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Auf Staatsbesuch in Seoul Carsten Germis, Tokio 4.7.2014, 05:30 Uhr Chinesen und Südkoreaner finden sich Erstmals gibt ein chinesischer Staatspräsident noch vor einer Reise nach Pjongjang Südkorea die Ehre. Der intensive wirtschaftliche Austausch schafft neue Machtverhältnisse. Südkorea und China wollen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit weiter ausbauen. Schon 2012 hatten die Importe aus Südkorea nach China diejenigen des Rivalen Japan überrundet, und auch für chinesische Unternehmen wird das Nachbarland als Absatzmarkt immer wichtiger. Mit seinem Besuch in Seoul, wo er am Donnerstag eingetroffen ist, will Chinas Staatspräsidenten Xi Jinping die Annäherung zwischen den beiden Nationen unterstreichen. Der Chinese führt die grösste ausländische Wirtschaftsdelegation an, die je nach Südkorea gereist ist. Mehr als 250 Manager gehören zur Begleitung des Chinesen, viele Abkommen über wirtschaftliche Kooperationen sind vorbereitet und sollen anlässlich der zweitägigen Visite unterschrieben werden. Xi wird von Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye zu Gesprächen empfangen. Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye empfängt ihren chinesischen Amtskollegen Xi Jinping mit allen Ehren. (Bild: Keystone / ap) Tweet

2014-07-04 Chinesen und Suedkoreaner finden sich NZZ

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  • Auf Staatsbesuch in Seoul

    Carsten Germis, Tokio 4.7.2014, 05:30 Uhr

    Chinesen und Sdkoreaner finden sich

    Erstmals gibt ein chinesischer Staatsprsident noch vor einer

    Reise nach Pjongjang Sdkorea die Ehre. Der intensive

    wirtschaftliche Austausch schafft neue Machtverhltnisse.

    Sdkorea und China wollen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit weiter

    ausbauen. Schon 2012 hatten die Importe aus Sdkorea nach China diejenigen

    des Rivalen Japan berrundet, und auch fr chinesische Unternehmen wird das

    Nachbarland als Absatzmarkt immer wichtiger. Mit seinem Besuch in Seoul, wo

    er am Donnerstag eingetroffen ist, will Chinas Staatsprsidenten Xi Jinping die

    Annherung zwischen den beiden Nationen unterstreichen. Der Chinese fhrt

    die grsste auslndische Wirtschaftsdelegation an, die je nach Sdkorea gereist

    ist. Mehr als 250 Manager gehren zur Begleitung des Chinesen, viele

    Abkommen ber wirtschaftliche Kooperationen sind vorbereitet und sollen

    anlsslich der zweitgigen Visite unterschrieben werden. Xi wird von Sdkoreas

    Prsidentin Park Geun Hye zu Gesprchen empfangen.

    Sdkoreas Prsidentin Park Geun Hye empfngt ihren chinesischen Amtskollegen Xi Jinping mit

    allen Ehren. (Bild: Keystone / ap)

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  • Seoul als Yuan-Drehscheibe

    China ist heute bereits der wichtigste Handelspartner Sdkoreas. Das

    Handelsvolumen zwischen den beiden Lndern belief sich im vergangenen Jahr

    auf umgerechnet 229 Mrd. $ und war damit grsser als der Handelsaustausch

    Sdkoreas mit den Vereinigten Staaten und Japan zusammen. Sdkoreas

    Grosskonzerne wie Samsung, Hyundai und LG gehren inzwischen zu den

    wichtigsten Investoren in der benachbarten Volksrepublik. Im Zentrum der

    Gesprche zwischen Xi und Park steht die Idee, im bilateralen Handel knftig

    direkt die Landeswhrungen Won und Yuan zu nutzen. Bisher werden nach

    Angaben der Bank of Korea mehr als 90% des Handels in Dollar abgewickelt.

    Park hofft, Seoul mit diesem Schritt zu einem Markt zu machen, in dem der

    Handel mit Yuan-Devisen mglich ist und Seoul zu einem zentralen

    Handelsplatz mit China aufrckt.

    Xi ist daran interessiert, die chinesische Whrung gegenber dem Dollar als

    weltweite Handelswhrung zu etablieren. Fr Koreas Wirtschaft, die derzeit

    unter der Erstarkung des Won gegenber dem Dollar leidet, wre eine Einigung

    attraktiv, weil das Land inzwischen einen Fnftel seines Handels mit China

    abwickelt. Es wird damit gerechnet, dass die beiden Staatschefs in Seoul ein

    entsprechendes Abkommen unterzeichnen. Wichtigstes Thema des

    Gipfeltreffens sei, inwieweit Sdkorea zu einem zentralen Umschlagplatz fr

    Yuan-Geschfte werden knne, erklrte ein sdkoreanischer konom.

    Ein zweiter wichtiger Punkt sind die Verhandlungen ber eine Freihandelszone

    zwischen den beiden Lndern. Vor allem die ffnung des sdkoreanischen

    Agrarmarkts ist dabei ein Streitpunkt. Auffallend ist aber, dass Xi und Park den

    ursprnglichen dritten Partner einer gemeinsamen ostasiatischen

    Freihandelszone, Japan, nicht mehr erwhnen. Der Abschluss eines

    Freihandelsabkommens mit China wrde die wirtschaftliche und strategische

    Zusammenarbeit strken, sagte Park. Die politische und wirtschaftliche

    Annherung der beiden Lnder knnte auch als eine Reaktion auf die

    nationalistische Rhetorik des japanischen Regierungschefs Shinzo Abe gedeutet

    werden. Mit Abe gewinnen in Japan jene Krfte an Einfluss, die Verbrechen der

    japanischen Armee nach den Angriffskriegen gegen China und Korea leugnen.

    Japan, dessen Beziehungen zu China und Sdkorea seit Abes Amtsantritt

    sprbar schlechter geworden sind, verliert im Handel mit China Marktanteile an

    die Sdkoreaner. So haben die sdkoreanischen Automobilunternehmen

  • Hyundai und Kia ihren Marktanteil in China in den vergangenen fnf Jahren

    von 3,9% auf 6,1% gesteigert, und zwar in einem rasch wachsenden Markt. Nach

    Volkswagen und General Motors nehmen sie damit in China Platz drei ein.

    Japans Automobilkonzerne Nissan und Toyota, die bis Anfang 2012 auf Platz

    zwei und drei gelegen hatten, haben dagegen Marktanteile verloren.

    Seltsame Begleitmusik

    Auch der sdkoreanische Elektronikkonzern Samsung baut seine Prsenz im

    Nachbarland aus. Schon 2012 erzielte das Unternehmen 20% seines Umsatzes

    in China. Seitdem investieren die Sdkoreaner stark im Nachbarland, auch um

    der wachsenden chinesischen Konkurrenz im Geschft mit Smartphones etwas

    entgegenzusetzen. Sorge bereitet den Sdkoreanern der Import billiger Produkte

    aus China in der Textilindustrie. Auch deswegen drngt Sdkoreas Wirtschaft

    auf den baldigen Abschluss eines Freihandelsabkommens. 2030% Zoll erhebt

    China derzeit auf Textilimporte. Wrden diese wegfallen, wren sdkoreanische

    Unternehmen wieder konkurrenzfhiger.

    Wie sich Japan neu positionieren will, ist zurzeit unklar. Abe ist bisher weder mit

    Park noch mit Xi zu einem bilateralen Treffen zusammengekommen. Es scheint

    gar, dass er sich jetzt dem zweiten Verlierer des sdkoreanisch-chinesischen

    Frhlings in Ostasien annhert, der kommunistischen Fhrung Nordkoreas. Fr

    Nordkorea ist es ein Affront, dass der Prsident der Schutzmacht China zuerst

    den Sden besucht und erst danach in den Norden weiterreist. Xi demonstriert

    so auch die Verrgerung Pekings ber die aggressive Atom- und Aussenpolitik

    Pjongjangs. Nordkorea jedenfalls bietet als Reaktion auf solche Verstimmungen

    nun japanischen Unternehmen an, in Nordkorea zu investieren.

    Abe wiederum kndigte am Donnerstag an, Tokio wolle seine

    Wirtschaftssanktionen gegenber Nordkorea lockern. Im Gegenzug haben die

    Nordkoreaner nicht zum ersten Mal zugesichert, das Schicksal von nach

    Nordkorea verschleppten Japanern zu untersuchen. Wie in Tokio

    bekanntwurde, haben die Nordkoreaner eine Liste mit den Namen von

    mindestens zehn Japanern berreicht, die im kommunistischen Land leben.

    Nordkorea hatte in den siebziger und achtziger Jahren viele Menschen aus

    Japan entfhrt.

    Abe hat das Schicksal der verschleppten Japanerinnen und Japaner zu einem

    wichtigen Thema seiner Aussenpolitik gemacht. Schon am Mittwoch hatte er

  • Japan und Sdkorea gehen unterschiedliche

    Wege

    Koreanische Allianzen inBewegung3.7.2014, 15:20 Uhr

    Peking und Seoul strkenBeziehungen 4.7.2014

    Tauwetter in Ostasien

    Loblied auf den Freihandel 4.7.2014, 18:11 Uhr

    China und Sdkorea

    Das Freihandelsabkommen steht 10.11.2014, 18:15 Uhr

    angekndigt, die Regierung werde ber eine Lockerung der

    Wirtschaftssanktionen entscheiden, wenn er den Eindruck habe, dass

    Nordkorea mit Ernsthaftigkeit ber das Schicksal der Verschleppten

    verhandeln wolle. ber die Lockerung der Sanktionen will das Kabinett in Tokio

    formell am Freitag entscheiden.

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