Über Chalkogenolate. 199. Untersuchungen über Polythiocuprate(I) [Cu(Sx)]− 5. Umsetzungen von...

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Z. anorg. allg. Chem. 601 (1991) 121-124 J. A. Barth, Leipzig

Uber Chalkogenolate. 199 [I]

Untersuchungen uber Polythiocuprate(1) [Cu(SJ]- 5. Umsetzungen von NH,[Cu(S,)] mit groBen kugelformigen Kationen in Gegenwart von Kohlenstoffdisulfid [2]

G. GATTOW* und T. DINGELDEIN

Main z, Institut fur Anorganische Chemie und Analytische Chemie der UniversitStt

I n h a1 t s ti b e r s i c h t. In Natronlauge gelostes NH,[Cu(SJ] reagiert in Gegenwart von CS, rnit [N(CH,),]CI, [(C,H5),N(CH,-C6H5)]C1 und [(C6H5)3P(CH,-C6H5)]C1 zu dunkelviolettem [N(CH,),] [Cu(CS,)] (l), braunem [(C,H,),N(CH,-C,H5)] [Cu(CSJ] * 2H,O (2) und brtiunlich-orange

Das Vorliegen von Perthiocarbonatocupraten(1) wurde durch chemische Analysen und mit Hilfe von gefarbtem [(C~H~),P(CHZ-C~H~)I [ c U ( ~ ~ ) o , ~ ( c ~ & ~ , ~ l (3).

Elektronenabsorptions- und Infrarotspektren bewiesen.

On Chalcogenolates. 199. Studies on Polythiocuprates(1) [Cu(Sx)]-. 5. Reactions of NH,[Cu(SS] with Big Spherical Cations in the Presence of Carbon Di- sulfide

Abst rac t . NH,[Cu(S,)], dissolved in aqueous NaOH, reacts in the presence of CS, with [N(CH,),]Cl, [(C,H,),N(CH,-C6H,)]C1, and [(C6H,),P(CH2-C6H5)]C1 forming dark violet [N(CH,),] [Cu(CSJ] (l), brown [(C,H,),N(CH,-C,H,)] [Cu(CSJ] * 2H,O (2), and brownish orange coloured

The existence of the perthiocarbonatocuprates(1) 1-3 has been demonstrated by chemical analysis

Key word s: Chalcogenolates - polythiocuprates(1) - preparation - characterization

Wie wir kurzlich berichtet haben, reagiert NH4[Cu(S4)] in waljrig-alkalischer Ltisung mit groljen kugelfijrmigen Kationen zu Polythiocupraten(1) der allgemeinen Zu- sammensetzung M:[Cu,S,] rnit y > x. Isoliert wurden [N(CH3),] [Cu2S,] - 2H20,

Was passiert, wenn die Umsetzungen in Gegenwart von Kohlenstoffdisulfid durchgefuhrt werden? Mit der KISirung dieser Frage sol1 sich im folgenden befaljt werden.

[(C6H5)3P(CH2-C6H5)1 [CU(S&O,~(CSJO,,I ( 3 ) 9

as well as by means of electron absorption and infrared spectra.

[(C2H5)SN(CH2-c6H51 [cu2s71 ’ 2H2O und [(C6H5)3P(CH2-c6H,)I [cu$n] . 6H20 121.

Peyronel u. Mitarb. [3,4] setzten Tetramethylammoniumpolysulfid-Ldsungen nach Zusatz von CS, mit Kupfer(I1)-actetat-Lsungen um und erhielten Verbindungen mit den eigensttindigen Anionen [CU,CS,]~- und [CuCS,]- vgl. auch [S, 61. Bezuglich des [C~,CS,]~--Anions waren wir sehr skeptisch, da es uns trotz zahlreicher Versuche mit verschiedenen Kationen nicht gelungen war, Verbindungen mit diesem Anion herzustellen [l, 71. Es besteht jedoch die Moglichkeit, daI3 beim Einsatz groRer kugel- formiger Kationen, die auf groBe Anionen stabilisierende Wirkung haben, das [CU,CS,]~--A~~O~ doch existiert.

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I. Umsetzungen von NHJCu(SS1 in Gegenwart von Kohlenstoffdisulfid

Sowohl bei genauer Einhaltung der Versuchsbedingungen von Peyronel u. Mitarb. [3, 41 als auch bei breiter Variation der Bedingungen konnten wir nicht die von diesen Auto- ren beschriebenen Verbindungen mit dem [C~,CS,1~--Anion isolieren, sondern erhielten in allen Fallen immer nur CuS und Schwefel.

Setzt man dagegen, analog zu [2], eine waljrig-alkalische Lijsung von NH,[Cu(S,)] in Gegenwart von Kohlenstoffdisulfid rnit einer Lijsung, die das entsprechende grolje kugel- formige Kation enthalt, um, dann fallen als schwerlosliche Niederschlage Perthiocarbo- natocuprate(1) der Zusammensetzung [N(CH,),] [Cu(CS,)] (l), [(C,H,),N(CH,-C,H,)] [cu(cS4)1 ' 2HzO (2) und [(C~H~)~P(CHZ-C~H~)] [cu(%)o,dC~4)0,,1 (3) aus.

V e r s u c h s d u r c h f u h r u n g 1-3. Zu einer Usung von 5,Ommol ( l g ) NH,[Cu(S,)] in 10cm3 0,05 N NaOH werden bei 20 "C 0,06-0,25 mol(O,5-2 cm3) CS, in 10 cm' Ethanol unter Riihren gege- ben. Es bildet sich eine rubinrote Usung und geringe Mengen Schwefel scheiden sich ab. Nach Filtration werden 5,O mmol der Verbindung rnit dem groRen Kation (0,55 g [N(CH,),]Cl, 1,2 g [(C,HS)3N(CH,-C,H,)]C1 bzw. 2,O g [(C,H,)3P(CH2-C,H,)]C1) hinzugefiigt, wobei anfanglich tiefro- tes, dann nach Isolation dunkelviolettes 1, braunes 2 und braunlich-orange gefarbtes 3 ausfallen. Die Niederschlage werden abgetrennt und rnit Wasser, Ethanol, CS, und Diethylether gewaschen. Ausbeu- ten etwa 43% 1, 56% 2 und 21 070 3 der Theorie, bezogen auf die eingesetzte Menge an NH,[Cu(S,].

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A n a1 y s e n (Methoden s. [7], die S- und P-Gehalte wurden rnit Hilfe der Rontgenfluoreszenz ermit- telt): 1 Cu 22,6 (ber. 22,9), S 46 (46,1), N 4,8 (5,0), H 4,5 (4,3), C 21,5 (21,6)%. 2 Cu 15,l (ber. 14,7), S 35 (29,6), N 3,l (3,2), H 5,3 (6,0), C 38,2 (38,9)%. 3 Cu 10,3 (ber. 11,2), S 20 (25,4), P 4,5 (5,4), H 4,4 (3,9), C 53,8 (53,9)%.

Das Entstehen von Perthiocarbonatocupraten(1) 1-3 ist zu verstehen, wenn man die vorliegenden Gleichgewichte des in NaOH geldsten NH,[Cu(S,)] rnit CS, betrachtet (vgl. dazu die Untersuchungen von [ 1, 71 rnit Diskussionen):

NH,[Cu(S,)] NH,+ + [Cu(SJ]-, 2[Cu(SJ]- --t 2 c u s + s;-, s,z- e (x-1) s + s2-, cs, + s,z- s cs2- + (x-2) s, [Cu(S,)]- + CS, 2 [Cu(CS,)]- + 2 S, etc.

Einige Perthiocarbonatometallate sind in der Literatur aufgefuhrt: Ni [8--111 Mo [12, 131, Mn 1141, Cu 13, 4, 61, Pt [8]. Bei einer der von Peyronel u. Mitarb. [3, 41 beschriebenen Verbindung kann es sich aufgrund der Farbe (dunkelviolett) um das Perthiocarbonatocuprat(1) 1 handeln. Uber llithiocarbona- tocuprate(1) [Cu(CS,)]- s. [15-191.

11. Eigenschaften der Perthiocarbonatocuprte(1) 1-3

Dunkelviolettes 1, braunes 2 und braunlich-orange gefarbtes 3 fallen bei der Darstel- lung in feinkristalliner Form an. Sie sind bei Raumtemperatur relativ bestandig. Beim Er- hitzen zersetzen sie sich unter Schwarzfarbung (CuS): 1 ab 140 "C, 2 ab 100 "C und 3 ab etwa 160 "C.

Die Phertiocarbonatocuprate(1) 1-3 sind in Wasser praktisch nicht loslich. In Lau- gen ist 1 nicht, 2 und 3 sind wenig rnit gelber Farbe unter Zersetzung loslich. Von Sauren

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werden 1-3 unter Ausfall von CuS und Bildung von H,CS, gelost, wobei die instabile Perthiokohlensaure (Halbwertszeit der Zerfalls T~,, = 4,4 s bei 12,5 "C [20]) sich schnell in CS,, H,S und Schwefel zersetzt. Besonders 2 zeigt beim Liisen in Sauren kurzfristig eine griinfluoreszierende Farbe.

Der Beweis, daD es sich bei den Verbindungen 1-3 um Perthiocarbonatocuprate(1) handelt, konnte mit Hilfe von Elektronenabsorptions- und Infrarotspektren erbracht werden:

E 1 e k t r o n e n a b s o r p t i o n s s p e k t r e n (Bereich 200-800 nm). Wegen der schlechten Loslichkeit und schnellen Zersetzung in Dimethylformamid, Dimethylsulfo- xid oder Natronlauge konnten keine Spektren erstellt werden. Messungen waren jedoch von 2 und 3 in Acetonotril als Liisungsmittel moglich, aber auch hier tritt Zerfall ein, so daD die molaren Extinktionskoeffizienten bei 20 "C nur groDenordnungsmaDig zu E = lo3 1 * mol-' - cm-' fur die Absorption bei 407 nm ermittelt werden konnten.

Die in Acetonitril geldsten Perthiocarbonatocuprate(1) 2 und 3 zeigen bei 20 "C eine starke Absorption mit Maximum bei etwa 220 nm, deren Extinktion kontinuierlich bis et- wa 450 nm abnimmt, sowie zwei weitere Maxima bei 323 und 407 nm. Verbindung 3 weist noch zwei schwach ausgepragte Absorptionsmaxima bei 258 und 262 nm auf, die vom Ka- tion stammen, vgl. [2].

In Verbindung mit bekannten Elektronenabsorptionsspektren von Perthiocarbonaten [20, 211 und Polysulfidionen (vgl. die Messungen von [l, 2, 71 rnit Literaturhinweisen) konnen fur die Absorptionen folgende Zuordnungen getroffen werden [21]:

bei 220 nm n + o*-tfbergang von CS:-, uberdeckt von S:--Ionen, bei 323 nm n + n*-Ubergang von CSt-, bei 407 nm n --t n*-Ubergang von CS;-.

Trithiocarbonate CS:- dagegen zeigen Absorptionen bei 223,336 und 500 nm [22,23].

I n f r a r o t s p e k t re n (Bereich 4 000-400 cm-', KBr-PreDlinge). Die Perthiocarbo- natocuprate(1) 1-3 weisen Absorptionen auf, deren Maxima fur den Bereich c 1000 cm-', der fur CS:--Ionen charakteristisch ist, mit Zuordnungen Tab. 1 zu ent- nehmen sind. Fur die Zuweisungen der Schwingungen zu Moden wurden die Angaben

Tabelle 1 lenzahlen in cm-l)

Infrarotspektren') der Perthiocarbonatocuprate (I) 1-3 ftir den Bereich < 1000 cm-' (Wel-

- 996 w 937 s 949 s 830 s 846 s - 743 m - 715 m

490 w 468 m 413 w

1094 s 954 s 824 s 768 m 735-618 s 485 s

") Es bedeuten: s = stark, m = mittel, w = schwach.

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von [ lo] mitverwendet. Die o,(C-S)-Schwingung, die intensitatsschwach bei etwa 540 cm-' auftreten sollte [ 101, wurde nicht registriert.

Die Infrarotspektren zeigen, darj es sich bei den hergestellten Verbindungen 1-3 um Perthiocarbonatocuprate(1) handelt, IR-Spektren von Trithiocarbonatocupraten(1) s. bei [17, 181. Auffallend bei 3 ist die intensitatsstarke Bande bei 485 cm-' gegeniiber 1 und 2. Sie kommt zustande, weil hier wahrscheinlich n(CS,) mit den u(S-S)-Schwingungen so- wohl vom CS?--Ion als auch vom S,'--Ion zusammenfallen. Bei 3 handelt es sich um ein gemischtes Pentathio-Perthiocarbonatocuprat(1); iiber Pentathiocuprate(1) [Cu(S,)]- s. [I, 241.

Wie anfangs erwiihnt wurde, wollen Peyronel u. Mitarb. [3,4,6] bei der Umsetzung von z. B. Tetra- methylammoniumpolysulfid rnit Cu2+ -Salzlbsungen in Gegenwart von Kohlenstoffdisulfid die entspre- chende Verbindung rnit dem eigenstandigen [Cu,CS,IZ--Anion hergestellt haben. Vergleicht man dieses Ion rnit dem Anion von 3, dann kom,mt man durch Verdopplung zu einem Ion der formalen Zusammen- setzung [Cu,CS,]*-, das ,,gewisse Ahnlichkeit" mit dem von Peyronel u. Mitarb. beschriebenen Ion aufweist. Es ist jedoch nicht sehr wahrscheinlich, dal3 es als diskretes Anion vorliegt.

Wir danken dem Fonds der Chemischen Industrie fur die Fbrderung der vorliegenden Arbeit.

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Bei der Redaktion eingegangen am 31. Oktober 1990.

Anschr. d. Verf.:Prof. Dr. G. GATTOW, Dip1.-Chem. T. DINGELDEIN, Inst. f. Anorg. Chemie u. Analyt. Chemie d. Univ., Johann-Joachim-Becher-Weg 24, W-6500 Mainz, Bundesrepublik Deutschland

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