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per abgegrenzt werden. Hoch reflektiv sind auch Drusen des N. opticus. Zudem ist mit der Echogra- fie die Diagnose intraokularer Tumoren möglich, die eine Prominenz von mindestens 1,5 mm auf- weisen. Mit Hilfe der Ultraschalluntersuchung kann man darüber hinaus aufgrund der spezi- fischen Gewebsreflektivität die Dignität von Tumo- ren beurteilen und z. B. Aderhautnävi von malig- nen Melanomen (Abb. 12.6) abgrenzen. H Bei Trübung der optischen Medien (Katarakt, Glaskörperblutung) kann mit Ultraschall eine Netzhautablösung festgestellt werden, da die Re- tina im Gegensatz zum Glaskörper hochreflektiv ist. Maligne Aderhautprozesse können durch Echografie gesichert werden. a b c Abb. 12.4 Fundusuntersuchung mit dem Augenspiegel (Ophthalmoskopie). a Direkte Ophthalmoskopie: Die Untersucherin spiegelt das linke Auge mit dem elektrischen Augenspiegel (vgl. Abb. 1.10). Sie sieht ein aufrechtes Bild des Augenhintergrundes (vgl. dazu den Strahlengang). b Indirekte binokulare Ophthalmoskopie mit Lupe und Untersuchungshelm (Lichtquelle in den Untersuchungshelm integriert). Die Untersucherin sieht ein auf dem Kopf stehendes Bild des Augenhintergrundes. Das Bild ist zudem seitenverkehrt, da es erst durch die zwischengeschaltete Lupe entsteht, die die Untersucherin in einer Entfernung von einigen Zentimetern vor das Auge des Patienten hält. c Indirekte binokulare Ophthalmoskopie mit der Spaltlampe und Lupe (Lichtquelle in die Spaltlampe integriert). Vom Prinzip her ist dies dieselbe Untersuchungsmethode wie in b, lediglich die Untersuchungseinrichtung ist hier statisch und in bmobil, so dass sie z. B. bei der Untersuchung auf Station mitgeführt werden kann. 12.2 Untersuchungsmethoden 229 aus: Lang u.a., Augenheilkunde (ISBN 9783131028358) © 2014 Georg Thieme Verlag KG

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per abgegrenzt werden. Hoch reflektiv sind auchDrusen des N. opticus. Zudem ist mit der Echogra-fie die Diagnose intraokularer Tumoren möglich,die eine Prominenz von mindestens 1,5mm auf-weisen. Mit Hilfe der Ultraschalluntersuchungkann man darüber hinaus aufgrund der spezi-fischen Gewebsreflektivität die Dignität von Tumo-ren beurteilen und z. B. Aderhautnävi von malig-nen Melanomen (▶Abb. 12.6) abgrenzen.

●HBei Trübung der optischen Medien (Katarakt,Glaskörperblutung) kann mit Ultraschall eineNetzhautablösung festgestellt werden, da die Re-tina im Gegensatz zum Glaskörper hochreflektivist. Maligne Aderhautprozesse können durchEchografie gesichert werden.

a

b

c

Abb. 12.4 Fundusuntersuchung mit dem Augenspiegel (Ophthalmoskopie).a Direkte Ophthalmoskopie: Die Untersucherin spiegelt das linke Auge mit dem elektrischen Augenspiegel (vgl.

▶Abb. 1.10). Sie sieht ein aufrechtes Bild des Augenhintergrundes (vgl. dazu den Strahlengang).b Indirekte binokulare Ophthalmoskopie mit Lupe und Untersuchungshelm (Lichtquelle in den Untersuchungshelm

integriert). Die Untersucherin sieht ein auf dem Kopf stehendes Bild des Augenhintergrundes. Das Bild ist zudemseitenverkehrt, da es erst durch die zwischengeschaltete Lupe entsteht, die die Untersucherin in einer Entfernungvon einigen Zentimetern vor das Auge des Patienten hält.

c Indirekte binokulare Ophthalmoskopie mit der Spaltlampe und Lupe (Lichtquelle in die Spaltlampe integriert). VomPrinzip her ist dies dieselbe Untersuchungsmethode wie in „b“, lediglich die Untersuchungseinrichtung ist hierstatisch und in „b“ mobil, so dass sie z. B. bei der Untersuchung auf Station mitgeführt werden kann.

12.2 Untersuchungsmethoden

229aus: Lang u.a., Augenheilkunde (ISBN 9783131028358) © 2014 Georg Thieme Verlag KG

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▶ Fundusfotografie. Pathologische Fundusver-änderungen können mit Hilfe einer Spiegelreflex-kamera aufgenommen werden. Dies ermöglichtu. a. eine exakte Verlaufskontrolle. Insbesonderepathologische Prozesse an den innersten Netzhaut-schichten, wie Veränderungen der Nervenfaser-schicht, Blutungen oder Mikroaneurysmen stelltdas rotfreie Bild der Funduskamera kontrastrei-cher dar.

▶ Fluoreszenzangiografie (Fluoreszein oder In-docyaningrün). Für die Fluoreszeinangiografie in-jiziert man 10ml 5%iges Fluoreszeinnatrium ineine Kubitalvene. Anschließend werden in denStrahlengang der Spiegelreflexkamera ein Erreger-und ein Sperrfilter eingeschwenkt. Durch denblauen Erregerfilter gelangt nur blaues Licht zurNetzhaut, das das Fluoreszein zur Fluoreszenz an-regt. Der Sperrfilter (gelb-grün) hält demgegen-über den blauen Anteil des Lichts zurück, so dassdie Kamera letztendlich nur noch das Fluoreszenz-bild aufnimmt (▶Abb. 12.7) Zur Untersuchung von

Aderhautprozessen ist auch Indocyaningrün geeig-net, das durch Infrarotlicht zur Fluoreszenz ange-regt wird. Infrarot hat eine längere Wellenlängeund dringt damit in tiefere Netzhautschichten vorals Fluoreszein. Da Indocyaningrün stärker an Pro-tein gebunden ist, stellen sich auch die Aderhaut-gefäße besser dar als mit Fluoreszein.

●HDie Fluoreszenzangiografie dient der Diagnosevon vaskulären Netzhauterkrankungen wie dia-betische Retinopathie, Venenverschlüsse, alters-bedingte Makuladegeneration und entzündlicheNetzhautprozesse. Bei Störungen der Blut-Netz-haut-Schranke (Zonulae occludentes im Kapillar-endothel) tritt Fluoreszein aus den Netzhautgefä-ßen aus. Auch Erkrankungen der Aderhaut wieChoroiditis oder Tumoren können mit dieser Me-thode abgegrenzt werden (wobei Indocyaningründafür besser geeignet ist als Fluoreszein).

a b

Abb. 12.6 Malignes Melanom der Aderhaut mit Durchbruch durch die Bruchmembran. a Durch den Tumoraufgeschnittenes Auge, nach Enukleation und Fixierung. b Echobild desselben Auges mit Tumorbasis an der Aderhautund Tumordurchbruch durch die Bruchmembran (= sog. Kragenknopfphänomen).

Abb. 12.5 Fundusuntersuchung mit dem Dreispiegelkontaktglas. a/b Prinzip der Untersuchung: Das Glas wird nachLokalanästhesie direkt auf das Auge aufgesetzt. Aufbau des Dreispiegelkontaktglases nach Goldmann: Mit denverschiedenen Spiegeln des Kontaktglases können folgende Netzhautbereiche eingesehen werden: 1 hinterer Augenpol;2 mittlere Netzhautperipherie; 3 äußere Netzhautperipherie (wichtig bei der Diagnose von Netzhautlöchern);4 Gonioskopiespiegel (S.179).

12.2 Untersuchungsmethoden

230aus: Lang u.a., Augenheilkunde (ISBN 9783131028358) © 2014 Georg Thieme Verlag KG

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12.2.3 Allgemeines zu physiologi-schen und pathologischen Fundus-befunden▶ Normaler Augenhintergrund (engl.: normalfundus). Die Netzhaut ist normalerweise vollkom-men transparent ohne Eigenfarbe (gleichmäßig hell-roter Farbton durch Gefäße der Aderhaut)(▶Abb. 12.8). Die Gefäße der Aderhaut sind als sol-che durch das retinale Pigmentepithel nicht zu er-kennen. Ein Transparenzverlust der Netzhaut ist im-mer Hinweis auf einen pathologischen Prozess (beiNetzhautablösung z. B. wird die Netzhaut weißlich-gelblich, s. ▶Abb. 12.25). Die Papille ist normaler-weise randscharf, gelb-orange gefärbt (bei Jugend-lichen blass rosa, bei Kindern deutlich blasser) undweist evtl. eine zentrale Vertiefung (Exkavation) auf.Näheres zu pathologischen Veränderungen der Pa-pille siehe Kap. Randunscharfe Papillenveränderun-gen (S.272). Durch Lichtreflexion an der innerenGrenzmembran sieht man am Augenhintergrundnormalerweise zahlreiche Reflexe. Im jugendlichenAlter ist zudem ein Reflex der Fovea und ein umge-bender Makula-Wallreflex (durch Übergang derVertiefung der Netzhautgrube in das höhere Netz-hautniveau) physiologisch (▶Abb. 12.9).

▶ Altersveränderungen (age-related changes).Im Alter wird die Papille blassgelb, oft entsteht

eine flache Exkavation und eine zirkumpapilläreAderhautatrophie. Der Augenhintergrund wirdmatt und reflexarm. Im Pigmentepithel der Netz-haut sind Drusen (▶Abb. 12.30a) zu sehen (PAS-positive Ablagerungen in der Bruch-Membran)und mittelperipher retikuläre Pigmentepithelpro-liferationen. Durch Elastizitätsverlust verlaufen dieArteriolen gestreckt und sind durch Wandver-dickungen ungleichmäßig gefüllt. Man findet eine

a

b

c

Abb. 12.7 Fundusuntersuchung mit Fluoreszeinangiografie. In den Strahlengang einer Spiegelreflexkamera werdenein Erreger- und ein Sperrfilter eingeschwenkt. a Zunächst filtert der Erregerfilter nur das blaue Licht aus dem weißenheraus. Dieses regt das zuvor injizierte Fluoreszein in den Fundusgefäßen an. b Das durch das Fluoreszein entstehendegelb-grüne Licht wird emittiert, das blaue Licht reflektiert. Der Sperrfilter hält den blauen Lichtanteil zurück, so dass dieKamera letztendlich nur das Fluoreszenzbild aufnimmt. c Fluoreszeinangiographisches Bild eines normalen Fundus.

Abb. 12.8 Normaler Fundus. Das Zentrum der Makula(„gelber Fleck“) liegt etwa 3 – 4mm temporal undetwas unterhalb der Papille. Der gleichmäßig hellroteFarbton des Fundus ist durch Gefäße der Aderhautbedingt. Das Kaliber von Arterie zu Vene beträgt 2:3.

12.2 Untersuchungsmethoden

231aus: Lang u.a., Augenheilkunde (ISBN 9783131028358) © 2014 Georg Thieme Verlag KG

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Schlängelung der Venolen und Kreuzungszei-chen, d. h. an Kreuzungsstellen der Gefäße kompri-miert die sklerotische Arterie die Vene. Dadurchverdünnt sich die venöse Blutsäule. Im Extremfallist sie nahezu komplett unterbrochen.

▶ Pathologische Fundusveränderungen. Gene-rell gilt, dass ein Transparenzverlust der Netz-haut Zeichen für einen pathologischen Prozess ist(bei einem Netzhautödem durch Zentralarterien-verschluss wird die Netzhaut z. B. weißlich,s. ▶Abb. 12.21). Das Besondere bei der Diagnosepathologischer Netzhaut- (und Aderhaut-)verän-derungen ist, dass Aussehen und Art dieser Verän-derungen eine genaue topographische Zuord-nung des jeweiligen Krankheitsprozesses erlauben.Aufgrund des ophthalmoskopischen Bildes lässtsich also meist feststellen, in welcher der in▶Abb. 12.2 dargestellten Schichten sich derKrankheitsprozess abspielt. Um ein willkürlichesBeispiel herauszugreifen: In ▶Abb. 12.30a (nicht

exsudative altersbedingte Makuladegeneration)sieht man, dass sich die Drusen und Atrophien imretinalen Pigmentepithel befinden, die darüber lie-genden Netzhautstrukturen sind unbeeinflusst(sichtbar an den „intakten“ Gefäßen). Besondersgut lässt sich die Lage der krankhaften Verände-rungen mit dem OCT darstellen (s. ▶Abb. 12.17).

12.2.4 Farbsinnstörungen undFarbsinnprüfungFarbsinnstörungen (Synonym.: Farbfehlsichtigkeit;engl.: alterations of colour vision) können angebo-ren oder erworben sein, z. B. bei Erkrankungen derMakula wie Morbus Stargardt (S.257). Sie könnensich als herabgesetzte Empfindlichkeit für be-stimmte Farben äußern (Farbschwäche) oder, sel-tener, als komplette Nichtwahrnehmung einzelnerFarben (Achromasie = Farbenblindheit). Je nachAusprägung können sie zur Nichteignung für be-stimmte Berufe führen (z. B. Polizei, Busfahrer).Angeborene Farbsinnstörungen kommen vor allembei Männern vor, da diese Störungen X-chromoso-mal rezessiv vererbt werden (8% der Männer undnur 0,4 % der Frauen haben Farbsinnstörungen!).Zu den einzelnen Formen der angeborenen Farb-fehlsichtigkeit s. ▶Tab. 12.1.

Qualitative Störungen des Rot-Grün-Se-hens werden mit pseudoisochromatischen Tafelnnach Ishihara (▶Abb. 12.10) oder Stilling-Velhagengeprüft. Sie enthalten Zahlen oder Buchstaben auskleinen Farbpunkten in Verwechslungsfarben, diePatienten mit einer Farbsinnstörung nicht lesenkönnen. Mit Farbfleckverfahren (Farnsworth-Test,▶Abb. 12.11) werden zusätzlich Blau-Gelb-Stö-rungen erfasst.

Abb. 12.9 Wallreflex der Makula (Pfeile). Typischer,reflexreicher jugendlicher Fundus. Weitere Informationsiehe Makula-Wallreflex (S.231).

Tab. 12.1 Formen der angeborenen Farbfehlsichtigkeit und Häufigkeitsverteilung bei Männern

Formen Häufigkeit

Anomale Trichromasie (Farbschwäche) häufigste Form

● Deuteranomalie (Grünschwäche) 5%

● Protanomalie (Rotschwäche) 1%

● Tritanomalie (Blau-Gelb-Schwäche) selten

Dichromasie (partielle Farbblindheit = es fehlt eines der 3 Zapfensysteme, die für dieFarbunterscheidung notwendig sind)

zweithäufigste Form

● Protanopie (Rotblindheit) 1%

● Deuteranopie (Grünblindheit) 1%

● Tritanopie (Blau-Gelb-Blindheit) selten

12.2 Untersuchungsmethoden

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●HPseudoisochromatische Tafeln enthalten Zahlen,die Patienten mit einer Farbsinnstörung nicht er-kennen können. Bei Farbfleckverfahren könnenPatienten mit einer Farbsinnstörung Steine mitunterschiedlicher Farbabstufung (entsprechendden Regenbogenfarben) nicht in der richtigenReihenfolge anordnen.

Eine quantitative Beurteilung von Farbsinnstö-rungen ist mit dem Nagel-Anomaloskop möglich.Die Prüfscheibe besteht aus 2 Hälften: einer unte-ren gelben Hälfte, deren Helligkeit verändert wer-den kann, und einer oberen Hälfte, die der Patientdurch Mischen von Rot und Grün entsprechenddem Gelbfarbton der unteren Hälfte einstellenmuss. Aus der Einstellung wird der Anomalquo-tient berechnet. Bei der Einstellung verwendet der

Grünblinde zu viel Grün, der Rotblinde zu viel Rot.Farbsinnstörungen können nicht therapiert wer-den.

▶ Prüfung des Gesichtsfeldes (Perimetrie). Nä-heres hierzu siehe bei Gesichtsfelduntersuchung(S.289).

12.2.5 ElektrophysiologischeUntersuchungsmethoden(Elektroretinogramm, Elektrookulogramm, visuel-le evozierte Potenziale s. ▶Abb. 12.12a)

▶ Elektroretinografie (ERG). Bei dieser Unter-suchungsmethode wird die elektrische Antwortder Netzhaut auf kurze Lichtexposition mit Hilfevon Elektroden aufgezeichnet (▶Abb. 12.12a). DasERG wird photopisch (=nach Helladaptation) undskotopisch (=nach Dunkeladaptation) bestimmt.Es besteht aus einer negativen A- Welle (Antwortder Photorezeptoren) und einer positiven B-Wel-le (im Wesentlichen Antwort der Bipolarzellenund der Müller-Stützzellen) (▶Abb. 12.12b).Durch ein Flimmer-ERG (Setzen von Flimmer-Lichtreizen) kann speziell die Zapfenantwort beur-teilt werden, mit einem Muster-ERG (z. B. Schach-brettmuster) und den oszillatorischen Potenzialenlassen sich die inneren Netzhautschichten beurtei-len. Die klassische Indikation zur Durchführungeiner Elektroretinografie ist die Retinopathia pig-mentosa, bei der früh skotopische und photopi-sche Potenziale erloschen sind. Beim normalenERG handelt es sich um eine Summenantwort derNetzhaut. Es ist daher zur Diagnose von Makula-sowie Netzhauterkrankungen insgesamt geeignet.Mit dem multifokalen ERG (▶Abb. 12.12c) kön-

Abb. 12.10 Ishiharata-feln zur Diagnose vonStörungen des Rot-Grün-Sehens. Der Farb-tüchtige erkennt links dieZahl 26, rechts 42.

Abb. 12.11 Farnsworth-Test zur Diagnose von Rot-Grün- und Blau-Gelb-Sehstörungen. Die Steine mitunterschiedlicher Farbabstufung sollen entsprechendden Regenbogenfarben in die richtige Reihenfolgegebracht werden.

12.2 Untersuchungsmethoden

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nen verschiedene Punkte der Makula isoliert abge-leitet werden, so dass es möglich ist, die retinaleAktivität punktgenau darzustellen. Dazu werdenverschiedene Punkte der Netzhaut wiederholt sti-muliert. Das multifokale ERG ist daher zur Diagno-se von Makulaerkrankungen geeignet, z. B. Maku-ladystrophien (S.257) oder altersbezogene Maku-ladegeneration (S.252) sowie zur Abgrenzung vonMakula- gegen Optikuserkrankungen.

▶ Elektrookulogramm (EOG). Mit dem EOG wer-den pathologische Veränderungen des retinalen Pig-mentepithels erfasst, wie z. B. die vitelliforme Ma-kuladystrophie. Bei dieser Untersuchungsmethodemacht man sich zunutze, dass das Auge elektrischein Dipol ist (Kornea positiver, Pigmentepithel derRetina negativer Pol). Das Ruhepotenzial zwischenHornhaut und Netzhaut im Vergleich zur Horn-haut wird indirekt mit 2 Schläfenelektroden ge-

messen (▶Abb. 12.13). Während der Messungführt der Patient gleichförmige Augenbewegungenaus, indem er zwischen 2 Fixierlichtern hin- undherblickt. Im helladaptierten Zustand ist das Ruhe-potenzial normalerweise höher als im dunkel-adaptierten. Zur Beurteilung wird ein Quotient(Arden-Quotient) aus den hell und dunkel adap-tierten Potenzialen gebildet, der normalerweiseüber 1,8 beträgt. Bei pathologischen Veränderun-gen ist der Quotient erniedrigt.

●HDie typische Indikation zur Durchführung einesEOG ist die vitelliforme Makuladystrophie (MorbusBest) mit einem deutlich erniedrigten Arden-Quo-tienten.

a

b c

Abb. 12.12 Elektroretinografie (ERG).a Ableitung von Netzhautpotenzialen mit einer Elektrode in einer Hornhauthaftschale und einer Hautelektrode.b Normales Elektroretinogramm bei gesunder Netzhaut (Summenantwort der Netzhaut).c Multifokales Elektroretinogramm bei gesunder Netzhaut (verschiedene Punkte der Makula können isoliert abgeleitet

werden).

12.2 Untersuchungsmethoden

234aus: Lang u.a., Augenheilkunde (ISBN 9783131028358) © 2014 Georg Thieme Verlag KG

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▶ Visuell evozierte Potenziale (VEP). Mit dieserUntersuchungsmethode werden Schäden im Ver-lauf der Sehbahn diagnostiziert. Das VEP ist alsokeine „netzhautspezifische“ Untersuchung wieERG oder EOG. Die Methode wird im Kap. Sehnerv(S.272) kurz erläutert.

▶ Optische Kohärenztomografie (OCT). Das OCT(S.413) ist zur Untersuchung von Makulaerkran-kungen (Makulaforamen, Makulaödem, Glaskör-perzug an der Netzhaut) und zur Vermessung derPapille (sog. Papillentomografie bei Glaukom) ge-eignet.

Bei dieser Untersuchungsmethode wird einspaltförmiger Laserstrahl auf die Netzhaut proji-ziert, das reflektierte Licht analysiert und so einhochaufgelöster Querschnitt der Netzhaut angefer-tigt. Auf diese Weise können Krankheitsprozessegenau einer Schicht der Netzhaut zugeordnet, alsoexakt lokalisiert werden, z. B. die Ausdehnungeines Makulalochs: Geht es durch alle oder nurdurch ein Teil der Netzhautschichten? Eine solchexakte Diagnose (S.413) war bislang nur histolo-gisch möglich.

12.3 Gefäßerkrankungen

12.3.1 Diabetische Retino-pathie (Retinopathia diabetica)

●LDie diabetische Retinopathie ist die häufigste mikro-vaskuläre Folgeerkrankung des Diabetes mellitus.

engl.: diabetic retinopathy

▶ Epidemiologie. In den Industrieländern ist diediabetische Retinopathie eine der Hauptursachenfür neu auftretende Erblindungen im Alter von30 – 60 Jahren. Etwa 90% aller Diabetiker habennach 20 Jahren eine diabetische Retinopathie. DiePrävalenz beträgt etwa 7%.

▶ Pathogenese und Stadien der diabetischen Re-tinopathie. Die diabetische Retinopathie stellteine Mikroangiopathie dar. Zunächst kommt es zueiner Verdickung der Basalmembran der Gefäßeund zum Verlust von Perizyten und Gefäßendot-helzellen. In diesem frühen Stadium spielt v. a. dieHyperglykämie eine wesentliche Rolle. Späterkommt es zu Kapillarverschlüssen und retinalerIschämie. Die weitere Entwicklung wird danndurch eine retinale Hypoxie gesteuert. In derischämischen Netzhaut werden angiogene Fak-toren, wie vascular endothelial growth factor(VEGF) oder insulin like growth factor 1 (IGF1) ge-bildet. Sie sind wesentlich an der Entwicklung vonpräretinalen Neovaskularisationen und der Entste-hung der Rubeosis iridis beteiligt. In jedem Stadi-um kann es zu einem Zusammenbruch der Blut-Netzhaut-Schranke durch erhöhte Gefäßpermeabi-lität kommen mit nachfolgender Ausbildung einesMakulaödems. Der Diabetes mellitus kann zu Ver-änderungen fast aller okulären Gewebe führen;Sicca-Symptomatik, Xanthelasma, transitorischeRefraktionsänderungen (= vorübergehende Ände-rung der Lichtbrechung im Auge), Katarakt, Glau-kom, Optikusneuropathie, Augenmuskelparesen.90% der Sehbeeinträchtigungen bei Diabetikernwerden jedoch durch die diabetische Retinopathieverursacht. Die international gebräuchlichste No-menklatur zur Beschreibung der unterschiedlichenVeränderungen bei diabetischer Retinopathie(▶Tab. 12.2) geht auf die Einteilung der „AirlieHouse Classification“ zurück. Man unterscheidetnicht proliferative Stadien (1. mild, 2. mäßig, 3.

Abb. 12.13 Elektrookulografie (EOG). Das Auge ist einDipol mit vorderem (+) und hinterem (–) Augenpol.Beim EOG werden die Lageveränderungen des Ruhe-potenzials der Netzhaut mit 2 Schläfenelektrodenaufgezeichnet.

12.3 Gefäßerkrankungen

235aus: Lang u.a., Augenheilkunde (ISBN 9783131028358) © 2014 Georg Thieme Verlag KG

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schwer, s. ▶Abb. 12.15) und proliferative Stadienmit den Ausprägungen mild, mäßig (▶Abb. 12.16)und Hochrisiko (▶Abb. 12.18) sowie ein klinischsignifikantes Makulaödem (▶Abb. 12.17) und eineischämische Makulopathie (▶ Tab. 12.3).

▶ Symptomatik. Die diabetische Retinopathiebleibt lange symptomlos. Erst im Spätstadium beiBeteiligung der Makula oder Glaskörperblutungbemerkt der Patient eine Sehverschlechterungoder erblindet plötzlich.

▶ Diagnostik. Eine diabetische Retinopathie undderen verschiedene Stadien (s. ▶Tab. 12.2) werdendurch stereoskopische Untersuchung des Augenhin-tergrundes bei weiter Pupille (Goldstandard ist dieophthalmoskopische und die Beurteilung anhandvon stereoskopischen Fundusfotografien) diagnosti-ziert. Wenn eine Therapie nötig ist, wird die Fluo-reszeinangiografie zur Klärung der Indikation ein-gesetzt. Der Ausschluss bzw. Nachweis einer Ru-beosis iridis erfolgt bei spielender, also nicht medi-kamentös beeinflusster Pupille an der Spaltlampe

Tab. 12.2 Veränderungen der Netzhaut bei diabetischer Retinopathie (DR)

Stadium der Retino-pathie

Veränderungen an der Netzhaut

Nicht proliferative DR:

1. mild ● mindestens 1 Mikroaneurysma

2. mäßig ● leichte intraretinale mikrovaskuläre Anomalien (IRMA, ▶Abb. 12.14) in 4 Quadranten● mittelschwere Blutungen in 2 – 3 Quadranten● Schwankungen des venösen Gefäß-Kalibers in 1 Quadranten

3. schwer ● mittelschwere Blutungen in 4 Quadranten● Schwankungen des venösen Gefäß-Kalibers in 2 Quadranten● mittelschwere IRMA in 1 Quadranten

Proliferative DR:

1. mild ● nicht papilläre Gefäßneubildungen < 0,5 Papillenflächen in 1 oder mehreren Quadranten

2. mäßig ● nicht papilläre Gefäßneubildungen ≥ 0,5 Papillenflächen in 1 oder mehreren Quadranten● papilläre Gefäßneubildungen < 1/3 – 1/4 Papillenfläche

3. Hochrisiko ● papilläre Gefäßneubildungen ≥ 1/3 – 1/4 Papillenfläche● Glaskörperblutung mit jeglicher Art von Gefäßneubildung

Rubeosis iridis (S.162) Neubildung von Gefäßen auf der Iris, Gefahr des akuten Winkelblockglaukoms

Tab. 12.3 Veränderungen der Netzhaut bei diabetischer Makulopathie

Stadium der Makulopathie Veränderungen an der Netzhaut

Klinisch signifikantesMakulaödem(s. ▶Abb. 12.17)

● Ödem der Netzhaut innerhalb von 500 μm vom Zentrum der Makula● harte Exsudate innerhalb von 500μm vom Zentrum der Makula mit angrenzendem Ödem● Zone von Ödem von 1 Papillenfläche, zumindest teilweise innerhalb 1 Papillendurch-messers vom Zentrum der Makula entfernt

● Ödem mit Foveabeteiligung und Visusreduktion

Ischämische Makulopathie ● vergrößerte foveal avaskuläre Zone durch Verschluss von Kapillaren (führt zuVisusreduktion)

Abb. 12.14 Intraretinale mikrovaskuläre Anomalien(IRMA). Nur ortsständige Veränderungen (Pfeil) vonGefäßen, keine Neovaskularisationen, auch wenn es aufdem Fluoreszeinangiogramm so aussehen könnte.Abklärung durch Angiografie.

12.3 Gefäßerkrankungen

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und durch Gonioskopie des Kammerwinkels. Mitder optischen Kohärenztomografie können Makula-ödem, harte Exsudate sowie die zystoide Makulo-pathie diagnostiziert werden (s. ▶Abb. 21.5).

▶ Differenzialdiagnose. Differenzialdiagnostischmüssen andere vaskuläre Netzhauterkrankungen,im Wesentlichen hypertonische Fundusverände-rungen (Absicherung durch Ausschluss der Grund-erkrankung) abgegrenzt werden.

▶ Therapie. Die medikamentöse Therapie erfolgtintraoperativ (intravitreal) mit VEGF (=Vascular En-dothelial Growth Factor)-Hemmern und Steroiden

(bei chronischem diabetischem Makulaödem). Beiklinisch signifikantemMakulaödem (=Makulaödem,das die Sehschärfe bedroht)wird eine zentrale Laser-behandlung am hinteren Pol (▶Abb. 12.19), bei pro-liferativer diabetischer Retinopathie eine panretina-

Abb. 12.15 Nicht proliferative diabetische Retino-pathie. Mikroaneurysmen, intraretinale Blutungen(Pfeilspitzen), harte Exsudate = Ablagerungen von Lipi-den in der Retina (Pfeil) und Cotton-wool-Herde =Ner-venfaserninfarkte, weiche Exsudate (Pfeilspitzenschwarz)

Abb. 12.16 Proliferative diabetische Retinopathie (mäßig). a Typisch sind die präretinalen Neovaskularisatio-nen (Pfeile). b Korrespondierendes angiographisches Bild. Im Bereich der Neovaskularisationen tritt Fluoreszein aus(Pfeile).

a

b

Abb. 12.17 Diabetische Makulopathie. a Ausgeprägtesdiabetisches Makulaödem mit harten Exsudaten (gelb).b zu a korrespondierendes OCT-Bild mit Netzhaut-ödem (Pfeile) und harten Exsudaten (Pfeilspitzen). DieSchnittebene von b ist in a als schwarze Linie einge-zeichnet. Zum OCT vgl. Anhang 5 (S.413).

12.3 Gefäßerkrankungen

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le Laserbehandlung in etwa 4 Sitzungen durch-geführt (1200 – 1600 Herde; Herdgröße 500µm).Bei Glaskörperblutung oder Traktionsamotio (=Netz-hautablösung infolge von Zugkräften, die nach einerGlaskörperblutung entstehen können) ist eine Vi-trektomie ggf. mit Silikonöl-Instillation indiziert. BeiRubeosis iridis kann eine Off-Label-Behandlung mitVEGF-Hemmern durchgeführt werden.

▶ Prophylaxe. Wenn bei Patienten mit Diabetesmellitus nicht regelmäßige ophthalmologischeVorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden,setzt man den Patienten fahrlässig der Erblindung

aus. Daher sollten bei Typ-II-Diabetikern mit Diag-nosestellung, bei Typ-I-Diabetikern spätestensnach 5 Jahren, jährliche augenärztliche Unter-suchungen durchgeführt werden, bei Vorliegeneiner diabetischen Retinopathie häufiger. BeiSchwangeren sollte einmal im Trimester eine Un-tersuchung erfolgen.

▶ Verlauf und Prognose. Eine optimale Blut-zuckereinstellung (HbA1c < 7%) kann das Auftreteneiner Retinopathie verhindern oder verzögern.Darüber hinaus muss eine evtl. bestehende arte-rielle Hypertonie (Blutdruckeinstellung auf< 135/85mmHg) und Hyperlipoproteinämie be-handelt werden. Es kann aber trotz optimaler The-rapie zu einer diabetischen Retinopathie kommen.Wenn im Rahmen einer diabetischen Retinopathieeine Rubeosis iridis (Neubildung von Gefäßen aufder Iris) entsteht, ist das Risiko zu erblinden hoch,da die Rubeosis trotz Therapie ein unaufhaltsamerProzess sein kann. Ohne Therapie droht – nebender Erblindung aufgrund einer Rubeosis iridis– die Erblindung aufgrund einer traktiven Amotio(S.247). Auch ein diabetisches Makulaödem führtohne Behandlung zu erheblicher Sehbehinderungoder gar zur Erblindung.

●HDie Gefahr der Erblindung infolge einer diabeti-schen Retinopathie kann durch optimale Blut-zuckereinstellung, regelmäßige ophthalmolo-gische Kontrollen und rechtzeitige Therapie ein-gedämmt, letztendlich aber nicht immer völliggebannt werden.

a b

Abb. 12.19 Diabetische Retinopathie vor und nach Laser-Therapie. a Diabetische Retinopathie mit klinischsignifikantem Makulaödem vor der Laser-Behandlung. b Befund nach erfolgreicher Laser-Therapie (Laser-Herdeweißlich-bräunlich).

Abb. 12.18 Proliferative diabetische Retinopathie(Hochrisiko-Stadium). Typisch für dieses Stadium derdiabetischen Retinopathie ist u. a. die hier gut sichtbareGlaskörperblutung (Pfeil). Erst in diesem späten Stadi-um bemerkt der Patient eine Sehverschlechterung.

12.3 Gefäßerkrankungen

238aus: Lang u.a., Augenheilkunde (ISBN 9783131028358) © 2014 Georg Thieme Verlag KG