Spezifische Aspekte der Neurologie im Kindesalter Prof.Dr.C. Wöber-Bingöl Universitaets Klinik...

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Spezifische Aspekte der Neurologie im Kindesalter

Lernunterlage:

Ç. Wöber-Bingöl. Spezifische Aspekte im Kindes- und Jugendalter

In: K. Zeiler, E. Auff, L. Deecke. Klinische Neurologie I.

Facultas-Verlag Wien. S 261-273

Allgemeine klinische Beobachtung (i)

• Vitalzeichen– Puls– Blutdruck– Atemfrequenz und -rhythmus

• z.B. – Puls ↓, Blutdruck ↑ als Hinweis auf

intrakranielle Drucksteigerung– Hyperventilation als Hinweis auf metabolische

Azidose oder respiratorische Alkalose(Stimulation des Atemzentrums)

Allgemeine klinische Beobachtung (ii)

• Körpergeruch– als Hinweis auf eine metabolische Erkrankung

• InspektionKopf, Augen, Ohren, Nase, Hals, Rumpf, OE, UE– Infektionen– Deformitäten– Blutungen– Traumafolgen

Allgemeine klinische Beobachtung (iii)

• InspektionMittellinie des Nackens und Rückens– Anomalien– Zysten

• Cafe-au-lait Flecken, Angiome, nicht-pigmentierte Hautareale– als Hinweise auf Phakomatosen

• Mitbeteiligung des Gehirns bei hereditären Stoffwechselstörungen

Allgemeine klinische Beobachtung (iv)

• Zerebrale Krampfanfälle bei fieberhaften Erkrankungen– häufigster neurologoscher Notfall im

(Klein-)Kindesalter– DD: Fieberkrampf - Meningitis

Altersspezifische Aspekte der neurologischen Untersuchung

• Tonus

• Reflexe

• Entwicklung– Motorisch

– Visuell

– Taktil-kinästhetisch

– Auditiv

– Sprachlich

Altersadaptierter Untersuchungsgang

• Verhalten des Kindes bei der Untersuchung– Ruhig?– Lebhaft?– Weinend?– Abwehrend?

• Beobachtung des Kindes– Haltung– Spontanmotilität

• Untersuchung als Spielsituation

Besondere Aspekte apparativer Diagnostik im Kindesalter (i)

• Untersuchungszweck kann abhängig von– Alter und – Sprachentwicklung

nicht immer erklärt werden.• Kindern mit einem entsprechenden

Sprachverständnis muss eine Untersuchung altersadäquat erklärt werden.

Besondere Aspekte apparativer Diagnostik im Kindesalter (ii)

• Anwesenheit einer Bezugsperson im Untersuchungsraum– sofern es die Untersuchungsmethode zulässt

– erspart dem Kind u.U. ein sedierendesMedikament

• Strenge Indikationsstellung– v.a. bei Untersuchungen mit Strahlenbelastung

• Medizinische Erfahrung in der Kindheit– können für das ganze Leben prägen

Teilleistungsstörungen (I)

• Beeinträchtigung einzelner Funktionen der intellektuellen Leistungsfähigkeit bei unauffälliger globaler Intelligenz

• Betroffene Funktionen– Wahrnehmung

– Motorik

– Integration der beiden Bereiche

Teilleistungsstörungen (II)

• Ursachen– Häufig keine fassbare Ursache– Manchmal

• Perinatale Schädigung des Kindes• Evtl. Alkohol-, Nikotin-, Suchtmittelkonsum

der Mutter

• Manifestation– Meist bei Schuleintritt– Diskrepanz zwischen unaufälliger globaler

Intelligenz und „schulischen Problemen“

Teilleistungsstörungen (III)

• Folgen einer nicht erkannten TLS– Schlechte Schulnoten– Sinkende Motivation– Verhaltensauffälligkeiten– Aggravierung anderer Erkrankungen (z.B.

Kopfschmerzen)

Therapie von Teilleistungsstörungen

• Rechtschreibtraining • Lautanalytisches Funktionstraining • Lernstrategische Programme • Entspannungsübungen • Psychomotorische Übungen • Psychotherapeutische Maßnahmen • Spezielle Lernprogramme am PC

Kopfschmerz im Kindesalter

Univ.Prof. Dr. Çiçek Wöber-Bingöl

Kopfschmerz kann Symptom oder

die eigentliche Krankheit sein

Prävalenz von Kopfschmerzenbei Kindern und Jugendlichen

• > 80 % der Kinder und Jugendlichen hattenbereits einmal Kopfschmerzen

• Praxis für Allgemeinmedizin / Kinder- und Jugendheilkunde– Häufigste Diagnosen

• Migräne

• Spannungskopfschmerz

• Kopfschmerz zurückzuführen auf einevirale Infektion

• Pädiatrische Notfallaufnahme– Potentiell bedrohliche Ursache bei < 7% der

Patienten mit dem Leitsymptom Kopfschmerz

– Häufigste Ursache: virale Meningitis

• Kopfschmerzzentrum– Sekundäre Kopfschmerzen bei < 6 %

– Bedrohliche Ursache bei < 0,5 %

Prävalenz von Kopfschmerzenbei Kindern und Jugendlichen

• Kofschmerzen bei Kindern und Jugendlichen mit einer intrakraniellenNeoplasie– Vorkommen bei > 60 %

– Meist gemeinsam mit anderen Symptomen

– Selten isoliertes Symptom

Prävalenz von Kopfschmerzenbei Kindern und Jugendlichen

DifferentialdiagnostischeHerausforderung

• Große Zahl primärer Kopfschmerzen• Adäquates Screening für mögliche (aber

sehr seltene) bedrohliche Ursache– Meningitis und andere Infektionen– Intrakranielle Blutungen und andere

vaskuläre Erkrankungen– Primäre und sekundäre Gehirntumoren– Hydrozephalus– Idiopathische intrakranielle Drucksteigerung– Hypertonie

Was ist anders beim Kopfschmerz im Kindesalter ?

• Das Patientenalter erfordert entsprechenden Zugang bei• ärztlichem Gespräch

• klinischer Untersuchung

• Zusatzuntersuchungen

• Sorgen und Wünsche der Eltern müssen berücksichtigt werden

Leitsymptom Kopfschmerz -Diagnostisches Procedere

• Obligat• Anamnese• Vitalparameter• Klinisch neurologische Untersuchung• Erstellen einer Verdachtsdiagnose

• Fakultativ• Weiterführende fachärztliche Begutachtung• Apparative Diagnostik

Kopfschmerzanamnese

• Zeitpunkt der Erstmanifestation• Art des Auftretens der KS• Tageszeitliche Bindung• Dauer, Frequenz, Lokalisation, Qualität

und Intensität der KS• Verstärkung der KS durch körperliche

Tätigkeit oder andere Faktoren• Begleitsymptome• Auslöser

Verdachtsdiagnose sekundärer Kopfschmerz

• Primär neurologische Ursache

• Andere Ursachen– Ophthalmologisch

– HNO-Erkrankung

– Orthopädisch

– Kardiale Erkrankung

1. Ist der Patient < 5 (oder > 50) Jahre alt?2. Sind die KS neu aufgetreten (< 6 Mo)?3. Setzten die KS äußerst akut ein?4. Sind die KS assoziiert mit:

a. atypischen oder isolierten Symptomen (z.B. occipitale KS, nächtliches Auftreten, Exanthem, morgendliches Erbrechen, etc.)

b. Schädeltrauma, Infektion, Hypertoniec. prolongiertem neurologischem Defizitd. Auffälligkeiten im neurologischen Status

Algorithmus: Potentiell bedrohliche KS-Ursachen

Bedrohlicher KS bei Patientenmit bekannten primären KS

Bei Patienten mit bekannten primären KSerfordern• das Auftreten einer neuen KS-Form, eine

signifikante Änderung der vorbestehenden KS,• progrediente KS,• neue oder atypische Begleitsymptome

eine diagnostische Re-Evaluierung

Verdachtsdiagnose primärer Kopfschmerz (i)

• Diagnostik nach IHS Kriterien

• Abklärung des sozialen Umfeldes

• Erfassung von Triggerfaktoren

• Medikamentenkonsum erfragen

• Ggf. psychologische Untersuchung

• Apparative Ausschlussdiagnostik in ausgewählten Fällen

• Kopfschmerzkalender

Verdachtsdiagnose primärer Kopfschmerz (ii)

• Zusatzuntersuchungen– Nicht “routinemäßig”, sondern gezielt– Anamnese / klin. Untersuchung entscheidend– Sorgen und Ängste der Eltern beachten– CCT, MRT– Psychologische Diagnostik– Augenärztliche Untersuchung– Sonstige

• Diagnosekriterien der IHS

Migräne ohne Aura Diagnosekriterien ICHD-II

A Mindestens 5 Attacken, die die Kriterien B-D erfüllenB Kopfschmerzdauer: 4-72 h 1-72 hC Mindestens 2 der folgenden Kriterien

1. Lokalisation einseitig oft beidseits, frontotemporal2. Schmerzqualität pochend/pulsierend3. Schmerzintensität mäßig bis stark 4. Leichte oder mäßige körperliche Aktivität

verstärkt die Schmerzen oder wird vermiedenD Mindestens 1 der folgenden Kriterien

1. Übelkeit und/oder Erbrechen2. Photo- und Phonophobie Rückschluss aus Verhalten

E Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen

Spannungskopfschmerz -Diagnosekriterien ICHD-II

A Mindestens 10 KS-Episoden, die die Kriterien B-D erfüllenB KS zwischen 30 Minuten und 7 Tagen beim ESKC Mindestens zwei der folgenden Kriterien:

1. Schmerzqualität drückend-ziehend2. Schmerzintensität leicht – mäßig3. Lokalisation: beidseitig4. Keine Verstärkung durch körperliche Aktivität

D Beide der folgenden Kriterien1. Kein Erbrechen, keine (mittel)schwere Übelkeit2. Photo- od. Phonophobie beim ESK

Photo- od. Phonophobie od. leichte Übelkeit beim CSKE Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen

Weiterführende Diagnostik (i)

• GEZIELT !

• CCT– zur primären Akutdiagnostik

• MRT– zur Akutdiagnostik bei speziellen

Krankheitsbildern

– für elektiven Ausschluss einer intrakraniellen Läsion

Weiterführende Diagnostik (ii)

• Psychologische Diagnostik– Leistungsdiagnostik

• z.B. Erfassen von Teilleistungs-schwächen

– Persönlichkeitsdiagnostik• Erfassen psychosozialer Belastungs-

faktoren (Familie, Peer-group, Schule)

• Erfassen psychiatrischer Komorbidität

Weiterführende Diagnostik (iii)

• Schädelröntgen– nur bei posttraumatischem KS und evtl. bei

Knochenerkrankungen– sonst OBSOLET

• Nasennebenhöhlenröntgen– bei Verdacht auf akute Sinusitis

• Röntgen der Halswirbelsäule– bei Verdacht auf zervikogenen KS (Rarität

bei Kindern)

Weiterführende Diagnostik (iv)

• EEG– bei primären KS nicht indiziert– indiziert bei

• KS zurückzuführen auf cerebrale Anfälle• atypischen Symptomen einer

Migräneaura• bei V. a. Enzephalitis und unauffälliger

MRT / unauffälliger Liquordiagnostik

Erfolgreiche Kopfschmerztherapie

• Verbessert die Lebensqualität der Betroffenen

Grundlagen der Therapie (i)

• Aufklärung über wiederkehrende primäre KS bei Kindern und Jugendlichen– Kinder und Jugendliche

– Eltern

– Lehrerschaft

– Ärzteschaft

Grundlagen der Therapie (ii)

• Erkennen und Ernstnehmen der Kopfschmerzen– Eltern

– Lehrer

– Schulärzte, Schulpsychologen

– Allgemeinmediziner

– FÄ für Kinder- und Jugendheilkunde

Grundlagen der Therapie (iii)

• Medizinischer Erstkontakt– Allgemeinmediziner

– FÄ für Kinder- und Jugendheilkunde

• Weiterüberweisung an– speziell mit Kopfschmerzen im Kindes- und

Jugendalter sich beschäftigende und daran interessiert Ärztinnen und Ärzte

– Spezialambulanzen

• Diagnose überprüfen• Primärer KS ?• Sekundärer KS ?

• Komorbiditäten beachten• Prospektive Dokumentation mittels

Kopfschmerzkalender

Therapieresistente KS (i)

• Verursachung

• Bewirkung

Therapieresistenter KS (ii)

• Lebensstil

• Psychosoziale Anamnese

• Lebensqualität

Therapieresistenter KS (iv)

• Kinder sind eigenständige Individuen• Sorgen und Wünsche der Eltern

berücksichtigen• Meistens Fehlen einer somatischen

Komorbidität → Sichtbar-Werden der“reinen” KS-Formen

• Kinder nehmen ihre Schmerzen wie die Empfehlungen zur Behandlung sehr ernst

Therapieresistenter KS –Spezielle Aspekte bei Kindern (i)

• Bei primären KS • sehr genau die Triggerfaktoren herausarbeiten• gezielten Umgang vermitteln bzw. • Behandlung (z.B. TLS) initiieren

• Erfolgreicher Umgang mit primären KS in der Kindheit / Jugend ist eine große Chance keine Medikamentenabhängigkeit zuentwickeln

Therapieresistenter KS –Spezielle Aspekte bei Kindern (ii)

• Erkrankung– die einen primären KS vortäuscht

• Neu aufgetretene Erkrankung– die Verschlechterung oder Symptomwandel

eines vorbestehenden primären KS bewirkt• Übermäßiger Medikamentengebrauch• Depression, Angststörung• Lebensgeschichtliche Ereignisse

Therapieresistente KS – möglichekausale oder assoziierte Faktoren

Psychotische Störungen

Prof.Dr.C. Wöber-Bingöl

Universitaets Klinik für

Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters

Medizinische Universitaet Wien

Quellen:Eigene Erfahrung und Grundlagen der Psychiatrie, K.Paulitsch, A.Karwautz , UTB 2934

Ç-WB1

Folie 44

Ç-WB1 Çiçek; 26.05.2008

Status psychicusPsychopathologie

• Bewusstseinszustand

• Orientierung (Örtlich, zur Person, zeitlich)

• Affekt

• Affizierbarkeit

• Befindlichkeit

• Produktive Symptomatik

• Schlaf

• Vegetative symptomatik

• Psychopathologie: Abweichendes Erleben, Befinden und Verhalten.

• Deskriptive Psychopathologie

• Interpretative Psychopathologie

• Jedes psychopathologische Symptom MUSS in einem sozialen Gesamtkontext interpretiert werden und ist nicht unbedingt krankhaft!

Multiaxiale Diagnostik

• Um die Komplexitaet eines Patienten zu erfassen sollen neben der eigentlichen klinischen Symptomatik weitere Merkmale, sog.Achsen beschrieben werden. z.B Persönlichkeitsaspekte, psychosoziale Aspekte, somatische Erkrankungen werden dadurch erfasst

• MAS umfasst diese im Kinder- und Jugendbereich.

Vulnerabilität

• lebenslange Verletzlichkeit

• im Falle von äusseren Belastungen kann eine schizophrene Symptomatik entstehen

• Die Behandlung wird individuell auf den Betroffenen ausgerichtet und gemeinsam wird die Fähigkeit im Umgang mit der Symptomatik verbessert.

• Prodromalsymptome sind uncharakteristisch, leichte depressive Verstimmung, Leistungsabfall, Konzentrationsstörungen.

• Langfristig kommt es zu Einbussen der kognitiven Funktionen, zum sozialen Rückzug, zu körperlicher Vernachlässigung, zu einer eigentümlichen Lebensweise.

Therapie

• Akutes Krisenmanagement Langzeit Therapie Plan

• Vertrauen Gewinnen, manchmal viel Geduld verlangend

• Pharmakotherapie

• Multidisziplinäres Behandlungssystem

• Einbeziehen der Bezugspersonen

VII ICHCA-INTERNATIONAL CONGRESS OF CHILDREN’S

HEADACHE -ISTANBUL 17-21 MAY 2008

VII ICHCA-INTERNATIONAL CONGRESS OF CHILDREN’S

HEADACHE -ISTANBUL 17-21 MAY 2008

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