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KIRCHE Z Reformierte Kirche Kanton Zug Kirche mit Zukunft 10/2015 Gibt es ihn, den guten Tod? Sollte man sich früh mit dem Ende beschäftigen – oder es doch lieber so lang wie möglich verdrängen? Tatsache ist: Der Tod gehört zum Leben, und die Kunst zu sterben ist auch die Kunst zu leben. KEIN LEBEN OHNE TOD Wie geht man mit etwas um, das man kaum will – dem man aber nicht entrinnen kann? Foto: Heidi Lienhard

10/2015 KIRCHE Z - ref-zug.ch · denden Aktivitäten kreiert hat. «Wir wollen erkennbar sein», lautet der Kerngedanke. Auf nationaler Ebene handelt es sich beim Logo um ein grünes

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KIRCHE Z

Reformierte KircheKanton Zug

Kirche mit Zukunft

10/2015

Gibt es ihn, den guten Tod? Sollte man sich früh mit dem Ende beschäftigen – oder es doch

lieber so lang wie möglich verdrängen? Tatsache ist: Der Tod gehört zum Leben, und die

Kunst zu sterben ist auch die Kunst zu leben.

KEIN LEBEN OHNE TOD

Wie geht man mit etwas um, das man kaum will – dem man aber nicht entrinnen kann?

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2 EDITORIAL

«Vielleicht ist der Tod

so ähnlich wie …»

Liebe Leserin

Lieber Leser

Vor Kurzem war ich im Kinderspital Zürich

zum x-ten Mal bei der 12-jährigen M. zu Be-

such. Da sagt sie zu mir und ihrem Vater: «Viel-

leicht ist der Tod so ähnlich wie Mama, die

einst ‹Reinkommen!› rief, wenn es Abend wur-

de. Erst wollte man nicht, weil die andern

noch länger spielen durften. Aber dann war

es doch nicht so schlimm. Denn es gab Nutel-

la-Brot und Milch nach dem Baden, und mit

etwas Glück durfte man in eine Decke gehüllt

vor dem Fernseher essen und hatte plötzlich

vergessen, was man verpasste.»

Einen Augenblick lang war ich sprachlos. Spä-

ter tauchte dann die Frage bei mir auf: Wie

begegnen wir Erwachsenen Sterben und Tod?

Wir haben uns angewöhnt, darüber zu klagen,

dass der moderne Mensch den Tod verdrängt

und das Wissen um seine Sterblichkeit aus sei-

nem Denken ausklammert. Und wir haben

uns angewöhnt, dass dies früher anders war.

Das zeigt sich auch in unserem Hauptbeitrag

und ist wahrscheinlich richtig und falsch zu-

gleich. Richtig ist, dass es uns dank moderner

Medizin gelungen ist, das Sterben aus dem

familiären Umfeld zu verbannen und an Spitä-

ler und Heime zu delegieren. Falsch ist aber,

so glaube ich, dass es den Menschen früher

leichter fiel, den Gedanken an ihr Ende zu ak-

zeptieren. Anders ist es nicht zu erklären, dass

den Leuten im Mittelalter und der Barockzeit

das Bewusstsein ihrer Sterblichkeit in zahllo-

sen Traktaten geradezu eingehämmert wer-

den musste. Doch lesen Sie selbst!

Pfr. Hanspeter Schärer

Seelsorge Zuger Kantonsspital

Kirchentag in Schwyz

Unter dem Motto «miteinander Kirche sein»

lädt die Evangelisch-reformierte Kantonalkir-

che Schwyz am 18. Oktober in Rothenthurm

zum Kirchentag ein. «Im Vertrauen auf Gott

suchen wir das Gemeinsame in der Vielfalt des

‹Reformiert-seins›, versprechen die Veranstal-

ter. Sie haben ein Programm auf die Beine ge-

stellt, das an Vielfalt wirklich nichts zu wün-

schen übrig lässt. Der Eröffnungsgottesdienst

– den es auch in einer kindergerechten Ausfüh-

rung geben wird – bildet den Auftakt zum bun-

ten Programm, das unter anderem eine Ideen-

börse, ein Outdoor-Programm für Jugendliche

und eine Bibellesung umfasst. Für Unterhal-

tung sorgen etwa die «Human Beat Box» Came-

ro, der Projektchor Höfe und der Reformierte

Kirchenchor March. Für viele ein Highlight

dürfte die prominent besetzte Diskussions-

runde zum Thema «Die Zukunft der Refor-

mierten» sein. Claudia Bandixen (Direktorin

Mission 21), SEK-Präsident Gottfried Locher,

André Rüegsegger (Regierungsrat Kanton

Schwyz), der Theologe Fulbert Steffensky und

der Religionssoziologe Jörg Stolz erörtern die

gesellschaftliche Stellung der Kirche heute und

in Zukunft. Die Moderation übernimmt der

bekannte Zukunftsforscher Andreas M. Walker.

Natürlich steht der Kirchentag nicht nur

Schwyzerinnen und Schwyzern offen – sondern

allen Interessierten. Das komplette Programm

kann unter www.ref-sz.ch/kirchentag-2015/pro-

gramm abgerufen werden.

Wohlfühl-Ferien 2015

Diesen Sommer führte die Reformierte Kirche

Kanton Zug ein Pilot-Projekt durch:

«Wohlfühl-Ferien» für ältere Menschen, die

nicht mehr allein verreisen können und für

welche die üblichen Senioren-Ferien zu

anstrengend wären. Das Angebot stiess auf

grosses Interesse: 16 Zugerinnen und Zuger

nahmen an der Ferienwoche vom 29. August

bis 5. September teil. Sie wurden begleitet von

Martina Müller, Pfarrerin aus Ägeri, Bruno

Baumgartner, Sozialdiakon aus Baar, Barbara

Sonnenmoser und Christof Baumgartner.

Durchgeführt wurde die Ferienwoche in Bad

Ramsach zwischen Liestal und Zofingen. Mar-

tina Müller lud täglich nach dem Frühstück

zum Morgengruss, und sie rundete den Tag je-

weils mit Liedern und einem Gebet ab. Trotz

drei Tagesausf lügen blieb für alle genug Zeit

zum Ausspannen – und um von den Bewe-

gungs- und Wellness-Angeboten des Hotels

oder vom Heilbad zu profitieren.

Einer der Höhepunkte der Woche war der Be-

such von Pfarrerin Margrit Balscheit. Sie wuchs

in Liestal auf und lebt seit 47 Jahren in Läufel-

fingen. Nationale Bekanntheit erlangte sie

durch die TV-Sendung «Das Wort zum Sonn-

tag». Margrit Balscheit erzählte der Gruppe

über den wenig bekannten Lebensraum Basel-

biet.

Im November blickt die ganze Gruppe noch

einmal gemeinsam bei einem Kurzfilm und mit

zahlreichen Fotos auf diese erholsame und

fröhliche Woche zurück.

Und die Gewinnerin ist …

In der sommerlichen Doppelnummer von

Kirche Z konnten sich die Leserinnen und

Leser von «Kirche Z» am alljährlichen

Kreuzworträtsel versuchen. Wir erhielten 57

Einsendungen mit dem richtigen Lösungswort

«Hoffnung». Die Verlosung des Hauptpreises,

eines Büchergutscheins im Wert von 50

Franken, ergab folgende Gewinnerin:

Heidi Schenk aus Steinhausen.Herzlichen Glückwunsch! Und ein nicht weni-

ger herzlicher Dank an alle, die am Wettbewerb

mitmachten!

Geld aus Pfarrhäusern

Bern. Bis vor etwa 10 Jahren gehörten dem

Kanton Bern 107 Pfarrhäuser. Als eine Aufga-

benüberprüfung zum Schluss kam, dass der

Unterhalt von Pfarrhäusern nicht mehr zum

Kerngeschäft des Kantons gehöre, beschloss

man, die Liegenschaften zu verkaufen. In ers-

ter Linie richtete sich das Angebot an die

Kirchgemeinden. Die Rechnung ging auf: 85

Kirchgemeinden kauften dem Kanton «ihr»

Pfarrhaus ab. 6 Liegenschaften gingen an po-

litische Gemeinden, weitere 6 an Privatperso-

nen. 10 Objekte stehen nach wie vor zum Ver-

kauf. Wie viel Geld der Verkauf bisher

eingebracht hat, wird offiziell nicht bekannt

gegeben. Schätzungen gehen von mindestens

38 Millionen Franken aus.

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3NACHRICHTEN

IMPRESSUM: Mitgliederzeitung der Reformierten Kirche

Kanton Zug und angeschlossener Bezirkskirchen, er-

scheint elfmal pro Jahr

HERAUSGEBER: Reformierte Kirche Kanton Zug, Bundes-

strasse 15, Postfach 4255, 6304 Zug, Telefon 041 726 47 47,

E-Mail: [email protected]

REDAK TION: Rolf Berweger, Kirchenratspräsident; Thomas

Hausheer, Kirchenrat; Pfarrerin Vroni Stähli; Maria Opper-

mann, Leiterin Kommunikation; Marius Leutenegger, Erik

Brühlmann, Die Blattmacher GmbH

LAYOUT UND DRUCK: Kalt Medien AG, Zug

AUFLAGE: 12’000

www.ref-zug.ch

Auf dem Weg zum Reformationsjubiläum

Das Reformationsjubiläum 2017 rückt un aufhaltsam näher. In ganz Europa lau-fen schon jetzt die Vorbereitungen für das Grossereignis. Wir halten Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.Zwar legen die Reformierten grossen Wert

auf Individualität, doch sie halten auch den

Gemeinschaftsgedanken hoch. Ausdruck

davon ist das Logo, das der Schweizerische

Evangelische Kirchenbund (SEK) für alle

rund ums Reformationsjubiläum stattfin-

denden Aktivitäten kreiert hat. «Wir wollen

erkennbar sein», lautet der Kerngedanke.

Auf nationaler Ebene handelt es sich beim

Logo um ein grünes R mit der Wortmarke

«500 Jahre Reformation». Dazu verfügt jede

Kantonalkirche über ihre eigene, dem Kan-

tonswappen angepasste Version des Logos;

in Zug ist dieses selbstverständlich blau.

Luther-Platz in Rom

Rom. Im Herzen des Katholizimus ist seit

September auch Platz für einen Reformierten:

Ein Platz im Parco delle Colle Oppio am Co-

losseum heisst nun «Piazza Martin Lutero».

Die lutherische Gemeinde Roms machte der

Stadt den Vorschlag, der historisch gesehen

durchaus stimmig ist. Immerhin reiste Luther

1510 als junger Augustinermönch zu Fuss von

Nürnberg nach Rom – und wieder zurück.

Hilfswerke mit CEO-Check

Luzern/Bern. Wären Sie als CEO eines Kon-

zerns ein veritables Monster oder eine Heilige?

Auf www.fairfuture.ch kann man es he raus-

finden! Die beiden Hilfswerke Fastenopfer und

Brot für alle betreiben dort das Spiel «CEO for a

Day», wo es bestimmte Themenbereiche zu ge-

wichten gilt, bevor man zur gnadenlosen Aus-

wertung schreitet und dann vielleicht erfahren

muss, dass man zum Beispiel ein «ökoaktives

egoistisches Monster» wäre. Natürlich hat der

Spielspass einen ernsten Hintergrund. Nach

der Auswertung folgt nämlich die Einladung,

die im vergangenen April lancierte Konzern-

verantwortungsinitiative zu unterzeichnen. Sie

fordert, dass Unternehmen mit Sitz in der

Schweiz für Menschenrechtsverletzungen und

Umweltschäden im Ausland zur Verantwor-

tung gezogen werden können.

Film über Christenverfolgung

Schweiz/Irak. «Noun» ist das arabische Wort

für «N» und steht für «Nazarener». Mit eben-

diesem Buchstaben kennzeichnen Mitglieder

der Terrororganisation Islamischer Staat (IS)

die Häuser von Christen und verwandeln sie

damit in Zielscheiben. Mit Erfolg: 2003 lebten

in Bagdad im Irak etwa eine Million Christen,

heute sind es noch 40’000. Die meisten wurden

vertrieben. Mit dem Thema der Christenverfol-

gung im Irak beschäftigt sich jetzt der Kurzfilm

«Noun» von Aida Schläpfer Al Hassani. Die Re-

gisseurin wurde 1970 in Bagdad geboren, muss-

te während des Saddam-Regimes aber mit ihrer

Familie in den Libanon fliehen und lebt seit 20

Jahren in der Schweiz. «Ich will mit meinem

Film einen weiteren drohenden Völkermord an

diesen Menschen verhindern», sagt die Regis-

seurin und stellt klar, dass es ihr nicht darum

geht, Kunst zu machen. «Mir geht es darum, das

Leiden der Menschen zu zeigen.»

Exorzismus gefragt

Polen. Ganz nach dem Motto «Das Böse ist

immer und überall» findet der Exorzismus im

katholischen Polen eine immer grössere Ver-

breitung. In den vergangenen zehn Jahren

habe sich die Zahl der von der Kirche einge-

setzten Exorzisten mehr als verdoppelt. Eine

Warschauer Diözese führt sogar einen Frage-

bogen, mit dem die Wahrscheinlichkeit, be-

sessen zu sein, gemessen werden kann. Da-

nach sind Menschen besonders gefährdet, die

Yoga oder Kampfkünste trainieren, Filme wie

«Star Wars» oder «Indiana Jones» schauen

und Musik von John Lennon oder Bob Marley

hören. Selbst Kirchenkreisen geht dieser Fra-

gebogen allerdings zu weit, und dem katholi-

schen Pfarrer und Exorzisten Slawomir

Sosnowski ist auch klar, dass die Sichtung des

Bösen in allem und jedem nur ein Trend und

nur ganz selten mit Sicherheit ein Dämon am

Werk ist. Dennoch: Das Monatsmagazin «Eg-

zorcysta», das sich mit Exorzismus beschäf-

tigt, bringt es immerhin auf eine Auf lage von

40’000 Exemplaren.

Neuer Frauen-Blog

Basel. Mission 21 beschäftigt sich nicht nur

mit Fragen der Entwicklungshilfe, sondern

fördert auch den globalen Erfahrungsaus-

tausch. Neustes Mosaiksteinchen ist ein Blog

der Stabsstelle Frauen und Gender. In Rubri-

ken wie «Neuigkeiten», «Porträts» oder

«Werkzeuge» werden Texte gesammelt, die

den Frauen im Netzwerk um Mission 21 wich-

tig sind. Den Blog gibt es auf Deutsch, Eng-

lisch, Französisch, Spanisch und Indonesisch

unter http://m21-womengender.org.

Johannes gewinnt!

Internet. Auf dem Internet-Portal Bible Gate-

way (www.biblegateway.com) stehen online

über 180 Ausgaben der Bibel in mehr als 70

Sprachen zur Verfügung. Jedes Jahr wird er-

mittelt, welche Bibelstellen von Nutzern in

den USA, Kanada, Grossbritannien und Aus-

tralien am meisten gesucht werden. Den ers-

ten Platz belegt wie schon seit Jahren Johan-

nes 3,16: «Denn so hat Gott die Welt geliebt,

dass er den einzigen Sohn gab, damit jeder,

der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, son-

dern ewiges Leben habe.» Den Basler Lehrbe-

auftragten für aussereuropäisches Christen-

tum an der Theologischen Fakultät der

Universität Basel, Benedict Schubert, über-

rascht das nicht. Diese Bibelstelle hänge von

Angola bis Indonesien in praktisch jeder Ka-

pelle und Hütte und dürfte auch bei uns eine

der bekanntesten sein, sagte er gegenüber re-

formiert.ch. Auf den weiteren Plätzen folgen

Jeremia 29,11, Philipper 4,13, Römer 8,28 und

Psalm 23,4.

(Quellen: Der Bund, lokalinfo.ch, Brot für alle, pro-

medienmagazin.de, ref.ch, reformiert.ch)

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moderne Mensch nicht nur die Kunst zu sterben, sondern auch

die Kunst zu leben wieder lernen? Christoph Baumann verneint

mit einem überraschenden Argument: «Das lateinische ‹ars› be-

deutet sowohl Kunst als auch Handwerk. Ich glaube deshalb,

dass die Begriffe Ars Moriendi und Ars Vivendi nicht auf Ster-

bens- und Lebenskünstler, sondern vielmehr auf Sterbens- und

Lebens-Handwerker verweist. Der Glücksfall der lebenslangen

‹handwerklichen› Bemühung ist dann ein Kunstwerk.»

Es ist doch genug

Dass das Aufsaugen und Geniessen von Neuem zum Handwerk

des Lebens gehört, will Christoph Baumann gar nicht bestreiten.

«Die Frage muss allerdings erlaubt sein, ob das schon alles ist –

ob dies zur oft beschriebenen Glückseligkeit als Lebensziel füh-

ren kann.» Sinnvoller sei es doch, die «Lebenshandwerkerlehre»

zu verlängern und zu versuchen, die Schatzkammer der Seele

auszubauen. Denn je länger man lebt, desto eher wird man mit

dem Sterben konfrontiert. Es gebe, so der Pfarrer, ja kaum je-

manden, der in den Vierzigern sei und noch nie eine Beerdigung

erlebt habe. Irgendwann komme dann – hoffentlich – der Punkt,

an dem auch dem letzten unerschütterlichen Optimisten klar

werde, dass man nicht alles erreichen könne, was man sich vor-

genommen habe. «Den ‹Kompetenzbereich› der Meisterprüfung

des Lebens umriss der Dichterpfarrer Kurt Marti so: ‹Manchen

bin ich einiges, einigen bin ich vieles schuldig geblieben. Und die

Zeit läuft davon. Wessen Güte kann das noch gut machen? Die

meine nicht. Nein, die meine nicht.› Oder, um es mit Bachs Kan-

tate Nr. 82 zu sagen: ‹Ich habe genug.›»

Die Weisheit des Alters

Auch wenn es den Werten unserer Konsumgesellschaft zu wider-

sprechen scheint: Pfarrer Andreas Haas aus Zug hört ebendiesen

Satz – «ich habe genug» – von Sterbenden oft, vor allen von Men-

schen, die 80 Jahre oder älter sind. «Das liegt meist an ganz irdi-

schen, alltäglichen Gegebenheiten: zunehmende Einsamkeit, ein

Ars Moriendi – die Kunst zu sterbenNatürlich möchte man am liebsten nicht an den Tod denken,

wenn man mitten im Leben steht. Allerdings ist der Tod unser

ständiger Begleiter – mal deutlicher, mal versteckter. Sich mit

ihm auseinanderzusetzen, ist Teil des Lebenshandwerks.

Ars Moriendi – der Begriff bedeutet so viel wie «Die Kunst zu

sterben» und bezeichnet eine Gattung spätmittelalterlicher Er-

bauungsliteratur. Ihr Ziel war es, den Menschen zu vermitteln,

was im christlichen Sinn ein guter Tod ist. Schriften mit Titeln

wie «Ein ABC, wie man sich schicken sol, zu einem kostlichen

seligen tod» erscheinen aus heutiger Sicht makaber, wenn nicht

gar morbid. Doch gilt es zu bedenken, dass in früheren Jahrhun-

derten der Tod nicht erst nach einer erklecklichen Lebensspanne

auf die Menschen wartete. Die durchschnittliche Lebenserwar-

tung lag damals zwischen 40 und 50 Jahren; in Zeiten, in denen

Seuchen oder Kriege wüteten, war sie noch bedeutend geringer.

Hinzu kam, dass der Tod einen Menschen von Geburt an jeder-

zeit treffen konnte, durch Kindstod, Hunger, missliche hygieni-

sche Umstände oder vieles mehr. Das Wissen, unvermittelt aus

dem Leben scheiden zu können, gehörte daher zum Alltag. An-

dererseits nahm man den Tod, der in Gottes Hand lag, auch als

Teil dieses Alltags hin. Darstellungen, in denen «Gevatter Tod»

das Rad des Lebens dreht, belegen dies.

Kunst oder Handwerk?

«Der moderne Mensch hingegen ist weit davon entfernt, den Tod

als Teil des Lebens zu akzeptieren», sagt Pfarrer Christoph Bau-

mann vom Pfarramt Zug-Nord und Menzingen. «Wenn für mo-

derne Menschen nichts Weiteres denkbar ist als dieses eine Le-

ben, dann muss alles Mögliche und Unmögliche während der

immer zu knappen Lebenszeit in diese einzige Existenz hinein-

gepfercht werden.» Es sei ein Zeichen der Zeit, dass man in einer

Art ständiger Defizit erfahrung lebe, in der immer mehr nie

wirklich genug ist. «Und wenn nichts anderes zählt als ‹mehr›,

dann ist ein Ende davon einfach keine Option.» Muss also der

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Niemand kann dem Tod entfliehen, auch wenn man es sich noch so sehr wünschen mag.

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Mensch weiss, warum Dinge geschehen», sagt sie. Allerdings

habe sie beobachtet, dass die Antworten letztlich gar nicht so

wichtig seien für die Sterbenden. Ihnen tue es schon gut, dass sie

diese Fragen überhaupt jemandem stellen könnten.

ständig kleiner werdender Bewegungsradius, stetig schlimmere

Gebrechen», sagt der Pfarrer. «Zudem merkt man oft, dass der

Lebensappetit der Menschen in der Tat gesättigt ist – im positivs-

ten Sinn von: Es war schön, aber jetzt reicht es auch langsam.»

Nachvollziehbar schwieriger seien solche Überlegungen natür-

lich für jüngere Menschen, die dem Tod gegenüberstehen.

Ein Ende ist undenkbar

Stirbt ein Mensch, betrifft das auch immer sein Umfeld, das ein

Stück weit mitstirbt. Hier zeigt sich, dass der Tod immer noch ein

schwieriges Thema ist. «Zwar gehört es heute fast schon zum gu-

ten Ton, den Tod in der Familie zum Thema zu machen», sagt

Andreas Haas. «Allerdings weiss man zum Beispiel auch, dass

die meisten Patientenverfügungen, die bestellt werden, unausge-

füllt in einer Schublade liegen. Und das spricht Bände.» Beim

Thema Tod gehe es eben ums Eingemachte, und das überfordere

den Menschen emotional und rational. «Die Vorstellung, nicht

mehr zu sein, entspricht einfach nicht unserem Denkmuster»,

sagt der Pfarrer. Da helfe auch der Glaube an ein Leben nach dem

Tod nur bedingt. Denn dieser Glaube beruhige vielleicht die Un-

gewissheit des Herzens, aber nicht die des Verstands. «Und auf

einer ganz oberflächlichen Ebene tun sich viele auch schwer da-

mit, den richtigen Ton zu finden. Deshalb schweigt man lieber,

als in ein Fettnäpfchen zu treten.»

Fragen ohne Antworten

Bei ihrer Arbeit als Spitalseelsorgerin und in Pflegeheimen wird

Pfarrerin Anja Niederhauser regelmässig mit dem Sterben kon-

frontiert. «Wie der einzelne Mensch damit umgeht, hängt auch

davon ab, wie er gelebt hat», sagt sie. Dennoch weiss sie auch, dass

am Ende des Lebens unweigerlich viele Fragen aufkommen: Wa-

rum ich? Warum auf diese Weise? Warum muss ich so lange lei-

den? «Der Tod ist zwar in dem Sinn gerecht, als dass er uns allen

widerfährt», sagt sie, «der Weg dorthin ist jedoch ein anderes

Thema.» Diese Fragen nach dem Warum kann nicht einmal sie

als Theologin beantworten; sie gibt auch nicht vor, es zu können.

«Ich kann nur antworten, dass ich ebenso wenig wie jeder andere

Pfarrer Christoph Baumann versteht unter Ars Moriendi ebenso das

Handwerk wie die Kunst, gut zu sterben.

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Pfarrerin Anja Niederhauser: «Alles, was einem die Angst vor dem

Sterben nimmt, ist gut.»

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Totentanz

Im Spätmittelalter entstanden in ganz Europa sogenannte Toten-

tänze: bildliche Darstellungen, welche die Allgegenwart des Todes

und seinen Einfluss auf das Leben darstellten. Es gibt sie als Gemäl-

de – oft auf Kirchen- und Friedhofsmauern –, Buchdrucke, Holz-

schnitte oder auch Zeichnungen. Bekannt ist der leider nicht mehr

vollständig erhaltene Basler Totentanz, der einst an der Friedhofs-

mauer des Laienfriedhofs des Predigerklosters prangte und heute

im Historischen Museum in Basel zu sehen ist.

Das Thema «Totentanz» endete jedoch nicht mit dem Mittelalter,

sondern lässt sich bis in die Neuzeit quer durch alle Kunstformen

verfolgen. Bekannt sind unter anderem Edgar Allan Poes Erzäh-

lung «Die Maske des Roten Todes», Goethes Ballade «Der Toten-

tanz» oder Franz Schuberts Streichquartett «Der Tod und das Mäd-

chen».

Foto: Wikipedia

Ausschnitt aus dem Lübecker Totentanz. Er wurde im Zweiten

Weltkrieg bei der Bombardierung Lübecks vollkommen zerstört.

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Glauben macht es einfacher

Die Pfarrerin selbst hofft, dass die Fragen nach dem Tod beantwortet

werden. Allerdings ist sie nicht der Meinung, dass man unbedingt

an ein Danach glauben muss, um gut sterben zu können. «Ich bin

aber davon überzeugt, dass der Glaube das Sterben einfacher

macht», sagt sie. «Alles, was einem die Angst nimmt, macht das

Sterben leichter und in diesem Sinn ‹gut›: Versöhnung, Vergebung

und eben auch der Glaube. Als eine Garantie für ein sogenannt

gelingendes Sterben darf man ihn allerding nicht missbrauchen.»

Für Anja Niederhauser sind solche Lebensabschlüsse jedoch nur

der äusserste Zipfel der Ars Moriendi. «Aller Wahrscheinlichkeit

nach sind wir die einzigen Wesen auf dieser Welt, die wissen, dass

sie irgendwann sterben werden. Dieses Wissen sollte uns dazu

bringen, darüber nachzudenken, wie wir leben wollen.» Von daher

seien Ars Moriendi und Ars Vivendi untrennbar miteinander ver-

knüpft. Dies komme auch im «Sonnengesang» des Franz von Assisi

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Leben und sterben sind untrennbar miteinander verknüpft.Pfarrer Andreas Haas weiss: Je älter die Menschen werden, desto eher

können sie sagen: Ich habe genug gelebt.

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Ars Moriendi im Hospiz

Pfarrer Andreas Haas engagiert sich im Vorstand von Hospiz

Zug und im Stiftungsrat des in der Entstehung befindlichen

Hospiz Zentralschweiz. «Im Hospiz wollen wir Sterbende in ei-

nem möglichst persönlichen Umfeld begleiten», sagt der Pfar-

rer. Mit Sitzwachen ermöglichen die Begleiter den Menschen,

in Würde zu sterben. Haas: «Für viele ältere Menschen ist es ei-

ne Horrorvorstellung, zum Sterben in die Palliativstation eines

Pflegeheims gehen zu müssen. Im Hospiz sollen sie so weit wie

möglich die von zu Hause gewohnte Wohnlichkeit und Gebor-

genheit erfahren.» Trotzdem gibt es bisher nur wenige Hospiz-

Einrichtungen in der Schweiz. Auch das sei Indiz dafür, dass das

Sterben in unserer Gesellschaft noch längst nicht so enttabui-

siert ist, wie wir denken. «Ehrlicherweise muss man aber auch

sagen: Der Tod wird niemals ohne Tabu sein. Er ist ein gewalti-

ges und auch unheimliches Ereignis – und über unheimliche

Dinge spricht man natürlich nur sehr ungern.»

«Lebenskunst und Totentanz» in der Klosterkirche Kappel

Noch bis zum 22. November beschäftigt sich eine Ausstellung

mit dem Thema «Lebenskunst und Totentanz». Gezeigt wird

eine Totentanz-Sammlung aus sieben Jahrhunderten mit Wer-

ken von Hans Holbein, Niklaus Manuel Deutsch, Albrecht Dürer

und Honoré Daumier. Verschiedene Veranstaltungen zum The-

ma begleiten die Ausstellung. Eine öffentliche Führung findet

täglich um 13.30 Uhr statt. www.toten-tanz.ch.

zum Ausdruck, wenn er, nachdem alle Dinge des Lebens gepriesen

sind, sagt: «Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, den

leiblichen Tod; ihm kann kein lebender Mensch entrinnen.» «Nach

dem Abendmahl in den Pflegeheimen nehme ich diesen Gedanken

auf», sagt Anja Niederhauser. «Ich danke für Brot und Wein, für

Freude und Traurigkeit, für das Leben – und den Tod.»

Text: Erik Brühlmann

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Willkommenskultur schaffen

Es ist ein christlicher Auftrag, sich solidarisch zu zeigen mit

Menschen, die in unserem Land um Asyl bitten. Als das Bundes-

zentrum auf dem Gubel eröffnet wurde, brachte es ein Menzin-

ger auf den Punkt: «Wir können die globalen Probleme der Asyl-

politik nicht lösen, aber wir können helfen, dass die Menschen,

die eine kurze Zeit hier leben, möglichst anständig behandelt

werden.»

Text: Erik Brühlmann

Solidarität hat viele GesichterDie weltweite Flüchtlingskrise hält an. Eine Besserung ist zu-

mindest kurzfristig nicht in Sicht. Die Politik setzt das Thema

ganz oben auf die Agenda, und auch die Kirchen sind immer

öfter gefragt. Eine Zwischenbilanz.

Wir sehen Bilder von Flüchtlingsströmen von bisher ungekann-

tem Ausmass. Während einige Nationen ihre Grenzen betonie-

ren, versuchen andere, den Flüchtlingen einen menschenwürdi-

gen Empfang zu bereiten. Schlepperorganisationen wittern das

grosse Geschäft, und so manchem Politiker ist die Asylpolitik

ein willkommenes Thema für den bevorstehenden Wahlkampf.

Viele fragen sich: Wie wird das enden? Werden wir mit fremden

Menschen überschwemmt – und werden dadurch fremdenfeind-

liche Tendenzen noch mehr befeuert?

Unterkünfte gesucht

Infolge der aktuellen Entwicklungen muss der Kanton Zug der-

zeit jede Woche 10 bis 12 Flüchtlinge unterbringen. Die Aufnah-

mekapazitäten sind aber begrenzt. Vor diesem Hintergrund

fragte Regierungsrätin Manuela Weichelt die Reformierte Kir-

che Kanton Zug am 17. Juli in einem Brief an, ob sie eine Mög-

lichkeit sehe, Unterkünfte für Flüchtlinge zur Verfügung zu stel-

len. Denn die Suche nach geeigneten Unterkünften gestaltet sich

schwierig, und eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht. Die

Kirche bot dem Kanton Anfang August ein Pfarrhaus zur kurz-

fristigen Nutzung an, das dieser aber aufgrund der kurzen Ver-

fügbarkeit nicht annehmen konnte. Die Reformierte Kirche

Kanton Zug ist weiter auf der Suche nach geeigneten Objekten

und hat eines gefunden, das sie allenfalls anbieten kann.

Viele Arten der Hilfe

Die Kirche kann beim Thema Unterkünfte für Asylsuchende lei-

der nur begrenzt Hand bieten. «Es ist uns aber dennoch möglich,

auf andere Arten zu helfen», sagt Kirchenratspräsident Rolf

Berweger. So sei zum Beispiel die Seelsorge im Bundeszentrum

Gubel sehr gut angelaufen. «Pfarrer Michael Wiesmann und der

pensionierte Zuger Jugendarbeiter Ferdy Amsler wirken zusam-

men mit ihrem katholischen Partner in der Hoffnung, die Men-

schen auf ihrer schweren Reise ein Stück weit begleiten zu kön-

nen. Die IG Zentrum Gubel Mänzige haben wir zudem mit 4500

Franken unterstützt.» Mit diesem Geld konnten die beiden Con-

tainer, die als Begegnungsort dienen, fast ganz finanziert wer-

den. «Und neu bieten wir in Rotkreuz Räumlichkeiten für Akti-

vitäten mit Asylbewerbern im Kanton an», sagt Rolf Berweger.

«Eva Wimmer aus Steinhausen organisiert zusammen mit Frei-

willigen verschiedene Projekte für Menschen im Asylbereich:

Sprachkurse, Kochkurse, Malateliers und so weiter.»

Unterstützung für die Herkunftsländer

Die Reformierte Kirche Kanton Zug trägt seit je dazu bei, den

Menschen auch in ihren Herkunftsländern zu helfen. Im Grund

wirken alle Projekte im Bereich der Entwicklungshilfe, die über

die OeME unterstützt werden, in diese Richtung. Viele Gottes-

dienstkollekten kommen ebenfalls Projekten in Entwicklungs-

ländern zugute. In den letzten 12 Monaten wurden Projekte des

Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz (Heks) speziell

im Zusammenhang mit Flüchtlingen aus Syrien unterstützt. Rolf

Berweger: «In diesem Bereich beläuft sich unsere Hilfe auf insge-

samt 50’000 Franken.»

Kirchenratspräsident Rolf Berweger ist es wichtig, Flüchtlingen einen

menschlichen Empfang und Aufenthalt zu ermöglichen.

Begegnungen im Container

Am 20. August kamen die beiden Container auf dem Gubel an.

Ein Kran manövrierte sie an ihren endgültigen Platz. «Die Con-

tainer sollen zu einem Ort der Begegnung werden, aber auch

Platz für Aktivitäten für Kinder und Erwachsene bieten», sagt

Tony Mehr, Kerngruppenmitglied der IG Zentrum Gubel Mänzige.

Ausserdem sollen Internet- und Skype-fähige Computer den

Zentrumsbewohnenden den Kontakt mit der Heimat ermögli-

chen. Tee- und Kaffeemaschinen sorgen so gut wie möglich für

ein einladendes Ambiente.

Mithilfe der Reformierten Kirche Kanton Zug konnten beim Bundeszentrum

Gubel zwei «Begegnungscontainer» aufgestellt werden.

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8 SERIE PFARRPERSONEN

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«Den Dingen auf den Grund gehen»Pfarrerinnen und Pfarrer prägen die Reformier-

te Kirche Kanton Zug – deshalb haben wir sie

alle in einer lockeren Reihe vorgestellt. Mit

dem Porträt von Pfarrerin Barbara Baumann

vom Pfarramt Zug-Nord und Menzingen be-

schliessen wir die Reihe.

Den Geburtstag teilt Barbara Baumann mit dem

deutschen Dichterfürsten Johann Wolfgang von

Goethe: Sie kam am 28. August 1963 zur Welt, im

kleinen Dorf Niederösch im Berner Mittelland

und als Nachzüglerli nach drei deutlich älteren

Brüdern. Die Familie bauerte, und das Mädchen

genoss das Leben auf und um den Hof. «Ich war

eher ein wildes Kind und immer gern draussen»,

erzählt sie. «Ich kletterte auf Bäume, stieg in den

Bach, beschäftigte mich mit den Tieren.»

Ganz so idyllisch, wie sich das vielleicht anhört,

waren Kindheit und Jugend von Barbara Baumann

aber nicht. «Im Ort war es etwas schwierig, Gleich-

gesinnte zu finden», erinnert sie sich. «Ich dachte

als Kind gern über Dinge nach, welche die meisten

Gleichaltrigen nicht interessierten, und war daher

oft allein.» Der Götti schenkte ihr aber einen Hund,

und fortan war das Mädchen in der Freizeit stets

mit ihrem vierbeinigen Begleiter unterwegs. Bis

heute ist Barbara Baumann eine grosse Tierfreun-

din geblieben – sie hat zwei Hunde.

Religion sei daheim ganz selbstverständlich gewe-

sen. «Alle Kinder gingen in die Sonntagsschule

und später in die Kirche», sagt sie. «Wir waren

nicht derart religiös, dass mir das besonders aufge-

fallen wäre, aber Religion gehörte einfach dazu.»

Pfarrerin war auch nicht ihr Traumberuf, als sie ein

Kind war. «Ich wollte ganz vieles werden», erinnert

sie sich. «Ich verschlang viele Bücher, und je nach-

dem, was ich gerade las, hatte ich ein anderes Ziel.

Zum Beispiel Anwältin, Pilotin oder Ingenieurin.»

Ihr Umfeld habe sie in diesen Wünschen aber we-

nig unterstützt, deshalb ging sie schliesslich ans

Lehrerinnenseminar.

«Es stellte sich aber schnell heraus, dass ich mich

falsch entschieden hatte», sagt sie. «Schon während

der Ausbildung war ich nicht glücklich, weil mir

alles zu oberflächlich war. Und als ich dann be-

gann, als Lehrerin zu arbeiten, verstärkte sich die-

ser Eindruck noch: Ich konnte nicht in die Tiefe

gehen. Manchmal hatte ich das Gefühl, geistig zu

verhungern.» Immerhin: Das Lehrerinnensemi-

nar brachte sie nach Bern, wo sie eine starke Liebe

zu dieser Stadt entwickelte.

Zweieinhalb Jahre lang arbeitete Barbara Bau-

mann als Lehrerin in Herzogenbuchsee; zu dieser

Zeit lebte sie bereits mit ihrem Mann zusammen,

Christoph Baumann, mit dem sie drei gemeinsame

Kinder hat und heute das Pfarramt Zug-Nord und

Menzingen betreut. Er studierte damals bereits

Theologie, und das junge Paar engagierte sich stark

in der Kirchgemeinde.

Schliesslich entschied sich Barbara Baumann, es

ihrem Mann gleichzutun und in Bern Theologie zu

studieren. «Ich wählte diese Richtung, weil mein

religiöses Interesse erwacht war, ich mich endlich

eingehend mit wichtigen Fragen beschäftigen

wollte – und weil ich das, was mir mein Mann vom

Studium erzählte, höchst spannend fand. Er mach-

te gute Werbung!» Das Studentenpaar lebte be-

scheiden im alten Bauernstöckli der Eltern von

Christoph Baumann. «Die Dusche befand sich

draussen, und manchmal fror gar die Zahnpasta

ein», erzählt Barbara Baumann lachend. Immer-

hin wurde sie aber intellektuell gefordert. «Ich liebe

das Diskutieren, und diese Leidenschaft konnte ich

nun voll ausleben. Wir sassen in der Mensa und

debattierten beim Essen über Hegel und Feuer-

bach.» Die Universität sei damals auch sehr poli-

tisch gewesen, und man habe bis in die Nacht hi-

nein aktuelle Themen besprochen.

Doch das Studium löste bei Barbara Baumann –

wie bei manchen anderen Studierenden – auch

eine Glaubenskrise aus. «Durch die intensive Be-

schäftigung mit Religion merkt man, dass der bis-

herige Kinderglauben in vielem nicht aufgeht. Ich

fühlte mich in dieser Phase sehr verunsichert.»

Ausgerechnet der Buddhismus eröffnete ihr dann

einen neuen Zugang zum Christentum. «Ich hatte

mich mit dem Buddhismus beschäftigt, und da-

durch konnte ich wie von aussen auf das Christli-

che blicken. Dabei sah ich: In vielen Dingen reden

beide Religionen vom selben. Der Buddhismus

bietet auch viele konkrete Übungen an, wie die

Lehre umzusetzen sei. Das fehlt in der Bibel oft. Es

heisst zwar: ‹Liebe deinen Nächsten wie dich selbst›

– aber wie man das leben soll, steht nicht geschrie-

ben. Da half mir die buddhistische Praxis.»

Schon früh war für Barbara und Christoph Bau-

mann klar, dass sie gemeinsam ein Pfarramt über-

nehmen wollten. Zunächst war aber nur Christoph

Baumann Pfarrer, seine Frau studierte noch. Das

Paar zog ins Pfarrhaus von Bätterkinden im Berner

Mittelland, wo Christoph Baumann zum Pfarrer

gewählt worden war. Drei Jahre später kam das ers-

te Kind zur Welt, und auch Barbara Baumann

wurde Pfarrerin; ab da arbeiteten die Eheleute im

Jobsharing.

Als die Kinder das Schulalter erreichten, musste

sich das Paar entscheiden, ob es langfristig in Bät-

terkinden bleiben oder etwas Neues wagen sollte.

«Für uns war klar: Wenn wir wegziehen, dann ma-

chen wir nicht dasselbe 20 Kilometer entfernt»,

sagt Barbara Baumann. «Als wir das Inserat für die

Stelle in Zug-Nord und Menzingen sahen, dachten

wir: Eine Diasporagemeinde in Zug zu leiten, das

wäre wirklich etwas anderes. Wir hatten hier ein

sehr gutes Vorstellungsgespräch, und uns gefiel

sehr, dass wir in einem Team mit anderen Pfarre-

rinnen und Pfarrern arbeiten konnten.»

Mittlerweile sind die Baumanns seit 14 Jahren in

Zug-Nord und Menzingen tätig. Die Frage, welche

Bereiche ihrer Tätigkeit ihr am meisten zusagen,

beantwortet Barbara Baumann gleich mit einer

Liste. «Ich mag Projektarbeit wie den Ostergarten,

den wir in Menzingen machten. Nach wie vor füh-

re ich sehr gern Gottesdienste durch. Und wirklich

toll ist die Zusammenarbeit mit den Jungen.» Ganz

wichtig an ihrer Tätigkeit sei aber, dass sie Zeit

habe, gründlich über Dinge nachzudenken, in die

Tiefe zu gehen und davon auch etwas weiterzuge-

ben. Dass sie gern schwierige Fragen wälzt, zeigt

auch ein weiteres Engagement: Gegenwärtig stu-

diert sie an der Universität Zürich angewandte

Ethik. «Ich bin einfach glücklich, wenn ich wieder

einmal richtig dazu komme, Dinge zu lernen und

in die Tiefe zu denken», sagt sie. Mit dem grossen

Denker Goethe hat sie also offensichtlich nicht nur

den Geburtstag gemein!

Text und Foto: Marius Leutenegger

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Zuger TrauerCafé – der Trauer Raum gebenZUG, ALTERSZENTRUM NEUSTADT BUNDESSTRASSE 4Freitag, 2. Oktober, 16 bis 18 UhrFreitag, 6. November, 16 bis 18 Uhr(jeden ersten Freitag im Monat)Kontakt: Spitalseelsorge Zuger Kantonsspital,041 399 11 11 PallCare Spitex Kanton Zug041 729 29 29, [email protected]

Stille & Worte

ZUG, REFORMIERTES KIRCHEN- ZENTRUM, MEHRZWECKRAUM 1. STOCK (LIFT VORHANDEN)15. Oktober und 19. November, 13.30 bis 15 Uhr (jeden dritten Donnerstag im Monat) Gemeinsam in die Stille gehen. Achtsamkeit üben. Einen Raum der Begegnung schaffen.Erlebtes teilen, verstehen, annehmen. Eigenesin den Alltag integrieren.Leitung und Auskunft:Pfarrerin Ruth den Haan-Zeier, 041 726 47 [email protected]

Feierliches Konzert zum ReformationstagZUG, REFORMIERTE KIRCHESonntag, 1. November, 17 Uhr Kammerchor der Zuger KantoreiLeitung: Johannes MeisterChor «Xang»Leitung: Lisa Appenzeller

Winterferien auf der LenzerheideFür aktive alleinstehende Frauen und MännerWann: 16. bis 23. Januar 2016Wo: Sunstar Hotel LenzerheideKosten: CHF 1090.–/Person Zusätzliche Kosten: Anreise, Ski- und Bergbahnbillette, Zwischenmahlzeiten und GetränkeAuskunft und Leitung: Beatrice Bieri, Sozialdiakonin in Hünenberg, und Martin Plath, Sozialdiakon in ChamAnmeldung: bis spätestens 15. November anBeatrice Bieri, 041 780 89 50 [email protected]

VERANSTALTUNGEN

Besondere Gottesdienste

BAARSonntag, 25. Oktober, 10 UhrJazz-GottesdienstPfarrerin Vroni Stähli

ÄGERISonntag, 25. Oktober, 11 UhrSoul on Sunday, DialektPfarrer Jürg Rother und TeamMusik: Suzie & Friends

Aktive Meditation – durch Bewegung zur inneren Ruhe finden

HÜNENBERG, REFORMIERTES KIRCHENZENTRUMDienstag, 6. Oktober, 19.30 bis 21 Uhr Dienstag, 3. November, 19.30 bis 21 UhrLeitung: Elisabeth Röösli, 041 780 89 59Auskunft: Elisabeth Röösli, Sozialdiakonin [email protected] Mitnehmen: Gymnastikmatte und leichte Decke

Bibelkurs «Das Buch der Sprüche – Weisheit für den Alltag»

MITTENÄGERI, REFORMIERTES KIRCHENZENTRUMDienstag, 20. Oktober, 19.30 bis 21 UhrDer Bibelkurs findet einmal im Monat statt.Anmeldung: nicht nötigLeitung: Martina Müller, 041 750 10 25 [email protected]

Gestärkt in die neue Woche – gemeinsam Abendmahl feiern

HÜNENBERG, REFORMIERTES KIRCHENZENTRUMSonntag, 1. November, 19.30 UhrWir feiern am 1. Sonntag jedes zweiten Monats nach der immer gleichen Liturgie. Dabei wird der Stärkungscharakter des Abendmahls betont.Auskunft: Aline Kellenberger, 041 780 58 49 [email protected]

Tod und Abschiednehmen in verschiedenen KulturenBAAR, PFARREIHEIM ST. MARTINMittwoch, 21. und 28. Oktober, jeweils 19.30 UhrAuskunft: Pfarrerin Vroni Stähli, 041 761 98 [email protected]

«Lieben was ist»Gesprächsabend zum Thema Konflikte lösen in Beziehungen

CHAM, REFORMIERTER KIRCHGEMEINDESAALEinführungsabend: Freitag, 30. Oktober, 19 bis 22 UhrLeitung: Annette Plath, SozialdiakoninMarkus Tauchmann, Diplom-Psychologe FSP und Coach für The Work von Byron Katie VTWAuskunft: Markus Tauchmann, 079 373 28 [email protected], www.tauchmann.chAnmeldung: [email protected] 041 780 65 58

CityKircheZug

Hommage für Dr. Arnold HottingerZUG, REFORMIERTE KIRCHEMittwoch, 21. Oktober, 18 UhrDie CityKircheZug lädt ein zu einem Abend zu Ehren von Dr. Arnold Hottinger. Für sein Lebenswerk wurde der ausserordentliche Kenner der Verhältnisse im Nahen und Mittleren Osten kürzlich mit dem Zürcher Journalistenpreis ausgezeichnet. Gewürdigt werden seine Persönlichkeit und sein profun-des Engagement als Nahostexperte.

Herr Wolkenbruchs Liebesabenteuer – Lesung mit Thomas MeyerZUG, REFORMIERTE KIRCHEDienstag, 3. November, 20 UhrHerr Wolkenbruch verliebt sich. Das ist bis auf den Namen des Helden nichts Ungewöhnli-ches. Aber: Herr Wolkenbruch ist Jude und seine Auserwählte eine von den anderen, eine «Schikse» (Jiddisch für eine nichtjüdische Frau) halt. Das sorgt für allerhand Verwirrung und gibt Stoff für das schräge und äusserst amüsante Buch des Künstlers und Texters Thomas Meyer.

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10 GOTTESDIENSTE

Sonntag, 27. September

Kollekte: Schweizerische Bibelgesellschaft

ZUG 9.30 Uhr Pfarrer Christoph BaumannVokalensemble Vila mit orthodoxen ChorälenLeitung: Viktor Landa

BAAR 9.30 UhrErntedank – 20 Jahre LabyrinthDialekt Pfarrerin Vroni StähliMusik: Rita Häcki, KlarinetteGesang: Anita SchweizerOrgel: Johannes Böselanschliessend gemütliches Beisammensein mit Kürbissuppe

CHAM 10 UhrGottesdienst für Gross und Klein mit Begrüssung der ZweitklässlerPfarrerin Caterina FischerOrgel: Mi-Sun Chang

ÄGERI 10 Uhr Familiengottesdienst mit KindertreffDialektPfarrer Jürg RotherSuzie Badenhorst & KindertreffE-Piano: Veronica Hvalic

STEINHAUSEN 10.15 UhrFamiliengottesdienst zu ErntedankPfarrer Hubertus Kuhnsanschliessend Kürbissuppe und gemeinsame «Teilete»

ZUG 12 Uhr Glockengeläut zum Gedenken an das Attentat in Zug 2001 und alle Opfer von Gewalttaten

ZUG at 5.30 p.m. The Anglican Church in Canton Zug. Family Service in English

ZUG 19 Uhr Gedenkfeier Kirche St. OswaldPfarrer Andreas HaasDekan Alfredo SacchiOrgel: Marco Brandazza

Sonntag, 4. Oktober

Kollekte: CBM-Christoffel Blindenmission

ZUG 9.30 UhrPfarrer Andreas Haas

MENZINGEN 9.30 UhrPfarrerin Irène Schwyn

ÄGERI 10 UhrDialekt, Pfarrerin Martina Müller E-Piano: Veronica Hvalic

CHAM 10 Uhr Pfarrerin Ruth den Haan-ZeierOrgel: Mi-Sun Chang

ROTKREUZ 10 Uhr Ennetsee-Gottesdienst in ChamPfarrerin Ruth den Haan-Zeier

HÜNENBERG 10.15 UhrPredigt-GottesdienstPfarrerin Aline KellenbergerOrgel: Silvia Affentranger

STEINHAUSEN 10.15 UhrPfarrer Hans GuldenmannOrgel: Andrea Forrer

BAAR 17 UhrVesper-GottesdienstPfarrerin Vroni StähliOrgel: Silviya Georgieva

Sonntag, 11. Oktober

Kollekte: AKTUELL

ZUG 9.30 Uhr Pfarrerin Irène Schwyn

BAAR 9.30 UhrGottesdienst mit TaufenDialektPfarrerin Vroni StähliOrgel: Johannes Bösel

ÄGERI 10 UhrPfarrerin Martina MüllerOrgel: Miklos Arpas

CHAM 10.15 Uhr Ennetsee-Gottesdienst in Steinhausen

STEINHAUSEN 10.15 UhrPfarrer Hans GuldenmannOrgel: Andrea Forrer

Freitag, 16. Oktober

HÜNENBERG 17 UhrLagerschluss-GottesdienstPfarrerin Aline KellenbergerElisabeth Röösli und KinderOrgel: Silvia Affentranger

Sonntag, 18. Oktober

Kollekte: Missionsprokura Menzinger Schwestern

ZUG 9.30 UhrPfarrer Andreas Haas

BAAR 9.30 UhrPfarrer Manuel BielerOrgel: Silviya Georgieva

ROTKREUZ 10.15 UhrGottesdienst mit TaufePfarrer Rüdiger OppermannMusik: Schülerinnen und Schüler der Musikschule ZugLeitung: Silvia Wagner

STEINHAUSEN 10.15 UhrPfarrerin Nicole KuhnsOrgel: Andrea Forrer

ÄGERI 11 UhrFamiliengottesdienst zum Abschluss des Kinderlagers DialektPfarrer Jürg Rother und Suzie BadenhorstMusik: Suzie und KinderE-Piano: Veronica Hvalic

CHAM kein Gottesdienst Gemeinsamer Besuch des Kirchentags des Kantons Schwyz in RothenthurmPfarrer Michael Sohn-Raaflaub freut sich auf Ihr Mitkommen!Abfahrt um 8.14 Uhr, Gleis 2 in Cham – bitte Billett selbst kaufen.

ZUG at 5.30 p.m. The Anglican Church in Canton Zug. Family Service in English

HÜNENBERG 20 UhrTaizé-GebetMargot und Konstantin Beck

Mittwoch, 21. Oktober

BAAR 19 UhrSchwedischer GottesdienstPfarrer Magnus Nordström

Samstag, 24. Oktober

ZUG 17.15 UhrAnKlang; Abendfeier mit Wort und MusikPfarrer Hans-Jörg Riwar

Sonntag, 25. Oktober

Kollekte: Assoçião Criança e Familia, Salvador da Bahia, BR

ZUG 9.30 Uhr Pfarrer Hans-Jörg Riwar

BAAR 10 UhrJazz-GottesdienstPfarrerin Vroni StähliKlavier: Marcel ThomiSaxophon: Raffaele LunardiFotografien: Andreas Nyffeneg-ger, anschliessend Jazz-Brunch

CHAM 10 UhrPfarrer Michael Sohn-RaaflaubOrgel: Mi-Sun Chang

CHAM 10 UhrChinder Chile RägebogeKirchengemeindesaal unten

HÜNENBERG 10.15 UhrKultursilo, Böschhof HünenbergÖkumenischer Pilger-Gottes-dienstPfarrerin Aline KellenbergerTrachtengruppe HünenbergLeitung: Rebecca RöllinApéro

STEINHAUSEN 10.15 UhrÖkumenischer Gottesdienst zur ChilbiPfarrer Hubertus KuhnsRuth Langenberg, Kirche Don Bosco

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11

«Wer war das?!» Wie Blitz und Donner fegte die

zornige Stimme des aufgebrachten Lehrers durchs

Schulzimmer. Sein Zeigefinger wies auf das er-

bärmliche Bild der zerbrochenen Blumenvase. Sein

Blick fixierte vor allem die Jungs. «Niemand? Willi!

Nach vorn!» Das scharfkantige Lineal des Lehrers

sauste erbarmungslos auf die ausgestreckten Kin-

derhände hinunter. Willi hatte diese «Töpe» ver-

dient. Nicht zum ersten Mal – wenn nicht für diese

Untat, dann für eine andere, die er sicherlich ver-

brochen hatte. Kam er doch aus Verhältnissen, aus

denen nichts Gutes zu erwarten war.

Ob Willi dem Lehrer je vergeben hat, vergeben

konnte? Ob er uns vergeben hat, die wir nur zuge-

schaut haben und aus Angst nicht für ihn einstan-

den? Ob er den wirklichen Tätern, die ihn, schein-

bar ohne Skrupel, mit zum Opfer machten, vergeben

konnte?

«Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir verge-

ben unseren Schuldigern.» Mt 6,12.

Was für Spuren würden wir Menschen hinterlas-

sen, wenn wir nicht in der Spannung von Schuld

und Strafe lebten, sondern aus der Erkenntnis von

Schuld und dem Zuspruch von Vergebung? Dazu

müssten wir Adam ein für alle Mal Adieu sagen.

Denn gemäss biblischer Überlieferung ist Adam

nicht fähig zum Eingeständnis seiner Mitschuld.

Die bekannte Urgeschichte im Alten Testament

bringt klar zum Ausdruck: Eva trifft die Schuld.

Und Eva argumentiert: Die Schlange hat mich ver-

führt. Doch Gott durchschaut sie alle drei, und sie

müssen die Konsequenzen ihres Handelns tragen.

Wie wäre die Geschichte wohl ausgegangen, hätten

Adam, Eva, die Schlange, die Autoren des zweiten

Schöpfungsberichts die ihnen je zukommende Ei-

genverantwortung für das Geschehene übernom-

men – ohne Schuldzuweisung an andere, ohne

Rückgriff auf Sündenböcke?

Jesus Christus hat die Frage nach Schuld und Ver-

gebung neu ins richtige Licht gestellt mit dem Hin-

weis auf das wichtigste Gebot im Gesetz:

«Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit dei-

nem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele

und mit all deiner Kraft und mit deinem ganzen

Verstand, und deinen Nächsten wie dich selbst.»

Mt 22,34ff; Dtn 6,5; Lev 19,18

Denn Schuld misst sich im Alten und im Neuen

Testament allein an der Abwendung von diesem

Liebesgebot. Nicht mehr in liebevoller Beziehung

mit mir selbst zu stehen, mit meinem Nächsten, mit

Gott, das öffnet dem so genannt und so erkannt Bö-

sen Tür und Tor. Die wichtigste Frage und ent-

scheidende Erkenntnis ist darum nicht «Wer hat

dies getan?», sondern: Wie gehen wir um mit dem,

was ist? Wie verkraften wir die Erfahrung von Leid,

von Unglück, von Schwäche? Wie kommen wir mit

existentiellen Ängsten zurecht? Wie leben wir tag-

täglich unser Leben im Wissen um Ungleichge-

wicht und Ungerechtigkeit, um Gewalt und Bosheit

in dieser Welt, gar in meiner Welt?

Die Bibel ist reich an Beispielen zum Umgang mit

Schuld, wie viele andere Schriften der religiösen

und weltlichen Literatur auch, bis hin zu den heuti-

gen weltumgreifenden Medien. Durch sie alle hin-

durch höre ich Jesu Worte am Kreuz:

«Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie

tun.» Lk 23,34

Und gleichzeitig formuliert sich diese Bitte in mei-

nen Gedanken zum inneren Aufschrei: «Vergib ih-

nen nicht, denn sie wissen sehr wohl, was sie tun!»

Doch – wer bin ich? Wer ist der Mensch, dass er Gut

und Böse richten kann?

«Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe als Erster

einen Stein auf sie!» Joh 8,7

Diese Stellungnahme Jesu ist für mich der zweite

zentrale Hinweis für das Verstehen von Schuld und

Vergebung. Er berührt uns damit in unseren Ver-

fehlungen und auch in unserer Selbstgerechtigkeit.

Was bleibt?

«Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Die grösste

unter ihnen aber ist die Liebe.» 1 Kor 13,13

Wenn wir in und aus dieser Herzensverbindung

leben, erfahren wir Vergebung.

Text: Ruth den Haan-Zeier

Was bedeutet eigentlich ... «Schuld und Vergebung»?In der Kirche werden viele theologische Begriffe ganz selbstverständlich verwendet – so selbstverständlich,

dass es zuweilen sinnvoll ist, innezuhalten und zu überlegen, was sie denn eigentlich bedeuten. In einer Serie

beleuchten Pfarrpersonen aus dem Kanton einige dieser Begriffe. Diesmal setzt sich Ruth den Haan vom

Regionalpfarramt mit «Schuld und Vergebung» auseinander.

GOTTESDIENSTE / SERIE

WALCHWIL 10.15 Uhr Pfarrerin Irène Schwyn

ÄGERI 11 UhrSoul on Sunday, DialektPfarrer Jürg Rother und TeamMusik: Suzie & Friends

ZUG at 5.30 p.m. The Anglican Church in Canton Zug. Family Service in English

Samstag, 31. Oktober

ZUG 9.30 UhrKleinkinderfeierAnschliessend Elki-Kaffee im Sous-Sol

Samstag, 1. November

ZUG 9 UhrÖkumenischer GottesdienstAreal der Zuger MessePfarrer Andreas Haas

MENZINGEN 9.30 UhrPfarrerin Barbara Baumann

ÄGERI 10 UhrGottesdienst mit AbendmahlDialektPfarrerin Martina MüllerMusik: Veronica Hvalic mit Gast

BAAR 10 UhrGottesdienst mit AbendmahlPfarrer Manuel BielerVioline: Lydia OpilikOrgel: Johannes Bösel

CHAM 10 UhrGottesdienst mit AbendmahlPfarrer Michael Sohn-RaaflaubOrgel: Mi-Sun Chang

ROTKREUZ 10.15 UhrPfarrer Rüdiger OppermannOrgel: Silvia SeippMitwirkung: Schülerinnen und Schüler der Musikschule Zug Leitung: Agnes Hunziker

STEINHAUSEN 10.15 UhrPfarrerin Nicole KuhnsOrgel: Andrea Forrer

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KIRCHE Z

Reformierte KircheKanton Zug

Kirche mit Zukunft

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Aus dem Inhalt:

– Ars Moriendi: Die Kunst – oder das Handwerk –

des Sterbens

– Flüchtlinge: Die Kirche hilft, wo sie kann

– Wissen kompakt: Das bedeuten Schuld und Vergebung