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1 Einleitung 1.1 Organisatorisches Zielpublikum: Studierende B.Sc. mit Nebenfach Physik. Vorlesungszeiten:Di 08 15 - 09 45 HG II / HS 3, Mi 08 15 - 09 45 HG II / HS 1 1.1.1 Inhaltsübersicht 1. Einführung 2. Mechanik 3. Thermodynamik 4. Elektrizität und Magnetismus 5. Schwingungen 6. Wellen 7. Optik 8. Quantenmechanik 9. Atom-, Molekül und Festkörperphysik 10. Kern- und Teilchenphysik 1.1.2 Übungen Die Übungen finden statt am Mo 10-12 oder Di 12- 14 Uhr. Die Übungen sind mindestens so wichtig wie die Vorlesung. Pro Woche soll ein Übungszettel selb- ständig gelöst werden. Übungszettel dürfen in Gruppen gelöst werden, wo- bei maximal 4 Studierende gemeinsam eine Lösung abgeben dürfen. Die Gruppen müssen über das Se- mester die gleichen bleiben, und die Lösungen im- mer beim gleichen Assistenten abgegeben werden. Die Übungszettel stehen ab Freitag jeweils im Inter- net auf der Vorlesungsseite zur Verfügung. Sie müs- sen bis Fr 12 30 in die Briefkästen 247-249 abgege- ben werden. Die Rückgabe erfolgt in den Übungs- gruppen am Mo/Di. Dort werden die Aufgaben be- sprochen und Unklarheiten diskutiert. 1.1.3 Klausur Die Klausur findet am 15.07.19 10:30 - 13:30 statt. Voraussetzung für die Anmeldung ist die erfolgrei- che Teilnahme an den Übungen. Im Laufe des Seme- sters muss jede(r) zweimal vorrechnen und es müs- sen 50 % der möglichen Punkte in der ersten Seme- sterhälfte und ebenso in der zweiten Semesterhälfte erreicht werden. 1.1.4 Literaturangaben Es wird dringend empfohlen, die Vorlesung nicht nur anzuhören, sondern anhand eines Buches nach- zuarbeiten. Dafür stehen eine Reihe von geeigneten Standardwerken zur Verfügung. Die vorliegende Li- ste stellt lediglich eine Auswahl dar. 1. E. Hering, R. Martin, M. Stohrer: Physik für In- genieure; VDI Verlag; 2. P. A. Tipler: Physik; Spektrum Akademischer Verlag, 3. Alonso-Finn: Physik; Adison-Wesley 4. J. Orear: Physik; Carl-Hauser Verlag 5. Hans H. Paus: Physik in Experimenten und Bei- spielen; Carl-Hauser Verlag 6. G. Lindström, R. Langkau: Physik kompakt: Mechanik, Fluiddynamik und Wärmelehre, Elektrodynamik, Elektromagnetische Wellen, Quantenphysik; Vieweg Studium, Grundkurs Physik, Vieweg 7. David Halliday, Robert Resnick, Jearl Walker: Fundamentals of Physics; John Wiley & Sons, New York 15

1 Einleitung · Die Gruppen müssen über das Se-mester die gleichen bleiben, und die Lösungen im-mer beim gleichen Assistenten abgegeben werden. Die Übungszettel stehen ab Freitag

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1 Einleitung

1.1 Organisatorisches

Zielpublikum: Studierende B.Sc. mit NebenfachPhysik.

Vorlesungszeiten:Di 0815 - 0945 HG II / HS 3, Mi0815 - 0945 HG II / HS 1

1.1.1 Inhaltsübersicht

1. Einführung

2. Mechanik

3. Thermodynamik

4. Elektrizität und Magnetismus

5. Schwingungen

6. Wellen

7. Optik

8. Quantenmechanik

9. Atom-, Molekül und Festkörperphysik

10. Kern- und Teilchenphysik

1.1.2 Übungen

Die Übungen finden statt am Mo 10-12 oder Di 12-14 Uhr. Die Übungen sind mindestens so wichtig wiedie Vorlesung. Pro Woche soll ein Übungszettel selb-ständig gelöst werden.

Übungszettel dürfen in Gruppen gelöst werden, wo-bei maximal 4 Studierende gemeinsam eine Lösungabgeben dürfen. Die Gruppen müssen über das Se-mester die gleichen bleiben, und die Lösungen im-mer beim gleichen Assistenten abgegeben werden.

Die Übungszettel stehen ab Freitag jeweils im Inter-net auf der Vorlesungsseite zur Verfügung. Sie müs-sen bis Fr 1230 in die Briefkästen 247-249 abgege-

ben werden. Die Rückgabe erfolgt in den Übungs-gruppen am Mo/Di. Dort werden die Aufgaben be-sprochen und Unklarheiten diskutiert.

1.1.3 Klausur

Die Klausur findet am 15.07.19 10:30 - 13:30 statt.Voraussetzung für die Anmeldung ist die erfolgrei-che Teilnahme an den Übungen. Im Laufe des Seme-sters muss jede(r) zweimal vorrechnen und es müs-sen 50 % der möglichen Punkte in der ersten Seme-sterhälfte und ebenso in der zweiten Semesterhälfteerreicht werden.

1.1.4 Literaturangaben

Es wird dringend empfohlen, die Vorlesung nichtnur anzuhören, sondern anhand eines Buches nach-zuarbeiten. Dafür stehen eine Reihe von geeignetenStandardwerken zur Verfügung. Die vorliegende Li-ste stellt lediglich eine Auswahl dar.

1. E. Hering, R. Martin, M. Stohrer: Physik für In-genieure; VDI Verlag;

2. P. A. Tipler: Physik; Spektrum AkademischerVerlag,

3. Alonso-Finn: Physik; Adison-Wesley

4. J. Orear: Physik; Carl-Hauser Verlag

5. Hans H. Paus: Physik in Experimenten und Bei-spielen; Carl-Hauser Verlag

6. G. Lindström, R. Langkau: Physik kompakt:Mechanik, Fluiddynamik und Wärmelehre,Elektrodynamik, Elektromagnetische Wellen,Quantenphysik; Vieweg Studium, GrundkursPhysik, Vieweg

7. David Halliday, Robert Resnick, Jearl Walker:Fundamentals of Physics; John Wiley & Sons,New York

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1 Einleitung

8. Dieter Meschede: Gerthsen Physik; Springer,Berlin.

Außerdem sind manchmal Nachschlagewerke nütz-lich, welche sich nicht als Lehrbuch eignen, aber umwichtige Definitionen oder Daten nachzuschlagen.Ein Beispiel ist

Horst Stöcker: Taschenbuch der Physik / CD ROMDesktop Physik; Verlag Harry Deutsch, Thun undFrankfurt / Main.

1.2 Was ist Physik ?

1.2.1 Physikalische Fragestellungen

Die Physik ist eine Naturwissenschaft; ihr Ziel istes damit, die Natur zu verstehen und zu beschrei-ben. Im Vergleich zu anderen Naturwissenschaftenwie der Chemie oder Biologie ist die Physik nichtnur deutlich quantitativer, sondern auch stärker ma-thematisch ausgerichtet. Auch ist in der Physik diereine Beschreibung der Phänomene eher sekundär.Im Vordergrund steht immer das Ziel, die Phäno-mene durch wenige Grundprinzipien zu erklären. Zuden anderen Naturwissenschaften gibt es einen er-heblichen Überlapp: Es existieren überlappende Ge-biete wie physikalische Chemie, chemische Physik,Biophysik etc. Darüber hinaus gibt es Überlapp mitfast allen Fächern, auch außerhalb der Naturwis-senschaften. Beispiele sind Materialwissenschaften,Medizinphysik, Quanteninformation, aber auch mitder Philosophie.

Die Physik ist wohl die exakteste der Naturwissen-schaften. Es wird großer Wert auf quantitative Aus-sagen gelegt. Dieses Programm ist auch sehr er-folgreich: Man kann heute bestimmte Theorien übermehr als 30 Größenordnungen testen (von atomarenGrößen bis zur Größe des Universums) und einzel-ne Messungen mit einer Präzision von 10�15 (Zeit)bis 10�20 (interferometrische Messung von Längen-änderungen) durchführen.

Abbildung 1.1: Prinzipielles Vorgehen beim wissen-schaftlichen Erkenntnisprozess.

1.2.2 Erkenntnisprozess

Physikalisches Wissen wird nicht linear erworben.Der Erkenntnisprozess basiert, stark vereinfacht aus-gedrückt, auf einem Wechselspiel zwischen Expe-riment und Theorie, resp. Induktion und Dedukti-on (!Abb. 1.1). Experimente erzeugen Daten, wel-che mit Hilfe induktiver Logik zu einem Bild zu-sammengefügt werden, welches eine physikalischeTheorie bildet. Aus der Theorie schließt man mit de-duktiver Logik auf mögliche Experimente und sagtderen Messungen voraus. Eine erfolgreiche Durch-führung des entsprechenden Experimentes und dieÜbereinstimmung zwischen dem Messergebnis undder theoretischen Voraussage wird als Bestätigungfür die entsprechende Theorie verstanden.

Die Nutzung von Experimenten für die Erkenntnis-gewinnung hat sich erst relativ spät etabliert. Diemeisten Griechen setzten auf rein gedankliche Ar-gumente. Zu den berühmtesten Experimenten derPhysikgeschichte gehören die Fallversuche von Ga-lilei, welche er gemäß der Tradition an schiefenTurm von Pisa durchführte. Die Entwicklung derphysikalischen Ideen ist selbst ein interessantes For-schungsthema. Ein empfehlenswertes Buch dazu ist:K. Simonyi, Kulturgeschichte der Physik (VerlagHarri Deutsch, Thun, 1990).

Im Rahmen des Unterrichts (und im Rahmen dermeisten Forschungsprojekte) konzentriert man sich

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1 Einleitung

allerdings auf den unteren Ast: Die physikalischenGesetze (=Theorien) werden als Axiome behandeltund daraus über deduktive Schritte das Verhalten vonunterschiedlichen Systemen abgeleitet. Dies liegt imWesentlichen an der sehr geringen Zahl von physi-kalischen Gesetzen, während die Zahl der beobacht-baren Phänomene praktisch unendlich ist. Dement-sprechend werden selten neue physikalische Geset-ze entdeckt. Dies geschieht nur in Ausnahmefäl-len (z.B. Quantenmechanik und Relativitätstheoriezu Beginn des letzten Jh., vereinheitlichte Theorieder elektroschwachen Wechselwirkung. Das Ziel derForschung ist es auch weniger, neue Gesetze zu ent-decken, sondern bekannte Gesetze zusammenzufüh-ren (“Vereinheitlichung”, “theory of everything”).Daraus ergibt sich, dass der Fortschritt in den Na-turwissenschaften nicht kontinuierlich verläuft, son-dern durch Umbrüche gekennzeichnet ist, bei denensich die gesamte Sichtweise für die Natur ändert.Dieser Prozess ist heute unter dem Stichwort ”Para-digmenwechsel” bekannt; er wurde u.a. von ThomasKuhn analysiert (T.S. Kuhn, ’Die Struktur wissen-schaftlicher Revolutionen’, Suhrkamp, Frankfurt amMain (1986).).

Zu den wichtigsten Grundannahmen der Physik ge-hört, dass physikalische Gesetze überall und zu je-der Zeit gleich sind. Dies ist nicht unbedingt eineSelbstverständlichkeit und stellt historisch geseheneine neue Entwicklung dar: früher war man der An-sicht, dass z.B. für die “himmlischen Sphären” ande-re Gesetze gelten würden als für die “irdische Sphä-re”. Dies ist naheliegend wenn man beobachtet, dassein “himmlischer Körper” wie z.B. der Mond, freischwebend ohne Unterstützung ist, während irdischeKörper wie z.B. ein Apfel ohne Unterstützung her-unterfallen. Es mussten erst physikalische Theorienerstellt werden, welche in der Lage sind, beide Phä-nomene auf einheitliche Prinzipien zurückzuführen.Dass die Gesetze und Naturkonstanten im gesamtenUniversum gültig sind kann z.B. durch spektroskopi-sche Messungen untersucht werden: die Emissions-linien von Wasserstoffgas haben überall im Univer-sum die gleiche Wellenlänge.

Diese Prinzipien erlauben u.a. die Vorhersage vonProzessen, welche in der Zukunft stattfinden könn-ten und / oder an Orten, die nicht oder nur schwer

zugänglich sind. Ein frühes, damals spektakuläresBeispiel war die Herleitung der Planetenbahnen auseinfachen physikalischen Gesetzen, die auch auf derErde überprüft werden können. Das gleiche Prinzipwurde auf die Vorbereitung der Mondlandung an-gewendet: Ein sehr komplexes Unternehmen konntesehr exakt geplant und durchgeführt werden weil diephysikalischen Gesetze, welche die Voraussetzun-gen dafür beschreiben, bekannt waren. Ohne das Ex-periment vorher durchgeführt zu haben war es des-halb möglich, den gesamten Ablauf vorher in einemRechner auf der Erde zu simulieren.

1.2.3 Experimente

Experimente können unterschiedliche Ziele verfol-gen. So kann man z. B. versuchen

• eine physikalische Größe (z.B. Naturkonstante,Materialkonstante) möglichst genau zu bestim-men. Beispiele sind die Lichtgeschwindigkeit,die Gravitationskonstante oder die Temperaturder Sonnenoberfläche.

• die Abhängigkeit einer Größe von anderen Grö-ßen (=Parametern) zu bestimmen. Ein Beispielwäre die Härte von Stahl als Funktion der Tem-peratur.

• eine Hypothese zu testen oder zwischen un-terschiedlichen Modellen für die Beschreibungder Realität zu unterscheiden (“experimentumcrucis”).

ScheibeSchirm

Abbildung 1.2: Poisson’scher Fleck bei der Beu-gung an einer Kreisscheibe.

Ein bekanntes Beispiel dafür war die Messung desPoisson’schen Flecks: Poisson zeigte theoretisch,

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1 Einleitung

dass, falls Licht als Welle beschrieben werden kann,man im Schatten einer Kreisscheibe einen hellenFleck beobachten können sollte (! Abb. 1.2). WennLicht sich hingegen wie ein Teilchenstrom verhältsollte dies nicht der Fall sein. Als der Fleck nach-gewiesen werden konnte, verhalf dies der Wellen-theorie des Lichtes zum Durchbruch. In jedem Fallbesteht die Kunst des Experimentierens vor allemdarin, die gewünschte Abhängigkeit oder Messgrö-ße so zu bestimmen, dass sie möglichst wenig vonnicht kontrollierten oder unbekannten Parametern(z.B. Temperatur, Spannungsschwankungen, Mond-phase etc.) beeinflusst wird.

1.2.4 Messgeräte

Messungen werden mit Hilfe von Messgerätendurchgeführt. Dabei handelt es sich um Geräte,welche eine physikalische Größe in eine leichtermessbare Größe umwandeln. Ein typisches Beispielist ein Quecksilberthermometer, bei dem die Tempe-ratur in eine Längenänderung eines Quecksilberfa-dens umgesetzt wird.

Ein anderes Beispiel für ein Messgerät ist das Elek-trometer: es wandelt eine elektrische Ladung, wel-che für Menschen nicht direkt beobachtbar ist, in ei-ne Auslenkung eines Zeigers um.

Wichtig ist bei allen diesen Geräten, dass sie geeichtsind, dass also der Proportionalitätsfaktor zwischender Eingangsgröße und dem Ausgabewert bekanntist. Der Ausgabewert wird jeweils durch Vergleichmit bekannten (Standard-) Werten bestimmt.

Messgeräte können hintereinander gereiht werden;so kann das Quecksilberthermometer mit Hilfe ei-ner optischen Linse abgebildet und mit einer Kame-ra in ein Bild umgewandelt werden. In den meistenFällen wird heute das Messresultat in eine digitaleForm umgesetzt. Dies bietet nicht nur den Vorteil ei-ner sehr viel höheren Genauigkeit, sondern auch dieMöglichkeit, die Messresultate zu archivieren undweiter zu verarbeiten.

1.2.5 Abschätzungen

Physik ist die quantitativste Naturwissenschaft. Esgibt aber auch einen Aspekt der Physik, der auf denersten Blick dieser Aussage widerspricht: Für diePlanung von Experimenten, aber auch für die Vor-bereitung exakter Rechnungen ist es häufig wichtig,zunächst zu Schätzwerten zu kommen. In vielen Fäl-len gelingt einem dies mit erstaunlich wenig Infor-mation und Aufwand. Das Vorgehen bei einer Ab-schätzung entspricht im Wesentlichen der Planungeines Experiments: man überlegt sich die relevantenAbhängigkeiten und versucht die freien Parametereines geeigneten Modells zu bestimmen.

Abbildung 1.3: Enrico Fermi (1901-1954).

Einer der berühmtesten Physiker, der dies besondersgut beherrschte, war Enrico Fermi (! Abb. 1.3),der einen wesentlichen Teil seines Lebens in Chica-go verbrachte. Ein bekanntes Beispiel, welches aufden ersten Blick wenig mit Physik zu tun hat undvielleicht auch als unlösbar erscheint ist die Frage:Wie viele Klavierstimmer es in Chicago gibt. Fermischätzte zunächst die Einwohnerzahl auf 3 Millio-nen und die Größe einer durchschnittlichen Familieauf vier Personen. Vielleicht jede dritte Familie be-sitzt ein Klavier, so dass es in Chicago rund 250’000Klaviere gab. Weiterhin schätzte er, dass ein Klavierim Schnitt alle 10 Jahre gestimmt wird, d.h. pro Jahr25’000. Wenn ein Klavierstimmer pro Tag vier Kla-viere stimmen kann kommt er bei 250 Arbeitstagenpro Jahr auf 1000 Klaviere. Demnach braucht Chi-

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1 Einleitung

cago mindestens 25 Klavierstimmer. Diese Zahl istsicher nicht korrekt, sie kann aber eine erste Idee ge-ben und die Größenordnung solcher Schätzungen istoft erstaunlich gut.

1.2.6 Bedeutung für den Alltag

Unsere Zivilisation ist in den letzten Jahren zuneh-mend technisiert worden. Wir nehmen unsere Um-welt kaum mehr direkt wahr, sondern mit Hilfetechnischer Hilfsmittel wie z.B. Telefon (Handy),Fernsehen, Computer, wir nutzen technische Fortbe-wegungsmittel wie Eisenbahn, Auto und Flugzeug.Diese Änderungen wurden von Fortschritten der Na-turwissenschaften und der Technik ermöglicht, wel-che im Laufe des 20. Jh. erzielt wurden. Praktischdie gesamte Industrie basiert auf Erkenntnissen derPhysik und anderer Naturwissenschaften. Die Än-derungen haben das Leben erleichtert, gleichzeitigwerden aber auch negative Aspekte wie Umweltver-schmutzung bemerkbar.

Die Physik (und andere Naturwissenschaften) kön-nen uns auch helfen, das Verständnis für die natür-liche wie auch die technische Umwelt zu verbes-sern. Natürliche, direkt beobachtbare Prozesse wieLicht und Schatten, Blitz, Mondphasen, Ebbe undFlut, Bewegung der Planeten etc. stellten lange Zeitdie treibende Kraft für die physikalische Forschungdar. Gezielte Experimente mit technischen Hilfsmit-teln wurden erst in den letzten beiden Jahrhundertensystematisch angewendet. Ein Verständnis für dienatürliche Umwelt ist auch Voraussetzung für ihreErhaltung: so ist ein physikalisches Verständnis fürdie Prozesse, die zur Veränderung des Klimas füh-ren (Treibhauseffekt) eine wichtige Voraussetzung,diese Veränderungen zu korrigieren. Allerdings istdieses Verständnis nur eine Voraussetzung: der po-litische Wille, etwas zu unternehmen, ist genau sowichtig.

Es wird heute viel davon gesprochen, dass wir ei-ne Informationsgesellschaft sind, dass also unse-re Kultur immer mehr von Informationen und we-niger von Stoffen, Materialien und Artefakten be-stimmt wird. Allerdings basiert auch die Speiche-rung und Verarbeitung von Information auf physika-

lischen Prozessen. Die Fortschritte in der Informa-tik wurden durch Fortschritte in der Halbleiterphysik(Prozessoren, Speicher) und Optik (optische Daten-übertragung) ermöglicht und angetrieben. Physikali-sche Gesetzte werden auch Grenzen für weitere Lei-stungssteigerungen setzen. Dass die Physik eine ent-scheidende Grundlage für die Informationsverarbei-tung darstellt, wurde in den letzten Jahren erheblichklarer, als sich zeigte, dass die Quantenphysik einneues Paradigma für Rechner bietet, welche für ge-wisse Aufgaben sehr viel leistungsfähiger sein könn-ten als existierende Rechner. Diese Rechnerarchitek-tur wird deshalb als Quantencomputer bezeichnet.

1.2.7 Bedeutung für Ingenieure

Die Physik stellt eine Grundlage für andere Natur-wissenschaften und damit auch für die Ingenieur-wissenschaften dar. Materialeigenschaften werdenprimär in der Festkörperphysik untersucht, welchesich damit beschäftigt, diese Eigenschaften im Rah-men von mikroskopischen Modellvorstellungen zuverstehen. Wärmelehre und Thermodynamik stell-ten die Voraussetzung für die Entwicklung leistungs-fähiger Motoren und Maschinen dar. Elektrizitätund Magnetismus stellen genau so die Grundlagefür elektrische Maschinen dar. Festkörperphysik undElektrodynamik sind die wichtigsten Grundlagen fürelektronische Schaltungen.

1.3 Physik in Dortmund

1.3.1 Struktur der Fakultät

Kondensierte Materie Teilchenphysik Beschleuniger

-Physik

Medizinisch-Biologische

Physik

Abbildung 1.4: Struktur der Fakultät Physik.

Die Fakultät Physik umfasst insgesamt elf Lehrstuhl-bereiche, das Institut für Beschleunigerphysik undSynchrotronstrahlung DELTA und die gemeinsamenEinrichtungen, zu denen die Werkstätten, Praktikaund die Vorlesungssammlung gehören (! Abb. 1.4).

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1 Einleitung

Die Lehrstuhlbereiche gliedern sich in zwei Schwer-punkte, die Festkörperphysik und die Elementarteil-chenphysik. Ergänzt werden diese durch den Lehr-stuhl für Beschleunigerphysik, welcher für Bau undBetrieb des Elektronenspeicherrings DELTA zustän-dig ist, sowie durch eine Professur für Medizinphy-sik.

1.3.2 Festkörperphysik

Der erste Schwerpunkt der physikalischen For-schung in Dortmund ist die Festkörperphysik. DerSchwerpunkt besteht aus drei experimentellen undzwei theoretischen Arbeitsgruppen.

Grundlagen

mikroskopische Struktur

Anwendungen

Halbleiter, Laser, Supraleiter, ...

Dortmunder Spezialität: Spektroskopie auf allen Skalen (RF bis Röntgen)

Abbildung 1.5: Themen der Festkörperphysik.

Das Ziel festkörperphysikalischer Forschung (!Abb. 1.5) ist ein besseres Verständnis für die Eigen-schaften unterschiedlicher Materialien, wobei manimmer versucht, die makroskopischen Eigenschaftenwie Farbe, Härte, usw. auf mikroskopische Eigen-schaften wie z.B. atomare und elektronische Struk-tur zurückzuführen. Aus dieser Art von Forschungergaben sich unterschiedlichste technische Anwen-dungen wie z.B. Halbleiter, Laser, Supraleiter etc. InDortmund liegt die Stärke vor allem bei unterschied-lichen spektroskopischen Methoden, wobei der Fre-quenzbereich von Radiofrequenzen (d.h. 103 Hz) bisin den Röntgenbereich (1017 Hz) reicht.

Die Festkörperphysik (resp. Physik der kondensier-ten Materie) ist auch international das aktivste Ar-beitsgebiet der Physik. Dies sieht man z.B. wennman die Zahl der publizierten Forschungsarbeitenverfolgt, wie in Abb. 1.6 gezeigt. Die dunkelblau-en Punkte stellen die Anzahl der Manuskripte dar,welche pro Jahr in Physical Review, der wichtigsten

Abbildung 1.6: Zunahme der Zahl wissenschaftli-cher Artikel mit der Zeit.

Fachzeitschrift der Physik publiziert wurden. Manbeobachtet ein starkes Ansteigen und insgesamt ei-ne Zahl, die weit höher liegt als die jedes anderenBereiches.

Abbildung 1.7: ”Weiche Materie”: Zusammentref-fen von mikroskopischen und ma-kroskopischen Längenskalen.

Während sich die Festkörperphysik früher primärmit idealen Kristallen beschäftigt hat werden heu-te vermehrt auch Systeme untersucht, welche kei-ne langreichweitige Periodizität aufweisen. Dazu ge-hören z.B. sogenannte weiche Materialien (! Abb.1.7) wie z.B. Biomembranen oder Polymere. Nebendem Volumen der untersuchten Materialien interes-siert man sich immer mehr auch für deren Oberflä-chen. Magnetische Materialien, wie sie für Daten-speicher verwendet werden, spielen eine wichtigeRolle, oder Gläser und andere amorphe Materialien.

Ein aktuelles Forschungsgebiet der Physik ist dasThema ”Quantencomputer”. Hier trifft die Physik

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1 Einleitung

Abbildung 1.8: Aktuelle Themen der Festkörper-physik.

auf die Informatik und die Mathematik. Währenddie Theoretiker sich dafür interessieren wie man dieQuantenmechanik nutzen kann um effizientere Com-puter zu bauen versuchen die Experimentatoren Ma-terialien zu optimieren um diese Konzepte verwirk-lichen zu können.

1.3.3 Teilchenphysik

Abbildung 1.9: Teilchenphysik.

Während sich die Festkörperphysik mit den Eigen-schaften und dem Aufbau makroskopischer Objek-te beschäftigt interessiert sich die Teilchenphysik fürden Aufbau der Materie an sich, d.h. sie untersuchtdie Grundbauteile der Atome, die Quarks und Lep-tonen. Dafür werden sehr große experimentelle An-lagen benötigt, so dass diese Experimente nicht inDortmund durchgeführt werden, sondern an großen

internationalen Forschungsanlagen wie z.B. CERNund DESY (! Abb. 1.9).

1.3.4 Beschleunigerphysik / DELTA

Abbildung 1.10: Synchrotronstrahlung bei DELTA.

Der Lehrstuhl Beschleunigerphysik und das In-stitut für Beschleunigerphysik und Synchrotron-strahlung IBS betreiben einen kleinen Elektronen-Speicherring namens DELTA (! Abb. 1.10). Mitelektromagnetischen Feldern werden Elektronen aufelliptischen oder kreisförmigen Bahnen auf hoheGeschwindigkeiten in der Nähe der Lichtgeschwin-digkeit gebracht. Solche Anlagen wurden zunächstentwickelt, um Elementarteilchen mit hoher Auflö-sung zu untersuchen. Ein störender Nebeneffekt war,dass die Energie, welche für die Beschleunigungder Teilchen benötigt wird, in Form von Strahlungwieder abgegeben wird. Dieser störende Effekt wur-de später aber als sehr nützlich erkannt: Man bautheute große Speicherringe gerade zum Zweck, dieseStrahlung zu nutzen. Zu den wichtigsten Anwendun-gen gehören Strukturuntersuchungen in der Chemie,Werkstoffkunde und der Biologie.

1.3.5 Medizinphysik

Die Medizinphysik benutzt physikalische Grundla-gen, um die Funktionsweise des menschlichen Kör-pers besser zu verstehen, sowie um neue Methodenfür Diagnose und Therapie zu entwickeln. Entspre-chende Untersuchungen laufen an mehreren Lehr-

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1 Einleitung

stühlen und die Arbeitsgruppe von Prof. Schneiderbefasst sich schwerpunktmäßig mit diesen Themen.

1.4 Physikalische Größen,Maßeinheiten

1.4.1 Grundlagen und Definitionen

Physik ist eine explizit quantitative Wissenschaft,d.h. man versucht möglichst viele Phänomene quan-titativ zu erfassen. Eine Voraussetzung um Messun-gen durchführen und Resultate vergleichen zu kön-nen ist ein Einheitensystem. Dieses besteht aus einerReihe von Maßeinheiten. Darunter versteht man einebestimmte Quantität einer bestimmten Größe, wel-che zu Vergleichszwecken herangezogen wird. Ei-ne Messung beinhaltet den Vergleich der zu messen-den Größe mit der Referenzgröße, der Einheit. Dabeimuss der Vergleich nicht immer direkt erfolgen. Sowird der Durchmesser eines Atoms oder einer Ga-laxis nicht direkt mit dem Urmeter erfolgen. JedesMessresultat, d.h. jede quantitative Angabe, bestehtdeshalb aus einer Maßzahl und einer Einheit, z.B.1,8 m.

Es existieren sehr viele Größen, die nicht direkt mit-einander verglichen werden können, wie z.B. Di-stanz und Geschwindigkeit. Trotzdem benötigt mannicht für jede Größe eine eigene Maßeinheit, son-dern man stellt z.B. die Geschwindigkeit als Verhält-nis von Weg zu Zeit dar. Bei der Wahl der Größen,die man als unabhängig betrachtet, besitzt man einegewisse Freiheit. In der Physik hat man sich daraufgeeinigt, als Einheitensystem das SI-System zu ver-wenden.

1.4.2 Grundgrößen im SI-System

Im SI-System verwendet man sieben Grundgrößen:

Größe Einheit AbkürzungLänge Meter mMasse Kilogramm kgZeit Sekunde s

ElektrischeStromstärke

Ampère A

Temperatur Kelvin KSubstanzmenge Mol mol

Lichtstärke Candela cd

Zu jeder dieser Größen gehört auch eine Definitionder entsprechenden Einheit (siehe Tabelle 1.4.2).

Ursprünglich waren die meisten dieser Grundgrößendurch Artefakte wie den Urmeter definiert. Dies hat-te den Vorteil, dass sie eindeutig und relativ leicht zudefinieren waren. Der Nachteil dieser Methode war,dass man damit an einen bestimmten Ort gebundenwar und an einem andern Ort nur schwer Zuganghatte. Außerdem stieß man mit der Zeit an Grenzender Genauigkeit. Der Meter z.B. wurde ursprüng-lich definiert als zehnmillionstel mal einen Quadran-ten des Erdumfangs definiert, d.h. als 10�7 mal denAbstand vom Pol zum Äquator. Es wurde dann mitgroßem Aufwand dieser Abstand gemessen (resp.ein Teil davon, von Barcelona nach Dünkirchen) undnach diesen Maßen ein ”Urmeter” hergestellt, wel-cher in Paris aufbewahrt wird. Genauere Messungenzeigten, dass dieser um einen Faktor 1.8·10�4 kürzerwar als er gemäß Definition hätte sein sollen. Maneinigte sich dann aber, beim Urmeter zu bleiben.

Als die Messgenauigkeit weiter zunahm war die De-finition über ein Artefakt unbefriedigend, da (i) dieAblesegenauigkeit beschränkt ist und (ii) eine Defi-nition vorzuziehen ist, die an jedem beliebigen Ortreproduziert werden kann. Man einigte sich danndarauf, den Meter zu definieren als 1650736,73 Wel-lenlängen des Lichtes, welches das Isotop 86Kr beimÜbergang 2p10 ! 5d5 emittiert.

Da Längenmessungen mit größeren Unsicherheitenbehaftet sind als Frequenzmessungen erreichte maneine weitere Steigerung der Genauigkeit in der Defi-nition des Meters als man sich einigte, die Lichtge-schwindigkeit als feste Größe zu definieren, so dassein Meter jetzt definiert ist als die Distanz, welchedas Licht im Vakuum in einer Zeit 1/299792458 Se-kunden durchläuft. Damit ist die Präzision nur noch

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1 Einleitung

Basisgröße Basiseinheit Symbol Definition relativeUnsicherheit

Zeit Sekunde s 1 Sekunde ist das 9 192 631 770 fache derPeriodendauer der dem Übergang zwischen

den beiden Hyperfeinstrukturniveaus desGrundzustands von Atomen des Nuklids

133Cs entsprechenden Strahlung.

10�14

Länge Meter m 1 Meter ist die Länge der Strecke, die Lichtim Vakuum während der Dauer von 1/299

792 458 Sekunden durchläuft.

10�14

Masse Kilogramm kg 1 Kilogramm ist die Masse desinternationalen Kilogrammprototyps.

10�9

ElektrischeStromstärke

Ampere A 1 Ampere ist die Stärke eines zeitlichunveränderlichen Stroms, der, durch zwei im

Vakuum parallel im Abstand von 1 Metervoneinander angeordnete, geradlinige,

unendlich lange Leiter von vernachlässigbarkleinem kreisförmigem Querschnitt fließend,

zwischen diesen Leitern je 1 MeterLeiterlänge die Kraft 2·10�7 Newton

hervorruft.

10�6

Temperatur Kelvin K 1 Kelvin ist der 273,16 te Teil derthermodynamischen Temperatur des

Tripelpunkts des Wassers.

10�6

Substanz-menge

Mol mol 1 Mol ist die Stoffmenge eines Systems, dasaus ebensoviel Einzelteilchen besteht, wie

Atome in 12/1000 Kilogramm desKohlenstoffnuklids 12C enthalten sind.

10�6

Lichtstärke Candela cd 1 Candela ist die Lichtstärke in einerbestimmten Richtung einer Strahlungsquelle,

die monochromatische Strahlung derFrequenz 540 THz aussendet und deren

Strahlstärke in dieser Richtung 1/683 W/srbeträgt.

10�3

Tabelle 1.1: Definition und relative Unsicherheit der Basisgrößen.

durch die Genauigkeit der Zeit/Frequenzmessungbeschränkt, welche zur Zeit bei ~10�14 liegt.

Ähnlich hat man in den letzten Jahren andere Grö-ßen auf Phänomene zurückgeführt, welche mit ho-her Präzision reproduziert werden können. Grund-sätzlich besteht eine große Freiheit, welches phy-sikalische Experiment man für die Definition einerGrundgröße wählt. Entscheidend ist dabei, dass der

relevante Effekt möglichst genau und reproduzier-bar gemessen werden kann. Deshalb wählt man z.B.für die Definition der Temperatur nicht den Gefrier-punkt von Wasser (der hängt vom Druck ab, ist alsoeine Gefrierlinie), sondern den Tripelpunkt. Die ein-zige Größe, die noch mit Hilfe eines Artefakts de-finiert ist, ist die Masse. Dies wird sich allerdingsvoraussichtlich am 20. Mai 2019 ändern, wenn eineneue Definition der Maßeinheiten Kilogramm, Am-

23

1 Einleitung

pere, Kelvin und Mol in Kraft treten soll.

1.4.3 Zehnerpotenzen: Vorsilben undAbkürzungen

Meist sind die zu messenden Größen von einer ande-ren Größenordnung als die Grundgrößen. Um leichthandhabbare Zahlen zu erhalten verwendet man des-halb nicht die Einheiten kg, m und s, sondern Ein-heiten, die sich dadurch um Zehnerpotenzen unter-scheiden. Für diese Einheiten verwendet man Vorsil-ben, welche von lateinischen und griechischen Aus-drücken abgeleitet sind.

Faktor Name Symbol1024 yotta Y1021 zetta Z1018 exa E1015 peta P1012 tera T109 giga G106 mega M103 kilo k102 hecto h101 deka da

10�1 deci d10�2 centi c10�3 milli m10�6 micro µ10�9 nano n10�12 pico p10�15 femto f10�18 atto a10�21 zepto z10�24 yocto y

Tabelle 1.2: Abkürzungen für Zehnerpotenzen.

Weitere Einheiten, welche nicht in dieses System fal-len, sind z.B. 1Å = 10�10 m, 1 min = 60s, Stunde,Jahr, Tonne (1 t = 1000 kg = 1 Mg), etc.

1.4.4 Abgeleitete Größen

Neben den Grundgrößen werden viele weitere Grö-ßen verwendet, welche aus den Grundgrößen abge-

leitet werden können. Ein einfaches Beispiel ist dieFläche A, welche durch das Quadrat einer Länge `definiert wird:

A = `2

oder die Geschwindigkeit als Verhältnis aus Weg undZeit:

v =`

t.

Abbildung 1.11: Abgeleitete Größen und ihre Ein-heiten.

Die Einheiten dieser Größen sind deshalb auch alsVielfache der Grundeinheiten bestimmt. Für vieleder Einheiten der abgeleiteten Größen hat man je-doch eigene Namen eingeführt, wie z.B. das Cou-lomb C als Einheit der Ladung als Produkt ausAmpère A und Sekunde s: 1 C = 1 A s. Abb. 1.11zeigt eine Übersicht.

Welche Größen man als Grundgrößen verwendetund welche als abgeleitete Größen ist grundsätz-lich freigestellt. So sieht man häufig die elektrischeLadung, nicht den Strom als Grundgröße an. DerGrund, dass man im SI-System den Strom gewählthat ist, dass eine entsprechende Eichgröße leich-ter reproduzierbar definiert und hergestellt werdenkonnte.

Grundsätzlich könnte man diese Größen auch un-abhängig definieren. Die Ableitung aus den Grund-größen erlaubt jedoch eine dramatische Reduzierung

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1 Einleitung

der notwendigen Standards und erlaubt erst konsi-stente Messungen: Im anderen Fall wäre nicht ga-rantiert, dass eine Fläche, welche durch ein Quadratmit 1 m Seitenlänge gebildet wird, gerade der Gr-undeinheit der Fläche entspricht.

1.4.5 Naturkonstanten

Physikalische Gesetze enthalten eine Reihe von Grö-ßen, welche nicht abgeleitet werden können, son-dern als primäre Parameter eingehen. Diese kön-nen über Messungen bestimmt werden. Zu den be-kanntesten dieser Naturkonstanten gehört die Licht-geschwindigkeit, welche ursprünglich definiert warals die Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagne-tischer Wellen im Vakuum. Sie konnte somit z.B.über eine Messung von Frequenz und Wellen-länge eines Lichtfeldes bestimmt werden. Heu-te ist die Lichtgeschwindigkeit definiert als c =2,99792458·108 m/s, d.h. Länge und Zeit sind festverknüpft über diese definierte Konstante.

From: http://physics.nist.gov/constants

Fundamental Physical Constants — Universal constantsRelative std.

Quantity Symbol Value Unit uncert. ur

speed of light in vacuum c, c0 299 792 458 m s�1 (exact)magnetic constant µ0 4�� 10�7 N A�2

= 12.566 370 614...� 10�7 N A�2 (exact)electric constant 1/µ0c2 �0 8.854 187 817...� 10�12 F m�1 (exact)characteristic impedanceof vacuum

�µ0/�0 = µ0c Z0 376.730 313 461... � (exact)

Newtonian constantof gravitation G 6.674 28(67)� 10�11 m3 kg�1 s�2 1.0� 10�4

G/h̄c 6.708 81(67)� 10�39 (GeV/c2)�2 1.0� 10�4

Planck constant h 6.626 068 96(33)� 10�34 J s 5.0� 10�8

in eV s 4.135 667 33(10)� 10�15 eV s 2.5� 10�8

h/2� h̄ 1.054 571 628(53)� 10�34 J s 5.0� 10�8

in eV s 6.582 118 99(16)� 10�16 eV s 2.5� 10�8

h̄c in MeV fm 197.326 9631(49) MeV fm 2.5� 10�8

Planck mass (h̄c/G)1/2 mP 2.176 44(11)� 10�8 kg 5.0� 10�5

energy equivalent in GeV mPc2 1.220 892(61)� 1019 GeV 5.0� 10�5

Planck temperature (h̄c5/G)1/2/k TP 1.416 785(71)� 1032 K 5.0� 10�5

Planck length h̄/mPc = (h̄G/c3)1/2 lP 1.616 252(81)� 10�35 m 5.0� 10�5

Planck time lP/c = (h̄G/c5)1/2 tP 5.391 24(27)� 10�44 s 5.0� 10�5

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Abbildung 1.12: Naturkonstanten.

Die meisten anderen Konstanten (! Abb. 1.12)müssen nach wie vor über Messungen bestimmtwerden und sind damit mit Unsicherheiten ver-bunden. Die Unsicherheit nimmt mit der Zeitaufgrund der zunehmenden Messgenauigkeit ab,so dass im Abstand von mehreren Jahren jeweilsgenauere Werte dieser Naturkonstanten publi-ziert werden. Die jeweils allgemein akzeptiertenWerte werden von der CODATA Kommissionpubliziert und können auf dem Internet unter

https://physics.nist.gov/cuu/Constants/index.htmlabgerufen werden.

1.5 Messfehler

Jede Messung ist mit Fehlern behaftet. Das Ziel jederMessung ist es, diese Fehler möglichst klein zu hal-ten. Es gibt jedoch Grenzen für die Präzision jederMessung - einerseits fundamentale Grenzen, ande-rerseits instrumentell bedingte Grenzen. Es ist des-halb wichtig, damit umgehen zu können. Hier wer-den lediglich die Grundlagen diskutiert.

Man unterscheidet zwei Arten von Fehlern : syste-matische und statistische Fehler.

1.5.1 Systematische Fehler

Dies sind Fehler, die bei einer Wiederholung dergleichen Messung identisch auftreten. Dazu gehörenu.a. falsche Kalibrierung von Messgeräten. Als ein-faches Beispiel sei eine Gewichtsmessung mit einerWaage genannt: Handelt es sich um eine Federwaa-ge kann die Feder seit der letzten Eichung gealtertsein. Handelt es sich um eine Waage mit einem Ge-gengewicht so spielt der Luftdruck eine Rolle. Ist dieWaage falsch aufgestellt wird sie ebenfalls systema-tisch falsch anzeigen. Temperaturschwankungen ha-ben meist einen Einfluss auf das Messresultat.

Systematische Fehler können deshalb nur durchKontrolle des Messaufbaus und unabhängige Rea-lisierungen der gleichen Messung verringert wer-den. Im obigen Beispiel kann man eine Abschätzungdes systematischen Fehlers erhalten, indem man dengleichen Gegenstand mit unterschiedlichen Waagenmisst. Man systematisiert dies u.a. durch sogenannteRingversuche, bei denen die gleiche Probe in ver-schiedenen Labors untersucht wird.

1.5.2 Statistische Fehler

Als statistische Fehler bezeichnet man solche, diebei Wiederholungen der gleichen Messung unter-schiedlich auftreten. Dazu gehören z.B. thermische

25

1 Einleitung

Schwankungen des Messgerätes. Zwei aufeinander-folgende Messungen werden i.a. nicht exakt überein-stimmen. Das Resultat einer Messung ist deshalb nieder ‘wahre Wert’, sondern das Ziel ist es, die best-möglichen Schätzwerte für den Erwartungswert (~den ‘wahren’ Wert) und dessen Fehler zu erhalten.

Wiederholt man eine bestimmte Messung mehrfach,so wird man eine Reihe von Resultaten erhalten,welche wir schreiben als xi = µ + dxi. Hier stellt µden Erwartungswert für die Messgröße dar und dxiden statistischen Fehler der Einzelmessung.

Abbildung 1.13: Verteilung der Messwerte für eineLängenmessung.

Dieses Verhalten sollte anhand eines Versuches inder Vorlesung verifiziert werden. Dafür wurden dieStudierenden gebeten, die Länge eines A4 Blattesmit einer Präzision von 0,1 mm zu messen. Diein Abb. 1.13 gezeigte Auswertung ergab, dass dieHälfte von 54 Studierenden ein Resultate von 29,60mm gefunden hatten. Hier handelt es sich offenbarum einen systematischen Fehler; vermutlich wurdedieser “einfache” Wert benachbarten, ebenso wahr-scheinlichen Werten vorgezogen. Der theoretischeWert beträgt 29,73 cm; ein wirkliches Papier zeigtjedoch immer Abweichungen von diesem Wert.

Um solche systematischen Fehler aufgrund mensch-licher Präferenzen zu vermeiden, werden Messun-gen meist elektronisch durchgeführt. Abb. 1.14 zeigtein Beispiel, bei dem eine nominell konstante Span-nung wiederholt gemessen wurde. Man sieht deut-lich eine Verteilung um den Mittelwert von ca. 2,08mV. Da wir davon ausgehen, dass es sich um rein zu-fällige Fehler handelt, verschwindet der Mittelwert

Zeit [µs]

Spa

nnun

g [m

V]

Abbildung 1.14: Ergebnis der wiederholten Mes-sung einer nominell konstantenSpannung.

der Fehler über eine große Zahl von Messungen:

limN!•

"1N

N

Âi=1

dxi

#= 0 .

Somit erhalten wir aus dem Mittelwert der einzel-nen Messresultate die beste Schätzung für den Er-wartungswert µ:

limN!•

"1N

N

Âi=1

xi

#= µ .

Da man in Wirklichkeit immer mit einer endli-chen Zahl von Messwerten arbeitet ist der Mittel-wert nicht identisch mit dem Erwartungswert, d.h.auch der Mittelwert ist mit einem Fehler behaftet.Man kann aber für den Fehler des Mittelwertes ei-ne Schätzung erhalten, genau wie für den Mittel-wert selber. Dazu verwendet man die Standardab-weichung

s =

sÂN

i=1(xi � µ)2

N �1,

welche im wesentlichen dem quadratischen Mittelder einzelnen Abweichungen entspricht. Die Stan-dardabweichung ist somit ein Maß für die Unsicher-heit der einzelnen Messwerte. Der Mittelwert ist ent-sprechend genauer definiert. Seine Standardabwei-chung (vom Erwartungswert) beträgt s/

pN. Somit

kann der statistische Fehler einer Messung reduziertwerden, indem man sie mehrfach wiederholt. Eine

26

1 Einleitung

korrekte Angabe eines Messresultats umfasst immerauch eine Fehlerabschätzung, im optimalen Fall ge-trennt nach systematischem und statistischem Feh-ler. Typische Angaben sind deshalb

G = hGi±s

oder

G = hGi±ssyst ±sstat .

1.5.3 Verteilungsfunktion

Um die Verteilung der Messwerte genauer zu be-schreiben betrachtet man die Wahrscheinlichkeits-verteilung, d.h. die Wahrscheinlichkeit, einen be-stimmten Messwert zu finden.

Für geringe Zahlen von Messdaten trägt man sie oftin einem Histogramm auf, welches für Bereiche kon-stanter Breite die Anzahl der zugehörigen Messre-sultate enthält. Ein Beispiel dafür findet sich in Abb.1.13. Man findet typischerweise eine Verteilung, dieim Zentrum einen Maximalwert erreicht und mit zu-nehmender Entfernung davon abnimmt. Wie dieseVerteilung im einzelnen aussieht hängt von der Artdes Fehlers ab und von der Anzahl der Messungen.

Viele Zufallsprozesse ergeben eine Poisson-Verteilung. Ein typisches Beispiel ist der radioaktiveZerfall: Instabile Atomkerne zerfallen in kleinereBruchstücke, wobei man nicht voraussagen kannwann ein bestimmter Kern zerfällt. Man kann le-diglich die mittlere Lebenszeit eines Kerns angebenoder die Wahrscheinlichkeit, dass er im folgendenZeitinterval zerfällt. Diese Wahrscheinlichkeit hängtnicht von der Zeit ab (sofern er noch nicht zerfallenist).

Misst man für eine große Zahl von Kernen (welcheals konstant angenommen wird) die Anzahl Zerfällepro Zeiteinheit, so findet man eine Verteilung, diedurch eine Poissonverteilung beschrieben wird:

P(x) =l x

x!e�l .

Abb. 1.15 zeigt die entsprechende Funktion. Sie wirdoffenbar durch den einzigen Parameter l bestimmt,

Breite:

Abbildung 1.15: Poisson-Verteilung.

welcher den Mittelwert beschreibt. Die halbe Breitebeträgt 1.18

pl .

Betrachtet man eine Probe mit 108 radioaktiven Ker-nen mit einer mittleren Lebensdauer von einem Jahr(= 3.2 ·107s), so wird man bei einer Messzeit von 1 sim Durchschnitt 3.17 Zerfälle zählen; die Verteilungder Einzelmessungen wird durch eine Poissonvertei-lung mit l=3.17 beschrieben. Verwendet man eineMesszeit von 10 s, so ist der Parameter l = 31.7.In diesem Fall kann die Poissonverteilung gut durcheine Gaußverteilung angenähert werden:

P(x) ⇡ e� (x�µ)2

b2 .

Obwohl die Verteilung der Messwerte grundsätzlichsehr unterschiedlichen Verteilungsfunktionen auf-weisen kann, findet man in der Praxis häufig eineFunktion, die sich gut als Gaußfunktion annähernlässt. Dies liegt einerseits daran, dass viele stocha-stische Prozesse eine Poisson / Gauß-Statistik auf-weisen; andererseits lässt sich zeigen, dass die Kom-bination von Zufallsprozessen mit unterschiedlicher,aber unabhängiger Statistik näher bei einer Gaußver-teilung liegt als die Einzelprozesse.

Eine entsprechende Auswertung der obigen Mes-sung ergibt das in Abb. 1.16 gezeigte Bild. Es wur-den für 50 Punkte die Anzahl der Messresultate ge-zeigt, welche in der Nähe dieses Wertes liegen. Manfindet einen Mittelwert von ca. 2,08 mV und eineBreite (halbe Breite auf halber Höhe) von ca. 30µV. Je besser die Statistik, desto genauer kann man

27

1 Einleitung

2.0 2.1 Spannung V [mV]

der gemessenen Spannungen

P(V)

Abbildung 1.16: Verteilung der Messwerte.

das Zentrum der Verteilung bestimmen (d.h. den Er-wartungswert). Unabhängig von der Art der Statistikgilt, dass statistische Fehler durch Wiederholung derMessung reduziert werden können. Für einen Gauß-Prozess verschwindet die Unsicherheit für den Mit-telwert mit der Wurzel aus der Anzahl Wiederholun-gen.

1.5.4 Fehlerfortpflanzung

Häufig misst man nicht direkt die Größe für dieman sich interessiert, sondern eine Größe aus derdie interessierende Größe abgeleitet werden kann.Als Beispiel sei der Stand einer Quecksilbersäule ge-nannt, der als Maß für den Druck verwendet wird. Indiesem Fall ist der Fehler der interessierenden Mess-größe (d.h. des Druckes) eine Funktion des Fehlersder direkten Messgröße (der Länge der Quecksilber-säule). Da man beim Bestimmen der Länge einenFehler macht, wirkt sich dies auch auf den erhalte-nen Wert für den Druck aus. Dies berücksichtigt manmit Hilfe der Fehlerfortpflanzung.

Als ein weiteres Beispiel betrachten wir die Bestim-mung des Volumens V eines zylindrischen Stabes:Wir können dieses messen, indem wir den Durch-messer d und die Länge L bestimmen und daraus dasVolumen eines Zylinders berechnen:

V = pd2L/4 .

Offensichtlich wird bei jedem Stab der Durchmes-ser über die Länge nicht exakt konstant sein, so dass

die Ablesegenauigkeit wie auch diese Schwankun-gen zur Streuung beitragen. Um zu ermitteln, wie ge-nau der berechnete Wert für das Volumen ist, müssenwir die Fehlerfortpflanzung bestimmen.

Da der Durchmesser quadratisch zum Volumen bei-trägt, würde man erwarten, dass ein Fehler bei derMessung des Durchmessers stärker beiträgt als einFehler bei der Länge. Wir betrachten zunächst ei-ne einzelne Messung, welche für Durchmesser, resp.Länge einen relativen Fehler d enthält. Anstelle des“wahren” Volumens erhält man dann

Vdd = pd2(1+d )2 L4

= pd2(1+2dd +d 2)L4

⇡ pd2(1+2d )L4

= V (1+2d ) ,

wobei die Näherung für den Fall kleiner Fehler gilt.Für einen Fehler bei der Längenmessung erhält mananalog

Vd l = pd2L(1+d )/4 = V (1+d ) ,

also eine schwächere Abhängigkeit (um einen Faktor2).

Da verschiedene Variablen in die Messung eingehentragen alle zum Fehler bei. Im Allgemeinen addierensich die Fehler nicht direkt, da sie mit gleicher Wahr-scheinlichkeit in beide Richtungen fallen können.

Abbildung 1.17: Addition von zufälligen Vektoren.

Man kann dies mit einem Diffusionsprozess verglei-chen, wo bei jedem Schritt eine Richtung zufällig ge-wählt wird, wie in Abb. 1.17 schematisch dargestellt.Über lange Zeiten wächst die mittlere Verschiebungproportional zur Wurzel aus der Zeit, d.h. die Qua-drate der einzelnen Schritte addieren sich. Ähnlichsieht es bei der Fehlerfortpflanzung aus: die Streu-ung eines Wertes f (a,b,c), welcher von direkten

28

1 Einleitung

Messgrößen a,b,c ... abhängt, kann berechnet wer-den als

s f =

s✓∂ f∂a

◆2

sa2 +

✓∂ f∂b

◆2

sb2 + ... ,

wobei sa die Streuung der Größe a darstellt. Für po-lynomiale Abhängigkeiten f = anbm gilt somit

s f

f=

rn2

⇣sa

a

⌘2+ m2

⇣sb

b

⌘2+ ... .

Diese Abhängigkeit ist offensichtlich relativschwach; so ist der Gesamtfehler bei 9 gleichverteilten Variablen nur 3 anstelle von 9.

1.5.5 Differenzmessungen

Misst man eine Größe, welche klein ist im Vergleichmit einer anderen Größe, welche das Messergeb-nis ebenfalls beeinflusst, so wirken sich Fehler undSchwankungen in diesem “Hintergrundsignal” aufdie eigentliche Messung aus. Es ist deshalb vorteil-haft, Messungen möglichst hintergrundfrei durchzu-führen. Ein Weg dazu sind Differenzmessungen, beidenen ein Parameter so geändert wird, dass die Dif-ferenz der beiden Messungen nur noch vom zu be-stimmenden Parameter abhängt.

Beispiele: Vierpunktmessung, Lock-In Experimen-te.

1.5.6 Fitten

Es ist nicht immer möglich, die interessierende Grö-ße als Funktion der Messgröße analytisch zu bestim-men. Oft ist jedoch der umgekehrte Weg möglich:Die Theorie kann die Messgrößen als Funktion ei-niger Parameter voraussagen, wobei die Parameterunbekannt sein können. Man führt in diesen Fälleneine Variationsrechnung durch, in der man mit einerSchätzung für die Parameter beginnt und daraus dieMesswerte berechnet. Anschließend variiert man dieWerte für die Parameter, bis die Differenz zwischenden vorausgesagten und den gemessenen Werten mi-nimal wird. Die beste Schätzung für die zu bestim-menden Parameter erhält man, wenn die Summe der

Fehlerquadrate minimal wird:

c2 = Âi(xie � xit)

2 .

Hier steht xie für die experimentellen Werte, xit fürdie theoretischen Werte. Dieses Vorgehen wird imLaborjargon als ”fitting” (engl.: anpassen) bezeich-net.

2.0 2.1 Spannung / mV2,08 mV

30 µV

P(V)

Breite ~Unsicherheit

Mitt

elw

ert

~Erw

artu

ngsw

ert

y = e� (x � �)2b2

Abbildung 1.18: Anpassung der Messwertverteilungmit einer Gaußkurve.

Als ein Beispiel können wir die vorher gemessenenDaten durch eine Gauß-Kurve

y = e� (x�µ)2

b2

anpassen. Das Resultat in Abb. 1.18 zeigt eine guteÜbereinstimmung. Um solche Anpassungen durch-führen zu können, muss die Zahl der gemessen Da-ten größer sein als die Zahl der zu bestimmenden Pa-rameter.

Abbildung 1.19: Resonanzlinien.

29

1 Einleitung

Es wird z.B. verwendet um Positionen, Amplitudenund Linienbreiten von Absorptionslinien in Spek-tren zu bestimmen. Die schwarze Kurve in Abb. 1.19zeigt ein Spektrum, welches durch die Überlagerungvon zwei Absorptionslinien zustande kommt. Mankann das Spektrum berechnen indem man die theo-retische Funktion

a =a1

(l �l1)2 +d 21

+a2

(l �l2)2 +d 22

für verschiedene Parametersätze a1,2 (Amplitude),l1,2 (Position) und d1,2 (Breite) berechnet und dieParameter anpasst bis die optimale Übereinstim-mung erreicht ist.

1.6 Differentialoperatoren

Der Nabla-Operator ~— ist definiert als

~— =

0

@∂/∂x∂/∂y∂/∂ z

1

A .

Er wird verwendet für die wichtigsten Operatorender Vektor-Analysis:Gradient, Divergenz und Rota-tion.

Abbildung 1.20: Zwei Beispiele für Gradienten vonskalaren Feldern. Die Pfeile be-zeichnen die Gradienten, der graueHintergrund das skalare Feld.

Der Gradient bezeichnet die Richtung und den Be-trag des steilsten Anstiegs eines skalaren Feldes F:

~gradF = ~—F =

0

@∂F/∂x∂F/∂y∂F/∂ z

1

A .

Die Divergenz bezeichnet die Dichte an Quellenoder Senken eines Vektorfeldes~v:

div~v = ~— ·~v =∂vx

∂x+

∂vy

∂y+

∂vz

∂ z.

Die Rotation eines Vektorfeldes ist selber ein Vek-torfeld:

~rot~v = ~—⇥~v =

0

B@

∂vz∂y � ∂vy

∂ z∂vx∂ z � ∂vz

∂x∂vy∂x � ∂vx

∂y

1

CA .

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