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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Änderung: 21.03.2010 100. § 19 VOB/A - Zuschlags- und Bindefrist Zuschlags- und Bindefrist 1. Die Zuschlagsfrist beginnt mit dem Eröffnungstermin. 2. Die Zuschlagsfrist soll so kurz wie möglich und nicht länger bemessen werden, als der Auftraggeber für eine zügige Prüfung und Wertung der Angebote (§§ 23 bis 25) benötigt. Sie soll nicht mehr als 30 Kalendertage betragen; eine längere Zuschlagsfrist soll nur in begründeten Fällen festgelegt werden. Das Ende der Zuschlagsfrist ist durch Angabe des Kalendertages zu bezeichnen. 3. Es ist vorzusehen, dass der Bieter bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden ist (Bindefrist). 4. Die Nummern 1 bis 3 gelten bei Freihändiger Vergabe entsprechend. 100.1 Vergleichbare Regelungen Der Vorschrift des § 19 VOB/A vergleichbar ist im Bereich der VOL § 19 VOL/A. Die Kommentierung zu dieser Vorschrift kann daher ergänzend zu der Kommentierung des § 19 herangezogen werden. 100.2 Änderungen in der VOB/A 2006 § 19 wurde im Rahmen der VOB/A 2006 nicht geändert. 100.3 Bieterschützende Vorschrift Dass eine einheitliche Zuschlagsfrist anzugeben und dabei möglichst kurz zu bemessen ist, ist ein Gebot mit bieterschützendem Charakter (2. VK Bund, B. v. 16.7.2002 - Az.: VK 2 - 50/02). 100.4 Zuschlagsfrist 100.4.1 Begriff Unter Zuschlagsfrist versteht man den Zeitraum, den der Auftraggeber darauf verwendet, festzustellen, welches der eingereichten Angebote für ihn das Geeignetste ist und welches er dementsprechend annehmen, d. h. worauf er den Zuschlag erteilen will (VK Südbayern, B. v. 28.5.2002 - Az.: 15-04/02). 4927 4928 4929 4930

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Weyand, Praxiskommentar Vergaberecht, 2. Auflage 2007 – Letzte Änderung: 21.03.2010

100. § 19 VOB/A - Zuschlags- und Bindefrist Zuschlags- und Bindefrist 1. Die Zuschlagsfrist beginnt mit dem Eröffnungstermin. 2. Die Zuschlagsfrist soll so kurz wie möglich und nicht länger bemessen werden, als der

Auftraggeber für eine zügige Prüfung und Wertung der Angebote (§§ 23 bis 25) benötigt. Sie soll nicht mehr als 30 Kalendertage betragen; eine längere Zuschlagsfrist soll nur in begründeten Fällen festgelegt werden. Das Ende der Zuschlagsfrist ist durch Angabe des Kalendertages zu bezeichnen.

3. Es ist vorzusehen, dass der Bieter bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot

gebunden ist (Bindefrist). 4. Die Nummern 1 bis 3 gelten bei Freihändiger Vergabe entsprechend.

100.1 Vergleichbare Regelungen Der Vorschrift des § 19 VOB/A vergleichbar ist im Bereich der VOL § 19 VOL/A. Die Kommentierung zu dieser Vorschrift kann daher ergänzend zu der Kommentierung des § 19 herangezogen werden.

100.2 Änderungen in der VOB/A 2006 § 19 wurde im Rahmen der VOB/A 2006 nicht geändert.

100.3 Bieterschützende Vorschrift Dass eine einheitliche Zuschlagsfrist anzugeben und dabei möglichst kurz zu bemessen ist, ist ein Gebot mit bieterschützendem Charakter (2. VK Bund, B. v. 16.7.2002 - Az.: VK 2 - 50/02).

100.4 Zuschlagsfrist

100.4.1 Begriff Unter Zuschlagsfrist versteht man den Zeitraum, den der Auftraggeber darauf verwendet, festzustellen, welches der eingereichten Angebote für ihn das Geeignetste ist und welches er dementsprechend annehmen, d. h. worauf er den Zuschlag erteilen will (VK Südbayern, B. v. 28.5.2002 - Az.: 15-04/02).

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100.4.2 Sinn und Zweck Bei der Zuschlagsfrist handelt es sich um eine Annahmefrist des Bieters im Sinne des § 148 BGB. Sie berührt die Interessen des Bieters primär dadurch, dass sie - was gemäß § 19 Nr. 3 VOB/A bzw. § 19 Nr. 3 VOL/A klargestellt werden soll - mit der Bindefrist übereinstimmt . Ein Zuschlag innerhalb der Zuschlagsfrist stellt die fristgerechte Annahme des vom Bieter unterbreiteten Angebots dar und lässt daher den Vertrag mit dem Inhalt des Angebots zustande kommen. Während der Zuschlagsfrist muss der Bieter folglich mit seiner Beauftragung rechnen und sich darauf einrichten. Die Angabe der einheitlichen Zuschlagsfrist ermöglicht es den Bietern, ihre Vorhaltekosten zu kalkulieren und im Angebotspreis zu berücksichtigen. Sie fördert insofern die Verfahrenstransparenz und die Vergleichbarkeit der Angebote. Dem Interesse, Vorhaltekosten gering zu halten, trägt eine - von § 19 Nr. 2 Satz 1 VOB/A bzw. § 19 Nr. 2 Satz 1 VOL/A verlangte - möglichst kurze Bemessung der Zuschlagsfrist Rechnung (2. VK Bund, B. v. 16.7.2002 - Az.: VK 2 - 50/02).

100.4.3 Dauer der Zuschlagsfrist

100.4.3.1 Grundsatz Nach § 19 Nr. 2 VOB/A ist die Dauer der Zuschlags- und damit auch der Bindefrist so kurz wie möglich und nicht länger als zur Prüfung und Wertung der Angebote nötig zu bemessen. Die Vorgabe einer möglichst kurzen Zuschlags- und Bindefrist entspringt den allgemeinen Grundsätzen der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit (OLG Stuttgart, Urteil v. 24.11.2008 - Az.: 10 U 97/08). Grundsätzlich soll die Zuschlagsfrist nicht mehr als 30 Kalendertage betragen (§ 19 Nr. 2 Satz 2 VOB/A), nur in begründeten Fällen ist die Festlegung einer längeren Zuschlagsfrist zulässig (VK Südbayern, B. v. 28.5.2002 - Az.: 15-04/02). Die in § 19 VOB/A genannte Frist ist also nicht eine Art Höchstfrist ("Obergrenze") . Das ist offensichtlich nicht der Sinn der Bestimmung. Es wird in ihr im Gegenteil vorausgesetzt, dass auch eine längere Frist angemessen sein kann, und zwar unter den allgemeinen Vorgaben einer zügigen Prüfung (BGH, Urteil vom 21.11.1991 - Az.: VII ZR 203/90, Urteil vom 19.12.1985 - Az.: VII ZR 188/84). Die nach der VOB/A ausschreibenden öffentlichen Auftraggeber beanspruchen, ohne besondere Gründe angeben zu müssen, eine regelmäßige Prüfungsfrist von bis zu 30 Tagen. Hingegen müssen für eine längere Frist besondere Gründe vorliegen. Damit erklären die nach der VOB/A verfahrenden Auftraggeber, dass sie längere Fristen nur vorschreiben, wenn besondere Gründe unter den allgemeinen Vorgaben des Satz 1 das rechtfertigen. Prozessual gewendet bedeutet das, dass sie solche Gründe substantiiert vorzutragen und gegebenenfalls auch zu beweisen haben (BGH, Urteil v. 21.11.1991 - Az.: VII ZR 203/90). Die Vergabestelle kann den Zuschlag jederzeit innerhalb der Zuschlagsfrist erteilen; sie muss nicht das Ende der Frist abwarten (VG Neustadt an der Weinstraße, B. v. 20.02.2006 - Az.: 4 L 210/06).

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100.4.3.2 Beispiele aus der Rechtsprechung

• die Organisationsbedingungen in einer Kommune sind schon durch die Beteiligung Ehrenamtlicher anders als in einer Bundes- oder Landesverwaltung; dies kann ein Grund sein, in einer Kommune längere Zuschlags- und Bindefristen vorzusehen (BGH, Urteil v. 21.11.1991 - Az.: VII ZR 203/90); dabei bedarf es aber einer Prüfung im einzelnen, was angemessen ist, und zwar unter der Berücksichtigung der allgemeinen Vorgaben von § 19 Nr. 2 Satz 1 VOB/A. Es verhält sich also nicht so, dass kommunale Auftraggeber wegen ihrer organisatorischen Bedingungen die Regelfrist ohne weiteres überschreiten dürften; vielmehr gilt im Ausgangspunkt die Regelfrist auch für sie (OLG Düsseldorf, Urteil vom 9.7.1999 - Az.: 12 U 91/98)

• zur Ermittlung der Gleichwertigkeit eines Nebenangebotes sind Nachforschungen nur im Rahmen der verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten und innerhalb der zeitlichen Grenzen der Zuschlags- und Bindefrist anzustellen (1. VK Sachsen, B. v. 10.3.2003 - Az.: 1/SVK/012-03; 1. VK Bund, B. v. 25.3.2003 - Az.: VK 1 - 11/03)

100.4.3.3 Richtlinie des VHB 2008

100.4.3.3.1 EG-Vergabeverfahren Die Zuschlags- und Bindefrist soll grundsätzlich nicht mehr als 30 Kalendertage betragen. Bei EG-weiten Verfahren kann die Frist wegen der Informationspflicht nach § 13 VgV um 14 Kalendertage verlängert werden (Richtlinien zu 111 – Vergabevermerk – Wahl der Vergabeart– Ziffer 5.4). leer

100.4.4 Fehlende Fristbestimmung Ohne Fristbestimmung in den Verdingungsunterlagen gilt der Grundsatz des § 147 Abs. 2 BGB: Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.1978 - Az.: 23 U 121/78).

100.5 Bindefrist (§ 19 Nr. 3) Es ist vorzusehen, dass der Bieter bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden ist (Bindefrist).

100.5.1 Begriff und Inhalt

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Die mit der Zuschlagsfrist gleichlaufende (§ 19 Nr. 3 VOB/A bzw. VOL/A) Bindefrist bedeutet die Zeitspanne, für die der Bieter an das von ihm abgegebene Angebot gebunden ist - §§ 145, 148 BGB - (OLG München, B. v. 23.06.2009 - Az.: Verg 08/09; BayObLG, B. v. 1.10.2001 - Az.: Verg 6/01). Die Bindefrist des Bieters beginnt mit dem Eröffnungstermin und endet mit dem Ende der Zuschlagsfrist. Daraus folgt, dass die Zuschlagsfrist der Bindefrist gleichzusetzen ist (VK Südbayern, B. v. 28.5.2002 - Az.: 15-04/02). Der Bieter kann sein Angebot grundsätzlich, gleich aus welchen Gründen, weder zurückziehen noch abändern (Thüringer OLG, B. v. 28.6.2000 - Az.: 6 Verg 2/00). Eine unzulässige nachträgliche Änderung des Angebotsinhalts liegt auch dann vor, wenn ein Bieter zunächst für eine bestimmte (Teil-) Leistung den Einsatz eines Nachunternehmers ankündigt, aber im Nachhinein erklärt, den Auftrag insoweit nunmehr selbst ausführen zu wollen (1. VK Bund, B. v. 09.10.2009 - Az.: VK 1 - 176/09). Als Gründe für das sanktionslose Zurückziehen eines abgegebenen Angebotes können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die nach Treu und Glauben unter verständiger Würdigung der beiderseitigen Interessen ein Ausscheiden gerechtfertigt erscheinen lassen. Gründe, die allein der Risikosphäre des Bieters zuzurechnen sind, wie z. B. mangelnde Leistungsfähigkeit oder eine nicht kalkulierte Vorlaufzeit für die Organisation der angebotenen Leistung, können keine Rechtfertigung begründen, da derjenige, der sich an einem Ausschreibungsverfahren beteiligt, weiß oder wissen muss, dass er innerhalb der gesetzlichen Bindungsfrist ohne weiteres an seinem Angebot festgehalten werden kann und zu den von ihm angebotenen Bedingungen den Vertrag erfüllen muss. Wenn ein Bieter sein Angebot ohne rechtfertigenden Grund vor Ablauf der Bindungsfrist zurückzieht, haftet er unter dem Aspekt der culpa in contrahendo auf Schadenersatz. Der zu ersetzende Vertrauensschaden kann dann dem Nichterfüllungsschaden entsprechen (AG Siegburg, Urteil vom 28.5.1998 - Az.: 4a C 279/97).

100.5.2 Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist vor Ablauf

100.5.2.1 Grundsatz Es entspricht einhelliger Rechtsprechung, dass die Bindefrist im Einvernehmen des Bieters mit dem Auftraggeber verlängert werden kann (KG Berlin, Urteil v. 05.10.2007 - Az.: 21 U 52/07; OLG Düsseldorf, B. v. 29.12.2001 - Az.: Verg 22/01; LG Essen, Urteil v. 15.11.2007 - Az.: 4 O 168/07; LG Saarbrücken, Urteil v. 06.09.2007 - Az.: 11 O 142/06; 2. VK Bund, B. v. 13.06.2007 - Az.: VK 2 - 48/07; 1. VK Bund, B. v. 23.01.2007 - Az.: VK 1 - 08/07; B. v. 23.01.2007 - Az.: VK 1 - 05/07; B. v. 23.01.2007 - Az.: VK 1 - 166/06; B. v. 23.01.2007 - Az.: VK 1 - 163/06; VK Schleswig-Holstein, B. v. 02.02.2005 - Az.: VK-SH 01/05). Die Feststellung, ob ein Bieter die Annahmefrist für sein Angebot verlängert hat, richtet sich nach allgemeinem Zivilrecht. Vergaberechtliche Sondervorschriften gibt es nicht. Der Antragende kann die Annahmefrist jederzeit auch stillschweigend verlängern, z.B. in einem Rügeschreiben, in dem mehrmals auf die Vorzüge des Angebots verwiesen wird. Ein Antragsteller ist in einem solchen Fall aus der Sicht des Auftraggebers weiter am Erhalt des Auftrags interessiert. Sonst muss er die beabsichtigte Auftragserteilung an einen Mitbewerber nicht rügen (OLG München, B. v. 11.05.2007 - Az.: Verg 04/07; im Ergebnis ebenso VK Nordbayern, B. v. 19.11.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 50/08).

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Wenn ein Bieter sowohl im Nachprüfungs- wie auch im Beschwerdeverfahren ausdrücklich beantragt, den Zuschlag auf sein Angebot zu erteilen, erklärt er konkludent, sein Angebot weiterhin als bindend zu betrachten. Die Bindefrist ist damit der Sache nach eindeutig für die Dauer des Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahrens verlängert (OLG München, B. v. 23.06.2009 - Az.: Verg 08/09; OLG Schleswig-Holstein, B. v. 08.05.2007 - Az.: 1 Verg 2/07; VK Nordbayern, B. v. 19.11.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 50/08). Ebenso wie die Bestimmung der Annahmefrist ist auch die Verlängerung der Bindefrist ein einseitiges Rechtsgeschäft, so dass § 177 BGB über § 180 BGB entsprechende Anwendung findet. § 177 BGB setzt voraus, dass der Vertreter als solcher gehandelt, d.h. dem Offenkundigkeitsprinzip genügt hat. Die Erklärung muss dabei nicht ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgen. Es genügt, wenn sich die Vertretung aus den Umständen ergibt. Ob der Erklärende im eigenen oder fremden Namen gehandelt hat, ist im Zweifel durch Auslegung vom Empfängerhorizont zu ermitteln. Die Verlängerungserklärung einer Muttergesellschaft eines Bieters z.B. stellt sich als solche im fremden Namen dar, wenn nur der Bieter, nicht aber die Muttergesellschaft ein Angebot abgegeben hat, da sich deren Zustimmung aus Sicht der Vergabestelle als Erklärungsempfängerin nur auf das Angebot des Bieters beziehen kann. Sollte die Muttergesellschaft zur Abgabe einer entsprechenden Erklärung nicht bevollmächtigt gewesen sein, so wäre ihre Erklärung schwebend unwirksam und kann von dem Bieter mit Wirkung ex nunc genehmigt werden (§ 184 BGB), so dass das ursprüngliche Angebot nahtlos mit verlängerter Bindefrist fortbesteht (OLG Frankfurt, B. v. 24.02.2009 - Az.: 11 Verg 19/08).

100.5.2.2 Rechtsfolge Die Beurteilung des Zustandekommens des Bauvertrages der Parteien beurteilt sich nach allgemeinem Vertragsrecht, in dessen Rahmen auch ein einen öffentlichen Bauauftrag ausschreibender öffentlicher Auftraggeber rechtsgeschäftlich tätig wird. Das Vergaberecht selbst enthält keine eigenständigen Vorschriften zu Fallgestaltungen, die durch notwendige Bindefristverlängerungen entstehen und die ihren Ausgangspunkt darin haben, dass durch das 1999 in Kraft getretene Vergaberechtsänderungsgesetz bei einem Ausschreibungsverfahren mit einem Auftragswert von mehr als 5 Mio. Euro Bieter nunmehr ohne weiteres die Möglichkeit haben, ein Nachprüfungsverfahren gem. § 97 Abs. 7 GWB einzuleiten, und bis zum Abschluss dieses Verfahrens ein Zuschlag nicht erteilt werden darf . Die Gesetzesänderung hat jedoch keine Regelung zu dem Interessenkonflikt getroffen, der entsteht, wenn aufgrund derartiger Verzögerungen die Kalkulationsgrundlage von Bieterangeboten wegen steigender (oder fallender) Preise sich gravierend ändert. Lediglich § 15 VOB/A bietet dem Ausschreibenden die Möglichkeit, in die Ausschreibung aufzunehmen, dass eine angemessene Änderung der Vergütung vorgesehen wird, sofern wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwarten sind, deren Eintritt oder Ausmaß ungewiss ist (OLG Celle, Urteil v. 25.06.2008 - Az.: 14 U 14/08). Bieter, die sich mit der Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist einverstanden erklärt haben, sind bis zum Ablauf der Zuschlags- und Bindefrist an ihre Angebote gebunden (VK Magdeburg, B. v. 14.11.2000 - Az.: 33-32571/07 VK 18/00 MD).

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100.5.2.3 Sinn und Zweck der Verlängerung Ein Bieter, der nicht bereit ist, Vorhaltekosten in Kauf zu nehmen, die durch einen verspäteten Vertragsschluss bewirkt würden, kann sie durch eine Ablehnung des Antrags des Auftraggebers vermeiden. Da der Auftraggeber mit einer solchen Ablehnung rechnen muss, liegt es in seinem Interesse, sich von vornherein Klarheit darüber zu verschaffen, ob die nach dem jeweiligen Verfahrensstand für den Auftrag noch in Betracht kommenden Bieter weiterhin zu ihrem Angebot stehen. Diesem Zweck dient die Bitte um Zustimmung zur Verlängerung der Zuschlagsfrist. Der Auftraggeber kann also die Zuschlagsfrist nicht von sich aus verlängern; dogmatisch folgt dies bereits daraus, dass es sich bei der Zuschlagsfrist um eine Annahmefrist des Bieters im Sinne des § 148 BGB handelt, die daher nicht einseitig durch den Adressaten des Angebots verändert werden kann (2. VK Bund, B. v. 16.7.2002 - Az.: VK 2 - 50/02).

100.5.2.4 Verbot der Manipulation des Vergabeverfahrens über die Verlängerung der Zuschlagsfristen

100.5.2.4.1 Allgemeines Manipulationsstrategien einer Vergabestelle, die darin bestehen könnten, die Wertung so lange zu verzögern, dass Bieter mit aussichtsreich platzierten Angeboten veranlasst werden, ihr Einverständnis mit einer Fristverlängerung zu verweigern, so dass der Wettbewerb zugunsten eines bestimmten Bieters verengt wird, sind nicht zulässig (2. VK Bund, B. v. 16.7.2002 - Az.: VK 2 - 50/02).

100.5.2.4.2 Mehrmalige grundlose Verlängerung Eine mehrmalige Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist ohne sachlichen Grund kann die Aufhebung einer Ausschreibung erfordern (1. VK Sachsen, B. v. 29.11.2001 - Az.: 1/SVK/110-01, B. v. 29.11.2001 - Az.: 1/SVK/109-01).

100.5.2.5 Verlängerung nur mit aussichtsreichen Bietern Nach dem Zweck der Verlängerung der Zuschlagsfrist, dem Auftraggeber Gewissheit über den Fortbestand der Annahmebereitschaft der Bieter zu verschaffen, kann es nur auf die Bereitschaft derjenigen Bieter ankommen, die der Auftraggeber nach dem erreichten Verfahrensstand noch für den Zuschlag in Betracht zieht (VK Thüringen, B. v. 7.3.2001 - Az.: 216-4002.20-001/01-SCZ). Hierbei ist auf das jeweils erreichte Verfahrensstadium abzustellen (1. VK Sachsen, B. v. 4.6.2002 - Az.: 1/SVK/049-02). Ist die Wertung noch nicht abgeschlossen - dies ist der typische Grund für die Verlängerung der Zuschlagsfrist -, so werden aus Sicht des Auftraggebers regelmäßig noch alle Bieter für den Zuschlag in Betracht kommen, die sich auf der letzten erreichten Wertungsstufe befinden. Hat die Wertung auf der letzten Stufe hingegen bereits zu einem Ergebnis geführt und ist in einer solchen Situation derjenige Bieter, dem der Zuschlag erteilt werden soll, mit der Verlängerung der Bindefrist einverstanden, d. h. weiterhin zum Vertragsschluss mit dem Auftraggeber bereit, so besteht kein Grund, ihm den Auftrag nicht zu erteilen. Für die Annahmefähigkeit des Angebotes des

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ausgewählten Bieters ist es dabei unerheblich, ob er sein Einverständnis mit der Fristverlängerung innerhalb der ursprünglichen Bindefrist oder nach deren Ablauf erklärt hat (2. VK Bund, B. v. 16.7.2002 - Az.: VK 2 - 50/02; VK Südbayern, B. v. 19.1.2001 - Az.: 27-12/00). Nach Auffassung des OLG München hingegen liegt dann, wenn die Vergabestelle nur bei einem Bieter wegen einer Bindefristverlängerung nachfragt , hierin ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (OLG München, B. v. 23.06.2009 - Az.: Verg 08/09).

100.5.2.6 Bitte um Verlängerung bedeutet keine Bitte um neue Angebote In einer vom öffentlichen Auftraggeber gewünschten Zustimmung zur Verlängerung der Zuschlagsfrist liegt nicht konkludent die auftraggeberseits gewünschte Vorlage von neuen Angeboten. Die zulässige Abgabe von weiteren Angeboten bzw. Nebenangeboten (z. B. bedingter Preisnachlass) würde die Beendigung des laufenden Vergabeverfahrens und die Durchführung eines erneuten Verfahrens, z. B. eines Verhandlungsverfahrens, voraussetzen. Eine Ausschreibung kann in zulässiger Weise aber nur durch Zuschlag oder durch Aufhebung (z. B. wegen nicht mehr möglicher Ausführungsfristen) beendet werden. Durch das Ablaufen der Zuschlags- und Bindefrist allein wird das Vergabeverfahren noch nicht beendet (VK Südbayern, B. v. 25.7.2002 - Az.: 26-06/02).

100.5.2.7 Änderung der Ausführungsfrist durch eine Verlängerung der Bindefrist? Die bloße Bitte einer Vergabestelle, einer Binde- und Zuschlagsfristverlängerung zuzustimmen, enthält auch in Fällen, in denen eine derartige Verlängerung die vorgegebene materielle Ausführungsfrist (§§ 11, 17 Nr. 1 Abs. 2 Buchstabe e) VOB/A) berührt, keinerlei Erklärungen zur veränderten Ausführungszeit. Spiegelbildlich stellt dann auch das Einverständnis des Bieters mit der Bindefristverlängerung keine sein ursprüngliches Angebot ändernde Erklärung zur Ausführungsfrist dar. Maßgeblich für die Zuschlagserteilung ist und bleibt das Ursprungsangebot des Bieters mit den dort aufgeführten, freilich zeitlich überholten Ausführungsfristen. Binde- und Zuschlagsfristverlängerungen, die sich noch im Zuge der Ausschreibung selbst, etwa im Rahmen der Angebotswertung, als notwendig erweisen, sind in ihren Auswirkungen auf die Ausführungsfristen nicht anders zu beurteilen als solche, sich erst aufgrund eines eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens ergeben. Denn für den betroffenen Bieter macht es keinen Unterschied, ob die zeitliche Verzögerung durch den Entscheidungsprozeß des Auftraggebers oder durch das Verhalten von Mitbietern ausgelöst ist. Im einen wie im anderen Fall liegt im Verhältnis zum potenziellen Auftragnehmer die Verzögerung im Risikobereich des Auftraggebers (BayObLG, B. v. 15.7.2002 - Az.: Verg 15/02; OLG Celle, Urteil v. 25.06.2008 - Az.: 14 U 14/08; OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08; OLG Naumburg, Urteil v. 02.10.2008 - Az.: 1 U 42/08; Thüringer OLG, Urteil v. 22.03.2005 - Az.: 8 U 318/04; VK Brandenburg, B. v. 30.09.2008 - Az.: VK 30/08). Aus der im allgemeinen Vertragsrecht angesiedelten Regelung des § 271 BGB folgt, dass die Leistungszeit zwar eine wesentliche Vertragsmodalität darstellt, ihr Fehlen aber einem wirksamen Vertragsschluss nicht entgegensteht. Von den Ausnahmefällen eines absoluten oder relativen Fixgeschäfts abgesehen, ist die Vereinbarung der Leistungszeit bereits bei Vertragsschluss nicht erforderlich. Vielmehr kann die Leistungszeit auch noch in Nachfolge des Vertragsschlusses festgelegt werden. Steht das Fehlen einer

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Leistungszeitbestimmung bei Vertragsschluss dem wirksamen Zustandekommen eines Vertrages nicht entgegen, kann nichts anderes gelten, wenn ein Vertragsangebot angenommen wird, dem bestimmte Terminsvorstellungen im Hinblick auf die Ausführungszeit zugrunde liegen, die im Zeitpunkt der Annahmeerklärung bereits (teilweise) überholt sind. Die hiermit verbundene Problemstellung hat keine Auswirkungen auf das Zustandekommen des Vertrages, sondern ist lediglich für die Bestimmung dessen Inhalts und der hieraus folgenden wechselseitigen Pflichten der Vertragsparteien von Bedeutung (Thüringer OLG, Urteil v. 22.03.2005 - Az.: 8 U 318/04). Mit einer Verlängerung der Bindefrist werden die Ausführungsfristen nicht komplett verschoben. Der Vergaberechtsschutz nach den Vorschriften des GWB soll die Rechtsstellung der Bieter gegenüber dem (öffentlichen) Auftraggeber stärken und nicht schwächen. Wird dieser Rechtsschutz von einem Bieter in Anspruch genommen, darf dies jedenfalls nicht dazu führen, dass ein anderer Bieter am Ende des Rechtsschutzverfahrens wirtschaftlich schlechter dasteht als zuvor, indem ihn die Verzögerungskosten treffen. Um der Gefahr der Entwertung des zur Rechts- und Interessenwahrung der Bieter geschaffenen Vergaberechtsschutzes zu begegnen, darf die Verzögerung des Vergabeverfahrens nicht zu Lasten des sich im Wettbewerb durchsetzenden Bieters gehen. Vielmehr muss das Verzögerungsrisiko grundsätzlich der (öffentliche) Auftraggeber tragen (Thüringer OLG, Urteil v. 22.03.2005 - Az.: 8 U 318/04). Die Rechtslage stellt sich allgemein dann, wenn der Zuschlag aufgrund eines Nachprüfungsverfahrens mit veränderten Fertigstellungsterminen erfolgt, wie folgt dar: Sollen die ursprünglich vorgesehenen Termine nach dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien im Zeitpunkt des Zuschlags nicht mehr vereinbart werden, handelt es sich bei der Zuschlagserteilung um ein verändertes Angebot im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB. Gleichgültig ist, ob es sich um eine wesentliche oder unwesentliche Änderung handelt. Kann diesem Angebot nicht entnommen werden, dass dem Unternehmer das Recht eingeräumt wird, einen veränderten Preis für seine Leistung zu verlangen, weil der Besteller keinen neuen Preis bezahlen, sondern lediglich eine neue Bauzeit möchte, hat der Unternehmer (Bieter) drei Möglichkeiten: Er kann das veränderte Angebot mit der Folge annehmen, dass sich nur die Bauzeit nicht jedoch die Vergütung ändert. Er kann das neue Angebot mit der Folge ablehnen, dass kein Vertrag zustande kommt. Schließlich kann er das veränderte Angebot seinerseits hinsichtlich der Vergütung unter Berücksichtigung seiner Kalkulation und der zwischen dem ursprünglich vorgesehenen Zuschlagszeitpunkt und dem tatsächlichen Zeitpunkt des Zuschlags eingetretenen vergütungsrelevanten Veränderungen modifizieren. Der Besteller ist dann unter Berücksichtigung des vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses der Parteien und ihrer auch insoweit geltenden Kooperationspflicht verpflichtet , das hinsichtlich der Vergütung modifizierte Angebot anzunehmen, wenn er keinen triftigen Grund hat, es abzulehnen. Letzteres kommt in Betracht, wenn die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Ausschreibung vorliegen, insbesondere, wenn das Bauvorhaben wegen der preislichen Veränderungen für ihn wirtschaftlich nicht mehr tra gbar erscheint. Der Umstand, dass ein Bieter das annehmbarste Angebot abgegeben hat, begründet in den Fällen, in denen der Auftraggeber dieses aus den vorgenannten Gründen nicht zurückweisen darf, sein Vertrauen darauf, dass ihm auch der Zuschlag erteilt wird, wenn er es nur an die von ihm nicht beeinflussbaren Veränderungen der Angebotsgrundlagen angepasst hat, die nach dem ursprünglich vorgesehenen Zuschlagszeitpunkt eingetreten sind. Dass das Nachprüfungsverfahren oder andere in den Risikobereich des Bestellers fallende Umstände eine Vergabe verzögern, darf dem Unternehmer nicht zum Nachteil gereichen (OLG Hamm, Urteil v. 05.12.2006 - Az.: 24 U 58/05).

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Anderer Auffassung ist insoweit die 2. VK Bund. Nach dieser Ansicht ist der Meinung nicht zu folgen, die Zustimmung zu einer Verlängerung der Bindefrist enthalte allein die Erklärung des Bieters, auch über die ursprüngliche Zuschlagsfrist hinaus bereit zu sein, bei ansonsten unveränderten Umständen an seinem ursprünglichen Vertragsangebot festzuhalten. Diese Ansicht gründet sich auf einer zu engen Auslegung des Nachverhandlungsverbots gemäß § 24 Nr. 3 VOB/A. Das Nachverhandlungsverbot hat als Hauptzweck die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Wettbewerbs. Der Wettbewerb als zentrales Prinzip des Vergabeverfahrens ist mit der Angebotseröffnung abgeschlossen. Er soll durch eine nachträgliche Änderung der Angebote oder Preise nicht verfälscht werden. Der Zweck der Vorschrift ist hingegen nicht berührt, wenn z.B. durch ein Nachprüfungsverfahren faktisch nicht mehr einzuhaltenden Ausführungsfristen durch eine einvernehmlich verlängerte Binde- und Zuschlagsfrist an die geänderten Umstände angepasst werden. Damit wird derjenige Bieter, dem im Ergebnis der Wertung der Angebote der Zuschlag erteilt werden soll, nicht wettbewerbswidrig bevorzugt. Eine entsprechende Anpassung bestimmt sich nach Regeln der VOB/B; sie wäre auch bei den Angeboten jedes anderen Bieters erforderlich und stellte eine reine Formalie dar (2. VK Bund, B. v. 13.06.2007 - Az.: VK 2 - 48/07). Im Ergebnis vertritt auch das OLG Saarbrücken diese Auffassung. Die VOB/B statuiert Regeln für die Abwicklung eines geschlossenen Vertrags und blendet das Regelungsregime aus, das sein Zustandekommen, insbesondere die Preisfindung beeinflusst hat. Daher kann die Analogie zu § 2 Nr. 5 VOB/B nicht allein aus der für den nicht nach Maßgabe der VOB/A zustande gekommenen Bauvertrag zutreffenden Erwägung hergeleitet werden, dass eine Verschiebung der Bauzeit eine Anordnung des Auftraggebers i.S. des § 2 Nr. 5 VOB/B sein kann. Vielmehr strahlt der Zweck des Vergabeverfahrens in die Auslegung der VOB/B hinein. Es erscheint kaum vertretbar, wenn der den Zuschlag erhaltende Bieter allein mit Blick auf Preisfaktoren, die während der Bindefrist eingetreten sind, eine Preisanpassung durchsetzen könnte. Dies liefe dem zentralen vergaberechtlichen Gebot, alle Bieter gleich zu behandeln (§ 8 Nr. 1 S. 1 VOB/A; § 97 Abs. 1 GWB), zuwider. Die Bieter haben sich durch ihre Teilnahme an der Ausschreibung an das Regelungsregime der VOB/A gebunden. Dieses erlaubt in § 24 Nr. 3 VOB/A Preisverhandlungen in nur deutlich eingeschränktem Maße. Alle teilnehmenden Bieter müssen im Grundsatz davon ausgehen, die Leistung zum zugeschlagenen Angebotspreis auch tatsächlich zu erbringen. Dieses Vertrauen wäre wertlos, wenn es dem obsiegenden Bieter nach der Zuschlagserteilung gelingen könnte, außerhalb des eingeschränkten Rechtsrahmens des Vergabeverfahrens eine wirtschaftliche Verbesserung seines Angebots durchzusetzen. Eine solche Option stellte das Vergabeverfahren geradezu „auf den Kopf“. Würde dem Auftraggeber bis zum Zuschlag die Nachverhandlung erlaubt, so besäßen alle Bieter zumindest die Chance, auf der Grundlage eines an die Bauzeitverzögerung angepassten Angebots den Zuschlag zu erhalten. Auch wäre das Vergabeverfahren bei Zulassung transparenter Nachverhandlungen mit allen Bietern geeignet, die verbindliche Vergütung zu ermitteln. Diese Funktion geht verloren, wenn der Zuschlag auf der Grundlage fiktiver, „eingefrorener Angebote“ erfolgt, deren wahrer Wert erst Verhandlungen zwischen Auftraggeber und erfolgreichem Bieter vorbehalten wäre, die vom Geist der „guten Kooperation“ getragen werde. Ein weiterer Einwand gegen eine Anwendung von § 2 Nr. 5 VOB/B ist eher praktischer Natur. Nicht selten sind die nachgeforderten Verzögerungskosten nur schwer zu objektivieren. Denn sie können je nach Zuschnitt des jeweiligen Unternehmens divergieren (OLG Saarbrücken, Urteil v. 13.05.2008 - Az.: 4 U 500/07).

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Nach Auffassung des OLG Naumburg hingegen gibt es einen Zeitraum zwischen Zuschlagserteilung und Wirksamkeit des Vertragsschlusses, den das Oberlandesgericht Hamm in seiner Entscheidung als vom Verbot des § 24 Nr. 3 VOB/A freigestellt unterstellt, wegen des Zusammenfallens von Zuschlag und Vertragsschluss nicht. Deshalb kann auf ein Angebot eines Bieters, dessen Bindefrist abgelaufen ist, und auf ein nachträgliches – modifiziertes – Angebot dieses Bieters kein Zuschlag erteilt werden, da das erste Angebot erloschen ist (§ 148 BGB) und das zweite Angebot zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung noch nicht vorlag (OLG Naumburg, B. v. 16.10.2007 - Az.: 1 Verg 6/07). Ist in dem Schreiben einer Vergabestelle lediglich von der Verlängerung der Zuschlagsfrist die Rede, wird aber aus dem Wortlaut des Schreibens ersichtlich, dass es der Vergabestelle gerade darum geht, dass die Bieter ihre Angebote weiter aufrechterhalten sollen und es nicht zu einer Störung oder einem Abbruch des Vergabeverfahrens kommen soll und ist dem Bieter bekannt, dass es zu einer Bauzeitverschiebung und gegebenenfalls zu Mehrkosten kommen wird, bedeutet eine vorbehaltlose Verlängerung der Bindefrist auch ein Einverständnis mit der Bauzeitverschiebung ohne Mehrkosten (OLG Saarbrücken, Urteil v. 13.05.2008 - Az.: 4 U 500/07; LG Saarbrücken, Urteil v. 06.09.2007 - Az.: 11 O 142/06). Nach Auffassung des LG Essen ist es nicht zulässig, eine ohne ausdrücklichen Vorbehalt erklärte Zustimmung zur Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist dahingehend auszulegen, sie schaffe - letztlich doch in Abänderung des Angebots - "lediglich eine Vertrauensgrundlage für den Auftraggeber, dass der Bieter weiterhin bereit ist, den Auftrag entsprechend seinem Angebot auszuführen, soweit sich dessen Grundlagen nicht nachweislich geändert haben". Es ist vielmehr im Gegenteil unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens treuwidrig, einen Vorbehalt, den man im Rahmen des Vergabeverfahrens nicht hätte erklären dürfen, nach Abschluss desselben geltend zu machen. Dies zumal ein etwaiger geheimer Vorbehalt unbeachtlich ist - vgl. § 116 BGB - (LG Essen, Urteil v. 15.11.2007 - Az.: 4 O 168/07 – aufgehoben durch OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08). Dies gilt insbesondere dann, wenn fixe Anfangs- oder Endtermine für die Bauausführung gerade nicht vorgesehen sind (LG Essen, Urteil v. 15.11.2007 - Az.: 4 O 168/07; LG Köln, Urteil v. 17.07.2007 - Az.: 5 O 22/07). Anderer Auffassung ist insoweit das OLG Hamm. Ob kalendermäßig bestimmte Ausführungstermine in der Ausschreibung enthalten sind, spielt keine Rolle (OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08). Nach Auffassung des BGH soll nach § 9 Nr. 2 VOB/A dem Bieter kein ungewöhnliches Wagnis für Umstände und Ereignisse aufgebürdet werden, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus einschätzen kann. Ein solches ungewöhnliches Wagnis würde dem Bieter abverlangt, wenn ihm nicht sämtliche zur Preiskalkulation erforderlichen Informationen vollständig und richtig zur Verfügung gestellt würden, er sich die notwendigen Kenntnisse nicht selbst verschaffen könnte und er damit nicht in der Lage wäre, verlässliche Vorstellungen zur Preisbildung zu entwickeln. Ein derartiges unwägbares Risiko legt der Auftraggeber den Bietern auf, wenn die vertraglich an den Zuschlag gekoppelte Ausführungszeit über den vorgesehenen Zuschlagstermin hinaus völlig offen bliebe. Denn dann könnte eine Preiskalkulation nicht mehr auf der vom Auftraggeber gemäß § 9 Nr. 1 VOB/A zu stellenden, für alle Bieter eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung erfolgen; die Bieter könnten nur mutmaßen, wann im Hinblick auf ein eventuelles Vergabenachprüfungsverfahren oder wegen sonstiger verzögernder Umstände ein Zuschlag erfolgen werde, und aufgrund dieser Mutmaßungen ein Preisangebot erstellen. Eine Auslegung der Ausschreibungsunterlagen

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dahingehend, dass für die Bauzeit in jedem Fall an einen noch nicht feststehenden tatsächlichen Zuschlagstermin angeknüpft wird, kommt daher nicht in Betracht. Vielmehr ergibt die Auslegung, dass Anknüpfungspunkt für den Baubeginn der in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehene späteste Zuschlagstermin ist, wenn der Zuschlag später erfolgt (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08). Eine umfassende Darstellung von Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage enthält das Urteil des Kammergerichts Berlin (KG Berlin, Urteil v. 05.10.2007 - Az.: 21 U 52/07). Im Ergebnis gelangt das KG zu einem Anspruch des Auftragnehmers auf Vertragsanpassung über die Grundsätze über den Wegfall und die Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Die Ausführungsfrist für die vorgesehene Leistung stellt sich als Geschäftsgrundlage dar. Bei der Beurteilung, ob sich Änderungen nach Vertragsschluß ergeben, ist zu berücksichtigen, daß es sich in der im Streit stehenden Konstellation um einen unüblich gestreckten Vertragsentstehungsvorgang handelt, dessen Ursache ausschließlich im Nachprüfungsverfahren liegt, währenddessen der Bieter auch keinen normativ zu berücksichtigenden Einfluß auf das Zustandekommen des Vertrags hat. Im Falle derart gestreckten Vertragszustandekommens unter den besonderen Bedingungen des Vergabeverfahren kann deswegen bereits der Zeitpunkt nach Beginn des Vorgangs des Vertragsschlusses als Zeitpunkt nach dem Vertragsschluß angesehen werden. Das Verständnis des § 313 BGB hat insoweit auf den Gesamtvorgang des Vertragsschlusses Rücksicht zu nehmen. Wegen der Besonderheiten des gestreckten Vertragsschlusses tritt der Wegfall einer Geschäftsgrundlage zwar schon vor dem Zeitpunkt der Beendigung im Sinne einer Komplettierung des Vorgangs des Vertragsschlusses ein, aber er tritt bereits nach Beginn dieses Vorgangs, nämlich nach Angebotsabgabe bzw. mit der ersten Bindefristverlängerung im Vergabeverfahren ein. Das kann man für § 313 Abs. 1 BGB beim Sonderfall des Nachprüfungsverfahrens im Vergabeverfahren nach VOB/A genügen lassen. Wenn man die so entwickelte Auffassung nicht teilt und mit den vorstehenden Erwägungen die juristische Konstruktion bei § 313 BGB als überdehnt ansieht, ist der Anspruch auf Vertragsanpassung jedenfalls damit zu begründen, daß die Grundsätze von Treu und Glauben unter besonderer Berücksichtigung der Kooperationspflicht der Bauvertragsparteien es gebieten, die Grundsätze des § 313 BGB entsprechend heranzuziehen. Dass bei erheblichen Preissteigerungen, die durch die Eigenheiten des Vergabeverfahrens Eingang in die Vertragssituation finden, der Werklohn angepasst werden muss, versteht sich nach Treu und Glauben in deutlichen Fällen (z.B. bei Stahlpreiserhöhungen), von selbst, der Besteller wird hierdurch nicht überrascht. Der Sache nach handelt es sich zumindest um eine Situation des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für das Angebot des Bieters. Die Grundsätze des § 313 BGB stellen eine angemessene Lösung für die dargestellte, durch die gesetzliche Ausgestaltung des Nachprüfungsverfahrens hervorgerufene, durch den Gesetzgeber aber nicht gelöste Interessenkollision dar (KG Berlin, Urteil v. 05.10.2007 - Az.: 21 U 52/07). Nach § 313 BGB begründet nicht jede Enttäuschung der dem Vertragsschluss zugrunde gelegten Erwartungen einen Anspruch auf Vertragsanpassung, sondern nur eine solche, die die unveränderte Hinnahme des Vertrags für eine Seite unzumutbar macht. Nicht jede Erhöhung von Preisen macht es daher für den Bieter im Falle eines Nachprüfungsverfahrens im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB unzumutbar, an den Preisen festgehalten zu werden, so etwa bei sich im Rahmen des üblichen haltenden Tariferhöhungen oder dem allgemeinen Preisanstieg. Anders ist es aber bei einschneidenden Veränderungen, wie massiven Erhöhungen der Beschaffungskosten bei Stahl bzw. Zement. Unstreitig ist dies für die Erhöhung der Stahlpreise, die einen nicht unerheblichen Anteil der Herstellungskosten ausmachen, und die am Weltmarkt von 330,00 EUR je Tonne Mitte 2003

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auf 468,00 EUR je Tonne 2004, d.h. um ca. 40 %, angestiegen sind. Derartige Preissteigerungen in den Beschaffungsgrundlagen sind – gerade angesichts knapper Margen im Baubereich – bei einem auf Stahl angewiesenen Bau erheblich und müssen eine Anpassung des Vertrags auslösen (KG Berlin, Urteil v. 05.10.2007 - Az.: 21 U 52/07). Anderer Auffassung ist das LG Essen. Das Risiko von Preissteigerungen für die zu erbringende Sachleistung fällt in die Sphäre des Bieters als Sachleistungsschuldner. Der Umstand allein, dass der Bieter durch eine Veränderung der kalkulatorischen Grundlagen des Auftrags wirtschaftlich ungünstiger gestellt ist, als bei Angebotsabgabe erwartet, gibt nicht die Befugnis, gemäß § 313 BGB in den geschlossenen Vertrag rechtsgestaltend einzugreifen. Wollte man es für zulässig halten, einen Vertrag allein wegen einer Verzögerung des Vergabeverfahrens aus Billigkeitserwägungen umzugestalten, würde dies zu einer für das öffentliche Auftragswesen untragbaren Unsicherheit führen. Auch Besonderheiten des Kartellvergabeverfahrens rechtfertigen keine andere Wertung: Ein allgemeines Vergabeverzögerungsrisiko, welches der Sphäre des öffentlichen Auftraggebers zuzuordnen wäre, gibt es nicht. Ein solches Risiko lässt sich zunächst nicht aus dem das Vergaberecht nach § 97 Abs. 2 GWB prägenden Gebot der Gleichbehandlung aller teilnehmenden Bieter ableiten. Es mag infolge Vergabeverzögerung im Einzelfall vorkommen, dass der zunächst bestplatzierte Bieter aus dem Wettbewerb ausscheidet, weil er die seinem Angebot zugrunde liegende Kalkulation nicht mehr halten kann. Dies beeinträchtigt die Chancengleichheit der Wettbewerber - vom Sonderfall missbräuchlicher Verzögerung abgesehen - jedoch nicht: Das Risiko der Vergabeverzögerung trifft alle Teilnehmer eines Vergabeverfahrens gleichermaßen; sofern es sich wegen eines durch einen Mitbieter angestrengten Nachprüfungsverfahrens realisiert, ist es dem Vergabeverfahren nach dem Rechtsschutzsystem des GWB sogar immanent. Es wäre vor diesem Hintergrund umgekehrt ein Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit im Vergabeverfahren, wenn infolge Vergabeverzögerung einem einzigen Bieter das Recht zu Nachverhandlungen zugestanden würde. Außerdem darf nicht außer Acht bleiben, dass eine Vergabeverzögerung aus Sicht des bestplatzierten Bieters nicht nur Risiko, sondern auch Chance sein kann: Verschiebt sich etwa die Ausführungszeit eines Bauvorhabens in eine Schönwetterperiode, ist dies häufig mit nicht unerheblichen Minderkosten verbunden. Gleichwohl steht hier weder dem Auftraggeber noch einem Mitbewerber das Recht zu Nachverhandlungen zu. Auch dies stellt keine Beeinträchtigung der Chancengleichheit im Vergabeverfahren dar. Im Übrigen wäre bei anderer Beurteilung für den Auftraggeber entgegen der Vergabezentralnorm des § 97 Abs. 5 GWB völlig unkalkulierbar, welches der eingereichten Angebote bei Erteilung des Zuschlags das Wirtschaftlichste ist. Würde dem bestplatzierten Bieter ein Anspruch auf Vertragsanpassung allein infolge Vergabeverzögerung zugebilligt, wäre der Auftraggeber damit letztlich gezwungen, einen Vertrag zu unbekannten Konditionen abzuschließen. Dies obwohl er sich zuvor hat versichert lassen, dass der bezuschlagte Bieter an seinem Angebot unverändert festhalte (LG Essen, Urteil v. 15.11.2007 - Az.: 4 O 168/07 – aufgehoben durch OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08). Nach einem anderen Ansatz sind die Aufforderung des Auftraggebers an den Bieter, einer Bindefristverlängerung zuzustimmen, die Zustimmung des Bieters und die Erteilung des Zuschlags hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Vertragsschluss im Ausgangspunkt nach allgemeinem Vertragsrecht zu beurteilen. Für die Auslegung kommt es jeweils auf den objektiven Empfängerhorizont des Erklärungsempfängers an. Wie der Empfänger die Erklärung redlicherweise verstehen konnte, richtet sich wesentlich auch danach, dass der Auftrag in einem formalisierten Vergabeverfahren vergeben werden soll. Vor dem Hintergrund, dass zunächst einmal der Inhalt des geschlossenen Vertrages zu

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ermitteln ist, kann der Ausgangspunkt für die Lösung sich aus der Bindefristverlängerung ergebender Probleme dagegen nicht sein, dass man aus allgemeinen Vergabegrundsätzen und Billigkeitserwägungen herleitet, welche Seite, eventuell differenziert nach einzelnen Fallgruppen, das Risiko einer Verzögerung des Vergabeverfahrens zu tragen hat. Andererseits darf bei der gebotenen vertragsrechtlichen Lösung nicht ausgeblendet werden, dass die zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen innerhalb eines vergaberechtlichen Korsetts abgegeben werden. Zwar sind vergaberechtswidrige Erklärungen zivilrechtlich nicht ohne weiteres unwirksam. Solange der Erklärende jedoch nichts anderes kenntlich macht, kann der Empfänger einer Erklärung davon ausgehen, dass sie im Zweifel in vergaberechtskonformer Weise gemeint ist (OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08). Ergibt sich für den Bieter aus dem Wortlaut des Anschreiben und eines eventuell beigefügten Zustimmungsformulars nicht, dass der Auftraggeber mehr als eine reine Verlängerung der Geltung des Angebotes erwartet, wenn also der Auftraggeber in einem förmlichen Vergabeverfahren keine förmliche Äußerung dazu macht, dass er die Ausschreibung, etwa hinsichtlich der Ausführungszeiten, ändern will, können die Bieter vom maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont her davon ausgehen, dass die ursprüngliche Ausschreibung auch hinsichtlich zeitlicher Vorgaben Gegenstand des Vergabeverfahrens bleiben soll. Eine Auslegung, der Auftraggeber wolle dem Bieter eine zeitliche Verschiebung unter Verzicht auf eventuell in Betracht kommende Mehrkosten abverlangen, ist in der Regel auch deshalb nicht angezeigt, weil der Bieter dem Auftraggeber damit gleichzeitig ein gegen das Nachverhandlungsverbot des § 24 Nr. 3 VOB/A verstoßendes vergaberechtswidriges Verhalten unterstellen müsste. Ein Eingehen der Bieter auf eine etwaige Bitte eines Auftraggebers, sich mit einer Verschiebung des Bauvorhabens bei Beibehaltung der Angebotspreise einverstanden zu erklären, wäre wegen der für beide Seiten erkennbar wichtigen Bedeutung der Ausführungszeit bei Großvorhaben u.a. für die Kalkulation, als wesentliche Änderung eines auch preisrelevanten Angebotsbestandteils anzusehen. Im Übrigen ist den am Vergabeverfahren Beteiligten bekannt, dass die Bieter innerhalb der ihnen für die Zustimmung zur Bindefristverlängerung gewährten Frist häufig nicht in der Lage sind, eine umfangreiche Kalkulation, ggf. unter Einbeziehung von Nachunternehmern daraufhin zu überprüfen, ob sie trotz der Verschiebung weiter auskömmlich ist. Wollte man die Bieter hiermit dennoch belasten, würde der Grundsatz eines fairen Verfahrens unter Aufbürdung eines ungewöhnlichen Wagnisses verletzt. Vor diesem Hintergrund bleibt für die Zuschlagserteilung das Ursprungsangebot auch hinsichtlich seiner zeitlichen Komponenten unabhängig davon maßgeblich, ob die zeitlichen Festlegungen noch haltbar waren (OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08; im Ergebnis ebenso OLG Celle, Urteil v. 25.06.2008 - Az.: 14 U 14/08). Falls ein Bieter bei der vorbehaltlosen Bindefristverlängerung die Vorstellung hat, im Falle einer späteren Anpassung von Ausführungszeiträumen an die das Angebot überholende Wirklichkeit einen Ausgleich für dadurch entstehende Mehrkosten zu verlangen, steht dies der Wirksamkeit der Bindefristverlängerung nicht entgegen. Ein geheimer Vorbehalt ist gemäß § 116 BGB ohnehin unbeachtlich. Aber selbst wenn er seine Absicht offen kundtut, hat dies keine negativen Auswirkungen. Das Angebot darf nicht wegen Verstoßes gegen das Nachverhandlungsverbot (§ 24 Nr. 3 VOB/A) ausgeschlossen werden. Denn Gegenstand des Vergabeverfahrens ist das unveränderte ursprüngliche Angebot. Der Hinweis, eventuell eine Nachforderung zu stellen, bezieht sich auf den Fall des Zustandekommens eines von diesem Angebot in seiner zeitlichen Komponente abweichenden

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Vertrages (OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08; im Ergebnis ebenso OLG Celle, Urteil v. 25.06.2008 - Az.: 14 U 14/08). Wenn also der Änderungswille durch die Zuschlagsstelle nicht formuliert wird, braucht der Bieter nicht von einem abändernden Zuschlag auszugehen, zumal er andernfalls nach § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A aufzufordern gewesen wäre, sich unverzüglich über die Annahme zu erklären. Hinzu kommt, dass der Auftraggeber in der Regel ein Interesse daran haben dürfte, durch einen uneingeschränkten Zuschlag und den dadurch erfolgten Vertragsschluss eine gewisse Rechtssicherheit zu erlangen. Damit nimmt er zwar in Kauf, dass ein Vertrag an die tatsächlichen zeitlichen Gegebenheiten angepasst werden muss. Dies kann aber in einem zweiten Schritt geschehen, ohne dass der Bieter es noch in der Hand hätte, den Vertragsschluss selbst zu verhindern, wie dies im Falle eines noch annahmebedürftigen abändernden Zuschlags möglich wäre. Der Auslegung, dass in solchen Fällen zunächst ein Vertrag mit eventuell überholten zeitlichen Vorgaben zustande kommt, stehen vertragsrechtliche Prinzipien nicht entgegen. Es handelt sich in aller Regel nicht um ein absolutes Fixgeschäft, so dass die Bestimmungen über die Unmöglichkeit nicht zur Anwendung kommen, die gemäß §§ 275 Abs. 1, 311a BGB zum Wegfall der primären Leistungspflichten führen würden. Vielmehr entstehen mit dem Zuschlag vertragliche Primärpflichten. Die zeitliche Problematik kann und muss von den Vertragsparteien gelöst werden (OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08). Ergibt sich allerdings aus den Umständen, dass beide Vertragsparteien davon ausgehen, dass trotz vorbehaltloser Verlängerung der Bindefrist sich die Ausführungsfrist ändert, handelt es sich um ein neues Angebot des Auftraggebers gemäß § 150 Abs. 2 BGB (OLG Celle, Urteil v. 25.06.2008 - Az.: 14 U 14/08). Auch aus dem Umstand, dass der Bieter grundsätzlich die Möglichkeit hatte, wegen dieses Verbotes der Nachverhandlung über veränderte Preise bei ihm bekannten oder erkennbaren Preissteigerungen seine Zustimmung zur Verlängerung der Zuschlagsfrist zu versagen, kann nicht hergeleitet werden, der Bieter werde eine solche Nachforderung später nicht anmelden. Sowohl Bauzeiten wie auch Grundlagen der Preisgestaltung sind wesentliche Parameter bei der Angebotskalkulation. Tritt eine erhebliche Preissteigerung ein und macht der Ausschreibende von der Möglichkeit des § 15 VOB/A keinen Gebrauch, so kann gerade der Ausschreibende, der allein Inhalt und Umfang der Ausschreibung bestimmt, nicht erwarten, der Bieter werde an seinem Angebot, das er nicht verändern darf, unverändert festhalten, denn anderenfalls würde der Auftraggeber dem Bieter entgegen § 9 Nr. 2 VOB/A ein unzulässiges erhöhtes Wagnis auferlegen. Redliche Bieter müssten anderenfalls ihre Zustimmung zur Verlängerung der Zuschlagsfrist versagen. Sie schieden dann aus dem Vergabeverfahren und verlören die Möglichkeit, den Zuschlag zu erhalten. Würden alle Bieter so verfahren, so ergäbe sich hieraus für den öffentlichen Auftraggeber entgegen der Auffassung der Beklagten keinerlei (finanzieller) Vorteil, denn das Bauvorhaben müsste neu ausgeschrieben und nunmehr doch zu den inzwischen erhöhten Preisen vergeben werden. Würden hingegen nur einzelne Bieter der Verlängerung nicht zustimmen, andere aber im Vergabeverfahren verbleiben, bestünde für den öffentlichen Auftraggeber ebenfalls die Gefahr, dass er trotz zu erwartender Preissteigerungen gerade den Auftrag nicht an den günstigsten Bieter vergibt, weil aus der Natur der Sache heraus diejenigen Bieter einer Verlängerung nicht zustimmen würden, die ein günstiges Angebot abgegeben haben und eine etwaige Preissteigerung nicht bereits in ihren Angebotspreisen "versteckt" hatten, hingegen eher überteuerte Bieter im Verfahren verblieben (OLG Celle, Urteil v. 25.06.2008 - Az.: 14 U 14/08).

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Dies gilt auch dann, wenn die Verdingungsunterlagen keine kalendermäßig bestimmten Termine vorsehen, der Beginn und die Vollendung der Ausführung sowie die Inbetriebnahme lediglich durch eine Höchstzahl von Werktagen nach Zuschlagserteilung festgelegt sind. Zwar wären, wenn man allein den Wortlaut der Ausschreibungsbedingungen zugrundelegt, in solchen Fällen oftmals die Zeiträume nicht ohne weiteres überholt, weil sie statt von dem Datum des zunächst vorgesehenen Zuschlags vom Datum des später tatsächlich erfolgten Zuschlags berechnet werden könnten. Eine solche Auslegung verbietet sich jedoch vor dem Hintergrund der den Parteien bekannten grundsätzlichen Bedeutung des Zeitfaktors für die Kalkulation. Der Bieter kann die Ausschreibung dahin verstehen, dass ein Angebot für ein Bauvorhaben gewollt ist, das in bestimmten Zeiträumen (Ende der ursprünglichen Zuschlagsfrist), auszuführen ist. Ein Bieter braucht Fristen, die mit dem Zuschlag beginnen, nicht dahin auszulegen, dass ihm ein Angebot abverlangt wird, in dem mögliche Verschiebungen der Zuschlagsfrist bereits einkalkuliert sind. Zwar kommt es wegen durch Konkurrenten eingeleiteter Nachprüfungsverfahren oder aus sonstigen Gründen vermehrt zu Zuschlagsverzögerungen. Die Bieter können jedoch nicht wissen, ob in einem bestimmten Vergabeverfahren der Fall eintreten und welche Dauer eine etwa eintretende Verzögerung haben wird. Würde man die Ausschreibung dahin verstehen, dass trotz einer verfahrensmäßig bestimmten Zuschlagsfrist die Bieter nicht von einer damit gleichfalls erfolgten Festlegung im Hinblick auf den Beginn materieller Ausführungsfristen ausgehen dürften, wäre die Leistungsbeschreibung wegen §§ 9, 11 VOB/A vergaberechtlich zumindest bedenklich. Der Auftraggeber als Empfänger des Angebotes muss wissen, dass der Bieter ein Angebot kalkuliert und abgibt, dessen zeitliche Komponente auf der ihm mitgeteilten Zuschlagsfrist beruht, und dass mit dem Angebot nicht darüberhinaus das Risiko eines verzögerten Zuschlags übernommen werden soll (OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08). Die dogmatische Herleitung eines Anspruchs des Bieters ist noch nicht abschließend erklärt. Entscheidend ist letztlich, wie sich im Einzelfall die Angleichung des Vertrages an die Wirklichkeit vollzieht. In Betracht kommt, dass man dem Auftraggeber für die vorliegende Fallkonstellation das Recht einräumt, durch eine einseitige Anordnung den zeitlichen Ablauf in Fortschreibung der überholten Fristen vorzugeben. Dann ergibt sich der Mehrpreisanspruch des Bieters aus einer direkten Anwendung des § 2 Nr. 5 VOB/B. Eine andere Ansicht ist, wegen der zeitlichen Überholung kommt es ohne Mitwirkung der Parteien unmittelbar zu einer Anpassung von Fristen und Vergütung. Die Vertreter dieser Meinung leiten ihr Ergebnis insbesondere aus einer ergänzenden Vertragsauslegung oder einer Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB her und beziehen sich wegen der Höhe der Mehrforderung zumeist ebenfalls auf den Maßstab, wie er auch für die Fälle des § 2 Nr. 5 VOB/B gilt (OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08; OLG Naumburg, Urteil v. 02.10.2008 - Az.: 1 U 42/08). Das OLG Saarbrücken plädiert für die Anwendung der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Geschäftsgrundlage sind die bei Abschluss des Vertrages zu Tage tretenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die der einen Partei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Partei von dem Vorhandensein oder dem Eintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut. Nach dieser allgemeinen Definition kann die vorgegebene Leistungszeit Geschäftsgrundlage sein. Es liegt auf der Hand, dass der Auftragnehmer den Preis nicht unbefristet anbieten kann. Im Regelfall werden alle zur Ausführung benötigten Materialien und Betriebsmittel zu den bei Beginn der Bauausführung marktüblichen Preisen bestellt. Auch die Arbeitslöhne sind nicht nach den zum Zeitpunkt der Angebotserteilung, sondern nach den zum Zeitpunkt der Leistungserbringung gültigen Tarifen zu vergüten. Nichts anders gilt für den Einsatz eventueller Nachunternehmer: Auch diese werden sich nur eine beschränkte Zeit an das

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abgegebene Nachunternehmerangebot binden wollen. Die Rechtsgrundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sind mit dem vergaberechtlichen Regelungsregime der VOB/A vereinbar. Auch die VOB/A sehen Regelungen vor, die man als Ausprägung von Treu und Glauben verstehen kann. So formuliert etwa § 9 Nr. 2 VOB/A, dass dem Auftragnehmer kein ungewöhnliches Wagnis für solche Umstände aufgebürdet werden darf, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus einschätzen kann. Mit dieser Regelung korrespondiert § 15 VOB/A, der es dem Ausschreibenden ermöglicht, in den beschriebenen Fällen unvorhergesehener Wagnisse eine angemessene Änderung der Vergütung in den Verdingungsunterlagen vorzusehen. Letztlich erzielt nur eine Vertragsanpassung nach den Rechtsgrundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage angemessene Ergebnisse: Der Bieter soll nicht jedwede Änderung der Kalkulationsgrundlage umlegen können. Er verdient nur dann Schutz, wenn erhebliche Preiserhöhungen den wirtschaftlichen Erfolg nachhaltig gefährden. In diesem Sinne muss die unveränderliche Übernahme des Vertrages für eine Seite unzumutbar sein (OLG Saarbrücken, Urteil v. 13.05.2008 - Az.: 4 U 500/07). Wenn der Auftraggeber eine für ihn bestehende Preisgefahr ausschließen will, die daraus folgt, dass ausgeschriebene und angebotene Ausführungszeiten der tatsächlichen Ausführung nicht mehr zugrunde gelegt werden können, muss er nach Möglichkeiten suchen, das Ausschreibungsverfahren aufzuheben (§ 26 VOB/A) oder unter Änderung der Vorgaben in ein früheres Stadium zurückzuversetzen, das die Möglichkeit zur Abgabe qualifizierter Angebote eröffnet (OLG Hamm, Urteil v. 26.06.2008 - Az.: 21 U 17/08). Ähnlich argumentiert das OLG Saarbrücken. Bemerkt der Bieter nach der Durchführung der Kostenkontrolle, dass die angebotenen Preise aufgrund von Umständen, die während der Bindefrist aufgetreten sind, nicht auskömmlich sind, steht es ihm frei, die Bindefrist abzulehnen oder sein Angebot mit einem Preisanpassungsvorbehalt zu versehen. In beiden Fällen riskiert der Bieter, dass sein Angebot bei der Vergabe keine Berücksichtigung findet. Diese Rechtsfolge steht – so schmerzlich sie für den Bieter auch sein mag – mit Sinn und Zweck des Vergabeverfahrens durchaus in Einklang: Das Vergabeverfahren will im Interesse eines sparsamen Einsatzes öffentlicher Gelder das wirtschaftlichste Angebot ermitteln. Das gelingt nur dann, wenn sich die Zuschlagssumme mit der tatsächlich geschuldeten Preisforderung deckt. Erkennt der Bieter während des Vergabeverfahrens, dass er den von ihm angebotenen Preis nicht halten kann, so muss er dies auch im Interesse der Bietergemeinschaft artikulieren und sich dem Wettbewerb stellen. Denn andernfalls würden die Mitbieter benachteiligt, die nach Erteilung des Zuschlags an den nachvertraglichen Preisanpassungen nicht mehr beteiligt sind. Kann der Bieter die Angebotspreise nicht halten und scheidet er deshalb aus dem Vergabeverfahren aus, so muss er die entstandenen Aufwendungen nicht in jedem Falle selber tragen: Bereits mit der Anforderung der Ausschreibungsunterlagen kommt zwischen dem Auftraggeber und den Bietern ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis zu Stande, das die Parteien zu gegenseitiger Rücksichtnahme und Sorgfalt verpflichtet. Diese Vertragspflichten werden verletzt, wenn der Auftraggeber entgegen § 16 Nr. 1 VOB/A zu einem Zeitpunkt ausgeschrieben hat, in dem erkennbar gewesen ist, dass nicht innerhalb der angegebenen Fristen mit der Ausführung begonnen werden kann. In einem solchen Fall steht dem Bieter zumindest ein Anspruch auf Erstattung seines Vertrauensschadens zu. Schließlich stellt das hier vertretene Ergebnis die Funktionsfähigkeit des Vergabeverfahrens nicht deshalb in Frage, weil der Ausschluss von Bietern im Einzelfall zu einer Neuausschreibung zwingen kann. Zunächst wird die Gefahr einer Aufhebung der Ausschreibung nach § 26 Nr. 1 c) VOB/A durch den Ablauf der Bindefrist dadurch relativiert, dass die Zustimmung zur Verlängerung der Zuschlagsfrist nicht von allen Bietern erklärt werden muss. Dies

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verhindert die missbräuchliche Einleitung von Nachprüfungsverfahren: Ein einzelner, das Nachprüfungsverfahren betreibender Bieter kann nicht darauf spekulieren, dass alle Bieter die Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist verweigern, wenn die Zuschlagsfrist durch die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens nicht eingehalten werden kann. Da alle Bieter von der zeitlichen Verzögerung in gleichem Maße betroffen sind, ist zu erwarten, dass sich auch die verzögerungsbedingten Preissteigerungen auf alle Angebote in gleicher Weise niederschlagen. Damit fehlt die Motivation, das Nachprüfungsverfahren allein deshalb einzuleiten, weil sich der Antragsteller aus der zeitlichen Verzögerung eine Verbesserung seiner Wettbewerbssituation verspricht (OLG Saarbrücken, Urteil v. 13.05.2008 - Az.: 4 U 500/07). Zur Frage eines eventuellen Ausschlusses eines Bieters wegen mangelnder Leistungsfähigkeit infolge einer vom Bieter gewünschten Bauzeitanpassung wegen einer erwarteten Verzögerung des Baubeginns infolge einer Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist vgl. die Kommentierung zu § 97 GWB RZ 422/1. Verzögert sich der Baubeginn durch ein Nachprüfungsverfahren, so ist die Leistungszeit in entsprechender Anwendung von § 6 Nr. 1 VOB/B und die Vergütung in entsprechender Anwendung von § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen. Wenn der öffentliche Auftraggeber eine Vertragsanpassung in der einen oder anderen Hinsicht schon dem Grunde nach ablehnt, steht dem Auftragnehmer sogar ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Wenn der Auftraggeber in dieser Situation den Zuschlag erteilt und er den Auftragnehmer zur Aufnahme der Arbeiten auffordert, ist der Auftragnehmer wegen des bestehenden Leistungsverweigerungsrechts zum Arbeitsbeginn nicht verpflichtet. Sofern der Auftraggeber wegen der Leistungsverweigerung dann kündigt, ist eine erklärte außerordentliche Kündigung gem. § 8 Nr. 3 VOB/B unwirksam und als freie Kündigung nach § 8 Nr. 1 VOB/B zu behandeln. Der Auftragnehmer kann dann mit einer auf § 649 BGB, § 8 Nr. 1 VOB/B gestützten Klage Vergütungsansprüche geltend machen (OLG Naumburg, Urteil v. 02.10.2008 - Az.: 1 U 42/08). Der BGH hat diese Frage zwischenzeitlich für die Fallkonstellationen, in denen der Zuschlag erteilt wird, ohne dass zuvor oder gleichzeitig Erklärungen zur Frage der Ausführungszeiten und -fristen oder zu hiervon abhängenden Mehrvergütungen abgegeben werden und in denen die Parteien bereits Erklärungen zur Anpassung der vorgesehenen Regelungen zur Bauzeit oder zur hiervon abhängenden Vergütung abgegeben haben, ohne dass allerdings eine ausdrückliche Erklärung hierzu zusammen mit dem Zuschlag erfolgt ist, entschieden (BGH, Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08). Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont des Erklärungsempfängers kann das ohne ausdrückliche Ergänzungen oder Änderungen abgegebene Angebot eines Bieters nur so verstanden werden, dass es die Bedingungen der Ausschreibung akzeptiert, wenn der Ausschreibungstext des Auftraggebers keine Regelung für den Fall einer verzögerten Vergabe enthält. Es kann auch nicht über seinen Wortlaut hinaus dahin verstanden werden, dass im Fall einer verzögerten Vergabe Abweichungen oder ergänzende Regelungen gelten sollen. Auch die in der Ausschreibung enthaltenen Vertragsbedingungen, auf die sich der Bieter bezieht und die deshalb Inhalt seines Angebots werden, enthalten keine derartigen Eventualregelungen für etwaige Verzögerungen des Zuschlags. Sie können weder mit einer ergänzenden Auslegung des Angebots erklärt werden noch sind sie hierin stillschweigend enthalten (BGH, Urteil v.

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10.09.2009 - Az.: VII ZR 82/08; Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08; OLG Celle, Urteil v. 17.06.2009 - Az.: 14 U 62/08). Einzelne Willenserklärungen unterliegen mit der Ausnahme einseitiger Rechtsgeschäfte keiner ergänzenden Auslegung, weil sie noch keine Rechtswirkungen erzeugen; deshalb kann das Angebot des Bieters nicht isoliert ergänzend ausgelegt werden. Mit einer ergänzenden Auslegung können nur Lücken eines Rechtsgeschäfts geschlossen werden, indem an den in ihm enthaltenen Regelungsplan angeknüpft wird und hieraus unter Berücksichtigung von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte Regelungen für offengebliebene Punkte abgeleitet werden. Ausschreibung und Angebot können auch nicht dahin verstanden werden, dass sie stillschweigend Regelungen für noch völlig ungewisse Verzögerungen enthalten. Bei der Auslegung von Erklärungen im formalisierten Vergabeverfahren ist zu berücksichtigen, dass diese regelmäßig so zu verstehen sind, dass sie im Einklang mit den vergaberechtlichen Bestimmungen stehen. Wenn der Wortlaut der Erklärungen diesem Erfordernis ohne weiteres genügt, kann ihnen deshalb nicht ein weiterer, stillschweigender Inhalt beigemessen werden, der vergaberechtlich bedenklich wäre. Die nach § 97 Abs. 1 GWB erforderliche Transparenz des Vergabeverfahrens, die auch möglichst klare Verdingungsunterlagen erfordert, würde hierdurch eingeschränkt. Eine Erklärung, der Verlängerung der Bindefrist zuzustimmen, hat lediglich die Bedeutung, dass das ursprüngliche Vertragsangebot inhaltlich konserviert und die rechtsgeschäftliche Bindungsfrist an das Angebot gemäß § 148 BGB, zugleich Bindefrist nach § 19 Nr. 3 VOB/A, verlängert wird. Aussagen dazu, was vertraglich zu gelten hat, wenn die Ausführungsfristen der Ausschreibung und des Angebots nicht mehr eingehalten werden können, sind damit nicht verbunden (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08; Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08; OLG Celle, Urteil v. 17.06.2009 - Az.: 14 U 62/08). Auch bei der Auslegung solcher Erklärungen zur Bindefristverlängerung ist zu berücksichtigen, dass diese regelmäßig so zu verstehen sind, dass sie im Einklang mit den vergaberechtlichen Bestimmungen stehen (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 255/08; Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08). Eine Änderung des Angebots - z.B. durch die Auslegung, dass neue Fristen und eine neue Vergütung angeboten werden - steht jedoch im Widerspruch zu vergaberechtlichen Grundsätzen. Denn nach § 21 Nr. 1 Abs. 3 VOB/A sind Änderungen an den Verdingungsunterlagen unzulässig. Ein Verstoß hiergegen führt zum zwingenden Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bieter eine Erklärung mit einer (stillschweigenden) Änderung an den Verdingungsunterlagen abgegeben habe und damit riskierte, aus dem Vergabeverfahren ausgeschlossen zu werden. Das gilt in der Regel selbst dann, wenn im Zusammenhang mit einer Bindefristverlängerung erklärt wird, man behalte sich im Falle verschobener Ausführungsfristen und hierdurch erhöhter Kosten die Geltendmachung einer Mehrvergütung vor. Denn dies bedeutet im Zweifel nicht, das Angebot modifizieren zu wollen, sondern nur, gegebenenfalls mögliche Ansprüche aus dem später abgeschlossenen, nach den Vergabebedingungen zustandegekommenen Vertrag auch geltend machen zu wollen (BGH, Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08; OLG Celle, Urteil v. 17.06.2009 - Az.: 14 U 62/08). In Fällen, in denen der Zuschlag erteilt wird, ohne dass zuvor oder gleichzeitig Erklärungen zur Frage der Ausführungszeiten und -fristen oder zu hiervon abhängenden Mehrvergütungen abgegeben werden und für Fälle, in denen die Parteien bereits Erklärungen zur Anpassung der vorgesehenen Regelungen zur Bauzeit oder zur hiervon abhängenden Vergütung abgegeben haben, ohne dass allerdings eine ausdrückliche Erklärung hierzu zusammen mit dem Zuschlag erfolgt ist, bleibt es dabei,

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dass der Vertrag hiermit zu den ursprünglichen Bedingungen - auch hinsichtlich der Bauzeit - geschlossen wird, obwohl diese bereits tatsächlich obsolet geworden sind. Im Rahmen des auch für den modifizierten Zuschlag geltenden § 150 Abs. 2 BGB sind die Grundsätze von Treu und Glauben anzuwenden. Sie erfordern, dass der Empfänger eines Vertragsangebots, wenn er von dem Vertragswillen des Anbietenden abweichen will, dies in der Annahmeerklärung klar und unzweideutig zum Ausdruck bringt. Erklärt der Vertragspartner seinen vom Angebot abweichenden Vertragswillen nicht hinreichend deutlich, so kommt der Vertrag zu den Bedingungen des Angebots zustande. Zum einen ist dies die einzige Möglichkeit, das wesentliche Ziel des Vergabeverfahrens, es mit einem Vertragsschluss zu beenden, mit Sicherheit zu erreichen. Ginge man von einer Annahme unter Abänderungen aus, hätte es der Bieter in der Hand zu entscheiden, ob das bis dahin ordnungsgemäß durchgeführte Vergabeverfahren letztlich vergeblich war; er wäre an sein Angebot gerade im Widerspruch zu den erklärten Bindefristverlängerungen faktisch nicht mehr gebunden. Außerdem bestünde die Gefahr, dass es möglicherweise nie zu einem Vertragsschluss kommt. Denn auch bei jedem mangels Vertragsschluss neu durchgeführten Vergabeverfahren könnten Verzögerungen durch Nachprüfungsverfahren eintreten, die wieder dieselben Folgen hätten. An einem solchen Ergebnis kann niemand interessiert sein; es muss tunlichst vermieden werden (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08; Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08). Im Übrigen ist es dem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich nicht gestattet, mit den Bietern über Änderungen der Angebote und Preise zu verhandeln, § 24 Nr. 3 VOB/A. Eine Änderung des Angebots liegt auch vor, wenn die Bauzeit abweichend von den Ausschreibungsbedingungen bestimmt werden soll, wobei hier dahinstehen kann, ob eine geringfügige Änderung der Bauzeit in entsprechender Anwendung des § 24 Nr. 3 VOB/A (unumgängliche technische Änderungen geringen Umfangs) zulässig ist. Ein Verstoß gegen dieses Nachverhandlungsverbot führt zwar nicht zum Ausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A, doch wäre eine Wertung der Änderung verboten. Da dem Auftraggeber nicht unterstellt werden kann, gegen das Nachverhandlungsverbot verstoßen zu wollen, kann in einem Zuschlag, der dem Wortlaut nach das ursprüngliche Angebot akzeptiert, keine stillschweigende Anfrage nach Veränderung der angebotenen Ausführungsfrist, weder mit gleichbleibender noch veränderter Vergütungsvereinbarung, gesehen werden. Nachvollziehbare Versuche, nach Ablauf der Angebotsfrist den in Aussicht genommenen Vertrag im Hinblick auf Verzögerungen durch Auslegung des Zuschlags anzupassen, kollidieren sowohl mit dem Wettbewerbsprinzip gemäß § 97 Abs. 1 GWB als auch mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs. 2 GWB und dem in § 24 Nr. 3 VOB/A statuierten Nachverhandlungsverbot. Jedenfalls im Zeitpunkt der Erklärung des Zuschlags gegenüber dem Bieter ist der Auftraggeber hieran noch gebunden, weil anderenfalls der hiermit verbundene Schutz des Wettbewerbs und der Bieter im Vergabeverfahren unvollkommen wäre. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A. Denn diese Regelung erlaubt einen veränderten Zuschlag nur dann, wenn nicht gegen das Nachverhandlungsverbot verstoßen wird. Vertragsrechtliche Prinzipien stehen einem solchen Verständnis nicht entgegen. Es handelt sich bei einem Bauvertrag in der Regel nicht um ein Fixgeschäft, so dass die vertraglichen Hauptleistungspflichten unabhängig davon wirksam sind, inwieweit zeitliche Leistungsstörungen eintreten. Das ergibt sich aus den Regeln des allgemeinen Schuldrechts zu zeitlichen Leistungsstörungen. Deshalb entstehen die vertraglichen Hauptleistungspflichten auch, wenn die zeitlichen Vertragsvorgaben durch den Zeitablauf bereits bei Vertragsschluss überholt sind. Auch aus dem Willen der Vertragsparteien ergibt sich nichts anderes: Eine Gleichsetzung mit dem Fall der Unmöglichkeit der Erfüllung der Hauptleistungspflicht ist von ihnen nicht gewollt, weil beide Parteien, wie ihr gesamtes Verhalten während des Vergabeverfahrens durchgehend

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zeigt, gerade die Durchführung des Vertrages wollen (BGH, Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08). Nach einem solchen Vertragsschluss kann es bei den vereinbarten Fristen nicht verbleiben. Sie sind aus tatsächlichen Gründen bereits gegenstandslos. Ein ersatzloser Wegfall entspricht jedoch nicht dem Willen der Parteien. Das ergibt sich daraus, dass sie im Vertrag Regelungen zur zeitlichen Durchführung vereinbart haben. Das Verhalten der Parteien ist deshalb dahin auszulegen, dass sie den Vertrag zwar bereits bindend schließen, über neue, dem eingetretenen Zeitablauf Rechnung tragende Fristen jedoch noch eine Einigung herbeiführen wollen. Die Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 S. 1 BGB greift in einem solchen Fall nicht, sofern sich die bestehende Vertragslücke ausfüllen lässt. Fehlen hierfür geeignete dispositive Gesetzesvorschriften, sind die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung anzuwenden. Kommt es nicht zu der von den Parteien erwarteten nachträglichen Einigung, existiert eine zu füllende Regelungslücke. Bei der ergänzenden Auslegung ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner für den von ihnen nicht geregelten Fall vereinbart hätten. Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen; die darin enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Handelt es sich um einen so genannten Austauschvertrag, so besteht die Vermutung, dass nach dem Geschäftswillen der Parteien Leistung und Gegenleistung in einem ausgewogenen Verhältnis standen. Die Bauzeit ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls anzupassen. Besonderheiten, wie etwa Bauerschwernisse oder -erleichterungen durch jahreszeitliche Verschiebungen, sind unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen beider Parteien und vor dem Hintergrund, dass der Auftragnehmer der Bindefristverlängerung zugestimmt hat, zu berücksichtigen. Die Grundsätze des vereinbarten § 6 Nr. 3 und 4 VOB/B sind sinngemäß zu berücksichtigen. Zugleich ist der vertragliche Vergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen. Diese Vorschrift haben die Parteien mit der Einbeziehung der VOB/B als angemessene Regel bei einer durch den Auftraggeber veranlassten Änderung der Grundlagen des Preises vereinbart. Die Vermutung der Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung gilt bei einem Bauvertrag nicht unabhängig von der vereinbarten Leistungszeit, weil diese regelmäßig Einfluss auf die Vereinbarung der Höhe der Vergütung des Auftragnehmers hat. Deshalb hat die durch ein verzögertes Vergabeverfahren bedingte Änderung der Leistungszeit auch zur Folge, dass die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, sich auf eine angepasste Vergütung zu verständigen. Soweit die durch ein Vergabenachprüfungsverfahren verursachte Verzögerung zu einer Änderung der Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung führt, ist dies einer nach Vertragsschluss durch den Auftraggeber veranlassten Änderung vergleichbar. Denn in beiden Fällen besteht nach Treu und Glauben keine Veranlassung, das Risiko von Änderungen der Grundlagen des Preises dem Auftragnehmer zuzuweisen (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08; Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08; OLG Celle, Urteil v. 17.06.2009 - Az.: 14 U 62/08). Der Auftraggeber kann sich dem Bieter gegenüber nicht darauf berufen, kein Verschulden an der Verzögerung zu haben, die durch ein unberechtigtes Nachprüfungsverfahren entstanden ist. Der Rechtsordnung ist es nicht fremd, dass dem Auftraggeber auch Risiken zugewiesen werden, die durch unverschuldete Verzögerungen eintreten. Deshalb ist es nicht von vornherein verfehlt, dem Auftraggeber als Herrn des Vergabeverfahrens die Risiken einer zeitlichen Verzögerung durch Einleitung eines unberechtigten Nachprüfungsverfahrens zuzuweisen. Die Verzögerung des Vergabeverfahrens darf nicht zu Lasten des Bieters gehen, der sich im Wettbewerb

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durchgesetzt hat. Die Einrichtung des Vergaberechtsschutzes nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen soll die Rechtsstellung der Bieter gegenüber den Auftraggebern stärken, nicht schwächen. Wird diese Rechtsposition in Anspruch genommen, darf das nicht dazu führen, dass die Bieterseite am Ende wirtschaftlich schlechter dasteht als zuvor, indem die Verzögerungskosten auf sie übergewälzt werden. Bestünde diese latente Gefahr, würde der Rechtsschutz dadurch entwertet. Der Auftraggeber wird unter Umständen zwar mit in dem ursprünglichen Vertragspreis nicht enthaltenen Mehrkosten belastet. Das ist aber nicht unbillig. Denn ein Vergleich mit dem ursprünglichen Preis ist in diesem Zusammenhang nicht maßgebend. Eine Bauausführung zu dem vorgesehenen Termin war nicht möglich, was auf der Entscheidung des Gesetzgebers zur Eröffnung eines Vergabenachprüfungsverfahrens beruht. Der Auftraggeber wird im Grundsatz durch die Belastung mit den Mehrkosten nicht unangemessen benachteiligt, weil er auch bei einer zeitnah zur tatsächlichen Ausführung erfolgten Ausschreibung diese Kosten in der Regel in ähnlicher Weise zu tragen gehabt hätte (BGH, Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08). Zwar kann dadurch, dass die Mehrvergütung ausschließlich mit dem Vertragspartner unter Ausschluss des Wettbewerbs vereinbart wird, die Situation entstehen, dass der Auftraggeber ex post betrachtet nicht dem wirtschaftlichsten Bieter den Zuschlag erteilt hat. Dass der wirtschaftlichste Bieter sich im Nachhinein nicht als solcher erweist, ist nichts Außergewöhnliches. Vielmehr ist es bei einem Bauvertrag häufig so, dass sich im Verlauf der Durchführung der Arbeiten Änderungen ergeben, die auch zu Preisänderungen führen. Es ist nie ausgeschlossen, dass sich dadurch im Endergebnis im Gegensatz zum Zeitpunkt des Zuschlags der Auftragnehmer nicht mehr als der Wirtschaftlichste herausstellt. Die damit verbundene Einschränkung des Wettbewerbs ist unvermeidbar. Sie ließe sich in solchen Fällen nur verhindern, indem man bei jeder eingetretenen Verzögerung den Wettbewerb neu eröffnete. Dadurch würde aber der bisher wirtschaftlichste Bieter benachteiligt, weil alle anderen Bieter jetzt in Kenntnis seines Angebots neu bieten könnten; zum anderen eröffnete dies die bereits dargestellte Gefahr einer endlosen Schleife von Vergabeverfahren, die nie durch einen Vertragsschluss beendet werden könnte. Ebenso nicht zu vermeiden ist der für den Auftraggeber verbleibende Nachteil, dass er unter Umständen mit für ihn nicht vorhergesehenen Gesamtkosten belastet wird. Auch dies ist wegen der einem Bauvertrag innewohnenden Änderungsrisiken nichts Außergewöhnliches. Der Auftraggeber ist diesem Risiko nicht schutzlos ausgeliefert. Sofern sich aufgrund von Vergabeverzögerungen gravierende Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen abzeichnen, hat er die Möglichkeit, die Ausschreibung unter den Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 c) VOB/A aufzuheben. Entscheidet sich der Auftraggeber dagegen zur Erteilung des Zuschlags, kann ihm zugemutet werden, das Risiko von Preiserhöhungen zu tragen (BGH, Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08). Sämtliche genannten Erwägungen gelten unabhängig von dem Ausmaß der Änderungen der Grundlagen des Preises. Es müssen nicht die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB vorliegen. Die im Vertrag in § 2 Nr. 5 VOB/B zum Ausdruck gekommene Wertung zeigt, dass die Vertragsparteien nicht erst schwerwiegende Veränderungen der Preisgrundlagen zum Anlass für Vergütungsanpassungen nehmen wollen. Auch Änderungen geringeren Ausmaßes hätten bereits die oben dargestellten, nicht gewünschten Nachteile für den Bieter. Die Parteien hätten redlicherweise auch eine nicht schwerwiegende Änderung der Preisgrundlagen nicht dem Risikobereich des Bieters zugeordnet, weil es hierfür keine Rechtfertigung gibt. Als einziger denkbarer Anknüpfungspunkt käme nur dessen Erklärung zur Bindefristverlängerung in Betracht. Nachteile aus der Verlängerung der Bindefrist dürfen dem Bieter jedoch nicht

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entstehen, weil er keine andere Möglichkeit hat, die ihm günstige Position im Wettbewerb zu bewahren (BGH, Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08). Es ist hinzunehmen, dass die Parteien nach dieser Lösung sehenden Auges einen Vertrag schließen, der nicht in jeder Hinsicht wie vereinbart durchführbar ist und dass im Hinblick darauf, dass die Vereinbarung über die verzögerungsbedingten Mehrkosten nur mit dem Auftragnehmer getroffen wird, das Gleichbehandlungsgebot tangiert sein könnte. Beides beruht darauf, dass der Gesetzgeber es insbesondere nach Einführung des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens, das zu einem zeitlich befristeten Zuschlagsverbot (§ 115 GWB) und damit regelmäßig zu - teils erheblichen - Verzögerungen des Vergabeverfahrens führt, versäumt hat, hierauf abgestimmte Regelungen zum weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens und zum Zuschlag zu schaffen. Ebenso wenig ist die VOB/A hieran angepasst. Eine in jeder Hinsicht befriedigende und überzeugende Lösung der sich daraus ergebenden Probleme ist nicht möglich. Sie ist so vorzunehmen, dass die berechtigten Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der Grenzen, die die Regelungen zum Vergabeverfahren setzen, bestmöglich berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 11.05.2009 - Az.: VII ZR 11/08). In einem dem Urteil des BGH nachfolgenden Urteil betont das OLG Celle, dass das Vergaberecht selbst keine eigenständigen Vorschriften zu dem Interessenkonflikt enthält, der entsteht, wenn aufgrund nachprüfungsbedingter Verzögerungen die Kalkulationsgrundlage von Bieterangeboten wegen steigender (oder fallender) Preise sich gravierend ändert (OLG Celle, Urteil v. 17.06.2009 - Az.: 14 U 62/08). Aus dem Umstand, dass der Bieter grundsätzlich die Möglichkeit hat, wegen dieses Verbotes der Nachverhandlung über veränderte Preise bei ihm bekannten oder erkennbaren Preissteigerungen seine Zustimmung zur Verlängerung der Zuschlagsfrist zu versagen, kann nicht hergeleitet werden, der Bieter werde eine solche Nachforderung später nicht anmelden. Sowohl Bauzeiten wie auch Grundlagen der Preisgestaltung sind wesentliche Parameter bei der Angebotskalkulation. Tritt eine erhebliche Preissteigerung ein und macht der Ausschreibende von der Möglichkeit des § 15 VOB/A keinen Gebrauch, so kann gerade der Ausschreibende, der allein Inhalt und Umfang der Ausschreibung bestimmt, nicht erwarten, der Bieter werde an seinem Angebot, das er nicht verändern darf, unverändert festhalten, denn anderenfalls würde der Auftraggeber dem Bieter entgegen § 9 Nr. 2 VOB/A ein unzulässiges erhöhtes Wagnis auferlegen. Redliche Bieter müssten anderenfalls ihre Zustimmung zur Verlängerung der Zuschlagsfrist versagen. Sie schieden dann aus dem Vergabeverfahren und verlören die Möglichkeit, den Zuschlag zu erhalten (OLG Celle, Urteil v. 17.06.2009 - Az.: 14 U 62/08). Nimmt ein Auftraggeber das Angebot des Auftragnehmers auf Abschluss eines Bauvertrages mit der Maßgabe an, dass eine neue Bauzeit festgelegt wird, gilt das als Ablehnung, verbunden mit einem neuen Antrag auf Abschluss des Vertrages. Damit liegt eine modifizierte Annahme des unverändert gebliebenen Bieterangebotes vor, die sich rechtlich gemäß § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des Angebotes des Bieters und neues Angebot darstellt, denn bereits geringfügige Änderungen des Antrages gelten als Ablehnung und neuer Antrag. Die Veränderung der Bauzeit stellt im Übrigen einen wesentlichen Parameter für die Angebotskalkulation des Bieters dar (OLG Celle, Urteil v. 17.06.2009 - Az.: 14 U 62/08). In diesem Punkt unterscheidet sich auch der dem Urteil des OLG Celle zugrunde liegende Lebenssachverhalt von dem der Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Sachverhalt.

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Dieser rechtlichen Bewertung steht nicht das Nachverhandlungsverbot des § 24 Nr. 3 VOB/A entgegen, da es sich dabei nur um ein Verbot weiterer Verhandlungen über Änderungen der Angebote oder Preise während eines Bieterverfahrens handelt, die Vorschrift jedoch für die Zeit nach dem Zuschlag gilt. Ausweislich § 28 Nr. 2 VOB/A kann der Zuschlag vielmehr ausdrücklich mit Änderungen erteilt werden (OLG Celle, Urteil v. 17.06.2009 - Az.: 14 U 62/08). Mit dieser Bewertung unterscheidet sich das OLG Celle eindeutig vom BGH; da das OLG Celle jedoch die Revision zugelassen hat, wird der BGH diese Frage in absehbarer Zeit endgültig klären. Ein Vertrag, der aufgrund eines hinsichtlich der Bauzeit modifizierten Angebotes des Bestellers zustande kommt, kann nicht dahin ausgelegt werden, der Besteller wolle sich vertraglich verpflichten, dem Unternehmer etwaige Mehrkosten, die durch die Bauzeitveränderung entstehen, zu ersetzen. Anders als in den beiden vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fallgestaltungen ist bei der Festlegung einer neuen Bauzeit im Zuschlagsschreiben nicht davon auszugehen, der Vertrag komme nicht zu dem angebotenen Preis zustande (OLG Celle, Urteil v. 17.06.2009 - Az.: 14 U 62/08). Dem Bieter steht zwar unter dem Gesichtspunkt der Kooperationspflicht der Parteien eines Bauvertrages unter Berücksichtigung von Treu und Glauben grundsätzlich ein Anspruch auf Vereinbarung neuer Vertragspreise zu. Das Bestehen einer solchen Kooperationspflicht ist grundsätzlich allgemein anerkannt. Es obliegt jedoch dem Bieter, rechtzeitig i. S. d. § 147 BGB einen neuen Preis anzumelden, wenn er dies nach einer verzögerten Vergabe für notwendig hält, denn dem Unternehmer wiederum muss bewusst sein, dass insoweit sein neues Vergütungsangebot erkennbar für den Besteller Grundlage seiner endgültigen Vergabeentscheidung ist. Gerade die Grundsätze von Treu und Glauben gebieten es nicht, einen Bieter zu schützen, der „sehenden Auges“ ein verändertes Angebot annimmt und - obwohl ihm erhebliche Preiserhöhungen bereits bekannt sind - solche seinerseits nicht anmeldet. In diesem Fall gilt gerade nicht der Grundsatz, der Besteller dürfe nicht erwarten, dass der Bieter trotz der zeitlichen Verzögerung sich an sein altes Angebot hinsichtlich der Preise weiterhin gebunden hält (OLG Celle, Urteil v. 17.06.2009 - Az.: 14 U 62/08). In weiteren Entscheidungen (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08; Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 82/08) hat sich der BGH mit der Sachverhaltsalternative befasst, dass zwar eine Verlängerung der Bindefrist, aber keine Verlängerung der Ausführungsfrist vorliegt. Für diese Alternative verneint der BGH einen Anspruch des Bieters auf Ersatz der verzögerungsbedingten Mehrkosten. Die ergänzende Vertragsauslegung setzt eine zu füllende Regelungslücke im Vertrag voraus. Eine solche Lücke kann bestehen, wenn sich im Vertrag keine Regelung für den Fall findet, dass sich durch die Verzögerung des Vergabeverfahrens die im Vertrag festgelegten Leistungspflichten ändern und es bei den vereinbarten Ausführungsfristen aus tatsächlichen Gründen nicht verbleiben kann. Ändern sich die Kalkulationsgrundlagen eines Bieters infolge einer Verschiebung des Zuschlags, ohne dass dies zu einer Änderung der Ausführungsfristen führt, kommt eine Preisanpassung nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht in Betracht. Ein solcher Vertrag enthält keine Regelungslücke. Der in der Ausschreibung vorgesehene Zeitpunkt des Zuschlags wird nicht Vertragsbestandteil (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08; Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 82/08).

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§ 2 Nr. 5 Satz 1 VOB/B ist eine Vertragsbestimmung, die eine Vereinbarung eines neuen Preises unter der Voraussetzung vorsieht, dass durch die Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden. Diese Regelung ist nur auf solche Änderungen des Bauentwurfs oder Anordnungen des Auftraggebers anwendbar, die den geschlossenen Vertrag abändern. Ihnen liegt zugrunde, dass das Äquivalenzverhältnis des geschlossenen Vertrages erhalten bleiben muss, wenn der Auftraggeber durch Ausübung eines einseitigen Bestimmungsrechts den Leistungsinhalt ändert. Es liegt auf der Hand, dass § 2 Nr. 5 VOB/B nicht den Fall regelt, dass der Auftraggeber eine Bindefristverlängerung erbittet. Denn in diesem Fall wird der Leistungsinhalt des Vertrages nicht berührt. Es ändern sich möglicherweise durch die Bindefristverlängerung des Bieters seine Kalkulationsgrundlagen. § 2 Nr. 5 VOB/B bietet keine Grundlage, deswegen eine Preisanpassung zu verlangen (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08; Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 82/08). Auch eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) kommt bei einer verzögerten Zuschlagserteilung ohne Änderung der Ausführungszeit für die Bauleistung nicht in Betracht. Geschäftsgrundlage sind die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut. Es ist Sache des Unternehmers, wie er den Preis eines Bauvertrags kalkuliert. Er trägt allgemein das Risiko einer auskömmlichen Kalkulation. Die Kalkulation eines Unternehmers wird grundsätzlich nicht Geschäftsgrundlage, selbst wenn sie dem Besteller offen gelegt wird. Es müssen besondere Umstände hinzukommen, die die Annahme rechtfertigen, der Auftraggeber habe die Kalkulation in seinen Geschäftswillen ungeachtet dessen aufgenommen, dass es grundsätzlich Sache und Risiko des Unternehmers ist, wie er kalkuliert. Der Bieter kann sein Angebot unter Berücksichtigung der Binde- und Zuschlagsfrist kalkulieren. Eine solche Kalkulation ist zunächst nicht riskant. Sie schafft relative Preissicherheit und erlegt dem Bieter nur die allgemeinen Risiken sich ändernder Preise auf. Diese Preisrisiken kann er durch die Einholung von Angeboten der Lieferanten und Nachunternehmer minimieren, die sich bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an ihr Angebot gebunden halten. Dass der Bieter mögliche Änderungen der Zuschlagstermine nicht einkalkuliert, ist nicht zu beanstanden. Er ist dazu nicht verpflichtet und es kann ihm bei einer Vergabe auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er solche Änderungen nicht einkalkuliert hat (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08; Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 82/08). Der Bieter in einem Vergabeverfahren, das nicht den Regelungen der VOB/A unterliegt, hat auf ein Ansinnen des Ausschreibenden, die Bindefrist zu verlängern, andere Möglichkeiten als in einem Vergabeverfahren mit einer öffentlichen Ausschreibung. Er kann in diesem Verfahren die Verlängerung der Bindefrist davon abhängig machen, dass seinem Verlangen auf Preisänderung zugestimmt wird. Auf diese Weise kann er auf die sich durch die Verlängerung der Bindefrist ergebenden Änderungen der Kalkulationsgrundlage reagieren. Diese Möglichkeit hat der Bieter nicht, wenn er einer Bitte auf Verlängerung der Bindefrist in einem durch öffentliche Ausschreibung eingeleiteten Vergabeverfahren nach der VOB/A zustimmt. Es ist ihm nicht gestattet, wegen durch die Verschiebung der Bindefrist veränderter Kalkulationsgrundlagen eine Änderung des angebotenen Preises zu verlangen. Das verstieße gegen das Nachverhandlungsverbot, § 24 Nr. 3 VOB/A. Würde er mit der Bindefristverlängerung ein neues Angebot vorlegen, müsste dies gemäß § 25 Nr. 1

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Abs. 1 a) VOB/A ausgeschlossen werden. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter ausgerichtetes Vergabeverfahren ist nur zu gewährleisten, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebender Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden. Der Bieter kann also einer Bindefristverlängerung nur zustimmen, wenn er das ursprüngliche Angebot aufrechterhält. Ist er aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, das Angebot aufrechtzuerhalten, muss der Bieter die Bindefristverlängerung verweigern. Auf diese Weise macht er den Weg frei für andere Bieter, unter Umständen sogar solche, die das Nachprüfungsverfahren eingeleitet haben (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 82/08). Dem Auftraggeber ist zwar auch bekannt, dass der Bieter nur die Wahl hat, die Zustimmung zu erklären oder aus dem Verfahren auszuscheiden. Das rechtfertigt es jedoch nicht, dem Auftraggeber über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage die damit verbundenen Risiken einer Veränderung der Kalkulationsgrundlagen zuzuweisen. Dem steht schon entgegen, dass damit elementare Grundsätze des Wettbewerbs im Vergabeverfahren verletzt würden. Es wäre mit den Grundsätzen des fairen, transparenten und dem Gleichbehandlungsgebot verpflichteten Wettbewerbs nicht zu vereinbaren, wenn der Bieter über eine Anpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage einen neuen Preis für die unveränderte Leistung verlangen könnte. Denn auf diese Weise würde ohne eine Veränderung des Leistungsinhalts nachträglich allein der Preis verändert, mit dem er sich im Wettbewerb durchgesetzt hat. Das ginge nicht nur zu Lasten des Auftraggebers, sondern auch zu Lasten derjenigen Bieter, die auf der Grundlage ihrer Kalkulation einer Bindefristverlängerung ebenfalls zugestimmt und damit eine Bindung an ihren Preis erklärt haben. Dabei kann nicht Rücksicht darauf genommen werden, dass der zunächst günstigste Bieter im Einzelfall selbst dann noch der günstigste Bieter gewesen wäre, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, den Preis im Vergabeverfahren anzupassen. Diese Erwägung muss außer Betracht bleiben, weil das Vergabeverfahren eine Verhandlung über den Preis nicht zulässt und deshalb im maßgeblichen Zeitraum kein Raum für eine Überprüfung des Preises ist. Hinzu kommt, dass der Auftraggeber die Kalkulationsgrundlagen regelmäßig nicht kennt und seinerseits ein unabwägbares Risiko eingehen würde, wenn der Auftragnehmer einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages hätte. Er hat deshalb keinen Anlass, die Kalkulationsgrundlagen in seinen Geschäftswillen aufzunehmen. Das ist auch nicht anders, wenn er vom Bieter auf ein Kalkulationsproblem aufmerksam gemacht wird, das darin besteht, dass nach Ablauf der ursprünglichen Zuschlagsfrist eine bis dahin sichere Bindung des Lieferanten nicht mehr besteht. Das ist für den Auftraggeber kein Anlass, das entsprechende Risiko zu übernehmen (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 82/08). Die Nachteile, die der Bieter durch die Verlängerung der Bindefrist erleidet, sind den Regelungen des Vergabeverfahrens zuzuordnen, die dafür Sorge tragen, dass alle Bieter gleich behandelt werden, die notwendige Transparenz erzielt wird und der wirtschaftlichste Bieter den Zuschlag erhält. Dass der wirtschaftlichste Bieter durch ein Nachprüfungsverfahren Nachteile erleiden könnte, ist vom Gesetzgeber gesehen worden. Er hat deshalb unter bestimmten Umständen eine Schadensersatzverpflichtung des Antragstellers oder Beschwerdeführers vorgesehen, wonach missbräuchliche Antragstellung auch zum Ersatz des den Beteiligten entstandenen Schadens verpflichtet, § 125 GWB. Dass die Voraussetzungen dieses Schadensersatzanspruchs aus gutem Grund hoch sind, kann nicht zum Nachteil des Auftraggebers gehen. Mit dem Nachprüfungsverfahren verwirklicht sich ein Risiko, das dem Vergabeverfahren immanent ist und das jeder Bieter zu tragen hat. Kalkuliert er insoweit nicht bestandsfest im Hinblick auf einen späteren Zuschlag, hat er eine schwächere Wettbewerbsposition als diejenigen Bieter, die ihre Preise nicht im Hinblick auf

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die ursprünglich vorgesehene Zuschlagsfrist kalkulieren (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 82/08). Belässt es der Bieter in einem vergaberechtlichen Verhandlungsverfahren nach § 3 b Nr. 1 c) VOB/A im Rahmen von Verhandlungen mit dem Auftraggeber über die durch eine Zuschlagsverzögerung bedingte Anpassung seines Angebots hinsichtlich der Bauzeit bei der Ankündigung von verzögerungsbedingten Mehrvergütungsansprüchen, so ist eine tatrichterliche Auslegung nicht zu beanstanden, die darin lediglich den Vorbehalt der Durchsetzung möglicher vertraglicher Ansprüche, nicht jedoch eine Abstandnahme von dem abgegebenen Angebot sieht. Vertragliche Ansprüche können bei einer solchen Auslegung ausgeschlossen sein, wenn der Bieter die bestehende Möglichkeit nicht genutzt hat, den Abschluss des Vertrages von einer Anpassung des Preises für die durch die Bauzeitverschiebung entstandenen Mehrkosten abhängig zu machen (BGH, Urteil vom 10.09.2009 - Az.: VII ZR 255/08). Die Rechtsmittelrichtlinie verfolgt ausweislich der Erwägungsgründe das Ziel, die Öffnung des öffentlichen Auftragswesens für den gemeinschaftlichen Wettbewerb umzusetzen und zu diesem Zweck Möglichkeiten einer wirksamen und raschen Nachprüfung herbeizuführen, wenn es zu Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften kommt, die in Umsetzung dieses Rechtes ergangen sind. Die Richtlinie befasst sich dementsprechend nur mit der Ausgestaltung des Nachprüfungsverfahrens; mit Vergütungsansprüchen des Bieters, der den Zuschlag erhalten hat, beschäftigt sie sich nicht. Im Gegenteil ergibt sich aus Art. 2 Abs. 6 der Richtlinie, dass sich sogar die Wirkungen der Ausübung der in Art. 2 Abs. 1 für das Nachprüfungsverfahren festgelegten Befugnisse auf den nach Zuschlagserteilung geschlossenen Vertrag nach dem einzelstaatlichen Recht richten (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08). Der Bieter trägt das Risiko, dass die Preiskalkulation infolge einer Verzögerung des Vergabeverfahrens hinfällig werden und er Material und Fremdleistungen zu höheren Preisen einkaufen muss. Dieses Risiko geht nicht deshalb auf den Auftraggeber über, weil sich durch die Vergabeverzögerung zugleich die Bauzeit verschiebt. Für die Ermittlung der durch Preissteigerungen bedingten Mehrkosten, mit der ein Auftragnehmer seine Angebotspreise zur Ermittlung des neuen Vertragspreises beaufschlagen darf, kann deshalb nicht auf die Einkaufspreise abgestellt werden, die er in seine Kalkulation eingerechnet hat; maßgebend sind vielmehr die Preise, die er bei Einhaltung der geplanten Bauzeit hätte zahlen müssen (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08). Der Auftragnehmer wird sich nicht mit Erfolg darauf berufen können, durch Preisabsprachen mit seinen Lieferanten und Nachunternehmern bis zum Ablauf der Bindefrist gesicherte Einkaufspreise in sein Angebot eingestellt zu haben, die er wegen der verzögerten Vergabe nicht habe halten können. Ein geschütztes Vertrauen in die Realisierbarkeit der Angebotskalkulation besteht aus den genannten Gründen nicht. Es entsteht auch nicht dadurch, dass der Bieter seine kalkulatorischen Ansätze für Beschaffungskosten durch entsprechende Preisabsprachen mit seinen Zulieferern und Nachunternehmern absichert. Soweit er gleichwohl mit ihnen kalkuliert, muss er in Kauf nehmen, dass sich seine Kalkulation bei einer Verzögerung der Vergabe über die ursprüngliche Bindefrist hinaus nicht umsetzen lässt (BGH, Urteil v. 10.09.2009 - Az.: VII ZR 152/08).

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100.5.2.8 Verlängerung der Bindefrist durch den Bieter unter das Angebot abändernden Bedingungen

100.5.2.8.1 Allgemeines Die Bindung des Bieters an sein Angebot (vgl. § 19 Nr. 3 VOB/A bzw. VOL/A) reicht über die von der Vergabestelle zunächst bestimmte Bindefrist nur hinaus, soweit der Bieter einer (gegebenenfalls wiederholten) zeitlichen Erstreckung ohne Vorbehalt zugestimmt hat. Wird innerhalb einer offenen Bindefrist weder eine Sachentscheidung über den Zuschlag getroffen noch eine im vorgenannten Sinne einschränkungslose Zustimmung des Bieters zu einer Fristverlängerung vorgelegt, so erlischt das ursprüngliche - bis dahin nicht angenommene - Angebot mit Ablauf der Bindefrist und steht damit für eine spätere Annahme seitens der Vergabestelle nicht mehr zur Verfügung (BayObLG, B. v. 21.8.2002 - Az.: Verg 21/02). Das gilt selbst dann, wenn der Bieter nach Fristablauf bei anderer Gelegenheit erklärt, er stimme - neuerlichen - Bindefristverlängerungen nunmehr wieder ohne Vorbehalt zu oder wenn er auf den zunächst geltend gemachten Vorbehalt verzichtet. Denn dadurch lebt nicht etwa das untergegangene Ursprungsangebot wieder auf; der Bieter legt damit vielmehr ein neues Angebot vor, welches - ebenso wie das mit dem zwischenzeitlichen Änderungsverlangen verbundene - schon deshalb nicht gewertet werden darf, weil es erst nach Ablauf der Angebotsfrist vorgelegt worden ist (OLG Dresden, B. v. 8.11.2002 - Az.: WVerg 0019/02). Stimmt ein Bieter einer Fristverlängerung nicht zu, so hat das nur Auswirkungen auf seine (weitere) Beteiligung an dem Vergabeverfahren. Diejenigen Bieter, die einer Verlängerung zugestimmt haben, sind weiterhin an dem Verfahren beteiligt. Es entspräche dagegen nicht der Zielsetzung des Nachprüfungsverfahrens, wenn es ein Bieter in der Hand hätte, durch Stellung des Nachprüfungsantrags und Verweigerung der Zustimmung zur Fristverlängerung das Vergabeverfahren praktisch zu beenden (VK Hamburg, B. v. 18.12.2001 - Az.: VgK FB 8/01).

100.5.2.8.2 Beispiele aus der Rechtsprechung

• fordert ein Bieter aufgrund zeitlich bedingter, geänderter, technischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für die Zustimmung zur Zuschlags- und Bindefristverlängerung als Bedingung einen schon jetzt anzuerkennenden Pauschalnachtrag, führt dies nach Ablauf der bisherigen Zuschlags- und Bindefrist zum Entfallen der Bindung des Submissionsangebotes und zum Ausschluss des abgeänderten Angebotes nach §§ 24, 25 Nr. 1 lit. a) VOB/A (1. VK Sachsen, B. v. 1.10.2002 - Az.: 1/SVK/084-02).

100.5.2.9 Generelle Ausdehnung der Zuschlags- und Bindefrist bis zum rechtskräftigen Abschluss eventueller Vergabenachprüfungsverfahren Die generelle Ausdehnung der Zuschlags- und Bindefrist bis zum rechtskräftigen Abschluss eventueller Vergabenachprüfungsverfahren verstößt gegen § 19 Nr. 2

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VOB/A. Die Bindefrist ist so kurz wie möglich und nicht länger zu bemessen, als für eine zügige Prüfung und Wertung notwendig ist. Die Interessen der Beteiligten sind bei der Fristbemessung zu berücksichtigen. Auf Seiten der Bieter ist zu berücksichtigen, dass sie während der Wartezeit in ihren geschäftlichen Entschlüssen und Dispositionen eingeschränkt sind. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Bewerbung um andere Aufträge und der Finanzierung weiterer Aufträge. Der Bieter kalkuliert bei Abgabe seines Angebots den finanziellen Aufwand unter Berücksichtigung der vorgesehenen Vertragslaufzeit. Er muss deshalb auch Gelegenheit haben, nach Überschreiten eines angemessenen Zeitraums, von seinem Angebot wieder Abstand nehmen zu können. Deshalb wird die Regelung, einen Bieter gegebenenfalls bis zum Abschluss von Nachprüfungsverfahren an sein Angebot zu binden, was sich über viele Monate und ggf. auch weit über ein Jahr erstrecken kann, einem Interessenausgleich nicht gerecht. Die generelle Ausdehnung der Zuschlags- und Bindefrist bis zum rechtskräftigen Abschluss eventueller Vergabenachprüfungsverfahren ist einseitig auf die Interessen des Antragsgegners zugeschnitten (1. VK Sachsen, B. v. 30.04.2008 - Az.: 1/SVK/020-08). Abgesehen davon widerspricht die Vertragsregelung dem § 19 Nr. 2 VOB/A, als dort festgelegt ist, dass das Ende der Zuschlagsfrist durch Angabe eines Kalendertages bezeichnet werden soll, worunter verstanden wird, dass ein Enddatum anzugeben ist (VK Baden-Württemberg, B. v. 07.11.2007 - Az.: 1 VK 43/07).

100.5.2.10 Folge des Ablaufs der Zuschlags- und Bindefrist Wenn die Zuschlags- und Bindefrist abgelaufen ist, wird die Ausschreibung nicht automatisch beendet. Eine Ausschreibung kann nur durch Zuschlag oder durch Aufhebung nach § 26 VOB/A bzw. VOL/A beendet werden, von dem Fall, dass überhaupt kein Angebot eingeht, einmal abgesehen. Die Ausschreibung dauert folglich noch an. Der Auftraggeber ist nach wie vor in der Lage, einem Bieter den Zuschlag zu erteilen. Die Folge des Ablaufs der Frist ist lediglich, dass der Bieter nicht mehr an sein Angebot gebunden ist, so dass sich der Zuschlag nunmehr als neues Angebot der Auftraggeber im Sinne von § 150 Abs. 1 BGB darstellt (BayObLG, B. v. 15.7.2002 - Az.: Verg 15/02, B. v. 1.10.2001 - Az.: Verg 6/01; OLG Dresden, B. v. 9.11.2001 - Az.: WVerg 0009/01; OLG Düsseldorf, B. v. 04.02.2009 - Az.: VII-Verg 70/08; B. v. 14.05.2008 - Az.: VII-Verg 17/08; B. v. 20.02.2007 - Az.: VII - Verg 3/07; Hanseatisches OLG, B. v. 25.2.2002 - Az.: 1 Verg 1/01; OLG Naumburg, B. v. 01.09.2004 - Az.: 1 Verg 11/04, B. v. 28.9.2001 - Az.: 1 Verg 6/01; 1. VK Bremen, B. v. 6.2.2003 - Az.: VK 1/03; 1. VK Bund, B. v. 12.11.2003 - Az.: VK 1 - 107/03; VK Münster, B. v. 13.02.2008 - Az.: VK 29/07; VK Nordbayern, B. v. 24.01.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 52/07; 1. VK Sachsen, B. v. 5.9.2002 - Az.: 1/SVK/073-02). Zu den Auswirkungen auf die Informationspflicht des § 13 VgV vgl. die Kommentierung zu § 13 VgV RZ 3360/3. Anderer Auffassung ist das OLG Thüringen. Ein zur Ausschreibung eingereichtes Angebot stellt einen Antrag im zivilrechtlichen Sinne dar, für den die §§ 145ff. BGB gelten. Nach § 146 BGB erlischt jedoch ein Antrag, wenn er nicht dem Antragenden gegenüber nach den §§ 147 bis 149 BGB rechtzeitig angenommen wird. Ein Zuschlag kann nicht mehr erteilt werden. Auch aus Sicht der Vergabestelle kommt eine rückwirkende Annahmeerklärung nicht mehr Betracht. Die verspätete Annahme eines Antrags regelt § 150 Abs. 1 BGB. Hiernach gilt die Annahme als neuer Antrag, den der ursprünglich Antragende durch eine gesonderte Erklärung anzunehmen hat. Dem entspricht § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A, wonach der Bieter im Falle eines verspäteten Zuschlags aufzufordern ist, “sich unverzüglich über die

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Annahme zu erklären“. Auch dieser Formulierung liegt ersichtlich die Vorstellung zugrunde, dass die Bindung an das ursprüngliche Angebot nicht fortbesteht, da es sonst einer erneuten Annahmeerklärung – und zwar nunmehr auf das Angebot der Vergabestelle – seitens des Bieters nicht bedürfte. Danach kann ein Zuschlag – im Sinne einer einfachen Annahmeerklärung gem. § 146 BGB – auf ein mittlerweile erloschenes Angebot nicht mehr erteilt werden. Jedenfalls in seinem ursprünglichen Bestand nimmt dieses somit nicht mehr an der Ausschreibung teil (OLG Thüringen, B. v. 30.10.2006 - Az.: 9 Verg 4/06; 3. VK Bund, B. v. 21.05.2007 - Az.: VK 3 - 40/07; 1. VK Sachsen, B. v. 25.01.2008 - Az.: 1/SVK/088-07; VK Thüringen, B. v. 27.03.2008 - Az.: 360-4003.20-641/2008-002-UH).

100.5.3 Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist nach Ablauf

100.5.3.1 Hinweis Die Ausführungen zur Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist vor Ablauf gelten auch für die Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist nach Ablauf.

100.5.3.2 Grundsätzliche Zulässigkeit der Verlängerung Im Rahmen des § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A bzw. § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A ist eine Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist auch nach Ablauf der Zuschlags- und Bindefrist zulässig (BayObLG, B. v. 12.9.2000 - Az.: Verg 4/00; OLG Düsseldorf, B. v. 20.02.2007 - Az.: VII - Verg 3/07; Hanseatisches OLG, B. v. 25.2.2002 - Az.: 1 Verg 1/01; VK Baden-Württemberg, B. v. 29.06.2009 - Az.: 1 VK 27/09; VK Bremen, B. v. 16.7.2003 - Az.: VK 12/03; 2. VK Bund, B. v. 26.02.2007 - Az.: VK 2 - 09/07; VK Münster, B. v. 13.02.2008 - Az.: VK 29/07; VK Nordbayern, B. v. 19.11.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 50/08; B. v. 24.01.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 52/07; 1. VK Sachsen, B. v. 21.8.2002 - Az.: 1/SVK/077-02; VK Schleswig-Holstein, B. v. 10.10.2007 – Az.: VK-SH 20/07; B. v. 02.02.2005 - Az.: VK-SH 01/05; VK Südbayern, B. v. 19.01.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-39-11-08). Die Möglichkeit einer Zuschlagserteilung auch außerhalb der Bindefrist ist ausdrücklich nur im Anwendungsbereich der VOB/A vorgesehen (vgl. § 28 Abs. 2 VOB/A). Dem steht die für den Bereich der VOL/A vorgesehene Regelung des § 28 Abs. 2 VOL/A jedoch nicht entgegen. Auch hier erscheint es im Interesse eines Bieters möglich, dass ein Zuschlag nach Fristablauf erfolgt mit der Folge, dass der Zuschlag das vertragliche Angebot darstellt, das der Bieter im Anschluss annehmen oder ablehnen kann (OLG Düsseldorf, B. v. 20.02.2007 - Az.: VII - Verg 3/07; VK Münster, B. v. 13.02.2008 - Az.: VK 29/07). Dem kann nicht entgegen gehalten werden, eine mehrmonatige Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist beeinträchtige die Dispositionsmöglichkeit der Bieter in unzulässiger Weise. Da die Bindefristbestimmung insbesondere die Bieter der engeren Wahl schützen soll, können gerade diese auf diesen Schutz verzichten bzw. eine weitergehende Bindung nach eigener Kalkulation und aktueller Risikoabschätzung "anbieten" (OLG Düsseldorf, B. v. 29.12.2001 - Az.: Verg 22/01; VK Hamburg, B. v. 18.12.2001 - Az.: VgK FB 8/01; B. v. 14.8.2003 - Az.: VgK FB 3/03; 1. VK Sachsen, B. v. 5.9.2002 - Az.: 1/SVK/073-02). Den Grundsätzen des Wettbewerbs (§ 97 Abs. 1 GWB) und der Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 2 GWB) wird bereits in hinreichender Weise Rechnung getragen, wenn nach Fristablauf

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allen für die Vergabe noch in Betracht kommenden Bietern die Möglichkeit gegeben wird, weiterhin am Verfahren teilzunehmen (OLG Naumburg, B. v. 13.5.2003 - Az.: 1 Verg 2/03; 1. VK Sachsen, B. v. 5.10.2001 - Az.: 1/SVK/87-01; im Ergebnis ebenso OLG München, B. v. 23.06.2009 - Az.: Verg 08/09). Dazu ist ausreichend, dass diese Bieter aufgefordert werden, der sachlich gebotenen Fristverlängerung zuzustimmen (2. VK des Bundes, B. v. 4.5.2001 - Az.: VK 2 - 12/01; VK Hamburg, B. v. 18.12.2001 - Az.: VgK FB 8/01).

100.5.3.3 Rechtsfolgen

100.5.3.3.1 Neues Angebot des Auftraggebers Die VOB/A bzw. die VOL/A sieht zwar vor, dass der Zuschlag innerhalb der Zuschlags- und Bindefrist zu erteilen ist (§ 28 Nr. 1 VOB/A bzw. § 28 Nr. 1 VOL/A), geht jedoch selbst davon aus, dass der Zuschlag auch nach Fristablauf erteilt werden kann (§ 28 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A bzw. § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A). Dann wird allerdings der Vertrag nicht schon mit dem Zuschlag geschlossen (BayObLG, B. v. 1.10.2001 - Az.: Verg 6/01). Nach dem Ablauf der Bindefrist stellt der Zuschlag seitens des Auftraggebers lediglich eine verspätete Annahme dar, die gemäß § 150 Abs. 1 BGB als neuer Antrag zu werten ist (OLG Düsseldorf, B. v. 04.02.2009 - Az.: VII-Verg 70/08; B. v. 20.02.2007 - Az.: VII - Verg 3/07; Hanseatisches OLG, B. v. 25.2.2002 - Az.: 1 Verg 1/01; Saarländisches OLG, Urteil v. 21.3.2006 - Az.: 4 U 51/05-79; OLG Thüringen, B. v. 30.10.2006 - Az.: 9 Verg 4/06; VK Baden-Württemberg, B. v. 29.06.2009 - Az.: 1 VK 27/09; 3. VK Bund, B. v. 21.05.2007 - Az.: VK 3 - 40/07; VK Münster, B. v. 13.02.2008 - Az.: VK 29/07; VK Nordbayern, B. v. 24.01.2008 - Az.: 21.VK - 3194 - 52/07; 1. VK Sachsen, B. v. 26.7.2001 - Az.: 1/SVK/73-01; VK Schleswig-Holstein, B. v. 10.10.2007 – Az.: VK-SH 20/07; VK Südbayern, B. v. 19.01.2009 - Az.: Z3-3-3194-1-39-11-08; B. v. 30.1.2001 - Az.: 09-05/00). Die Bieter haben dann die Möglichkeit, diesen Antrag anzunehmen oder abzulehnen (VK Baden-Württemberg, B. v. 29.06.2009 - Az.: 1 VK 27/09). Eine Annahme ist dann nicht m ehr möglich, wenn der Bieter schon zuvor deutlich gemacht hat, dass er sich nicht mehr an sein Angebot gebunden fühlt. Maßgeblich ist insoweit, wie ein objektiver Empfänger in der Situation des Auftraggebers die entsprechenden Bietererklärungen verstehen kann (3. VK Bund, B. v. 21.05.2007 - Az.: VK 3 - 40/07). Bieter, die sich mit der Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist einverstanden erklärt haben, sind bis zum Ablauf der neuen Zuschlags- und Bindefrist an ihre Angebote gebunden (VK Magdeburg, B. v. 14.11.2000 - Az.: 33-32571/07 VK 18/00 MD). Auf dieses Angebot kann der Zuschlag erteilt werden (VK Saarland, B. v. 8.7.2003 - Az.: 1 VK 05/2003). Ob die Zuschlags- und Bindefrist mit Wirkung im Verhältnis zu den übrigen Bietern verlängert werden kann oder ob die Verweigerung der Zustimmung durch einen Bieter das verhindert, ist umstritten. Der Wortlaut des § 28 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A spricht dafür, dass jedenfalls alle in Betracht kommenden Bieter zustimmen müssen, um eine wirksame Verlängerung der Frist vornehmen zu können (Hanseatisches OLG, B. v. 25.2.2002 - Az.: 1 Verg 1/01).

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Nur wenn die Bieter die Zuschlagsfristverlängerung ablehnen und aufgrund des verspäteten Zuschlags mit keinem Bieter ein Vertrag zustande kommt, ist das Vergabeverfahren durch Aufhebung aus schwerwiegendem Grund (§ 26 Nr. 1 Buchstabe c) VOB/A) zu beenden. Allein der Fristablauf genügt zur Beendigung nicht (BayObLG, B. v. 1.10.2001 - Az.: Verg 6/01). Die Tatsache, dass der Bieter auf eine Anfrage der Vergabestelle zwecks Verlängerung der Bindefrist hin keine Erklärung abgibt, bedeutet nicht, dass der Bieter nunmehr kein Interesse mehr an dem Zuschlag hat. Das Unterlassen einer Einverständniserklärung mit der Verlängerung der Bindefrist ist mehrdeutig. Dies kann auch bedeuten, dass sich der Bieter für den Fall eines – für ihn aufgrund von Verzögerungen durch Nachprüfungsverfahren usw. zeitlich oft nicht absehbaren – Zuschlags nur nicht binden, sondern dann frei – unter Berücksichtigung der dann geltenden Bedingungen, insbesondere seiner Auslastung - entscheiden können will, ob er das in dem Zuschlag zu erblickenden Angebot der Vergabestelle annehmen will oder nicht (OLG Düsseldorf, B. v. 25.04.2007 - Az.: VII - Verg 3/07; B. v. 20.02.2007 - Az.: VII - Verg 3/07). Vgl. dazu im Einzelnen die Kommentierung zu § 107 GWB RZ 1655 ff.

100.5.3.3.2 Verpflichtung des Auftraggebers zur Nachfrage, ob der wirtschaftlichste Bieter noch zu seinem Angebot steht Da die öffentliche Hand zur sparsamen und effizienten Verwendung der von den Bürgern aufgebrachten Mittel verpflichtet ist (vgl. u. a. § 7 BHO), hat die in § 150 Abs. 1 BGB vorgesehene Möglichkeit zugleich eine Verpflichtung des Auftraggebers zur Folge, entsprechend zu verfahren, wenn das Angebot mit dem sachlichen Inhalt des alten Angebots das annehmbarste darstellt. Mit den haushaltsrechtlichen Bindungen, denen öffentliche Auftraggeber unterliegen, ist es in der Regel unvereinbar, ein preislich günstiges Angebot von der Wertung zur Auftragsvergabe nur deshalb auszunehmen, weil auf es der Zuschlag nicht mehr durch einfache Annahmeerklärung erteilt werden kann, sondern ein eigener entsprechender Antrag und die Annahme durch den Bieter nötig sind (BGH, Urteil vom 28.10.2003 - Az.: X ZB 14/03; OLG Düsseldorf, B. v. 04.02.2009 - Az.: VII-Verg 70/08; B. v. 14.05.2008 - Az.: VII-Verg 17/08; OLG München, B. v. 23.06.2009 - Az.: Verg 08/09). Die übrigen Bieter können auch nicht darauf vertrauen, dass ein Vertragsschluss wegen des Ablaufs der Bindefrist unterbleibt (OLG Düsseldorf, B. v. 14.05.2008 - Az.: VII-Verg 17/08). Zu den Auswirkungen auf die Informationspflicht des § 13 VgV vgl. die Kommentierung zu § 13 VgV RZ 3360/3.

100.5.3.4 Verpflichtung des Auftraggebers zur Zulassung neuer Angebote Das OLG Thüringen lässt zwar keine Verlängerung einer bereits abgelaufenen Bindefrist zu, kommt aber im Ergebnis zu dem gleichen Ergebnis. Nach Ansicht des OLG Thüringen ist es jedenfalls (auch) Sache der Vergabestelle, für die Einhaltung der Zuschlagsfrist Sorge zu tragen. Deshalb wird man eine Obliegenheit annehmen müssen, nach der sie rechtzeitig vor Ablauf einer in den Ausschreibungsbedingungen festgelegten Bindefrist auf alle Bieter mit dem Ziel einer Fristverlängerung zuzugehen hat, wenn sich abzeichnet, dass diese aus bestimmten Gründen (z.B. wegen der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens) nicht eingehalten werden kann. Zwar liegt es daneben (auch) im Verantwortungsbereich des

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einzelnen Bieters, die ununterbrochene Bindung an sein Angebot sicherzustellen und ein Erlöschen im Sinne des § 146 BGB zu verhindern. Doch spricht zumindest unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten viel dafür, eine Ausschreibung nicht schon vorschnell an dem – möglicherweise durch ein laufendes Nachprüfungsverfahren in den Hintergrund geratenen und daher von allen Verfahrensbeteiligten unter Einschluss der Vergabestelle übersehenen – Umstand scheitern zu lassen, dass die Angebote sämtlicher Bieter wegen Überschreitens der Bindefrist erloschen sind. Es wäre mit dem Ziel des effektiven Wettbewerbsschutzes kaum vereinbar, in einem solchen Falle die Ausschreibung aufzuheben und der Vergabestelle zu gestatten, freihändig den Zuschlag zu erteilen. Da weder eine Bevorzugung noch eine Benachteiligung eines einzelnen Bieters zu besorgen ist, liegt es vielmehr unter den genannten Vorzeichen auf der Hand, die Vergabestelle noch nachträglich zu verpflichten, die Bindefrist mit gleicher Wirkung für alle Bieter neu zu bestimmen und diesen die Chance zu geben, sämtliche – obschon gem. § 146 BGB formal erloschenen – Angebote mit identischem Inhalt erneut einzureichen, und der Ausschreibung auf diese Weise ihren Fortgang zu geben (OLG Thüringen, B. v. 30.10.2006 - Az.: 9 Verg 4/06; VK Schleswig-Holstein, B. v. 10.10.2007 – Az.: VK-SH 20/07; im Ergebnis ebenso 2. VK Bund, B. v. 26.02.2007 - Az.: VK 2 - 09/07).

100.5.3.5 Zugang der Annahmeerklärung des Bieters beim Auftraggeber Um einen wirksamen Bauvertrag zu schließen, muss der Bieter die verspätete Annahmeerklärung des öffentlichen Auftraggebers, die ja ein neues Angebot darstellt, annehmen und diese Annahme muss dem Auftraggeber wiederum zugehen (1. VK Sachsen, B. v. 26.7.2001 - Az.: 1/SVK/73-01). Spätestens zum Zeitpunkt der Aufnahme der Arbeiten durch den Bieter ist von einem Vertragsschluss durch konkludentes Handeln auszugehen (VK Halle, B. v. 13.3.2001 - Az.: VK Hal 23/99).

100.5.3.6 Generelle Ausdehnung der Zuschlags- und Bindefrist bis zum rechtskräftigen Abschluss eventueller Vergabenachprüfungsverfahren Vgl. dazu die Kommentierung RZ 4954/1.

100.5.4 Regelung des HVA B-StB 03/2006 Eine Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist ist nach Möglichkeit zu vermeiden. Ist vorauszusehen, dass der Auftrag ausnahmsweise nicht innerhalb der Zuschlags- und Bindefrist erteilt werden kann, so sind rechtzeitig die für eine Auftragserteilung in Betracht kommenden Bieter zu einer einheitlichen Verlängerung der Bindefrist mit Vordruck HVA B-StB Aufforderung zur Bindefristverlängerung (siehe Muster 2.5-1) schriftlich aufzufordern. Den Bietern ist zusammen mit dieser Aufforderung der Vordruck HVA B-StB Bindefristverlängerung (siehe Muster 2.5-2) zu übersenden. Die Gründe für eine Verlängerung sind im Vergabevermerk festzuhalten (Ziffer 2.5 Nr. 4). Stimmen für die Auftragserteilung in Betracht kommende Bieter der Verlängerung der Bindefrist nur unter Bedingungen zu, gilt dies als neues Angebot, das aufgrund des

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Verhandlungsverbots nach § 24 VOB/A nicht gewertet werden darf. Die ursprünglichen Angebote gelten bis zum Ablauf der ursprünglichen Bindefrist (Ziffer 2.5 Nr. 5). Trotz Verlängerung der Bindefrist wird der Zuschlag auf das ursprüngliche Angebot mit den darin enthaltenen Vertragsbedingungen erteilt. Etwaige Auswirkungen des verspäteten Zuschlags sind im Rahmen der Vertragsabwicklung zu regeln. Ist vorauszusehen, dass sich erhebliche Auswirkungen auf die Grundlagen der Preisermittlung ergeben können, ist zu prüfen, ob die Ausschreibung aufzuheben ist (Ziffer 2.5 Nr. 6).

100.5.5 Literatur

• Bornheim, Helmerich / Badelt, Thomas, Verzögerte Zuschlagserteilung bei öffentlichen Bauaufträgen - zivilrechtliche Folgen, ZfBR 2008, 249

• Breyer, Wolfgang / Burdinski, Michael, Rechtsfolgen der Änderung von ausgeschriebenen Ausführungsfristen im Zuschlagsschreiben (1), VergabeR 2007, 38

• Bitterich, Klaus, Tücken des Vertragsschlusses nach prüfungsbedingt verzögertem Vergabeverfahren, NZBau 2007, 354

• Diehr, Uwe, Der Gestaltungsspielraum des öffentlichen Auftraggebers bei verschobenem Zuschlag nach Bindefristverlängerung, ZfBR 2007, 657

• Hormann, Carsten, Vertragsanpassung nach verzögerter Zuschlagserteilung - Zugleich Anmerkung zu BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, ZfBR 2009, 529

• Kapellmann, Klaus, Der Anspruch auf Bauzeitverlängerung und auf Mehrvergütung bei verschobenem Zuschlag – und, was „recht und billig“ ist, NZBau 2007, 401

• Kapellmann, Klaus, Zeitliche und geldliche Folgen eines nach Verlängerung der Bindefrist erteilten Zuschlags, NZBau 2003, 1

• Kuhn, Christian, Zur Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten infolge nachprüfungsbedingt verzögerter Zuschlagerteilung, ZfBR 2007, 741

• Leinemann, Ralf, Zu Inhalt und Umfang des Vergabeverfahrensrisikos, BauR 2009, 1032

• Markus, Jochen, Proportionale Anpassung der Ausführungsfristen bei verlängerter Zuschlags- und Bindefrist, NZBau 2008, 561

• Pauly, Holger, Zu Wesen und Umfang der Mehrvergütungsansprüche des Auftragnehmers im Falle eines nach verlängerter Zuschlagsfrist erteilten Zuschlags, BauR 2009, 560

• Peters, Frank, Die behindernde Wirkung eines Nachprüfungsverfahrens, NZBau 2010, 156

• Schellenberg, Martin, Nachtragsschleusen geöffnet - Bundesgerichtshof: Preissteigerungen berücksichtigen, Behörden Spiegel Juni 2009, 23

• Tomic, Alexander, Vergabeverzögerung - Bauzeitänderung, NZBau 2010, 5 • Verfürth, Frank, Mehrkosten bei verspätetem Zuschlag - Vermeidungsstrategien

öffentlicher Auftraggeber, NZBau 2010, 1 • Vogelheim, Markus, Das Kooperationsgebot und die verzögerte Vergabe, NVwZ

2008, 1209

100.6 Geltung bei Freihändiger Vergabe (§ 19 Nr. 4)

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Im Verhandlungsverfahren gelten auch einige in der VOB/A bzw. VOL/A festgelegte Regeln entsprechend, beispielsweise die Vorschriften über die Zuschlags- und Bindefrist (OLG Stuttgart, Urteil v. 24.11.2008 - Az.: 10 U 97/08; VK Münster, B. v. 23.5.2003 - Az.: VK 09/03). Zu der Befugnis des öffentlichen Auftraggebers, Fristen im Verhandlungsverfahren bzw. bei Freihändiger Vergabe zu setzen, vgl. die Kommentierung zu § 101 Abs. 4 GWB RZ 1396.

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