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MED UNI GRAZ FORSCHT NACH BIOMARKERN FüR VERBESSERTE THERAPIEN BEI VOLKSKRANKHEITEN Das Forschungsprojekt „BioPersMed“ an der Med Uni Graz greift ein in der Medizin brandaktuelles Thema auf: Diagnose, Präventi- on und Therapie zu lösen von Standardisierungen und auf die Be- dürfnisse einzelner PatientInnen herunterzubrechen. Was am me- dizinischen Sektor nun mehr und mehr zum Tragen kommt, ist bei unserer Ernährung ganz natürlich: Wir essen nach unseren indivi- duellen Bedürfnissen. Jeder Mensch für sich bestimmt, wie viel und was er täglich isst, um sich wohl zu fühlen. Nun existieren aber auch gewisse generelle Empfehlungen. Es gilt z.B. gemeinhin als gesund, viel Obst und Gemüse zu essen. In der näheren Betrachtung zeigt sich jedoch, was dem einen nützlich ist, kann für einen anderen Menschen sogar unbekömmlich sein. Des- wegen muss man detaillierter klären, wie der Vitaminkick am besten erfolgt – morgens oder abends, roh oder gekocht usw. Eine derartige Feinabstimmung unter Berücksichtigung individueller Bedürfnisse ist zweifellos auch im Krankheitsfall von allergrößter Be- deutung. Bisweilen wurden PatientInnen mit identischer Diagnose einheitlich therapiert, beruhend im Wesentlichen auf statistischen Ergebnissen. Da Menschen aber auf Behandlungen unterschiedlich ansprechen, kann in manchen Fällen eine Therapie sogar wirkungs- los bleiben. Zeigen diese Standardlösungen keine Wirkungen, ist es unbefriedigend bis hin zu risikoreich für die PatientInnen. Aber auch ÄrztInnen und Krankenkassen, die die finanziellen Kosten ei- ner nicht wirksamen Therapie tragen, setzen sich für effizientere Methoden ein. Die Zukunft heißt Personalisierte Medizin Personalisierte Medizin ist die Medizin der Zukunft. Der einzelne Mensch steht im Mittelpunkt und auf ihn wird die Therapie opti- miert. An der Med Uni Graz startet mit dem K-Projekt „BioPers- Med“ nun ein richtungsweisendes Projekt zur besseren Versorgung für Millionen von Menschen. „BioPersMed“ (Biomarkers for perso- nalized medicine in common metabolic disorders) hat zum Ziel, re- levante Biomarker für so genannte Volkskrankheiten wie Diabetes, Herzinfarkt oder Lebererkrankungen zu identifizieren und zu vali- dieren. Durch den Einsatz der Biomarker in Frühdiagnostik, Präven- tion und personalisierter Therapie soll die Gesundheitsversorgung künftig deutlich besser, sicherer und wirtschaftlicher werden. So genannte „Volkskrankheiten“ wie Diabetes, Herzinfarkt oder Fettleber nehmen kontinuierlich zu. Auf ihre Behandlung sprechen die Menschen unterschiedlich an, manchmal kann eine Therapie sogar wirkungslos bleiben. Im K-Projekt „BioPersMed“ wird nun nach Biomarkern geforscht, um in Zukunft Diagnostik und dadurch auch Therapien personalisieren und so verbessern zu können. Ideale Voraussetzungen durch Grazer Biobank und ZMF Grundlage für das K-Projekt „BioPersMed“ ist die klinische Biobank der Med Uni Graz, die größte Europas. Über vier Millionen sehr gut charakterisierte Proben stehen für Studienzwecke bereit. Weiters bildet das Zentrum für Medizinische Grundlagenforschung (ZMF) mit seinen zertifizierten Core Facilities ideale Voraussetzungen für die Entwicklung von Biomarkern und neuen Diagnosemethoden für spezifische Erkrankungen. Am einzigartigen Forschungsprojekt unter der wissenschaftlichen Leitung der Med Uni Graz arbeiten führende Einrichtungen aus der Wissenschaft wie der TU Graz, dem Joanneum Research oder der Ludwig Boltzmann Gesellschaft sowie der Wirtschaft zusammen. Für die nächsten drei Jahre stehen 6,9 Mio. Euro an Forschungsgel- dern zur Verfügung. Im Zentrum ihrer Anstrengungen stehen die Menschen, die am Ende von der genaueren, individuellen Diagnose profitieren und auf eine entscheidende Verbesserung von Lebensqualität und Lebenserwar- tung hoffen. MEDITIO 02 | 2010 Meditio, P.b.b. VNr 07Z037425 M, Verlagspostamt: 8010 Graz BIOMARKER, DIE SCHüSSEL ZUR PER- SONALISIERTEN MEDIZIN Gene, Zellen, Enzyme oder Hor- mone sind Beispiele für Biomarker. Die Spuren, die sie im Organismus hinterlassen, geben Aufschluss da- rüber, ob ein Mensch gesund ist oder eine krankhafte Veränderung vorliegt – auch wenn eine Krankheit noch nicht ausgebrochen ist – oder ob therapeutische Maßnahmen wirksam sind. Mittels relevanter Biomarker kann also eine Behandlung maßgeschnei- dert abgestimmt und die Wirksam- keit der Therapie laufend geprüft werden. FEDERFüHREND FüR DAS INTERDISZIPLINäRE PROJEKTTEAM SIND Dr. Karine Sargsyan Univ.-Prof. Dr. Thomas Pieber Univ.-Prof. Dr. Michael Trauner Univ.-Prof. Dr. Rudolf Stauber Univ.-Prof. Dr. Burkert Pieske Univ.-Prof. Dr. Barbara Obermayer-Pietsch Univ.-Prof. Dr. Ute Schäfer FACTS & FIGURES PROJEKTTEAM SPECIAL: FORSCHUNG

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Med Uni Graz forscht nach BioMarkern für verBesserte therapien Bei volkskrankheiten

Das Forschungsprojekt „BioPersMed“ an der Med Uni Graz greift ein in der Medizin brandaktuelles Thema auf: Diagnose, Präventi-on und Therapie zu lösen von Standardisierungen und auf die Be-dürfnisse einzelner PatientInnen herunterzubrechen. Was am me-dizinischen Sektor nun mehr und mehr zum Tragen kommt, ist bei unserer Ernährung ganz natürlich: Wir essen nach unseren indivi-duellen Bedürfnissen. Jeder Mensch für sich bestimmt, wie viel und was er täglich isst, um sich wohl zu fühlen. Nun existieren aber auch gewisse generelle Empfehlungen. Es gilt z.B. gemeinhin als gesund, viel Obst und Gemüse zu essen. In der näheren Betrachtung zeigt sich jedoch, was dem einen nützlich ist, kann für einen anderen Menschen sogar unbekömmlich sein. Des-wegen muss man detaillierter klären, wie der Vitaminkick am besten erfolgt – morgens oder abends, roh oder gekocht usw. Eine derartige Feinabstimmung unter Berücksichtigung individueller Bedürfnisse ist zweifellos auch im Krankheitsfall von allergrößter Be-deutung. Bisweilen wurden PatientInnen mit identischer Diagnose einheitlich therapiert, beruhend im Wesentlichen auf statistischen Ergebnissen. Da Menschen aber auf Behandlungen unterschiedlich ansprechen, kann in manchen Fällen eine Therapie sogar wirkungs-los bleiben. Zeigen diese Standardlösungen keine Wirkungen, ist es unbefriedigend bis hin zu risikoreich für die PatientInnen. Aber auch ÄrztInnen und Krankenkassen, die die finanziellen Kosten ei-ner nicht wirksamen Therapie tragen, setzen sich für effizientere Methoden ein. die zukunft heißt personalisierte Medizin Personalisierte Medizin ist die Medizin der Zukunft. Der einzelne Mensch steht im Mittelpunkt und auf ihn wird die Therapie opti-miert. An der Med Uni Graz startet mit dem K-Projekt „BioPers-Med“ nun ein richtungsweisendes Projekt zur besseren Versorgung für Millionen von Menschen. „BioPersMed“ (Biomarkers for perso-nalized medicine in common metabolic disorders) hat zum Ziel, re-levante Biomarker für so genannte Volkskrankheiten wie Diabetes, Herzinfarkt oder Lebererkrankungen zu identifizieren und zu vali-dieren. Durch den Einsatz der Biomarker in Frühdiagnostik, Präven-tion und personalisierter Therapie soll die Gesundheitsversorgung künftig deutlich besser, sicherer und wirtschaftlicher werden.

so genannte „volkskrankheiten“ wie diabetes, herzinfarkt oder fettleber nehmen kontinuierlich zu. auf ihre Behandlung sprechen die Menschen unterschiedlich an, manchmal kann eine therapie sogar wirkungslos bleiben. im k-projekt „BiopersMed“ wird nun nach Biomarkern geforscht, um in zukunft diagnostik und dadurch auch therapien personalisieren und so verbessern zu können.

ideale voraussetzungen durch Grazer Biobank und zMf Grundlage für das K-Projekt „BioPersMed“ ist die klinische Biobank der Med Uni Graz, die größte Europas. Über vier Millionen sehr gut charakterisierte Proben stehen für Studienzwecke bereit. Weiters bildet das Zentrum für Medizinische Grundlagenforschung (ZMF) mit seinen zertifizierten Core Facilities ideale Voraussetzungen für die Entwicklung von Biomarkern und neuen Diagnosemethoden für spezifische Erkrankungen. Am einzigartigen Forschungsprojekt unter der wissenschaftlichen Leitung der Med Uni Graz arbeiten führende Einrichtungen aus der Wissenschaft wie der TU Graz, dem Joanneum Research oder der Ludwig Boltzmann Gesellschaft sowie der Wirtschaft zusammen. Für die nächsten drei Jahre stehen 6,9 Mio. Euro an Forschungsgel-dern zur Verfügung. Im Zentrum ihrer Anstrengungen stehen die Menschen, die am Ende von der genaueren, individuellen Diagnose profitieren und auf eine entscheidende Verbesserung von Lebensqualität und Lebenserwar-tung hoffen.

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BioMarker, die schüssel zUr per-sonalisierten MedizinGene, Zellen, Enzyme oder Hor-mone sind Beispiele für Biomarker. Die Spuren, die sie im Organismus hinterlassen, geben Aufschluss da-rüber, ob ein Mensch gesund ist oder eine krankhafte Veränderung vorliegt – auch wenn eine Krankheit noch nicht ausgebrochen ist – oder ob therapeutische Maßnahmen wirksam sind. Mittels relevanter Biomarker kann also eine Behandlung maßgeschnei-dert abgestimmt und die Wirksam-keit der Therapie laufend geprüft werden.

federführend für das interdisziplinäre projektteaM sind Dr. Karine SargsyanUniv.-Prof. Dr. Thomas PieberUniv.-Prof. Dr. Michael TraunerUniv.-Prof. Dr. Rudolf StauberUniv.-Prof. Dr. Burkert Pieske Univ.-Prof. Dr. Barbara Obermayer-PietschUniv.-Prof. Dr. Ute Schäfer

facts & fiGUres

projektteaM

SPECIAL: Forschung

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die Med Uni Graz koordiniert das projekt BBMri, dessen ziel die vernet-zung europäischer Biobanken ist. diese Biobanken speichern einerseits bio-logisches Material (Gewebe, Blut usw.) und damit verbundene medizinische daten, andererseits aber auch wichtige biomolekulare ressourcen (samm-lungen von Genen, antikörper, zellkulturen usw).

Für die Forschung in Biowissenschaften und in der Medizin bedeutet das einen entschei-denden Fortschritt: Künftig schöpfen die WissenschafterInnen bei ihrer Arbeit aus einem großen Pool an biologischem Material und den dazugehörenden Daten. Der Aufbau eines Netzwerkes von europäischen Biobanken ist die Voraussetzung für die Entwicklung von neuen Therapiemethoden. Für das EU-Projekt BBMRI (Biobanking and Biomolecular Re-sources Research Infrastructure) stehen 5 Mio. Euro zur Verfügung, der Grazer Anteil beträgt ein Fünftel davon.

europäische Biobankenzukünftig in einem netzwerk

lungenhochdruck ist eine lebensbedrohliche erkrankung mit hoher dunkelziffer. Mit dem im sommer dieses jahres gegründeten ludwig Boltzmann institut für lungengefäß-forschung wird an der Med Uni Graz ein wichtiger schritt zu früherkennung und maßgeschneiderter therapie gesetzt.

Lungenhochdruck hat einen schleichenden Verlauf, typische Krank-heitszeichen fehlen und machen die Diagnose schwierig und auf-wendig. Folglich sind die Therapieergebnisse zur Zeit unbefriedigend. Am neuen LBI für Lungengefäßforschung setzt man deswegen den Schwerpunkt auf die Entwicklung von einfachen, schonenden, wenn möglich nicht-invasiven Verfahren, um eine frühe Diagnose zu er-möglichen. Durch gezielte Medikamentenentwicklung soll außerdem die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig verbessert werden. Standort des neuen LBI ist die Med Uni Graz, die auch als Partne-rin des Instituts fungiert. Weitere namhafte Partner sind die Öster-reichische Akademie der Wissenschaften sowie die Bayer Schering Pharma AG und der deutsche Medizintechnikhersteller Nebu-Tec. Für die ersten vier Jahre bekommt das Institut rund 9 Mio. Euro von den Partnern und von der Ludwig Boltzmann Gesellschaft. Etwa 25 Mitar-beiterInnen unter der Leitung von Univ.-Prof. DDr. Andrea Olschewski werden in den nächsten Jahren an der Beantwortung der vielen of-fenen Fragen um diese gefährliche Erkrankung arbeiten.

neues ludwig Boltzmann institut für lungen gefäßforschung an der Med Uni Graz

Sehr geehrte Frau Kollegin! Sehr geehrter Herr Kollege!

Die vorliegende Ausgabe von Meditio ist eine Spezialausgabe, die ausschließlich der For-schung gewidmet ist – nicht zufällig. Forschung und Innovation sind entscheidende Aufgaben unserer Universität, und gerade in diesen Be-reichen zeigt die Universität auch eine große Dynamik, die sich in allen Indikatoren und auch in den internationalen Rankings widerspiegelt.

Für erfolgreiche Forschung bedarf es för-dernder Rahmenbedingungen, die sich der Zeit und ihren Herausforderungen stellen. Sowohl von Seiten des Know-how als auch von Seiten der Infrastruktur ist moderne biomedizinische Forschung sehr aufwendig, so dass Kooperati-on in Form von Arbeitsgruppen, Zentren und Schwerpunkten sowie die gemeinsame Nut-zung von Geräten essentiell sind.

Die Medizinische Universität Graz trägt dem in vielfältiger Weise Rechnung. Aus den Ak-tivitäten der letzten Jahre haben sich vier klare Forschungsfelder kristallisiert, die mit Li-pid-assoziierten Erkrankungen, kardiovaskulären Erkrankungen, Neurowissenschaften und Krebsforschung erfolgreiche interdisziplinäre Profile entwickelt haben. Als übergreifendes Generalthema legt Nachhaltige Gesundheitsforschung besonderen Wert auf alle Aspekte von Prävention, Früherkennung und Lebensqualität.

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit greift jedoch weit über diese Forschungsfelder hinaus und bindet die anderen Grazer Universitäten ein – eine einzigartige Kooperationskultur, die in Österreich Vorbildwirkung hat.

Trotz der Bedeutung der Arbeitsgruppe und des Zusammenwirkens größerer Kollektive sind der eigentliche Motor jeglicher Forschung nach wie vor die einzelnen WissenschafterInnen. Aus diesem Grund legt die Medizinische Universität Graz besonderes Augenmerk auf die Entwicklungsmöglichkeiten unserer Kolleginnen und Kollegen – beginnend mit den Dokto-ratsstudien und insbesondere dem internationalen PhD-Programm, über das Laufbahnmo-dell mit Qualifizierungsvereinbarung bis hin zur hochwertigen Assoziierten Professur, nicht zuletzt mit einer gemeinsam mit dem Senat gestalteten transparenten Berufungspolitik.

Unser Dank gilt allen Forscherinnen und Forschern unserer Medizinischen Universität, die die in dieser Meditio-Ausgabe präsentierten Erfolge ermöglicht haben und in Zukunft vo-ranbringen werden.

Mit herzlichen Grüßen, Ihr/deinJosef Smolle

editorial

Univ.-Prof. Dr. Josef Smolle

Lungenhochdruck (Pulmonale Hyper-tonie) ist eine heimtückische Erkran-kung mit schleichendem Verlauf. Sie raubt den Betroffenen den Atem und die körperliche Leistungsfähigkeit. Derzeit ist der Lungenhochdruck noch unheilbar und kann ohne Behandlung oder bei falscher Diagnose innerhalb von 2–3 Jahren zum Tod führen. Die Behandlungskosten betragen bis zu 300.000 Euro pro Jahr, wenn der Lungenhochdruck schon weit fortge-schritten ist und die lebensrettende Therapie entsprechend aufwendig ist. Lungenhochdruck ist eine relativ häu-fige Komplikation von Lungenkrank-heiten. 10 bis 20 % der Bevölkerung über 40 Jahre sind von häufigen Lun-generkrankungen wie dem Lungen-emphysem oder der chronisch ob-struktiven Lungenerkrankung (COPD) betroffen. Die COPD ist bereits heute weltweit die vierthäufigste Todesur-sache. Das bedeutet, dass vermutlich Millionen Menschen auf der Welt von einer pulmonalen Hypertonie betrof-fen sind. Für diese Patienten bedeutet der Lungenhochdruck eine einge-schränkte Prognose.

facts & fiGUres

Univ.-Prof. DDr. Andrea Olschewski mit ihrem Team

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Mit einer „künstlichen Bauchspeicheldrüse“, die den Blutzuckerwert laufend misst und die benötigte Menge insulin automatisch abgibt, könnte die lebensqualität von diabetikerinnen entscheidend ver-bessert werden. im rahmen des eU-projekts ap@home forscht die Med Uni Graz an diesem system. Weltweit leiden rund 220 Millionen Menschen an Diabetes, bis 2030 könnten bis zu 350 Millionen betroffen sein (Wild 2004). Folgeerkrankungen von Diabetes können Bluthochdruck, Diabetische Retinopathie, Neuropathie oder Herzin-farkt sein. Um diesen vorzubeugen, ist es notwendig, den Blutzuckerspiegel immer auf einem optimalen Niveau zu halten. Für PatientInnen bedeutet das regelmäßiges Prüfen des Blutzuckers und Spritzen von Insulin. Das muss gleich mehrere Male am Tag passieren. neue systeme versprechen einfachen lebensalltag trotz diabetes Um diesen Vorgang zu vereinfachen und damit die Lebensqualität wie auch die Lebenserwartung von Diabetes- PatientInnen zu erhöhen, wird im Rahmen vom EU-Projekt AP@home an einer „Künstlichen Bauchspeicheldrüse“ (AP – Artificial Pancreas) gearbeitet. Subkutan am Körper getragen vereinfacht sie den Alltag und sorgt vor allem dafür, dass der Blutzuckerspiegel immer passend ist.

Die wesentlichen Komponenten einer „künstlichen Bauchspei-cheldrüse“ sind ein Glukosesensor zur kontinuierlichen Messung des Blutzuckers, eine Pumpe zur gesteuerten Insulinabgabe sowie ein miniaturisierter Computer. Dieser wertet den Sensor aus und steuert die Pumpe. Im Rahmen des EU-Projektes soll u.a. die Ge-nauigkeit von bereits auf dem Markt befindlichen Sensoren ver-bessert werden. Außerdem werden zwei AP-Systeme weiterent-wickelt, die Insulinpumpe und kontinuierliche Blutzuckermessung in nur einem Gerät vereinen. Eines davon wurde von Dr. Werner Regittnig an der Med Uni Graz entwickelt und patentiert. nur einmal unter die haut für Blutprobe und insulingabe Im Unterschied zur herkömmlichen Vorgehensweise, wo einmal für die Blutprobe und einmal für die Insulingabe in die Haut ge-stochen werden muss, handelt es sich bei diesem Gerät um ein so genanntes single-port-System. Beide Aktionen erfolgen über einen Zugangspunkt – in diesem Fall ein Katheter im Fettgewebe des Bauches. „Dieses Projekt zielt auf eine vereinfachte Behand-lung und eine gesteigerte Lebensqualität der PatientInnen“, er-klärt Priv.-Doz. Dr. Ellmerer aus der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Pieber, Projektleiter von AP@home. Die EU-Förderung beträgt gesamt 10,5 Mio. Euro, davon stehen der Med Uni Graz rund 2 Mio. Euro zur Verfügung. Sieben europäische Universitäten und fünf Unternehmen arbeiten gemeinsam, damit Europa künftig eine Vorreiterrolle in der Entwicklung von AP-Systemen einneh-men kann.

Med Uni Graz forscht an„künstlicher Bauchspeicheldrüse“

Die Europäische Union hat ein neues Forschungsprojekt SPIDIA (Standardisation and improvement of generic pre-analytical tools and procedures for in-vitro diagnostics) gestartet, mit dem Möglich-keiten und Nutzen der In-vitro-Diagnostik erweitert werden.

Dies soll durch die Einführung neuer Standards für die Gewinnung, Handhabung und Verarbeitung von Blut-, Gewebe-, Tumor- und an-deren Probenmaterialien erreicht werden. Das Gesamtvolumen liegt bei 9 Mio. Euro, der Anteil der Med Uni Graz für die Mitarbeit liegt bei 1,1 Mio. Euro.

Seit 2008 gibt es in Graz ein Ludwig Boltzmann Institut für Kli-nisch-forensische Bildgebung (CFI). Mit modernen bildgebenden Technologien wie MR und CT werden gerichtsmedizinische Un-tersuchungen an lebenden Personen durchgeführt. Für Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt bedeutet das mehr Rechtssi-cherheit und Schonung im Ermittlungsprozess.

Das LBI setzt neue Maßstäbe in der Gerichtsmedizin: Betroffene von körperlicher Gewalt oder Missbrauch haben mit der klinisch-forensischen Ambulanz an der Med Uni Graz eine wertvolle An-laufstelle, damit Beweise gesichert werden. Im Mittelpunkt der Institutstätigkeit steht die gerichtsmedizinische Untersuchung von lebenden Personen im Zusammenhang mit der Klärung rechtlicher Fragestellungen. Bislang war die Ausgangslage so, dass mit kon-ventionellen forensischen Methoden der Körper nur von außen untersucht werden konnte. Innere Verletzungen blieben bislang unbeurteilt, mit den radiologischen Verfahren entstehen hier al-lerdings völlig neue Befundungsmöglichkeiten.

neue standards bei in-vitro- diagnostik

Moderne bildgebende verfahren für die Gerichtsmedizin

fettleibigkeit kann für schwangere durch den anstieg der Blutzuckerwerte zu einem großen problem werden. in man-chen ländern erhält bereits jede fünfte werdende Mutter die diagnose schwangerschaftsdiabetes. in einem großen eU-projekt, koordiniert von der Med Uni Graz, wird nun die Wirksamkeit dreier Methoden zur intervention erforscht. Krankhaft erhöhte Blutzuckerwerte in der Schwangerschaft erhöhen einerseits die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen vor, während und nach der Geburt, andererseits können sie auch langfristige Auswir-kungen auf die Gesundheit von Mutter und Kind haben. Mit dem EU-Projekt DALI, an dem Zentren und Unternehmen aus 11 europäischen Ländern beteiligt sind, widmet man sich der Erforschung der Wirksam-keit von drei verschiedenen Interventionsstrategien zur Verhinderung von Schwangerschaftsdiabetes.

einheitliche standards für Behandlung von schwanger-schaftsdiabetes Als erfolgversprechendste Therapieansätze gelten derzeit die Ände-rung der Ernährung, verstärkte körperliche Aktivität und die Verab-reichung von Vitamin D. Bisher gibt es allerdings keinen Standard für derartige Interventionen und auch keine Daten darüber, welche dieser Strategien am effektivsten ist. Um diese Fragen zu klären, ent-wickelte Univ.-Prof. Dr. Gernot Desoye, Universitätsklinik für Frau-enheilkunde und Geburtshilfe, in Graz im Auftrag der europäischen

schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes)ist eine spezielle Form der Zucker-krankheit. Sie entsteht im Zuge einer Schwangerschaft und verschwindet im Regelfall, wenn das Kind zur Welt gekommen ist. In Österreich leiden ca. 7 % der Frauen an dieser Krank-heit, die Zahl steigt in den letzten Jahren kontinuierlich. Mögliche komplikationenZunahme der Fruchtwassermenge, große Gewichts- und Größenzunah-me des Babys und damit verbun-dene Probleme bei der Geburt, eine gestörte Entwicklung der Plazenta. Sowohl für Mutter als auch für das Kind gibt es ein erhöhtes Risiko für Diabetes Typ 2 oder Gefäß-/Herz-kreislauferkrankungen.

facts & fiGUres

Diabetic Pregnancy Study Group (DPSG) das Projekt DALI, das nun von der Med Uni Graz koordiniert wird. Das Gesamtprojektvolumen beträgt 4 Mio. Euro, drei Viertel davon sind gefördert. Rund 700.000 Euro der Forschungsgelder entfallen auf die Med Uni Graz. Eines der Ziele des Projektes ist es, verlässliche Daten über die Häu-figkeit von Schwangerschaftsdiabetes in den teilnehmenden Ländern zu erheben. Mit nun erstmals in allen Ländern eingesetzten einheit-lichen Diagnosekriterien wird es möglich werden, die Kosten, die die Erkrankung verursacht, zu erheben und evidenzbasierte Grundlagen für gesundheitspolitische Entscheidungen zu liefern. Geplanter ablauf von eU-projekt dali Anfangs werden für die drei Interventionsstrategien geeignete Emp-fehlungen erarbeitet, die dann in einer Pilotphase an einer kleinen An-zahl Schwangerer getestet werden. Anschließend werden europaweit 880 werdende Mütter zu einer Interventionsstudie eingeladen, wo die Strategien einzeln, aber auch in Kombination getestet werden. Teil des Projekts ist auch eine eigene Biobank, in der mütterliches Serum, Plazentagewebe und Nabelschnurblut untersucht und ge-speichert werden. Diese Biobank wird an der Med Uni Graz errich-tet, die bereits ein großes Biobankprojekt in europäischem Rahmen betreibt.

eU-projekt dali erforscht schwangerschaftsdiabetes

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fWf fördert doktoratskolleg„Metabolische und kardiovaskuläre erkrankungen“

laura-Bassi- zentrum in Graz

ludwig Boltzmann institutIst eine private Trägerorganisation für For-schungseinrichtungen in Österreich. In einem strengen Ausschreibungsverfahren mit Begutachtung durch externe, auslän-dische FachgutachterInnen werden Gelder vergeben. laura Bassi zentrumIm Impulsprogramm „Laura Bassi Centres of Expertise“ wird mit Bundesmitteln u.a. angewandte Grundlagenforschung an der Schnittstelle zur Industrie gefördert. fWf Der Fonds zur Förderung der wissenschaft-lichen Forschung ist Österreichs zentrale Ein-

Mit dem doktoratskolleg „Metabolische und kardiovasku-läre erkrankungen“ gibt es an der Med Uni Graz seit heuer ein weiteres vom fWf gefördertes phd-programm. das multidisziplinäre ausbildungsprogramm beschäftigt sich mit molekularen Mechanismen und zellulären funktionen im entstehen von erkrankungen des stoffwechsels und herz-kreislauf-systems. Doktoratskollegs sind Ausbildungszentren für den hochqualifizierten akademischen Nachwuchs aus der nationalen und internationalen Scientific Community. Ein Doktoratskolleg ist eine Einheit, in der sich zwischen fünf und 20 hochkarätige WissenschafterInnen zusammen-schließen, um – aufbauend auf einem mittelfristig angelegten und klar definierten, möglichst auch disziplinenübergreifenden Forschungszu-sammenhang – in organisierter Form DoktorandInnen auszubilden. Das von der Medizinischen Universität Graz getragene Ausbildungs-programm schafft 15 Stellen für junge WissenschafterInnen (zehn an der Med Uni Graz, drei an der Uni Graz und zwei an der TU Graz). Es wird in den ersten vier Jahren mit rund 3,1 Mio. Euro vom FWF finanziert. Zusätzlich werden ebenso viele Doktorandenstellen von den beteiligten Universitäten gefördert.

ein wesentlicher Beitrag zur universitären profilbildung Die thematische Vernetzung dieses Doktoratskollegs sichert einen regen Austausch von Wissen und Methodik innerhalb der biomedizi-nischen Forschung, um den Fortschritt in wissenschaftlichen Konzep-ten zu gewährleisten. Gleichzeitig ist es facettenreich genug, um den Studierenden auch einen Blick über den unmittelbaren Fokus ihres eigenen wissenschaftlichen Bereichs hinaus zu ermöglichen. Um ein ausgezeichnetes Forschungsumfeld anbieten zu können, wurden die WissenschafterInnen auf Basis exzellenter Forschung – nachgewiesen durch Publikationen und Drittmittel-Förderung – und Lehre ausgewählt. Sie repräsentieren eine ausgewogene Mischung von etablierten und jüngeren Forschern. „Für die Profilbildung un-serer Universität als Gesundheitsuniversität mit nachhaltiger Gesund-heitsforschung und die Forschungsfelder „Kardiovaskuläre Erkran-kungen“, „Molekulare Grundlagen Lipid-assoziierter Erkrankungen“ und „Krebsforschung“ ist dieses Doktoratskolleg von besonderer Be-deutung“, freut sich Rektor Univ.-Prof. Dr. Josef Smolle.

seit 2009 wird an der Med Uni Graz im laura Bassi-exzellenzzentrum an der entwicklung von implantaten in kinder-knochen gearbeitet. das Besondere an dieser forschungsarbeit ist, dass man sich auf die suche nach Materialien für implantate macht, die sich nach der Unterstützung im heilungsprozess ein-fach auflösen. Schwierige Frakturen bei Kindern machen Im-plantate notwendig, denn ohne eine Stabilisie-rung könnten die Knochen falsch zusammen wachsen. Normalerweise müssen die einge-brachten Implantate nach rund einem Jahr im Rahmen einer neuerlichen Operation entfernt werden. Da für junge PatientInnen medizi-nische Eingriffe oftmals traumatisierend sind, versucht man, Operationen wenn möglich zu vermeiden. Im Laura-Bassi-Exzellenzzentrum BRIC (BioResorbable Implants for Children) wird unter der Leitung von Unfallchirurgin Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Annelie-Martina Weinberg an der Entwicklung sich selbst auf-lösender Implantate gearbeitet, die den Kin-dern Operationen ersparen.

iMpressUM / offenleGUnG

Öffentliche forschungsgelder an der Med Uni Graz(stand november 2010)

zusätzlich zu den fördermitteln etwa aus fWf, ÖnB, ffG, jubläumsfonds, eUund zahlreichen anderen förderinstitutionen konnten alleine in den letzten1,5 jahren Großprojekte mit einen projektvolumen von rund 55 Mio. eurolukriert werden.

richtung zur Förderung der Grundlagenfor-schung und vergibt Bundesgelder.

k-projekteFördern die Zusammenarbeit zwischen Wis-senschaft und Wirtschaft. In einem mehr-stufigen Ausschreibungsverfahren werden durch die FFG K-Projekte vergeben, die teils aus Bundes-, teils aus Landesgeldern sowie Anteilen der wissenschaftlichen Partnern finanziert werden. eU-förderungenBBMRI, DALI, AP@home und SPIDIA sind nur einige der zahlreichen EU-Projekte.

Assoz.-Prof. PD Dr. Annelie Weinberg Medieninhaber, Herausgeber, Redaktion und für den Inhalt verantwortlich Medizinische Universität Graz Universitätsplatz 3, A-8010 Graz www.medunigraz.at Rektor Univ.-Prof. Dr. Josef Smolle Redaktion: Marketing & Kommunikation, Mag. Birgit Rami-Jauk, +43-316-385-72023 Anregungen senden Sie bitte an [email protected]

Verlags- und Herstellungsort GrazLayout, Umsetzung Rubikon Werbeagentur GmbH Schumanngasse 26, 8010 Graz, www.rubikon.atGrundlegende Richtung Meditio – Das Nachrichtenmagazin der Med Uni Graz informiert vierteljährlich über Forschung, Studium und PatientInnenbetreuung

2,1 Mio.laura Bassi zentrum

3,1 Mio.fWf

14 Mio.ludwig Boltzmann

institute

6,9 Mio.k-projekt

Grafik: Gesamtprojektvolumen der Forschungsprojekte in dieser Meditio; nicht alle Fördergeber sind berücksichtigt.

28,5 Mio.eU-förderungen