Ein Neuer Sulfatsalpeter des Ammoniaks

Preview:

Citation preview

L. Wohler wnd W. ScJGffer. ATeuer Sulfatsalpeter des Ammoniaks. 389

Ein neuer Sulfatsalpeter des Ammoniaks. Von LOTHAR W~ELER und W. SCHAFFER.

Mit 2 Figuren im Text.

Infolge der Tatigkeit des einen von uns als Vorsitzender des vom Reichstag eingesetzten Sachverstandigenausschusses zur Unter- suchung des Oppauer Ungliicks, bei welchem das bekannte Doppel- salz (NH,),SO,. 2 NH4K03 explodierte, beschhftigten wir uns u. a. auch mit etwaigen sauren Doppelsalzen zwischen Ammonsulfat und -nitrat und fanden dabei das neue Salz der Zusalnmensetzung (NHJHSO, . NH,NO, , ein Diammoniumhydrosulfatonitrat.

AuBer dem Ungliicksdoppelsalze der B. A. S. F., dem Dinitrat, gibt es ein zweites neutrales Salz, das Trinitrat der Formel (NH,),SO,. 3NH4N03, das Mononitrat besteht nicht.’) Ein dem erateren Salze der B. A. S. F. analoges saures Salz NH,HSO,. 2 N H,NO, vermutet S. STREICHER~) in dem Gemisch, das bei der Einwirkung von Salpetersaure auf Ammonsulfat entsteht, und zum gleichsam trockenen Auf~chluB von Phosphaten dienen soll, ebenso wie das Triammoniumhydrosulfat NH,HSO, (NH,),SO, ”, das hier gleichzeitig mit ihm sich bildet.

Das dem nicht bestiindigen oder doch bisher unbekannten Doppelsalze, dem Mononitrat, analoge s a u r e Salz erhielten wir nun durch Einwirkung von konzentrierter Schwefelsaure auf Ammoniak- salpeter nach der Qleichung:

2NH,N03 + H,SO, = NH,HSO,*NH,NO, + HNO,.

DaB man es bisher trotz schiiner Kristallbildung iibersah, liegt an seiner groBen Liislichkeit von 83O/, in 100 Gewichtsteilen L8sung bei 200. Es ist sehr hygroskopisch, vielleicht noch mehr als seine Komponenten. Die durchsichtig klaren Kristalle bilden Tafeln von 3-4 mm Lange und Breite und sind von den feinen Nadeln des

l) ROOZEBOOP, Heterog. Gleichgew. 111. 1 (1911), 138. *) D. R. P. 389623 K1. 12 k Gr. 6, 1923. 7 D. R. P. 376546, STBEICHEB (1921).

390 L. Wohtar uncl W. Schaffcr.

Sulfat- und Nitratgemisches leicht unterscheidbar. Es schmilzt scharf bei S7O.

Zur Darstellung mischt man bei 50° (im Wasserbade) ein Molekiil der 93O/,igen Schwefelsaure mit zwei Molekulen Salpeterpulver (33g) und la& langsam abkiihlen. Erwarmt man von neuem, so tritt Losung der Kristalle bei 25O ein, die beim Stehen im Exsikkator sich sehr allmahlich wieder in groBen Tafeln abacheiden. Man saugt auf einem Leinenfilter scharf ab, trocknet auf dern Tonteller und befreit von der anhangenden Salpetersaure im Vakuumexsikkator iiber Schwefelsaure, so lange sich noch Salpetersanredampfe zeigen.

Bestimmt wurde das Ammoniak durch Destillation und Titration der vorgelegten n/Z-Schwefelsiiure, Nitrat analog nach der Reduktion mit DEVARDA- Legierung , Sulfat als Bariumsulfat, die Aziditiat mit n/2-Natronlauge. Man kann schon durch solche Aziditiitsbestirnmung mit n/100 frischer Natronlauge und Methylorange an j e einem klaren Kristall leicht den Nachweis der Zu- samrnensetzung fiihren.

Gew. d. Kristalls Verbr. n1100-NaOH NHJISO, NR,HSO, - NH4N0, ber. f.

0,0242 g 12,39 ccm 58,89 0 0344 g 17,50 9 , 58,59 0,0179 g 9915 3 9 58,84 0,0319 g 16958 7 7 59,76

0,0121 g 6,20 1 , 58,93 0,0255 g 13,OO 7 , 58,63

0,0124 g 6,58 3 , 59 12 58,930j0

Mischt man im Molekulverhaltnis H,SO, : NH,NO, = 3 : 5, so erhalt man nur ein Kristallgenenpe mit 95°:o Bisulfat und 5O/, Nitrat, nur bei dem Ver- hiiltnis 3 : 6 (Anal. a) oder 3 : 7 (b) findet man das Doppelsalz.

Bei mehr Nitrat, im VerhPltnis 3 : 8-12, tritt erneute Lijsung und Ab- scheidung von Mristallen erst bei steigend hijherer Temperatur als 25O ein, und man erhiilt wiederum nur Nadeln von Gemengen (Anal. c).

NH,' SO," NO,' H' = NH,HSO, NH,NO, ber. a) 18,6 50,O 31,7 0,52 59 7 41, l 58,9*/, b) 18,5 49,4 32,O 0,5 1 59,O 43,s bzw. 41,loj,

Molverhiiltnis NH,HSO, NH,NO, Aussehen der Kristalle: c) 3 : 5 95,2 5,2 weifie Nadelu : Bisulfat 2:::) 2--1 mm Tafeln des Doppelsalzes

::$} feine weifie Nadeln von beiden

3 : 6 59,7

3. s 49,7 3 . 7 59,O

3 : 10 36,7 3 : 12 31,9 69,2 Salzen

Das Doppelsalz ist im Wasser unverandert loslich, wie sich durch die Analyse von Losung und Bodenkorper ergibt, die nach der Gleichgewichtseinvtellung durch Ausriihren im Thermostaten bei verschiedenen Temperaturen nach je 5 und 7 Stunden erfolgte. Es ist dies auffallend, weil Bisulfat allein als Bodenkorper sich in ein Gemisch von Sulfat und Schwefelsaure umwandelt.

Neuer Sulfatsa&eter de8 Ammoniaks. 39 1

Als Beispiel seien die fur 20° gefundenen Werte angefuhrt, wie sie in vollig gleicher Weise fur 20, 30, 40, 50 und 60° bestimmt worden sind.

Das Wasser im Thermostaten war von einer Paraffinolschicht bedeckt. Die Warmezufuhr erfolgte mit groacr Heizflache dadurch, daB der Brenner in einer starken Einbuchtung des WassergeABes stand. Die GcfiiBe mit dem Salz hatten fur den Ruhrer QuecksilberversehluB , ihrcn Auftrieb verhinderten Bleiklotze. Die Lasung wurde mit den bekannten Oleumrohrchen entnommen, erst die Aziditat, dann Ammonium und Nitrat darin bestimmt.

Riihrdauer angew. g 42-NaOH n/2-H2SO,(NH;) n/2-H2S0,(N0,') gel. 5 Stdn. 2,0670 17,52 35,06 17,50 ccm 82,76

1,5576 13,25 26,50 2,1619 18,40 36,13 18,36 ,, 52,89 2,7284 23,15 46,30 23,15 ,, 82,SO

Mittel

1 3 9 2 7 >7 83,1" 82,880/, I $0 20 30 40 50 60 geltist O,', 82,9 84,6 86,9 89,3 92,6

Loslic h kei k k u rv e des Die knicklose einfache LBs-

lichkeitstemperaturkurve (Fig. 1) mit naturgemaB geringer Tem- peraturabhangigkeit zeigt deut- lich, daB sich das neue Doppel- salz auch aus waBriger Losung der Komponenten durch Ab- kuhlen erhalten la&.

51,l g 96O/,ige Schwefel- saure und 15 g Wasser wurden d a m auf 60° erwiirmt, 66,l g (NH,I,SO, gepulvert zugefiigt und durch Ruhren geliist, als- dann ebenso 80,O g gepulvertes NH,NO,. Darauf wurde 5 Stun- den bei 50° ausgeriihrt und sehr schnell abgesaugt. Der Boden- kijrper ergab die Zusammen- setzung des Doppelsalzes. Seine Liislichkeit wurde fur 50 und 60° bestimmt, wiederum wie oben durch je zwei volle Analysen nach 5- und 7-stundigem Ausriihren. Das Mittel wieder aus den j e vier Analysen ist vollig identisch mit der oben gefundenen Loslich- keit fur 50° : 89,5°/0; fur 60° : 92,6O/,.

s

Fig. 1.

392 L. Wiihler und W. SchZffer.

Die Bestimmung I) des isothermen Sattigungsgebietes des neuen Doppelsalzes in Abhangigkeit von den Losungskonzentrationen der beiden Einzelkomponenten ist insofern etwas verwickelt, als Ammon- bisulfat durch Wasser in seine Restandteile, Sulfat und Schwefel- saure, gespalten ist, so dd3 das nunmehr quaternare System im allgemeinen nur als Raumtetraeder darstellbar ist, von dem aber nur die Isothermen zweier Plachen mit je drei Komponenten bereits bekannt 1. (NH,),SO,, H,SO,, H,02) und

2. (NH,),so, , NH,NO,, ~ ~ 0 . 3 )

Die der dritten Flache ist sehr schwer bestimmbar: (NIJ4\,SQ4, NH,N03, H,SO,,

ergibt sich aber von selbst, wenn die der vierten noch bestimmt

wird: H,O, NH,NO,, H,SO,. Statt ihrer wurde zweckmagiger, wie leicht einzusehen, die

Isotherme auf einem Schnitt durch das Tetraeder bestirnmt, dessen zwei Dreiecksecken NH,NO, und H,O bilden, wahrend die dritte auf der Tetraederkante (NH,),SO,-H,SO, liegt, aber nicht genau auf der molekularen Mitte, gemaiB NH,HSO,, sondern ein wenig nach der H2S0,-Ecke des Tetraeders verschoben, indem das Bisulfat zur Vermei- dung seiner Spaltung einen kleinen Saurezusatz erhiilt. Damit wird freilich fur hochste Bisulfaikonzentration die Bestimmung der Iso- therme unmoglich , was aber fur den vorliegenden Zweck belanglos ist. Zwei Dreiecksseiten tragen die steigenden Konzentrationen von Nitrat und Bisulfat, auf der dritten Dreiecksseite des Schnittes liegt dann die Zusammensetzung des gesuchten wasserfreien Doppelsalzes NH,HSO, - NH,NO,. Der Punkt seiner Zusammensetzung ergibt mit der Isothermen der beiden Einzelsalze, deren Mittelteil die Iso- therme des Doppelsalzes darstellt , die Grenzen des gesuchten Sattigungsgebietes des Doppelsalzes, sowie der beiden Einzelsalze.

In der angefiigten graphischen Darstellung als gleichseitiges Dreieck ist - fur 25O - 4 Bh; das Gebiet des Nitrats, ECh; das - nicht ganz vollst~indige - Gebiet des Bisulfats, B P C D das des Doppelsalzes, Kl B D bzw. IT, C D das der beiden Gemische mit dem Doppelsalze. Auf A l3 ist mit der LSsung das Nitrat, auf C E das Bisulfat, auf B F C das Doppelsalz als Bodenkorper im

l) Vergl. TAYYANN, Heterogene Gleichgewichte (1924), 247.

a) SCHRXINCYAKER~ und HOEKEX, Chem. Wieekblud 6 (1909), 51. VAN DOBP, 2. phyhik. Chem. 73 (1910), 284.

Neuer Sulfatsalpeler des Ammoniaks. 393

Gleichgewicht. Auf I& D haben alle Lijsungen das Verh5liltnis des Doppelsalzes, auf ihm scheidet sich daher mit steigender Konzen- tration in F das Doppelsalz ab, auf Ii, H z. R. in G, reines Nitrat und erst in G2 zugleich auch das Doppelsalz.

H20

100 2

NH4 NO3 NHr HSOr Fig. 2.

Mit steigender Temperatur wachst die Lijslichkeit , wird das Sattigungsgebiet B F G D kleiner, riickt also naher an D heran, dcr Anted der beiden Einzelsalze an der Lijsung mird dann sehr gering.

Fiir das Doppelsalz NH,HS04.2 NH,NO, mit 55,2O/, Nitrat des D. R. P. 389623 findet sich auf dem knickloseu Hsothermenzweig A B kein Anhalt, 80 daB bei diesem Verfahren vermutlich nur das oben beschriebene Doppelsalz NH,HS04 - NH,NO, gebildet wird.

Die Re~timmung~n fur das Schaubild sind als Erglnzuog der obigen bei 2.io vorgenommen, die gefundeney Werte finden sich in der folgenden Tabelle. Gebildei wurde dxs System diirch ErwPrmen der berechneten Mengen Sulfat, Nitrdt und SchwefelsIure rnit soviel Wasser, dab bei 25O genug BodenkGrper blieb, Lis weiterhin L8sung arfolgre. n'schfolgendes 5-stiindiges Auariihren bei

%. ar>ol.g u aIIg c'1,am. led. 149. 26

394 L. Wohler zcnd W. schaffer. Neuer Sulfatsalpeter des Ammoniaks.

25O und schnellee Absaugen auf dem Leinenfilter ergab den Bodenkorper, nur der erste Anteil Filtrat gelangte zur Untersuchung.

NHJO,: 59,O; 52,5; 45,.5; 35,s; 32,3; 30,l; 28,4; 27,3; 23,3; 16,9; 8,2 NH,HSO,: 13,s; 25,5; 36,6; 47,9; 49,l; 51,l; 55,s; 58,s; 62,5; 66,l; 69,5

Bodenkorp. : Ammonnitrat ; Triammoniumhydrosulfatonitrat ; Ammonbisulfat.

Bei den Bestimmungen der Isotherme hat Herr Dr. Ing. SCHLIEP- RAKE sich dankenswert beteiligt.

Znsammenfassung. 1. Es wurde ein neuer wasserfreier Ammonsulfatsalpeter der

Zusammensetzung NH,HSO,. NH,NO, dargestellt , sowohl aus Sal- peter und konzentrierter Schwefelsaure, wie aus konzentrierter waf3- riger Losung von Sulfat, Salpeter und Schwefelsaure.

2. Es wurde seine Loslichkeitskurve aufgenommen bei 20 bis 60°.

3. Es wurde sein Sattigungsgebiet bei 2 9 festgestellt durch Aufnahme der Loslichkeitsisotherme von Ammonnitrat mit steigen- dem Zusatz von Schwefelsaure.

D m s t a d t , C h i s c h s Institut dev techniischen Hochschule.

Bei der Redaktion eingegangen am 16. September 1925.

Recommended