18
11 1.2 Die Fertigungsverfahren im Überblick 1.2 Die Fertigungsverfahren im Überblick Die Fertigungsverfahren werden eingeteilt nach den Verfahren wie man Werkstücke formt und/ oder die Stoffeigenschaften ändert. Kennzeich- nend ist dabei, wie der Zusammenhalt der stoff- lichen Bestandteile eines Werkstücks sich darstellt. Man unterscheidet Fertigungsverfahren, welche die Bauteilform dadurch bestimmen, dass stoff- licher Zusammenhalt • geschaffen wird, Urformen (Gießen) • beibehalten wird, Umformen • vermindert wird, Trennen • vermehrt wird. Fügen Neben formbildend bzw. formändernd können die Fertigungsverfahren auch die Stoffeigenschaften verändern, z. B. durch Gefügeveränderungen (Umlagern von Stoffteilchen), durch Nitrieren (Einbringen von Stoffteilchen) oder durch Entkoh- len (Aussondern von Stoffteilchen). Entsprechend zu den Merkmalen des stofflichen Bauteilentstehens werden die Fertigungsverfah- ren in sechs Hauptgruppen nach DIN 8580 einge- teilt (Bild 1, folgende Seiten). 1. Urformen ist das Fertigen eines festen Körpers aus einem formlosen Stoff. Formlose Stoffe sind insbesondere flüssige Metalle und Kunst- stoffe, aber auch Pulver, Fasern, Granulate und Gase. Neu sind hierbei die direkten generativen Ver- fahren, bei denen einzelne Volumenelemente oder dünne Schichten aufeinander gesetzt wer- den, z. B. durch Lasersintern oder durch Stereo- lithographie (Bild 1). 2. Umformen ist das Fertigen eines festen Kör- pers durch bildsames, nämlich plastisches 1 Ändern der Form eines festen Körpers. Dabei bleibt der Stoffzusammenhalt erhalten. Der Umformvorgang bezieht sich nicht immer auf das ganze Werkstück. Er kann sich auf Teil- bereiche eines Werkstücks beziehen oder auch lokal fortschreitend sein, z. B. beim Walzen. Neben dem Ziel der Gestaltänderung verfolgt man beim Umformen auch das Ziel die Ober- flächenbeschaffenheit und die Werkstoffeigen- schaften zu verändern. 1 plastisch von griech. plastikos = „zum Gestalten (Formen) gehö- rig“ , Plastik = Kunst des Gestaltens 2 Im Beispiel wird ein Replikat eines steinzeitlichen Schädels her- gestellt. Die Daten wurden durch Röntgen-Computer-Tomogra- phie (CT) gewonnen (siehe Teil II, Seite 693). 3. Trennen ist das Fertigen geometrisch fester Körper durch Formändern und durch Vermin- dern des stofflichen Zusammenhalts: das Tren- nen durch Zerteilen, z. B. Abschneiden, durch Spanen, z. B. Fräsen, durch Abtragen z. B. Ero- dieren. 4. Fügen ist das Fertigen eines festen Körpers durch das Zusammenbringen mehrerer fester Bauteile mit Hilfe von Verbindungselementen oder Verbindungsstoffen. Dies geschieht durch Zusammenlegen, z. B. Ineinanderschieben, durch Umformen, durch Verschrauben, durch Gießen, durch Stoffverbinden, z. B. Schweißen. 5. Beschichten ist Fertigen durch das Aufbringen eines formlosen pulvrigen, flüssigen oder gas- förmigen Stoffes auf einen festen Körper. Durch das Beschichten verfolgt man einen Schutz der Werkstücke vor Verschleiß, Korrosion, Hitze u. a. und/oder man erzeugt gewünschte Ober- flächenfarben und -texturen sowie bestimmte elektrische Eigenschaften (leitend/nicht leitend). 6. Stoffeigenschaftändern ist das Fertigen durch Verändern der Werkstoffeigenschaften. Dies kann auf bestimmte Orte oder auf die Werk- stückoberfläche beschränkt sein. Beispiele sind das Härten, Vergüten, Magnetisieren, Entkoh- len, Dehydrieren, Aufkohlen, Nitrieren. Stützele- mente (werden später entfernt) Bauplattform Bild 1: Stereolithographie (Beispiel 2 ) Wiederholung und Vertiefung 1. Welches Ziel verfolgt man mit der Fertigungs- technik? 2. Welches sind die Hauptschritte eines Fertigungs- prozesses? 3. Durch was wird der Fertigungsprozess abge- schlossen?

1.2 Die Fertigungsverfahren im 3. Überblick - Christiani · IHU-Träger-bauteil an einer PKW-Achse Bild 2: Leichtbauweise durch IHU Stumpf-Schweißung Einzelheit 0,4 mm 0,8 mm Dickes

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111.2 Die Fertigungsverfahren im Überblick

1.2 Die Fertigungsverfahren im Überblick

Die Fertigungsverfahren werden eingeteilt nach den Verfahren wie man Werkstücke formt und/oder die Stoffeigenschaften ändert. Kennzeich-nend ist dabei, wie der Zusammenhalt der stoff-lichen Bestandteile eines Werkstücks sich darstellt. Man unterscheidet Fertigungsverfahren, welche die Bauteilform dadurch bestimmen, dass stoff-licher Zusammenhalt

• geschaffen wird, → Urformen (Gießen) • beibehalten wird, → Umformen • vermindert wird, → Trennen • vermehrt wird. → Fügen

Neben formbildend bzw. formändernd können die Fertigungsverfahren auch die Stoffeigenschaften verändern, z. B. durch Gefügeveränderungen (Umlagern von Stoffteilchen), durch Nitrieren (Einbringen von Stoffteilchen) oder durch Entkoh-len (Aussondern von Stoffteilchen).

Entsprechend zu den Merkmalen des stoffl ichen Bauteilentstehens werden die Fertigungsverfah-ren in sechs Hauptgruppen nach DIN 8580 einge-teilt (Bild 1, folgende Seiten).

1. Urformen ist das Fertigen eines festen Körpers aus einem formlosen Stoff. Formlose Stoffe sind insbesondere fl üssige Metalle und Kunst-stoffe, aber auch Pulver, Fasern, Granulate und Gase.

Neu sind hierbei die direkten generativen Ver-fahren, bei denen einzelne Volumenelemente oder dünne Schichten aufeinander gesetzt wer-den, z. B. durch Lasersintern oder durch Stereo-lithographie (Bild 1).

2. Umformen ist das Fertigen eines festen Kör-pers durch bildsames, nämlich plastisches1 Ändern der Form eines festen Körpers. Dabei bleibt der Stoffzusammenhalt erhalten.

Der Umformvorgang bezieht sich nicht immer auf das ganze Werkstück. Er kann sich auf Teil-bereiche eines Werkstücks beziehen oder auch lokal fortschreitend sein, z. B. beim Walzen. Neben dem Ziel der Gestaltänderung verfolgt man beim Umformen auch das Ziel die Ober-fl ächenbeschaffenheit und die Werkstoffeigen-schaften zu verändern.

1 plastisch von griech. plastikos = „zum Gestalten (Formen) gehö-rig“, Plastik = Kunst des Gestaltens

2 Im Beispiel wird ein Replikat eines steinzeitlichen Schädels her-gestellt. Die Daten wurden durch Röntgen-Computer-Tomogra-phie (CT) gewonnen (siehe Teil II, Seite 693).

3. Trennen ist das Fertigen geometrisch festerKörper durch Formändern und durch Vermin-dern des stoffl ichen Zusammenhalts: das Tren-nen durch Zerteilen, z. B. Abschneiden, durch Spanen, z. B. Fräsen, durch Abtragen z. B. Ero-dieren.

4. Fügen ist das Fertigen eines festen Körpers durch das Zusammenbringen mehrerer fester Bauteile mit Hilfe von Verbindungselementen oder Verbindungsstoffen. Dies geschieht durch Zusammenlegen, z. B. Ineinanderschieben, durch Umformen, durch Verschrauben, durch Gießen, durch Stoffverbinden, z. B. Schweißen.

5. Beschichten ist Fertigen durch das Aufbringen eines formlosen pulvrigen, fl üssigen oder gas-förmigen Stoffes auf einen festen Körper. Durch das Beschichten verfolgt man einen Schutz der Werkstücke vor Verschleiß, Korrosion, Hitze u. a. und/oder man erzeugt gewünschte Ober-fl ächenfarben und -texturen sowie bestimmte elektrische Eigenschaften (leitend/nicht leitend).

6. Stoffeigenschaftändern ist das Fertigen durch Verändern der Werkstoffeigenschaften. Dies kann auf bestimmte Orte oder auf die Werk-stückoberfl äche beschränkt sein. Beispiele sind das Härten, Vergüten, Magnetisieren, Entkoh-len, Dehydrieren, Aufkohlen, Nitrieren.

Stützele-mente(werdenspäterentfernt)

Bauplattform

Bild 1: Stereolithographie (Beispiel2)

Wiederholung und Vertiefung

1. Welches Ziel verfolgt man mit der Fertigungs-technik?

2. Welches sind die Hauptschritte eines Fertigungs-prozesses?

3. Durch was wird der Fertigungsprozess abge-

schlossen?

18 Teil I: Fertigungsverfahren

Aufgabenstellung

Gestaltfindung

Kräfte

Bauteilkonstruktion

Bild 1: Bionik in der Konstruktion

IHU-Träger-bauteil an einer PKW-Achse

Bild 2: Leichtbauweise durch IHU

Stumpf-Schweißung

Einzelheit

0,4 mm 0,8 mmDickes Blech

Dünnes Blech

Bild 3: Karosserie mit Tailored Blanks

Pore

Querschnitt

Bild 4: Metallschäume mit „Knochenstruktur”

1.3.4 Leichtbau

Der Leichtbau ist praktisch für alle Produkte, die mobil sein müssen, eine Herausforderung und steht mit an oberster Entwicklung.

Bei Luft- und Raumfahrtfahrzeugen hat die For-derung nach möglichst geringem Gewicht bei gleichzeitig hoher Formstabilität schon immer im Mittelpunkt der Technikentwicklung gestanden. Bei Straßenfahrzeugen gehört der Leichtbau im Hinblick auf den Kraftstoffverbrauch ebenfalls zu den wichtigsten technologischen Forderungen.

Aufgrund stark zunehmender zusätzlicher (Ge-wichts-) Komponenten, die der Sicherheit und Bequemlichkeit dienen, sind im Gegenzug Ge-wichtseinsparungen an den Motorblöcken, Fahr-werken und Karosserien zu realisieren, ohne diese aber in der Funktionalität und Stabilität ein-zuschränken.

Erreicht wird dies durch:

• Verbesserte Konstruktionen – häufi g nur in Ver-bindung mit Simulationen, z. B. Leichtbaukon-struktionen im Sinne der Bionik (Bild 1);

• Neue Fügetechniken, auch durch Verbinden un-terschiedlicher Werkstoffe, z. B. durch Clinchen (Durchsetzungsumformung und Sprengplattie-ren);

• Neue Werkstoffe, z. B. Keramik anstelle von Stahl (bei Bauteilen die

extrem hohen Temperaturen ausgesetzt sind) z. B. Kunststoffe statt Metalle, z. B. Magnesium (4mal leichter als Stahl);

• Neue Fertigungsverfahren, z. B. Stahlleichtbau-weise durch Innenhochdruckumformung (lHU). So können besonders belastete, z. B. Motor-träger, leichter und billiger hergestellt werden (Bild 2).

• Verwendung von neuartigen Halbzeugen, z. B. von „Tailored Blanks“. Das sind Bleche mit

unterschiedlicher Dicke, z. B. dicker am Türrah-men und dünner im Türmittelteil eines Pkws (Bild 3).

z. B. von Metallschäumen (Bild 4). Diese haben Zellstrukturen ähnlich wie Knochen, sind hoch belastbar und verwindungssteif.

All diese Techniken sind nur möglich, weil die Po-tenziale des Computer-Aided-Designs (CAD) voll ausgeschöpft werden.

1 engl. to tailor = schneidern, engl. blank = Formblatt

292.1 Gießereitechnik

2 Fertigen mit Metallen

2.1 Gießereitechnik

2.1.1 Gegossene Bauteile

Gussprodukte haben weltweit eine ständig zuneh-mende Bedeutung. Die größten Abnehmer sind zurzeit die Automobilindustrie, der Maschinenbau, die Elektroindustrie und die Telekommunikation.

Vor allem in der Automobilindustrie haben Gus-serzeugnisse in der Zukunft durch den Einsatz der Leichtmetalle Aluminium (AI) und Magnesi-um (Mg) breite Einsatzgebiete im Motoren- und Getriebebau, bei der Karosserieherstellung und im Fahrzeuginnenbereich. Die Entwicklung von Gussprodukten für die Automobilindustrie wird durch folgende Anforderungen gekennzeichnet:

ca. 1m

Einzelheit

Bild 1: Instrumententräger (Smart)

Werkstücke sollen

• leicht,

• sicher,

• schnell,

• preiswert,

• energiesparend,

• umweltschonend,

• f ormgebungsfreundlich,

konstruiert und hergestellt werden.

Leicht

Der Benzinverbrauch von Fahrzeugen ist vor allem abhängig von dem Gewicht der Fahrzeuge.

Das Reduzieren der Fahrzeuggewichte kann durch folgende Maßnahmen erfolgen:

1. Durch die Entwicklung integraler Bauteile, die mehrere Funktionen übernehmen (Bild 1).

2. Durch Einsatz von Leichtmetallen auf Basis von Aluminiumlegierungen und Magnesiumlegie-rungen anstelle von Eisen und Stahl.

3. Durch neue Konstruktionsweisen, wie z. B. die Rahmenkonstruktion für die Herstellung von Pkw-Karosserien.

4. Durch die sinnvolle Kombination von Werk-stoffen, wie z. B. die Knotenpunkte als Magne-siumteile und die Rahmenteile als extrudierte Teile aus Aluminiumlegierungen.

Sicher

Die Herstellung von Vollskelett-Lenkrädern (Bild 2) aus AI-Legierungen oder aus Mg-Legierungen ist gewichtssparend gegenüber den früheren Kon-struktionen aus Stahlblech und Stahldrähten für die Speichen, bzw. einer Mischbauweise aus Stahldrähten für die Speichen eingegossen in ei-nen AI-Druckgussring. Ein Vollskelett-Lenkrad ist aus Mg-Legierungen mit 530 g leichter als aus ei-ner AI-Legierung mit 820 g.

Die Aufnahme vieler Funktionen (integrale Bau-weise) führt zu großen, gewichtsoptimierten Gussteilen. In einem Instrumententräger (Bild 1) sind eine Reihe von Funktionen integriert, z. B. die Aufnahme der Lüftung/Heizung, der Lenksäule, der Armaturen mit Radio, Verkehrsleitsystem usw. Ergänzend können die Instrumententräger zur Versteifung der Fahrgastzelle beitragen.

Gießrest

Anschnitt

Lauf

Bild 2: Vollskelett-Lenkrad

58

Für Handformen

Holzmodelle

Polystyrolschaum-

stoffmodelle

Für Maschinenformen

Modellplatten aus Metall,

Kunstharz und Holz

Vollformgießen mit

Polystyrolschaum-

stoffmodellen

Hohlformgießen mit

Polystyrolschaum-

stoffmodell

Wachsmodell (Feinguss)

Formen mit Dauermodell Formen mit verlorenem Modell

Bild 4: Formherstellung mit Dauermodell und mit verlorenem Modell

Verfahren mitphysikalischer

Bindung

Verfahren mit

keramischer

Bindung

Verfahren mit

aushärtenden

Formstoffen

Unterdruckverfahren

Magnetformverfahren

Feinguss Heißharzverfahren

Kaltharzverfahren

Verfahren mit Begasung

Verfahren mit

zu verdichtenden

Formstoffen

Tongebundene Sande

Bild 3: Arten der Formstoffsysteme für verlorene Formen

Formen mit Formanlagen KernformenMaschinenformenHandformen

Mechanisiert

Teilautomatisiert

Vollautomatisiert

Mit Kasten

Kastenlos

Vertikal geteilt

Horizontal geteilt

Mit Hand

Mit Maschine

Pressen

Schießen

Saugen

Impulsverdichten

Luftstrom

Schleudern

Vibrieren

Kastenformen

Herdformen

Handstampfen

Pressluftstampfen

Mit zu verdichtendem

Formstoff

Mit aushärtendem

Formstoff

Bild 2: Arten der Formherstellung für verlorene Formen

2.1.6 Formtechnik

2.1.6.1 Übersicht

Man unterscheidet bei der Herstellung von For-men die Dauerformen und die verlorenen Formen.

Dauerformen verwendet man beim Schwerkraft-gießen für das

• Kokillengießen,

• das Stranggießen und

• das Schleudergießen.

sowie beim Gießen unter Druck für

• das Druckgießen,

• das Niederdruckgießen und

• für Sonderverfahren, z. B. Vacuralverfahren.

Die Formtechnik für verlorene Formen gliedert man nach

• der Formherstellung (Bild 1 und Bild 2),

• dem Formstoffsystem (Bild 3) und

• der Modellverwendung (Bild 4).

Teil I: Fertigungsverfahren

Steiger

Trenn-ebene

Unterkasten

Oberkasten

Dauermodelle

Bild 1: Handformen einer Verlorenen Form

1252.3 Umformtechnik

2.3 Umformtechnik

2.3.1 Übersicht

Umformen ist das Fertigen durch bildsames (pla-stisches) Ändern der Form eines festen Körpers (DIN 8580). Dabei bleibt die Werkstückmasse er-halten. Die Umformverfahren zählen zu den span-losen Fertigungsverfahren.

Eingeteilt werden die Umformverfahren in fünf Gruppen (Tabelle 1, folgende Seite):

a) Druckformen mit den Verfahren:

Walzen, Freiformen, Gesenkformen (Bild 1), Eindrücken und Durchdrücken,

b) Zugdruckumformen mit den Verfahren:

Durchziehen, Tiefziehen, Kragenziehen, Drü-cken und Knickbauchen,

c) Zugumformen mit den Verfahren:

Längen, Weiten und Tiefen,

d) Biegen,

e) Schubumformen.

Neben dieser Einteilung, nach Art des im Werk-stück herrschenden Spannungszustandes, gibt es noch eine Einteilung nach der Temperatur, bei welcher der Umformvorgang erfolgt (DIN 8582):

• Umformen oberhalb der Rekristallisationstem-peratur → Warmformgebung,

• Umformen unterhalb der Rekristallisationstem-peratur → Kaltformgebung.

Des Weiteren wird häufi g unterschieden nach Art des Ausgangsmaterials. Liegt das Ausgangsma-terial als Blech vor, so spricht man von Blechum-

formung, sonst von Massivumformung. Dement-sprechend gibt es dann das Kaltmassivumformen, z. B. das Prägen und das Warmmassivumformen, z. B. das Schmieden (Bild 2).

Die Warmumformung erfordert geringere Kräfte und ermöglicht höhere Formänderungen als das Kaltumformen, führt aber meist zu Zunderbildung (Bild 3).

Die Kaltumformung führt zur Kaltverfestigung des Werkstoffs. Dies ist oft erwünscht, wenn nicht, so ist eine nachfolgende Wärmebehandlung er-forderlich.

Die Warmumformung hat oft eine Verzunderung zur Folge. Bei Kaltumformung entsteht meist eine Werk-stoffverfestigung.

Oberbär

Unterbär

Bild 1: Gesenkschmieden einer Kurbelwelle mit Schmiedehammer

Zunder

Bild 3: Zunder an einer Kurbelwelle

Bild 2: Gesenkschmiedeteile

1892.6 Zerspanungstechnik

Bei allen spanabhebenden Fertigungsverfahren werden mit ein- oder mehrschneidigen, keilför-migen Werkzeugschneiden Werkstoffteilchen vom Werkstückwerkstoff abgetrennt und somit eine gewünschte Bauteilform erzeugt. Die moderne Fertigungswelt ist durch zwei zentrale Zielvorga-ben bestimmt: Hohe Werkstückqualität und hohe Wirtschaftlichkeit.

Qualitätskriterien wie Oberfl ächengüte und Maß-genauigkeit konnten in den vergangenen Jahren immer weiter gesteigert werden. Möglich wird dies durch gezielte Innovationen in den prozess-bestimmenden Teilsystemen und den Prozesspa-rametern (Bild 2). Dreh- und Fräsbearbeitungs-zentren mit hohen Spindeldrehfrequenzen und

hoher Dynamik in den Linearachsen (Beschleu-nigungen über 100 m/s2) sowie automatischen Werkzeugwechselsystemen und Werkstückhand-habungseinrichtungen reduzieren die Fertigungs-zeiten, die Span-zu-Span-Zeit und damit die Ferti-gungskosten eines Produkts. Bedienerfreundliche CAD-CAM-Systeme und graphische Program-mierunterstützung an der Maschinensteuerung ermöglichen in Verbindung mit der Simultanbe-arbeitung mit mehreren Achsen die Herstellung nahezu jeder gewünschten Werkstückgeometrie.

Schwingungsdämpfende Konstruktionsprinzipien mit hoher Maschinensteifi gkeit erlauben bei ent-sprechender Spindelleistung hohe Vorschubge-schwindigkeiten der Werkzeuge.

Die spanabhebenden Verfahren werden unterteilt in:

• Spanen mit geometrisch bestimmter Schneide und

• Spanen mit geometrisch unbestimmter Schneide.

2.6 Zerspanungstechnik

2.6.1 Grundlagen des Zerspanens

In DIN 8589 Hauptgruppe 3 sind die Trennverfah-ren systematisiert, die eine Formänderung durch Überwinden der Werkstofffestigkeit eines Werk-stückes erzeugen (Bild 1).

Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden

Drehen

Bohren

Fräsen

Hobeln

Räumen

SägenLäppen

Hohnen

Hubschleifen

Bandschleifen

Schleifen mitrotierendem Werkzeug

Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden

Bild 1: Einteilung der Zerspanungsverfahren nach DIN 8598 (Auszug)

Ergebnis- und Bewertungsgrößen

Schnittgrößen

Bearbeitungs-verfahren

Maschine

Zerspanungs-bedingungen

Werkzeug

WirtschaftlicheKenngrößen

Werkstück

TechnologischeKenngrößen

Z

ER

SP

AN

UN

GS

PR

OZ

ES

S

Werkzeug

Werkstück

Eingangsgrößen

Bild 2: Prozessparameter der Zerspanungstechnik

248 Teil I: Fertigungsverfahren

Schnittleistung Pc

Nach den Gesetzen der Mechanik lässt sich die erforderliche Schnittleistung Pc mit dem Produkt aus Schnittmoment Mc und der Winkelgeschwin-digkeit q bestimmen (Bild 1):

Pc = Mc ·q

q = 2 · ü · n

Pc Schnittleistung

Mc Schnittmoment

q Winkelgeschwindigkeit

Pc = Fc · vc /(103 W/kW · 2 · 60 s/min)

Pc = Fc · D/4 · 2 ü · n n = vc /D · ü in 1/min

Fc Schnittkraft in N

vc Schnittgeschwindigkeit in m/min

Pc Schnittleistung in kW

Um die Leistung in kW zu erhalten, wird die Glei-chung durch die Faktoren 103 W/kW und 60 s/min dividiert. Um die Antriebsleistung der Maschine zu ermitteln wird die am Werkzeug erforderliche Schnittleistung Pc durch den Maschinenwirkungs-grad h dividiert:

Pe = Pc/ hPe Antriebsleistung

Pc Schnittleistung

h Maschinenwirkungsgrad

Für Werkzeugmaschinen gilt: 0,75 < h < 0,9.

Aufgabe zu den Diagrammen Fc, Mc und Pc

Wendeplattenbohrer (Bild 2) Durchmesser: Dc = 40 mm Schnittgeschwindigkeit: vc = 100 m/minVorschub: f = 0,16 mm Werkstoff: Ck 60

1. Schnittkraft Fc:

Spanungsquerschnitt A = D · f /2 = 40 mm · 0,16 mm/2 = 3,2 mm2

Spezifi sche Schnittkraft kc kc = kc1.1/hmc · 1,2 = 1690/0,160,22 · 1,2 kc = 3035 N/mm2 für Wendeplattenwerkzeug gilt:

Spanungsdicke h h Vorschub f Fc = A · kc = 3,2 mm2 · 3035 N/mm2 = 9712 N

2. Schnittmoment Mc:

Mc = D · Fc /4 = 0,040 m · 9712 N/4 = 97,12 Nm

3. Schnittleistung Pc:

Pc = Fc · vc /2 · 103 · 60 s/min Pc = 9712 N · 100 m/min/2 · 103 · 60s/min = 8,1 kW

Wiederholung und Vertiefung

1. Welche Zerspanungsbedingungen liegen im Boh-rerzentrum vor?

2. Warum erzeugen Wendelbohrer aus Hartmetall bessere Bohrungsqualitäten als vergleichbare Bohrer aus HSS?

3. Wie verändern sich der effektiv wirksame Freiwin-kel und der effektive Spanwinkel am Wendelbohrer mit zunehmendem Werkzeugvorschub?

4. Wie wirkt sich ein zu großer Werkzeugvorschub auf den Bohrvorgang aus?

5. Welche Auswirkungen hat die Spandickenstau-chung im Bohrerzentrum auf die Spanbildung?

6. Warum ist bei der Bestimmung der spezifi schen Schnittkraft kc beim Bohrvorgang ein Korrektur-wert von 1,2 zu berücksichtigen?

7. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Werkzeugvorschub f, der Schnittkraft Fc, dem Schnittmoment Mc und der Schnittleistung Pc beim Bohrwerkzeug?

mmUmdr.

100

80

50

30

20

16

mmin

Nmm2

40

Vorschub f

0,10

Leistung P

c

kW

1,0

0,125 0,16 0,2 0,310

Ck 60

Rm= 600 – 700

vc=100

2,0

5,0

10,0

20,0

8,1

Bild 1: Schnittleistungs-Diagramm

Bild 2: Wendeplattenbohrer

3793.1 Bauteile aus Kunststoff

Folienblasen

Beim Folienblasen wird wieder ein Extruder zum

Fördern, Plastifi zieren und Homogenisieren ver-

wendet. Die Schmelze wird nach dem Extruder in

dem Blaskopf (Bild 1) um 90° umgelenkt und ein

Schlauch senkrecht nach oben extrudiert. Nach

dem Verlassen der Düse wird die Folie von außen

durch Kühlluft gekühlt und die sich ergebende Bla-

se stabilisiert. Durch eine Luftzuführung (Bild 2)

wird die Blasluft in das Innere der Blase gebracht

und der Schlauch aufgeblasen. Der Kunststoff-

schlauch wird dabei in Umfangsrichtung gereckt.

Er wird dann von den Leitblechen fl achgelegt und

durch die Quetschwalzen erfasst.

Zum Zeitpunkt der Abquetschung muss der

Schlauch bereits soweit abgekühlt sein, dass er

nicht mehr verschweißt. Die Quetschwalzen defi -

nieren dabei das Ende der Blase und ziehen außer-

dem den Schlauch mit einer höheren Geschwin-

digkeit ab, als er aus dem Blaskopf austritt. Dies

bedeutet, dass die Folie auch in der Abzugsrichtung

gereckt wird. Die Folie wird bei diesem Prozess bi-

axial gereckt. Zur Erhöhung der Kühlleistung wird

zusätzlich zu der außen strömenden Kaltluft auch

die Luft im Inneren der Blase ausgetauscht.

Da die Blase jedoch nur begrenzt durch den In-

nendruck belastet werden kann, ist bei der Innen-

kühlung nicht nur der Zustrom der kalten Luft zu

kontrollieren, es muss auch die erwärmte Luft

über ein Gebläse abgesaugt werden. Die Rege-

lung zwischen zuströmender und abströmender

Luftmenge erfolgt über den Tastarm. Der Tastarm

ermittelt die Außenkontur der Folienblase und re-

gelt dadurch das Verhältnis der beiden Luftströme.

Durch diese intensive Kühlung kann der Masse-

durchsatz an der Folienblasanlage stark gesteigert

werden.

Tastarm

Stützluft

Kühlluft

Kühlring

Extrusions-düse

Abluft

Zuluft

Folien-schlauch

Schmelze

Zentrierkorb

Bild 2: Darstellung eines Blaskopfes mit Kühl-

ring und Innenkühlung

Quetschwalzen

Leitbleche

Extruder

Umlenkwalze

Umlenkwalze

Aufwickel-vorrichtungmit Spannrolle

Kunststoff-schlauch

Kühlring

Luftzuführung

Blaskopf

Doppelt flach-gelegte Folie(unauf-geschnitten)

Bild 1: Prinzip des Folienblasens

Folie

Bild 3: Folienblasen

582 Teil I: Fertigungsverfahren

Rapid Tooling (Schnelle Werkzeugherstellung)

Indirekte Herstellung technischer Prototypen:

• Urmodelle für Folgeprozesse z. B. für Vakuum-

guss, 3D-Keltool-Prozess (mehrstufi ges Rapid-

Tooling-Verfahren für Werkzeugeinsätze hoher

Detailtreue und Belastbarkeit), Spin-Casting1

(Schleudergussverfahren zur Herstellung von

Kleinserien in hochfesten Zinklegierungen und

duroplastischen Werkstoffen).

• Quick Cast™-Modelle für VolIformgießen, (Quick

Cast™ ist ein spezieller STL-Baustil, der durch

einen wabenförmigen Aufbau des Modells mit

geschlossener Außenhaut beispielsweise Fein-

gießen mit verlorenem Modell bei einem Rest-

ascheanteil von ca. 6 % ermöglicht (Bild1).

• Prototypische Werkzeugeinsätze.

6.3.2 Lasersintern

Das Selektive2 Lasersintern (SLS) kann als eine

Folgetechnik der Stereolithographie angesehen

werden, indem hier der Nachteil, ausschließlich

auf den Werkstoff Harz beschränkt zu sein, aufge-

hoben wird. Verfügbare Materialien sind Kunst-

stoff, Metall oder Formensand.

Des Weiteren sind keine gesonderten Stützkon-

struktionen im Bauprozess zwingend erforderlich,

da der unverschmolzene Werkstoff als stützende

Umgebung genutzt werden kann. Tabelle 1 zeigt

am Beispiel von Kunststoffen die Einsatzbreite

der Lasersintertechnik. Je nach dem Zielwerkstoff

Kunststoff, Metall oder Quarzsand für das zu ferti-

gende Teil können Konzeptmodelle, Funktionsmo-

delle oder Werkzeuge hergestellt werden.

Funktionsprinzip

Es werden in der SLS-Sinteranlage dreidimensi-

onale Objeke aus Pulvern mit Hilfe der Energie

eines CO2-Laserstrahls erstellt. Bild 2 zeigt den

Maschinenaufbau einer Lasersinteranlage.

Die Komponenten der Anlage entsprechen im We-

sentlichen denen der Stereolithographie. Anstatt

eines Behälters für das Harz wird ein Bauraum mit

Pulver verwendet. Gesteuert von den CAD-Daten

erhitzt der Laserstrahl die Pulverschicht.

1 to cast = gießen, to spin = schleudern 1 selektiv = auswählend, trennend von lat. selctio = die Auswahl

Durch Lasersintern können metallene Werkstücke werkzeuglos hergestellt werden.

Bild 1: Titanabguss

Die mehrfachenSpiegelumlen-kungen dienender Strahl-konditionierung

Infrarot-Laserstrahl

Computer-gesteuertezweiachsigeStrahlablenkung

Pulverbett

Pulver-walze

Spiegel

CO2-Laser

Fokussier-linse

Pulver-vorrats-behälter

BauraumPulver-vorrats-behälter

Y

X

Bild 2: SLS-Maschinenaufbau

Tabelle 1: SLS-Werkstoffeigenschaften fürKunststoffe

SLS-Werkstoff Dura-form PA

Dura-form GF

PP ABS PA6.6

ZugfestigkeitMPa

44 38 32 bis 37

32 bis 45

65

E-ModulMPa

1500 5000 700 bis 1600

1900 bis

3000

2000

Bruchdehnung % 9 2 650 20 150

BiegemodulN/mm2

1200 235 – – –

Kerbschlagarbeit gekerbt J/m

216 90 60 300 –

Wärmeformbe-ständigkeit N/°C

177 175 45 bis 150

64 bis 100

6411.3 Form und Lage

1.3.6.9 Autokollimationsfernrohr (AKF)

Ein Autokollimationsfernrohr1 (AKF) ist ein op-

ti sches Winkelmessgerät für klei ne Win kel. Man

misst da mit die Ver kip pung ei nes Spie gels zur

op ti schen Ach se – das AKF ist da her eigent lich

ein Rechtwinkligkeitsmessgerät. Das AKF ba siert

auf der ge rad li ni gen Aus brei tung von Licht. Es ist

da her emp find lich ge gen Brechzahlunterschiede

ent lang des Strahlenganges.

Der Mess be reich vi suel ler AKF’s (mit dem Auge

ab ge le sen) be trägt bis zu 30 Bogenminuten mit

einer Mess ge nau ig keit von we ni gen Bogensekun-

den. In klei nen Be rei chen sind 0,1 Bogensekunden

er reich bar. Foto elek tri sche AKF’s er rei chen Mes-

sauflösungen von 0,01 Bogensekunden. Mit ho-

hem Auf wand (gro ße Brenn wei te und Auf bau aus

Zerodur®) sind 0,001 Bogensekunden er reich bar.

Das AKF ist op tisch ge se hen ein Fern rohr, das auf

„un end lich“ ein ge stellt ist. Beim vi suel len AKF

wird ein Strich kreuz, das sich in der Brenn ebe-

ne2 der Objektivlinse be fin det (Brenn wei te f1’) ins

Un end li che ab ge bil det. Die se Strichmarke be fin-

det sich auf einer Glas plat te und wird be leuch tet.

Im Strah len gang vor dem AKF wird ein Spie gel

auf ge stellt, der die Licht strah len wie der zu rück in

das AKF wirft (Bild 1). Da bei wird die Strichmarke

wie der in die Brenn ebe ne der Objektivlinse ab ge-

bil det. Der zu rück kom men de Strah len gang wird

über einen Strahl tei ler um ge lenkt, da mit er mit

ei nem Oku lar (Lu pe) be obach tet wer den kann

(Bild 2). Den Vor gang des Abgleichens ei nes

AKF’s be zeich net man auch als „Ein fan gen“. Statt

des Spie gels kann auch jede be lie bi ge re flek tie-

ren de Flä che ver wen det wer den.

Brennweite f Linse

Spiegelverkipptum a

OptischeAchse

Licht-quelle(M)

Brennebeneder Linse

Bild der Licht-quelle (M1)

Vers

atz

d1

2a

a

2a

Bild 1: AKF, Prinzip

aaAugeOkular

Okularstrich-platte

Strahlteiler

Beleuch-tung Strichplatte

mit Fadenkreuz

Versatz d1

Vers

atz

y-R

ich

tun

g

ProjiziertesStrichplatten-bild (Fadenkreuz)

Okularstrichplatte(Doppelkreuz)

Okularbild mitWinkelabweichung

Okularbild beioptimaler Ausrichtung

(Spiegel genau senkrechtzur optischen Achse)

Versatz x-Richtung

Bild 2: Strahlengang und Okularbild

Wenn der Spie gel um einen Win kel a schräg steht, wird der Strah len gang um 2 a ab ge lenkt. Dies führt in der Brenn ebe ne der Objektivlinse zu einer Quer ver-schie bung des Strichmarkenbildes um die Stre cke d1.

Im Drei eck MH1M1 gilt (Bild 1):

In der Objektivbrennebene be fin det sich bei vi suel len AKF’s eine wei te re Strich plat te (Okularstrichplatte), die üb li cher wei se ein dop pel tes Strich kreuz trägt und die durch ein Oku lar be trach tet wer den kann. Mit tels zwei-er Messschrauben kann das Strichkreuzbild im dop pel-ten Strich kreuz sym me trisch ein ge fan gen wer den.

Beim vi suel len Stricheinfang er reicht man beim Sym-metrieeinfang die höchs te Ge nauig keit. Aus dem Maß der Quer ver schie bung er gibt sich der Kipp win kel des Spie gels um zwei Ach sen mit

Vie le AKF’s ha ben eine Ob jek tiv brenn wei te von 500 mm. Die vi suell ge ra de noch si cher er fass ba re Ver schie bung des Strich kreu zes um 0,5 µm ent spricht ei nem Kipp win kel des Spie gels von etwa 0,1 Bogen-sekunden. Bei foto elek tri schen AKF’s be fin det sich an stel le der Okularstrichplatte ein positionsempfindli-ches Ele ment (PSD, CCD-Zei len- oder CCD-Flächensen-sor), auf das ein Licht punkt ab ge bil det wird.

tan (2 a) = d1 ___ f 1

a = 1 __ 2 arctan ( d1 ___

f 1

)

1 griech. auto = selbst (Vor sil be), lat. collimare = zu sam men fl ie ßen, hier: Strah len selbst bün deln (auf Pa ral le li tät ein stel len)2 In der der Brenn ebe ne einer Lin se auf der op ti schen Ach se liegt der Brenn punkt. Dies ist der Punkt, in dem sich alle Licht strah len

tref fen, die vor der Lin se achs pa ral lel ver lau fen. Um ge kehrt wer den aus Licht strah len, die durch den Brennpunkt ge hen, nach der

Lin se achs pa ral le le Licht strah len (= „Kol li ma tion“).

6931.7 Röntgen-Computertomographie (CT)

1.7 Rönt gen-Computer-

tomographie (CT)

Die in dus triel le Rönt gen1-3D-Com pu ter to mo gra-

phie2 (3D-CT) bie tet die Mög lich keit zer stö rungs-

frei Werk stü cke, z. B. Guss tei le, auf Gussfehler

wie Lun ker, Gas po ren und Ein schlüs se zu un ter-

su chen, so wie die Geo me trie da ten von in ne ren

und äu ße ren Struk tu ren zu er hal ten3.

1.7.1 Funk tions wei se

Man ver wen det einen 3D-Scan ner nach dem Prin-

zip der Kegelstrahl-To mo gra phie (Bild 1). Hier bei

wird der ge sam te ko nus för mi ge Röntgenstrahl

ge nutzt, der das Mess ob jekt durch dringt und auf

einen Flächendetektor trifft. Der De tek tor misst

die Ab schwä chung der Rönt gen strah lung beim

Durch drin gen des Ob jek tes und es ent steht ein Ra-

diographiebild bzw. eine Pro jek tion. Wäh rend der

Mes sung wird das Ob jekt im Röntgenkonus ein-

mal um 360° ge dreht und es wer den da bei Bil der

in meh re ren hun dert Winkelpositionen auf ge nom-

men. Aus den zwei di men sio na len Pro jek tio nen

wird mit Hil fe ma the ma ti scher Al go rith men die

drei di men sio na le Re kon struk tion (Bild 2) be rech-

net. Da mit steht mit einer Um dre hung die drei-

di men sio na le Struk tur des Ob jek tes bei glei cher

Auf lö sung in allen Raum rich tun gen als drei di men-

sio na le Rekonstruktionsmatrix zur Ver fü gung.

Das kleins te Ele ment der Rekonstruktionsma-

trix (Vo lu men ele ment) wird als Voxel be zeich net

(Bild 2). Die Kan ten län ge eine Voxels ist die Vo-

xelgröße4. Sie stellt ein Maß für die Detailerkenn-

barkeit dar und kann nä he rungs wei se mit der

Orts auf lö sung gleich ge setzt wer den. Ein wei te rer

Vor teil der 3D-CT ist, dass die se An la gen auch für

die Ra dio sko pie (Röntgendurchleuchtung in Echt-

zeit) ein ge setzt wer den kön nen.

1 Rönt gen, Wil helm Con rad, dt. Phy si ker (1845–1923), Ent de cker

der Rönt gen strah len (X-Rays).2 CT von Com pu ter-To mo gra phie = Com pu ter-Schicht-Zeich-

nun gen, Kör per wer den schicht wei se und als Gan zes vom

Com pu ter dar ge stellt. Die Schichten selbst werden an Hand

vieler Projektionsaufnahmen rechnerisch ermittelt.3 Die Rönt gen-Computertomographie (Rönt gen-CT) wird seit

vie len Jah ren in der me di zi ni schen Diag nos tik ein ge setzt. Die-

se An la gen sind je doch auf die Un ter su chung von Men schen

op ti miert und sind des halb in den meis ten Fäl len nicht für

tech ni sche An wen dun gen ge eig net. Es han delt sich hier bei

um 2D-Tomographen (Bild 3), de ren Orts auf lö sung im Be reich

von 0,1 mm bis 0,4 mm liegt und so mit nicht den ho hen An-

for de run gen im in dus triel len Ein satz ge nügt. Durch die Wei ter-

ent wick lung der Kom po nen ten (z. B. Rönt gen röh ren, Flä chen-

de tek to ren, Com pu ter ) wur den Vo raus set zun gen ge schaf fen,

um Bau tei le nach in dus triel len Maß stä ben wie kur ze Mess zeit,

kur ze Rekonstruktionszeit und hohe De tail er kenn bar keit un ter-

su chen zu kön nen.4 Voxel von engl. Volume Picture Element = Volumen-Bild-Ele-

ment

Flächendetektor

Drehachse

Bauteil

durchstrahltesVolumen

Röntgenröhre

Röntgen-strahlkegel

Vergrößern Verkleinern

Bild 1: Prinzip der Kegelstrahl-Computer-

tomographie

räumlich zusammen-gesetzte Projektionen

Vergrößerung

Breite einesVoxels

CT-Schnittbild

Bild 2: Visualisierung der dreidimensionalen

Rekonstruktion

sich drehende Röntgenröhre

Röntgen-strahlfächer

sich drehenderZeilendetektor

Drehachse

durchstrahlteQuerschnitts-fl che

Fokus

ruhendePatientin

Bild 3: Prinzip der medizinischen CT

7232.3 Innere Werkstofftrennungen

2.3.2 Wirbelstromverfahren

Das Wirbelstromver fah ren1 (Bild 1) er mög licht den Nach weis von in ne ren Werk stoff tren nun gen an der Bauteiloberfläche so wie dicht un ter der Bau teil ober flä che.

Als Prüf an ord nung wird zur Prü fung pla ner Bau-tei le eine von Wech sel strom durch flos se ne Tast-Erregerspule (Bild 2 ), zur Prü fung ro ta tions-sym me tri scher Bau tei le eine von Wech sel strom durch flos se ne Durchlauf-Erregerspule ver wen det (Bild 3).

Die Erregerspule induziert in ei nem elekt risch leit-fä hi gen Bau teil, das in ih re Nä he ge bracht wird, einen Wir bel strom, der sei ner seits ein mag ne ti-sches Wech sel feld her vor ruft, das dem von der Erregerspule er zeug ten Erregermagnetfeld ent-ge gen wirkt. Da durch wird in einer je weils ko axial an ge ord ne ten Empfängerspule eine Messspan-nung Us erzeugt, die der Differenz beider Magnet-felder proportional ist. Diese Differenz ändert sich, wenn sich der elektrische Widerstand des Bau-teils im Bereich der Wirbelströme verändert.

Zur Prü fung wird das Bau teil in die Nä he einer Tasterregerspule bzw. ins Inne re einer Durchlauf-erregerspule ge bracht und un ter die ser bzw. durch die se hin durch be wegt. Pa ral lel wird die Span nung in der Wick lung der Empfängerspule ge mes sen: Der von der Erregerspule im Bau teil in du zier te Wir bel strom ist in sei ner In ten si tät ein di rek tes Maß für die Leit fä hig keit des vor lie gen-den Werk stoffs.

Än dert sich die Leit fä hig keit, z. B. durch Ver än-de run gen in der Werk stoff zu sam men set zung oder durch das Vor lie gen von Kavitäten (Bild 2 un ten), so än dert sich als Prüf er geb nis auch der Strom fluss in der Wick lung der Empfängerspule, was als Span nungs än de rung er fasst wird. Da-bei ist die In ten si tät der Span nungs än de rung ein di rek tes Maß für die Aus prä gung der Werk stoff -tren nung.

Zum Aufspüren von kleinen inneren Werkstoff-trennungen müssen die Tasterregerspulen auch klein sein. Ihre Tiefenwirkung ist entsprechend gering.

1 engl. eddy currant testing, eddy = Strudel, Wirbel

Not wen dig ist die Ka li brie rung der Prüf ein rich tung an feh ler freien Referenzprüfkörpern.

Roboter

Prüfgerät

Werk-stück

PrüfkopfmitErreger-spule

Bild 1: Wirbelstromprüfungen

Magnetfeldder Wirbelströme

Magnetfeldder Erregerspule

Erreger-strom

Erreger-spule

Empfänger-spule

Us (klein)

Bauteilohne Riss

induzierteWirbelströme

G

Ue (groß)

Bauteilmit Riss Riss

induzierteWirbelströmesind gering

G

Bild 2: Anordnung beim Wirbelstromprüfen

planer Bauteile

Erregerstrom

ErregerspuleEmpfänger-spuleUs

Magnetfeld HPder Primärspule

InduzierteWirbelströme

Bauteil

durch WirbelstromentstandenesMagnetfeld Hsder Sekundärspule

G

Bild 3: Anordnung beim Wirbelstromprüfen

rotationssymmetrischer Bauteile

7632.6 Mechanische Eigenschaften

2.6.3 Dau er schwing ver such

Dau er schwing ver su che wer den zur Be stim mung von Werk stoff kenn wer ten durchgeführt, wenn der Werkstoffwiderstand gegenüber einer ein-stufigen, zyklisch wiederholten Beanspruchung bestimmt werden soll. Das Ver fah ren mit kraft-kontrollierter Be an spru chung ist in DIN 50 100 ge normt, die Be an spru chung kann aber auch als Momentänderung oder als Form än de rung vor- ge ge ben sein. Der Dau er schwing ver such wird ab ge grenzt von Ver su chen mit mehr stu fi ger Blocklastfolgen-Be an spru chung und mit Zufalls-lastfolgen-Beanspruchung. Die se wer den im Ka-pi tel Betriebsfestigkeitsversuche be han delt.

Eine häu fig wie der hol te Be las tung kann im Werk-stoff zu einer als Er mü dung be zeich ne ten Schä di-gung füh ren, auch wenn nur Be an spru chun gen un ter halb der Streck gren ze auf tre ten. Die Ur sa-che für die ses Ver hal ten liegt im Auf tre ten von lo kal be grenz ten plas ti schen Ver for mun gen auf ato ma ren Gleit ebe nen. Der Me cha nis mus ent-spricht der Bil dung von Lüdersbändern im Zug-ver such und findet be vor zugt auf Gleit ebe nen mit 45° -Orien tie rung zur an grei fen den Be las tung statt. Die se Ver for mun gen blei ben zu nächst auf ein zel-ne Gleit ebe nen (so ge nann te per sis ten te Gleitbän-der) be schränkt.

Die ak ti vier ten Ebe nen glei ten bei Ent fer nung der äu ße ren Be an spru chung nie wie der auf ih re al tePo si tion zu rück, glei ten aber bei je der neuen Ak-tivierung ein Stück wei ter. An Kerb stel len des Bau teils oder an Stel len mit In ho mo ge ni tä ten des Werk stof fes wer den durch die dort auf tre ten den Span nungs kon zent ra tio nen be reits bei ge rin ger äu ße rer Last sol che Pro zes se ak ti viert.

So ent ste hen nach wie der hol ter Be las tung ge-gen ein an der ver scho be ne Ge fü ge be rei che. Je nach Be las tungs hö he sind vie le Last wech sel not-wen dig, bis aus die ser Werk stoff tren nung auf ato-ma rer Ebe ne ein trans kri stal li ner Riss wächst, der letzt lich zum Funk tions ver lust des Bau teils führt (Bild 1). Beim Auf tre ten von Er mü dungs ris sen wer den nur die un mit tel bar an gren zen den Werk-stoff be rei che ver formt.

Der Dauerschwingbruch un ter schei det sich da mit deut lich vom duk ti len1 Ge walt bruch (Bild 2 und

Bild 3). In Bild 1 und 2, fol gen de Sei te sind Bei-spie le für eine Bruchausbildung un ter ru hen der und un ter zyklischer Be an spru chung in Ab hän-gig keit vom Werk stoff ver hal ten so wie in Ab hän-gig keit vom Lastfall ge gen über ge stellt.

1 duk til von lat. ductilis = zieh bar, dehn bar

DuktilerRestgewalt-bruch

Rissausbreitung

Anriss

1 cm

Bruchfläche eines Gewindebolzens infolge Ermüdungs-bruch mit Anriss im Gewindegrund. Anhand der Ober-flächenstruktur auf der Bruchfläche sind die Bereichezyklische Rissausbreitung und statischer Restgewalt-bruch zu unterscheiden.

Bild 1: Ermüdungsbruch

Riss

20 µm

Bild 2: Schwingriss mit transkristalliner Werk-

stofftrennung, Metallografi scher Schliff

Schwingbruch Gewaltbruch

Bild 3: Makroskopisch verformungsloser

Schwingbruch (links) im Vergleich zum

duktilen Gewaltbruch im Zugversuch

(rechts)

7752.6 Mechanische Eigenschaften

2.6.5 Zeitstandversuch un ter Zug-be an spru chung

Im Hoch tem pe ra tur be reich ist das Fes tig keits ver-hal ten der Werk stof fe zeit ab hän gig. Es ist da durch ge kenn zeich net, dass nach Last auf brin gung sich kein Gleich ge wicht zwi schen Be las tung und Ver-for mung ein stellt, son dern auch bei gleich blei-ben der Be an spru chung eine ste ti ge Deh nungs zu-nah me er folgt. Die da bei auf tre ten de Ver for mung wird als Krie chen be zeich net.

Der Tem pe ra tur be reich, in dem tech nisch re le-van tes zeitabhängiges Werk stoff ver hal ten auf-tritt, liegt je nach Werk stoff bei > 50 °C (Poly me re Kunst stof fe), > 100 °C (Alu mi nium), > 400 °C (un-le gier te und le gier te Stäh le) und > 600 °C (Hoch-temperaturlegierungen).

2.6.5.1 Schä di gungs me cha nis men

In Bild 1 ist ein ty pi scher zeit li cher Verformungs-verlauf bei ei nem Stahlwerkstoff un ter Zeitstand-beanspruchung dar ge stellt. Die Be rei che 1 und 2 sind ge kenn zeich net durch zu neh men de Kriech-deh nung aber ab neh men de Ge schwin dig keit der Kriech deh nung. In der Mi kro struk tur des Werk-stof fes wird eine ab neh men de Ver set zungs dich te ein ge stellt. Auf grund von Dif fu sions vor gän gen kön nen bei lang zei ti ger Be an spru chung Koa gu la-

tio nen1 von Aus schei dun gen auf tre ten (im Eisen ge lös ter Legierungsatome sam meln sich in Aus-schei dun gen) oder sich neue Aus schei dun gen wie Kar bi de bil den. Die se Pro zes se sind re ver si-bel, d. h., sie sind durch eine neuer li che Wär me-be hand lung rück gän gig zu ma chen.

Im Be reich 3 wird der Werk stoff ir re ver si bel ge-

schä digt. Da bei bil den sich im Werkstoffinneren vor wie gend auf Korn gren zen bzw. an gro ßen Aus schei dun gen Hohl räu me, so ge nann te Kriech-

poren (Bild 2). Ins be son de re an Korn gren zen, die recht wink lig zur an grei fen den äu ße ren Be las tung orien tiert sind, kommt es bei wei te rer Be las tung zur Porenvergrößerung und zur Bil dung gro ßer Schädigungsbereiche (Bild 3). Durch die be reits be schrie be nen Än de run gen in der Mi kro struk tur so wie durch die Span nungs er hö hung in fol ge Ab-nah me des tra gen den Quer schnit tes wird eine pro gres si ve Zu nah me der Kriech ge schwin dig-keit ge mes sen. Bei fort ge setz ter Be las tung bil den sich aus die sen Po ren Mi kro ris se, die bei aus rei-chen der Grö ße zum Ver sa gen der Pro be oder des Bau teils füh ren. Kenn zeich nend für die Zeitstand-

schädigung bzw. für die Kriech schä di gung ist der in ter kris tal li ne Riss ver lauf.

1 Koagulation = Aus flo ckung, von lat. coagulare = ge rin nen

Kriechdehnung

Kriechgeschwindigkeit

Bereich 1 Bereich 2 Bereich 3

IrreversibleSchädigung

ReversibleWerkstoffveränderung

Porenbildung

Zeit

Kri

ech

deh

nu

ng

,K

riech

gesc

hw

ind

igke

it

Bild 1: Verlauf von Dehnung und Dehn-

geschwindigkeit unter Zeitstand-

beanspruchung

Pore0,04 mm

Bild 2: Kriechporen im Stahl 13CrMo4-4

(Rasterelektronenmikroskopische

Aufnahme eines geätzten Schliffes)

10 m

Bild 3: Freigelegte Korngrenzen mit Poren-

bildung auf einer Bruchfl äche

20 mm

Bild 4: Zeitstandsversagen

800 Teil II Mess- und Prüftechnik

3.2.3.2 Ex pe ri men tel le Mo dal ana ly se

La ge rung

Die Be fes ti gung der Ma schi ne oder die La ge rung

des Bau teils wird in der Re gel ent spre chend dem

rea len Ein satz ge wählt. Da bei soll te die Be fes ti-

gung im Test eher stei fer sein als die im spä te ren

Ein satz, da mit das zu prü fen de Schwin gungs ver-

hal ten we ni ger durch die La ge rung als durch das

Bau teil selbst ver ur sacht wird. Wenn die Schwing-

be we gung des zu un ter su chen den Bau teils auf die

La ge rung er mit telt wer den soll, wenn eine wei che

Lagerung vorliegt oder wenn die La ge rung noch

un be kannt ist, wird der Prüf ling zur Ent kopp lung

an Fe dern oder an Ex pan dern weich auf ge hängt

oder auf ein wei ches Kis sen ge legt. Da bei be deu-

tet „weich“, dass die Ei gen fre quenz der Auf hän-

gung min des tens um den Faktor 1/10 un ter den zu

mes sen den Ei gen fre quen zen lie gen muss.

An re gung

Zur Er mitt lung der Schwingungseigenschaften

muss das Prüf ob jekt in Schwin gun gen ver setzt

wer den. Dies kann mit hyd rau li schen oder mit

elekt ro dy na mi schen Schwingerregern oder mit

ei nem Prüfhammer (Bild 1) oder akus tisch über

Luft schall mit ei nem Laut spre cher er fol gen.

Um Schwin gun gen mit allen Fre quen zen im zu

prü fen den Be reich zu er hal ten, wird ent we der

das ge wünsch te Fre quenz band mit ei nem Si-

nus-Sweep (sich in der Fre quenz ver än dern de

Schwin gung) vom Schwingerreger durch fah ren

oder alle Fre quen zen wer den auf ein mal als so-

ge nann tes Rauschsignal im ent spre chen den Fre-

quenz band an ge regt.

Kommt ein Prüfhammer zum Ein satz, muss das

Anregungsspektrum mit der rich ti gen Prüfham-

merspitze aus ge wählt wer den. Die Här te der

Hammerspitze legt das Prüffrequenzband fest.

Bild 2 zeigt den Kraft ver lauf des Ham mer schlags

über der Zeit und über der Fre quenz bei der Spit-

ze aus Stahl, aus Alu mi nium und aus Poly amid.

Bei einer stei fen und schwe ren Bauteilstruktur

wird ein gro ßer Schwingerreger oder ein schwe-

rer Ham mer be nö tigt, um für Schwin gun gen aus-

rei chend Ener gie in das Bau teil zu brin gen.

Die hyd rau li schen Schwingerreger, so ge nann te

Hydropulser, wer den für An re gun gen mit gro ßer

Kraft im nied ri gen Fre quenz be reich ver wen det.

Die elekt ro dy na mi schen Schwingtische (Sha ker)

wer den häu fig zur Bau teil prü fung bis 10 kHz ein-

ge setzt (Bild 3 und 4). Um für gro ße Bau teil struk-

tu ren ge nü gend Ener gie ein zu brin gen oder für

eine mehr di men sio na le An re gung, kön nen auch

meh re re Schwingerreger gleich zei tig an ge kop-

pelt wer den.

Impulshammermit Kraftaufnehmer

Bild 1: Prüfhammer

Shaker

Feder-aufhängung

Prüfling

Stange zurKrafteinleitung

Beschleunigungs-aufnehmer

Bild 3: Schwingerreger mit 50 N Spit zen kraft

Zeit Frequenz

Am

plitu

de

Am

plitu

de

KraftspektrumKraft

hart

mittel

weich

hart

mittel

weich

Bild 2: Anregungsspektrum des Prüfhammers

schwenkbareSchwingarmatur

Gleittisch

Bild 4: Schwingerreger mit 35 kN Spit zen kraft

und mit Gleittisch

8054.1 Qualifi zierung von Werkzeugmaschinen

4.1.1 Einleitung und Übersicht

Un ter Qua li fi zie rung (oder Ab nah me) von Werk-zeug ma schi nen ver steht man die Über prü fung und Be stim mung der Ge nauig keit der sel ben. Man un ter schei det da bei zwi schen der Her stell ge-nauig keit der Ma schi ne und der Ar beits ge nau ig-keit, d. h. der Ge nauig keit der her ge stell ten Werk-stü cke. Die Her stell ge nauig keit wird durch eine Rei he von geo me tri schen Prü fun gen, z. B. der Mes sung der Tischgeradheit und der Tischeben-heit, der Positionierabweichung einer Li near -ach se oder der Rundlaufabweichungen der Ar-beits spin del er mit telt. Ganz all ge mein geht es da-bei um die Mes sung von Ma ßen, Form und La ge von Ma schi nen tei len und de ren Bewegungen.

Die Ar beits ge nau ig keit wird durch prak ti sche Prü fun gen, d. h. durch die Her stel lung von Prüfwerkstücken und das an schlie ßen de Mes sen der Geo me trie ab wei chun gen die ser Werk stü cke be stimmt (Bild 1 und Bild 2).

Für werkstückgebundene Ma schi nen wer den da bei häu fig die spä ter zu be ar bei ten den Werk-stücke auch als Prüfwerkstück ver wen det. Man ver gleicht die nach der Fer ti gung des Werk stücks tat säch lich vor han de nen Geo me trie ab wei chun-gen mit den vor ge ge be nen To le ran zen des Werk-stücks. Werkstückungebundene Ma schi nen, die eine Viel zahl von Werk stü cken be ar bei ten sol len, wer den mit ein heit li chen Prüfwerkstücken und Be ar bei tungs be din gun gen über prüft.

Die tat säch lich vor han de nen Geo me trie ab wei-chun gen nach der Be ar bei tung un ter lie gen je-doch einer sta tis ti schen Streu ung. Da her müs sen für die zu ver läs si ge Be stim mung der Ar beits ge-nau ig keit sta tis ti sche Me tho den an ge wen det wer den1.

Die er folg rei che Ab nah me (Tabelle 1) ist als Teil der Be schaf fung von Werk zeug ma schi nen Vo r-aus set zung für die Be zah lung. Dem ent spre chend müs sen bei der Auf trags ver ga be die ge nauen Ab-nah me be din gun gen fest ge legt wer den.

4 Qualifizierung vonProduktionsmitteln

4.1 Qualifizierung von Werkzeugmaschinen

Tabelle 1: Normen und Richtlinien zurAbnahme von Werkzeugmaschinen

DIN ISO 230 Prüf re geln für Werk zeug ma schi nen, Geo me tri sche Ge nauig keit, Positionierunsicherheit, Kreisformtest

DIN 8601 Ab nah me be din gun gen für Werk zeug -ma schi nen für die spa nen de DIN 8602 Be ar bei tung von Me tal len

VDI/DGQ 3441-3444 Ver hal ten von Werk zeug ma schi-nen un ter sta ti scher und ther mi scher Be an spru chung

VDMA 8669 Sta tis ti sche Prü fung der Ar beits- undPo si tions ge nau ig keit von Werk zeug ma schi nen

VDI 2851 Fähigkeitsuntersuchung zur Ab nah me spanender Werk zeug ma schi nen

DIN 8615, 8620, Be ur tei lung von Werkzugmaschinen 8625, 8626, 8658, durch Einfachprüfwerkstücke 8660, 8662

Bild 2: Test für die Mikrobearbeitung

Bild 1: Prüfwerkstück nach NCG2

1 Die geo me tri schen Prüfungen ge hen auf von Prof. Schle sin ger in den zwan zi ger Jah ren des letzten Jahrhunderts ent wi ckel te Prü-fun gen zu rück: Prof. Georg Schle sin ger, 1904 auf den neu ge grün de ten Lehr stuhl für Werk zeug ma schi nen und Fab rik be trie be an der Tech ni schen Hoch schu le Ber lin-Char lot ten burg be ru fen, gilt als Be grün der der mo der nen wis sen schaft li chen For schung auf den Ge bie ten der Fer ti gungs tech nik und Be triebs wis sen schaft. Die sta tis ti schen Me tho den bei der Ma schi nen ab nah me wur den von der Au to mo bil in dus trie erst mals ein ge führt.

2 NCG von NC-Gesellschaft, e.V. Anwendung neuer Technologien, Ulm

8114.1 Qualifi zierung von Werkzeugmaschinen

Kreisformtest

Eine Mög lich keit, geo me tri sche und ki ne ma ti-sche Ab wei chun gen zu ana ly sie ren, bie tet der Kreisformtest. Hier bei wird der tat säch li che Ra-dius einer von der Ma schi ne in ter po lier ten Kreis-bahn ge mes sen. Bei gro ßen Krei sen ist da bei die Maschinengeometrie do mi nant. Bei klei nen Krei-sen und re la tiv ho hen Vorschubgeschwindigkei-ten wer den die Mess er geb nis se vor allem von der Dy na mik der Vor schub an trie be be ein flusst. Beim Dou ble-Ball -Bar-Ver fah ren (Bild 1) wird eine Stan ge mit in te grier tem Mess sys tem mit tels zwei So ckeln an Ma schi nen tisch und Spin del dreh bar be fes tigt. Der Durch mes ser der Kreis bahn wird von der Län ge die ser Stan ge be stimmt (und kann durch Ver län ge run gen ver än dert wer den). Beim Ab fah ren der Kreis bahn wer den die re la ti ven Ver la ge run gen zwi schen Tisch und Spin del vom Mess sys tem er fasst. Da bei wird die Kreis bahn so an ge ord net, dass nur zwei Ach sen ver fah ren müs sen.

Wenn der Mess schrieb eine um 45° ge neig te El lip se dar stellt und wenn die Nei gung der El lip-se nicht ab hän gig von der Dreh rich tung ist, sind die bei den be tei lig ten Ach sen nicht recht wink lig zu ei nan der (Bild 2a). Wenn die Nei gung der El lip-se mit Än de rung der Dreh rich tung kippt, sind die Kv-Fak to ren der bei den Ach sen in der CNC-Steue rung un ter schied lich (Bild 2b). Ein Sprung im Mess schrieb bei je dem Quadrantenübergang wie in Bild 2c weist auf nicht kom pen sier te Umkehrspiele in bei den Ach sen hin. Die zwei Messschriebe in Bild 2d zei gen die Ab hän gig-keit der Mess er geb nis se von der Vor schub ge-schwin dig keit und da mit die Dy na mik der Vor-schub an trie be. Der äußere Mess schrieb steht für eine re la tiv lang sa me Vor schub ge schwin dig-keit. Bei höherer Vorschubgeschwindigkeit ist die Abweichung von der Sollbahn größer.

Eine an de re Mög lich keit zur Durch füh rung des Kreisformtests ist das Kreuzgitter-Mess ge rät (Bild 3). Es ist ähn lich auf ge baut wie der in kre-men ta le Ver gleichs maß stab und hat zwei di men-sio na le Mess be rei che z. B. vom Durch mes ser 140 mm oder 230 mm. Das Kreuzgitter-Mess ge rät hat eine Ge nauig keit von ± 2 µm. Es kann nicht nur für Kreisformtests ver wen det wer den. Auch be lie bi ge zwei di men sio na le Frei form geo me trien kön nen mit die sem Ge rät mit ho her Ge nauig keit ab ge fah ren und ge mes sen wer den. Es ist da her sehr gut ge eig net für die dy na mi sche Prü fung des Bahnverhaltens von Werk zeug ma schi nen.

Maschinenfehler füh ren zu ty pi schen Ab wei chun gen der Mess er geb nis se von der Kreis form.

Maschinentisch

Kreisbewegungder Hauptspindelum diesen Mittel-punkt

Haupt-spindel

inkrementeller Maßstab

Bild 1: Zwei -Ku gel-Ver fah ren (Dou ble-Ball -Bar)

a)Achsen sind nichtrechtwinklig

b)Kv-Faktoren der Lageregelungsind unterschiedlich

c) Umkehrspanne d) Einfluss der Vorschub-geschwindigkeit

Y programmierteBahn

X

gefahrene Bahn

Y

X

gefahrene Bahn

programmierteBahn

Sta

rt

Sollbahnbzw. langsameVorschub-geschwindigkeit

zunehmendeVorschub-geschw.

Y

X

Y

X

Bild 2: Typische Verzerrungen der Kreisform

Abtastkopf

Messergebnis

Montageplatte

Kreuzgitter

Bild 3: Kreisformtest mit dem Kreuzgitter

834 Anhang: Kleine Werkstoffkunde

3 Aufbau metallischer Werk-

stoffe

3.1 Gitteraufbau des Idealkristalls

Bei den technisch üblichen Abkühlungsgeschwin-

digkeiten erstarren Metalle kristallin und bilden

dabei ein dreidimensional periodisches Gitter

(Bild 1). Zwischen den Metallkationen und den

Elektronen bestehen anziehende Kräfte (Bild 1,

Kurve 1). Andererseits stoßen sich die Elektronen

und Protonen benachbarter Kationen infolge elek-

trostatischer Kräfte ab (Bild 2, Kurve 2).

Beide Kräfte nehmen mit abnehmendem Abstand

zwischen den Kationen zu, gehorchen aber unter-

schiedlichen Abhängigkeiten. Für eine bestimmte

Entfernung sind die Kräfte gerade im Gleichge-

wicht. Diese Entfernung ist der Gleichgewichtsab-

stand der Kationen im Kristallgitter und eine cha-

rakteristische Größe für das jeweilige Metall.

Nach der Geometrie und den Abmessungen der

ein Kristallgitter eindeutig beschreibenden Ele-

mentarzellen unterscheidet man sieben Kristall-

systeme, von denen das kubische, das hexago-

nale und das tetragonale System für metallische

Werkstoffe am wichtigsten sind (Tabelle 1).

ab

c

ab

g

+x

+y

+z

Bild 1: Dreidimensional periodisches Gitter

AbstoßendeKräfte

AnziehendeKräfte

ResultierendeKraft

Atomabstand r

Gleichgewichtsabstandr0

Fan

Fab

Bild 2: Kräfte zwischen Kationen

Tabelle 1: Kristallsysteme und Elementarzellentypen

Kristallsysteme Elementarzellentypen

Art Bestimmungs-größen

einfach basisfl ächen-zentriert

raumzentriert fl ächen-zentriert

Triklina ) b ) c

a ) b ) g

Monoklina ) b ) c

a = g = 90°b ) 90°

Orthorhombischa ) b ) c

a = b = g = 90°

Rhomboedrischa = b = c

a = b = g ) 90°

Hexagonala = b ) c

a = b = 90°g = 120°

Tetragonala = b ) c

a = b = g = 90°

Kubischa = b = c

a = b = g = 90°