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Ausgabe 2/2015 179 Das Standortmagazin der Region Stuttgart Rioja vom Käsberg Mit dem Nano-U-Boot direkt ins Auge Die Pflanzenschutzvorhersager Neue Mobilität Die Geburtsregion des Automobils hat sich aufgemacht, den Verkehr neu zu erfinden

179 - Das Standortmagazin der Region Stuttgart (Ausgabe 2/2015)

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179 ist das Standortmagazin für die Region Stuttgart. Alle drei Monate berichtet 179 von starken Unternehmen, von neuesten Entwicklungen in ausgewählten Branchen, überzeugenden Gründungsideen, herausragenden Forschungsleistungen, aber auch von den vielen Gründen, warum die Region so lebenswert ist. Der Name des Magazins ist dabei Programm: 179 Kommunen bilden die Region Stuttgart, gemeinsam formen sie einen der stärksten Standorte Europas.

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Ausgabe 2/2015

179Das Standortmagazin der Region Stuttgart

Rioja vom Käsberg

Mit dem Nano-U-Boot direkt ins Auge

Die Pflanzenschutzvorhersager

Neue Mobilität

Die Geburtsregion des Automobils hat sich aufgemacht, den Verkehr neu zu erfinden

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MannschaftsspielerMannschaftsspieler

„Die im Dunkeln sieht man nicht“, heißt es in der Dreigroschenoper. Zwar agieren die Azubis des Theaterhauses Stuttgart eher im Verborgenen, aber im Gegensatz zum Ganoven Mackie Messer aus Bert Brechts Stück müssen sie das Licht nicht scheuen. Dieses Jahr hat das Theaterhaus 30-jähriges Jubiläum gefeiert und fast genauso lang bewährt sich der Kulturbetrieb schon als Ausbildungsbetrieb. Ohne die heutigen Azubis und künftigen Maß-schneider, Veranstaltungstechniker, Veranstaltungskaufleute und Bürokaufleute, hier mit dem Theaterhausleiter Werner Schretzmeier, wäre es um das tägliche Rampenlicht auf dem Pragsattel wesentlich schlechter bestellt.

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Mobilität neu denken

In Wirtschaft, Wissenschaft und Lebensqualität ist die Region Stuttgart auf der Überholspur: Die Hightech-Pro-dukte der Unternehmen sind in aller Welt gefragt; mit ihren gut bezahlten Jobs, ihrem kulturellen Reichtum und nicht zuletzt ihrer einmaligen Landschaft gehört die Region zu einer der lebenswertesten Deutschlands. Die tägliche Blechlawine auf den Straßen in Stuttgart und seinem Umland ist die Kehrseite des Erfolgs.

Doch die Region nimmt sich der Herausforderung an: In Hunderten Projekten in Kommunen und Kreisen, in Forschungseinrichtungen und Firmen werden Ideen für eine neue Mobilität erdacht und erprobt. Dank des sprichwört-lichen Erfindergeistes ihrer Menschen wird die Wiege des Automobils zur Wiege eines neuen Denkens, als Modell für nachhaltige Mobilität strahlt unsere schöne Region schon heute weit über die Grenzen des Landes aus.

Um die wachsenden Verkehrsströme rund um den Globus in nachhaltige Bahnen zu lenken, braucht es ein ganzes Paket intelligenter Produkte und Ideen – von neuen Antriebs-technologien über die Vernetzung und Automatisierung der Fahrzeuge und Verkehrsträger bis hin zu innovativen städtebaulichen Konzepten. Für unsere Kernbranchen, vom Fahrzeugbau bis zur Informationstechnologie, lauert hier ein Riesenmarkt. Doch wir dürfen nicht vergessen: Im Zuge der digitalen Revolution, die auch den Transportsektor erfasst, verändern sich Geschäftsmodelle und Märkte mit atemberaubendem Tempo und wie aus dem Nichts taucht so mancher neue Mitspieler auf. Um die Nase weiterhin vorne zu haben, bedarf es jeden Tag neuer Anstrengungen.

Als regionale Wirtschaftsförderung agieren wir hier an einer Schlüsselstelle: Im Spielfeld zwischen öffentlicher Hand, Forschungseinrichtungen und der vom Fahrzeugbau geprägten Hightech-Industrie setzen wir gemeinsam mit vielen Partnern Anreize für Innovationen, helfen bei Ver-netzung und Kooperation, bringen Firmen und Branchen zusammen – und sorgen dafür, dass die Erfolge sichtbar werden, so wie in dieser Ausgabe unseres regionalen Stand-ortmagazins. Lesen Sie ab Seite 8, wie die Geburtsregion des Automobils sich aufmacht, die Mobilität von Menschen und Gütern neu zu erfinden.

Dr. Walter RoggGeschäftsführer Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS)

Editorial

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Inhalt

Aktuell 4Neuigkeiten aus der Region Stuttgart / Wussten Sie schon, …?

Neu in der Region 5Rioja vom Käsberg

Branchenfokus 6Der heimliche Riese aus Göppingen / Damit der Schnulli nicht verloren geht / Edles Under- statement in Olive, Makassar und Zwetschge

Titelthema: Nachhaltig mobil 8 –15 Neue Mobilität 8 Die Geburtsregion des Automobils hat sich aufgemacht, den Verkehr neu zu erfinden

Im Gespräch: Hans-Christian Reuss 10 Anwalt des Fahrrads 14 Michael Ohnewald porträtiert den Unternehmer Bernhard Lange

Wissenschaft 16Mit dem Nano-U-Boot direkt ins Auge / Superrechner besteht Stresstest / Gülle zu Dünger und Kohle / Im Garten sind die Zecken

Innovation 17Intelligent, schnell, robust / Wer hat‘s erfunden…?!

Existenzgründung 18Die Pflanzenschutzvorhersager

Fachkräfte 20Her mit dem schönen Leben – auch bei der Arbeit

Freizeit 21„Karibu“ – Komm herein! / Kalender / Tipps

Wirtschaftsförderung Region Stuttgart 22 Aktuell „Da möchte ich hin!“ / Termine / Meldungen

Impressum / Nächste Ausgabe 23

179 Kommunen – ein Standort.

Ludwigsburg

Stuttgart

Böblingen

Rems-Murr

GöppingenEsslingen

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Aktuelle Fahrplan- anzeige auch für BusseDer Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) kann jetzt für alle Verkehrsmittel Echtzeit-informationen über die tatsächlichen Fahrzeiten zur Verfügung stellen. Bisher besaßen die Busse in den ländlicheren Teilräumen der Region keine Ortungssys-teme, so dass deren aktueller Standort nicht ermittelt werden konnte. Mit Finanz-mitteln aus dem Landesprogramm „Nach-haltig mobile Region Stuttgart“ ändert sich dies. Fahrgäste können sich etwa über Fahrplananzeiger an der Haltestelle, im Internet oder per Smartphone-App über mögliche Verspätungen informieren. Die dafür notwendigen rechnergestützten Betriebsleitsysteme zum Soll-Ist-Vergleich waren für kleinere Verkehrsunternehmen bisher zu kostspielig. Mit den Echtzeit-daten können die Busunternehmen auch ermitteln, wann und wo regelmäßig Ver-spätungen auftreten und so die Fahrpläne optimieren.

vvs.de

... dass die dienstälteste deutsche Punkband bald ins Schwabenalter kommt?

Ein Konzert im Stuttgarter Karls- Gymnasium im Jahr 1978 war die Geburtsstunde der Gruppe Normahl aus dem Raum Winnenden, die fortan mit Titeln wie „Kein Bier vor vier“ und „Voll assi“ ihre Distanz zur Erwachsenenwelt ausdrückte. Auch wenn die Rebellion einer gewissen Bürgerlichkeit Platz ge-macht hat – Frontmann Lars Besa etwa leitet einen Heizungs- und Sanitär-betrieb –, kommen die heute noch aktiven Punks wegen jahrzehntealter Liedtexte gelegentlich in Schwierigkeiten mit Einrichtungen wie etwa der Bundes-prüfstelle für jugendgefährdende Schriften. Für einen ordentlichen Punk ist das nach wie vor ein Gütesiegel. w

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Gewohnt erst- klassiger SchnapsAn der Universität Hohenheim wird Schnaps in dauerhaft hoher Qualität gebrannt. Bereits zum neunten Mal in Folge hat die Hochschule den Preis für langjährige Produktqualität der Deut-schen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) erhalten. Dafür müssen Bewerber mindestens 15 Auszeichnungen in fünf Jahren erhalten – für die Hohenheimer ist das kein Problem. Die Spirituosen der Forschungs- und Lehrbrennerei haben in den letzten Jahren zahlreiche Preise eingefahren: Der Weinhefebrand, der Whisky, der Apfelbrand „Golden Delicious“ oder auch der im Eichenfass gelagerte Obstbrand aus Äpfeln und Birnen sind mit Gold ausgezeichnet wor-den. Bewertet hat die Fachjury Farbe, Klarheit, Geruch und den fruchtigen Geschmack.

uni-hohenheim.de

Seltener ZuchterfolgIn der Stuttgarter Wilhelma ist ein Ferkel des seltenen Hirschebers geboren wor-den. Seit 1975 hält der zoologisch-botanische Garten diese Tiere mit den geweihartigen Hauern. Nach 1992 und 2004 ist erst zum dritten Mal die Nach-zucht gelungen. Außer in der Wilhelma gibt es derzeit europaweit nur noch im englischen Chester ein Jungtier. Vom

Aktuell

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Einzigartige GartenschauEine bundesweit einmalige Form der Gartenschau erwartet die Besucher 2019 im Remstal. 16 Städte und Gemeinden von der Quelle des Flusses bis zu seiner Mündung in den Neckar verwandeln das Remstal in eine riesige Ausstellungsfläche. Ob klassische Gärten, Pflanzenausstel-lungen, Bauerngärten und Themenparks oder die remstaltypischen Streuobst-wiesen, Obstgärten und Weinberge – die Vielfalt des Remstals wird von April bis Oktober 2019 in Ausstellungen, Attrak-tionen und Veranstaltungen in Szene ge-setzt. Das Konzept sieht Themenbänder wie „Kultur und Tradition“, „Natur“ oder „Genuss“ vor. Zu den Gesellschaftern der Gartenschau gehört neben 16 Kom-munen und drei Landkreisen auch der Verband Region Stuttgart.

remstal2019.de

dortigen Zoo stammt auch der Vater des Stuttgarter Nachwuchses. Wild lebt die bedrohte Tierart nur auf einigen Inseln vor Indonesien. Ihre weltweite Popula-tion wird auf etwa 4.000 Exemplare geschätzt. In Freiheit macht den Tieren vor allem die zunehmende Abholzung des Regenwaldes zu schaffen.

wilhelma.de

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von ihrem Partner im Weinberg, dem Hessigheimer Weingut Faschian, internationale Edelreben pflanzen lassen. Karsten Faschian hat mit seinem Team über 2.100 Weinstöcke eingesetzt, davon 450 der Sorte Tempranillo. „Wie sie sich entwickeln, da müssen wir uns überraschen lassen. Aber aus ihrer spanischen Heimat sind sie karge Böden und viel Sonne gewohnt, sie müssten bei uns im Neckartal gut gedeihen“, zeigt sich der Wengerter optimistisch.

Im Herbst 2018 sollen die heute einjährigen Stöcke erste Trauben tragen, ein Jahr später die fertigen Flaschen zum Verkauf stehen. Zunächst noch als Cuvée, aber wenn die Pflanzen erst ihren vollen Ertrag liefern, plant Faschian einen „schwäbischen Rioja“ aus sortenreinem Tempranillo – für unter 20 Euro pro Flasche.

Bis zur eigenen Ernte wollen Müller und seine Freunde den umliegenden Winzern Wein, der nach Qualitäts-kriterien des Konsortiums erzeugt wurde, abnehmen und unter dem Gütesiegel Consortium Montis Casei auf dem Markt positionieren. Karsten Faschian hat bereits heute einen CMC-Zweigelt im Angebot, die Weingüter Herzog von Württemberg, die Lauffener Weingärtner sowie das Hessigheimer Weingut Eisele folgen mit eigenen Kreationen. Zugunsten der Steil-lagen sind hier traditionelle Württemberger Wein-sorten ebenso mit von der Partie wie französische und spanische Zuwanderer – nur die Qualität muss stimmen. Helmuth Haag

Schwäbische Wengerter sind Zuwanderung gegenüber traditionell aufgeschlossen. Chardonnay, Cabernet Sauvignon, Merlot, Sauvignon Blanc, ganz zu schweigen von den Burgundersorten verschiedenster Färbung – zahlreiche Reben mit Migrationshintergrund gedeihen prächtig an Württembergs Hängen. Selbst der Inbegriff schwäbischen Weins, der Trollinger, stammt ursprünglich aus Südtirol. Zu dieser langen Liste gesellt sich jetzt ein Spanier: Am Mundelsheimer Käsberg wachsen seit April Rebstöcke der Sorte Tempranillo, ein Novum in ganz Württemberg. Der Tempranillo wurde 2015 erstmals in Deutschland zugelassen und ist als Hauptbestandteil des berühmten Riojaweines aus Nordspanien bekannt.

Zu verdanken ist der Neuzugang neun Männern im gesetzten Alter, die als Banker, Ärzte und Juristen zu-mindest auf der Erzeugerseite allesamt fachfremd sind. Der Freundeskreis um Dr. Herbert Müller, ehemaliger Präsident der IHK Region Stuttgart, hat das „Consor- tium Montis Casei“ gegründet – benannt nach dem Käsberg – und dort sowie am Hessigheimer Wurmberg einen halben Hektar Steillagen erworben. Jetzt lässt die Herrenrunde im Neckartal international renommierte Rebsorten anbauen, wie etwa Cabernet Franc, Merlot, Syrah und eben den Tempranillo. Ihre Motivation ist die Liebe zur Landschaft: „Wir wollen mit den höheren Erlösen aus hochwertigen Weinen den landschafts-typischen Steillagenanbau am Neckar erhalten“, erklärt Müller. Denn mit dem allgegenwärtigen Trollinger lasse sich langfristig nicht genug verdienen, um die aufwän-dig zu bewirtschaftenden steilen Hanglagen zu bewah-ren. Konsequenterweise haben die frischgebackenen Weinbergbesitzer den Trollinger komplett entfernt und

Neu in der Region

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Rioja vom KäsbergDie spanische Rebsorte Tempranillo soll Steillagen am Neckar retten

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Branchenfokus

Gelegentlich passiert es, dass Musikern ein Welthit in wenigen Minuten aus der Feder fließt. Ein vergleichbares Glückserlebnis hatte Dr. Tilo Rossmanith im Jahr 2005 beim Entwickeln einer Software. Praktisch übers Wochen- ende schrieb er ein Programm, mit dem sich über das Internet auf einen anderen Rechner zugreifen lässt, um dort Probleme zu beheben. Er gab ihm den Namen Teamviewer und mit der kleinen Klitsche ging es kome-tenhaft bergauf.

Heute ist die Fernwartungs-Software weltweit auf mehr als 200 Millionen Desktops installiert und in mehr als 30 Sprachen verfügbar. Sie wird von 200.000 Unter-nehmen genutzt und ein Ende des Wachstums ist nicht abzusehen. Die Göppinger Teamviewer GmbH gehört zu den führenden Anbietern von Software für die Fern-wartung sowie Online-Meetings.

Philips, Siemens, Lufthansa, Deutsche Telekom – die Kun-denliste kann sich sehen lassen. Sparkassen, Volksbanken und weitere Geldinstitute gehören dazu. Der russische Ableger der Online-Bank Intesa nutzt die Technik von Teamviewer, um den Service und die Qualität zu verbes-sern. Call-Center-Mitarbeiter, die Online-Banking-Kunden bei Problemen helfen, sind deutlich erfolgreicher, wenn sie während des Telefongesprächs die Software zu Hilfe nehmen. „Manchmal lässt sich einem Kunden nur schwer erklären, wie ein bestimmtes Problem behoben werden kann, da es einfach zu komplex ist. In diesem Fall kann sich der Bankmitarbeiter mit Teamviewer – schriftliche Genehmigung des Kunden vorausgesetzt – per Fern- zugriff mit dem Computer des Kunden verbinden und das aufgetretene Problem diagnostizieren und mitunter sogar sofort beheben”, so Boris Golovatskykh, IT-Leiter bei der Intesa Bank.

Ein weiteres Produkt, mit dem die Göppinger Software-Schmiede erfolgreich ist, dreht sich um das Thema Datensicherung. Mit der Online-Lösung Airbackup lässt sich eine unbegrenzte Anzahl von Informationen sichern. Mit dem hybriden System werden die komprimierten Daten ständig nicht nur lokal, sondern auch extern in einem deutschen Rechenzentrum gespeichert. So sorgt die Software für doppelte Sicherheit und beschleunigt die Wiederherstellung der Daten. Für Smartphones und Tablets stellt die Firma ein eigenes Programm zur Ver-fügung und hat alle wichtigen Hersteller von mobilen Geräten im Programm.

Der heimliche Riese aus Göppingen

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Teamviewer GmbH

Gründungsjahr: 2005 Sitz: Göppingen Mitarbeiter: 150 teamviewer.com

Begehrt ist Teamviewer auch bei privaten Anwendern. Für sie ist die Fernwartungssoftware seit Anbeginn kos-tenlos und lässt sich einfach aus dem Internet herunter- laden. Als Teamviewer noch Neuling am Markt war, nutzte das Unternehmen die Gratis-Strategie, um poten-zielle Kunden auf sich aufmerksam zu machen. Der Erfolg gab der Firma recht. Kaum ein Softwareprodukt hat sich in den letzten Jahren derart rasend in der gan-zen Welt verbreitet wie Teamviewer – und ein Ende der Erfolgsstory ist noch lange nicht in Sicht.

Mit einem Riesendeal sorgte Teamviewer im vergange-nen Jahr für großes Aufsehen. Selbst das Wall Street Journal berichtete, dass der britische Finanzinvestor Per-mira in Göppingen kurzerhand geschätzte 1,1 Milliarden US-Dollar liegen ließ, um die IT-Firma zu übernehmen. Viele Menschen haben erst aufgrund der Übernahme re-alisiert, dass die weitverbreitete Software aus der Region Stuttgart stammt. Gründer Tilo Rossmanith hat übrigens bereits Jahre zuvor verkauft und ist aus der Firma aus-gestiegen – aber nicht, um sich auf die faule Bärenhaut zu legen. Er hat in Göppingen ein neues Unternehmen gegründet, das sich mit dem Management von Doku-menten beschäftigt. Astrid Schlupp-Melchinger

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Die Teamviewer GmbH erleichtert die Online-Wartung und verbindet Menschen

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Branchenfokus

Eltern, Großeltern, Erzieherinnen und Krippenmitarbeiter hätten ihre liebe Not mit hinunterfallenden Schnullern – gäbe es nicht Schnullerketten aus Holz mit Be-festigungsclip in verschiedenen Größen und Formen. Heimess aus Vaihingen an der Enz in der Region Stuttgart produziert neben solchen Ketten auch Spielketten für den Kinderwagen, Greiflinge und Trapeze, mit denen der Nachwuchs das Greifen üben kann. „Babyspielzeug aus Holz ist unverzichtbar für die elementare Entwicklung der Sinneswahrnehmung, für die motorische Entwicklung und zur Förderung der Koordinationsfähigkeit von Babys und Kleinkindern“, sagt Tobias Böhmer, Produktionsleiter bei Heimess.

Seit fast 60 Jahren werden Heimess-Pro-dukte aus heimischen Hölzern wie Buche, Ahorn oder Nussbaum hergestellt. Rund 20 Angestellte sowie 40 Heimarbeiter setzen die Holzteile zusammen, die aus allen Teilen Deutschlands zugeliefert wer-

Damit der Schnulli nicht verloren geht

den. Die Schnullerketten werden aus bis zu 14 Teilen gefertigt und mit kinder-gerechten Motiven und speichelfesten und ungiftigen Farben bedruckt.

Um die Einzelteile auf eine Kordel zu bringen, müssen die Mitarbeiter spezielle Knottechniken beherrschen. Einige Holz-elemente werden auf die Kordel aufge-zogen, die an den Enden fest verknotet wird, andere Teile werden mit zusätzlich angeknüpften Schnüren befestigt. Zum Schluss wird der Clip zum Fixieren er-gänzt. Pro Woche schafft ein Mitarbeiter etwa 500 solcher Ketten.

Täglich verlassen bis zu zehn Paletten mit Baby- und Kleinkindspielzeug die Pro-duktionsstätte in Vaihingen an der Enz, wo auch für andere Hersteller produziert wird. Der größte Absatzmarkt ist nach wie vor Europa, aber die Schnullerketten von Heimess sind auch in Japan oder China zu finden. In Asien sind deutsche Produkte ein Statussymbol.

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Freunde nicht nur begeistert waren, son-dern eigene Humidore haben wollten, beschloss er im Jahr 2006, aus seiner Leidenschaft eine Profession zu machen.

Eine kleine Schreinerwerkstatt im Schwarzwald fertigt ihm handliche Tisch- sowie große Schrankhumidore in Serie. Alle Modelle werden mit hochwertigen Echtholzfurnieren belegt, sämtliche Intar-sienleisten aus vielen Einzelteilen mit der Hand gelegt. Die Oberflächen sind seiden-glänzend, so dass die natürliche Struktur des Holzes erhalten bleibt. „Makassar-Ebenholz, Olive, Zwetschge oder Santos-Palisander sind die Trendhölzer“, erklärt Marc André.

Die konstant richtige Luftfeuchtigkeit ist das A und O für jede gute Zigarre. Bei allen größeren Humidoren sowie bei den Humidorschränken setzt Marc André auf seinen vollelektronischen „Huminator“ Marke Eigenbau. „Diese Geräte, die wir alle selbst entwickelt haben, gewinnen bis-

Der leidenschaftliche Zigarrenraucher Marc André war schon in seiner Studen-tenzeit auf der Suche nach einem ad-äquaten „Heim“ für seine Schätze. Doch die Humidore waren entweder für ihn unbezahlbar oder Murks. Also bestellte er Ende der 1990er Jahre über einen Freund aus der Holzwirtschaft Spanisches Zedernholz aus Südamerika und machte sich daran, sein eigenes Zigarrenschränk-chen zu bauen. Das klappte erstaunlich gut und bald begann er, mit verschiede-nen Hölzern, Beschlägen und Befeuch-tern zu experimentieren. Als viele seiner

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Edles Understatement in Olive, Makassar und Zwetschge

her jeden Vergleichstest“, erzählt er stolz. „13.000 verkaufte Einheiten sprechen für sich.“ Auch renommierte Zigarrenherstel-ler wie Villiger oder Davidoff haben André entdeckt und verbauen seine Technologie in ihren großen Schränken für die Gastro-nomie oder Zigarrenfachgeschäfte.

Auf Wunsch verwandelt der 43-jährige Stuttgarter nahezu jedes beliebige Ob-jekt – Schränke, Backöfen oder auch mal ein Cello – in Humidore. Gelegentliche kuriose Wünsche sind dabei willkommen. Ein Kunde wollte auch unterwegs nicht auf seine perfekten Zigarren verzichten und ließ in einen kugelsicheren Koffer aus Carbon einen funktionstüchtigen Reisehumidor einbauen. Aktuell tüftelt Marc André an einem Tischhumidor, der Design und Funktion auf besondere Weise verbinden und später im Online-shop für einen Preis zwischen 6.000 und 8.000 Euro angeboten werden soll. (som)humidorbau.de

Die Humidore von Marc André aus Korntal-Münchingen gehören zu den besten der Welt

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Heimess aus Vaihingen an der Enz ist Marktführer für Babyspielzeug aus Holz

Seit zehn Jahren gehört Heimess zur Gollnest & Kiesel Gruppe aus Güster in Schleswig-Holstein. Damit ist die Firma Teil eines der bedeutendsten Holzspiel-zeughersteller in Europa, der pro Jahr 20 Millionen Spielzeuge verkauft. Seit diesem Jahr bietet das schwäbische Un-ternehmen auch Greiflinge und Schnul-lerketten aus Kunststoff, weil manche Kunden Holzspielzeug für altmodisch oder unhygienisch halten. (som)

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Die Solarladestationen der Eight GmbH aus Süßen sind als weltbeste Lösung für Elektromobilität mit dem prestigeträchtigen New Economy Award ausgezeichnet worden. Die gemeinsam mit dem Stuttgarter Architektur-büro Lava entwickelte Stromtankstelle „Point One“ ist nicht nur optisch ein Gesamtkunstwerk, sondern von A bis Z auf Nachhaltigkeit getrimmt: Die Solarzellen auf dem Dach erzeugen CO2-freien Strom, die verwendeten Materialien sind recyclingfähig und ein eigens entwickeltes Produktionsverfahren auf klimaneutral betriebenen Maschinen sorgt für eine effiziente Herstellung.

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Titelthema: Nachhaltig mobil

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Für die Menschen in Esslingen ist die Fortbewegung mit Strom nichts Neues. In der Fachwerkstadt am Neckar hat Elektromobilität Tradition: Seit 1944 transportieren Oberleitungsbusse Fahrgäste abgasfrei und fast lautlos quer durch die Stadt. Jetzt wird das System fit gemacht für die Zukunft – mit einem ganz neuen Fahrzeugtyp: „Mit den neuen Elektro-Hybridbussen bekommt Esslin-gen in Deutschland mit die ersten Gelenkbusse, die ohne streckenbegleitende Infrastruktur im Linienverkehr rein elektrisch verkehren“, berichtet Harald Boog, stell-vertretender Werkleiter des städtischen Verkehrsbetriebs. Der Trick: Die neuartigen Oberleitungsbusse sind zusätz-lich mit Batterien ausgestattet und können damit auch unabhängig vom Stromnetz verkehren. An der letzten Haltestelle mit Oberleitung schaltet der Bus automatisch auf Batteriebetrieb um und fährt einfach weiter. Wieder an einer Haltestelle mit Fahrdraht angekommen, finden die Stangen auf Knopfdruck den Weg zur Leitung und die Akkus werden im laufenden Betrieb nachgeladen. „Das Elektro-Hybridbus-Projekt schafft neue Perspekti-ven für den Stadtverkehr in Esslingen wie auch in ande-ren europäischen Städten“, ist sich Boog sicher.

Der Esslinger Elektro-Hybridbus ist eines von Hunderten Puzzlestücken eines neuen Mobilitätsdenkens in der Region Stuttgart. Zusammengesetzt entsteht das Bild eines neuen Verkehrssystems, das die Interessen der Menschen, der Umwelt und der Wirtschaft möglichst gut in Einklang bringt. Nachhaltige Mobilität ist in der Region zum Riesenthema geworden – und das auch aus reinem Eigennutz, trägt die Region in den Staustatisti-ken doch oft die rote Laterne. Doch es tut sich was in Stuttgart und seinem Umland: Die Geburtsregion des Automobils hat sich aufgemacht, die Mobilität neu zu erfinden. In einer der findigsten Gegenden Europas werden neue Ideen geboren, wie Menschen und Güter effizienter, ressourcenschonender und klimaverträglicher von A nach B kommen. Hunderte zukunftsweisende Produkte und Projekte der Firmen, Forscher und Kommu-nen machen die Region heute zu einem viel beachteten Modell für moderne Mobilität. In großen Programmen wie dem von Land und Bund geförderten Schaufenster Elektromobilität LivingLab BWe mobil oder der „Modell-region für nachhaltige Mobilität“ des Verband und der

Wirtschaftsförderung Region Stuttgart laufen die Fäden zusammen (Kasten S. 12). Von letzterem Programm wer-den auch die Esslinger Elektro-Hybridbusse unterstützt.

Mitfahrerbörse spart Parkplätze ein

Auch immer mehr Arbeitgeber erkennen die Zeichen der Zeit und bauen auf effizientes Mobilitätsmanagement, etwa die Firma Trumpf aus Ditzingen. Neben weiteren Maßnahmen setzt der weltgrößte Hersteller industrieller Lasertechnologie für Pendler- und Dienstfahrten auf Fahr-gemeinschaften. Verabredet wird sich allerdings nicht per Telefon oder in der Kantine, sondern über das firmen-interne Portal „TwoGo“. Der Walldorfer IT-Gigant SAP hatte diese Software ursprünglich für den Eigenbedarf entwickelt; das mit ausgefeilten Algorithmen operierende Mitfahrerportal war aber schnell so beliebt, dass es heute auch als kommerzielles Produkt verfügbar ist. Gleich 300 Lizenzen hat Trumpf erworben und setzt TwoGo am Firmensitz in Ditzingen und am benachbarten Standort in Gerlingen ein. Anlass war die knappe Parkplatzsituation, die sich durch geplante Unternehmenserweiterungen künftig eher noch verschärfen dürfte. „Unsere bisherigen Erfahrungen sind positiv“, berichtet Dr. Alexandra Fies von Trumpf. „Das Unternehmen und die Mitarbeiter spa-ren Kosten und als schöner Nebeneffekt erweitern die Mitarbeiter quasi automatisch ihr persönliches Netzwerk, weil sie über Abteilungsgrenzen hinweg neue Kollegen kennenlernen.“

Die Geburtsregion des Automobils hat sich aufgemacht, den Verkehr neu zu erfinden

Immer mehr Menschen kombinieren Bus und Bahn mit E-Bikes und Fahrrädern, sind zu Fuß, mit dem Elektroauto oder spontan mit dem Mietwagen unterwegs. Firmen, Forscher und Kommunen aus der Region Stuttgart entwickeln und probieren neue Ideen und Produkte, um den Transport von Menschen und Gütern intelligent zu organisieren.

Neue Mobilität

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nächtens in der Rathaustiefgarage Ökostrom tanken. „Die Elektrofahrzeuge sind nicht nur ökologisch ein Gewinn “, sagt Bürgermeisterin Beatrice Soltys. „Sie lohnen sich auch wirtschaftlich: Durch die Fuhrpark- verkleinerung haben wir die Fixkosten gesenkt, und die laufenden Betriebskosten sind wie bei allen E-Fahrzeugen äußerst gering.“

Vier Schlaglichter, die das neue Mobilitätsdenken in der Region Stuttgart zeigen. Die Erfolge werden sichtbar. Vier von fünf Stuttgartern nutzen heute öffentliche Ver-kehrsmittel für die täglichen Wege, fast die Hälfte setzt sich für die Fahrt zur Schule oder Arbeit aufs Fahrrad

Nicht nur private Brötchengeber, auch viele Rathäuser denken um. „Wenn wir andere überzeugen wollen, müssen wir selbst mit gutem Beispiel vorangehen“, sagt der Stadtplaner Martin Kurt. Er ist einer von mehr als 1.100 Bediensteten der Stadt Ludwigsburg – und kommt sommers wie winters mit dem Rad zur Arbeit. Gerade das Zweirad hat als Baustein nachhaltiger Mobilität großes Potenzial, so sieht das auch der Chef der Stuttgar-ter Paul Lange & Co. (Porträt S. 14). Dafür braucht es nur wenige Maßnahmen, die die Stadt Ludwigsburg in die Tat umgesetzt hat, etwa Duschen und Möglichkeiten zum Trocknen der Kleider. Hinzu kommen im Rathaus der Barockstadt viele weitere Neuerungen: Pedelecs für Dienstfahrten etwa, Ladestationen für Elektroautos oder eine Mitfahrerbörse. Eine Mitarbeiterin von Martin Kurt kümmert sich um die Mobilität der städtischen Beschäf-tigten, wirbt aber auch bei den Firmen für zukunftsfähige Mobilität.

Einen mutigen Schritt ist auch die Stadt Fellbach gegan-gen. Nicht ein einzelnes Auto, fast den gesamten Fahr-zeugpool hat die Stadtverwaltung auf Strom umgestellt. Fraunhofer-Forscher hatten zuvor herausgefunden, dass der Fuhrpark verkleinert werden kann, die bisherigen Autos meist nur kurze Strecken zurücklegen und in der Nacht selten gebraucht werden. Ideale Voraussetzungen für die Anschaffung von acht Elektroautos, die nun

Titelthema: Nachhaltig mobil

179: Herr Prof. Reuss, was hat nach-haltige Mobilität mit dem autonomen und vernetzten Auto zu tun?

Reuss: Um sicher und energieeffizient zu fahren, gilt es, das Fahren zu optimieren. Das kann mit Fahrerassistenzsystemen geschehen, die Hinweise geben – etwa zum frühen Hochschalten – oder die einzelne Fahrfunktionen automatisieren. Automatisiertes Fahren und Vernetzung sind die nächsten Ziele und können zum Beispiel bei einer vorausschauenden Fahr- weise helfen. In zwei Forschungsprojekten haben wir uns gerade mit Assistenzsys-temen zur Vergrößerung der Reichweite von Elektrofahrzeugen beschäftigt. Ein guter Teil der Ergebnisse lässt sich auch auf Verbrennungsmotoren übertragen, um die Emissionen zu senken. Alternative Antriebssysteme, hochautomatisiertes Fahren und Vernetzung, diese Themen wachsen in Zukunft immer mehr zusam- men. Wir betrachten das Auto als Ge-samtsystem, das möglichst effizient zu gestalten ist.

Wo sehen Sie hier die Region Stuttgart?

Die Region Stuttgart ist sehr gut aufge-stellt: Hier gibt es alle wichtigen Player aus Automobil- und Zulieferindustrie, IT, Dienstleister, sehr gute Bildungs- und viele Forschungseinrichtungen. Die Her-ausforderung ist immer wieder: Wie kann eine gute Zusammenarbeit aussehen? Wenn jeder alles alleine macht, dann kommen wir nicht weit. Hier ist auch die Politik gefragt. Ein sehr positives Beispiel ist die Zusammenarbeit in der Elektro-mobilität, die von der Landesgesellschaft e-mobil BW und der regionalen Wirt-schaftsförderung koordiniert wird. Hier entsteht ein echter Mehrwert, weil die Zusammenarbeit funktioniert.

„Das Auto der Zukunft fährt elektrisch“, sagt Daimler-Chef Dieter Zetsche. Teilen Sie diese Meinung?

Ja! Elektrische Antriebe sind einfacher regelbar und flexibler einsetzbar als Verbrennungsmotoren. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass die Preise für die Batterien sich in den nächsten fünf

Jahren halbieren und ihre Energiedichte verdoppeln wird und dass E-Maschinen und Leistungselektronik weiter optimiert werden. Die Entwicklung ist ein Mara- thon und kein Sprint, in manchen An-wendungen – etwa im Carsharing – ist der Punkt schon abzusehen, ab dem Elektrofahrzeuge wirtschaftlicher sind als konventionelle.

Ist das elektrische Auto denn überhaupt die Lösung unserer Verkehrsprobleme?

Die Frage ist zu einseitig: Es gibt nicht eine Lösung unserer Verkehrsprobleme! Wir können sie reduzieren, indem wir Optimierungen auf allen Ebenen versu-chen, bei Materialien und Komponenten, bei Verkehrsmitteln und im Verkehrs-verbund und im Energiesystem. Die Elektrifizierung wird mit Sicherheit einen wichtigen Beitrag leisten, gerade im urba-nen Raum. Ich selbst wohne in Stuttgart an einer viel befahrenen Straße. Wenn da alle elektrisch fahren würden, hätte ich eine höhere Lebensqualität mit weniger Lärm und die Luft wäre besser.

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Der gebürtige Düsseldorfer studierte Elektrotechnik an der Technischen Univer-sität Berlin. Nach Zwischenstationen bei Philips Semiconductors in Hamburg und als Professor für Kraftfahrzeugelektronik und -elektrik in Dresden leitet er seit 2004 den Lehrstuhl für Kraftfahrzeugmechatronik an der Universität Stuttgart und ist Mitglied des Vorstands des FKFS. Er forscht unter anderem zum Energiemanagement von Fahrzeugen, zur Vernetzung der Elektronik-systeme und der Optimierung des Antriebs-strangs und zur Elektromobilität in Bussen und Taxis. Ziel seiner Arbeiten sind nach- haltige Fahrzeug- und Mobilitätskonzepte.

Das FKFS ist weltweit eines der renommier-testen Forschungsinstitute des Fahrzeug-baus. Die unabhängige Einrichtung forscht im Auftrag der Automobil- und Zulieferer-industrie und ist eng mit der Universität Stuttgart verbunden.

Prof. Dr. Hans-Christian Reuss Mitglied des Vorstands des Forschungs-instituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS)

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Titelthema: Nachhaltig mobil

nun alle Fahrzeuge vernetzen – auch im Individualverkehr –, kann das zu einer besseren Ausnutzung des Gesamtsystems führen. Gerade in der Stadt, wo viele Verkehrsträger bereitstehen, sehe ich ein großes Potenzial für Intermodalität, entscheidend sind transparente Infor-mationen. Die Automatisierung eröffnet weitere Potenziale, wenn beispielsweise Carsharing-Fahrzeuge selbstständig zu einem freien Stellplatz fahren.

Werden wir künftig also von elektrischen Robotertaxis am Bahnhof abgeholt?

Das autonome Fahren im urbanen Bereich ist sicherlich die Königsdisziplin, denn die Absicherung wird extrem auf-wändig sein. Auch die rechtliche Seite ist noch zu klären. Aber um die Frage zu beantworten: Eines Tages, ja, warum nicht?

Das Interview führte Tobias Schiller

Welchen Beitrag kann das vernetzte Auto als „mitdenkender“ Teil des Ver-kehrssystems liefern?

Immer mehr Menschen nutzen ja heute schon Smartphone-Apps für die intermo-dale Nutzung unserer Verkehrssysteme. Dies wird weiter zunehmen. Wenn wir

oder E-Bike und rund ein Viertel der 18- bis 39-Jährigen nutzt Carsharing. In keiner deutschen Stadt gibt es mehr öffentliche Ladepunkte für Elektroautos, auf den Straßen ist die gesamte Palette an E-Fahrzeugen unterwegs – 500 Elektro-Smarts stromern allein für Car2go durch die Region. Von batteriebetriebenen Taxis bis zu Mietstatio-nen für E-Bikes, von Brennstoffzellen-Hybridbussen bis hin zum Verleih von Pedelec-Dreirädern für Behinderte: Die neuen Mobilitätsideen in der Region Stuttgart sind wahrlich für jeden erlebbar.

Gütertransport mit geringeren Nebenwirkungen

Doch nicht nur Menschen sind mobil. Fast ein Drittel des regionalen Verkehrs geht aufs Konto von Gewerbe-transporten, schätzt die IHK Region Stuttgart. Waren müssen in die Läden und Supermärkte, Rohstoffe und Bauteile zu den Firmen, die fertigen Produkte in die Welt: Logistik ist der Blutkreislauf der Wirtschaft; stockt er, droht der Infarkt. Gerade in hochindustrialisierten Wirtschaftsräumen ist eine möglichst effiziente – und damit gleichsam nachhaltige – Organisation von Trans-porten kein Exotenthema, sondern überlebenswichtig. Viele Logistiker aus der Region haben das erkannt, etwa „Müller – Die lila Logistik“ aus Besigheim. Optimale Material- und Informationsflüsse, konkrete Bezifferung

von Einsparzielen und eine entsprechende Schulung der Fahrer, Einsatz „grüner“ IT, effizientes Reisemanagement: Das gesamte Geschäftsmodell des Kontraktlogistikers ist auf sparsamen Ressourceneinsatz ausgerichtet. 2011 ist Müller dafür mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis geadelt worden.

Welchen Beitrag Elektromobilität zum nachhaltigen Gü-tertransport haben kann, das erproben drei Paketdienste in der Region, wissenschaftlich begleitet vom Stuttgarter Fraunhofer IAO. Technisch und organisatorisch ist das durchaus fordernd. „Die begrenzte Reichweite von Elektrofahrzeugen ist für Paketdienste eine bedeutende Hürde“, berichtet Gerd Seber von DPD. Insgesamt acht Vito E-Cell testet der Paketdienst von seinem Ludwigs-burger Depot aus. Um von dort auch weiter entfernte Gebiete elektrisch zu erreichen, ist der Paketdienst eine besondere Kooperation eingegangen: Eines der E-Fahr-zeuge steht beim Kabelhersteller Lapp in Stuttgart-Vaihingen. Die Pakete werden jeden Morgen per Lkw von Ludwigsburg auf die Filder gebracht, in den dort stationierten – und von der Lapp’schen Solaranlage aufgeladenen – Elektro-Vito geladen und von Haus zu Haus verteilt. Am Nachmittag geht eine volle Lkw-Ladung zurück nach Ludwigsburg, diesmal gefüllt mit Paketen des DPD-Kunden Lapp.

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Mehrere große Förderprogramme bün-deln Hunderte Einzelprojekte zur nach-haltigen Mobilität in der Region Stuttgart. Seit 2009 sind in der Modellregion Elektromobilität Region Stuttgart mit finanzieller Unterstützung des Bun-des Hunderte unterschiedlicher Elektro-fahrzeuge auf die Straßen gekommen und zahlreiche Ladepunkte installiert worden. Im Fokus steht auch der damit verbundene Strukturwandel in der Automobilindustrie.

Im von Bund, Land und Region geförder-ten Schaufenster Elektromobilität Living-Lab BWe mobil erproben mehr als 100 Partner aus Wirtschaft, Wissen-schaft und öffentlicher Hand in der Region Stuttgart und Karlsruhe, wie Elektromobilität im Alltag funktioniert.

Mit 7,5 Millionen Euro für die Jahre 2012 bis 2020 unterstützt der Verband Region Stuttgart im Programm Modellregion für nachhaltige Mobilität Projekte zur Vernetzung verschiedener Verkehrs-

träger wie Bus, Bahn, Auto, Pedelec und Fahrrad entlang von Wegeketten. Und das Landesprogramm Nachhaltig mobile Region Stuttgart (Namoreg) entwi-ckelt innovative Mobilitätskonzepte für die Landeshauptstadt und die umliegenden Landkreise als Vorbild für andere Regionen im Land.

livinglab-bwe.denamoreg.denachhaltige-mobilitaet.region-stuttgart.de

Förderung neuer Mobilität

„Dank Lapp Kabel können wir nun auch Wohngebiete bedienen, die bisher zu weit von unserer Ludwigsburger Niederlassung entfernt waren“, freut sich Seber. „Solche Kooperationen können die möglichen Einsatzgebiete von Elektrofahrzeugen vervielfachen.“ Pro Jahr erwarten der Kabelhersteller und DPD einen Einspareffekt von mehr als acht Tonnen CO2. „In dem Schaufenster-Projekt ‚Urbaner logistischer Wirtschaftsverkehr’ zeigen die Partner anschaulich, wie nützlich und relevant Elektro-mobilität im alltäglichen Leben sein kann“, resümiert Franz Loogen, Geschäftsführer der Landesagentur e-mobil BW. „Gerade die Belieferung städtischer Gebiete ist ein ideales Anwendungsfeld für Elektromobilität.“

Vom Autohersteller zum Mobilitätsdienstleister

Nicht nur auf der Anwenderseite, auch für den regio-nalen Fahrzeugbau ist die neue Mobilität ein zentrales Thema: Neue Antriebe und verändertes Mobilitäts- verhalten bedrohen mittelfristig so manches Geschäfts-modell. Die Automatisierung und Vernetzung der Fahr-zeuge bringen völlig neue Player ins Spiel. Die Firmen suchen und finden neue Antworten, Mittelständler ebenso wie die großen Hersteller. Daimler etwa baut nicht nur Elektro- und Hybridmodelle; mit Angeboten wie Car2go oder der Mobilitäts-App Moovel geht der erste Autobauer der Welt ganz neue Wege. „Fahr- zeughersteller und ihre Autos werden immer mehr zu Dienstleistern für Mobilität“, sagt Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie im Interview mit dem Magazin nemo (Kasten). „In Koope- ration mit Partnern aus der Informationstechnologie etablieren Automobilunternehmen ganz neue Geschäfts-modelle.“ Auch Prof. Dr. Hans-Christian Reuss vom Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeug-motoren Stuttgart (FKFS) sieht die Region Stuttgart gut aufgestellt für die neuen Herausforderungen, mahnt aber eindringlich die bessere Zusammenarbeit zwischen Firmen und Forschung an (Interview S. 10).

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Titelthema: Nachhaltig mobil

Wie gute Kooperation zum Erfolg führen kann, zeigt das Projekt „Elena“: Gemeinsam haben mehrere Zuliefer-betriebe und Forschungseinrichtungen einen Bausatz entwickelt, der einen konventionellen Sprinter zum Hybridfahrzeug macht. Rund ein Drittel Spriteinsparung verspricht das System, das die Partner – darunter die Huber Group aus Mühlhausen im Täle, Lauer & Weiss aus Fellbach, die Hochschule Esslingen und das Fraunhofer IPA aus Stuttgart – gemeinsam entwickelt und getestet haben und jetzt auf den Markt bringen. Versehen mit dem Nachrüstsatz kann der Transporter innerorts bis zu 50 Kilometer rein elektrisch fahren, auf Tastendruck springt aber der normale Dieselmotor an und ermöglicht auch lange Überlandfahrten. Dadurch, dass die zusätz-lichen Komponenten nachträglich unter dem Fahrzeug eingebaut werden, blockiert keine voluminöse Batterie den Laderaum und bei Anschaffung eines neuen Fahr- zeugs kann das System einfach ausgebaut und mit- genommen werden.

Das Magazin nemo erzählt zwei Mal im Jahr Geschichten aus der neuen Mobilitätswelt der Region Stuttgart. Es kann auf region-stuttgart.de/nemo digital gelesen werden. Kostenloses Abo: [email protected]

Mehr Geschichten zur neuen Mobilität

APRIL 2015 | AusgAbe 4

Stop-and-go Die Folgen der Verkehrsstaus in der Region stuttgart | seite 4

Alternative Antriebe Interview mit VDA-Präsident Matthias Wissmann | seite 14

Umstieg erwünscht städte setzen auf betriebliches Mobilitätsmanagement | seite 28

Über den Straßen ein gewiefter Tierarzt bevorzugt den Luftweg | seite 42

NEUE mobiliTÄT IN DER REGION STUTTGART

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179 Das Standortmagazin der Region Stuttgart 2/2015

Die Vernetzung der Verkehrsträger ist der Schlüssel zur nachhaltigen Mobilität, und wie dies räumlich noch ver-bessert werden kann, auch dieser Frage wird an vielen Orten in der Region nachgegangen. Bahnhöfe werden zu multimodalen Verkehrsknotenpunkten weiterentwickelt, mit Pedelec-Verleihstationen etwa, so dass Pendler die letzte Meile zur eigenen Haustüre bequem und umwelt- freundlich mit dem Zweirad zurücklegen können. Weite-rer Schwung in die Vernetzung wird durch die Leucht-turmprojekte „Mobilitätsplattform“ und „Mobilitätspunk-te“ kommen, mit denen die Region Stuttgart Anfang des Jahres den landesweiten Wettbewerb RegioWIN um europäische Fördermittel gewonnen hat (Kasten).

In Rudersberg ist gar ein Verkehrsprojekt umgesetzt worden, das landesweit seinesgleichen sucht. Mitten durch die 11.000-Seelen-Gemeinde führt die L1080, bis zu 10.000 Fahrzeuge rauschen hier täglich durch. Fast 500 Meter der Durchgangsstraße sind im letzten Winter umgebaut worden, Pflastersteine wurden verlegt, die Gehwege verbreitert und abgesenkt, Bänke aufgestellt, Tempo 30 angeordnet. Straßen sozial verträglich zu gestalten, ist für Bürgermeister Martin Kaufmann ein wichtiger Teil nachhaltiger Mobilität: „Auch der Raum muss den Bedürfnissen der Menschen und der Umwelt entsprechen, er muss eine hohe Aufenthaltsqualität haben“, sagt er. Damit aber nicht genug: An den Eck-punkten der Ortsdurchfahrt werden Mobilitätsterminals installiert mit E-Carsharing, Leihpedelecs, Anschluss an Bus und Bahn und Lademöglichkeiten für Elektro-autos. „Wir haben hier zweifelsohne ein Leuchtturm-projekt durchgesetzt, das Strahlkraft haben kann für das ganze Land“, sagt der Bürgermeister. Anfragen von Delegationen aus nah und fern hat er schon jetzt. Das Land und die Welt nehmen sich ein Beispiel am neuen Mobilitätsdenken in der Region Stuttgart. Tobias Schiller

Vernetzung der Verkehrsmittel ist ein Gewinnerthema: Mit zwei Leuchtturmprojekten zu nachhaltiger Mobilität gehören Verband und Wirtschaftsförderung Region Stutt-gart zu den Siegern des Landeswettbewerbs RegioWIN um europäische Fördermittel. Das Projekt Mobilitätsplatt-form führt Verkehrsdaten aus der ganzen Region in einer gemeinsamen Datenbank zusammen als Grundlage für regionales Verkehrsmanagement. Ziel des Projekts Mo- bilitätspunkte ist es, Umsteigepunkte in der Region zu standardisieren und sie miteinander zu vernetzen, damit Pendler und weitere Nutzer verschiedene Verkehrsmittel einfacher kombinieren können.

region-stuttgart.org

Leuchttürme vernetzter Mobilität

Solche Ideen machen Schule. „Als innovativer Produk-tionsstandort mit hoher Exportorientierung ist die Region Stuttgart weltweit erfolgreich“, sagt der Chef der regio-nalen Wirtschaftsförderung, Dr. Walter Rogg. „Das führt natürlich zu einem überdurchschnittlichen Verkehrsauf-kommen innerhalb unserer Region, eröffnet den heimi-schen Firmen aber auch immense Chancen, mit neuen Produkten und Ideen die wachsenden Verkehrsströme in aller Welt in nachhaltige Bahnen zu lenken.“ Die neue Mobilität kann zum Vorbild und zum Exportschlager werden. Für Elena etwa gibt es Anfragen aus Brasilien: Der elektrische Bausatz könnte künftig nicht nur für bessere Luft in den verstopften Straßen von Rio und São Paulo sorgen, von Handwerksbetrieben vor Ort installiert wäre das Projekt auch ein Beitrag zum Know-how-Transfer in das Schwellenland – Nachhaltigkeit im besten Sinne.

Zusammenbringen, was zusammengehört

Elektrotransporter und Carsharing, Elektrotaxis, Oberlei-tungs-, Brennstoffzellen- und Hybridbusse, S-Bahn und Stadtbahn, Fahrräder und E-Bikes, ja sogar eine Zahnrad- und eine Standseilbahn – die Möglichkeiten nachhaltiger Mobilität in der Region Stuttgart könnten größer nicht sein. Und im Zeitalter des Smartphones ist es auch kein Hexenwerk mehr, zu vergleichen und den besten Weg herauszufinden, unabhängig vom Verkehrsmittel. Zusam-menbringen, was zusammengehört: Auch hier wird in der Region über die gewohnten Bahnen hinaus gedacht. Fahrrad2Go ist dafür ein typisches Beispiel. Gleich eine ganze Hand voll Partner, vom Rems-Murr-Kreis über das Waiblinger Busunternehmen Ruoff bis zum Verkehrsver-bund Stuttgart (VVS) und zu mehreren Kommunen, haben sich mit Unterstützung des Verband Region Stuttgart zusammengeschlossen und ein System entwickelt, das es Bussen erlaubt, im täglichen Linienverkehr bis zu zehn Fahrräder mitzunehmen – fünf innen und fünf außen an einem von Studenten der Hochschule Esslingen kon- struierten neuartigen Heckträger. Das Projekt sorgt bun-desweit für Aufmerksamkeit und ist Anfang 2015 mit dem ÖPNV-Innovationspreis des Landes ausgezeichnet worden. Neuland betreten auch die Partner des Projekts PolyGo, darunter der VVS und die Stuttgarter Straßen-bahnen AG (SSB): Die Chipkarte, die seit diesem Frühjahr eingeführt wird, ermöglicht nicht nur die Nutzung des Nahverkehrs, von Carsharing-Autos, Leihrädern und Elektrotankstellen; mit Funktionen wie Bibliotheksaus-weis oder Bezahlkarte im Einzelhandel geht sie künftig weit über eine reine Mobilitätskarte hinaus.

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Titelthema: Nachhaltig mobil

Anwalt des FahrradsVon Bad Cannstatt aus versorgt Bernhard Lange, dessen Unternehmen europaweit 460 Mitarbeiter zählt, praktisch die gesamte Fahrradbranche mit Ersatzteilen. Er findet, dass die Politik beim Radverkehr zu langsam in die Gänge kommt. Von Michael Ohnewald

Der Arbeitstag geht, Bernhard Lange kommt. Er trägt keinen Anzug und auch keine gewienerten Ledergalo-schen. Die schlichte blaue Jacke, die er übergestreift hat, erinnert an die Garderobe eines Lageristen. Die tut es ihm auch. Lange ist oft in Japan. Dort hat er viel gelernt über Autorität, die von innen kommt.

Es ist Freitagabend in der Hofener Straße 114. Draußen auf dem Hof macht ein Mitarbeiter fürs Wochenende sein Rad startklar, das er sich vor Kurzem selbst zu- sammengestellt hat aus modernsten Komponenten. Lange öffnet das Fenster. Während der Pedaleur mit leuchtenden Augen seine neue Errungenschaft preist, wärmt sich der Chef am Feuer der Begeisterung für die urbane Mobilität der Zukunft.

Ein bisschen anders sind sie schon bei Paul Lange & Co., einem Unternehmen, das im Laufe seiner Geschichte so manches und manchen bewegt hat. 1949 fing die Familie klein an in Stuttgart. Das Rad war vielfach das einzige Fortbewegungsmittel, als im heimischen Wohn-büro die ersten Zahnkränze, aus Frankreich importiert, für die Kundschaft hergerichtet wurden. Lange-Ge-schichte, lange her. Heute zählt die Firma mit Nieder-lassungen und Joint Ventures in Österreich, Tschechien, Ungarn, der Slowakei, Frankreich, der Schweiz und der Ukraine insgesamt 460 Mitarbeiter aus 27 Natio-nen. Durchschnittsalter: 36. Besondere Merkmale: restlose Begeisterung fürs Rad.

Im Rückblick lässt sich sagen, dass Bernhard Langes Eltern Paul und Fernanda den richtigen Instinkt hatten. Es ging stetig vorwärts mit dem Fahrrad in der Bundes-republik der Nachkriegszeit. Mittlerweile gibt es in deut-schen Garagen und Kellern einen Bestand von 72 Millio-nen Rädern. Alle sieben Jahre leisten sich die Heutigen durchschnittlich ein neues Bike, was den Umstand erklärt, dass allein im vorigen Jahr deutschlandweit 4,1 Millionen Räder verkauft worden sind. Vor allem das E-Bike hat einen gewaltigen Schub. 2007 brachte die Branche 70.000 Räder mit Elektromotor an die Kundschaft, im vergangenen Jahr waren es 480.000. „Wir haben heute mehr als zwei Millionen E-Bikes auf deutschen Straßen“, bilanziert Bernhard Lange. „Eine tolle Entwicklung.“

Eine solche darf man wohl mit Fug und Recht auch dem Unternehmer Lange selbst bescheinigen, der 1959 auf den Tag genau zehn Jahre nach der Firmengründung geboren ist und eigentlich langsam ins Unternehmen hineinwachsen sollte. Mitte der 1980er Jahre hospitierte er bei Shimano in Japan, deren Generalvertreter für Deutschland die Langes seit 1967 sind. Er baute sein eigenes Rad, das bis heute im Foyer der Firma steht, und übernahm später in Stuttgart das Marketing. Zwei Jahre arbeitete Bernhard Lange eng mit dem Vater zusammen, der ihn düngte mit einem christlich-sozialen Weltbild. Plötzlich starb Paul Lange weit vor der Zeit, und der Sohn musste 1989 die Firma übernehmen. „Das war ganz einfach brutal. Von einem Tag auf den anderen hatte ich keine Zeit mehr.“

Wie bei einem Schaltwerk fürs Rennrad, bei dem viele Bauteile harmonieren und etliche Rädchen ineinander- greifen, hat Lange junior gemeinsam mit seiner Schwes-ter und der Mutter das Werk des Vaters geformt zu einer hochmodernen Firma mit eigenem Testparcours, die mittlerweile fast die gesamte Branche mit Ersatzteilen versorgt und damit zweistellige Millionenumsätze macht. Dafür braucht es das richtige Gespür für Trends und Produkte auf einem hart umkämpften Markt. „Wir haben das beste Team der Welt“, erklärt der Chef das Erfolgs- rezept, in dem er sich als Erster unter Gleichen sieht, eben ganz japanisch. „Es macht mir jeden Tag unglaub-lich viel Freude, in diese Firma zu kommen und zu sehen, wie sich das Fahrrad entwickelt und fortbewegt.“

Mit den Jahren wurde Lange zu einer Art Anwalt fürs Rad, das es im politischen Raum unter der Dominanz des Autos nicht immer leicht hat. Es treibt ihn an, dieses Verkehrsmittel in Deutschland nach vorne zu bringen, nicht nur aus Umsatzgründen, sondern auch grundsätz-lich. „Das Rad ist das einzige Fahrzeug mit Null-Emission, das auf Kurzstrecken zudem schneller ist als die meisten anderen Verkehrsmittel“, sagt er. „Es gibt bei uns inzwi-schen einige Städte mit einem Radverkehrsanteil von bis zu 25 Prozent. Stuttgart ist mit sieben Prozent davon allerdings weit entfernt. Da muss die Politik mehr tun.“

„Das Rad ist das einzige Fahrzeug mit Null-Emission, das auf Kurzstrecken zudem schneller ist als die meisten anderen Verkehrsmittel“

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Titelthema: Nachhaltig mobil

port

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Für seine Reportagen und Porträts ist Michael Ohnewald mit den renommiertesten Preisen ausgezeichnet worden, die im deutschen Journalismus vergeben werden. Für 179 porträtiert der Ludwigsburger Autor herausragende Persönlichkeiten aus der Region.

Er selbst tut derweil einiges. Lange sucht das Gespräch mit Entscheidungsträgern in Stadt und Land und leistet sich in der Verwaltung eine spezielle Stelle für Fahrrad-förderung. Wann immer irgendwo eine Bühne aufgebaut wird, auf der es um nachhaltige Mobilitätskonzepte im Ballungsraum geht, mischt Paul Lange & Co. nach Kräften mit. Auf fast 200 Veranstaltungen war die Firma im vergangenen Jahr präsent. Pedalgestützte Lobbyarbeit. „Chancen erkennen, nutzen und umsetzen“ ist das Credo von Bernhard Lange, der notfalls auch das deut-liche Wort nicht scheut. „Neulich musste ich in Stuttgart etwas abholen und habe das Auto genommen“, erzählt er. „Ich brauchte zurück anderthalb Stunden bis Cann-statt. Die ganze Stadt war verstopft. Da hätte ich mal lieber das Rad genommen. Allerdings brauchen wir in Stuttgart bessere Radwege. Darüber wird zwar viel geredet, aber es wird zu wenig getan.“

Lange schwebt in der stauträchtigen Autostadt ein Radanteil von 20 Prozent im Verkehrsmix vor, ein weit-sichtigeres Parkmanagement für Räder und eine bessere Vernetzung der Mobilität. Ihm geht das alles zu lang- sam. „Wir haben hier die schlechtesten Luftwerte in ganz Deutschland“, sagt der Radpionier. „Da wird es höchste Zeit, dass in den Köpfen verankert wird, dass wir umdenken müssen. Das Potenzial des Rads für um-weltfreundliche und gesunde Mobilität ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.“ Lange macht eine kurze Pause und befeuchtet seine Kehle mit einem Schluck Kaffee. „Man muss das wollen“, fährt er mit leichtem Groll in der Stimme fort. „Wir wollen zu wenig und verschieben zu viel auf die nächste Generation.“

Man könnte ein solches Statement als vorhersehbaren Beitrag eines Lobbyisten abtun, der gut verdient am Rad. Damit aber würde man ihm nicht gerecht. Lange denkt über den Kesselrand hinaus, nicht nur für sich, sondern auch für andere. Reichlich privates Geld steckt er seit Jah- ren in soziale Projekte, in Stuttgart ebenso wie in Ghana oder in Japan, wo er nach dem schweren Erbeben ein Kinderheim wieder mitaufgebaut hat. Das hat ihm 2013 den Mittelstandspreis für soziale Verantwortung in Baden- Württemberg eingetragen, verliehen von der Caritas gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium des Landes.

Sein zentrales Anliegen ist und bleibt bei alledem die Mobilität von morgen. „Fahrradverkehr wird noch nicht als System begriffen, deshalb ist der Paradigmenwechsel pro Rad noch weit entfernt“, sagt Lange zum Ende des Gesprächs. Er wird nicht müde, dies zu betonen. Ein dickes Brett, das er stetig bohrt. Zum Glück steht die nächste Generation schon bereit, aufs Rad zu sitzen – und zu setzen. Sein Sohn Paul-César hat Betriebswirt-schaft studiert und ist, wie er selbst früher, jetzt für zwei Jahre in Japan, um dort zu lernen und sein Netzwerk auf-zubauen, ehe der Sohn in dritter Generation in die Firma einsteigt. „Es ist einfach wunderbar, wenn man weiß, dass es weiter geht im Unternehmen“, sagt Bernhard Lange und schenkt sich noch einen Schluck Kaffee ein. Der Schreibtisch ruft. Die meisten Mitarbeiter sind zu Hause. Der Chef macht fürs Rad noch ein paar Überstunden.

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Wissenschaft

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Gülle zu Dünger und KohleIn den Ballungszentren der Schweinemast haben deutsche Bauern große Probleme, ihre Gülle zu entsorgen: Es gibt zu wenig Felder, die gedüngt werden müssen. Das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) entwickelt jetzt ein mehrstufiges Verfahren, mit dessen Hilfe die in der Gülle enthaltenen Nähr- stoffe zurückgewonnen und zu Dünger verarbeitet werden. Neben Nitrat- und Phosphatdünger fällt als Nebenprodukt Biokohle an, die die Speicherfähigkeit der Böden für Wasser und Nährstoffe erhöht. An dem internationalen und von der EU finanziell unterstützten Projekt ist auch die Universität Hohenheim beteiligt. Ihre Aufgabe ist es, die Wirksamkeit des neuen Düngers zu testen. (hel)

igb.fraunhofer.de

legen an Rehe und Füchse geheftet auch weite Strecken zurück“, erklärt die Parasitologin Prof. Dr. Ute Mackenstedt. Für die Studie zogen die Wissenschaftler in rund 60 Gärten weiße Tücher über Rasen, Rabatten und Hecken, sammel-ten die Zecken ab und bestimmten die Arten. Anschließend wurden die Tiere im Labor auf Krankheitserreger untersucht. Bei jedem Garten notierten die Forscher den Zustand, die Entfernung zum Wald und die Zahl der Haus- und gesichteten Wildtiere. Dabei kam heraus: Je näher am Wald, desto höher ist die Zeckenmenge. Aber auch einen halben Kilometer vom

Nicht nur im Wald und in der Wildnis, sondern auch in akkurat gepflegten, weit vom Wald entfernten Gärten drohen Zeckenbisse. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Hohenheim. Ein Grund für die Verbreitung sind vermutlich Wild- und Haustiere: „Wir fanden Zeckenarten, die hauptsächlich von Vögeln verbreitet werden. Andere

Im Garten sind die Zecken

Wald entfernt fanden die Wissenschaftler noch rund 20 Prozent der Zeckenanzahl von Grundstücken am Waldrand. Auch Gärten ohne Unterholz mit konstant kur-zem Rasen sind nicht zeckenfrei. Teilweise sind lediglich einzelne Büsche befallen.

Begonnen wurde die Studie im August 2014. Mit dem Ende im laufenden Jahr soll sie alle Jahreszeiten umfassen. Dafür sucht die Forschergruppe noch weitere Gartenbesitzer in der Region Stuttgart, die bereit sind, ihr Grundstück zweimal im Monat untersuchen zu lassen. (hel)

zecken-im-garten.uni-hohenheim.de

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Extrem kleine Nanoroboter könnten im menschlichen Organismus in Zukunft medizinische Dienste verrichten: einen pharmazeutischen Wirkstoff gezielt an eine bestimmte Stelle in der Netzhaut bringen oder ein medizinisches Gerät punktgenau im Organismus platzieren. Diesem Ziel sind Forscher vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart einige Schritte näher gekom-men. Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Israel und Dortmund haben sie eine Art Muschel aus Kunststoff entwickelt, die nur wenige Hundert Mikrometer groß ist und sich durch einfaches Öffnen und Schließen der Schalen fortbewegen

kann. In einer Modellflüssigkeit wurde das Experiment bereits mit Erfolg durchge-führt, nun wollen die Forscher ihre Mikro- schwimmer in konkreten biologischen Flüssigkeiten testen. „Uns interessiert im nächsten Schritt zum Beispiel, ob wir diesen Roboter auch durch ein Gewebe steuern können“, erläutert der Leiter der Forschungsgruppe, Prof. Dr. Peer Fischer. Mögliche Einsatzmedien für die U-Boot-Winzlinge sind etwa Gelenkflüssigkeit, Schleimhäute oder Blut. (hel)

is.mpg.de

Mit dem Nano-U-Boot direkt ins Auge

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Der neue Supercomputer Hornet des Höchstleistungsrechenzentrums der Universität Stuttgart (HLRS) hat erste umfangreiche Stresstests erfolgreich bestanden. Sechs sogenannte XXL-Simulationsprojekte aus der Luft- und Raumfahrttechnologie, Planeten- und Klimaforschung, aus Umweltchemie und Ingenieurwissenschaften haben das Leistungsvermögen des Systems restlos ausgereizt. Die Berechnungen wurden simultan auf die annähernd 100.000 Prozessoren verteilt. Das Ergebnis stellte die Systemverantwortlichen und die wissenschaftlichen Nutzer gleicherma- ßen zufrieden. So konnten Klimaforscher

der Universität Hohenheim beispielsweise eine den gesamten Globus umspan-nende Wettersimulation in bisher nicht erreichter Präzision durchführen. Bei Berechnungen mit solcher Detailgenau-igkeit stießen zuvor selbst Supercomputer an ihre Grenzen.

Mit der jetzigen Leistung von 3,8 Billiar-den Rechenoperationen pro Sekunde belegt Hornet auf der weltweiten Com-puterrangliste den 16. Platz. Bis zum Jahresende soll der Rechner so ausgebaut werden, dass er seine Geschwindigkeit fast verdoppelt. (hel)

hlrs.de

Superrechner besteht Stresstest

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Innovation

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Marwis sieht nicht sonderlich beeindru-ckend aus: Ein grauer Kasten, kaum grö-ßer als eine Tüte Brötchen und weniger als zwei Kilo schwer. Aber sein Innen-leben eröffnet ganz neue Möglichkeiten für das Messen von Straßenzuständen und für die Erhebung von Umweltdaten. Der Fellbacher Spezialist für Mess- und Regeltechnik G. Lufft GmbH hat mit Marwis einen mobilen Sensor entwickelt, der an ein Fahrzeug montiert Daten wie Feuchtigkeit, Oberflächentemperatur, Wasserfilmhöhe, den Eisanteil in Prozent oder die Reibung misst.

Bis zu 100 Messungen pro Sekunde schafft das Gerät, auch bei widrigsten Wetterbedingungen wie Eis und Schnee, und überträgt die aufgezeichneten Werte in Echtzeit an die entsprechenden Inter-essenten. So kann etwa der Winterdienst zunächst ein Testfahrzeug auf die Reise schicken und muss nicht auf Verdacht die ganze Flotte auslaufen lassen. Hersteller von Navigationsgeräten, Flughäfen und

Straßenbauverwaltungen können die Messdaten gewinnbringend einsetzen, ebenso die Meteorologen. „Mit einem dichten Netz an mobilen Sensoren, die einfach an Lkw, Paketlieferfahrzeugen oder Bussen zu befestigen sind, lässt sich das vorhandene Messnetz mit gerin-gem Aufwand praktisch beliebig erwei-tern. Damit können Wettervorhersagen in Zukunft deutlich präziser werden“, erläutert Lufft-Geschäftsführer Klaus Hirzel. Ein weiteres künftiges Einsatz- gebiet ist die Verwendung in Fahrzeugen für autonomes Fahren. „Hierzu führen wir mit nahezu allen großen Technologie- unternehmen, die in diesem Bereich engagiert sind, bereits Gespräche“, verrät Hirzel.

Die Fachwelt zeigt sich von Marwis bereits doppelt überzeugt: Beim renom-mierten Deutschen Industriepreis 2015 setzte sich G. Lufft in der Kategorie „Optische Technologien“ durch und sicherte sich zugleich den Gesamtsieg. (hel) lufft.com

Intelligent, schnell, robustEin mobiler Sensor von G. Lufft aus Fellbach informiert über den Straßenzustand in Echtzeit

Der Händetrockner

Ein Föhn ist im Prinzip ein Staubsauger, nur umgekehrt: Auf der einen Seite wird Luft angesaugt, auf der anderen wieder ausgeblasen. So kam 1925 der Staub-saugerfabrikant Robert Schöttle, Besitzer der vier Jahre zuvor von ihm gegründeten Electrostar Schöttle GmbH, auf die Idee, auch das andere Ende des Staubsaugers zu nutzen: Er entwickelte den weltweit ersten elektrischen Warmlufthände-trockner – in einer Zeit, als noch kein Mensch auf die Idee kam, zum Hände trocknen etwas anderes als ein Handtuch zu benutzen.

Es folgten rasante Erfolgsjahre und an-schließend eine wechselvolle Geschichte. In der Wirtschaftswunderzeit produzierte das Unternehmen aus Reichenbach an der Fils eine ganze Palette an Haushalts- und Küchengeräten, darunter die legen-

däre Starmix-Küchenmaschine, die in keinem ordentlichen deutschen Haushalt fehlen durfte. Später schlitterte die Firma knapp an der Pleite vorbei und die ALGO-Gruppe aus Russland übernahm 2005 das schwäbische Traditionsunternehmen. Roman Gorovoy, der Sohn des russischen Unternehmers, hatte gemeinsam mit Ro-bert Schöttles Urenkel im Internat Schloss Salem die Schulbank gedrückt und ist heute Electrostar-Geschäftsführer.

Inzwischen produziert Electrostar vor allem wieder Industriesauger und Hände-trockner, gehört dort nach wie vor zu den Marktführern und behauptet sich durch Innovationen. Ganz aktuell hat eine Studie des Umweltbundesamtes einem Starmix-Hochgeschwindigkeitstrockner Bestnoten in Sachen Umweltfreundlich-keit und Hygiene erteilt. (hel)

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Existenzgründung

„Mich hat bei meinem Studium und der anschließenden Selbstständigkeit immer interessiert, praxis- und er- gebnisorientiert zu arbeiten“, erzählt Brändle, der an der Universität Hohenheim Biologie studiert hat. So habe sich die Idee für das eigene Unternehmen ergeben.

In den beiden Geschäftsbereichen Unkrautbekämpfung und Pflanzenschutz arbeitet die Firma mit der Untersu-chung des Erbguts. Um beispielsweise eine Krankheit in einem sehr frühen Stadium festzustellen, nutzt Identxx die molekularbiologische Methode der Polymerase- Kettenreaktion. Hierbei werden DNA-Stücke, die Infor- mationen über Krankheit oder Resistenzen enthalten, gezielt vervielfältigt und anschließend sichtbar gemacht. „Jeder Nachweis muss exakt maßgeschneidert sein. Ge-nau darin liegt unser Know-how“, erläutert Brändle. So hat sich Identxx trotz seiner geringen Größe in kurzer Zeit zu einem europaweit führenden Anbieter agrodiag-nostischer Dienstleistungen entwickelt.

Pflanzenkrankheiten sind eine sprichwörtliche Pest. Pilze, Bakterien und Viren führen zu Ertragsausfällen und ruinieren im schlimmsten Fall ganze Ernten. Wächst die Pflanze, ist es wichtig, einen potenziellen Krank-heitsbefall so früh wie möglich zu erkennen. Kommen Pflanzenschutzmittel zum Einsatz, gilt es hingegen, mögliche Resistenzen früh festzustellen. In diesen beiden Geschäftsfeldern ist die Identxx GmbH aus Stuttgart seit sechs Jahren aktiv. Das Team um Dr. Frank Brändle unterstützt Unternehmen mit modernsten molekular-biologischen Methoden bei der Gesunderhaltung und Ertragssicherung von Kulturpflanzen.

„Für unsere Kunden erarbeiten wir maßgeschneiderte Diagnoselösungen, um Krankheiten und Resistenzen in Saatgut oder Pflanzenbeständen zu identifizieren“, erklärt Brändle, der das Unternehmen 2009 gegründet hat. Ohne die Möglichkeiten der Biotechnologie lassen nur später sichtbare Symptome einen Befall offenkundig werden. In vielen Fällen kann eine gesund erscheinende Pflanze bereits infiziert sein. Wenn die Krankheit schon in einem frühen Stadium erkannt wird, lassen sich Folgeschäden vermeiden, indem erkrankte Pflanzen beispielsweise zum Schutz des Bestandes gerodet oder Pflanzenschutzmittel gezielter eingesetzt werden.

Die Identxx GmbH aus Stuttgart stellt Krankheitserreger und Resistenzen bei Pflanzen fest

Die Pflanzenschutzvorhersager

„Jeder Nachweis muss exakt maßgeschneidert sein. Genau darin liegt unser Know-how“

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Existenzgründung

Zu wissen, ob Pilze, Bakterien oder Viren im Saatgut oder in der Pflanze versteckt sind, liefert wichtige Ent- scheidungsgrundlagen für Pflanzenschutzmaßnahmen und Kulturführung. „Mit unserer Hilfe lassen sich Schäden vorbeugen, und der Einsatz von Pflanzen-schutzmitteln kann deutlich verringert oder optimiert werden“, sagt Brändle. Identxx arbeitet mit Behörden, Anbauverbänden, bäuerlichen Interessengemein- schaften wie auch agrarwirtschaftlichen Beratern zusammen.

Die Selecta-Gruppe aus Stuttgart, einer der weltweit führenden Züchter und Produzenten von Zierpflanzen, wird durch Identxx bei einem Teil ihres Qualitätsmanage-ments unterstützt. Blattproben von Weihnachtssternen, die zu einem der Hauptumsatzbringer des Unterneh-mens zählen, werden regelmäßig darauf untersucht, ob sie frei von Bakterien sind, die eine Fleckenkrankheit verursachen – erkrankte Pflanzen wären nicht verkäuf-lich und würden hohe Umsatzeinbußen verursachen.

Die Mitarbeiter von Identxx arbeiten auch an For-schungsprojekten mit. So entwickelt das Biotech- Unternehmen derzeit ein molekulares Verfahren zur schnellen Diagnose der Rubus stunt – einer Krank- heit, die bei Himbeeren zu Verwachsungen führt und massive Ertragsausfälle zur Folge hat. In einem weiteren Projekt wird ein innovatives Untersuchungs-system mit dem Namen QWERT entwickelt, das erstmals eine gezielte Resistenzanalyse von Pflanzen innerhalb weniger Tage ermöglichen soll. Identxx verfügt über ein hochmodernes Labor und hat durch eine langjährige Kooperation Zugriff auf Gewächs- hausflächen unter der Leitung erfahrener Fachkräfte. „Dadurch ist es uns möglich, modernste molekular- biologische Technologien einzusetzen und diese mit klassischen Gewächshausstudien zu verbinden“, erläutert Brändle. Astrid Schlupp-Melchinger

Gründungsjahr: 2009 Sitz: Stuttgart Mitarbeiter: 2 identxx.com

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20 179 Das Standortmagazin der Region Stuttgart 2/2015

Fachkräfte

Bei der Böblinger Unternehmensberatung Dexina arbeiten alle, wann und wo sie wollen

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Her mit dem schönen Leben – auch bei der Arbeit

„Work-Life-Balance ist Quatsch!“ – Diese provokative Auffassung vertritt Heiner Scholz, der Gründer und Vorstand der Böblinger Dexina AG. „Wir wollen schließ-lich auch bei der Arbeit ein gutes Leben haben“, betont der Unternehmer und ergänzt, dass dazu für ihn auch die Mög-lichkeit gehört, die Zeit für Arbeit, Familie, Freunde oder ein zeitaufwändiges Hobby ausbalancieren zu können. „Für uns heißt Live@Work, dass man an das Leben bei der Arbeit den Anspruch wie an das Leben im Privaten hat. Und eben nicht das Leben morgens um acht Uhr abgibt und nach Feierabend um 17 Uhr wieder abholt.“ Wer wissen will, wie so etwas in der Praxis funktioniert, den lädt er ein ins Forum 1 auf dem Böblinger Flugfeld. Dort hat sein Beratungsunternehmen mit rund 60 festen und 40 freien Mitarbeitern 2013 einen neuen Bürokomplex bezogen.

Der Umzug seiner Firma war für den drei-fachen Familienvater Anstoß, um seine jahrelang gehegte Vision von einer lebens-werten und familienfreundlichen Arbeits-kultur tatsächlich Realität werden zu lassen. Ein spezielles Raumkonzept bot endlich den passenden Rahmen für seine Ideen. Die Belegschaft experimentierte, verwarf und optimierte, bevor sie alle Maßnahmen, die sich bewährt hatten, in der Philosophie Live@Work zusammen-

fasste. In den letzten zwei Jahren haben sich dadurch nicht nur die Arbeitsum-gebung, sondern auch der Alltag des Unternehmens vollkommen verändert. Vertrauensarbeitszeit, „Everywhere Office“, eine stärkenorientierte Personal-entwicklung und ein betriebliches Ge-sundheitsmanagement sind zentrale Bau-steine der Firmenkultur geworden. Mit großer Überzeugung empfiehlt Dexina das Konzept auch ihren Kunden weiter, denn die Beratung zu modernen Arbeits-welten und -kulturen ist zwischenzeitlich der wichtigste Schwerpunkt des Dienst-leistungsportfolios.

Wer jedoch glaubt, dass es bei Dexina nur ums Wohlfühlen geht, der liegt falsch, warnt Heiner Scholz vor unrealistischen Erwartungen. „Wir arbeiten sehr hart und fordern viel von unseren Mitarbeitern. Mehr Freiheit bedeutet automatisch auch mehr Verantwortung“, betont er. Es zählt ausschließlich das Ergebnis und nicht die Anwesenheit im Unternehmen. Auf dem Böblinger Flugfeld wird Vertrauens-arbeitszeit wörtlich genommen und jeder arbeitet, wann und wo er will. Dass darüber der Vorgesetzte informiert wird, ist jedoch für alle selbstverständlich.

Sandra Dambacher, zuständig für Kom-munikation, hat einige ihrer Ideen bei sich zu Hause auf dem Sofa oder im Garten entwickelt, weil sie dort die notwendige Ruhe hatte. Sie kommt morgens oft erst gegen 10 Uhr ins Büro, hat jedoch kein

Problem, auch noch spätabends ihre Mails zu beantworten. Das wird allerdings nicht erwartet, und es gibt bei Dexina auch zahlreiche Kollegen, die ganz klassische Arbeitszeiten wählen und ihren Mail-account nach 17 Uhr keines Blickes mehr würdigen. Einige Mitarbeiter arbeiten Teilzeit, andere wollen einfach ganz spon-tan mal später starten oder früher gehen. Prinzipiell sind alle Zeitmodelle möglich, wenn sie im Team und mit den Vorgesetz-ten abgesprochen sind. Warum jemand an bestimmten Tagen weniger oder im Homeoffice arbeiten will, danach fragt niemand.

Viele Interessierte kommen nach Böblin-gen, um vor Ort zu begutachten, wie eine Arbeitswelt aussieht, in der selbst der Chef keinen eigenen Schreibtisch mehr hat, Kinder herumtollen und die Mitarbei-terküche besser ausgestattet ist als die eigene daheim. Zur Dexina-Arbeitswelt ge-hören auch ergonomische Arbeitsplätze, Rückzugs- und Kreativzonen, eine Dach-terrasse zum Arbeiten und Relaxen sowie ein schallgedämpft verglastes Kinder-büro. In diesem treffen die Besucher mög-licherweise auf André Fröhlich und seine Tochter Lena, die hier von Zeit zu Zeit ge-meinsam den Tag verbringen. Die Kleine ist zwischenzeitlich der Liebling vieler Kolleginnen und deshalb nicht selten auch auf der gesamten Bürofläche unterwegs. Für die jungen Eltern bei Dexina ist es eine große Erleichterung, dass sie ihre Kinder jederzeit mit ins Büro nehmen können.

Aber auch Berufseinsteiger oder erfahre-ne Experten sind von der offenen und kreativen Atmosphäre des Unternehmens beeindruckt, egal ob sie hier schon länger arbeiten oder zu Vorstellungsgesprächen nach Böblingen kommen. Ihr persönliches Feedback zeigt Heiner Scholz, dass sich Menschen in allen Lebensphasen in der Dexina-Arbeitswelt wohlfühlen. Hohe Bewerberzahlen, sinkende Fluktuations- und Krankheitsraten sowie eine bei Mitarbeiterbefragungen ermittelte gute emotionale Bindung an das Unternehmen sind ganz konkrete Messgrößen, die ihm den Nutzen von Live@Work bestätigen. Monika Nilldexina.de

„Wir arbeiten sehr hart und fordern viel von unseren Mitarbeitern“

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21179 Das Standortmagazin der Region Stuttgart 2/2015

Freizeit

Im August 1957 brach ein VW-Käfer in Kirchheim am Neckar zu einer Reise nach Afrika auf. Er tuckerte über den westlichen Teil des Schwarzen Kontinents bis zum Kap der Guten Hoffnung, um dann über Ostafrika in Richtung Europa zurückzukehren. Am Steuer saß Arthur Benseler, Volkswirt von Beruf. Von nach-folgenden Touren brachte er eine Fülle von Material mit. Eine Kunstsammlung, ein Bild- und Musikarchiv sowie eine Bücherei sind im Afrika-Haus unterge-bracht, das der Weitgereiste in Freiberg am Neckar dafür errichten ließ.

„Das Afrika-Haus, immer wieder auch Stätte des persönlichen Austauschs mit afrikanischen Künstlern, soll so den interkulturellen Austausch fördern, ver-fehlte kulturelle Apartheid-Ideen vermei-den helfen und statt dessen Vorstöße in neue künstlerische Dimensionen ver-suchen” – so formulierte es der Grün-der des Museums, der im Jahr 2010 85-jährig verstarb.

Das Spezialmuseum zeigt äußerlich Anklänge an den berühmt gewordenen Ndebele-Kral in Südafrika, der als eine der schönsten und künstlerisch ausge-reiftesten Formen dieser traditionellen afrikanischen Wohnstatt gilt. Die Frei-berger Sammlung umfasst eine breite Palette an Kunstrichtungen aus den ver- schiedensten geografischen Regionen des riesigen Kontinents. Ebenso werden die Wurzeln der neuen Kunst in alten kulturellen Bräuchen dargestellt, Verbin-dungen zu Ahnen- und Fruchtbarkeits-kulten aufgezeigt, ebenso wie zu den Kulten des Animismus und den mysti-schen Vorstellungen der Magie- und Maskengeisterkulte. Jedes Jahr bietet das Afrika-Fest eine ganz besondere Gelegenheit, den faszi-nierenden Kulturen dieses Kontinents zu begegnen. Herzlich willkommen, oder, wie es auf Kisuaheli heißt: „Komm herein“ – „Karibu!“ (asm)

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4. Juli 2015MusikfeuerwerkZehntausende bunte Lichter in den königlichen Gärten des Blühenden Barock zu Ludwigsburg, Musik und ein darauf abgestimmtes Feuer- werk als Höhepunkt.blueba.de

10. Juli bis 2. August 2015Biennale SindelfingenKunst und Theater im Herzen Sindelfingens verzaubern die Stadt im Sommer zum 750-jährigen Stadt- jubiläum mit einem reichhaltigen Programm – vom Glockenkonzert bis zu Gourmetfreuden.sindelfingen.de

17. bis 21. Juli 2015Feiern auf der SchoWoBeim traditionellen Stadtfest im Herzen von Schorndorf passt alles: Festumzug, Fassanstich, Musik, Kultur und Kinder- und Jugend- angebote: einfach gut.schowo.de

23. Juli bis 1. August 2015Theater in MarbachPlatonow oder Der Anarchist als Liebhaber: Auf dem Burgplatz in Marbach am Neckar nimmt das Tschechow-Drama seinen Lauf.schillerstadt-marbach.de

5. bis 6. September 2015DampfspektakelIn Plochingen treffen sich im Landschaftspark kleine und große Dampfbahner zum internationalen Dampffest mit vielen Lokomotiven, Nachtfahrt und Feuerwerk und feiern 35 Jahre Dampfbahner.plochingen.de

Bis 31. Januar 2016Nackte HautDas Haus der Geschichte Baden- Württemberg wagt den Blick auf die Unterwäsche. Ein Exkurs in die Kultur- und Sittengeschichte, aber auch in die Wirtschaftsgeschichte des deutschen Südwestens.hdgbw.de

Naturerlebnis vor Kirchheims HaustürDie drei Seen bei Kirchheim/Teck bieten für alle etwas: Der Untere See lockt mit Bademöglichkeiten, eigens angelegten Inseln und Grillplätzen. Am Mittleren See tummeln sich die Angler. Die Ufervegetation bietet Salamandern, Molchen, Kröten und Fröschen Lebensraum. Der Obere See ist ein Biotop mit artenreichen Uferpflanzen.kirchheim-teck.de

Theater im KlosterIm Heilkräutergarten des Klosters Adelberg versammeln sich an die 300 Pflanzenarten. In der Klosterhof- villa sind regelmäßig Kunstausstel- lungen zu sehen. Im Hochsommer begeistern die Freilichtspiele im Klosterhof seit vielen Jahren theater-begeisterte Besucher. An lauen Sommerabenden bleibt die Atmos- phäre vor der stimmungsvollen Ulrichskapelle in Erinnerung.adelberg.de

tipps

Das Afrika-Haus in Freiberg am Neckar

„Karibu“ – Komm herein!

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Wirtschaftsförderung Region Stuttgart Aktuell

22 179 Das Standortmagazin der Region Stuttgart 2/2015

Die Region Stuttgart macht auf der Jobmesse Connecticum 2015 in Berlin eine gute Figur

gang Controlling mit dem Schwerpunkt Value Chain Management eingeschrieben und möchte eine Idee bekommen von den Unternehmen, deren Namen über-regional nicht so bekannt sind. Christin Schumann hingegen kennt die baden-württembergische Hauptstadtregion be-reits aus eigener Anschauung. Sie studiert Tourismusmanagement, schwärmt von der Freundlichkeit der Menschen im Süd- westen und möchte ihren Master in Stutt-gart machen. „Es gibt so viel zu sehen und mein Traumarbeitgeber Porsche ist dort.“

Ganz konkrete Umzugspläne hegt Krasi-mira Meyer aus Bulgarien, die seit 20 Jah-ren in Berlin lebt. „Ich liebe Stuttgart und die Region. Die Region ist wunderschön“, ruft sie begeistert. Die Bulgarin hat sich einen Zweitwohnsitz in Stuttgart-Botnang zugelegt und schaut sich nach Studien-möglichkeiten für ihre Tochter um. Auch eine US-Amerikanerin trägt sich mit dem Gedanken, die Spree gegen den Neckar einzutauschen. Sie absolviert gerade ihr Auslandssemester in Berlin und erzählt: „In meinem International Business Studi- um habe ich schon viel von dieser erfolg-reichen Region gehört. Da möchte ich hin!“

Häufiger ist noch immer der umgekehrte Weg, bekanntlich stellen Schwaben die größte Minderheit in Berlin. Auffällig viele Landsleute im Exil nutzen die Messe, um am Stand der Region Stuttgart mal wieder Heimatluft zu schnuppern. Deren Exper-tise kann für andere Besucher wertvoll sein, etwa für eine Bauingenieurin, die sich noch überlegt, ob sie ein Jobangebot aus Esslingen annehmen soll. Sie studiert die Standortkarte und strahlt: „Da gibt es ja echt viel zu entdecken!“ Helmuth Haag

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„Da möchte ich hin!“

25.000 Jobangebote, 400 Unternehmen, über 7.000 Besucher: Die Connecticum in Berlin gehört zu den großen Karriere-messen in Deutschland. An Studierende und Jungakademiker vor allem der Fach-richtungen IT, Ingenieur- und Wirtschafts-wissenschaften richtet sich die Messe im ehemaligen Flughafen Tempelhof. Dort hat die WRS die Region Stuttgart als at- traktiven Ort zum Leben und Arbeiten präsentiert – und ist auf großes Interesse gestoßen: „Wir haben in zwei Tagen über 600 Gespräche geführt“, berichten Gabri-ele Tiemann und Kathrin Engelhard, die zu zweit vor Ort waren und für das nächs-te Jahr bereits Verstärkung angefordert haben.

Mit im Gepäck waren Informations- materialien zur Automobilbranche, zum Maschinenbau, Green Tech und zu weite-ren Kernbranchen der Region Stuttgart. Auch die Angebote des Welcome Center Stuttgart kamen bei den internationalen Studierenden sehr gut an. Konkrete Job- angebote lieferte die regionale Jobbörse jobs.region-stuttgart.de, auf die Interes-sierte mit bereitgestellten Tabletcompu- tern bequem zugreifen konnten. „Stuttgart ist einfach bekannt für seine erfolgreiche Wirtschaft. Ich möchte im strategischen Personalmanagement einsteigen und das bewusst im Mittelstand“, formuliert ein Standbesucher seine Vorstellungen. Die regionale Jobbörse liefert, mit den ent-sprechenden Suchbegriffen gefüttert, einen ersten Eindruck.

Viele haben von der Region Stuttgart nur eine vage Vorstellung als starkem Wirt-schaftsstandort mit viel Mittelstand und wollen sich vertieft informieren. Marcel Voigt aus Leipzig ist im Masterstudien-

7. Juli 2015Immobiliendialog Region StuttgartDer größte regionale Branchentreff in Deutschland befasst sich mit dem Wandel bei Industrie, Büro, Logistik und Wohnen.

Ort: Rathaus, Stuttgart

heuer-dialog.de/10652

15. Juli 2015Sommerforum Business Angels Region StuttgartKapitalsuchende Technologieunter- nehmen aus der Region präsentieren sich und ihre Ideen vor Business Angels.

Ort: Stuttgart

business-angels-region-stuttgart.de

22. Juli 2015Cannes Lions Report 2015Zehn Unternehmensvertreter schildern ihre ganz persönlichen Eindrücke vom größten Branchentreff für Agenturen, Werbe- und Kommunikationsprofis und berichten von den wichtigsten Trends 2015.

Ort: Hospitalhof, Stuttgart

film.region-stuttgart.de

22. Juli 2015Sommerempfang Region StuttgartFestredner ist Joachim Rücker, Vorsitzender des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen und ehemaliger Oberbürgermeister von Sindelfingen.

Ort: Vinum, Stuttgart

19. August 2015Leben und Arbeiten in der Region StuttgartInformationsabend für internationale Fachkräfte, Studierende und Absolventen sowie deren Familien- angehörige.

Ort: Weltcafé, Stuttgart

welcome-center-stuttgart.de

30. September 2015MARS – Music Award Region StuttgartMusikformationen, Musikprodukte und innovative Unternehmens- gründungen aus der Region Stuttgart werden prämiert.

Ort: Club Zapata, Stuttgart

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Industrie 4.0

Produktionstechnik und Informa-tionstechnologie verschmelzen immer mehr. Alles wird immer digitaler, schneller und flexibler. Werkstücke geben Maschinen Anweisungen. Autos sind online mit anderen Autos verbunden und Haushaltsgeräte wählen sich ins Internet ein. Firmen aus der Region Stuttgart drehen mit am großen Rad.

Die nächste 179-Ausgabeerscheint im September 2015. nä

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mHerausgeberWirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS)Friedrichstraße 1070174 Stuttgart

Telefon 0711 2 28 35-0

[email protected]

GeschäftsführerDr. Walter Rogg

VerantwortlichHelmuth Haag (hel)

RedaktionHelmuth Haaghelmuth.haag@ region-stuttgart.de

Die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH ist eine Tochter des Verband Region Stuttgart. Das Infomagazin „Region Stuttgart aktuell” können Sie auf der Website des Verbandes einsehen und bestellen:

region-stuttgart.org region-stuttgart.de

Wirtschaftsförderung Region Stuttgart Aktuell

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Autoren dieser AusgabeHelmuth Haag (hel), Sonja Madeja (som), Monika Nill (nil), Michael Ohnewald (moh), Tobias Schiller (tos), Leonie Rörich (leo), Astrid Schlupp-Melchinger (asm)

Gestaltung Projektgruppe Visuelle Kommunikation, Ludwigsburg

ErscheinungsweiseQuartalsweise

Abonnement/[email protected]

Zur besseren Lesbarkeit wird teilweise auf die weibliche Form verzichtet.

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Technologietransfer für die ProduktionstechnikMit einem neu eingerichteten Service unterstützt die WRS kleine und mittlere Un-ternehmen der Region dabei, neue Tech-nologien und Forschungsergebnisse für die Produktionstechnik wirtschaftlich nutzbar zu machen. Durch mehr neue Produkte und Fertigungsprozesse soll die Wettbe-werbsfähigkeit der Firmen gesichert und ausgebaut werden. Die eigens dafür einge-richtete Position des Technologietransfer-Managers wird vom Ministerium für Finan-zen und Wirtschaft Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) unterstützt. Zu den Dienstleistungen der WRS gehört die Vermittlung geeigneter Ansprechpartner in Forschungseinrichtungen, Hilfe bei der Übertragung von Forschungsergebnissen auf die spezifischen Anforderungen eines Unternehmens, gezielte Informationen über mögliche Förderprogramme sowie Unter-stützung auch bei nichttechnischen Frage-stellungen. Kontakt unter 0711 22835-894, [email protected].

maschinenbau.region-stuttgart.de

Für die Rekrutierung und Integration von ausländischen Fachkräften erhält die Region Stuttgart vom Land Baden-Württemberg Fördermittel in Höhe von 310.000 Euro. Mit dem Geld unterstützt die WRS vor al-lem die kleinen und mittleren Firmen der Region dabei, internationale Fachkräfte zu gewinnen und zu halten sowie eine Will-kommenskultur aufzubauen. Die WRS hat bereits eine Datenbank für Dienstleister der Willkommenskultur in der Region ein-gerichtet sowie gemeinsam mit mehreren kleineren Firmen ein Unternehmensnetz-werk zu diesem Thema gegründet. Ge-meinsam mit der Fachkräfteallianz Region Stuttgart fördert die WRS die Integration von Migranten. Mit den jetzt bewilligten Landesmitteln wird auch ein Teil der Per-sonalkosten für das gemeinsame Welcome Center mit der Landeshauptstadt Stuttgart im Alten Waisenhaus finanziert.

welcome.region-stuttgart.de

310.000 Euro für Fachkräftesicherung Das Welcome Center Stuttgart hat eine

Inforeihe für Fachkräfte ins Leben ge-rufen. Der Informationsabend „Leben und Arbeiten in der Region Stuttgart“ wendet sich mit wechselnden Themen an internationale Fachkräfte, Studierende und Absolventen sowie deren Familien-angehörige. So unterstützt das Welcome Center beim Ankommen und heimisch werden in der Region. Monatlich ab-wechselnd mit dem Infoabend findet der Neubürgerstammtisch im Weltcafé statt, der sich an alle Personen richtet, die neu in der Region Stuttgart sind und Kontakte knüpfen, sich informieren und austauschen möchten.

welcome-center-stuttgart.de

Angebote für Neu-bürger und Fachkräfte

Schnelles Internet für die RegionMit Hilfe eines Modellprojekts, für das der Wirtschaftsausschuss der Regional-versammlung seine Zustimmung gegeben hat, soll die Versorgung mit schnellem Internet in der Region verbessert wer- den. Dabei arbeiten der Verband Region Stuttgart, die WRS sowie die Landeshaupt-stadt Stuttgart und alle fünf Landkreise der Region zusammen. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucher-

schutz Baden-Württemberg hat finanziel-le Unterstützung signalisiert. Zunächst wird in Zusammenarbeit mit den Land-kreisen die Netzinfrastruktur regions- weit geplant. Der Ausbau der Backbone-Netze erfolgt in einem zweiten Schritt. In Teilen der Region Stuttgart lässt unter anderem die Versorgung von Gewerbe-gebieten mit Breitbandinternet mittels Glasfaser zu wünschen übrig.K

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Friedrichstraße 1070174 Stuttgart

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Lutz Schelhorn

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