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FOKUS|#socialmedia FOKUS # socialmedia 09|2013 1 Digitale Medien als Kommunika- tionskanal: Bundestagswahl 2013 Standpunkt In Deutschland gibt es keinen Obama-Effekt, die politischen Kulturen unterscheiden sich dazu zu sehr. Trotz Bürgerbeteiligung, Daten- schutz, Bürgerrechte oder Mitmach-Partei - die Meinungen zum „Kommunikationskanal soziale Medien“ gehen auseinander: „Deutschland ist in diesem Bereich noch überhaupt nicht im digitalen Zeitalter angekommen“ versus „ein Bundestagswahlkampf wird in den digitalen Medien entschieden“. Pilotprojekt Im Rahmen der Bundestagswahl 2013 (#btw13) wurde in einem ca. fünf Monate dauernden Pilotprojekt auf Basis etablierter Social Media Analytics Lösungen (insbesondere SAS Social Media Analytics, sowie ubermetrics) der Wahlkampf in den digitalen Medien analysiert. Die hier zusammengefassten Ergebnisse konzentrieren sich auf den sicherlich spannendsten Zeitraum der #btw13: die Woche vor der Wahl bis zum Montag danach – für einige the day after. In diesem Zeitraum ist damit auch die Landtagswahl in Bayern und deren vermeindliche Auswirkung auf die #btw13 berücksichtigt. Im Folgenden dazu erste, exemplarische Findings. Lessons learned Jedes Thema hat seine Zeit – Themen kommen und gehen, wandeln sich im Wahlkampfverlauf gerade im Endspurt von Sachthemen zu Personenthemen. Zum Ende des Wahlkampfes hin nimmt die Zahl der neutralen Beiträge zugunsten von polemischen, negativen und polarisierenden Beiträgen ab. Über die großen Parteien wird am meisten diskutiert. Es lässt sich durch die Beobachtung der sozialen Diskussion NICHT direkt auf den Ausgang der Wahlen schliessen. Die Endrally zur Wahl findet auch oder gerade in den sozialen Medien statt. Hier sind jedoch die Schuldigen viel schneller gefunden und verurteilt als in den klassischen Medien. Privatpersonen haben zum Teil höhere Reichweiten als die sozialen Accounts von Fernsehsendern und Zeitungen. Facebook und Twitter haben die größte Relevanz innerhalb der sozialen Medien, wobei die persönlichen Accounts der Kanzlerkandidaten die höchste Aufmerksamkeit geniessen. Detaillierte Ergebnisse und konkret gemachte Erfahrungen diskutieren wir gern direkt mit Ihnen. Sprechen Sie uns an! Analysen vor und nach der Wahl Der Analysezeitraum des Gesamtprojektes beginnt im Juni 2013 und hat auch noch die turbulenten Wochen nach der Wahl mit einbezogen. Zu Beginn der Analyse waren die Diskussionen in den digitalen Medien und sozialen Kanälen themen- und sachbezogen. Mit zunehmender Nähe zum Wahltag ändert sich dies, Aktion und Reaktion nehmen im Wechsel von Themen auf Personen zu. Leider stehen damit oft auch „die nicht wirklich wichtigen Themen“ im Vordergrund. Themen der #btw13 Generelle Schwerpunkthemen im politischen Diskurs der #btw13 waren die Eurorettung, der Datenschutz, Mindestlohn und Altersarmut, die Energiewende und das Betreuungsgeld. Jedes Thema hatte „seine Zeit“. Analysiert man die entscheidende Woche vor der #btw13 und den Tag danach, ist festzustellen, das nach der Wahl in Bayern und um den Wahltag selber insgesamt eine lebhafte Diskussion in den digitalen Medien geführt wird.

Digitale Medien als Kommunikationskanal: Bundestagswahl 2013

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Im Rahmen der Bundestagswahl 2013 (#btw13) wurde in einem ca. fünf Monate dauernden Pilotprojekt auf Basis etablierter Social Media Analytics Lösungen (insbesondere SAS Social Media Analytics, sowie ubermetrics) der Wahlkampf in den digitalen Medien analysiert. Die hier zusammengefassten Ergebnisse konzentrieren sich auf den sicherlich spannendsten Zeitraum der #btw13: die Woche vor der Wahl bis zum Montag danach – für einige the day after. In diesem Zeitraum ist damit auch die Landtagswahl in Bayern und deren vermeindliche Auswirkung auf die #btw13 berücksichtigt.

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Digitale Medien als Kommunika-tionskanal: Bundestagswahl 2013

Standpunkt In Deutschland gibt es keinen Obama-Effekt, die politischen Kulturen unterscheiden sich dazu zu sehr. Trotz Bürgerbeteiligung, Daten-schutz, Bürgerrechte oder Mitmach-Partei - die Meinungen zum „Kommunikationskanal soziale Medien“ gehen auseinander: „Deutschland ist in diesem Bereich noch überhaupt nicht im digitalen Zeitalter angekommen“ versus „ein Bundestagswahlkampf wird in den digitalen Medien entschieden“. Pilotprojekt Im Rahmen der Bundestagswahl 2013 (#btw13) wurde in einem ca. fünf Monate dauernden Pilotprojekt auf Basis etablierter Social Media Analytics Lösungen (insbesondere SAS Social Media Analytics, sowie ubermetrics) der Wahlkampf in den digitalen Medien analysiert. Die hier zusammengefassten Ergebnisse konzentrieren sich auf den sicherlich spannendsten Zeitraum der #btw13: die Woche vor der Wahl bis zum Montag danach – für einige the day after. In diesem Zeitraum ist damit auch die Landtagswahl in Bayern und deren vermeindliche Auswirkung auf die #btw13 berücksichtigt. Im Folgenden dazu erste, exemplarische Findings. Lessons learned Jedes Thema hat seine Zeit – Themen kommen und gehen, wandeln sich im Wahlkampfverlauf gerade im Endspurt von Sachthemen zu Personenthemen. Zum Ende des Wahlkampfes hin nimmt die Zahl der neutralen Beiträge zugunsten von polemischen, negativen und polarisierenden Beiträgen ab.

Über die großen Parteien wird am meisten diskutiert. Es lässt sich durch die Beobachtung der sozialen Diskussion NICHT direkt auf den Ausgang der Wahlen schliessen. Die Endrally zur Wahl findet auch oder gerade in den sozialen Medien statt. Hier sind jedoch die Schuldigen viel schneller gefunden und verurteilt als in den klassischen Medien. Privatpersonen haben zum Teil höhere Reichweiten als die sozialen Accounts von Fernsehsendern und Zeitungen. Facebook und Twitter haben die größte Relevanz innerhalb der sozialen Medien, wobei die persönlichen Accounts der Kanzlerkandidaten die höchste Aufmerksamkeit geniessen. Detaillierte Ergebnisse und konkret gemachte Erfahrungen diskutieren wir gern direkt mit Ihnen. Sprechen Sie uns an! Analysen vor und nach der Wahl Der Analysezeitraum des Gesamtprojektes beginnt im Juni 2013 und hat auch noch die turbulenten Wochen nach der Wahl mit einbezogen. Zu Beginn der Analyse waren die Diskussionen in den digitalen Medien und sozialen Kanälen themen- und sachbezogen. Mit zunehmender Nähe zum Wahltag ändert sich dies, Aktion und Reaktion nehmen im Wechsel von Themen auf Personen zu. Leider stehen damit oft auch „die nicht wirklich wichtigen Themen“ im Vordergrund. Themen der #btw13 Generelle Schwerpunkthemen im politischen Diskurs der #btw13 waren die Eurorettung, der Datenschutz, Mindestlohn und Altersarmut, die Energiewende und das Betreuungsgeld. Jedes Thema hatte „seine Zeit“. Analysiert man die entscheidende Woche vor der #btw13 und den Tag danach, ist festzustellen, das nach der Wahl in Bayern und um den Wahltag selber insgesamt eine lebhafte Diskussion in den digitalen Medien geführt wird.

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Positive und negative Beiträge halten sich in der Regel die Waage, erst im Endspurt nehmen neutrale Beiträge ab und werden durch polarisierende Beiträge abgelöst, Gewinner und Verlierer der #btw13 prägen dabei die Inhalte digitaler Beiträge.

Beiträge zur #btw13 in den digitalen Medien Über welche Partei wurde wie häufig gesprochen?

Beiträge zu den einzelnen Parteien Die Beiträge über die sogenannten großen Volksparteien geben in den sozialen Medien „den Ton an“: man spricht über die SPD und die CDU. Die Beiträge über die CSU verstärken darüber hinaus noch die Dominanz ihrer Schwesterpartei. Aber schon in der Woche zwischen den Wahlen zeigt sich, daß die FDP in einem besonderen Diskussionsfokus liegt. Grüne, Linke und AfD spiegeln in ihrem Diskussionsvolumen eher das Verhältnis untereinander und im Verhältnis zu den Volksparteien wider. Wie sehen nun die Stimmungen der digitalen Beiträge zu einzelnen Parteien aus?

Stimmungen zu einzelnen Parteien Insgesamt lässt die Betrachtung nicht auf ein Wahlergebnis schließen, beeinflussen doch die Beiträge am Wahlabend und am day after insgesamt negative Stimmungen, insbesondere zur FDP. Auffällig ist aber zur politischen Woche zwischen der Wahl in Bayern und der #btw13 die sehr positive Grundstimmung insgesamt zur CDU/CSU. Gerade im Verhältnis zum Ergebnis bestätigt sich der Trend auch in den neuen und sozialen Medien. Bei der SPD, den Grünen und den Linken fällt besonders der hohe Anteil neutraler Stimmungsbeträge auf. Mit neutralen Beiträgen gelingt ein Endspurt und die Mobilisierung unentschlossener Wähler eher nicht. Bei der AfD funktioniert deswegen der Mobilisierungsansatz auch nicht wirklich, die negativen Kommentierungen bei der AfD sind insbesondere Ergebnis von Beiträgen über die AfD in Verbindung mit dem Zulauf und Auftritten aus dem politisch rechten Rand. Bei den Grünen ist für die negativen Beiträge die Pädophilen-Debatte bezeichnend. Schaut man sich die herausragenden Gewinner und Verlierer des Wahlabends, die ehemaligen Koalitionspartner CDU/CSU und die FDP an, zeigt sich, daß insbesondere die Endrally zur #btw13 auch in den digitalen Medien stattfand. In der Woche zwischen der Wahl in Bayern und der #btw13, sowie am Tag danach zeigen sich Gewinner und Verlierer auch deutlich in der digitalen Welt. Die Veränderung und Polarisierung des Stimmungsbildes beginnt schon am Freitag und Samstag vor der Wahl.

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Diskussions- und Stimmungsverlauf zur CDU Während sich die Diskussionen und Stimmungen zur CDU bei insgesamt deutlich höherem Diskussions- und Textaufkommen eher gleich zur FDP verhalten, wird die CDU deutlich neutraler, bzw. ausgewogener erwähnt, als die FDP. Im Gegensatz zur FDP verläuft jedoch die Stimmung zur CDU am Wahltag selber und am Tag danach nahezu umgekehrt.

Diskussions- und Stimmungsverlauf zur FDP. Generell überwiegt bei der FDP in der entscheidenden Woche vor der #btw13 die negative Stimmung in der Diskussion. Negative Beiträge, Berichte und Diskussionen übersteigen in ihrer Zahl immer die positiven Beiträge. Das massive Ansteigen der negativen Beiträge um den Wahltag herum, begründet sich im Wesentlichen auf das Abschneiden bei der #btw13 insgesamt, inhaltlich wird dabei aber stark über die Parteispitze der FDP ein negatives Resümee gezogen. In den digitalen Medien waren die Schuldigen schnell ausgemacht. Der sich bereits am Wahlabend abzeichnende Wechsel an der liberalen Parteispitze spielt eine eher untergeordnete Rolle. Dieser wurde aber durchweg positiv bewertet und kommentiert. Interessant, insbesondere für jene, die digitale Medien als wichtigen Kommunikationskanal für

sich definieren, sind Fragen wie „wer spricht oder diskutiert über mich?“ Dazu eine erste exemplarische Analyse aus Twitter und den Tweets zur #btw13:

Autor Followers

1 nicomarquardt 370.422

2 magnusbecker 333.154

3 zeitonline 295.584

4 ntvde 215.624

5 bild 198.471

6 zdf 174.589

7 tagesschau 159.285

8 spiegelonline 146.782

9 welt 140.461

10 piratenpartei 120.342

11 sz 101.881

12 tvtotal 96.039

13 tagesspiegel_de 71.795

14 die_gruenen 71.648

15 wildwasser 68.185

16 wiwo 66.722

17 halligalli 50.754

18 peteraltmaier 47.822

19 spdde 44.366

20 schroeder_k 40.349 Bei einer solchen Analyse ist es wichtig, daß auch die Autoren eine „qualitativ wichtige Rolle“ spielen. Für eine differenzierte Betrachtung reicht an dieser Stelle sicherlich nicht der Platz. Betrachtet man aber die Beiträge zur #btw13 auf Twitter, fällt auf, daß Profile von Privatpersonen in ausgewählten Themen oftmals eine höhere Reichweite zumindest in den digitalen Medien haben, als die Online-Beiträge von ntv, Zeit, Bild, Tagesschau und Co.. Die einzelnen Personenprofile vertreten jedoch häufig nur Einzelthemen und sind oft auch nicht parteispezifisch. Private Parteien- (Marken) Botschafter mit positiven und unterstützenden Aktivitäten und nennenswerter Relevanz und Reichweite findet man eher nicht.

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Für eine Kommunikationsstrategie (nicht nur für Parteien) bedeutet dies, daß in einer Kommunikationskampagne viel stärker eingeplant werden muß, wie mit „negativen Botschaftern und Botschaften“ umgegangen wird. Für die positive Kommunikation des eigenen Markenkerns sind, wie unsere Analyse zeigt, die Parteien selber und sogar einzelne Politiker wie Peter Altmeier oder Kerstin Schroeder inzwischen in den Top20 angekommen. Diese etablierten Kanäle gilt es auszubauen. Neben der Frage „wer spricht über mich“, stellt sich auch die Frage, „wo über mich gesprochen wird“.

Quelle Texte 1 Facebook 505.076 2 Twitter 302.346 3 www.02elf.net 27.603 4 www.heute.de 23.837 5 Forum.spiegel.de 19.676 6 Plus.google.com 15.701 7 Rss.feedportal.com 15.690 8 www.zeit.de 11.185

Analysiert man beispielsweise im Zeitraum von 30 Tagen um die #btw13 herum (24.8.-24.9.2013) die wesentlichen Beitrags- und Diskussionsquellen in den digitalen Medien, zeigt sich, dass soziale Medien gleichberechtigt zu den Online-Angeboten etablierter Medienanbieter einzuordnen sind. Auffällig bei der #btw13 ist dabei, daß neben Plattformen wie Facebook und Twitter die Newsseite des Düsseldorfer Abendblattes 02elf.net durch eine hohe Zahl aktiver Diskussionen Bedeutung für die Reichweite bei der #btw13 insgesamt erlangt. Öffentlich rechtlich und private Anbieter wie heute.de, aber auch Spiegel Online sind in den digitalen Medien die Platzhirsche in der Diskussion zur #btw13, insbesondere auch was die Qualität der Beiträge angeht. Ein google+ spielt trotz „technologischer Dominanz“ im web in der inhaltlichen Diskussion keine adäquate Rolle. Persönliche Facebook-Seiten Abschließend zu den ersten Statistiken noch ein paar Anmerkungen zu den einflußreichsten Meldungen mit der größten Reichweite in den

digitalen Medien um den Wahltag der #btw13 herum: Hier sind die beiden Facebook-Seiten von Angela Merkel und Peer Steinbrück führend. Analysiert man die digitalen Medien danach, welche Meldungen am häufigsten verlinkt, diskutiert und kommentiert, also aktiv weiter getragen wurden, so findet sich das auf Facebook eingestellte Statement Angela Merkels zum Wahlausgang auf dem Youtube-Channel cdu.tv von der Reichweite her auf dem ersten Rang. Diesem Beitrag folgt auf Rang 2 Angela Merkels persönlicher Wahlaufruf „zur Wahl zu gehen“; sicherlich auch ein Ergebnis der aktiven Zweitstimmenkampagne der ehemaligen Koalitionspartner in der Woche zwischen den Wahlen. Rang 3 der digitalen Beiträge mit der größten Reichweite um die #btw13 herum nimmt dann der Herausforderer Peer Steinbrück ein, der auf seiner Facebook-Seite (sicherlich nicht persönlich) Angela Merkel zur gewonnen Wahl gratuliert. Allein diese drei Beiträge mit der größten Reichweite zeigen, der Wahlkampf hat sich zunehmend personalisiert, insbesondere in seiner Endphase.

FOKUS|#socialmedia ist ein Positionspapier zu ausgewählten Fragestellungen aus einem der zahlreichen Anwendungsgebiete von Business Intelligence BCMG BUSINESS INTELLIGENCE CONSULTING GROUP Asternweg 5 51503 Rösrath Kommunikation Telefon +49 (208) 46 15 36 Fax +49 (208) 46 15 46 Mail [email protected] Internet www.bcmgroup.de