablegen der Unternehmensbekleidung“überschrieben und hatte folgenden Inhalt:

„Der Arbeitgeber legt dem Betriebsrat Einsatz-pläne vor, die für alle Arbeitnehmer in ausrei-chendem Maße Zeiten für das An- und Able-gen der Unternehmensbekleidung im Betriebberücksichtigen.

Die Ermittlung des ausreichenden Umfangs derZeiten für das An- und Ablegen der Unterneh-mensbekleidung ist allein Sache des Arbeitge-bers.

Der Arbeitgeber verpflichtet sich, mit Wirkungab dem 7. August 2014 die tatsächlich aufge-wandten Zeiten des An- und Ablegens der Un-ternehmensbekleidung der Arbeitnehmer, diesich im Betrieb umziehen, zu erfassen.“

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Daraufhin gab die Arbeitgeberin den Text derBetriebsvereinbarung den Mitarbeitern bekanntund führte zugleich aus, dass es allen un-ternehmensbekleidungspflichtigen Mitarbeiternweiterhin freigestellt sei, wo sie ihre Unterneh-mensbekleidung anziehen. Eine frühere Anfahrtoder ein gesondertes Aufsuchen der Betriebs-räume ziehe keine Anrechnung auf die Arbeits-zeit nach sich. Sollten die Mitarbeiter die Un-ternehmensbekleidung im Betrieb an- und able-gen, sollten sie einen entsprechenden Stempel-aufdruck unter Benennung der tatsächlich auf-gewandten Zeit auf ihrem Arbeitsauftrag ausfül-len. Die Arbeitgeberin erklärte weiterhin, dassfür das An- und Ablegen der Unternehmensbe-kleidung zwei Minuten im Sinne der oben ge-nannten Betriebsvereinbarung ausreichend sei-en. Der Stempelaufdruck sah ebenfalls vor, dassdiese Zeit allein für das Anlegen und Ablegender Dienstkleidung und nicht hinsichtlich derprivaten Kleidung bemessen war.

Der einschlägige, funktionsgruppenspezifischeTarifvertrag legt den Umfang einer Schicht festund besagt, dass die Arbeitszeit am vorge-schriebenen Arbeitsplatz beginnt und endet.Weiterhin muss die Unternehmensbekleidungwährend der Arbeit getragen werden. Nach derRichtlinie 410.10 der Arbeitgeberin („Reisezügebei der DB F. AG begleiten“) melden sich dieMitarbeiter vor dem eigentlichen Dienstantrittim Disponat, welches sich in Büros auf größerenBahnhöfen befindet. Dort wird Ihnen jeweils derArbeitsauftrag übergeben, und anschließendmachen sich die Arbeitnehmer dienstfertig, ins-besondere indem sie die Unternehmensbeklei-dung anlegen. Umkleideräume finden sich inder Nähe des Disponats. Die Richtlinie sieht kei-ne Umkleidezeiten vor, nur eine pauschalier-te persönliche Zusatzzeit und Vorbereitungszeitam Zug sowie den sog. Abschlussdienst. Für denWeg vom Disponat zum Gleis sind 1,5 Minutenje 100 Meter angesetzt.

Nach einer gekündigten, aber nach Ansicht derArbeitgeberin nachwirkenden Gesamtbetriebs-vereinbarung erhalten die örtlich zuständigenBetriebsräte die Schichtpläne drei Wochen vorInkrafttreten. Danach erhalten die Betriebsrä-te die persönlichen Einsatzpläne zur Mitbestim-mung.

Das LArbG Berlin-Brandenburg musste über dieBeschwerde des Betriebsrats gegen den Be-

schluss des ArbG Berlin entscheiden. In der Be-schwerde beantragte der Betriebsrat, die Ar-beitgeberin zu verpflichten,

1. nach arbeitswissenschaftlich anerkanntenMethoden den Umfang der Zeiten zu ermitteln,der vom Beginn des Betretens der Umkleide-räume einschließlich des Ab- und Anlegens derPrivatkleidung bis zum Verlassen der Umkleide-räume benötigt werde;

2. bei der Mitbestimmung gemäß § 87 Abs.  1Nr. 2 BetrVG Einsatzpläne vorzulegen, die für al-le Arbeitnehmer die Zeiten gemäß Antrag zu 1)bei Beginn und Ende der Arbeitszeiten berück-sichtigen;

3. tatsächlich aufgewandte Zeiten für das Um-kleiden der Arbeitnehmer einschließlich des An-und Ablegens der Privatkleidung zu erfassen;

4. die unter dem Antrag zu 3) genannten Zei-ten auf die mitbestimmungspflichtige Arbeits-zeit der Arbeitnehmer anzurechnen;

5. dem Betriebsrat jederzeit Einsicht in dieErfassungsunterlagen zu gewähren, die ge-mäß § 2 Abs. 3 der Betriebsvereinbarung vom25.07.2014 zu erstellen sind.

Das LArbG Berlin-Brandenburg hat der Be-schwerde des Betriebsrats nur teilweise statt-gegeben. Es bejahte ein Einsichtsrecht in dieAufzeichnungen der Umkleidezeiten, im Übri-gen wies das Gericht die Beschwerde zurück.

Das Gericht legte den Antrag zu 5) dahingehendaus, dass dieser sich nur auf die mit dem Stem-pelaufdruck zu Umkleidezeiten versehenen Ar-beitsaufträge beziehe. So ausgelegt, gab dasGericht dem Antrag statt. Als Anspruchsgrund-lage zog es §  80 Abs.  2 Satz 1 BetrVG her-an. Der Anspruch bestehe nicht nur dann, wenndie allgemeinen Aufgaben feststehen, sondernauch dann, wenn geprüft werden muss, ob über-haupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegebenist und ob im Einzelfall die begehrte Informationzur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. DerAnspruch scheide nur dort aus, wo eine Aufga-be des Betriebsrates offensichtlich nicht in Be-tracht komme.

Mit den übrigen Anträgen hatte der Betriebs-rat keinen Erfolg. Die Ermittlung nach arbeits-wissenschaftlich anerkannter Methode (Antrag

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zu 1) finde keinen Anknüpfungspunkt in derBetriebsvereinbarung. Vielmehr lege diese aus-drücklich fest, dass die tatsächlich aufgewand-ten Zeiten zu erfassen seien. Genau das werdeüber den Stempelaufdruck erfüllt.

Den Antrag zu 2) wies das Gericht mit derBegründung ab, dieser habe keinen vollstre-ckungsfähigen Inhalt. Die Betriebsvereinbarungsei zu unbestimmt. Arbeitnehmer könnten sichjeweils arbeitstäglich entscheiden, zu Hauseoder im Betrieb den Umkleidevorgang durchzu-führen. Dies sei im Zeitpunkt der Vorlage derEinsatzpläne noch nicht bekannt. Auch sei un-klar, was unter einem „ausreichenden Maß“ zuverstehen ist.

Im Hinblick auf Antrag zu 3) verneinte das Ge-richt einen entsprechenden Anspruch. Die Be-triebsvereinbarung sehe nur das An- und Able-gen der Unternehmensbekleidung vor. Das Ge-richt hob in einem obiter dictum hervor, dassauch das Ausziehen der eigenen Kleidung zurArbeitszeit zählte, da Entkleidung und Anzie-hen der Dienstgarderobe einen einheitlichenLebensvorgang darstellten, der nicht künstlichaufgespalten werden dürfe und fremdnützig er-folge. Es betonte jedoch, dass es sich bei derFestlegung der Zeiten, die ein im Zeitlohn be-schäftigter Arbeitnehmer für die Erledigung ein-zelner Arbeitsaufgaben voraussichtlich benö-tigt, nicht um eine Regelung von Beginn und En-de der Arbeitszeit handele.

Der Antrag zu 4) erachtete das Gericht offen-sichtlich für unstatthaft. Es handele sich um ei-ne Regelungsfrage, die im Streitfall ermessens-gerecht in der Einigungsstelle zu klären sei undnicht um eine Rechtsfrage, für die das arbeits-gerichtliche Beschlussverfahren offenstünde.

C. Kontext der Entscheidung

Die Umkleidezeit hat sowohl individual- alsauch kollektiv-rechtliche Bedeutung. Währendfür den einzelnen Arbeitnehmer die Frage imMittelpunkt steht, ob die Umkleidezeit Arbeits-zeit ist und vergütet wird (aktuell: LArbG Hamm,Urt.  v. 17.02.2016 - 3 Sa 1331/15, auch zurAGB-Kontrolle), hat die Frage im kollektiven Ar-beitsrecht sowohl tarifrechtliche (hierzu: Fran-zen, NZA 2016, 136, 138 f.) als auch betriebs-

verfassungsrechtliche Bezüge (zu §  87 Abs.  1Nr. 1 BetrVG: Fischer, NZA-RR 2015, 169).

Im vorliegenden Fall war der Ausgangspunktein betriebsverfassungsrechtlicher: Nach §  87Abs.  1 Nr.  2 BetrVG hat der Betriebsrat beiBeginn und Ende der täglichen Arbeitszeit ein-schließlich der Pausen sowie bei der Verteilungder Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentagemitzubestimmen. Das Beteiligungsrecht soll dieInteressen der Arbeitnehmer an einer sinnvollenArbeits- und Freizeiteinteilung schützen (BAG,Beschl.  v. 21.12.1982 - 1 ABR 14/81 - AP Nr9 zu §  87 BetrVG 1972 Arbeitszeit) und be-trifft die Lage der täglichen Arbeitszeit (BAG, Be-schl. v. 28.05.2001 - 1 ABR 40/01 - NZA 2003,1352, 1354). Dabei steht das Mitbestimmungs-recht unter dem Vorbehalt keiner abschließen-den tarifvertraglichen Regelung (BAG, Beschl. v.17.11.2015 - 1 ABR 76/13; hierzu: Richardi/Ri-chardi, BetrVG, § 87 Rn. 151 f.) über Umkleide-zeiten. In der Praxis werden oftmals pauscha-lisierte Zeiten für das Umkleiden in den Be-triebsvereinbarungen niedergelegt. Für die Ver-handlungen der Betriebspartner ist es dahervon essentieller Bedeutung, welche Handlun-gen im Zusammenhang mit der Dienstkleidungüberhaupt in den Bereich des Mitbestimmungs-rechts fallen.

Arbeitszeit i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG be-zeichnet die Zeit, während derer der Arbeitneh-mer die von ihm in einem bestimmten zeitlichenUmfang vertraglich geschuldete Arbeitsleistungtatsächlich zu erbringen hat; m.a.W.: die Zeit, inwelcher der Arbeitnehmer verpflichtet und be-rechtigt ist, seine vertraglich geschuldete Arbeitzu leisten (BAG, Beschl. v. 14.11.2006 - 1 ABR5/06 - AP Nr 121 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeits-zeit).

Bereits Mitte der Neunzigerjahre hat das BAGbetont, dass die Frage, ob Umkleidezeiten Ar-beitszeit sind, nicht pauschal beantwortet wer-den kann (BAG, Urt.  v. 22.03.1995 - 5 AZR934/93 - NZA 1996, 107, 109). In seinerEntscheidung vom 11.10.2000 hat das BAGdann als ratio decidendi den Bezug zur Arbeitals fremdnützige Tätigkeit herausgestellt (dazuBAG, Urt.  v. 11.10.2000 - 5 AZR 122/99 - APNr 20 zu §  611 BGB Arbeitszeit; zu §  87 Be-trVG: BAG, Beschl. v. 14.11.2006 - 1 ABR 5/06).Seitdem gilt folgende Formel: Umkleidezeitengehören zur vertraglich geschuldeten Arbeits-leistung und stellen Arbeitszeit dar, wenn das

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Umkleiden einem fremden Bedürfnis dient undnicht zugleich ein eigenes Bedürfnis erfüllt, et-wa bei einer besonders auffälligen Dienstklei-dung. Die Rechtsprechung wird somit von demGedanken getragen, dass das Sich-Bekleidenden Arbeitnehmer grundsätzlich erst in die Lageversetzt, seine Arbeitszeit anbieten zu können(BAG, Beschl. v. 12.11.2013 - 1 ABR 34/12 - APNr 133 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit).

Der letzte Teil der Formel begründet in derTheorie erhebliche Schwierigkeiten für den Ar-beitnehmer. Das BAG schränkt die Ermittlungdes eigenen Interesses des Arbeitnehmers abersichtbar ein. An der Offenlegung seines Arbeit-gebers gegenüber Dritten hat der Arbeitneh-mer außerhalb seiner Arbeitszeit kein objektivfeststellbares eigenes Interesse (BAG, Beschl. v.17.01.2012 - 1 ABR 45/10 - NZA 2012, 687). Ei-ne Ausnahme gilt, wenn es dem Arbeitnehmergestattet ist, die besonders auffällige Dienst-kleidung außerhalb der Arbeitszeit zu tragen,und er sich entscheidet, diese nicht im Betrieban- und abzulegen. Denn dann muss der Arbeit-nehmer keine eigenen Kleidungsstücke auf demArbeitsweg einsetzen und hat sich aus selbst-bestimmten Gründen gegen das An- und Able-gen der Dienstkleidung im Betrieb entschieden(BAG, Beschl. v. 12.11.2013 - 1 ABR 59/12 - NZA2014, 557, 559).

Haben die Arbeitnehmer die Wahl, sich entwe-der zuhause oder im Betrieb umzuziehen, so be-gründet allein diese Möglichkeit das Mitbestim-mungsrecht – allerdings auch nur für die Fra-ge der Umkleidung im Betrieb: Nutzen die Ar-beitnehmer eine betriebliche Umkleidemöglich-keit zum An-/Ablegen ihrer Dienstkleidung, han-delt es sich bei den dafür notwendigen Wege-und Umkleidezeiten um betriebliche Arbeitszeiti.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG (BAG, Beschl. v.17.11.2015 - 1 ABR 76/13 - NZA 2016, 247, 249;BAG, Urt. v. 19.09.2012 - 5 AZR 678/11 - AP Nr39 zu § 611 BGB Arbeitszeit).

Im Hinblick auf diese Ausgangsfrage fällt zu-nächst ins Auge, dass die Rechtsprechung dasAn- und Ausziehen der Unternehmensbeklei-dung in den Mittelpunkt stellt, zuweilen aberauch pauschal von Umkleidezeiten spricht. In-sofern ist noch nicht vollends geklärt, ob es sichbei dem Passus um ein pars pro toto handeltoder wirklich abschließend die Umkleidezeitenauf diesen Vorgang entworfen sind. Die Begrif-

fe folgen oftmals der Terminologie der die Fällebetreffenden Betriebsvereinbarungen.

Geht man nun allein von den genannten Grund-lagen aus, so stellt das Ausziehen der privatenKleidung keine Arbeitszeit dar, weil der Arbeit-nehmer in diesem Zeitraum seine Arbeit nichtanbieten kann. Es kommt somit darauf an, obdas Unternehmen verlangt, dass der Arbeitneh-mer die Unternehmenskleidung anzieht. Denndann hat der Arbeitnehmer über die Erfüllungder Pflicht zum Tragen der Unternehmensbe-kleidung kein eigenes Interesse. Franzen (NZA2016, 136, 139) hat indes darauf hingewiesen,dass an dieser Stelle im Hinblick auf Oberbeklei-dung zu differenzieren ist. Das Ablegen der Klei-dungsstücke, die witterungsabhängig getragenwerden, gehört nicht zur Arbeitszeit, wenn sienicht auf die Kleidungsvorgabe des Unterneh-mens zurückzuführen sind.

Das Kriterium der Fremdnützigkeit wirft beimWiederanziehen nach Dienstschluss weiter ge-hende Fragen auf. Denn in dem Moment, in demder Arbeitnehmer seine Unternehmenskleidungabgelegt hat, begründet sich ein eigenes Inter-esse an Bekleidung. Von dem herkömmlichenAnkleiden zu Beginn des Tages unterscheidetsich dieses Interesse jedoch dahingehend, dasses durch die Pflicht zum Tragen der Unterneh-mensbekleidung verursacht wurde. Es würdenicht bestehen, wenn die Pflicht nicht bestün-de. Denn dann hätte der Arbeitnehmer weiter-hin seine private Kleidung an. Mit anderen Wor-ten verliert der Arbeitnehmer hier einen Teil sei-ner durch § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG geschütztenFreizeit.

Daher spricht die teleologische Interpretationvon § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG dafür, auch die-sen Zeitraum als Arbeitszeit einzuordnen. Ande-renfalls könnte eine Pflicht im Interesse des Un-ternehmens die Freizeit ohne Mitbestimmungverkürzen. Diese Lösung fügt sich in das Sys-tem der Rechtsprechung ein. Denn bei nähe-rer Betrachtung besteht auch kein substanziel-les Interesse des Unternehmers daran, dass derArbeitnehmer die Unternehmenskleidung aus-zieht. Da die Rechtsprechung diese Handlungaber als Arbeitszeit einordnet (vgl. nur BAG,Beschl.  v. 10.11.2009 - 1 ABR 54/08 - NZA-RR 2010, 301, 303), ist nur konsequent, auchdas Wieder-Anziehen (der Privatkleidung) alsArbeitszeit einzuordnen.

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Dass die Betrachtung der Interessen allein inbestimmten Konstellationen nicht ausreichenkann, zeigt das Beispiel Sicherungsbekleidung.Bei Sicherheitskleidung wird etwa angeführt,das Anlegen dieser bestehe auch im Interesseder Arbeitnehmer (Vgl. auch § 16 ArbSchG). ZuRecht weist Franzen (NZA 2016, 136, 139) dar-auf hin, dass Arbeitnehmerschutzvorschriften,die den Arbeitgeber treffen, dann zulasten derArbeitnehmer gingen (LArbG Frankfurt, Urt.  v.23.11.2015 - 16 Sa 494/15; zur Frage, ob einanders lautender Tarifvertrag an § 3 Abs. 3 Ar-bSchG zu messen ist: dafür LArbG Hamburg,Urt.  v. 06.07.2015 - 8 Sa 53/14, m.w.N; a.A.:Gaul/Hofelich, NZA 2016, 149).

D. Auswirkungen für die Praxis

Individualvertragsrechtlich geht es um eineMarginalie. Auf der kollektiven Ebene summie-ren sich die Fälle jedoch zu einer beachtens-werten betriebswirtschaftlichen Größe. Solltenweitere Gerichte der Rechtsprechung des LArbGBerlin-Brandenburg folgen, werden die Ver-handlungen im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 2BetrVG künftig auch das Aus- und Anziehen derprivaten Kleidung berücksichtigen müssen.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Ent-scheidung

I. Die Anträge 1 bis 4 berühren in der Sachedie Durchführung der Betriebsvereinbarung imHinblick auf die getroffene Regelung der Artund Weise der Ermittlung der Umkleidezeitenund die (ergänzende) Interpretation des Begriffs„An- und Ablegen der Arbeitskleidung“.

Allgemein wird angenommen, dass eine ver-einbarte Betriebsvereinbarung Pflichten des Ar-beitgebers Ansprüche des Betriebsrats folgenlässt. Über diese Ansprüche entscheidet das Ar-beitsgericht im Beschlussverfahren nach den§§ 2a Abs. 1 Nr. 1, 80 ff. ArbGG (BAG; Beschl. v.18.05.2010 - 1 ABR 6/09 - NZA 2010, 1433,1434; Richardi/Richardi, BetrVG, §  77 Rn.  5und 14). Die Anforderungen an die Bestimmt-heit der Anträge werden dabei grundsätzlichnicht überspannt (BAG, Beschl.  v. 29.04.2004- 1 ABR 30/02 - AP Nr 3 zu § 77 BetrVG 1972Durchführung) und sind bei näherer Betrach-tung auch zwingend von der Frage der Be-

stimmtheit der Betriebsvereinbarung zu tren-nen. Im Hinblick auf die Auslegung der Betriebs-vereinbarung betont das BAG, dass im Zweifelder Lösung der Vorrang zu geben ist, die zueinem sachgerechten, zweckorientierten, prak-tisch brauchbaren und gesetzeskonformen Ver-ständnis führt (BAG, Urt. v. 05.03.2013 - 1 AZR417/12 - AP Nr. 105 zu § 77 BetrVG 1972).

II. Die Lösung des Auskunftsanspruchs liegtgrundsätzlich auf der Linie des BAG. Das Ge-richt vertritt, dass der Anspruch auch dann be-steht, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit füreine Aufgabe des Betriebsrats besteht (BAG, Be-schl. v. 24.01.2006 - 1 ABR 60/04, m. Anm. Mat-thes, jurisPR-ArbR 38/2006 Anm. 1). Scheidet ei-ne Aufgabe offensichtlich aus, besteht der An-spruch nicht. Davon zu trennen ist nach derRechtsprechung des BAG die Frage, ob die Infor-mation zur Aufgabenwahrnehmungsermittlungerforderlich waren (BAG, Beschl. v. 06.05.2003- 1 ABR 13/02).

Im Fall stellt sich daher die Frage, ob es derEinsicht bedarf. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG setztgrundsätzlich eine abstrakte Regelungssituati-on voraus. Gestattet der Arbeitgeber daher Ar-beitnehmern, sich im Betrieb umzuziehen, be-steht die Notwendigkeit einer Regelung wegen§  87 Abs.  1 Nr.  2 BetrVG unabhängig davon,ob von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird(zum Erfordernis eines kollektiven Tatbestands:BAG, Beschl. v. 21.12.1982 - 1 ABR 14/81). Aufder anderen Seite kann der Betriebsrat sich nurdann ein Bild über die erforderliche Zeit ma-chen, wenn er eine tatsächliche und nachvoll-ziehbare Grundlage zur Verfügung hat.