View
8
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
2. Quartal 2006
Arbeitsrecht News
AUsGAbe ANLÄssLich Der FUssbALL-weLtMeisterschAFt
In vielen ländern rund um den Globus hält man Fussball für die schönste Neben
sache der Welt. Während der Weltmeisterschaft wird Fussball jedoch nicht
„Nebensache“ sein. Spieler wie ronaldinho aus Brasilien, thierry Henry aus
Frankreich und David Beckham (und Wayne rooney?) aus England werden die
Welt ohne Zweifel in atem halten, die Nationalmannschaft der Elfenbeinküste, mit
dem Spitznamen „Die Elefanten“, hoffen, dass sie ihrem vom Krieg zerrütteten
land ein wenig Einheitsgefühl verschaffen können, indem sie die Soldaten buch
stäblich dazu veranlassen, ihre Waffen während der Weltmeisterschaft—zumin
dest vorübergehend—niederzulegen, nach zwei Jahren intensiver Diskussion hat
Deutschland endlich die tFrage beantwortet und Jens lehmann den Vorzug vor
Oliver Kahn gegeben und jetzt ist es an der Zeit zu sehen, ob diese Entscheidung
richtig war, die oft belächelte uSamerikanische Mannschaft (auf Platz 4 der
FIFa Weltrangliste!) hofft, ein paar Gegner zu überraschen, die WMNeulinge, die
„Soca Warriors“ aus trinidad und tobago und die ukraine, freuen sich darauf, am
wohl größten Sportereignis der Geschichte teilzunehmen und Stammgäste wie
argentinien, Spanien, Frankreich, Brasilien, England und die Niederlande wollen
nur eins, nämlich die begehrteste trophäe der Sportwelt mit nach Hause neh
men. Oder, wer weiß… vielleicht… nur vielleicht… werden die Worte des früheren
englischen Spielers Gary lineker noch einmal wahr: „Fussball ist ein Spiel von 22
leuten, die rumlaufen, den Ball spielen, und einem Schiedsrichter, der eine reihe
dummer Fehler macht, und am Ende gewinnt immer Deutschland.“
inhalt
ausgabe anlässlich der FussballWeltmeisterschaft 1
Die Zeit der Fussball Weltmeisterschaft: Ein arbeitsrechtlicher ausnahmezustand? 2
urlaub für die Fussball Weltmeisterschaft? 3
arbeitnehmerfreizügigkeit: Ein Blick auf das Bosmanurteil 4
G14./.FIFa 6
Immer up to date: abfrage von Ergebnissen und Ereignissen der WM durch InternetNutzung am arbeitsplatz 6
2
auch wenn Jones Day nicht so weit gehen wird wie ein
englischer anwalt, der während der Weltmeisterschaft
2002 als Vermittler für arbeitsrechtliche Streitigkeiten,
die sich im rahmen des Fussballturniers ergaben, auf
trat, widmen wir diese ausgabe der arbeitsrechts News
der Weltmeisterschaft und werfen einen Blick auf ver
schiedene themen, die sich bei den arbeitsplätzen im
rahmen dieses Ereignisses ergeben könnten und auf eine
reihe von rechtsstreitigkeiten, die direkten Einfluß auf die
Fussballwelt hatten und immer noch haben.
Viel Spaß!
Die Zeit Der FUssbALL-weLtMeisterschAFt: eiN ArbeitsrechtLicher AUsNAhMeZUstAND?von Georg Mikes
Frankfurt rechtsanwalt/Fachanwalt f. arbeitsrecht gmikes@jonesday.com ++49 69 9726 3939
Es dürfte wohl nicht allzu häufig vorkommen, dass ein
Ministerium anlässlich einer Sportveranstaltung eine
arbeitnehmerinformation herausgibt. Doch genau das
ist vor dem Hintergrund der anstehenden Fussball
Weltmeisterschaft geschehen. In seiner reihe „tipps
für arbeitnehmer“ des bayerischen Staatsministeriums
für arbeit und Sozialordnung Familie und Frauen hat die
bayerische arbeitsministerin Christa Stewens den folgenden
Obersatz verlauten lassen: auch während der FussballWM
gelten die arbeitsrechtlichen regeln—Fussballschauen nur
mit Erlaubnis des arbeitgebers.
Die knapp einseitige Information, die in all ihrer Kürze auf der
WebSeite des Ministeriums unter www.stmas.bayern.de
abrufbar ist, lohnt eine nähere Betrachtung. Zitiert wird
die Ministerin mit der aussage, dass auch während
der Weltmeisterschaft arbeitnehmer die arbeitsrechtli
chen regeln beachten müssten. ansonsten könne der
arbeitgeber mit einer abmahnung und bei gravierenden
oder wiederholten Verstößen sogar mit der Kündigung
reagieren. auch seien allzu große ablenkungen am
arbeitsplatz nicht gestattet und deshalb die Möglichkeit der
arbeitnehmer beschränkt, sich live über den Spielstand zu
informieren. Ein eigenes radio dürfe ein arbeitnehmer zwar
grundsätzlich zur arbeit mitbringen, damit die betrieblichen
abläufe aber nicht stören.
Die Meinung der Gebühreneinzugszentrale zum thema
Mitnahme eines radios oder Fernsehers zum arbeitsplatz
sei einmal dahingestellt. Was aber bedeutet die Mitnahme
z. B. eines radios für den einzelnen arbeitnehmer? Hier
wird man unterscheiden müssen: In den Fällen, in denen
der arbeitgeber von je her das radiohören am arbeitsplatz
während der arbeitszeit duldet, ergeben sich natürlich für
die Weltmeisterschaft keine Besonderheiten—es sei denn,
der arbeitnehmer überspannt plötzlich den Bogen und
vernachlässigt im Gegensatz zu sonst die arbeit. Hat hinge
gen der arbeitgeber früher schon in zulässiger Weise das
radiohören am arbeitsplatz verboten, wird während der
FussballWeltmeisterschaft nichts anderes gelten. Was aber
ist zulässig?
Das BaG hat sich mit der Frage des radiohörens im
Jahre 1986 befasst (Beschluss vom 14. Januar 1986–1 aBr
75/83). Im zugrundeliegenden Fall wollte der arbeitgeber
das radiohören verbieten, nachdem es 13 Jahre in einer
bestimmten Betriebsabteilung gängig war (kartographische
abteilung eines Verlages). Der Betriebsrat wandte sich
dagegen und machte ein Mitbestimmungsrecht geltend.
Damit hat die Entscheidung zwei Komponenten: zunächst
eine betriebsverfassungsrechtliche bezüglich des Verhält
nisses arbeitgeber—Betriebsrat, weiter aber auch eine
individuellvertragsrechtliche im Verhältnis arbeitgeber
—arbeitnehmer.
um es vorweg zu nehmen: das BaG war der Meinung,
der arbeitgeber habe durch das einseitige Verbot des
radiohörens tatsächlich ein Mitbestimmungsrecht ver
letzt, und zwar § 87 abs. 1 Nr. 1 des Betriebsverfassungs
gesetzes, wonach „Fragen der Ordnung des Betriebes
und des Verhaltens der arbeitnehmer im Betrieb“ der
Mitbestimmung unterliegen. Hintergrund ist, dass bezogen
auf die arbeit seit langem unterschieden wird zwischen
dem arbeitsverhalten des arbeitnehmers—welches nicht
mitbestimmungspflichtig ist—und dem Ordnungsverhalten,
das der Mitbestimmung unterliegt. Beim arbeitsverhalten
geht es um die Konkretisierung der arbeitspflicht, also z. B.
die Weisung des arbeitgebers an den arbeitnehmer, eine
bestimmte arbeit zuerst zu erledigen. Das mitbestimmte
3
Ordnungsverhalten demgegenüber hat mit Verhal
tensvorschriften zu tun—bekannte Beispielfälle sind etwa
regelungen über rauchverbote, alkoholverbote, das
tragen von Namensschildern, oder private telefon oder
Internetbenutzung. Diesem Bereich hat das BaG im konkre
ten Fall auch das radiohören zugeordnet.
allerdings hat das BaG damit keineswegs eine kategorische
Entscheidung im Sinne von „radiohören am arbeitsplatz ist
erlaubt“ getroffen. Vielmehr wurde in derselben Entschei
dung sehr wohl ausgedrückt, dass in anderen Fällen ein
entsprechendes Verbot zur regelung der art und Weise
gehört, wie die arbeit zu verrichten ist—also zum mitbe
stimmungsfreien arbeitsverhalten. als Beispiele wurden
die Kundenberatung und bedienung genannt. Wie so oft
wird es also auf den Einzelfall ankommen, obgleich das
radiohören am arbeitsplatz in der Mehrzahl der Fälle eher
dem Ordnungsverhalten angehören wird.
Dies bildet gleichzeitig die Brücke zum individuell
vertragsrechtlichen Bereich. Denn auch wenn z. B. das
radiohören mangels Existenz eines Betriebsrats oder man
gels Vorliegens einer verbietenden Betriebsvereinbarung
an sich zulässig sein mag, einen Dispens von normalen
arbeitsvertraglichen Pflichten stellt es nicht dar. Denn
wenn der arbeitnehmer wegen des radiohörens seine
arbeitsleistung nicht mehr ordnungsgemäß erbringt,
begeht er eine Vertragsverletzung—und damit droht
Kündigung. regelmäßig wird insoweit zwar zunächst eine
abmahnung erforderlich sein. Dennoch: Ein entsprechen
des Fehlverhalten des arbeitnehmers, das der arbeitgeber
ordnungsgemäß abmahnt—z. B. im Zusammenhang mit der
WMVorrunde—sollte der arbeitnehmer besser nicht wie
derholen. Sonst kann für ihn schon das WMHalbfinale zum
Endspiel werden.
Was gilt nun, wenn es nicht um radiohören, sondern
um Fernsehen während der arbeit geht? Für manchen
arbeitnehmer mag die Versuchung groß sein. Eine
Gerichtsentscheidung scheint nicht vorzuliegen. auf
den ersten Blick könnte man versucht sein, die BaG
Entscheidung über das radiohören pauschal auf das
Fernsehen zu übertragen. Vermutlich wird das von der
Struktur der Überlegungen her auch korrekt sein, jedoch
mit einer gänzlich anderen Grenzziehung zwischen arbeits
und Ordnungsverhalten. Denn die ablenkung durch das
optische Medium Fernsehen dürfte erheblich höher sein
als es beim radiohören der Fall ist. Womöglich würde hier
als regelfall angesehen werden, dass der arbeitgeber
mitbestimmungsfrei das Fernsehen bei der arbeit ver
bieten kann—oder dass dies sogar so selbstverständlich
ist, dass umgekehrt Fernsehen überhaupt nur in Betracht
kommt, wenn der arbeitgeber vorher seine ausdrückliche
Zustimmung gegeben hat. Dies wird zu Zeiten der Fussball
WM wie auch zu anderen Zeiten gelten.
Damit bleibt zu sagen: Die FussballWM ist kein arbeitsrecht
licher ausnahmezustand. Wenn der arbeitgeber anläßlich
dieser Veranstaltung Fussballbegeisterten arbeitnehmern
das Fernsehen genehmigen will, kann er gute Gründe
nichtjuristischer art haben, und vielleicht klappt auch eine
Nachholung ausgefallener arbeitszeit unkompliziert und
ohne auseinandersetzungen. Es ist lediglich zu beachten,
dass aus einer Fernseherlaubnis dennoch für die Zukunft
durchaus schwierige juristische Probleme entstehen kön
nen. läßt es etwa das Gleichbehandlungsprinzip zu, den
anhängern der einen Sportart etwas zuzugestehen, das
man demnächst den anhängern einer weniger populären
Sportart nicht zugestehen will? Wird dann womöglich
den anhängern der WM im Bodenturnen ebenfalls das
Fernsehen zu erlauben sein? Vielleicht läßt sich allein
aus der Zahl der anhänger der Sportart heraus eine
unterscheidung rechtfertigen. Der autor dieses artikels
weiß es nicht und hofft, es nie gerichtlich austesten zu müs
sen. Sicher ist nur: auch die WM im Bodenturnen wäre kein
arbeitsrechtlicher ausnahmezustand.
UrLAUb FÜr Die FUssbALL-weLtMeisterschAFt?von angela autenrieth
Frankfurt rechtsanwältin aautenrieth@jonesday.com ++49 69 9726 3939
Es hat tatsächlich geklappt: Deutschland ist im Endspiel—
und Ihre gesamte Belegschaft bittet Sie kurzfristig um
urlaub für den auf das Spiel folgenden Montag. Was tun?
Eine ähnliche Frage hat sich Ihnen womöglich bereits
gestellt: Ihr Mitarbeiter informiert sie freudestrahlend über
den geglückten Erwerb zweier WMKarten und fragt Sie
4
nicht etwa, ob Sie Zeit hätten, ihn zu dem Spiel zu begleiten,
sondern, ob er für den tag des Spiels urlaub bekommen
könnte.
Haben die arbeitnehmer in diesen Fällen anspruch auf
urlaubsgewährung? auch in WMZeiten gilt das Bundesur
laubsgesetz. Demnach entscheidet der arbeitgeber, zu
welchen Zeiten der arbeitnehmer seinen urlaub nehmen
darf. allerdings hat er bei seiner Entscheidung grundsätz
lich den Wünschen des arbeitnehmers zu entsprechen,
wenn dem nicht dringende betriebliche Belange oder die
urlaubswünsche anderer arbeitnehmer entgegenstehen.
Im ersten Beispiel ist klar, dass Sie nicht der gesamten
Belegschaft urlaub gewähren können. Dem steht ein offen
sichtlicher, dringender betrieblicher Grund entgegen, näm
lich die Notwendigkeit, den Betrieb auch am tag nach
dem Endspiel arbeitsfähig zu erhalten. Nun blockieren
sich die Mitarbeiter mit Ihren urlaubsansprüchen gegen
seitig. Sie möchten wenigstens einigen Ihrer Mitarbeiter
den urlaubswunsch erfüllen—aber welchen? um diese
Frage zu beantworten, sollten Sie zunächst feststellen,
welche Mitarbeiter an dem besagten tag aus betrieblichen
Gründen unverzichtbar sind. Dem urlaubsverlangen dieser
Mitarbeiter stehen dringende betriebliche Gründe entgegen.
Bezüglich der übrigen Mitarbeiter stellt sich nun die Frage,
wessen urlaubswunsch Vorrang hat. Dies richtet sich laut
Bundesurlaubsgesetz nach „sozialen Gesichtspunkten“.
Soziale Gesichtspunkte ergeben sich vor allem aus fami
liären umständen wie Schulkindern oder urlaub des
Partners, aber auch lebensalter, Betriebszugehörigkeit,
ein besonderes Erholungsbedürfnis oder ein schlechter
Gesundheitszustand sind zu berücksichtigen. Wenn aber
alle Mitarbeiter nur wegen des Endspiels und auch nur für
einen tag urlaub beantragt haben, werden die meisten
dieser Gesichtspunkte nicht greifen. Streng genommen
müßten dann die ältesten bzw. die Mitarbeiter mit der läng
sten Betriebszugehörigkeit den urlaub bekommen. Ob
deren Interesse in einem solchen Fall wirklich als vorran
gig einzustufen wäre, ist fraglich. am gerechtesten wäre in
diesem Fall wohl die Durchführung eines losverfahrens.
Hierbei wäre jedoch das Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats gemäß § 87 abs. 1 Nr. 5 Betriebsverfassungs
gesetz zu berücksichtigen.
auch im zweiten Beispiel richtet sich der urlaubsanspruch
des arbeitnehmers danach, ob seinem Wunsch dringende
betriebliche Belange oder vorrangige Interessen anderer
arbeitnehmer entgegenstehen. Ein findiger arbeitnehmer
könnte jedoch auf die Idee kommen, zu argumentieren,
dass er aufgrund dieser außergewöhnlichen Möglichkeit
nach § 616 BGB vorübergehend an der Erbringung der
arbeitsleistung gehindert sei, also gar keinen urlaub
benötigt. auch, wenn manch einer die teilnahme an einem
WMSpiel als gleichbedeutend mit den von § 616 BGB
gedeckten Fällen wie der Geburt eines Kindes oder einer
Hochzeit empfinden mag, kommt § 616 BGB in diesem
Fall nicht zur anwendung. Gemäß § 616 BGB behalten
arbeitnehmer ihren Vergütungsanspruch, wenn Sie nicht
zur arbeit erscheinen, weil sie aus einem in ihrer Person
liegendem Grund und ohne ihr Verschulden für einen uner
heblichen Zeitraum an der Erbringung der arbeitsleistung
gehindert sind. Von § 616 BGB erfaßt sind, wie bereits
angedeutet, Fälle, in denen vom arbeitnehmer wegen
essentieller persönlicher Ereignisse in seinem leben nicht
erwartet werden kann, zur arbeit zu kommen. Neben der
Geburt des eigenen Kindes oder der eigenen Hochzeit
fallen hierunter zum Beispiel auch todesfälle im engeren
Familienkreis.
ArbeitNehMerFreiZÜGiGKeit: eiN bLicK AUF DAs bOsMAN-UrteiLvon Jörg Rehder
Frankfurt attorneyatlaw, Solicitor (England und Wales) jrehder@jonesday.com ++49 69 9726 3122
JeanMarc Bosman, der während seiner Karriere als
Berufsfussballspieler den meisten—außer den passion
iertesten Fans der belgischen Fussballliga—eher
unbekannt war, erlangte durch seine Klage vor dem
Europäischen Gerichtshof (EuGH) in der Fussballwelt und
bei Europarechtexperten Berühmtheit. Bosman spielte
als Profifussballer für den belgischen Verein rC lüttich,
bis 1991 sein Vertrag auslief. Der rC lüttich bot ihm eine
Vertragsverlängerung, allerdings mit einer deutlichen
Gehaltskürzung an. Bosman lehnte dieses angebot ab
und erhielt daraufhin ein angebot des französischen
Zweitligisten uS Dünkirchen. Zu diesem Zeitpunkt war es
jedoch bei der uEFa (dem Dachverband aller europäischen
Fussballverbände) und dem belgischen Fussballverband
5
Pflicht, dass der neue Verein dem alten Verein beim
Vereinswechsel eines Spielers eine „ablösesumme“ zahlen
musste, auch wenn der Vertrag des Spielers mit dem alten
Verein bereits abgelaufen war. Dies bedeutete, dass der
uS Dünkirchen gezwungen sein würde, eine ablösesumme
an den rC lüttich zu zahlen, um Bosman als Spieler unter
Vertrag nehmen zu können.
n JEan-MaRC BOSMan GEGEn DiE UEFa UnD DEn
BElGiSChEn FUSSBallVERBanD
Bosman erhob Klage vor einem belgischen Gericht gegen
die uEFa und den belgischen Fussballverband mit der
Begründung, dass die transferregeln gegen artikel 48
des EGVertrags (im Vertrag von amsterdam als artikel
39 neu nummeriert) verstoße, da die ablösesummen die
„arbeitnehmerfreizügigkeit“ innerhalb der Europäischen
Gemeinschaft behinderten. artikel 48 gewährleistet inner
halb der Gemeinschaft die Freizügigkeit der arbeitnehmer.
Das belgische Gericht verwies die Sache an den EuGH.
Die uEFa führte vor dem EuGH an, dass Sportveranstal
tungen kulturelle Ereignisse und keine wirtschaftlichen
tätigkeiten seien und deshalb nicht im gleichen Maße wie
normale Geschäftsvorgänge den Gemeinschaftsbestim
mungen unterlägen. Die argumentation der uEFa war indes
nicht von Erfolg gekrönt, da der EuGH dagegen hielt, dass
(i) die verschiedenen Fussballigen in Europa sehr wohl
eine wirtschaftliche tätigkeit ausübten, und (ii) die Gemein
schaftsbestimmungen anwendung fänden, wenn es sich
um ein arbeitsverhältnis handele—wie es zwischen Jean
Marc Bosman und dem rC lüttich/uS Dünkirchen der
Fall war.
n aBlÖSESUMMEn UnD „aUSlÄnDERKlaUSEln“
VERlEtZEn DaS EUROPaRECht
Der EuGH entschied, dass die ablösesummen der uEFa das
Gemeinschaftsrecht verletzten. Insbesondere hielt der EuGH
fest: „Die transferregeln stellen folglich Beeinträchtigungen
der Freizügigkeit der arbeitnehmer dar, die grundsätzlich
nach artikel 48 des Vertrages verboten sind.“ Genauso
wie ein Ingenieur bei Siemens in Deutschland sich nach
Beendigung seines arbeitsverhältnisses entscheiden kann,
für British airways in England zu arbeiten, ohne dass British
airways eine Entschädigung an Siemens zahlen muss, so
kann auch ein Fussballstar wie Michael Ballack, dessen
Vertrag mit Bayern München zum Ende der Saison aus
läuft, einen neuen, lukrativen Vertrag bei Chelsea london
unterzeichnen, ohne dass Chelsea gezwungen ist, eine
ablösesumme an Bayern München zu zahlen.
Das Bosmanurteil beschränkte sich jedoch nicht auf die
Feststellung, dass ablösesummen zwischen Vereinen ver
schiedener Mitgliedstaaten das Europarecht verletzten. Es
wurde auch entschieden, dass die uEFaregelung, die es
verbietet, mehr als eine bestimmte anzahl ausländischer
Spieler aus anderen EuMitgliedstaaten während eines
Punktspiels aufzustellen—die sogenannte 3+2 regel—
ebenfalls gegen artikel 48 verstoße. trotz der argumentation
der uEFa, dass eine Zulassung von zu vielen ausländischen
Spielern während eines Punktspiels die Fans befremden
würde, entschied der EuGH, dass eine solche regelung
Staatsangehörige anderer EuMitgliedstaaten diskriminie
ren würde. Es gibt viele Beispiele dafür, dass das argument
der uEFa unzutreffend war, da Vereine wie arsenal london,
die nur wenige englische Spieler in ihrem Kader haben, sich
auch weiterhin großer Beliebtheit erfreuen.
Sollte nun aber jemand denken, dass das Bosmanurteil
es auch erlauben würde, dass zum Beispiel Spanier in der
italienischen Nationalmannschaft spielen, so sei gesagt,
dass dies nicht der Fall ist. Der EuGH entschied schon
1976, dass die Bestimmungen des EGVertrags nicht die
Verabschiedung von regelungen unterbinden, „die ausländ
ische Spieler von bestimmten Begegnungen aus nichtwirt
schaftlichen Gründen ausschließen, […] und [die] deshalb
nur den Sport als solchen betreffen.“ Wettbewerbe mit
Nationalmannschaften—so wie die Weltmeisterschaft—
gelten als „nur den Sport als solchen“ betreffend.
6
iMMer UP tO DAte: AbFrAGe VON erGebNisseN UND ereiGNisseN Der wM DUrch iNterNet-NUtZUNG AM ArbeitsPLAtZvon Friederike Göbbels
München rechtsanwältin/Fachanwältin f. arbeitsrecht fgoebbels@jonesday.com ++49 89 2060 42 200
Die Fussball Weltmeisterschaft wird sicherlich zu einer
erhöhten Nutzung von OnlineMedienzugängen am
arbeitsplatz führen. Jeder wird die Situation kennen, dass
ein Match von höchstem Interesse live übertragen wird,
jedoch weder Fernseher noch radio zur Verfügung ste
hen, um sich über Spielentwicklungen und ergebnisse auf
dem laufenden zu halten. Da greift der Fussballfan gerne
mal zum Internet, das über zahlreiche anbieter auf schnel
lem Wege die nötigen Informationen liefert. und schon
mit dem ersten „Klick“ befindet sich der arbeitnehmer
unter umständen in einem Wald von unerschöpflichen
Informationen und links zur WM, von denen er sich einfach
nicht mehr trennen will. Seine zu erledigende arbeit vergisst
und verdrängt er dabei völlig.
Wird durch ein solches Verhalten eine Pflichtverletzung des
arbeitnehmers begangen, die disziplinarisch, d. h. mit einer
abmahnung oder in schwerwiegenderen Fällen vielleicht
sogar mit einer Kündigung sanktioniert werden kann?
Das ist eine Frage, die nicht pauschal, sondern nur unter
Berücksichtigung der Einzelumstände beurteilt werden
kann. Zu dieser noch recht jungen rechtsproblematik sam
meln sich seit ca. 2001 unterschiedlichste Entscheidungen
G14./.FiFADas Bosmanurteil von 1995 hatte großen Einfluss
auf die Fussballwelt in Europa. Ein schwebender
rechtsstreit zwischen der G14 und der FIFa könnte
den europäischen Fussball jedoch noch weitaus mehr
beeinflussen.
Die G14 umfaßte ursprünglich vierzehn Mitgliedsvereine,
einschließlich real Madrid, Bayern München, Paris
SaintGermain und den aC Mailand. Im Jahr 2002 wur
den vier weitere Vereine, unter ihnen arsenal london
und Olympique lyon, Mitglieder der G14.
Ziel der G14 ist es, die Zusammenarbeit zwischen
den Mitgliedsvereinen zu fördern, indem sie sich mit
anstellungs, Finanz und Vereinswettbewerbsange
legenheiten beschäftigen. Die G14 schafft zudem auch
ein Dialogforum für die Mitgliedsvereine.
In dem schwebenden rechtsstreit ist ein belgischer
Fussballverein involviert, der gemäß den Bestimmungen
der FIFa einen seiner Spieler freistellen musste, so
dass dieser an einem Spiel seiner Nationalmannschaft
Marokko in afrika teilnehmen konnte. Der Spieler
verletzte sich in diesem Spiel und konnte daher für
mehrere Monate nicht für seinen belgischen Verein
spielen.
Sein Verein verklagte daraufhin die FIFa mit der
Begründung, dass die Bestimmungen der FIFa einen
Missbrauch einer dominanten Marktposition unter
Verletzung kartellrechtlicher EuBestimmungen dar
stellten, da die Vereine—also die arbeitgeber—keine
direkte Entschädigung von der FIFa erhalten, wenn sie
Spieler—also die arbeitnehmer—für FIFasanktionierte
Spiele—wie z. B. die Weltmeisterschaft—für das ent
sprechende Nationalteam freistellen müssen. Die
G14 schloss sich dem belgischen Verein in diesem
rechtsstreit an und erwähnte bereits, dass sie
Schadensersatz in Höhe von zwei Millionen EurO von
der FIFa verlangen werden.
Mitte Mai leitete das belgische Gericht den Fall an den
Europäischen Gerichtshof weiter. Sollte die FIFa diesen
Prozeß verlieren—was ziemlich wahrscheinlich scheint,
es sei denn, die Parteien erzielen einen Vergleich—wird
die FIFa gezwungen sein, ihre Geschäftstätigkeiten mit
den einzelnen Vereinen zu überdenken.
7
der arbeitsgerichtsbarkeit. Die verschiedenen Blickwin
kel und Bewertungsschwerpunkte machen es bislang
schwer, klare leitfäden für den arbeitgeber aufzustellen.
Einige, wenige Grundregeln haben sich aber dennoch als
inzwischen relativ gefestigt herausgestellt. Es handelt sich
dabei um folgende Prinzipien:
• Wenn der arbeitgeber generell die private Nutzung
des Internetzugangs am arbeitsplatz nicht akzeptie
ren möchte, muss er ein klares Verbot aussprechen.
Da es sich um Betriebsmittel handelt, steht dem
arbeitgeber grundsätzlich das recht zu, die private
Nutzungen zu verbieten.
• Die Verbotserteilung sollte zweckmäßigerweise
so erfolgen, dass der Zugang der entsprechen
den Mitteilung bei jedem einzelnen arbeitnehmer
nachgewiesen werden kann. Ideal ist daher die
aufnahme eines entsprechendes Passus in einem
vom arbeitnehmer unterzeichneten Dokument
(arbeitsvertrag, Zusatzvereinbarung zum arbeits
vertrag etc.).
• Denkbar ist auch eine begrenzte, d. h. einge
schränkte Zulassung der privaten Internetnutzung
am arbeitsplatz. Die Einschränkung sollte so klar
wie möglich definiert werden, um sie in der Praxis
um und durchsetzen zu können. Denkbar ist
zum Beispiel die Maßgabe, dass die Nutzung nur
außerhalb der arbeitszeit erfolgen darf, wie etwa
in Pausen, oder dass die private Nutzung pro tag
einen bestimmten zeitlichen umfang nicht über
schreiten darf.
• Wenn der arbeitgeber es versäumt, ein klares
Verbot auszusprechen, darf der arbeitnehmer davon
ausgehen, dass die private Nutzung des Internets
am arbeitsplatz in angemessenem umfang als sozi
altypische Erscheinung vom arbeitgeber gedul
det wird. Das heißt, dass die Erlaubnis zur privaten
Nutzung in einem verträglichen ausmaß vermutet
wird, wenn der arbeitgeber keine hiervon abwei
chende Verlautbarung tätigt. So hat das laG Köln
beispielsweise am 11. Februar 2005 entschieden,
dass mangels Verbotes eine private Nutzung von 80
bis 100 Stunden pro Jahr noch dem sozialtypischen
Bild entspricht.
• Nicht mehr sozialtypisch ist dagegen eine private
Internetnutzung, die in entweder qualitativer oder
quantitativer Weise als exzessiv bezeichnet werden
muss (z. B. zeitlicher umfang der Nutzung, Nutzung
oder Herunterladen von strafbaren oder porno
graphischen Inhalten, Verursachung zusätzlicher
Kosten auf Seiten des arbeitgebers).
• Hat der arbeitgeber Kenntnis von der privaten
Nutzung des Internetzugangs und unterbindet
diese nicht, so tritt ein Zustand der Duldung ein,
der je nach umständen auf Basis der Grundsätze
der betrieblichen Übung bis hin zu einem anspruch
des arbeitnehmers führt, den der arbeitgeber nicht
mehr einseitig zum Nachteil des Mitarbeiters verän
dern kann.
• Ob bei einem Verstoß gegen ein klares Verbot
oder bei einer exzessiven Nutzung nicht nur eine
abmahnung, sondern sogar eine Kündigung als
reaktionsmittel des arbeitgebers eingesetzt werden
kann, hängt von den umständen des Falles ab, d. h.
davon wie schwerwiegend die Pflichtverletzung des
arbeitnehmers gewesen ist, ob dem unternehmen
ein Schaden entstanden ist, wie lange der arbeit
nehmer ggf. schon ohne jede Beanstandung
beschäftigt gewesen ist etc.
Es ist damit zu rechnen, dass während der WM der Internet
zugang am arbeitsplatz intensiver und von mehr Personen
genutzt wird als üblicherweise. Vor diesem Hintergrund ist
es sinnvoll, sich über Verhaltensregeln—generell und/oder
speziell für die WMWochen—Gedanken zu machen und
diese den Mitarbeitern klar und deutlich mit auf den Weg
zu geben. Welche konkreten anweisungen angemes
sen, notwendig und zweckdienlich sind, kann nur unter
Berücksichtigung der Bedürfnisse und Besonderheiten
des einzelnen unternehmens und seines Geschäftsganges
bestimmt werden.
Ihre AnsprechpArtner
FraNKFurt
Hochhaus am Park
Grüneburgweg 102
60323 Frankfurt am Main
tel.: +496997263939
Fax: +496997263993
Georg Mikes
rechtsanwalt/Fachanwalt
für arbeitsrecht
gmikes@jonesday.com
MÜNCHEN
Prinzregentenstrasse 11
80538 München
tel.: +4989206042200
Fax: +4989206042293
Friederike Göbbels
rechtsanwältin/Fachanwältin
für arbeitsrecht
fgoebbels@jonesday.com
Jones DAy Büros WeltWeIt
atlaNta
BEIJING
BrÜSSEl
CHICaGO
ClEVElaND
COluMBuS
DallaS
FraNKFurt
HONG KONG
HOuStON
IrVINE
lONDON
lOS aNGElES
MaDrID
MaIlaND
MENlO ParK
MOSKau
MÜNCHEN
NEu DElHI
NEW YOrK
ParIS
PIttSBurGH
SaN DIEGO
SaN FraNCISCO
SHaNGHaI
SINGaPur
SYDNEY
taIPEH
tOKYO
WaSHINGtON
© 2006 Jones Day. all rights reserved. Printed in the u.S.a.
Die hier dargebotenen Informationen, Meinungen und rechtsansichten sind nicht als fallspezifische juristische Beratung gedacht und erheben keinen anspruch auf Vollständigkeit. Jones Day haftet nicht für die richtigkeit des Inhalts.
Recommended