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SOMMERSEMESTER 2008
RUPRECHT-KARLS-UNIVERSITÄT HEIDELBERGProf. Dr. Lars P. FeldProf. Dr. Jürgen KohlProf. Dr. Manfred G. Schmidt
Alfred-Weber-Institut, Institut für Soziologie, Institut für politische Wissenschaften
Interdisziplinäre InstitutionenanalyseWohlfahrtsstaatDas System der sozialen Sicherung: Alterssicherung
Interdisziplinäre Institutionenanalyse
PROF. DR. LARS P. FELD PROF. DR. JÜRGEN KOHL PROF. DR. MANFRED G. SCHMIDT
2 SOMMERSEMESTER 2008
Literatur
Friedrich Breyer, Wolfgang Franz, Stefan Homburg, Reinhold Schnabel und Eberhard Wille (2004), Reform der sozialen Sicherung, Springer, Berlin et al., Kapitel IV.
Oliver Ehrentraut und Matthias Heidler (EH) (2008), Zur nachhaltigen Finanzierung der GRV: Der Beitrag der Altersgrenzenanhebung im Rentenreformprozess, erscheint in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik.
Hans Fehr und Sabine Jokisch (2006), Demographischer Wandel und internationale Finanzmärkte, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 7.
Rürup-Kommission – Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungssysteme (2003), Bericht der Kommission, Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung.
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3 SOMMERSEMESTER 2008
Das System der sozialen Sicherung: Alterssicherung
Aufbau der Vorlesung:
» Gründe für staatliche Eingriffe in der Alterssicherung
» Grundsätzliche Designmöglichkeiten in der Alterssicherung
» Die deutsche Lösung
» Die Auswirkungen der Reformen in der GRV
» Fazit
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Gründe für staatliche Eingriffe in der Alterssicherung Grundvermutung: Individuen sind rational und
eigennützig und daher auch in der Lage, ihren Konsum intertemporal zu optimieren.» Freiwillige private Altersvorsorge durch Sparen in der
aktiven Zeit im Arbeitsleben. Individuelle Risiken für die Altersvorsorge
aufgrund deutlicher Entwertungen angesparten Kapitals oder gesundheitlicher Probleme könnten durch die Grundsicherung aufgefangen werden.» Problem der Altersarmut.
Keine Notwendigkeit staatlicher Alterssicherung?
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Gründe für staatliche Eingriffe in der Alterssicherung Trittbrettfahrerverhalten
» Individuen verlassen sich auf die Grundsicherung und verzichten auf die Altersvorsorge durch Sparen.
» Lösung durch Zwangsbeiträge nicht notwendigerweise sinnvoll, weil ein strategisch handelndes Individuum sie als Steuern begreift, die den Arbeitsansatz verzerren.
» Dadurch trägt das Individuum auch heute weniger zum BIP bei. Probleme asymmetrischer Information
» Versicherte können ihre Risiken und ihre Lebenserwartung besser abschätzen, so dass nur solcher mit hoher Lebenserwar-tung den Versicherungsschutz aktuarisch fair erhalten.
» Eigene Lebenserwartung ist aber nur schwer abschätzbar.
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Gründe für staatliche Eingriffe in der Alterssicherung Traditionelle Meritorik
» Individuen haben verzerrte Präferenzen und der Staat weiß besser, in welchem Ausmaß sie sparen sollten.
» Paternalismus: „Von der Wiege bis zur Bahre“ Intertemporale Diskontierung nach Laibson
» Hyperbolische Diskontierung: Individuen zeigen in Experimenten eine systematische Minderschätzung zukünftiger Bedürfnisse.
Polit-ökonomische Gründe» Bismarck: Einführung der Sozialversicherung zur Stützung des
Kaiserreichs.» Einführung von Alterssicherungssystemen in der Schweiz und in
Deutschland, weil das gemeindliche Fürsorgesystem mit Altersarmut in der Weltwirtschaftskrise nicht mehr zurecht kam.
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Grundsätzliche Designmöglichkeiten in der Alterssicherung Umlageverfahren
» Die heutige aktive Generation zahlt in die Rentenversicherung, aus der die Renten der heutigen Rentner gezahlt werden.
» Keine Kapitalbildung» Achillesverse: Demographiefestigkeit
Kapitaldeckungsverfahren» Staatlicher Zwang zum Sparen für die Alterssicherung
durch Kapitalbildung.» Defined Benefit (DB) vs. Defined Contribution (DC) Plans» DC: Rente hängt von der Performance des Investmentfonds
ab: Risiko beim Beschäftigten.» DB: Festes Rentenversprechen auf Basis der Beiträge.» Achillesverse: Inflationsgefährdung und Finanzmarktkrisen
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Grundsätzliche Designmöglichkeiten in der AlterssicherungMischsysteme: Mehr-Säulen-Systeme
» Erste Säule: Umlageverfahren (GRV)» Zweite Säule: Ergänzende Kapitaldeckung (Riester-
und Rürup-Rente, Betriebliche Altersvorsorge)» Dritte Säule: Steuerlich geförderte
Altervorsorgeeinrichtungen (Lebensversicherungen, nachgelagerte Besteuerung).
Hedging der Risiken von Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren
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Die demographische HerausforderungGeburtenrate
(Geburten pro Frau)Lebenserwartung
(in Jahren)
Alterskoeffizient(Alter 60+ /Alter 15-
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USA 2,04 1,85 77,3 82,4 26,7 46,9
Deutschland 1,32 1,85 78,6 83,7 41,4 69,9
Frankreich 1,87 1,85 79,4 84,4 34,8 64,4
Italien 1,28 1,85 80,0 85,1 42,4 90,8
UK 1,66 1,85 78,3 83,5 34,8 54,2
Japan 1,33 1,85 81,9 88,3 44,0 92,9
China 1,70 1,85 71,5 78,7 16,1 58,1Quelle: Fehr und Jokisch (2006).
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Die deutsche Lösung Seit 1957: GRV mit Umlageverfahren und (brutto-) lohnbezogener
dynamischer Rente für Arbeiter und Angestellte.» Besonderheit der Bemessungsgrenzen.» Dominanz des Umlageverfahrens mit geringer betrieblicher
Altersvorsorge und steuerlicher Förderung (Lebensversicherungen)» Daneben: Beamtenversorgung und berufsständische
Versorgungswerke.» Bis 1992 ständig ausgebaut und mit Frühverrentung verbunden.
Rentenreform 1992: Umstellung auf Nettolohnorientierung. Rentenreform 1998: Demographischer Faktor, der nie in Kraft trat. Reform 2001: Beitragssatzobergrenzen und Riester-Rente. Reform 2004: RV-Nachhaltigkeitsgesetz mit Nachhaltigkeitsfaktor. Reform 2007: RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz mit Erhöhung
des Renteneintrittsalters schrittweise auf 67 Jahre. Aktuelle Aussetzung des Nachhaltigkeitsfaktors
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Die Auswirkung der Reformen in der GRV (EH 2008)
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ohne RVNG
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mit modifizierter Schutzklausel
RVAGAnpG (Status-quo-Szenario)
ohne Ausnahmen für langjährig Versicherte
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mit parallelem Anstieg des tatsächlichen Renteneintrittsalters
ohne Dämpfung durch den Nachhaltigkeitsfaktor
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mit parallelem Anstieg des tatsächlichen Renteneintrittsalters
ohne Dämpfung durch den Nachhaltigkeitsfaktor
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mit parallelem Anstieg des tatsächlichen Renteneintrittsalters (und Rente mit 69)
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mit parallelem Anstieg des tatsächlichen Renteneintrittsalters (und Rente mit 69)
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Fazit Staatliche Alterssicherung zur Behebung bestimmter Formen des
Marktversagens. Mischsysteme, welche die Risiken wirtschaftlicher Schocks auf die
Alterssicherung hedgen, sind derzeit die international bevorzugte Lösung der Alterssicherung.
Die jüngsten Reformen in Deutschland haben eine solche Risikodiversifi-kation der Systeme erreicht und die Alterssicherung nahezu demographiefest werden lassen.
Was bleibt zu tun?» Rücknahme der Aussetzung des Nachhaltigkeitsfaktors» Ähnliche Anpassungen in der Beamtenversorgung» Schnellere Erhöhung der Regelaltersgrenze für den Beginn des Bezugs
von Altersrenten» Beseitigung der Altersdiskriminierung.
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