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03.12.2009 Bad Boll 1
Klimawandel, Ernährungssicherheit und das Recht auf Nahrung
Ev. Akademie Bad Boll / Klima-Allianz im Südwesten?
03.12.2009
Michael Windfuhr / Leiter Team Menschenrechte Brot für die Welt
03.12.2009 Bad Boll 2
Überblick
1. Einleitung: Fokus auf besonders betroffene Bevölkerungsgruppen
2. Typologie des Hungers / Armutsphänomene
3. Klimawandel – zentrale Effekte
4. Klimawandel - Menschenrechte
5. Handlungsoptionen der Industrienationen
24.04.2009 Tübingen 3
1. Einleitung: Fokus auf besonders betroffene Bevölkerungsgruppen
• Brot für die Welt / DKH– Armutsreduktion / Hunger als Kernthemen
– Klimawandel ein wichtiges Thema – Einforderung unserer Partner
• Klimastudie 2008
• Intensivere Lobbyarbeit (mit europäischen Partnern)
• Leuchtturmprojekte (kluge Anpassung – Resilience)
• Zentrales Anliegen im Klimadiskurs: Besonders betroffenen Bevölkerungsgruppen (Individuen) dürfen nicht übersehen werden
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1. Einleitung / 2
• Landwirtschaft wird spät zu einem Thema in der Klimadebatte und Forschung: Hauptgrund, die Klimamodelle waren lange nicht präzise, detailliert genug für genaue Voraussagen (erst IPCC 4)
• Überschätzung des CO2 Dünge-Effekts• Ergebnisse im mikro / lokalen Bereich nach wie vor hohe
Unsicherheiten – Verändert sich aber derzeit schnell (vor allem in IL) – Schnell wachsende Literatur– Aber in der Klimaforschung, wie in der Wetterbeobachtung fehtl
noch viel• Wiss. Literatur hatte bislang besondern Fokus auf die Dimenions
“Globaler Ernährungssicherheit”, nur wenige Studien haben einen Fokus auf die nationale oder die Haushaltsebene (household food security)
10.02.2009 5
1. Einleitung / 3
• 2002: FAO immer noch optimistische Einschätzuung – Wasserbedarf: CO2 concentration in the atmosphere would cause plant
stomata to narrow, so helping to reduce water losses
– Düngeeffekt: Fertilizing effect of increasing CO2 concentration in the atmosphere on many crops – it stimulates photosynthesis
• 2007: Veränderte Wahrnehmung in Studien vor Bali– Latest research results: losses become bigger, gains less likely (e.g. the
fertilizer effect)
– Analysis is coming closer to vulnerable groups and their specific situation: costs of adaptation are increasing
• End of „surplus scenario“ – Increasing demand (Asia etc.)
– Poor harvest in important exporting countries (Australia)
– Agrofuel demand
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2. Hunger- / Armutstypologie
Analyse der Gründe des Hungers: • Hunger ist ländlich
- Auch im Jahr 2030 wenn die meisten der Armen in den Städten leben werden,w erden die meisten der extrem Armen und Hingrigen auf dem Lande leben.
- 2050 > 50 % der Hungrigen auf dem Land (IFAD) - Hunger ist weiblich• Typologie des Hungers (Hunger Task Force)
- „hunger is less a production problem, it is an access problem and a governance problem“
- Einkommen als zentrale Kategorie für Haushalte: - Aus der Landwirtschaft- Aus der Arbeit- Transfer-Einkommen (safety nets/ remittances)
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2. Hunger- / Armutstypologie / 2
• Hunger Task Force der VN (Teil des VN Millennium Development Project)
A typology of hunger
50%
22%
20%
8%
Food producing households in higher-risk environments and remote areas
Non-farm rural households
Poor urban households
Fishing, herding, hunting households
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2. Hunger- / Armutstypologie / 3
• Marginalisierung zentrale Kategorie– geographisch
– sozial
– politisch
– gender
• Derzeit schneller Wandel der Rahmenbedingungen – Klimawandel
– Agro-Fuels
– Marktunsicherheiten (Preisschwankungen etc.)
– Veränderungen des Verbraucherverhaltens
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2. Hunger - / Armutstypologie / 4
• Bevölkerungswachstum um 80 Mio. jährlich => >9 Mrd. Menschen in 2050
• Welternährungsorganisation FAO: bis 2050 muß die Nahrungsmittelproduktion um 70% gesteigert werden, um Ernährungssicherheit zu erreichen
• … jedoch ist eher eine Verschärfung der Ernährungskrise wahrscheinlich:o Wettbewerb “Tank - Futtermittel – Teller”o Rückgang der Anbaufläche u.a. wg Klimawandelo Wasserknappheit
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3. Klimawandel – zentrale Effekte
• Große regionale Unterschiede• Benachteiligung der Tropen/Subtropen• Verschlechterung der Wuchsbedingungen (ab 1 Grad C in
Tropen/Subtropen, ab 3 Grad C auch in gemäßigten breiten)
• Trockenheit - Wasser wird knapp• Zunahme von Variabilität • Zunahme extremer Wetterereignisse• Überflutung & Versalzung durch Meeresspiegelanstieg
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1103.12.2009 Bad Boll
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West Antarctica
Summer monsoon
Greenland
Gulf stream
El Nino
Arctic Permafrost /methaneclathrate
Himalaya
Sahel zone
Amazonrain forest
Oceans
Ocean acidification and decline in CO2 buffer capacity
Intensification/persistence of the El Nino phenomenon
Instability/collapse of the Amazon rain forest, inter alia due to land-use changes
Instability/collapse of the gulf stream due to the increased inflowof melt water from Greenland and declining salinity
Bistability of the Sahel zone: Initial greening, then significantly dryer
Bistability of the Indian summer monsoon: weakening due to air pollution or intensification due to global warming
Melting glaciers in the Himalaya and decline in the Albedo in the Tibetanian highlands
Methane gas emissions due to the melting of the Siberian permafrost and the possible dissociation of marine methane clathrate
Collapse of the Arctic ice shelf and albedo decline
Instability of the Greenland ice sheet due to non-linear melting processes
Tipping points with direct and significant effects on mankind
Tipping points with positive feedback effects on temperature
Instability of the West antarctic ice sheet due to non-linear melting processes
Source: Germanwatch, modified after Schellnhuber
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3. Global Erwärmung - Vier Szenarien
• Szenario 1: Temperaturanstieg bis 1°C (bis dato: 0.7°)
o Keine Verschlechterung der globalen Ernährungssicherheit
• Szenario 2: Temperaturanstieg bis 2,5°Co 45 - 75 Millionen mehr Hungernde
• Szenario 3: Temperaturanstieg bis 3°Co 65-75 Millionen mehr Hungernde
o 2,4 - 3,1 Milliarden Menschen von Wasserknappheit betroffen
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3. Global Erwärmung - Vier Szenarien
• Szenario 4: Temperaturanstieg > 3°C– 3.3 - 5.5 Milliarden Menschen leben in Regionen mit
drastischer Verschlechterung der pflanzlichen Wuchsbedingungen
– 85-125 Millionen Menschen hungern zusätzlich
– Ganze Regionen wandeln sich in landwirtschaftliche Ungunstregionen (Australien ab 4°C)
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3. Klimawandel – zentrale Effekte
• Zunahme der Dürre-gefährdeten Gebiete (Sub-Sahara-Afrika, Zentralasien, Australien)
• Zunahme von Unwettern, z.B. tropische Stürme (Karibik, Golf von Bengalen)
• Gletscherschmelze und Veränderung hydrologischer Regimes (Himalaya, Anden)
• Verlust biologischer Vielfalt von 20-30 % bereits ab Temperaturerhöhung von 2 Grad C
• Abnahme der Fischbestände durch Wassererwärmung
• Kleine Inseln sind besonders betroffen
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3. Klimawandel – zentrale Effekte
• Zunehmende Dürren -> Subsahara Afrika wird überwiegend arid => betrifft mehr als 50 % der afrikanischen Bevölkerung
• Unstetigere Niederschläge treffen Regenfeldbau dramatisch (1.2 Mrd ha Land werden unter der kritischen Grenze der Anbauperiode von 120 Tagen fallen) => Ertragsrückgang des Regenfeldbaus in semiariden Zonen um bis zu 50% bis 2050
• Trink- und Bewässerungswasser wird knapp• 120 Mio Viehzüchter & Familien in (semi)ariden Gebieten
gravierend betroffen• Anbauzonen verschieben sich (z.B. Kaffee, Reis)
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3. Zur Illustration
Klima- und Vegetationszonen in Afrika heute
• Vier Vegetations- und Klimazonen
– i) Wüsten und Halbwüsten (Sahara, Sahel, Kalahari, Namib)
– ii) Tropische Grasländer (Sahel, östliches und südliches Afrika).
– iii) Äquatorialer Regenwald (Kongobecken. Ostafrikanische Hochländer.
– iv) Mediterrane Klimate (hMittelmeerküste, Südostküste Südafrikas).
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3. … und wie Afrika schon bis 2030 (!) aussehen könnte
• Der prognostizierte Temperaturanstieg bis 2030 könnte dazu führen, dass sich die Klimazonen dramatisch verschieben
• Gerade die afrikanische
Kulturgeschichte ist reich an Berlegen dafür, wie Trockenheiten zu Migration, kulturellen Brüchen und dem Kollaps vor- und frühgeschichtlicher Kulturen geführt haben
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3. Konsequenzen für die Armen in Afrika
• Klimawandel gefährdet Erfolge in der Armutsbekämpfung• Der überdurchschnittliche Anteil der Hungernden an der
Bevölkerung könnte weiter steigen (33%)• Bereits heute besonders marginalisierte Gruppen betroffen:
Kleinbäuerliche, nomadische und fischende Bevölkerungsgruppen
• Der Regenfeldbau steht insgesamt auf dem Spiel
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3. Afrika braucht Anpassung
• Mehr Geld für kleinbäuerliche Ernährungssicherung im ländlichen Raum – komplexes Verständnis ländlicher Entwicklung
• Unterstützung für Disaster Risk Reduction / Disaster Preparedness – Wettervorhersagen
• Verbesserter Zugang und Vernetzung der Erkenntnisse der Klima(folgen)forschung
• Erfahrungsaustausch von “Communities”• Nationale Anpassungspläne mit Berücksichtigung von
“vulnerable groups” und deren besonderer Gefährdung• Gesundheitsprogramme
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3. Die Auswirkungen in Asien
• Zentralasien => zunehmender Wassermangel beeinträchtigt Ackerbau & Viehzucht
• Himalaya => Gletscherschmelze führt kurzfristig zu Überschwemmungen, langfristig zu Wassermangel
• Ostasien => Rückgang der Reisproduktion um 5-10% bei T-Anstieg von 2 ° C; bis 2 Grad C jedoch Anstieg der Erträge um bis zu 20% möglich
• Küstenzonen wie Bangladesh => Zyklone & Meeresspiegelanstieg, Überschwemmungen, Wechselhaftigkeit des Monsun und zunehmende Versalzung bedroht Ernährungssicherheit massiv; Meeresspiegel-anstieg um 1,5 m => Vernichtung von 22Tkm² oder 15% der Landesfläche (34 Mio. Betroffene)
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3. Klimafolgen-Abschätzung für gefährdete Armutsgruppen ist fundamental
• Neben globalen und nationalen Auswirkunegn müssen die Auswirkungen auf lokaler und Haushaltseben berücksichtigt werden
• Auswirkungen auf Risikogruppen und deren spezifischen Anpassungsbedürfnisse müssen vorrangig behandelt werden:- Kleinbauern - Nomaden
- HIV-Haushalte- Haushalte, die von Frauen geführt werden usw.
Systematische Erhebung in allen Ländern unabdingbar, um wirksame und armutsorientierte Anpassungsstrategien zu entwickeln
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4. Klimawandel - Menschenrechte
• Recht auf Nahrung als Teil des International Bill of Human Rights– Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
– Internationler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
• „Optionen“ der Lebensgestaltung (Human Development Report)
• „Recht auf Entwicklung“ als individuelles Rechte auf „Umsetzung aller Menschenrechte“
• Entitements (Armatya Sen)– Job-based
– Agriculture based
– Trade based
– Transfer-system based
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4. Klimawandel – Menschenrechte /2
Elemente eines rechte-basierten Ansatzes:– Staatliche Verantwortung / Rechtenschaftspflicht (accountability) – Fokus auf besonders betroffene Gruppen – Staatenpflichten
• Respect • Protect• Fulfill (facilitate, provide)
– Standards of application: • maximum of avialable resources, • take steps, • start immediately, • focus on vulnerables, • no-discrimination, transparency Prozedurale Rechte
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4. Klimawandel - Menschenrechte / 3
– Nationale Strategie (VG)• Assessment
• Überprüfung der Gesetzgebung (de jure)
• Überprüfung der Politikgestaltung (de facto)
• Monitoring
• Beschwerdemöglichkeiten / Recourse
– Extraterritorial dimension: • Effekte des Regierungshandelns in andere Ländern
• Rolle in Zwischenstaatlichen Kontexten
• Private Akteure
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4. Klimawandel - Menschenrechte / 4
• „Value added gerade im Klimabereich
– Ausgestaltung der Adaptation Fund Säule
– Ownership – Akzeptanz der Kriterien
– Prozessurale Rechte
– Empowerment
– Focus auf Betroffene
– Beschwerdemöglichkeiten
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Gefährli
cher
Klimaw
andel
unvermeidbarer Temperaturanstieg
5. Handlungsoptionen: Vermeidung des Unkontrollierbaren & Anpassung an das Unvermeidliche
Vermeidung:
Drastische Verringerung der Emissionen, um einen in großem Maßstab gefährlichen Klimawandel abzuwenden
Das Unvermeidbarebewältigen:Anpassung an die nicht mehr vermeidbaren Konsequenzen des Klimawandels
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5. Handlungsoptionen
• Klimaschutz darf nicht der Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise zum Opfer fallen – Im Gegenteil: “Green Deal” könnte den erforderlichen radikalen Kurswechsel einleiten
• Anpassung menschenrechtsbasiert gestalten (Teilhabe & Priorität für die Schutzbedürftigsten)
• Kohärenz von Armutsbekämpfungs-, Agrar- Ernährungssicherungs-, DRR-, und klimabedingten Anpassungsstrategien (Bsp. “Vulnerability”)
• Perspektivenwechsel – Priorität muß auf besonders schutzbedürftige Armutsgruppen gelegt werden
• Zivilgesellschaftlicher Druck ist zentral (Klima-Allianz)
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5. Politische Herausforderungen :Agrarpolitik
• Anwendung der FAO-Richtlinien zum Recht auf Nahrung und Brückenschlag zwischen Agrar- und Klimapolitik (Bsp. UNFCCC-Prozeß)
• Nationale Ernährungssituation wieder stärker priorisieren (Ernährungssouveränität)
• Nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft stärken• Mehr Mittel für den ländlichen Raum• Klimawandel in Agraforschung & -Beratung
inkorporieren, Wissenstransfer und Vernetzung
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5. Prinzipien einer guten Klimapolitik
Wirksamer Klimasschutz & Anpassung: Erwärmung auf 2 Grad begrenzen
Das heißt absolute Emissionen ab 2015 senken IL bis 2020 30-40-% Reduktion, bis 2050 90% Weltweit bis 2050 mindestens 50% Reduktion
Schwellen- und Entwicklungsländer Fairen Beitrag leisten Jährlicher Effizienzzuwachs von 4%
Gerechtigkeit – Entwicklung und Klimaschutz sind zwei Seiten einer Medaille
Neue Finanzierungsmechanismen für Anpassung, Technologietransfer & Klimaschutz im Süden
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Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit
Michael Windfuhr / Tel: 0711-2159-743 [email protected]
Studie + Kurzfassung zu beziehen beim Brot für die Welt / Zentraler Vertrieb
70010 Stuttgart
www.brot-fuer-die-welt.de/downloads/climfood.pdf
Policy Paper: Making the Adapation Fund work for the most vulnerable peoplewww.brot-fuer-die-welt.de/downloads/studie_adaptation_fund_engl.pdf