View
226
Download
3
Category
Preview:
Citation preview
Meine genialeFreundin
elena Ferrante
RomanSuhRkamp
Brief an die Verlegerin zum erscheinen des ersten romans
Liebe Sandra,
neulich bei unserem
Treffen mit Dir und D
einem Mann Sandro ha
st Du mich gefragt,
was ich dazu beitrag
en wrde, um den Ver
kauf meines Buches z
u untersttzen. Du
hast diese Frage iro
nisch gestellt, mit e
inem amsierten Gesi
chtsausdruck. Ich hat
-
te in dem Moment nic
ht den Mut, Dir zu a
ntworten: Eigentlich
dachte ich, ich htt
e
es Sandro schon vers
tndlich gemacht; er
sagte jedenfalls, d
ass er mit meiner En
t-
scheidung komplett e
inverstanden sei, un
d ich hatte gehofft,
dass wir auf dieses
Thema nicht mehr zur
ckkommen wrden, au
ch nicht im Scherz.
Meine Antwort erhlt
st
Du jetzt in schriftl
icher Form, da entst
eht kein Raum fr Un
klarheiten.
Ich werde nichts tun
, was mein persnlic
hes Auftreten in der
ffentlichkeit ver-
langt. Ich habe scho
n genug fr diese la
nge Geschichte getan
: Ich habe sie ge-
schrieben. Und wenn
sie gut ist, sollte d
as reichen. Ich werd
e an keinen Diskus-
sionsrunden oder Kon
ferenzen teilnehmen,
sollte man mich ein
laden. Ich werde kei
ne
Preise entgegennehme
n, sollten sie mir zu
gesprochen werden. I
ch werde nie Werbung
fr das Buch machen,
besonders nicht im
Fernsehen, weder in
Italien noch im Aus-
land. Ich werde Inte
rviews nur schriftli
ch geben, und es wr
e mir lieb, auch das
auf das absolute Min
imum zu beschrnken.
Da bin ich mir und
meiner Familie vollk
om-
men verpflichtet. Ich
hoffe, dass kein Druc
k auf mich ausgebt
wird, damit ich mein
e
Meinung ndere. Ich v
erstehe, dass sich d
araus gewisse Schwie
rigkeiten fr den Ver
-
lag ergeben. Meine B
ewunderung fr Eure
Arbeit ist gro, ich
mochte Euch beide a
uf
Anhieb, und ich will
ja auch keine Probl
eme verursachen. Wen
n Ihr mich nicht ln
ger
untersttzen wollt, s
agt es mir jetzt glei
ch.
Die Grnde fr meine
Entscheidung zu erk
lren, fllt mir sch
wer, wie Du weit. Ic
h
will Dir nur sagen,
dass es so etwas wie
eine kleine Wette i
st, die ich mit mir u
nd
meinen berzeugungen
eingegangen bin. Ich
glaube, dass Bcher
, wenn sie einmal ge
-
schrieben sind, ihre
Autoren nicht mehr
brauchen. Wenn sie e
twas zu sagen haben,
werden sie frher od
er spter Leser finde
n, und wenn nicht, d
ann nicht. Dafr gib
t
es zahlreiche Beispi
ele. Und ich liebe di
ese geheimnisvollen
Bcher, die zur selb
en
Zeit alt und modern e
rscheinen, die keine
n Verfasser haben, d
afr ein heftiges Ei-
genleben. Diese Bch
er kommen mir wie ei
n nchtliches Wunder
vor, wie die Geschen
-
ke der Hexe Befana,
auf die ich als Kind
gewartet habe. Gewa
ltig aufgeregt ging i
ch
ins Bett und am nch
sten Morgen wachte i
ch auf und die Gesch
enke waren da, ohne
dass irgendwer die B
efana gesehen hatte.
Die wirklichen Wunder
sind die, deren Ur-
heber nie bekannt se
in werden; seien es
die winzigen der Gei
ster von zu Hause od
er
die mchtigen, die u
ns alle erstaunt zur
cklassen. Ich habe
noch immer dieses ki
nd-
liche Verlangen nach
Wundern, ob es nun g
roe oder kleine sin
d, ich glaube noch im
-
mer an sie.
Und ist es nicht so,
dass Werbekampagnen
teuer sind? Ich werd
e Euch von allen Aut
o-
ren am wenigsten kos
ten, ich spare euch
sogar meine Anwesenh
eit.
Herzlich, Elena
21. September 1991
Sie knnten unterschiedlicher kaum sein und sind doch unzertrenn-lich, lila und elena, schon als junge Mdchen beste Freundinnen. und sie werden es ihr ganzes leben lang bleiben, ber sechs Jahr-zehnte hinweg, bis die eine spurlos verschwindet und die andere auf alles gemeinsame zurckblickt, um hinter das rtsel dieses Verschwindens zu kommen.im neapel der fnfziger Jahre wachsen sie auf, in einem armen, ber-bordenden, volkstmlichen Viertel, derbes Fluchen auf den Straen, Familien, die sich seit generationen befehden, das Silvesterfeuerwerk ar-tet in eine Schieerei aus. Hier gehen sie in die Schule, die unangepasste, draufgngerische Schustertochter lila und die schchterne, beflissene elena, tochter eines Pfrtners, beide darum wetteifernd, besser zu sein als die andere. Bis lilas Vater seine brillante tochter zwingt, dauerhaft in der Schusterei mitzuarbeiten, und elena mit dem bohrenden Verdacht zurckbleibt, eine gelegenheit zu nutzen, die eigentlich ihrer Freundin zugestanden htte. ihre Wege trennen sich, die eine geht fort und studiert und wird Schrift-stellerin, die andere wird neapel nie verlassen, und trotzdem bleiben elena und lila sich nahe, sie begleiten einander durch erste liebesaff-ren, ehen, die erfahrung von Mutterschaft, durch Jahre der arbeit und episoden politischer Bewusstwerdung, zwei eigensinnige, unnachgiebige Frauen, die sich nicht zuletzt gegen die Zumutungen einer brutalen, von Mnnern beherrschten Welt behaupten mssen.Sie bleiben einander nahe, aber es ist stets eine zwiespltige nhe: aus Befremden und Zuneigung, aus rivalitt und innigkeit, aus Missgunst und etwas, das grer und stiller ist als lieben. liegt hier das geheimnis von lilas Verschwinden?
elena ferrante hat ein literarisches meisterwerk von unermesslicher strahlkraft geschrieben, ein von hinreienden figuren bevlkertes sittengemlde und ein zupackend aufrichtiges epos ber die retten-de und zerstrerische, die weltverndernde Kraft einer freundschaft, die ein ganzes langes leben whrt.
das Beste Portrt einer frauenfreundschaft, das einem in der literatur jemals Begegnet ist. The Guardian
Band 1meine geniale freundin
auch als eBook erhltlich
Band 2 die geschichte eines
neuen namenserscheint im Januar 2017
Band 3die geschichte der getrennten Wege
erscheint im Juni 2017
Band 4die geschichte des Verlorenen Kindes erscheint im Oktober 2017
aus dem italienischen Von Karin Krieger
Franz Haas, 1. April 2016, NZZ
Wer stecKt hinter elena ferrante und ihren Brillanten romanen?Italien rtselt ber ein literarisches Pseudonym
Sieben Romane mit internationalem Erfolg
wer hat sie geschrieben? Manches Weltblatt
rtselt. Nur in Deutschland sind die Bcher
bislang nicht erhltlich.
ihre ersten drei romane erschienen noch in ab-stnden von mehreren Jahren, und die deut-schen bersetzungen, die mittlerweile lngst vergriffen sind, liessen damals nicht lange auf sich warten. elena Ferrante, so hiess es, sei eine nea-politanische autorin, die ffentlichkeitsscheu auf einer gischen insel lebe. Bald war klar, dass es keine Person dieses namens gab, und das rtseln um das Pseudonym wurde regelmssig zum ritu-al. Man munkelte viel ber bekannte autoren und literaturkritiker, eine bersetzerin und vor allem ber die Schriftstellerin Fabrizia ramondino, doch nachdem diese 2008 gestorben war, ging der Fer-rante-Boom erst so richtig los. Jahr fr Jahr erschie-nen ab 2011 die romane der tetralogie lamica ge-niale, samt bersetzungen in viele Sprachen, aber das Mysterium um ihre identitt blieb.
Zwischen Pisa und Neapel
als krzlich diese 1700-Seiten-Saga um zwei nea-politanische Freundinnen von der nachkriegszeit bis in die gegenwart fr den Man Booker Prize 2016 nominiert wurde, schwoll das rumoren um das geheimnis besonders an, mit Widerhall in der massgeblichen englischen und amerikanischen Presse. Mitte Mrz erschien dann in der Sonntags-beilage des Corriere della Sera, vorangekndigt mit viel publizistischem trommelwirbel, ein drei-Seiten-artikel mit dem ebenso langen, riesigen ti-tel elena Ferrante (...) Marcella Marmo (der lei-der nicht online steht). der autor dieses Coups ist Marco Santagata, ein Schriftsteller und bekannter literaturprofessor der universitt Pisa. doch die von ihm indizierte, ziemlich unbekannte Marcella Marmo, eine knapp vor der Pensionierung stehen-de Professorin fr Zeitgeschichte an der universitt neapel, dementierte umgehend, standhaft und mit geduldigem lcheln.Sie knne unmglich solche romane schreiben, sagte die tagelang von den Medien belagerte Pro-fessorin, denn Phantasie habe sie nur beim Kochen. dann ging das grosse Pro-und-Contra-Spiel in den italienischen Feuilletons los, international flankiert vom guardian und von der Financial times. unwirsch reagierte nur der rmer Kleinverleger der edizioni e/o, der mit seiner geheimnisvollen
autorin gutes geld macht. Zustzliche Verwirrung stiftete auf der Facebook-Seite des literaturprofes-sors ein Kommentar von arianna Sacerdoti, der tochter von Frau Professor Marmo, die in launi-ger anspielung auf Madame Bovary behauptete: elena Ferrante, das bin ich! diese junge dozentin fr klassische Philologie hat unter anderem zwar ein Kinderbuch geschrieben, aber zu der Zeit, als der erste roman von elena Ferrante erschien, war sie erst dreizehn Jahre alt. ihr beherzt scherzhafter Versuch, der Mutter den rcken zu decken, ber-zeugt also nicht recht.tatschlich spricht sehr viel fr die These des dan-te-Spezialisten Marco Santagata. er untersuchte mit philologischer akribie den romanzyklus lamica geniale, vor
Recommended