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1 19. Januar 2018 Dokumentation zum Workshop für Netzwerkmitglieder der Allianz Wiedereinstieg im Rhein-Kreis Neuss zur Verbesserung der Potenzialanalyse im Rahmen beruflicher Integration

1Dokumentation WS PA 190118 - Kompatibilitätsmodus · Der Wortstamm Potenzia bedeutet das Vermögen, die Kraft. Der Potenzialbegriff beinhaltet einmal den Zukunftsaspekt: Beispielsweise

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19. Januar 2018

Dokumentation

zum

Workshop für Netzwerkmitglieder der Allianz Wiedereinstieg im Rhein-Kreis Neuss

zur

Verbesserung der Potenzialanalyse im Rahmen

beruflicher Integration

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Einführung

Die Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Der berufliche Wiedereinstieg stellt einen neuen Lebensabschnitt dar. Dieser ist, wie wir wissen mit vielen Fragen und Unsicherheiten behaftet. Dazu gehört auch ein Bündel von Überlegungen, die WiedereinsteigerInnen für sich selbst und gleichzeitig für ihre familiäre Situation anstellen müssen.

Dementsprechend gehören zu diesem Prozess der Berufsorientierung Fragen, die die inhaltliche Ausrichtung betreffen, als auch die der Organisation von Arbeitsbedingungen und damit der Machbarkeit.

Die Situation des Wiedereinstiegs ist grundsätzlich damit verbunden, dass eine Unterbrechung stattgefunden hat.Diese Pause ist häufig nicht nur der Grund für sondern vor allem eine Chance zur Neuausrichtung. Daraus resultiert die Notwendigkeit, in erster Linie eine Analyse bezüglich aller in der Person liegenden Optionen herbei zu führen. Auf dieser Basis kann das Berufsziel identifiziert, klar benannt und damit auch verfolgt bzw. erreicht werden.

Wie funktioniert Orientierung und wie können Perspektiven hin zum Berufsziel überhaupt entwickelt werden?

Der erfolgreiche Wiedereinstieg beginnt im Kopf!

Zunächst gilt es also, die Ratsuchenden dabei zu unterstützen, eine Klärung herbei zu führen wo er oder sie steht. Dazu gehört natürlich auch die bisherige Berufsbiografie. Gleichzeitig entstehen noch folgenden Fragen:• Will ich wieder in meinen erlernten Beruf?• Wie stehen hier die Chancen für mich?• Bin ich noch auf dem neuesten Stand?• Oder soll ich jetzt die Chance nutzen und etwas ganz Neues anfangen?• Was habe ich in der Zwischenzeit an Talenten und Fähigkeiten erworben, die mir jetzt zusätzlich nutzen?• Kann, darf oder soll ich dem Ruf nach einem alten, aber immer noch vorhandenem Wunschberuf folgen?• Würde ich die Voraussetzungen dafür mitbringen?

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Einführung

Die Klärung all dieser Fragen kann über den Einsatz einer Potenzialanalyse unterstützt werden.

Warum?

Das Offenlegen von Potenzialen hilft all das aufzudecken, was noch nicht über Bildungsabschlüsse nachweisbar auf der Hand, sondern noch im Verborgenen liegt.

Potenzial geht über die Frage der aktuellen Leistung hinaus.

Die Übersetzung des lateinischen Begriffs deckt es auf: Der Wortstamm Potenzia bedeutet das Vermögen, die Kraft.

Der Potenzialbegriff beinhaltet einmal den Zukunftsaspekt: Beispielsweise die Frage, auf welches Leistungsniveau kann eine Person aufgrund ihrer grundlegenden Fähigkeiten zukünftig kommen?

Der zweite Aspekt des Potenzialbegriffs bezieht sich auf die Übertragbarkeit und die Generalisierbarkeit der Leistung auf andere Aufgaben und Herausforderungen: In welchen anderen – dann beruflichen Situationen - kann diese Person also ebenfalls ein bestimmtes Leistungsniveau zeigen?

Ein bekanntes Beispiel dafür sind LeistungssportlerInnen. LeistungssportlerInnen wird auch nach Beendigung ihrer sportlichen Karriere einiges zugetraut. Warum? Weil sie Ehrgeiz, Disziplin und Teamfähigkeit bewiesen haben- um nur einige Beispiele zu nennen. Auch wenn wir es in der Regel mit weniger spektakulären Lebensläufen zu tun haben, so findet sich der Kern dieses Denkens in der Potenzialanalyse wieder.

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Einführung

Wir unterscheiden formales und informelles Lernen. Das Formale findet organisiert, z.B. in der Schule statt. Das informelle Lernen findet im Handeln, im prallen Leben und vor allem in der selbst motivierten Auseinandersetzung mit Themen und Inhalten statt. Wissen, das auf diesem Wege erworben wird, bringt den Lernenden deutlich höhere und nachhaltigere Lernerträge. Diese informell erworbenen Kenntnisse im Rahmen eines Profilings zu erheben ist seit vielen Jahren anerkannt und etabliert.

Ebenso verhält es sich mit den Potenzialen, d.h. noch verborgenen Talenten, Veranlagungen und Stärken eines Menschen. Diese für die Berufs-Erst-Orientierung zu analysieren ist für SchülerInnen und Jugendliche oder auch Geflüchtete zum Standard geworden. Im Rahmen von KAoA werden umfassenden Tests mit der Methode hamet 2, einem handwerklich-motorischen Eignungstest, durchgeführt.

Über die handlungsorientierten Tests werden systematisch berufliche sog. Basiskompetenzen wie z.B. Feinmotorik ermittelt. An dieser Stelle taucht nun parallel der Begriff Kompetenzen auf. Auch diesem Begriff werden wir im Laufe des heutigen Workshops mit dem Ziel auf den Grund gehen, ihn ebenfalls im Sinne der schrittweisen Berufsorientierung einsetzen zu können.

Kompetenzfeststellungsverfahren wie z.B. hamet 2, das für SchülerInnen eingesetzt wird, dauert mindestens einen ganzen Tag plus umfänglichem Auswertungsaufwand. Diese Zeit existiert in der Beratung nicht!

Deshalb widmet sich der Workshop „kleiner“ Methoden, die im Rahmen der Beratungsarbeit einfließen können.

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Begriffsdefinition

Was ist eine Potenzialanalyse?

von lat. potentia = Stärke, Macht und Analyse bezeichnet die strukturierte Untersuchung des Vorhandenseins bestimmter Eigenschaften (Fähigkeiten). Potenzialanalysen liefern Informationen zu Fragen nach der Fähigkeit von Menschen.(Quelle: Wikipedia)

Das Ziel dabei ist das Erfassen der bislang noch nicht be- oder erkannten Fähigkeitspotenziale eines Menschen. Das Entdecken dieser „schlummernden“ Stärken kann für zukünftige berufliche Tätigkeiten eingesetzt werden.

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Ziele

• Erfassen der bislang noch nicht be- oder erkannten Fähigkeitspotenziale eines Menschen

• Entdecken „schlummernder“ Stärken, die für zukünftige Tätigkeitengenutzt werden können

• Anhaltspunkte für weitere Schritte erarbeiten

Aus Sicht der Wiedereinsteigenden

• Kompetenzen erleben

• Motiviert werden, die Potenziale zu entwickeln

• Verbesserung der Selbstwahrnehmung

• Fremdwahrnehmung nutzen

• Neigungen und Interessen reflektieren

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Nutzen

Potenzialanalysen erfassen

• Wissen

• Fähigkeiten

• Kompetenzen

• Interessen, Motivation und

• Persönlichkeitsmerkmale

Im Mittelpunkt der Potenzialanalyse liegt dieZukunftsprognose

Auf Basis des entstandenen Potenzialprofils besteht die Möglichkeit, einen Abgleich zu beruflichen Tätigkeitsfeldern vorzunehmen, um die weiteren Schritte des Orientierungsprozesses zu konkretisieren.

Im Rahmen einer Potenzialentwicklung können die festgestellten Stärken gezielt genutzt und erkannte Schwächen bearbeitet werden.

Die Chance, die sich im Rahmen der Berufsorientierung aus diesem Verfahren ergibt, ist dass das Eignungsprofil der Person mit dem Anforderungsprofil eines Berufsfeldes abgeglichen werden kann, um daraus notwendige Schritte abzuleiten.

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Begriffsklärung bzw. -abgrenzung

Fähigkeiten die Anlage, etwas zu wissen oder zu können, oder das Imstandesein, etwas zu tun

KompetenzVerbindung von Wissen und Können in der Bewältigung von Handlungsanforderungen

Kompetenzen = Handlungsfähigkeit:im Vordergrund steht die Anwendung, Kompetenzen zeigen sich durch Verhaltensweisen

Beispiel zum Begriff Potenzial:„Ist der Mitarbeiter kompetent genug, um das Projekt zu leiten?“„Hat die Mitarbeiterin das Potenzial zur Führungskraft?“Die Kompetenzen des Menschen passen zu den Anforderungen eines Jobs. Und falls sich z.B. die Anforderungen verändern, nutzt diese Person die Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln, und gestaltet die Situation aktiv mit.

Das zeigt dann dessen Potenzial.

Methodische Vorgehen über Profiling: Abgleich zwischen Bewerberprofil und Stellenprofil = Matchingprozess

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Begriffsklärung

1. aktive Sequenz und Aufgabenstellung:Zuordnung verschiedener Begriffe der Verfahren gem. Arbeitsblatt „Begriffesalat“ zu den 3 Methoden

• Potenzialanalyse

• Kompetenzfeststellungsverfahren

• Profiling

(Foto: Ergebnisse der Gruppenarbeiten)

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Ergebnis

Potenzialanalyse und Kompetenzfeststellungsverfahrengehen Hand in Hand und können synonym verwendet werdenEs geht um die Ermittlung der vorhandenen und noch verborgenenPotenziale und Kompetenzen.

Profiling meint im Schwerpunkt die Erhebung des aktuellen BewerberInnen-Profils für einen anschließenden Abgleich zwischen BewerbInnen- und Stellenprofil im sog. Matching-, d.h. Vermittlungsprozess

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Wie kann man Potenziale testen?

Über eine Kombination aus handlungs-orientierten Aufgaben wie:

• Tests

• Befragung

• Praxisübungen

• Beobachtungen

Praktisches Beispiel Assessment Center:

Eignungs- und Potenzialdiagnostik findet auch im Rahmen von Personalauswahlverfahren und zur Personalentwicklung statt.

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Nutzen und Einsatzbereiche von Potenzialanalysen

• Unterstützung im Orientierungsprozess geben

• Stärken erkennen, heraus arbeiten und nutzen

• Möglichkeiten aufzeigen

• Stärkung der Motivation

• Ziele definieren

• Wege identifizieren

• Ressourcen erarbeiten

• Entwicklung und Eigeninitiative fördern

• Orientierung stärken

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Welcher Aufwand entsteht?

2. aktive Sequenz und Aufgabenstellung:Bearbeiten eines Fallbeispiels „Frau Heike L.

� Wie kann die Potenzialanalyse in die individuelle Beratung einbezogen werden?

(Fotos: Ergebnisse aus den Gruppenarbeiten Teil 1)

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Welcher Aufwand entsteht?

2. Aktive Sequenz und Aufgabenstellung:Bearbeiten eines Fallbeispiels „Frau Heike L.

� Wie kann die Potenzialanalyse in die individuelle Beratung einbezogen werden?

(Fotos: Ergebnisse aus den Gruppenarbeiten Teil 2)

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Durchführung von Potenzialanalysen

Eine grundlegende Basis für die Durchführung einer Potenzialanalyse ist die gewollte Zusammenarbeit

Einfach gesagt müssen sowohl Ratgebende als auch Ratsuchende für das Instrument und den Nutzen den es birgt, offen sein. Einen Versuch zu starten, der schon den Zweifel am Vorteil des Verfahrens beherbergt, wird nutzlos bleiben.Zielführend ist es, wenn Ratgebende mögliche Methoden für sich ausgewählt haben, die sie inhaltlich gut kennen und sich mit ihnen und ihrem Nutzen „verbunden“ haben.

Auch eine gewisse Übung und Erfahrung in der Anwendung wird den Nutzeneffekt, d.h. die Verwertbarkeit der Ergebnisse verbessern. Zum anderen gehört die Mitwirkungsbereitschaft des Ratsuchenden dazu. „Niemand kann gelernt werden“. Damit ist die Haltung vieler Ratsuchenden gemeint, die Verantwortung und jede Aktivität auf die Institutionen und deren MitarbeiterInnen abzuwälzen. Zumindest existiert häufig die Erwartung, dass die Ratgebenden eine Lösung parat haben, die im Automatismus zur Lösung führt. Darüber hinaus benötigt auch eine „abgespeckte“ Version einer Potenzialanalyse ein Mindestmaß an Zeit. Idealerweise alles, was über einer Zeitstunde liegt.

Voraussetzungen - Anforderungen

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Verfahren und Instrumente

3. und 4. aktive Sequenz und Aufgabenstellung in ExpertInnengruppen

Beispielhafte Testverfahren und Methoden

• das narrative Interview (ausführliche Beschreibung siehe Handout)

• Selbstanalyse (beispielhafter Muster-Bogen siehe Anhang Handout)

• Einsatz von Bildern (Arbeitsblatt im Anhang dieser Dokumentation)

• Testverfahren (Links zu Testverfahren finden sich im Handout/ Arbeitsblatt im Anhang dieser Dokumentation)

• Übung „Wohngemeinschaft“ eine aktive und handlungsorientierte Übung zur Ermittlung von Sozialkompetenzen aus dem Methodenkoffer der Kompetenzfeststellungsverfahren hamet 2

• Hinweis:Der TALENTKOMPASS NRW ist ebenfallsein ausgereiftes Instrument, das Komponentenzur Erfassung persönlicher Potenziale beinhaltet und Ratgebenden zur Nutzung inkl.ausführlichem Leitfaden frei zur Verfügung steht

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Was passiert mit den Ergebnissen?

Die Elemente der Potenzialanalyse müssen sinnvoll aufeinander abgestimmt sein: Die Aufgaben, die Gestaltung von Selbst- und Fremdeinschätzung und die Dokumentation.

Im Anschluss an die Potenzialanalyse erfolgt immer ein Feedbackgespräch.

Viele Ratsuchende erleben dieses Gespräch als besondere Wertschätzung, da es hier in erster Linie um ihre individuellen Stärken geht.

Ziel ist es, gemeinsam alle Anhaltspunkte und konkreten Ergebnisse zusammenzuführen, um ein Bild über die resultierenden Kenntnisse zu fixieren.

Die Dokumentation kann in Form eines Kompetenz-Profils erfolgen.

Hierin können mit Blick auf spätere Bewerbungsverfahren

alle ermittelten Kenntnisse, Kompetenzen, Fertigkeiten,

Fähigkeiten und Potenziale aufgelistet werden,

die das Profil der Wiedereinsteigenden abbilden.

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Bilderquellen

• http://www.fachkraefte-offensive.de/DE/Fuer-Fachkraefte/Erfolgreich-einsteigen/orientierung.html

• https://www.stchas.edu/student-life/student-services/assessment-center/

• https://venios.de/en/pflanzen-wachstum/

• https://www.weka.ch/themen/fuehrung-kompetenzen/mitarbeiterfuehrung/qualifikation-und-ziele/article/ziele-formulieren-mit-der-smart-formel-klare-ziele-formulieren/

• http://truelove1989.blogspot.de/2013/10/wir-leben-zu-sehr-in-der-vergangenheit.html

• http://www.als-leonberg.de/?p=4588

• www.netzwerk-lernen.de

• www.karrierebibel.de

ANHANG

Handout

zum

Workshop für Netzwerkmitglieder der

Allianz Wiedereinstieg im Rhein-Kreis Neuss

zur

Verbesserung der Potenzialanalyse im Rahmen

beruflicher Integration

am Freitag, 19. Januar 2018

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 2 von 16

Inhalt

1. Eckpunkte der Potenzialanalyse .............................................................................. 3

Begriffsdefinitionen ...................................................................................................................... 3

Was ist eine Potenzialanalyse? ................................................................................................ 3

Abgleich zu Profilings und Kompetenzfeststellungsverfahren ..................................... 4

Wie kann man Potenziale testen? .......................................................................................... 6

Abgrenzung Klärung zu den Begrifflichkeiten Fähigkeiten und Kompetenzen ..... 7

2. Nutzen und Einsatzbereiche von Potenzialanalysen ................................... 9

In welchem Rahmen können Potenzialanalysen eingesetzt werden? ...................... 9

Welcher Aufwand entsteht? ...................................................................................................... 9

Wie kann die Potenzialanalyse in die individuelle Beratung eingebunden werden? ............................................................................................................................................ 9

3. Durchführung von Potentialanalysen ................................................................. 10

Welche Voraussetzungen müssen für die Durchführung einer Potenzialanalyse erfüllt sein? ................................................................................................................................... 10

und ................................................................................................................................................... 10

Welche Anforderungen werden an das Personal gestellt? .......................................... 10

Was passiert mit den Ergebnissen? ..................................................................................... 16

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 3 von 16

1. Eckpunkte der Potenzialanalyse

Begriffsdefinitionen

Was ist eine Potenzialanalyse?

Potenzialanalyse (von lat. potentia = Stärke, Macht und Analyse) bezeichnet die strukturierte Untersuchung des Vorhandenseins bestimmter Eigenschaften (Fähigkeiten). Potenzialanalysen liefern Informationen zu Fragen nach der Fähigkeit von Mitarbeiter/innen.

(Quelle: Wikipedia)

Potenzialanalysen können mit Hilfe verschiedener Methoden durchgeführt werden.

Das Ziel dabei ist das Erfassen der bislang noch nicht be- oder erkannten Fähigkeitspotenziale eines Menschen. Das Entdecken dieser

„schlummernden“ Stärken kann für zukünftige berufliche Tätigkeiten eingesetzt werden.

Potenzialanalysen können das Vorhandensein von

• Wissen • Fähigkeiten • Motivation • Kompetenzen und • Persönlichkeitsmerkmale

eines Menschen erfassen.

Im Mittelpunkt der Potenzialanalyse liegt die Zukunftsprognose.

Auf der Basis des entstandenen Potenzialprofils besteht zum einen die

Möglichkeit, einen Abgleich zu beruflichen Tätigkeitsfeldern vorzunehmen, um die weiteren Schritte des Orientierungsprozesses zu konkretisieren.

Zum anderen können im Rahmen einer Potenzialentwicklung die festgestellten Stärken gezielt genutzt und erkannte Schwächen bearbeitet werden.

Die Chance, die sich im Rahmen der Berufsorientierung aus diesem Verfahren ergibt, ist dass das Eignungsprofil der Person mit dem Anforderungsprofil eines Berufsfeldes abgeglichen werden kann, um daraus notwendige Schritte abzuleiten.

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 4 von 16

Abgleich zu Profilings und Kompetenzfeststellungsverfahren

Mit einem Profiling findet ein bereits auf eine konkrete Tätigkeit orientierter Abgleich zwischen BewerberInnen-Profil und Stellenprofil statt, um einen sog. Matchingprozess für eine Vermittlung durchführen zu können.

Auch hier beinhaltet das Profiling die Ermittlung von

• berufsrelevantem Wissen

• beruflich relevanter Persönlichkeitsmerkmale wie z.B. Teamfähigkeit

• kognitive Fähigkeiten wie z.B. Lernvermögen oder Zahlenverständnis

• berufsrelevantes Verhaltensrepertoire wie Kommunikationsfähigkeit z.B. für Situationen im Kundenumgang

• berufliche Interessen

Im letzten Punkt ist enthalten, dass das Profiling auch eine Form der Analyse vorhandener und ggf. bislang noch nicht eingesetzter Interessen beinhaltet. Damit geht das Profiling Seite an Seite mit der Potenzialanalyse, wobei das Profiling im Schwerpunkt das erkennbare, an der Oberfläche identifizierbare abbildet, während bei der Potenzialanalyse

der Fokus auf den noch im Verborgenen liegenden „Schätzen“ liegt.

Unter Kompetenzen versteht man die Handlungsfähigkeit eines Menschen in einer Anforderungssituation. Genauer gesagt sind damit persönliche

Voraussetzungen (Dispositionen) gemeint, die es ermöglichen, in einer Situation selbstorganisiert zu handeln. Dabei steht nicht nur das Wissen,

sondern dessen Anwendung im Vordergrund. Neben Fähigkeiten und Fertigkeiten können Kompetenzen auch Emotionen, Einstellungen, Erfahrungen, Antriebe, Werte und Normen umfassen.

Kompetenzen, die im Menschen vorhanden sind, zeigen sich durch Verhaltensweisen. Deshalb lassen sie sich gut durch handlungsorientierte Verfahren untersuchen, z. B. durch Methoden aus dem Assessment-Center. Hier werden Menschen durch Aufgaben zum

Handeln aufgefordert und dabei ihre Verhaltensweisen systematisch beobachtet und bewertet. Untersucht werden Merkmale zu sozialen, personalen und methodischen Fähigkeiten.

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 5 von 16

Neben der direkten Beobachtung können auch Rückschlüsse auf Kompetenzen gezogen werden, z. B. im Rahmen biografischer Verfahren.

Fragen zur eigenen Lebensgeschichte regen zur Selbstreflexion an:

Wo liegen eigene Erfahrungen und Kompetenzen, wo zeichnen sich Interessen und Stärken ab?

Eine klare Abgrenzung zwischen den Begriffen Potenzialanalyse und Kompetenzfeststellungsverfahren kann nicht vorgenommen werden. Die beiden Ansätze oder auch Verfahren greifen ineinander.

Eine der vielen Expertisen der Bertelsmann Stiftung lautet: „Potenziale erkennen – Kompetenzen sichtbar machen“. In diesem Falle ist der Einsatz für Menschen mit Migrationshintergrund gemeint, wo diese Verfahren im Rahmen der schrittweisen Integrationsmaßnahmen zielführend eingesetzt werden.

Auch das in NRW für SchülerInnen eingesetzte Analyseverfahren hamet2 wird wie folgt betitelt: „Berufliche Kompetenzen - effektiv erkennen und gezielt fördern.“ Es handelt sich um handlungsorientierte Testverfahren zur Erfassung und Förderung beruflicher Kompetenzen. Als dritter Beleg für das Ineinandergreifen der Begrifflichkeiten sei das

Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zitiert, das folgende Einschätzung liefert: „Die Potenzialanalyse hat sich als Kompetenzfeststellungsverfahren zur Erfassung der Personal-, Sozial- und

Methodenkompetenz von Schülerinnen und Schülern der allgemein bildenden Schulen ab Klassenstufe 7 etabliert und genießt in der Praxis

hohe Akzeptanz.“

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 6 von 16

Wie kann man Potenziale testen?

Im Mittelpunkt der Potenzialanalyse steht die Zukunftsprognose und kein Soll/Ist-Abgleich. Damit zielt die Potenzialanalyse darauf ab, Merkmale der Persönlichkeit abzubilden, die Neigungen, Begabungen, Fähigkeiten, Temperament und Leistungsvermögen beinhaltet.

Es geht einerseits um die Voraussetzungen, die eine Person mitbringt, sich in eine neue Arbeitsrolle einzufinden und unbekannte Aufgaben zu bewältigen. Andererseits zählen stabile Persönlichkeitseigenschaften zu den zentralen Testdimensionen einer Potenzialanalyse – sie sind die Grundlage dafür, Aussagen über die berufliche Zukunft eines

Ratsuchenden zu treffen.

Für die Potenzialanalyse existieren folgende Begriffe bzw. Methoden:

• Berufseignungsdiagnostik • Kompetenzfeststellungsverfahren • Berufsbezogene Persönlichkeitstests • Selbst- und Fremdeinschätzung • Biografische Verfahren • Handlungsorientierte Testverfahren • Assessment Center

• Eignungsdiagnostische Verfahren

Was steckt dahinter?

Beinhaltet sind immer mehrere Komponenten verschiedener Methoden. Dazu gehören in der Regel Tests, die Befragung und die Beobachtung.

Grundsätzlich werden diese Komponenten zu situationsabhängigen individuellen Verfahren zur Erfassung der Potenziale zusammengestellt. So werden für die Potenzialanalyse bei Schülern andere Methoden enthalten sein, als in der Personalauswahl. Dementsprechend wird die Auswahl geeigneter Methoden für eine Beratung im Rahmen der

Berufsorientierung auf diejenigen zurückkommen, die sich in die Beratungssituation integrieren lassen. Demzufolge wird dieses Handout im

Schwerpunkt Methoden enthalten, die hierfür geeignet sind.

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 7 von 16

Abgrenzung Klärung zu den Begrifflichkeiten Fähigkeiten und Kompetenzen

Fähigkeiten bezeichnen die Anlage, etwas zu wissen oder zu können, oder das Imstandesein, etwas zu tun.

Die jeweilige Anlage kann geistiger, z.B. Lernfähigkeit oder praktischer Art, z.B. Kommunikationsfähigkeit sein. Man kann angeborene und erworbene Fähigkeiten unterscheiden, wobei man bei angeborenen Fähigkeiten auch von Begabungen sprechen kann.

Die Abgrenzung zu Potenzialen ergibt sich aus dem Vorhandensein von Fähigkeiten, die bereits existent und damit einsetzbar sind, während bei

Potenzialen die Anlagen gemeint sind, die noch entfaltet werden können.

Unter Kompetenz wird die Verbindung von Wissen und Können in der

Bewältigung von Handlungsanforderungen verstanden.

Ein Beispiel aus der Personalentwicklung verdeutlicht nun wiederum den Unterschied zwischen Kompetenz und Potenzial:

„Ist der Mitarbeiter kompetent genug, um das Projekt zu leiten?“ „Hat die Mitarbeiterin das Potenzial zur Führungskraft?“

Die Begriffe Kompetenz und Potenzial sind sozusagen die Basiszutaten für

ein gelungenes „Menü“. Dieses Menü zeichnet sich durch einen gut passenden Mix für eine berufliche Aufgabe oder Tätigkeit aus. Die Kompetenzen des Menschen passen zu den Anforderungen eines Jobs.

Und falls sich z.B. die Anforderungen verändern, nutzt diese Person die Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln, und gestaltet die Situation

aktiv mit. Das zeigt dann dessen Potenzial.

Nach Weinert (2001) sind Kompetenzen „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“.

Kompetenz hat also etwas mit KÖNNEN und WOLLEN zu tun. Daneben ist das DÜRFEN entscheidend: Das sind die Rahmenbedingungen in der Berufswelt, die es den Wiedereinsteigenden ermöglichen, Kompetenzen zu zeigen bzw. Potenziale zu entfalten (vgl. Lohaus et al., 2002).

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 8 von 16

Folgt man Weinerts Ansatz - der übrigens Grundlage für die PISA-Studien im Bildungsbereich ist - dann unterscheidet Kompetenz und Potenzial lediglich die zeitliche Perspektive: „Kompetenz bezieht sich auf die Gegenwart. Potenzial ist sozusagen der Teil davon, der sich auf den Transfer auf zukünftige, unbekannte Herausforderungen bezieht.“

Kompetenz und Potenzial werden allerdings häufig synonym verwendet.

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 9 von 16

2. Nutzen und Einsatzbereiche von Potenzialanalysen

In welchem Rahmen können Potenzialanalysen eingesetzt

werden?

Potenzialanalysen werden vor dem Hintergrund einer Förderpolitik mit Hilfe von Bildungsketten in der Berufsorientierung für SchülerInnen und Jugendliche eingesetzt. Dabei insbesondere auch für Jungendliche mit

besonderem Förderbedarf sowie bei Menschen mit Behinderungen.

Weiter sind sie als wichtiger Bestandteil der schrittweisen Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingen bzw. Menschen mit Migrationshintergrund etabliert.

Darüber hinaus gehört die Potenzialanalyse zu den etablierten Methoden

der Personalpolitik in Unternehmen. Sie dient der Personalauswahl als auch Personalentwicklung. Das geläufigste Beispiel hierfür ist das Assessment Center.

Adäquat der gemeinsamen Zielsetzung, Orientierung zu geben und

Entwicklung zu fördern, ist die Potenzialanalyse eine ideal geeignete Methode, erwachsenen WiedereinsteigerInnen im Rahmen des Beratungsprozesses ressourcenorientierte und damit hilfreiche Anhaltspunkte zu liefern.

Welcher Aufwand entsteht?

Der Aufwand variiert je nach Situation und Zielgruppe von wenigen Stunden bis zu mehreren Tagen. Hinzu kommen aus Sicht der „Forschenden“ die Auswertungszeiten, die z.T. erheblich sein können.

Wie kann die Potenzialanalyse in die individuelle Beratung

eingebunden werden?

Fließend. Es gilt die Elemente aufzugreifen, die im Kontext von Person, Situation, Institution, Zielsetzung und vor allem dem Zeitrahmen integrierbar und zielführend sind.

Eine Auswahl von methodischen Ansätzen, die für die Beratungssituation mit zeitlich begrenzten Ressourcen geeignet sind, findet sich im 3. Teil des

Handouts.

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 10 von 16

3. Durchführung von Potentialanalysen

Welche Voraussetzungen müssen für die Durchführung einer

Potenzialanalyse erfüllt sein?

und

Welche Anforderungen werden an das Personal gestellt?

Eine grundlegende Basis für die Durchführung einer Potenzialanalyse ist die gewollte Zusammenarbeit. Einfach gesagt müssen sowohl die Ratgebenden als auch die Ratsuchenden für das Instrument und den

Nutzen den es birgt, offen sein. Einen Versuch zu starten, der schon den Zweifel am Vorteil des Verfahrens beherbergt, wird nutzlos bleiben.

Dazu gehört zum einen, dass der/die RatgeberIn mögliche Methoden für sich ausgewählt hat, sie inhaltlich gut kennt und sich mit ihnen und ihrem Nutzen „verbunden“ hat. Auch eine gewisse Übung und Erfahrung in der

Anwendung wird den Nutzeneffekt, d.h. die Verwertbarkeit der Ergebnisse verbessern. Weiter zählt die Bereitschaft bzw. auch Möglichkeit dazu, die erworbenen Erkenntnisse auszuwerten und einzusetzen, unabhängig der eigenen Ziele und Zwänge. Da sich BeraterInnen immer mit einem Testverfahren verbunden fühlen,

d.h. dahinterstehen müssen, obliegt es zunächst jedem Ratgebenden eine Auswahl zu treffen. Dafür ist die Erprobung im Eigentest eine gute Grundlage.

Zum anderen gehört die Mitwirkungsbereitschaft der/ des Ratsuchenden dazu. In der Berufspädagogik existiert die sehr zutreffende Erkenntnis: „Niemand kann gelernt werden“. Damit ist die Haltung vieler Ratsuchenden gemeint, die Verantwortung und jede Aktivität auf die Institutionen und deren MitarbeiterInnen abzuwälzen. Zumindest existiert häufig die Erwartung, dass die Ratgebenden eine Lösung parat haben, die im Automatismus zur Lösung führt.

Darüber hinaus benötigt auch die „abgespeckte“ Version einer Potenzialanalyse ein Mindestmaß an Zeit. Idealerweise alles, was über

einer Zeitstunde liegt.

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 11 von 16

Welche Verfahren und Instrumente kommen zum Einsatz?

Wie auf Seite 5 ausgeführt werden hier Instrumente vorgestellt, die sich im Rahmen eines Beratungsgesprächs integrieren lassen.

Eine solide Basis zum Einstieg in den analytischen Teil des (Beratungs-) Gesprächs ist der Dialog bezüglich der bereits bewusst erkannten und existenten Kompetenzen des Ratsuchenden.

Dieser kann anhand von Szenarien und Fallbeispielen konkretisiert werden. Szenarien und Fallbeispiele dienen zur Abbildung der möglichen Zukunft, sie beschreiben alternative zukünftige Entwicklungen.

„Was wäre es, wenn…“

„Stellen Sie sich vor…“

Ziel ist die Erweiterung des Horizonts der handelnden Personen: Durch die

Formulierung fundamental verschiedener zukünftiger Zustände kann das Bewusstsein für Unsicherheiten, Chancen und Risiken der Umwelt geschaffen werden. Die Sichtweisen und Denkmodelle der handelnden

Personen können verändert werden, indem man ihnen ihre subjektive Sicht der Welt und alternative Wahrnehmungen bzw. die Existenz weiterer Fakten bewusst macht.

Darin liegt die Chance, gemeinsam Handlungsoptionen erarbeiten zu können. Die Beschreibung möglicher zukünftiger Ereignisse dient als Basis für die Entwicklung der weiteren angemessenen Schritte.

Eine Form möglicher Testverfahren für Ratsuchende ist die Selbst- und Fremdeinschätzung. Da es sich hierbei um Fragebögen handelt, die

wichtige Merkmale im Bereich Persönlichkeit- oder beispielsweise Arbeitskompetenzen abfragen, bieten diese eine sehr gute Möglichkeit der Diagnostik, die in die Analyse einbezogen werden kann. Testbögen, die zur Selbst- und Fremdeinschätzung in Frage kommen, können entweder im Rahmen eines Interviews gestellt oder auch zur selbstständigen Bearbeitung ausgehändigt werden. Es obliegt dann dem Ratsuchenden, die Durchführung im Anschluss an das Gespräch zu verfolgen und auszuwerten, bzw. ggf. in einer weiteren Beratungseinheit einfließen zu lassen.

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 12 von 16

Eine weitere Form bietet die mündliche Befragung. Hierfür eignen sich ein Interview und insbesondere das Narrative Interview. „Es handelt sich dabei um ein erzählendes Interview, somit um eine weitgehend nichtstandardisierte Erhebungsform, die zur Analyse von Ereignisverläufen wie biographischen Prozessen (z.B. Bewältigung von Arbeitslosigkeit,

Krankheitsverhalten, Ehescheidungen, Berufswahlen und Bildungskarrieren, Statuspassagen), (…) dienen kann.“

Im narrativen Interview werden die Ratsuchenden gebeten, die Geschichte eines Objektbereichs, an der er/sie teilgehabt hat, in einer Stegreiferzählung zu erzählen. In freundschaftlicher Atmosphäre und mit

einem weichen bis neutralen Interviewstil wird versucht, biographische Erzählungen des/der Befragten anzuregen, wobei der Detaillierungsgrad der Ausführungen vollkommen den interviewten Personen überlassen bleibt. Im Idealfall beginnen die „Forschenden“ die Datenerhebung ohne ein im Vorhinein festgelegtes wissenschaftliches Konzept und entwickeln

dieses induktiv aus den Äußerungen des/der Befragten.

Der Hauptteil eines narrativen Interviews besteht also aus der Erzählung selbst erlebter Erlebnisse. Aufgabe des/ der Interviewers/ Interviewerin ist es vorwiegend, den/die Erzähler/in zu bewegen, die Geschichte des interessierenden Objektbereichs als eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen. Das narrative Interview zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass der Verlauf des Interviews weitgehend offen ist und dem/ der Interviewten genügend Zeit gegeben wird, über besonders entscheidende

Punkte seines/ ihres Lebens zu erzählen.

Man spricht deshalb auch oft vom erzählenden Interview. Es wird dabei eine Stegreiferzählung angestrebt. Im Unterschied zu anderen qualitativen Interviews dient das narrative Interview nicht dem Zweck, vorher

aufgestellte Hypothesen mit Hilfe des Interviews zu prüfen. Die Hypothesen werden nicht vor dem Interview, sondern erst zusammen mit dem/der Interviewpartner/in aufgestellt, da sie sich erst durch seine Erzählung ergeben. Das narrative Interview hängt eng mit der

Biografieforschung zusammen, die eine besondere Unterform des narrativen Interviews darstellt, das zur Erfassung speziell von in den Lebensgeschichten verborgenen Potenzialen eingesetzt wird.

Bei der Auswertung narrativer Interviews ist die Unterscheidung zwischen tatsächlichen Ereignissen und im Interview rekonstruierten Ereignissen wichtig, denn in der Regel werden nicht die tatsächlichen Ereignisse erzählt, sondern die subjektiv verarbeiteten, erinnerten und rekonstruierten Ereignisse. (Quelle: http://lexikon.stangl.eu)

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 13 von 16

Das Interesse drs „Forschenden“ bei der Auswertung richtet sich also nicht nur auf die Erfassung vergangener Ereignisse, sondern auf die Differenz zwischen Ereignis und dessen Rekonstruktion.

Das Ziel bei der Auswertung liegt in der Identifizierung und Sammlung der in der Person liegenden Merkmale, die im Sinne der Berufsorientierung von Bedeutung sind. Gemeint sind hier die „versteckten“ Kompetenzen, die im Rahmen eines Wiedereinstiegsprozesses von Bedeutung sind.

Zu diesen Potenzialen gehören unter anderem folgende Merkmale:

1. Methodenkompetenz: situative Zusammenhänge erfassen, Defizite

erkennen und geeignete Lösungsvorschläge erarbeiten

2. Sozialkompetenz: Fähigkeit zum Umgang mit Menschen

3. Fachkompetenz: Fähigkeit zu lösungsorientiertem Einsatz erlernten Wissens (z. B. Technologien, Verfahren, Sprachen)

4. Reflexionskompetenz: Fähigkeit, das eigene Handeln in unterschiedlichen Situationen kritisch zu analysieren und zu bewerten

5. Veränderungskompetenz: Fähigkeit zu flexibler Reaktion bei

Veränderungen im Umfeld und Bereitschaft zu lebenslangem Lernen

Jeder Kompetenz können bestimmte Kriterien zugeordnet werden, die sich besser erfassen lassen. Beispiele für derartige Kriterien sind: Durchsetzungsfähigkeit, Teamfähigkeit, Identifikation mit einem Berufsbild, Eigenverantwortlichkeit etc.

Durchführung:

Das Narrative Interview kann in folgende Phasen eingeteilt werden:

1. Erklärungsphase: Dem/der Befragten wird erklärt, dass es sich nicht um ein Frage-Antwort-Interview handelt, sondern er erzählt und der Interviewer wird ihm aufmerksam zuhören.

2. Einleitung: Der/die Interviewer/in erklärt, welcher Aspekt ihn besonders interessiert, da es dem/der Interviewten nicht möglich sein wird, sein ganzes Leben bis ins kleinste Detail zu schildern. Es wir die Einstiegsfrage gestellt → Erzählaufforderung

3. Erzählphase: Der/die Befragte erzählt so lange, bis er die Erzählung selbst beendet. Pausen müssen vom Interviewer/in ausgehalten werden.

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

Status: 01/2018 Seite 14 von 16

4. Nachfragephase: Ist etwas unklar geblieben, so kann der/die Interviewer/in jetzt nachfragen. Zusätzlich kann er/sie Themen ansprechen, die er/sie sich auf seinem Interviewleitfaden notiert hatte, die aber noch nicht zur Sprache kamen.

5. Bilanzierung: Interviewer/in und der/ die Interviewte/r können sich über den Verlauf des Interviews unterhalten. Dabei können die Punkte herausgestellt werden, die im Rahmen des Berufsorientierungsprozesses Hinweise auf verwertbare Potenziale und konkrete Kompetenzen geben und damit von Bedeutung und hilfreich sind.

6. Nachbereitung/ Auswertung

Interviewer/in wertet anhand der Notizen, die durch ein Gedächtnisprotokoll ergänzt werden können, wichtige Hinweise auf verborgene Potenziale aus. Sie geben Aufschluss über die Ausrichtung weiterer Ansätze oder weiterer Arbeitsschritte.

Außerhalb bzw. in Ergänzung des Beratungsprozesses können Tests eingebunden werden. Tests zur Berufswahl oder -orientierung stehen in enormer Vielfalt im Internet zur Verfügung und können durchaus wichtige Hinweise liefern.

Kleine Auswahl frei verfügbarer Testverfahren:

https://karrierebibel.de/berufsorientierung/

Beispielsweise:

www.berufsprofiling.de Onlinetest in der Kategorie Karrierecenter: Welche Potenziale stecken in mir?

https://bewerbung.com/selbsttests

https://berufstest-erwachsene.plakos.de/

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

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Eine weitere wertvolle Ergänzung der Beratungsarbeit bieten auch Recherchen, die im Rahmen einer „Hausaufgabe“ beauftragt werden können. Die oftmals lückenhaften und verschwommenen Vorstellungen von Berufsbildern oder auch Arbeitsbedingungen machen eine angemessene Auswahl der zur Verfügung stehenden Optionen schwer.

Über die Homepage der Bundesagentur für Arbeit besteht nicht nur die Möglichkeit Berufsbilder zu erfassen, sondern auch gleich die typischen Aufgaben und Zukunftsperspektiven sowie die Voraussetzung für den Zugang zu erkunden. Im Falle notwendiger Qualifizierungen bietet der Bereich KURSNET das vollständige Angebot aller zur Verfügung stehenden

Aus-, Fort- und Weiterbildungen.

Der Talentkompass NRW beinhaltet ebenfalls Elemente der Potenzialanalyse. „Hinter dem TalentKompass NRW verbirgt sich ein tiefgreifender

persönlicher und beruflicher Klärungs- und Entwicklungs-Prozess. Auf der Grundlage des Life-Work-Planning-Ansatzes von Richard N. Bolles

werden Sie in Ihrer bewussten und aktiven Lebens- und Berufs-Gestaltung begleitet, selbstwirksam, praxisbezogen, handlungsorientiert, klar strukturiert und systematisch.

Konsequent ressourcenorientiert machen Sie sich auf eine Reise zu Ihren wahren Fähigkeiten, entdecken Ihre schlummernden Potenziale, machen sich Ihre inneren Werte bewusst und kreieren daraus Varianten beruflicher Tätigkeitsfelder. Am Ende des Prozesses stehen klare Handlungsempfehlungen, mit denen

Sie Ihre berufliche Veränderung im "echten Leben" ganz konkret in die Tat umsetzen können. Endlich werden, wer ich bin! Der TalentKompass NRW wurde im Juni 2013 vom Arbeitsministerium des Landes NRW veröffentlicht, mit finanzieller Unterstützung des Landes NRW und des Europäischen Sozialfonds.“ (Quelle:www.der-talentkompass.de/)

Der Talentkompass kann inklusive eines Leitfadens für Beratende

heruntergeladen werden. Insbesondere das Arbeitsblatt „Mein Lebensblatt“ ist als ein erster Schritt

im Rahmen möglicher Analysekomponenten gut geeignet, in die Beratungsarbeit einbezogen zu werden.

Workshop Potenzialanalyse im Kontext der Berufs-Orientierung

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Was passiert mit den Ergebnissen?

Alle Elemente der Potenzialanalyse müssen sinnvoll aufeinander abgestimmt sein: Die Aufgaben, die Gestaltung von Selbst- und Fremdeinschätzung und die Dokumentation.

Im Anschluss an die Potenzialanalyse erfolgt immer ein Feedbackgespräch. Viele Ratsuchenden erleben dieses Gespräch als

besondere Wertschätzung, da es hier in erster Linie um ihre individuellen Stärken geht.

Beispielsweise die systematische Gegenüberstellung von Selbst- und Fremdeinschätzung ermöglicht eine verbesserte Selbstreflexion. Dies kann natürlich nur dann stattfinden, wenn eine Fremdeinschätzung im Rahmen des Begleitprozesses möglich war - oder durch den Ratsuchenden eingebracht wurde. Das soll allerdings auch angeregt werden, da es die Bereitschaft verstärken soll, die Gestaltung der Berufsorientierung selbst in die Hand zu nehmen.

Ziel ist es, gemeinsam alle Anhaltspunkte und konkreten Ergebnisse zusammenzuführen, um ein Bild über die erfolgten Kenntnisse zu fixieren. Eine gute Möglichkeit der Dokumentation kann über ein sog. Kompetenz-

Profil erfolgen. Hierin können mit Blick auf spätere Bewerbungsverfahren alle ermittelten Kenntnisse, Kompetenzen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Potenziale aufgelistet werden, die das Profil des/ der Wiedereinsteiger/ in abbilden.

Expertengruppe Bilder

Arbeitsblatt

Um den produktiven Zugang zum Ratsuchenden oder Gruppenteilnehmern zu finden,

kann es hilfreich sein, eine Methode einzusetzen, die über den Einsatz von Bildern

funktioniert.

Diese Methode kommt aus dem Coaching und ist hervorragend für Einzelpersonen

und Gruppen geeignet. Sie ist leicht umsetzbar, aktiviert die Personen zum erzählen

und eröffnet den Blick auf viele Informationen und Aspekte.

Voraussetzung:

Es muss eine größere Sammlung von Zeitschriften und Magazinen, idealer Weise von

Fotos, Bildern und Postkarten zur Verfügung stehen!

Ablauf:

Die Bilderauswahl wird auf einem Tisch oder auf dem Boden verteilt.

Sie fordern die Person/ en auf, sich entweder

1. ein Bild oder

2. drei Bilder auszusuchen

Im ersten Fall soll das Bild ausgewählt werden, was am besten gefällt.

Die Person soll dann erläutern, welche Beweggründe zur Wahl geführt haben.

Was daran berührt, warum und welche Assoziationen zum eigenen Leben existieren.

Im zweiten Fall sollen die drei Bilder mit folgenden Aufgabenstellungen gewählt

werden:

Ein Bild, das für die aktuelle Lebenssituation steht.

Ein Bild, das für die Zielsetzung steht.

Ein Bild, das z.B. für Motivatoren steht. (Alternativen sind möglich.)

Es soll Zeit für die Auswahl gewährt werden.

Im Anschluss wird die Person aufgefordert, die Auswahl und alles was ihr dazu

einfällt zu erzählen und zu erläutern.

Expertengruppe Testverfahren

Arbeitsblatt

Tests und handlungsorientierte Aufgaben sind der Kern

von Potenzial-Analyse-Verfahren bzw. Kompetenzfeststellungsverfahren.

Es gibt Tests und Verfahren, die sehr unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen. Festgestellt werden sollen beispielsweise:

• Intelligenz • Wissen • Soziales Verhalten • Handlungskompetenz • Stressresistenz

Voraussetzung:

Es muss eine der Zielgruppe und der gemeinsamen Zielsetzung angemessene Auswahl an Tests oder Übungen getroffen werden.

Darüber hinaus muss Zeit und Gelegenheit sein, die Ergebnisse auszuwerten und gemeinsam zu besprechen.

Sogenannte Fehlerbilder nehmen beispielsweise die Fähigkeit für genaues Beobachten unter die Lupe.

Bitte besprechen Sie in der Expertengruppe, welche Tests Sie kennen und ggf. bereits eingesetzt haben. Welche(n) würden Sie empfehlen?

Welche können Sie sich grundsätzlich zum Einsatz im Zusammenhang mit Potenzialanalysen vorstellen?