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Die monatlichen Beilagen erscheinen in verschiedenen Sprachen in führenden internationalen Tageszeitungen: The Daily Telegraph, Le Figaro, The New York Times. de.rbth.com Deutsche Ausgabe Deutsche Ausgabe Diese bezahlte Sonderveröffentlichung wird dem HANDELSBLATT beigelegt. Für den Inhalt ist ausschließlich die Redaktion von Russia Beyond the Headlines (Russland) verantwortlich. Die Handelsblatt-Redaktion ist bei der Erstellung der bezahlten Sonderveröffentlichung nicht beteiligt. Mittwoch, 4. Februar 2015 Russen in Garmisch vermisst Was tun mit dem Islam? Berlinale unter Stromwolken SEITE 7 SEITE 9 SEITEN 9 und 10 Russische Touristen haben sich zu einer der wichtigsten Touristengruppen in Europa entwickelt. Nun hat der schwache Rubel viele Pläne für Auslandsreisen zerstört. Auch die innerrussische Konkurrenz schläft nicht. Deutsche Kurorte beklagen bereits Verluste. Der Terroranschlag in Paris hat eine Diskussion über den Umgang mit dem Islam in Gang gesetzt. Russland führt diese Debatte seit Jahren und hat Fehler, aber auch einiges richtig gemacht. Könnte sich Europa etwas abschauen beim Nachbarn im Osten? Die russische Filmindustrie stecke in einer permanenten Krise, sagen Kritiker. Auch die jüngsten Erfolge sorgen nicht nur für Applaus in Russland, sondern für heftige Diskussionen. „Leviathan“ von Andrej Swjaginzew hat gute Aussichten auf einen Oscar, „Unter Stromwolken“ von Aleksej German tritt bei der Berlinale an. Der Rubel sinkt, die Wirtschaft wankt Die letzten Monate des vergangenen Jah- res brachten vielen Russen die Gewiss- heit: Die Krise, von der seit langem die Rede war, ist nun auch im eigenen Porte- monnaie angekommen. Die Preise schnellten in die Höhe. Demnächst dürf- ten bei vielen Unternehmen Lohnkürzun- gen und Entlassungen auf der Tagesord- nung stehen. Das Bruttoinlandsprodukt wird im laufen- den Jahr spürbar sinken. Die größten Probleme des Landes, die sich bereits in der Krise 2008 offenbarten, etwa die fa- tale Abhängigkeit vom Ölpreis, wurden nicht gelöst. Zusätzlich verunsichern die Sanktionen die Investoren. Nur eine merkliche Erholung des Ölpreises sowie eine geopolitische Entspannung könnten die Lage beruhigen. SEITEN 2 bis 5 DIE NÄCHSTE AUSGABE erscheint am 6. März 2015 In Deutschland wird die Printausgabe von RBTH dem Handelsblatt einmal monatlich beigelegt. Kontaktieren Sie unser Moskauer Büro per Tel. +7 (495) 775 3114 oder via e-mail: [email protected] RUSSIA BEYOND THE HEADLINES IST EIN MEHRSPRACHIGES INFORMATIONSANGEBOT ÜBER RUSSLAND. 20 Webseiten 30 Millionen Leser 13% einflussreiche Leser 2 Millionen Besucher monatlich 24 Länder 16 Sprachen 30 Printausgaben REUTERS LORI/LEGION MEDIA DPA/VOSTOCK-PHOTO

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Februar-Ausgabe. Thema des Monats: Der Rubel sinkt, die Wirtschaft wankt

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Die monatlichen Beilagen erscheinen in verschiedenen Sprachen in führenden internationalen Tageszeitungen: The Daily Telegraph, Le Figaro, The New York Times.

de.rbth.com Deutsche AusgabeDeutsche Ausgabe

Diese bezahlte Sonderveröffentlichung wird dem HANDELSBLATT beigelegt. Für den Inhalt ist ausschließlich die Redaktion von Russia Beyond the Headlines (Russland) verantwortlich.

Die Handelsblatt-Redaktion ist bei der Erstellung der bezahlten Sonderveröffentlichung nicht beteiligt.

Mittwoch, 4. Februar 2015

Russen in

Garmisch vermisst

Was tun mit dem

Islam?

Berlinale unter

Stromwolken

SEITE 7

SEITE 9

SEITEN 9 und 10

Russische Touristen haben sich zu einer der wichtigsten Touristengruppen in Europa entwickelt. Nun hat der schwache Rubel viele Pläne für Auslandsreisen zerstört. Auch die innerrussische Konkurrenz schläft nicht. Deutsche Kurorte beklagen bereits Verluste.

Der Terroranschlag in Paris hat eine Diskussion über den Umgang mit dem Islam in Gang gesetzt. Russland führt diese Debatte seit Jahren und hat Fehler, aber auch einiges richtig gemacht. Könnte sich Europa etwas abschauen beim Nachbarn im Osten?

Die russische Filmindustrie stecke in einer permanenten Krise, sagen Kritiker. Auch die jüngsten Erfolge sorgen nicht nur für Applaus in Russland, sondern für heftige Diskussionen. „Leviathan“ von Andrej Swjaginzew hat gute Aussichten auf einen Oscar, „Unter Stromwolken“ von Aleksej German tritt bei der Berlinale an.

Der Rubel sinkt, die Wirtschaft wankt

Die letzten Monate des vergangenen Jah-

res brachten vielen Russen die Gewiss-

heit: Die Krise, von der seit langem die

Rede war, ist nun auch im eigenen Porte-

monnaie angekommen. Die Preise

schnellten in die Höhe. Demnächst dürf-

ten bei vielen Unternehmen Lohnkürzun-

gen und Entlassungen auf der Tagesord-

nung stehen.

Das Bruttoinlandsprodukt wird im laufen-

den Jahr spürbar sinken. Die größten

Probleme des Landes, die sich bereits in

der Krise 2008 offenbarten, etwa die fa-

tale Abhängigkeit vom Ölpreis, wurden

nicht gelöst. Zusätzlich verunsichern die

Sanktionen die Investoren. Nur eine

merkliche Erholung des Ölpreises sowie

eine geopolitische Entspannung könnten

die Lage beruhigen.

SEITEN 2 bis 5

DIE NÄCHSTE AUSGABE erscheint am

6. März 2015

In Deutschland wird die Printausgabe von RBTH dem Handelsblatt einmal monatlich beigelegt.

Kontaktieren Sie unser Moskauer

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Konjunktur

INTERVIEW WLADIMIR MAU

«Die Lage erinnert stark an die Krise in der Sowjetunion»RUSSLANDS KRISE ALS CHANCE, DIE ABHÄNGIGKEIT VON

ROHSTOFFEXPORTEN ZU ÜBERWINDEN

Im letzten Quartal 2014 ist in Russ-land nach dem Verfall der Ölprei-se die nationale Währung abge-stürzt. Auf dem Moskauer Gaidar-Forum sprach der Rektor der Russischen Akademie für Wirt-schaft und Verwaltung und sei-nerzeit einer der Co-Autoren der russischen Wirtschaftsreformen Anfang der 1990er-Jahre, Wladi-mir Mau, mit RBTH darüber, wo-durch das heutige Russland mit der UdSSR nach 1985 vergleich-bar ist.

Wie würden Sie angesichts von

Rubelverfall und fallender Ölprei-

se die neue Realität beschreiben,

mit der die russische Wirtschaft

konfrontiert ist?

Als Leiter einer staatlich fi nan-zierten Einrichtung, einer der größten Hochschulen des Landes, liebe ich hohe Ölpreise. Als Wirt-schaftshistoriker bevorzuge ich al-lerdings gemäßigt niedrige Preise auf Ressourcen, da sich übermä-ßige Einnahmen in der Regel ne-gativ auf die Qualität von Institu-tionen auswirken. Im 16. Jahrhundert bekam Spa-nien über einen Zeitraum von 50 Jahren regelmäßig hohe Kapital-erträge in Form von Silber und Gold. Letztendlich führte das zum Untergang des damals mächtigs-ten Staates in Europa. Wir müs-sen verstehen, dass die aktuelle Krise in Russland ein ernstzuneh-mender Anlass ist, uns unserer makroökonomischen Politik be-wusst zu werden.

Können fallende Ölpreise Russ-

land helfen, die eigene Abhän-

gigkeit von den Rohstoffexporten

zu reduzieren und umfassende

Reformen durchzuführen?

Wenn die Ölpreise niedrig bleiben, können wir davon ausgehen, die „holländische Krankheit“, bei der sich die Herstellung aller Güter mit Ausnahme der Rohstoffe nicht mehr rentiert, überwunden zu haben. Das gibt die Möglichkeit, die Infl ation entschieden zu be-kämpfen, ohne dabei die sinken-de Konkurrenzfähigkeit russischer Unternehmen aufgrund des stär-keren Rubels befürchten zu müs-sen. Russland kann auch die Ein-wanderungsbestimmungen lo-ckern, weil das Land für Migranten weniger attraktiv geworden ist.

Worin liegt Ihrer Meinung nach

die Hauptursache für die aktuel-

le Wirtschaftskrise in Russland?

Heute sehen wir, dass sich gleich mehrere Krisen überlagern. Zum einen wirkt weiterhin die weltwei-te Strukturkrise. Sie verursacht tiefergehende Verzerrungen in der Wirtschaft und der Politik füh-render Nationen. Zum anderen ist zu beobachten, dass das russische Wachstumsmodell aus den 2000er-Jahren, das auf die Steigerung der Nachfrage, d. h. auch des Konsums, setzte, eine Krise durchlebt. Hinzu kommt die Verschärfung der geo-politischen Situation. Wegen der branchenbezogenen Sanktionen, die vor allem im Finanzsektor gegen das Land gerichtet wurden,

befi ndet sich die russische Wirt-schaft in einem Schockzustand. Fallende Preise auf Öl, die wich-tigste Einnahmequelle des Staats-haushalts, üben zusätzlich außen-wirtschaftlichen Druck aus.

Worin unterscheidet sich die ak-

tuelle Krise in Russland von der

Krise der Jahre 2008/2009?

Der wesentliche Unterschied be-steht darin, dass wir damals ge-meinsam mit der ganzen Welt einen Ausweg aus der Krise ge-sucht haben. Jetzt suchen wir den Ausweg selbst und niemand wird uns helfen. Insgesamt erinnert die Krise sehr stark an die Krise in der Sowjetunion im Jahr 1986. Im Augenblick sind fallende Ölpreise und die Wirkung der Sanktionen die äußeren Schocks für die rus-sische Wirtschaft. In ähnlichem Umfang fi el der Ölpreis auch 1986. Erschwert wurde die Situation durch die Anti-Alkohol-Kampa-gne, die den Staatshaushalt um die nach Erdöl zweitwichtigste Ein-nahmequelle brachte. Damals löschte die sowjetische Regierung das Krisenfeuer mit Außenschul-den. Die UdSSR trat in die Krise mit einer ausbalancierten Wirt-schaft, aber nur vier Jahre waren nötig, damit der Staat kollabiert. Dabei war in den ersten zwei Jah-ren ein wirtschaftliches Wachs-tum im Land zu verzeichnen. Al-lerdings verfügte die UdSSR prak-tisch über keinerlei Reserven und war als Wirtschaftssystem weit-aus weniger fl exibel.

In letzter Zeit sagen die Wirt-

schaftswissenschaftler, dass ent-

weder eine Mobilisierung oder

eine Liberalisierung die Antwort

auf die Krise sein kann. Welches

dieser Szenarien bringt Ihrer Mei-

nung nach Vorteile für

Russland?

Das Liberalisierungsmodell hat sich in den vergangenen Jahrzehn-ten weltweit etabliert. Das größte Beispiel dieser Entwicklung ist China nach 1978 und besonders nach den studentischen Protesten von 1989, als das Land mit Wirt-schaftssanktionen belegt wurde.

Eben aufgrund der Liberalisierung begannen in China 1992 die In-vestitionen und das BIP rasant zu wachsen. Es gibt zahlreiche wei-tere Beispiele für schnelles Wachs-tum auf der Basis der Liberalisie-rung der Wirtschaft. Ich nenne nur einige Länder: Chile, Finnland, Irland, Südafrika oder Polen. Bei-spiele für beschleunigtes Wachs-tum nach dem Mobilisierungsmo-dell sind im letzten halben Jahr-hunder t dagegen n icht zu verzeichnen.

Das Gespräch führte Alexej Lossan.

Wladimir Mau wurde 1959 in Moskau geboren. Er studierte am Moskauer Plechanow-Institut für Volkswirt-schaft. Nach dem Zerfall der Sowjet-union gehörte er Anfang der 1990er-

BIOGRAFIE

BERUF: ÖKONOM

ALTER: 55

Jahre zum engsten Kreis der Wirt-schaftsreformer um den verstorbenen Jegor Gaidar, damals Finanzminister und Vizepremier des Landes. Heute ist Mau Rektor an der Staatlichen Akademie für Volkswirtschaft und Verwaltung und zählt zu den einfluss-reichsten Regierungsberatern in Sa-chen Wirtschaft.

ALEXEJ LOSSANRBTH

Der Kreml greift den heimischen

Banken mit 13 Milliarden Euro

unter die Arme. Damit sollen vor

allem Reserven gebildet werden.

Regierung stützt Banken mit Milliarden

Banken 13 Milliarden Euro sollen die Finanzinstitute krisenfest machen

Die Regierung plant, die russischen Banken mit 13 Milliarden Euro zu unterstützen. Ziel ist es, eine Ban-kenkrise zu verhindern. Das Geld soll den Banken ein Polster ver-schaffen, um die Folgen des Ölpreis-verfalls und der Rubelschwäche ab-zumildern. Das Geld kommt von der Agentur für Anlagenversiche-rung, einer Institution, die Anlegern die Rückzahlung von Geldern ga-

rantieren soll. Diese Mittel können nur Banken beantragen, die bereit sind, mehr Kredite an die Realwirt-schaft zu vergeben. Kreditinstitu-te, die zusätzliche Mittel erhalten wollen, müssen zudem eine Reihe von weiteren Voraussetzungen er-füllen. Zum Beispiel müssen sie über Eigenkapital in Höhe von mindes-tens 340 Millionen Euro verfügen. Sie müssen sich zusätzlich verpfl ich-ten, die Gehälter ihrer Mitarbeiter nicht zu erhöhen.Die Unterstützung ist notwendig, davon sind auch die Ökonomen überzeugt. German Gref, der Sber-bank-Chef, prophezeite eine „all-umfassende“ Bankenkrise, falls der

Ölpreis sich weiter um die 45 US-Dollar pro Barrel bewege. Russi-sche Banken müssten demnach im Jahr 2015 Reserven von 46,2 Milli-arden US-Dollar aufbauen. Gref glaubt nicht, dass das viele schaf-fen können. Grefs Sberbank selbst hat wegen der Bildung von Reser-ven einen Gewinneinbruch auf etwa 4,1 Milliarden Euro.Oleg Wjugin, Vorsitzender des Di-rektorenrats der MDM-Bank, hält Grefs Befürchtungen für „ein wenig übertrieben“. „Probleme wird es geben, doch sie werden nicht so schwerwiegend sein“, glaubt er, aber: „Hier und heute ist das Ban-kensystem stabil“.

COMING UP INFEBRUARY

Global Security After the Ukraine Crisis

BR I E F

Ahead of the Munich Security Conference, which will be held from Feb. 6-8, we take a look at the implications of the Ukraine crisis for global security. How did it change Russia’s relations within the post-Soviet space? Can we predict what Russian actions in other parts of the world will be? And, most impor-tantly, has the Ukraine crisis changed what wars will look like in the future?

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3RUSSIA BEYOND THE HEADLINES Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

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Konjunktur

Kapitalabfluss auf RekordniveauRubelkrise treibt Russen in die Wechselstuben und verunsichert internationale Investoren

ANNA KUTSCHMARBTH

Der Kapitalabfluss aus Russland

stieg 2014 um das 2,5-Fache ge-

genüber 2013 und lag um ein

Vielfaches höher als in der Krise

2008. Der Zufluss von Investitio-

nen dagegen versiegte.

Ein solches Ausmaß haben nicht einmal die Experten vorhergese-hen. 151 Milliarden US-Dollar an Kapital fl ossen laut Zentralbank im vergangenen Jahr aus Russland ab. Zum Vergleich: 2013 waren es 61 Milliarden und selbst 2008 war der Betrag mit 133,6 Milliarden geringer. Das Finanzministerium hatte lediglich 90 bis 100 Milliar-den prognostiziert, die Zentral-bank 128 Milliarden US-Dollar.Nach Angaben der Währungshü-ter geht die Kapitalausfuhr auf hö-here Einlagen in US-Dollar und die Tilgung äußerer Verpfl ichtun-gen durch den russischen Privat-sektor zurück. Gleichzeitig sind die Refi nanzierungsmöglichkeiten wegen geltender Sanktionen eingeschränkt.Der größte Faktor beim Kapital-abfl uss sind die Russen selbst. Im Jahr 2014 kaufte die Bevölkerung rekordverdächtige 34 Milliarden US-Dollar, den Großteil davon im letzten Quartal. Im Krisenjahr 2008 lag der Wert noch bei 24 Mil-liarden US-Dollar. „In den letz-ten Jahren sind die Einkommen der Bevölkerung gestiegen, wobei der Rubel weiterhin für Wäh-rungsschwankungen empfi ndlich blieb. Daher ist es folgerichtig, dass Menschen beim Verfall des Rubels fremde Währung aufkaufen“, er-läutert Maxim Petronewitsch, stellvertretender Leiter des Zen-trums für Wirtschaftsprognose bei der Gazprombank. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass diese Be-träge praktisch im Inland geblie-ben sind. „Verändert hat sich nur die Struktur privater Ersparnis-se“, betont Alexander Abramow vom Zentrum für Systemforschung bei der Russischen Akademie für Wirtschaft und Verwaltung. Für 2015 prognostiziert die Zen-tralbank eine Kapitalausfuhr in

wovon 50 bis 80 Milliarden für den Schuldendienst im Ausland be-stimmt sind.

Investitionen im MinusWährend die Kapitalflucht zu-nimmt, versiegen die ausländi-schen Investitionen in Russland nahezu vollständig. In den ersten drei Quartalen 2014 betrug das Minus bei den Investitionen nach Angaben der Moskauer Währungs-hüter 21,7 Milliarden US-Dollar. Vom Abfl uss ausländischer Mittel sind ausnahmslos alle Branchen betroffen: die Öl- und Gasindus-trie, die Metallerzeugung, der Han-del, die Agrarwirtschaft, Immo-bilien. „Aktuell wirken direkte und indirekte Verbote auf Inves-titionen in Russland. Westliche In-vestoren entwickeln ein Misstrau-en gegenüber großen Projekten in unserem Land“, erläutert Alexan-der Abramow vom Zentrum für Systemforschung bei der Russi-schen Akademie für Wirtschaft und Verwaltung.So führte die Abkühlung im deutsch-russischen Verhältnis zu einer Absenkung von Investitio-nen in den russischen Maschinen-bau und die Pharmaindustrie. „Viele deutsche Unternehmen sagen die Teilnahme an Projekten in Russland ab, 41 % der Unter-nehmen fahren den Umfang der Investitionen zurück“, sagt Eliza-weta Belugina vom FBS. „Außer-dem leidet die Energiebranche unter den Sanktionen. Ebenfalls auf das Konto von Sanktionen geht der im Dezember 2014 geplatzte Aktientausch zwischen Gazprom und dem deutschen Konzern BASF“, fügt Belugina hinzu.„Bei politischer Instabilität blei-ben Direktinvestitionen aus. Das ist eine normale Erscheinung“, meint Maxim Petronewitsch. Al-lerdings habe sich an den Inves-titionsbedingungen in Russland nichts geändert. „Der Markt ist nach wie vor groß, wegen des Kurs-verhältnisses ist die Arbeitskraft nun billiger geworden als in China, die Stromversorgung ist nach wie vor günstig. Daher bestehen auch weiterhin Anreize, um in Russland zu produzieren“, betont er.

Höhe von 118 Milliarden US-Dol-lar. Nach Einschätzung von Ex-perten hängt die weitere Entwick-lung von der Sanktionspolitik, dem Ölpreis und der Stabilität der Lan-deswährung ab.

Keine Besserung in Sicht„Sehr wahrscheinlich kehrt der Ölpreis nicht auf 100 Dollar pro Barrel zurück, was einen leichten Zufluss an Devisen bedeuten würde. Hinzu kommt eine deutli-che Verschlechterung der russi-schen Wirtschaft. Wir sehen auch für dieses Jahr einen Kapitalab-fl uss in Höhe von mehr als 100 Mil-liarden Dollar“, sagt Elizaweta Be-lugina, Leiterin der Analysten-Ab-teilung beim Wertpapierhändler FBS. „Das Weiterbestehen der Sanktionen, die mögliche weitere Abwertung des Rubels, die Her-absetzung des Ratings auf Ramsch-Niveau werden weiteren Kapital-abfl uss fördern“, fügt Abramow hinzu.Das Zentrum für Wirtschaftspro-gnose der Gazprombank sagt für 2015 einen Abfl uss von 100 bis 130 Milliarden US-Dollar voraus,

Schwacher Rubel stützt Exporteure

Vor allem die rohstofffördernden Un-ternehmen und Produzenten petro-chemischer Erzeugnisse mit einem Ex-portanteil von 75 Prozent profitierten von der Rubelkrise, erklärt Georgij Ostapkowitsch, Direktor des Zentrums für Konjunkturforschung an der Higher School of Economics. Ebenfalls im Vorteil sind Unternehmen aus der Me-

tallurgie und der Kohlegewinnung. Ein schwacher Rubel bedeutet für sie Kos-tenvorteile, zumal wenn sie größten-teils auf russische Ausrüstung setzen. Die Metallurgie profitiert zudem von der Verdrängung ukrainischer Produzenten.„Andere profitieren von der Förderung der Importsubstitution“, führt Ostap-

kowitsch weiter aus. So würden im-portierte Nahrungsmittel durch heimi-sche Produkte ersetzt. „Zu den Gewin-nern zählen Unternehmen, deren Produkte in harter Währung verkauft werden, während der Anteil importier-ter Komponenten an der Produktion gering ist“, sagt Wiktor Demidow, Lei-ter der Consulting-Abteilung bei Fin-Expertisa. Als Beispiel nennt er die Kä-seproduzenten. Wegen des schwachen Rubels ist die Konkurrenzfähigkeit ih-rer Produkte im Vergleich zu den im-portierten Käsesorten gestiegen. Aller-dings könnten ihre in harter Währung finanzierten Produktionsanlagen diese Vorteile wieder zunichtemachen. Der schwache Rubel erhöhe die Kosten für die Modernisierung der Produktion. Vor diesem Problem stehen die Ma-schinen- und Anlagenbauer. Im High-tech-Bereich brauche es Importe, so Ostapkowitsch. Ahnlich bei Konsum-gütern. Kaum ein Unternehmen kann nur mit russischer Ausrüstung und rus-sischen Rohstoffen produzieren.

Russland und das Kapital seit 1994

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4 RUSSIA BEYOND THE HEADLINES Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

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Thema des Monats

ALEXEJ LOSSAN RBTH

Aktuelle Wirtschaftsprognosen

lassen die Erinnerungen an den

Einbruch von 2008/2009 wach

werden. Dabei könnte die Lage

heute sogar ernster sein als bei

der letzten Krise.

REZESSION WEGEN ÖLPREIS UND SANKTIONEN

BILLIGE ENERGIE UND DRUCK VON

AUSSEN ZIEHEN DIE WIRTSCHAFT IN

EINEN SUMPF VON PROBLEMEN.

RUSSLANDS KRISE

Es ist nunmehr traurige Gewiss-heit. Russlands Wirtschaft wird im laufenden Jahr in die Rezessi-on schlittern. Fraglich bleibt al-lerdings das Ausmaß des Ein-bruchs. Laut offizieller Prognose des Wirtschaftsministeriums wird das russsiche Bruttoinlandspro-dukt um mehr als ein Prozent sin-ken. Sollte der Ölpreis auf dem Ni-veau von um die 40 US-Dollar pro Barrel bleiben, wird diese Prog-nose deutlich nach unten korri-giert werden müssen. Dann, so das Ministerium, wird die Wirt-schaftsleistung um etwa fünf Pro-zent zurückgehen.Dabei sanken bereits in der ers-ten Woche des Jahres 2015 die Öl-preise unter 50 US-Dollar pro Bar-rel. Das ist der niedrigste Stand seit sechs Jahren. Der Erdölpreis fi el erneut, nachdem die OPEC an-gekündigt hatte, die Fördermen-gen nicht zu reduzieren. Aleksandr Proswirjakow, Berater für Finanz-, Handels- und Roh-stoffoperationen von Pricewater-houseCoopers in Russland, erklärt, dass die Entwicklung der russi-schen Wirtschaft von der Entwick-lung der Rohölpreise abhänge, denn der größte Teil der Einnah-men des russischen Staatshaus-haltes stammt aus dem Energie-export. Der Haushaltsplan für 2015 basierte auf einem Rohölpreis von durchschnittlich 100 US-Dollar. Sollte der Preis nun lediglich rund 50 US-Dollar betragen, geht auch Alexej Kozlow, Chefanalyst der Investmentgesellschaft UFS, von einem Minus von fünf Prozent aus.Sergej Herstanow, Dozent an der Fakultät für Finanz- und Banken-wesen der Akademie für Volks-wirtschaft und öffentlichen Dienst, rechnet sogar mit minus 5,8 Pro-zent. Russland habe sich mit der „holländischen Krankheit“ infi -ziert: Die Dominanz des Rohstoff-exports angesichts hoher Ölpreise mache andere Bereiche der Wirt-schaft de facto konkurrenzunfä-hig. „Der Verfall der anderen Branchen begann Anfang der

2000er-Jahre und schritt mit der Zeit voran. Genau deswegen ist auch die Abhängigkeit der russi-schen Wirtschaft vom Öl gestie-gen“, erläutert er.Denn nicht nur der Ölpreis wirke sich auf das BIP aus. „Für die Ent-wicklung des BIP spielen auch der Wechselkurs, die Steuerbelastung und der Kapitalabfl uss eine wich-tige Rolle“, sagt Herstanow. Einer-seits hätten auch Sanktionen gegen Russland sowie eine erwartete er-neute Verschlechterung der Boni-tätsnote Russlands und russischer Unternehmen durch internationa-le Ratingagenturen negative Aus-wirkungen. Durch die Abwertung des Rubels hingegen könne der niedrige Ölpreis teilweise kom-pensiert werden.

Kein Vergleich zur Krise 2008/2009Russische Wirtschaftsexperten er-innern an die Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009. Auch damals

stürzte der Ölpreis ab, von 100 US-Dollar auf 40. Die wirtschaftliche und politische Situation war zu dieser Zeit jedoch anders. „Unser Land war damals keinen wirt-schaftlichen Sanktionen ausge-setzt. Zudem ist heute der Markt mit Öl übersättigt“ sagt Daniil Kirkow, Partner der Unterneh-mensgruppe vvCube. Anton So-

roko, Analyst bei Finam, glaubt, dass die Ölpreise so stark gesun-ken sind, weil in den USA die Kos-ten für die Gewinnung von Schie-fergas gesunken seien und gleich-zeitig die Nachfrage geringer werde. „Die Weltwirtschaft wächst nicht in gleichem Maße wie 2009, als die Investoren noch größere Er-wartungen hatten“, bemerkt er.

ALEXEJ LOSSAN RBTH

Russlands Regierung droht we-

gen des Ölpreisverfalls der

Sparzwang. Lediglich Verteidi-

gung und Sozialleistungen sollen

nicht betroffen sein.

Das Loch ist gewaltig. Etwa 39,7 Milliarden Euro – um diesen Be-trag wird das Budget des russischen Staatshaushalts 2015 geringer aus-fallen, damit beträgt es nur noch etwa 159 Milliarden Euro. Grund dafür sind vor allem die weltweit niedrigen Preise für Energieträger. Diese Zahlen verkündete Russlands Finanzminister Anton Siluanow auf dem Gaidar-Wirtschaftsforum in Moskau. Das Finanzministeri-um will versuchen, das Haushalts-defi zit in einem Rahmen von zwei bis drei Prozent des Bruttoinland-produkts zu halten und hat deshalb angekündigt, die Ausgaben um zehn

Haushaltskürzung: Regierung muss trotz schwachem Rubel sparen

Staatsfinanzen Russlands Finanzminister Anton Siluanow verordnet Sparkurs

Prozent zu reduzieren. Die beiden größten Posten des russischen Staatshaushalts, die Etats für Ver-teidigung und Sozialausgaben, sol-len dabei allerdings nicht angetas-tet werden. Xenija Judajewa, stellvertretende Vorsitzende der russischen Zentral-bank, nannte auf dem Gaidar-Fo-rum zwei Entwicklungen, die zur Herausforderung für Russlands Staatshaushalt und die russische Wirtschaft geworden sind: Ölpreis-verfall und Rubelkrise. Die russi-sche Wirtschaft brauche Zeit, sich diesen Entwicklungen anzupassen, sagte Judajewa. Dabei gelte: „Je schneller wir die Periode zur An-passung durchlaufen, desto schnel-ler kann sich unsere Wirtschaft unter den neuen Vorzeichen weiterentwickeln.“

Strukturelles UngleichgewichtTatjana Golikowa, Vorsitzende der

Rechnungskammer der Russischen Föderation, einer einfl ussreichen Institution zur Finanz- und Aus-gabenkontrolle, sprach sich gegen Haushaltskürzungen aus. „Im ers-ten Quartal 2015 erscheint es sinn-voll, keine Korrekturen am russi-

schen Haushalt vorzunehmen“, sagte Golikowa in Moskau und er-klärte: „Wir brauchen diese Zeit, um objektive Daten zur wirtschaft-lichen Entwicklung im Jahr 2014 zu erhalten.“Die Zahlen zeigten zudem, dass trotz bestehender Schwierigkeiten auch neue Einnahmequellen ge-

schaffen worden seien. „Damit derHaushaltsplan eingehalten werdenkann, wurde ein Anti-Krisen-Fondseingerichtet“, berichtete sie. Sie gabzu bedenken, dass Kürzungen, dieden Verteidigungsetat und die So-zialausgaben außen vor ließen, zueinem noch deutlicheren Missver-hältnis der Ausgabenverteilungführen würden. „Derzeit entfallen76 Prozent der Ausgaben des föde-ralen Haushalts auf diese beidenBereiche. Nach den geplanten Kür-zungen wird die Struktur des Haus-halts noch unausgeglichener sein“,warnte Golikowa.Experten sehen indes keine Alter-native zu Sparmaßnahmen. „Im Fi-nanzministerium sorgt man sichum die Erfüllung der Haushalts-vorgaben. Daher sind Kürzungenunerlässlich und nicht die schlech-teste Option“, meint Ilja Balakirew,Chefanalyst bei UFS IC, und fügthinzu: „Die Alternative wäre eine

Entwicklung des Ölpreises (Brent) in US-Dollar 2008-2015

2008 war Russland eines von vielen Krisenländern. Heute kommt zur Wirtschaftskrise der internationale Druck hinzu.

Experten sehen keine Alternative zum Sparen. Höhere Steuern würden Bürger und Firmen zusätzlich belasten.

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RBTHQUELLE: YANDEX.RU/QUOTES

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5RUSSIA BEYOND THE HEADLINES Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

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Unter anderem decke die Nach-frage Chinas die Förderkapazitä-ten der USA nicht ab. In Russland wirke sich der Ölpreisverfall stär-ker auf den Kurs des Rubels aus, weil „anders als in den Jahren 2008 und 2009 heute nur wenig auslän-disches Kapital im Land ist. Aus-ländische Unternehmen investie-ren weniger in Russland“, meint

Einnahmensteigerung, aber das würde Steuererhöhungen bedeuten und eine größere Belastung von Bürgern und Unternehmen.“ Statt-dessen schlägt er vor, „zweifelhaf-te Projekte“, wie er sie nennt, zu-rückzustellen, etwa „die Erschlie-ßung der Arktis oder die steigenden Rüstungsaufträge“. Andererseits mache die russische Rüstungsin-dustrie große Entwicklungsfort-schritte, was zur Importsubstituti-on beitrage. Weitere Investitionen in die Rüstungsindustrie würden helfen, den Importersatz im Bereich der Hochtechnologie noch schnel-ler voranzutreiben, glaubt Ilja Balakirew.

MARIA KARNAUCHRBTH

Der gestiegene Dollarkurs hat

die Russen härter getroffen, als

sie ahnen konnten: Lebensmit-

tel, Kleidung und Haushaltsgerä-

te wurden besonders teuer.

Die Preise vieler Waren sind 2014 schneller gestiegen als die Infl a-tionsrate, die die Statistikbehör-de Rosstat mit 11,4 % beziffert hat. So legten Lebensmittelpreise im Schnitt um 15,4 % zu. Zum Hö-hepunkt des Anstiegs kam es im Dezember, als auch die stärksten Schwankungen der Währungs-kurse registriert wurden. Exper-ten erklären dies durch die starke Abhängigkeit vom Import.Nach Angaben der Statistikbehör-de Rosstat sind Obst und Gemüse um 22 % teurer geworden. Im Win-ter wird für gewöhnlich das meis-te Obst und Gemüse importiert. Wegen der von Russland einge-führten Sanktionen haben viele ein Defi zit auf dem Markt erwar-tet, erklärt Julia Maruewa, Part-ner von Nielsen Russia. Das hat die Preise für zum Import zuge-lassenes Obst und Gemüse in die Höhe getrieben. Fleisch und Ge-fl ügel sind um 20,1 % teurer ge-worden, womit sie die Infl ations-rate um fast das Doppelte über-troffen haben. Die Preise für Fisch sind um 19,1 % gestiegen. Hierbei spielt ebenfalls das Embargo für europäischen Fisch sowie Gerüch-te über ein bevorstehendes Defi -zit eine Rolle. Die Preise für Milch und Milchprodukte sind im ver-gangenen Jahr um 14,4 % gestiegen.„Neben der Unsicherheit heizen auch die gestiegenen Rohstoffkos-ten der Hersteller, die nicht selten ihre Vorprodukte aus dem Aus-land einführen, die Infl ation an. Hier spielt der starke Rückgang des Rubelkurses und die gestie-genen Preise der Rohstofflieferan-ten eine Rolle“, erklärt Julia Maruewa.Den größten Preisanstieg gab es im Dezember, als der Rubel ge-genüber dem Dollar und Euro stark an Wert verlor. Den Nach-hall dessen spürten die Käufer in den ersten zehn Tagen des neuen Jahres. Während der russischen

Das Leben der Russen wird deutlich teurer

Preise steigen nicht nur bei importierten Gütern und Lebensmitteln

Weihnachtsferien wurden die Le-bensmittel im Durchschnitt noch-mals um vier bis zehn Prozent teurer. Die Teuerung hat bereits auch die Regierung auf den Plan gerufen. Premier Dimitrij Medwedjew wies die zuständigen Beamten an, keine „ungerechtfertigten Preiserhöhun-gen“ zuzulassen. Gegen den „gren-zenlosen“ Preisanstieg müssen die Strafverfolgungsbehörden und der Antimonopoldienst Russlands ankämpfen.

Fernseher als GeldanlageWeil der Rubelkurs gefallen ist, sind auch importierte Elektronik-artikel und elektronische Haus-haltsartikel teurer geworden. „Im Zusammenhang mit der wirt-schaftlichen Situation und der in-stabilen nationalen Währung sind die Preise seit Beginn 2014 um 30 bis 40 Prozent gestiegen“, heißt es bei einem der größten russischen Elektronikmärkte M.Video. „Zur-zeit sind die Preise stabil auf dem Niveau von Ende 2014.“Angesichts des großen Preis-sprungs haben sich die Verkaufs-zahlen bei M.Video im Dezember zum Vorjahresmonat mehr als ver-doppelt. Viele Russen versuchten so zumindest einen Teil ihrer Ru-bel-Ersparnisse zu retten. Ande-re, die bereits Dollar auf der hohen Kante hatten, witterten dagegen ein gutes Geschäft, weil die Preis-entwicklung dem Dollarkurs hinterherhinkt.Doch schon im Januar haben ei-

nige ihren Impulskauf bereut und versuchen nun, gekaufte Geräte wieder zurückzugeben. Wie bei M.Video bestätigt wurde, gibt es im Moment mehr Rückgaben als noch vor einem Jahr, auch wenn man noch nicht von einer Massen-tendenz sprechen kann. Andere versuchen, die Waren im Netz wie-der zu Geld zu machen. Nicht weniger aktiv waren die Mo-dehändler aufgrund des Anstiegs des Dollarkurses. Laut Darja Ja-derny, der Direktorin der Analy-seabteilung der EsperGroup, sind die Preise für Kleidung im Markt-durchschnitt seit Mitte Dezember um 16,4 % gestiegen. Einige Her-steller, zum Beipsiel Zara (Anstieg um 27 %) und Massimo Dutti (An-stieg um mehr als 30 %) haben den Durchschnitt jedoch überschrit-ten. „Sowohl ausländische als auch russische Hersteller haben die Preise angehoben, russische Her-steller lassen auch hauptsächlich im Ausland produzieren, meist in China“, erklärt die Expertin. „Au-ßerdem kaufen russische Unter-nehmen Rohstoffe und Ausrüstun-gen f ü r ih re Fabr iken im Ausland.“Die Experten sehen das Ende der Preisspirale noch nicht erreicht und sagen einen weiteren Anstieg der Infl ationsrate voraus. Die Si-tuation könnte sich lediglich durch eine spürbare Stabilisierung des Wechselkurses der Landeswäh-rung ändern. Preisregulierungen dürften dagegen wenig effektiv sein.

Infl ation in Russland 2014

Infl ation in Russland 1991-2014 (in % gegenüber dem Vorjahr)

beträgt der Ölpreis, der dem ursprüngli-chen Haushalt für das laufende Jahr zugrun-de liegt.

beträgt in etwa der Anteil der Einkünfte aus dem Energiesek-tor am föderalen Haushalt.

könnte laut Russlands Wirtschaftsminister Uljukajew das BIP bei einem Ölpreis von 60 US-Dollar sinken.

96$ 50% -3%ZAHLEN

Soroko. Auch damals sei die rus-sische Wirtschaft schon abhängig vom Energieexport gewesen, sagt UFS-Analyst Kozlow. Jedoch wäre der Druck heute aufgrund der Sanktionen, einer steigenden In-fl ation und gestiegenen geopoliti-schen Risiken größer. Der Ausblick sei nicht sehr optimistisch. Das mache den Unterschied aus.

Anton Soroko, Analyst bei Finam Management, sieht noch einen wei-teren Grund, warum der Verteidi-gungsetat nicht von Kürzungen be-troffen ist. Die Höhe der Ausgaben für Verteidigung sei von strategi-scher Bedeutung und daher auch eine politische Entscheidung, erläu-tert er. Das könnten die Finanzbe-hörden nicht ändern. In den Berei-chen Bildung und Gesundheit seien Kürzungen jedoch kritisch, wie So-roko weiter anmerkt. Er schlägt vor, sich um eine Effektivitätssteigerung der Ausgaben zu bemühen: „Jeder eingesetzte Rubel muss sich mehr-fach auszahlen“, findet der Analyst.

Russlands Finanzminister Anton Siluanow.

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6 RUSSIA BEYOND THE HEADLINES Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

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Sport

ALEXEJ MOSKO, ALEXANDER JAKOBSONRBTH

Die russischen Fußballvereine

wollen das Problem der Rubel-

abwertung durch eigene interne

Umrechnungskurse lösen. Nun

müssen sie die Zustimmung der

Spieler einholen.

Rund 47,5 Millionen Euro im Jahr – so viel verdienen die zehn best-bezahlten Fußballprofi s. Das hat vor Kurzem das Portal Sport.ru ausgerechnet, und man könnte meinen, dass seien Peanuts für die Oligarchen. Doch nun würfelt die Rubelkrise alles durcheinander. Im Frühjahr und Sommer letzten Jahres, als der Euro noch 38 Rubel kostete, entsprach dies einem Wert von 1,805 Milliarden Rubel. Nun, da der Kurs bei 75 Rubel pro Euro liegt, müssen für die Gehälter der Topverdiener bereits 3,56 Milliar-den Rubel veranschlagt werden.Diese Schwankungen können selbst die kommerziell erfolg-reichsten Klubs nicht unberührt lassen. So erklärte Spartak-Prä-sident Leonid Fedun, dass die Aus-gaben seines Klubs um 50 Prozent gestiegen seien, während die Ein-nahmen nahezu unverändert blie-ben. „Unsere jährlichen Ausgaben haben wir bisher zu 20 Prozent aus dem Ticketverkauf bestritten, inzwischen decken wir damit le-diglich zehn Prozent ab“, teilte er der Zeitung „Sport-Express“ in einem Interview mit und fügte hinzu, dass seinen Berechnungen nach fünf andere Mannschaften ebenso mit ernsthaften Schwie-rigkeiten zu kämpfen hätten.„Viele ausländische Fußballer ver-fügen über Verträge in Euro oder US-Dollar, bekommen ihr Gehalt jedoch in Rubel zum jeweiligen Zentralbankkurs ausgezahlt. Auch für einige einheimische Fußbal-ler erfolgt die Bezahlung nach die-sem Schema“, erklärt der Sport-jurist Jurij Sajzew. Es ist offensichtlich, dass die Aus-zahlung der Einkommen in frem-der Währung für eine größere Wettbewerbsfähigkeit russischer Vereine im internationalen Ver-gleich gesorgt hat. Die Kehrseite der Medaille: Internationale Spie-ler, und noch nicht einmal die bes-ten ihrer Zunft, hatten Einkom-men, die selbst im internationalen Vergleich sehr hoch waren. Ab so-fort dürfte es nicht mehr ganz so lukrativ sein, in Russland zu spielen.

Es geht nicht nur um GeldAm 24. Dezember 2014 unterzeich-neten die Vereine der russischen Fußballliga eine Absichtserklä-rung, in der sie bekannt gaben, „interne“ Wechselkurse für US-Dollar und Euro bei 45 bezie-hungsweise 55 Rubel festzusetzen. Der offiziell gehandelte Kurs be-trug an diesem Tag für den US-Dollar 54,5 und für den Euro 66,4 Rubel. In dem Memorandum stim-men die Vereine zudem darin über-ein, dass die Konsequenzen des Rubelverfalls für den russischen Fußball dramatische Ausmaße an-

Premier Liga: Der Gürtel wird enger geschnallt

Schwacher Rubel Verträge der Fußballer und Trainer werden durch die Währungskrise zusehends teurer

Rangliste der Top-Verdiener in der russischen Liga

nehmen könnten. Die Fußballver-eine wollen sich nun mit Spielern und Vermittlern zusammensetzen, um bestehende Verträge zu überarbeiten. Es ist vollkommen klar, dass die Top-Klubs aus Sankt Petersburg und Moskau, das gegenwärtige Auf und Ab noch verkraften können. Das größte Problem besteht in der Ungewissheit, wie lange die fi nan-ziellen Schwankungen andauern werden.Der bekannte Fußballagent Arsen Minasow, der unter anderem die Interessen Roman Schirokows, Ka-pitän der russischen National-mannschaft, vertritt, erklärt im Gespräch mit RBTH, dass der rus-sische Fußball einerseits zweifel-los unter der Situation leide, das Problem sich aber nicht nur auf Fußballspieler beschränke. „Ich kann mir vorstellen, dass einige Vereine pleitegehen und sich sogar aufl ösen werden. Die Leidtragen-den der gegenwärtigen Situation werden die Angestellten sein – die Verwaltungsmitarbeiter, Ärzte und das Trainer-Team.“

Fußballer sollen Änderungen zustimmenDer Präsident der russischen Fuß-ballliga Sergej Prjadkin räumte ein, dass sich die Krise „ziemlich dramatisch“ auf die Liga auswir-ke. „Fast alle Vereine werden ihren Haushalt überarbeiten müssen, weil deren Ausgabenseite gestie-gen ist. Den aktuellen Kurs des Rubels könnte niemand bezahlen.“ Deshalb sei eine interne Absichts-erklärung getroffen worden, an die sich die Vereine halten müss-ten. „In dem Memorandum wird klar gesagt, dass sich die Klubs individuell mit den Spielern ab-sprechen müssen, denn alle Ver-träge sind unterschiedlich aufge-baut“, erklärte Prjadkin der Zei-tung „Sport-Express“.Die Klubchefs mussten eingeste-hen, dass eine Überarbeitung der Verträge in der Praxis schwierig wird. „Keiner wird die Vereinba-rungen mit den Spielern einseitig verändern. Schließlich sind die be-stehenden Verträge weiterhin gül-tig. Doch eine konsolidierte Posi-tion wird helfen, diesen Gedan-

ken an die Fußballer und ihre Agenten heranzutragen“, sagte der Generaldirektor des Moskauer Klubs ZSKA Roman Babajew dem Portal Championat.com.Der Torwart von Spartak Moskau Artjom Rebrow stimmt der Idee eines fi xierten Wechselkurses zu. „Wenn schon reiche Klubs Prob-leme haben, was sollen dann die kleinen sagen? Diese Entscheidung würde es vielen Klubs erlauben, die Meisterschaft in Ruhe zu Ende zu spielen. Andere wie Kyrill Kom-barow von Torpedo Moskau haben weniger Verständnis. „Warum soll-ten ausgerechnet die russischen Spieler Zugeständnisse machen? Niemand wusste, dass die Krise kommt, daher haben die Verträge mehrere Jahre Laufzeit. Derzeit werde ich nach dem ZB-Wechsel-kurs bezahlt, bei anderen mag das anders laufen, das weiß ich nicht“, sagte Kombarow.

Rechte der Spieler werden eingeschränktMichail Prokopez, Partner der An-waltskanzlei Legal Sport, nennt das Vorgehen von Vereinen und Liga in einem Interview mit der Zeitung „Wedomosti“ logisch, warnt jedoch, dass das Memoran-dum für die Spieler keine rechtli-che Bedeutung habe. Die Bezie-hung zwischen den Spielern und Vereinen würde von Arbeitsver-einbarungen geregelt. Deshalb müssten sich die Klubs selbst mit ihren Spielern einigen. „Fußball-spieler haben in Russland keine starke Gewerkschaft, die sie schützt und sich mit der Liga ab-sprechen würde, zum Beispiel bei der Höhe maximal möglicher Ge-hälter“, bemerkt Prokopez. Und wo es keine Vereinbarungen gebe, müssten Vereine auch keine Stra-fen für das Brechen eben solcher zahlen.Der Chef der Abteilung für Sport-recht bei der Anwaltskanzlei CMS, Waleri Fedorejew, kritisiert die Entscheidung der Liga und fi ndet, dass sie die Rechte der Spieler ein-schränke. „Äußerungen, die eine Entlassung von Spielern einfor-dern, wenn sich diese nicht auf die neuen Bedingungen einließen, klingen seltsam“. Gesetzeskonfor-me Gründe für eine Kündigung gebe es nicht viele. Im besten Fall würden grobe Verstöße gegen die Disziplin zählen. In allen anderen Fällen müssten die Vereine Abfi n-dungen für eine vorzeitige Aufl ö-sung des Vertrags zahlen. Und die könnten in der Summe den Ge-winn aus der Senkung des Kurses auffressen. Der brasilianische Stürmer Hulk von Zenit, zum Bei-spiel, würde bei seinem erst 2017 auslaufenden und mit sieben Mil-lionen Euro pro Jahr dotierten Ver-trag laut inoffiziellen Angaben im Fall einer Kündigung über 20 Mil-lionen Euro Abfi ndung erhalten.„Die Verträge müssen eingehalten werden und die Spieler haben nichts zu befürchten“, sagt der Ge-neralsekretär der Fußball-Ge-werkschaft Nikolai Grammatikow. Der Anstieg von US-Dollar und Euro habe ein altes Problem des russischen Fußballs offengelegt – die niedrigen Einnahmen. „Die Liga erhält 59 Millionen Euro jähr-lich, die Vereine investieren ins-gesamt über eine Milliarde. Au-ßerdem gibt es bei uns keine Ver-einbarungen über Gehaltsgrenzen. Mit einem Memorandum kann man diese Fragen nicht lösen“, ist sich Grammatikow sicher.

Die Zenit-Spieler Hulk (links) und Axel Witsel (rechts) gehören zu den bestbezahltesten Fußballspielern in

Russland.

204.650.000 €beträgt der geschätzte Marktwert aller Spieler der russischen Premier Liga nach Angaben von Transfermarkt.de.

60.000.000 €soll der Club Zenit Sankt Petersburg 2012 für den Brasilianer Hulk als Ablö-se gezahl haben.

107.000.000 €hat ZSKA Moskau, der Meisterclub der vergangenen zwei Spielzeiten, jährlich zur Verfügung – dreimal weniger als der reichste Club Zenit St. Petersburg.

ZAHLEN

Fast alle Vereine werden ihren Haushalt überarbeiten müssen. Die Ausgaben steigen wegen des Rubelverfalls.

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QUELLE: SPORTS.RU

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7RUSSIA BEYOND THE HEADLINES Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

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Reisen

Russische Touristen bleiben daheimDeutsche Urlaubsregionen fürchten empfindliche Einbrüche bei den Gästezahlen aus Russland

MICHAIL BOLOTINFÜR RBTH

Deutschland vermisst russische

Gäste, denn der Rubelsturz hat

viele Urlaubspläne zunichte ge-

macht. Die Branche fürchtet

Verluste und hofft auf ein Ende

der Krise in Russland.

Peter Ries ahnt Schlimmes, auch wenn er die Gewissheit noch nicht schwarz auf weiß hat. „Es ist, als habe jemand einfach den Stecker gezogen“, sagt der Tourismusdi-rektor von Garmisch-Partenkir-chen. Die Rede ist von russischen Touristen, die Anfang Januar nor-malerweise den bayerischen Ski-ort überrennen. Denn dann ist in Russland Weihnachtszeit und die gesetzlichen Feiertage reichen bis in die Monatsmitte hinein. 2013 entfi el etwa ein Drittel der jähr-lichen 36.000 Besucher aus Russ-land auf den ersten Monat. In diesem Jahr lief es anders. „Drei von vier Reiseveranstaltern, mit denen wir im Russland-Geschäft kooperiert haben, sind pleite. Und die Buchungszahlen der verblie-benen sind so gut wie pulverisiert“, erklärt der Tourismusexperte. So wie Garmisch ergeht es derzeit vielen Reisegebieten in Deutsch-land und auch anderswo in Euro-pa. Die Wirtschaftsfl aute und die massive Abwertung des Rubels um etwa 50 Prozent zum Euro und zum US-Dollar haben die Reise-lust vieler Russen spürbar ge-dämpft. Zuerst schlug die Situa-tion auf die Reiseveranstalter im Land durch. Die Chefi n des Bran-chenverbandes ATOR, Maja Lo-midze, berichtete im Dezember von einem Nachfragerückgang bei organisierten Auslandsreisen um 40 bis 50 Prozent. Dabei war der Auslandstourismus in den vergangenen Jahren ein konstanter Wachstumsmarkt. Die Zahl der Russen, die innerhalb eines Jahres nach Europa gereist sind, hat sich nach Angaben der European Travel Commission zwi-schen 2004 und 2013 von 12,3 auf 31,8 Millionen fast verdreifacht. Damit hat sich das Land zum dritt-wichtigsten Herkunftsland für Eu-ropas Gastgewerbe gemausert.Für 2015 sehen Experten der ETC allerdings einen Einbruch von etwa zehn Prozent. Auch die Sta-tistik der Tourismusbehörde Rosturizm zeigt bereits für die ers-ten neun Monate von 2014, als der Rubel noch relativ stabil war, ein leichtes Minus. Bei günstigen Zie-len wie Türkei und Ägypten blieb der Boom zwar ungebremst. Län-der wie Spanien, Griechenland oder Thailand mussten dagegen empfi ndliche Einbrüche verkraf-ten. Finnland, ein beliebtes Wo-chenendziel für die Einwohner der Fünf-Millionen-Stadt Sankt Pe-tersburg empfing nur noch ein Dr it te l der gewöh n l ichen Touristenanzahl. Ein dermaßen drastischer Rück-gang droht Deutschland wohl nicht, auch wenn das Land zu den kostspieligen Reisezielen gehört. Wer hierher fährt, gehört mindes-tens zur Mittelschicht. Doch auch an den wohlhabenden Russen geht die Krise nicht spurlos vorüber. So meldete der Traditionskurort

31 

In den vergangenen zehn Jahren hat sich

Russland zum drittwichtig-sten Herkunftsland für die europäische Tourismusin-dustrie entwickelt. 2013 kamen 32 Millionen rus-sische Touristen nach Eu-ropa – sechs Prozent der ausländischen Gäste.

2 2013 besuchten erstmals mehr als eine

Million Touristen aus Russ-land die Bundesrepublik. Damit hat sich die Zahl seit 2003 vervierfacht. Be-liebtestes Bundesland ist Bayern, die Hauptstadt Berlin liegt auf Platz zwei vor NRW.

3 Russen gehören zu den wichtigsten Kun-

den im Bereich des Tax-Free-Shoppings. Auf sie entfallen in Deutschland 20 Prozent der Einkäufe von Nicht-EU-Bürgern. Im vergangenen Jahr ist das Volumen jedoch bereits um 18 Prozent gesunken.

FAKTEN ÜBER

RUSSISCHE

TOURISTEN

Baden-Baden das erste Mal seit zwanzig Jahren weniger russische Gäste. Die kommunale Statistik, die auch die Ukrainer zu dieser Gruppe zählt, weist zwischen Ja-nuar und September 10.000 Besu-cher weniger aus den beiden Län-dern aus. Das tatsächliche Ausmaß des Rückgangs wird allerdings erst klar, wenn die Zahlen vom Janu-ar, dem wichtigsten Monat im Jahr, vorliegen. „Wir gehen für das ver-gangene Jahr von einem Minus zwischen zehn und 14 Prozent aus“, erklärt Tourismus-Direktor Ries aus Garmisch-Partenkirchen. Der Einbruch im Januar dürfte kräf-tiger ausfallen. Dabei haben sich die russischen Gäste zur zweit-wichtigsten Urlaubergruppe im bayerischen Skiort gemausert und stellen jeden achten Besucher aus dem Ausland, knapp hinter den Amerikanern. Ein Ergebnis jah-relanger, gezielter Arbeit auf dem russischen Markt, so Ries. Nun gehe ein großer Teil der Wert-schöpfung verloren, weil Touris-ten aus Russland meistens auch viel Geld in den Geschäften und Restaurants gelassen haben.

Verschärfte KonkurrenzJetzt müssen auch Russen spar-sam bleiben. Laut VTB 24, einer der größten Banken des Landes, haben ihre Kunden in der Urlaubs-saison bis zu 40 Prozent weniger Geld im Ausland gelassen. Die Zahl der Transaktionen hat sich halbiert. Dabei haben Luxuskauf-häuser, ob in München, Berlin oder Dresden, auf die Kundschaft aus Russland gehofft. Seit Jahren be-müht sich die sächsische Haupt-stadt mit Erfolg um russische Tou-risten. So erstrahlt die Altmarkt-Galerie zum Jahresanfang in den russischen Nationalfarben weiß, blau und rot. Väterchen Frost und Enkelin Snegurotschka begrüßen die Kunden und russischsprachi-ge Hostessen stehen pünktlich um 13.20 Uhr am Airport, um den Moskauer Flieger zu empfangen. Doch erst kürzlich klagte Nadine Strauß, Chefi n der Altmarkt-Ga-lerie, der 500-Euro-Schein sitze nicht mehr so locker. Zumal sich die Hoffnungen auf neue Direkt-flüge aus Krasnodar und Sankt Petersburg nicht erfüllt haben. Die Verbindungen stehen zwar noch im Flugplan, Tickets werden der-zeit allerdings nicht angeboten. Andere Traditionsziele wie Berlin hoffen dagegen, die innerdeutsche Konkurrenz um Touristen für sich entscheiden zu können. „Gerade in Krisenzeiten bietet die deutsche Hauptstadt mehr fürs Geld als an-dere Weltmetropolen, sagt Burk-hard Kieker, Geschäftsführer von visitBerlin. Berlin sei schon aus anderen Krisen als Gewinner her-vorgegangen. In der Tat haben die Übernachtungszahlen bis Novem-ber nu r u m z wei P rozent abgenommen. Doch nicht nur die innerdeutsche Konkurrenz verschärft sich. Ins-besondere die Bergregionen schau-en neidisch auf Sotschi. Zumin-dest über die Weihnachtsferien sei die einstige Olympiastadt komplett ausgebucht gewesen. Etwa 180.000 Besucher waren es allein in den

ersten beiden Jahreswochen. Im ganzen Jahr sollen es insgesamt über eine Million werden. Auch der russische Verband der Reise-veranstalter meldet, die Nachfra-ge nach innerrussischen Destina-tionen sei um mehr als ein Viertel gestiegen. Tourismusdirektor Ries sieht Sot-schi ebenfalls als direkte Konkur-renz. Viel machen könne man da-gegen nicht. Geld in verstärktes Marketing wäre derzeit in den Sand gesetzt. Auch Ersatz für die Russen lasse sich nicht so schnell fi nden. Bleibt nur auf eine Kon-junkturwende zu hoffen. Eines möchte der Garmisch-Par-tenkirchener auf jeden Fall ver-meiden: „Falls der Eindruck ent-steht, die russischen Gäste sind wegen der internationalen Situa-tion hier nicht erwünscht, so ist das falsch. Bei uns geht es um Gastfreundschaft und nicht um Politik. Also kann ich nur sagen: Herzlich Willkommen!“

Oben: Der Skiort Garmisch-Par-

tenkirchen gehört zu den belieb-

testen Reisezielen für wohlhaben-

de Russen in der Wintersaison. In

diesem Jahr bleibt ein Großteil

der Besucher aus Russland aus.

Rechts: Erstmals machen die

Olympiastadt Sotschi und das

Ski-Resort Rosa Khutor den Alpen

Konkurrenz. Anfang Januar waren

die Hotels in Russlands neuestem

Skigebiet komplett ausgebucht.

Russian Winter

photo album available at

Available in English only

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8 RUSSIA BEYOND THE HEADLINES Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

de.rbth.com

Meinung

DAS JAHR WIRD SCHMERZHAFT

Der Kursverlust des Rubels von fast 50 Prozent gegen-über den gängigen Währun-

gen bereitet nicht nur den Konsu-menten Probleme, sondern auch westlichen Firmen. Deshalb ist es sinnvoll herauszufi nden, womit die russische Wirtschaft 2015 rechnen muss. Um diese Frage beantwor-ten zu können, sollte man sich daran erinnern, wie sich Russlands Wirtschaft in den vergangenen Jahren entwickelt hat.Während der zehn Jahre zwischen 2003 und 2013 nahm der Realwert des Rubels um nahezu 45 Prozent zu – das ist ein beachtlicher Wert. Im Vergleich dazu verteuerten sich die Nationalwährungen der wachs-tumsstarken Länder wie China und Indien nur um zehn Prozent. Allerdings stieg dort das Brutto-inlandsprodukt pro Einwohner wesentlich schneller als in Russ-land. Während in diesem Zeitraum der Anstieg des Bruttoinlandspro-duktes in Russland rund 85 Pro-zent betrug, waren es in China 206 Prozent und in Indien immerhin noch 120 Prozent.Russland vermochte den Lebens-standard vor allem durch die Stär-kung seiner Nationalwährung und schnell steigende Löhne zu heben. Aber diese Situation konnte nicht ewig währen: Die stärkere Wäh-rung und die hohen Fertigungs-kosten ließen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirt-schaft sinken. Deshalb setzte 2012 ein zunehmend negativer Trend ein, der zu einer geringeren Ren-tabilität in sämtlichen Wirt-schaftsbereichen, mit Ausnahme der Petrochemie, zu schrumpfen-den Investitionen und einem Ab-klingen des Reallohnanstiegs führ-te. Unterm Strich entwickelte sich die russische Wirtschaft praktisch

Konstantin

KorischtschenkoÖKONOM

Georgij

BowtPOLITOLOGE

in jeder Hinsicht wesentlich lang-samer als zuvor.2014 verschärfte sich die Situati-on aufgrund der zunehmenden geopolitischen Spannungen, der Sanktionen, des Wegfalls der Au-ßenmärkte und des erheblichen Kapitalabfl usses ins Ausland. Im Sommer gesellte sich dann auch noch der rapide Verfall des Erd-ölpreises hinzu. Es war nun nicht länger möglich, den Rubelkurs

ren wird, wird sich auch der Ru-belkurs wieder erholen.Zweitens wird die Politik der Zen-tralbanken Einfl uss auf die rus-sische Wirtschaft haben. Während in Japan die Notenpresse weiter auf Hochtouren läuft und inner-halb der EZB der geplante Auf-kauf von Staatsanleihen auf den Widerstand Deutschlands stößt, nimmt in den USA im Gegensatz dazu der Prozess der Abschöpfung „überflüssiger“ Liquidität vom Markt immer mehr Fahrt auf. Das wird den Euro und den Yen ge-genüber dem US-Dollar auch in der nächsten Zeit höchstwahr-scheinlich noch weiter schwächen. Zieht man in Betracht, dass die wichtigsten Exportgüter immer noch in US-Dollar gehandelt wer-den, wird dies den Druck auf die Rohstoffpreise erhöhen.Innerhalb der russischen Wirt-schaft wird der Kampf der Mos-kauer Zentralbank gegen die In-fl ation und für die Stabilisierung

des Rubels die Möglichkeit eines Wirtschaftswachstums drastisch einschränken. Das hängt damit zusammen, dass unter den Bedin-gungen einer frei fl oatenden Wäh-rung die Geldemission und die Zinsrate die Hauptsteuerinstru-mente sind. Gegenwärtig sind Ein-schränkungen bei der Kreditver-gabe und entsprechend hohe Zins-sätze zu beobachten. Eine solche Politik verhindert tatsächlich das Aufflammen der Infl ation und hält die Spekulanten im Zaum. Aber sie verhindert auch den Zufl uss frischen Kapitals in die Wirtschaft. Infolgedessen werden die Unter-nehmen, da ihnen der Zugang zu Krediten vorerst versperrt bleibt, ihre Investitionsprojekte einfrie-ren und sich um eine Senkung vor allem der Fertigungskosten bemühen.Unterm Strich wird das Jahr 2015 für Russland also eher ein weite-res Abfl auen der Wirtschaftsak-tivitäten bringen. Die Unterneh-men müssen sich in diesem Jahr an die neuen Bedingungen anpas-sen, die sonst eher kauffreudige Bevölkerung wird ihren Konsum einschränken. Dennoch kann man dies als eine unumgängliche Etap-pe beim Übergang von der durch den Export von Erdöl und Erdgas geprägten Wirtschaft zur Wirt-schaft eines ausgeglichenen und nachhaltigen Wachstums ansehen. Leider zeigt die Erfahrung ande-rer Länder, dass ein solcher Trans-formationsprozess sehr schmerz-haft verlaufen kann. Aber der ak-tive Einsatz von Marktmechanismen kann diese Phase erheblich verkürzen.

Konstantin Korischtschenko ist Leiter des Lehrstuhls für Fondsmärkte und Finanzinstrumente an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Öffentlichen Dienst.

RUBELKRISE LÄSST RUSSEN WEITGEHEND KALT

Der Dezember war ein wilder Monat für den Rubel. Zehn- oder gar 20-prozentige

Schwankungen an einem Handels-tag würden für viele andere Län-der wohl einer Katastrophe gleich-kommen. Die jeweilige Regierung würde wahrscheinlich zum Rück-tritt gezwungen werden und es käme zu Tumulten unter der Be-völkerung. Von außen betrachtet könnte man meinen, auch das ver-armte russische Volk müsse auf die Straße gehen, und der Präsident könnte gezwungen sein, Medwed-jews Kabinett zu opfern. Es ge-schieht jedoch nichts dergleichen. Um die Gelassenheit der Russen zu verstehen, genügt ein Blick auf

die vergangenen Jahrzehnte: In die-sem Zeitraum hat das Land gleich mehrere Abwertungen des Rubels überstanden. So war beispielswei-se die Situation 1998 viel schlim-mer als gegenwärtig. Die letzte große Abwertung liegt gerade ein-mal sechs Jahre zurück. Nie hat das bisher zu irgendwelchen spür-baren sozialen und erst recht nicht politischen Protesten geführt – selbst nicht zu Zeiten, als die Op-position wesentlich stärker und bes-ser organisiert war. Ein wichtiger Grund für die ent-spannte Reaktion der Russen liegt darin, dass ein Großteil der Be-völkerung ausschließlich in einer „Rubelwelt“ lebt und mit auslän-dischen Währungen nicht in Be-rührung kommt. Die Spareinla-gen der Bürger bei russischen Ban-ken haben gegenwärtig ein

träfen. Natürlich spüren Auslands-reisende die Abwertung auch. Aber einen Reisepass besitzen lediglich 15 Prozent der Bevölkerung, und davon fährt der überwiegende Teil lediglich einmal im Jahr nach Ägypten oder in die Türkei. Nur zwischen drei und fünf Prozent der Bevölkerung reist regelmäßig in den Westen.

Der Verfall des Rubelpreises wirkt sich in Russland natürlich in Form von Preisanstiegen aus, und die-ser Trend wird in den nächsten Monaten noch zunehmen. Fällt der Rubel gegenüber dem US-Dollar um zehn Prozent, verursacht dies allerdings lediglich ein Prozent an Infl ation. Der rasante Preisanstieg ist selbstverschuldet – durch eine Wirtschaft, die unzureichend di-versifi ziert, die monopolisiert und kaum wettbewerbsfähig ist. Aber

selbst ein Preisanstieg von 20 bis 30 Prozent treibt die Menschen nicht auf die Straße, weil diese Er-scheinung für Russland absolut nichts Neues oder Ungewöhnliches darstellt.Die gegenwärtige Situation unter-scheidet sich von vorherigen Wäh-rungskrisen zudem darin, dass der Präsident und die Regierung ein für die postsowjetische Zeit bei-spielloses Vertrauen in der Bevöl-kerung genießen – besonders vor dem Hintergrund der Konfronta-tion mit dem Westen. Die Mehr-heit der Bevölkerung ist der Über-zeugung, dass Russland in diesem Konfl ikt im Recht sei. Gegenwär-tig vertrauen mindestens 80 Pro-zent der Russen dem Präsidenten. So besagen es Umfragen des Le-wada-Zentrums von Ende Novem-ber. Damit hat das Vertrauen der Bevölkerung innerhalb eines Jah-res um 50 Prozent zugenommen. Die Zahl derer, die glauben, dass Putin kein Vertrauen verdiene, fi el innerhalb desselben Zeitraums von zwölf auf vier Prozent.

Georgij Bowt , russischer Politologe und Journalist der unabhängigen Online-Zeitung Gazeta.ru

Ein Großteil der Russen lebt in einer Rubelwelt und kommt mit ausländischer Währung nicht in Berührung.

Gesamtvolumen von etwa 16,8 Bil-lionen Rubel (225 Milliarden Euro). Dabei sollte nicht außer Acht ge-lassen werden, dass der allergröß-te Teil dieser beachtlichen Einla-gen einem relativ kleinen Teil der Bevölkerung gehört. 71 Prozent verfügen, Umfragen zufolge, über keinerlei Sparguthaben. Ein Spar-konto in der einen oder anderen Form, und dabei ist nicht nur die Rede von Girokonten, auf die das Gehalt überwiesen wird und von denen man Geld am Geldautoma-ten abheben kann, besitzen ledig-lich zehn Prozent der Bevölkerung. Eine „Sparrücklage“ beginnt im Verständnis des Durchschnitts-russen bei dem relativ bescheide-nen Betrag von 250.000 Rubel (etwa 3.500 Euro). Viele bewahren ihre Ersparnisse zu Hause auf, vor allem wenn eine größere Investi-tion bevorsteht. In Fremdwährun-gen legen, so die Ergebnisse ver-schiedener Umfragen, ihr Geld nur vier bis sieben Prozent der Bevöl-kerung an.Natürlich interessieren sich die Leute für den Umtauschkurs. Sie tun das aber äußerst distanziert, als ob die Geschehnisse in erster Linie nur die „satten Moskauer“ oder schlicht nur die Reichen be-

2015 werden die Wirtschaftsaktivitäten weiter abflauen, die Unternehmen werden sich an die neuen Bedingungen anpassen müssen und Russlands Bevölkerung wird weniger konsumieren.

weiterhin auf seinem relativ hohen Niveau zu halten. Als dann zur Politik einer frei fl oatenden Wäh-rung übergegangen wurde, begann der Rubel rasant zu fallen. Von den äußeren Faktoren ist zu-nächst vor allem der Erdölpreis relevant. Wenn dieser nicht wei-ter fällt und sich auf einem be-stimmten Niveau einpendeln soll-te, dürfte dies das erste Anzeichen einer Kehrtwende der Wirtschaft sein. Die meisten Analysten stim-men darin überein, dass sich die Nachfrage nach Erdöl an der Ent-wicklung der Weltwirtschaft aus-richtet. So war es in der Vergan-genheit, so ist es gegenwärtig, und so wird es auch in Zukunft sein. Ein Rückgang der Nachfrage oder ein sprunghaft ansteigendes An-gebot, wie gegenwärtig durch das Schieferöl der USA, sind lediglich eine vorübergehende Erscheinung – langfristig jedoch wird der Erd-ölpreis steigen. Und in dem Maße, wie sich der Erdölpreis stabilisie-

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9RUSSIA BEYOND THE HEADLINES Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

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Meinung

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INTEGRATION UND DER ISLAM: RUSSISCHE ERFAHRUNGEN FÜR EUROPA

Russland ist eines jener Län-der, für die die französische Tragödie höchst aktuell ist.

Auch wir hatten und haben es mit Terrorismus im Namen des Islams zu tun. Wir verfügen über die Er-fahrung einer recht offen geführ-ten, gesellschaftlichen Diskussi-on darüber, was bei der Kritik an Religion und Kirche zulässig ist. Ebenso gibt es traurige Beispiele dafür, wie Terroristen zielgerich-tet ideologische Gegner umbrin-gen: Im November 2009 wurde in Moskau Vater Daniil (Sysojew), ein russisch-orthodoxer Missio-nar, der sehr umfangreich und scharf gegen Muslime polemisiert hatte, ermordet. Deshalb wurde in Russland die aktuelle Debatte in Europa darüber, wie eine mo-derne Gesellschaft mit dem Islam zusammenleben kann, auch sehr schnell aufgegriffen.Religion stellt für den heutigen bürokratischen Nationalstaat stets eine Herausforderung dar. Denn sie setzt in der einen oder ande-ren Weise eine nicht staatliche, nicht staatsbürgerliche Loyalität und nicht staatliche Autorität vo-raus, und macht sich so für die Mächtigen verdächtig. In diesem Sinne existiert kein prinzipieller Unterschied zwischen Russland, Deutschland, Frankreich, den Vereinigten Staaten und China.Für den Islam war die politische Dimension, oder besser gesagt das Fehlen einer Grenze zwischen Weltlichem und Geistlichem, von großer Bedeutung wie auch für das Christentum. Andererseits widersetzt sich der Islam einer solchen Bürokratisierung, wie sie sich in den kirchlichen Organi-sationen der Christen herausge-bildet hat. Das lässt den Islam zu einem besonders komplizierten Partner für den Staat werden: Er beansprucht eine regulative Rolle

Nikolai

SilajewKAUKASUS-FORSCHER

in jenem Bereich, den der Staat als sein ureigenes Monopol an-sieht, unterliegt selbst aber kaum einer bürokratischen Struktur. Der Staat strebt stets danach, den Islam transparent und kalkulier-bar sein zu lassen, vermag aber dieses Ziel nie vollends zu erreichen.Deshalb ähneln die Versuche der Staaten, den Islam zu „integrie-ren“, einander so sehr, ungeach-tet der vollkommen unterschied-lichen Situationen in den einzel-nen Ländern. Der Archetypus der gegenwärtigen Geistlichen Ver-waltungen der Muslime – auf In-itiative des Staates geschaffener quasi-kirchlicher Organisationen, die dazu dienen sollen, die Mus-lime im Dialog mit der Beamten-schaft zu vertreten – stammt in Russland noch aus der Zarenzeit,

überlebte die Sowjetepoche und wirkt erfolgreich bis in die post-sowjetische Zeit. Diese Organisationen sind es, die mit dem sogenannten „traditio-nellen Islam“ assoziiert werden. Auch wenn dieser Begriff vom Standpunkt der islamischen Glau-benslehre betrachtet kaum Sinn ergibt, ist er doch bei den Beam-ten und Politikwissenschaftlern äußerst populär, da damit jener Teil der islamischen Gemeinden bezeichnet wird, der sich loyal ge-genüber den Geistlichen Verwal-tungen und mittels dieser auch gegenüber staatlichen Institutio-nen verhält.Die religiösen Strukturen, die durch den Staat geschaffen oder bevollmächtigt wurden, beginnen

unweigerlich, ihr eigenes Spiel zu spielen, und beanspruchen dabei, in den Verhandlungen mit der Be-amtenschaft die Interessen sämt-licher Muslime zu vertreten, wobei sie eine größere fi nanzielle und materielle Unterstützung unter Verweis auf die zunehmende Ra-dikalisierung fordern und ihre guten Kontakte zur Beamten-schaft dafür nutzen, Druck auf Abweichler in den muslimischen Gemeinden auszuüben. Es sind übrigens auch Fälle bekannt, in denen, so mag es scheinen, gegen-über der Beamtenschaft loyale geistliche Führer radikale Losun-gen übernahmen, um ihre eigene P o p u l a r i t ä t d a d u r c h z u steigern.Die „Unzulänglichkeit“ der Geist-lichen Verwaltungen als den Islam vertretende Partner veran-lasste den Staat, weitere Möglich-keiten eines Dialogs mit den mus-limischen Gemeinden zu suchen. In den vergangenen Jahren kam es zu mehreren Initiativen in die-ser Richtung. Die föderalen Be-hörden gaben mehrere Milliar-den Rubel für die Entwicklung der islamischen Lehre aus. Nach Russland werden namhafte isla-mische Prediger eingeladen und es werden theologische Konferen-zen veranstaltet. Mit Unterstüt-zung der Regierung der Repub-lik Dagestan wurde der Dialog zwischen der Geistlichen Verwal-tung der Muslime und jenen mus-limischen Gemeinden, die deren Autorität nicht anerkennen, auf-

genommen. Dieser Dialog wurde zu einem der Elemente der „sanf-ten“ Anti-Terror-Strategie, die auf eine politische und ideologi-sche Schwächung des bewaffne-ten Untergrundes gerichtet ist.In Russland ist häufi g von dem Jahrhunderte andauernden Zu-sammenleben des Christentums und des Islams sowie vom ange-

häuften Erfahrungsschatz dieses Zusammenlebens die Rede. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Die Islamisierung ist für Russ-land eine historisch neue Erschei-nung. Das sowjetische Modell der sozialen Integration verbannte die Religion auf den Hinterhof des öf-fentlichen Lebens. Die konfessi-onelle Vielfalt als eine ernsthafte Herausforderung entwickelte sich erst in den vergangenen Jahren, als durch den Wirtschaftsboom und die dadurch hervorgerufene Migration die Muslime und Nicht-Muslime plötzlich begannen, sich von Angesicht zu Angesicht ge-genüberzustehen. Der Arbeits-kräfteüberschuss im Nordkauka-sus lässt die Migranten in andere Regionen des Landes drängen. Die

Religion stellt für den Staat stets eine Herausforderung dar, weil sie keine staatliche Loyalität voraussetzt.

Nach Russland werden namhafte Prediger eingeladen und es werden theologische Konferenzen veranstaltet.

Ukraine und Russland: Selbstbestimmtaus der Krise

MEHR MEINUNGEN FINDEN SIEAUF UNSERERWEBSEITE:

DE.RBTH.COM/MEINUNG

Die beiden Länder müssen ihr Verhältnis zueinander definieren.

de.rbth.com/32585

Nachfrage nach billigen Arbeits-kräften verstärkt den Strom der Migranten aus Mittelasien.Dieses Wirtschaftswachstum führte jedoch auch dazu, dass die unterschiedlichsten Bevölke-rungsgruppen, darunter auch die muslimischen Migranten, an den Früchten dieser Entwicklung par-tizipieren konnten, wenn auch nicht im gleichen Maße. Aber ungeachtet der massenhaf-ten Zuwanderung billiger Arbeits-kräfte führte diese Migration nicht zwangsläufi g zu einer Mar-ginalisierung. Es ist bezeichnend, dass sich in den russischen Städ-ten keine Migrantenghettos her-ausgebildet haben, wie sie so cha-rakteristisch für viele westeuro-päische Städte sind. Die russische Gesellschaft erwies sich als aus-reichend offen, um keine sozialen Entladungen aufgrund von Aus-grenzung zuzulassen – ungeach-tet des schweren Erbes zweier Tschetschenienkriege, demogra-fischer Verwerfungen und des postsowjetischen Kollaps, den die staatlichen Institutionen erst kürzlich überwunden haben.

Der Autor ist wissenschaftli-cher Mitarbeiter am Zentrum für Probleme des Kaukasus und regionale Sicherheit des Staatlichen Moskauer Instituts für Internationale Beziehungen und Direktor der gemeinnützi-gen Organisation „Kaukasische Zusammenarbeit“.

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10 RUSSIA BEYOND THE HEADLINES Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

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Film

DMITRIJ VACHEDINFÜR RBTH

Die russische Filmindustrie ent-

wickelt sich widersprüchlich. In

diesem Jahr hat das Land seit

Langem wieder eine aussichts-

reiche Oskar-Nominierung. Das

freut längst nicht alle.

TROTZ NEUER RESTRIKTIVER GESETZE UND KRITIK AUS DEM KULTURMINISTERIUM SCHAFFT EIN

RUSSISCHER FILM ERSTMALS SEIT LANGEM WIEDER EINE OSCAR-NOMINIERUNG.

RUSSISCHES KINO

Im Februar werden in Berlin Ber-linale-Bären und in Los Angeles Oscars verliehen. Bekommt „Le-viathan“ von Andrej Swjaginzew den Oscar für den besten auslän-dischen Film, wird der Film „Unter Stromwolken“ von Alexej German in Berlin ausgezeichnet, wird man sicherlich vom großen Erfolg des russischen Kinos spre-chen. Wird es nicht passieren, wer-den wohl einige Filmkritiker die Situation im russischen Kino als krisenhaft bezeichnen. Durch-bruch und Krise. Erfolg und Sta-gnation. In Wirklichkeit ist die rus-sische Filmindustrie so ambiva-lent, dass beide Thesen irgendwie stimmen. Je nach Perspektive, je nach den Kriterien. Doch alles der Reihe nach.

Zahlen lassen sich sehenIm europäischen Vergleich schnei-det der russische Kinomarkt sta-tistisch gesehen gar nicht schlecht ab: So gibt es in Russland 40 Mil-lionen Kinobesucher pro Jahr mehr als in Deutschland (170 Millionen in Russland gegen 130 Millionen in Deutschland). Der Umsatz der Filmtheater in Russland entspricht ungefähr den deutschen Werten ca. eine Milliarde Euro im Jahr. Der Marktanteil der einheimischen Filme ist in Deutschland etwas größer - 26 % gegen 18 % in Russ-land. Dominiert wird der Markt

in beiden Ländern von den Hollywood-Produktionen.Man muss zugeben: Russische sowie sowjetische Filme waren nie internationale Kassenhits. „Bei uns ist es ein glücklicher Einzel-fall, wenn ein russischer Film überhaupt die Staatsgrenze über-quert und einen beschränkten Ver-leih im Ausland fi ndet. Noch nie gab es die Situation, dass ein rus-sischer Film 100 bis 200 Millionen Dollar im internationalen Verleih kassierte“, meint der wohl bekann-teste russische Produzent Alek-

sandr Rodnjanskij. Dennoch schaf-fen es einzelne russische Filme, im Lande die 50-Millionen-Dol-lar-Marke zu durchbrechen, so auch der Streifen „Stalingrad“ von Fjodor Bondartschuk.Doch das war vor der Krise. Die Folgen der rasanten Schwächung des Rubels sind nicht berechen-bar. Russland hat es in den ver-gangenen Jahren geschafft, vor allem in Millionenstädten eine mo-derne Kinoinfrastruktur aufzu-bauen, die allerdings eher ameri-kanische Blockbuster als europä-ische Autorenfi lme bedient. Momentan gibt es aber trotz der unsicheren Zeiten keine Anzeichen dafür, dass Russen massenweise auf die Kinobesuche verzichten würden. In den traditionell lan-gen russischen Weihnachtsferien haben die Kinos in diesem Jahr

zehn Prozent mehr Umsatz ge-macht als im Vorjahr.

Kein Platz für junge ChaotenGefährlicher als die Krise schei-nen manche staatliche Initiativen – so wie das Gesetz gegen den Ge-brauch von Schimpfwörtern. Viele Filme, besonders junge, freche, provokative Werke der jungen Fil-memacher - wie „Kombinat Na-dezhda“ von Natalia Meschtscha-ninowa, ein Super-Erfolg beim Filmfestival in Rotterdam - haben laut Gesetz keine Chance, in rus-sischen Kinos gezeigt zu werden. So steckt jeder russische Filme-macher jetzt in dem Dilemma, den eigenen Film ausschließlich für Festivals zu produzieren oder ihn durch Eigenzensur „kinderge-recht“ zu machen. Ein weiterer möglicher, nicht we-niger fataler Schritt ist die Quo-teneinführung für russische Filme. Noch diskutiert man darüber, die Entscheidung ist nicht getroffen. „Bei der 50%-Quote werden alle russischen Filmtheater nach einem Monat dicht gemacht. Bei der 30%-Quote werden wohl manche Kinos überleben, zumindest für ein paar Jahre“, sagt Produzent Sergeij Sel-janow. Die Quoten wären ein har-ter Schlag für die Industrie und werden wohl nur eintreten, wenn der antiwestliche Kurs härter wird. Dennoch hat Russland „weltoffe-ne, aber patriotische Zuschauer“, wie es der Filmkritiker Iwan Ku-drjawzew formuliert. „Der Zu-schauer akzeptiert es nicht, wenn das einheimische Produkt kom-plett durch das ausländische er-setzt wird“, meint er. Der Markt braucht russische Filme.

Mal wieder sozialInteressant, dass ausgerechnet im Jahr des Schimpfwortgesetzes die russische Kinoindustrie durch neue starke Namen erstmal rich-tig „sozial“ wurde. „Die Korrek-turklasse“ von Iwan Twerdowski (umjubelt beim 24. Filmfestival des osteuropäischen Films in Cott-bus), wo die Förderklasse in einer russischen Schule für die auf einen Rollstuhl angewiesene Lena zur Hölle wird, das schon erwähnte „Kombinat Nadezhda“, ein verbit-tertes Porträt einer Provinzstadt

im Norden Russlands, und nicht zuletzt „Leviathan“ von Andrej Swjaginzew, erster Golden-Glo-be-Award für einen russischen Film seit 1969 und ein heißer Oscar-Kandidat.Kein Regisseur seit Nikita Mich-alkow schaffte es so weit nach oben wie Andrej Swjaginzew. Sein Werk ist in Russland umstritten: für die einen Metapher, lupenreiner Re-alismus für die anderen. Doch selbst Kulturminister Vladimir Medinskij, ein Anhänger patrio-tischer Kostümdramen, hat vor Kurzem erklärt, dass er sich über den Erfolg von „Leviathan“ in Eu-ropa freut. Auch wenn er die Dar-stellung der Kirche im Film „un-terirdisch“ fi ndet. Da das russi-sche Kulturministerium den Film mitfi nanziert hat, darf der Minis-ter das auch als eigenen Erfolg be-

werten. „Ich hoffe, dass der sehr begabte Andrej Swjaginzew das nächstes Mal einen Film mit un-serer Unterstützung ohne diese existentielle Hoffnungslosigkeit kreiert“, so Medinskij.

Mainstream mit QualitätEine weitere positive Entwicklung: Russische Mainstream-Projekte haben eine Qualität erreicht, die auch Kritiker überzeugt. So schaffte es der Film „Bittersüße Hochzeitsküsse“ von Zhora Kryzhownikow, ein Kassenhit mit 25 Millionen US-Dollar Einnah-men und Produktionskosten von nur 1,5 Millionen, im vergangenen Jahr in mehrere Top-Listen der angesehensten Kritiker. Eine Hochzeits-Komödie im Home-Vi-deo-Stil, ganz souverän und skru-pellos gemacht, hat für viele rus-sische Zuschauer ihr Land neu ent-deckt. Ein weiteres Phänomen war die Serie „Sportlehrer“ auf dem TNT-Kanal. Diese Sitcom über einen Gangster-Lehrer, quasi die russische Antwort auf den deut-schen Kinohit „Fack ju Göhte“, schaffte es, amerikanischen Strei-fen Konkurrenz zu machen.Ob wirtschaftliche Krise oder ein undurchsichtiges System der Staatsfi nanzierung – letztlich wird in Russland ein paralleles System aufgebaut, das jungen Autoren starke Debüts ermöglicht. Patrio-tische Initiativen des Kulturmi-nisteriums beschränken die künst-lerische Freiheit, doch gleichzei-tig wird der systemkritische Film „Leviathan“ mit Staatsgeldern un-terstützt. Das Land isoliert sich und wird gleichzeitig für die Au-ßenwelt immer interessanter. Russ-land bleibt ein Kinoland.

BITTERSÜSSE OSCAR-TRÄUME

Russland hat 30 Millionen Kinobesucher mehr als Deutschland. Deutsche schauen aber mehr einheimische Filme.

Ausgerechnet der systemkritische Film „Leviathan“ wurde mit staatlichen Geldern unterstützt.

Dreharbeiten zum Blockbuster

Stalingrad. Rechts: Regisseur

Fjodor Bondartschuk

KINOPOISK.RU

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11RUSSIA BEYOND THE HEADLINES Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

de.rbth.com

Film

CHRONIK

Sowjetische und russische Preisträger auf der Berlinale

1975 • „Hundert Tage nach der Kind-heit“ von Sergej Solowjow: Der Silber-ne Bär für die beste Regie

1981 • „26 Tage aus dem Leben Dos-tojewskis“ von Alexandre Zakhi: Der Silberne Bär für den besten Darsteller (Anatolij Solonitsyn)

1999 • „Der Pharao“ von Sergej Ow-tscharow: Der Goldene Bär für den besten Kurzfilm

1987 • „Das Thema“ von Gleb Pan-filow: Der Goldene Bär für den besten Film

1991 • „Der Satan“ von Wiktor Aris-tow: Spezialpreis der Jury

1994 • „Das Jahr des Hundes“ von Semjon Aranowitsch: Der Silberne Bär für eine künstlerisch besondere Leistung

1977 • „Aufstieg“ von Larissa Schepit-ko: Der Goldene Bär für den besten Film

1983 • „Auf eigenen Wunsch verliebt“ von Sergej Mikaeljan: Der Silberne Bär für die beste Darstellerin (Jewgenija Gluschenko)

1984 • „Frontromanze“ von Pjotr To-dorowski: Der Silberne Bär für die beste Darstellerin (Inna Tschurikowa)

1986 • „Die Reise eines jungen Kom-ponisten“ von Georgi Schengelaja: Der Silberne Bär für die beste Regie

INTERVIEW ALEXEJ GERMAN

„Russland verlor sich selbst zu oft“Bei der 65. Berlinale geht auch ein russischer Film ins Rennen: das vielschichtige und fi gurenreiche Fresko „Unter Stromwolken“ von Alexej German. Anton Dolin sprach mit dem Regisseur über das Werk.

Eine Zuwendung zur Gegenwart:

War das schwer? Was ist bei die-

sem Werk anders als bei den his-

torischen Arbeiten?

Es brauchte fünf sehr schwere Jahre. Für mich stand die Film-kunst immer in der Tradition der Malerei. Die fertigen Pfade der modernen, angeblich nichtfi ktio-nalen Kinematografie gehe ich nicht. Was mich angeht, so spricht der russische Film impressionis-tisch; die Wirklichkeit wird ver-schärft, nicht kopiert. Vergleicht man den modernen und den historischen Film, so ist die Zeit jetzt neu. Alles ist anders: In-formationsdichte, Zeitwahrneh-mung, Farbkombination. Daher war dieser Film für uns viel schwieriger als die vorherigen, ge-schichtlichen. Ein Film, der über eine andere Epoche erzählt, ist im gewissen Sinn immer eine Stili-sierung und hat einen klaren Bezugspunkt. Die Gegenwart entsteht im Hier und Jetzt und rinnt uns durch die Finger. Daher ist es schwieriger, mit ihr zu arbeiten. Du musst nicht festhalten, was ist, sondern die Zu-kunft vorhersagen. Das Bild er-gibt sich nicht auf einmal.

Was war die Grundlage für das

Drehbuch? Gab es Literaturquel-

len oder bestimmte reale Tatsa-

chen und Ereignisse für das Sujet?

Wir schrieben das Drehbuch ohne Grundlage oder Quellen. Im

gendynamisch vorhersagt. Dafür braucht man immer enorme Ener-gie und Zeit. Was das Echo der Wirklichkeit anbelangt, so haben viele meiner Helden ihre Proto-typen. Aber konkrete Schicksale standen mir nicht Modell, sondern das Wesen des Menschen. Ich ver-setzte einige meiner Bekannten

ANTON DOLINFÜR RBTH

Andrej Swjaginzews „Leviathan“

ist der erfolgreichste russische

Film nicht nur des letzten Jahres,

sondern des letzten Jahrzehnts.

„Leviathan“: Ausgezeichnet und sehenswert

Golden Globe Erstmals seit 1969 geht der Preis an einen russischen Film

Vier Nominierungen für die Aus-zeichnungen der European Film Academy, bester Film bei den Filmfestspielen in London, bestes Drehbuch in Cannes – das ist nur eine unvollständige Aufzählung der Ehrungen. Nun hat Swjagin-zews Werk sogar Aussichten, den Oscar in der Kategorie „Bester f remdsprachiger F i lm“ zu gewinnen. Zum ersten Mal ging es um ein hartes Lebensdrama aus der Pro-vinz. Die Natur ist grausam und malerisch zugleich. Die Schicksa-le der Helden sind kompliziert und tragisch. Jede Aufnahme – ein Ge-mälde und nicht bloß meisterhaf-

Schwanzfl osse auf, mal tritt plötz-lich ein Priester an den Helden heran und hält eine Mini-Predigt über den Propheten Hiob, aus des-sen Buch die Gestalt Leviathans stammt. Zugleich enthält das Werk Swjaginzews alles, was der russi-sche metaphysische Film für ge-wöhnlich entbehrt: eine direkte politische Botschaft, ausgezeich-nete Schauspielerarbeit, realisti-sche Dialoge und schwarzen Humor.

Aktuell und provozierend„Leviathan“ ist der aktuellste und provokanteste Film, der seit Lan-gem in Russland gedreht wurde. Es geht darin um den Kampf eines einfachen Handwerkers gegen den Staatsapparat, den Thomas Hob-bes einst Leviathan nannte. Die Ehefrau des Handwerkers, sein minderjähriger Sohn und ein alter Armeefreund aus Moskau, Rechts-

Swjaginzew und die Goldene Pal-

me für das beste Drehbuch

boren. Er arbeitete nach dem Studi-um am Moskauer Institut für Kinematografie WGIK bei den Len-film-Studios in Leningrad. Sein Film „Der Papiersoldat“ (2008) wurde in Venedig mit dem Silbernen Löwen in der Kategorie Regie ausgezeichnet.

BIOGRAFIE

BERUF: REGISSEUR

ALTER: 39

1988 • „Die Kommissarin“ von Alex-ander Askoldow: Spezialpreis der Jury

1990 • „Das asthenische Syndrom“ von Kira Muratowa: Spezialpreis der Jury

2010 • „Wie ich diesen Sommer been-dete“ von Alexej Popogrebskij: der Silberne Bär für den besten Darsteller (Grigorij Dobrygin und Sergeij Puske-palis) und der Silberne Bär für heraus-ragende künstlerische Leistung (Pavel Kostomarov)

in bestimmte Umstände und er-schuf so literarische Helden.

Worin bestehen psychologische

und künstlerische Schwierigkei-

ten, wenn junge russische Regis-

seure sich modernen Stoffen zu-

wenden? Was lässt sich an der

heutigen Wirklichkeit Russlands

verfilmen? Was bleibt für den

Film unaussprechlich?

Leider ist Russland ein Land, das sich selbst im letzten Jahrhun-dert zu oft verlor. Unsere Mytho-logie ist künstlich, weil verloren. Unsere Traditionen sind ein Mix vergangener Epochen. Die Begrif-fe „gut“ und „schlecht“ variieren unzulässig oft. Unsere Gesell-schaftsstruktur ist hektisch und chaotisch. Wir sind eine große Nation, haben uns aber nicht ent-schieden: Sind wir das Russische Reich, die UdSSR oder etwas Ei-genes? Es ist eine merkwürdige Schmelze, in der wir leben: kom-munistisch, orthodox, imperial, k o n s u m o r i e n t i e r t u n d kreditfi nanziert. Die Kunst kann das Flüchtige, Skizzierte wahrlich nicht festhal-ten. Daher muss leider der Groß-teil erfolgreicher russischer Filme die Wirklichkeit vereinfachen, die Komposition stilisieren, sonst sind die Widersprüche Russlands wohl kaum alle zu fassen. Außerdem sind wir ein Land frei von Ästhetik. Die russische Archi-tektur heute ist ein Nachbau, das Design ist angepasst, die Pfl ege des historischen Erbes wird gerade konzipiert. Mit anderen Worten: Bei uns ist es schwierig, beispiels-weise in Moskau zu drehen. Des-halb drehen viele in der Provinz, wo man die Fiktion des Films ir-gendwie arrangieren kann.

Was löst die Teilnahme an eben

dieser Berlinale bei Ihnen aus?

Haben Sie eine eigene Geschich-

te mit Deutschland und Berlin?

Wir sind so geschafft und fertig von der Arbeit, dass wir nur eins denken: Wann ist es endlich vor-bei? Zuviel Energie ist verbraucht. Keine Kraft für Emotionen. Mit Berlin verbinde ich Medizin. Mein Vater war hier zur Behandlung, meiner Mutter haben die Ärzte hier das Leben gerettet.

anwalt von Beruf, unterstützen ihn, als der Bürgermeister des Städtchens ihm Haus und Grund wegnehmen will. Doch der Film von Swjaginzew ist keine bloße Verurteilung des Systems, sondern eine tiefergehende Analyse seiner Wurzeln. Das Problem sind nicht die Korruption und die totale Ver-fl echtung der Machthaber unter-einander. Es besteht darin, dass die wichtigste moralische Instanz, die Russisch-Orthodoxe Kirche, die Schandtaten absegnet.Die große Fangemeinde des Werks schätzt daran weniger das Port-rät von Putins Russland als viel-mehr seinen universellen Aus-druck. Wie der Humor, so auch die Lyrik Swjaginzews: Sein philoso-phischer Blick auf den Stellenwert des Menschen in der Natur und im Kosmos werden jedem Zu-schauer überall auf der Welt klar werden.

tes Handwerk – lässt eine Meta-pher oder ein Symbol erkennen. Der Leviathan ist eine biblische Gestalt, aber es bleibt unklar, ob er ein Drachen oder ein Wal ist. Hier sind an der Küste des Wei-ßen Meeres Knochen eines Unge-heuers zu erblicken, dort taucht im stürmischen Ozean eine

Alexej German wurde 1976 in Lenin-grad als Sohn eines bekannten Regis-seurs und einer Drehbuchautorin ge-

Grunde ist es für sich genommen ein literarisches Werk und kann so veröffentlicht werden. Ge-schrieben wurde lange. Denn ein natürliches Gefl echt entsteht in der Literatur erst, wenn das Kunstspiel mit der Wahrheit im Text zu wirken beginnt und die nächsten Handlungsschritte ei-

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12 RUSSIA BEYOND THE HEADLINES Eine Beilage des Rossijskaja Gaseta Verlags, Moskau

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Bildung

IM GESPRÄCH

„Russischlehrer haben oft zu wenig Praxis“

Russisch online für alle

Puschkin-Institut mit einer speziellen Lern-Plattform

JEWGENIJA PANOWA FÜR RBTH

2014 hat das Puschkin-Institut

die Plattform „Russian@edu“

zum Erlernen der russischen

Sprache gestartet. 80.000 Nut-

zer hat das Angebot bereits –

eine Million sollen es werden.

Lernen am Computer ohne Lehrer – das macht auch Spaß.

Margarita Rusezkaja betreut das Lernportal „Russian@edu“, ein Angebot für Russischlehrer weltweit.

geplant sind darüber hinaus auch Webinare. Das Angebot „Russische Schule“ vereint die Kompetenzen von 20 russischen Hochschulen. Als Leh-rer treten dort Fachleute auf – Journalisten, Programmierer, Rei-seführer, Historiker. Das Angebot richtet sich in erster Linie an rus-sischsprachige Schüler im Ausland und deren Eltern. Es besteht aus den Bereichen „Schulprogramm“ mit Fächern wie Russisch, Litera-tur, Mathematik und Physik sowie „Zusatzkurse“. Letzteres Angebot vermittelt Wissen zum Beispiel

über alte russische Bräuche oder die Zubereitung russischer Gerichte.Das Ziel der dritten Rubrik ist die Professionalisierung der Lehrer für Russisch als Fremdsprache. Jede Lerneinheit ist zielgruppen-spezifi sch konzipiert und hat spe-zielle Zugangsvoraussetzungen. Voraussetzung, um am Kurs für die Didaktik des Russischen als Fremdsprache teilzunehmen, sind beispielsweise ein philologischer Bachelorabschluss und der Nach-weis von Russischkenntnissen auf dem Mindestniveau C1.

angemeldete Nutzer aus 127 Ländern hat das Portal „Russian@edu“, darunter 4.000 Russischlehrer.

98.000

ZAHLEN

Finden Sie Russischkurse in Ihrer Nähe auf

russjahr.deRussische Dichterin Marina Zwetajewa

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Die Direktorin des Puschkin-In-stituts für russische Sprache, Mar-garita Rusezkaja, stellt das Lern-portal „Russian@edu“ vor. Es bie-t e t z u m T e i l k o s t e n l o s e Online-Sprachkurse und Weiter-bi ldungsmöglichkeiten für Russischlehrer.

Kostet das Angebot „Russisch als

Fremdsprache“ tatsächlich nichts?

Ja, lediglich ein Internetanschluss ist Voraussetzung. Kostenlos sind die Grundkurse, die auf das Sprachniveau A1 und A2 führen. Die Fortgeschrittenenkurse, die von einem Tutor begleitet werden, sind kostenpfl ichtig, denn die Tu-toren werden von uns für ihre Ar-beit bezahlt.„Russian@edu“ bietet darüber hi-naus kostenlose Informationen und Hilfen für Lehrer für Russisch als Fremdsprache, etwa in Sachen Me-thodik. Bislang haben 2.500 Lehr-kräfte das Angebot genutzt. Nur wer ein Diplom als Abschluss er-halten will, muss dieses Angebot bezahlen.Wir bieten den Nutzern unserer Plattform eine Analyse der Lern-fortschritte und machen auf die-ser Grundlage Vorschläge zu zu-sätzlichen Übungen oder weiter-führenden Modulen. Dabei nutzen wir die neuesten Entwicklungen in den Bereichen IT, Linguistik, C o m p u t e r l i n g u i s t i k u n d Neurolinguistik.

Welche Entwicklungen sind das?

Wir haben zum Beispiel ein Pro-jekt mit dem Unternehmen Abbyy auf die Beine gestellt, das sich unter anderem mit der künstli-chen Sprachsynthese basierend auf semantischen Suchmaschinen auseinandersetzt. So kann das Programm automatisch die Ko-härenz und die grammatische Korrektheit der Texte überprü-fen. Wir nutzen es im linguisti-schen Modul.

Wie unterstützen Sie ausländi-

sche Lehrkräfte, die Russisch un-

terrichten wollen?

Wir laden Sie nach Russland ein. Die ausländischen Kolleginnen und Kollegen beklagen oft fehlen-de Praxis. Auch von jungen Men-schen, die Russisch lernen, hören

wir das oft. Sie bedauern, dass sie deshalb keine modernen Ausdrü-cke oder Redewendungen kennen, wie sie sich in einer Sprache, etwa durch Filme, ganz natürlich ent-wickeln. Es fehlt eine natürliche Kommunikation in russischer Sprache. Dann fallen Defi zite auf, wenn es um die Regeln der mo-dernen Geschäftskommunikation geht, etwa beim Briefeschreiben, oder wenn es darum geht, Vorträ-ge und Reden auf Russisch zu halten.Bis zum Jahresende erwarten wir etwa 10.000 Lehrkräfte. Sie kom-men aus mehr als 25 Ländern und Regionen wie den USA, aus La-teinamerika, Asien oder Afrika.

Wie können Ausländer Russisch

als Fremdsprache in Russland stu-

dieren? Fallen Studiengebühren

an?

Um in Russland an einer Univer-sität „Russisch als Fremdsprache“ zu studieren, ist in der Regel ein Bachelorabschluss Voraussetzung, da es sich um einen Masterstudi-engang handelt. Unter bestimm-ten Voraussetzungen werden auch Abschlüsse wie eine Übersetzer-Ausbildung anerkannt. Das Stu-dium dauert zwei Jahre. Für aus-ländische Studenten gibt es kos-tenlose Studienplätze.Bewerben kann man sich mit einem speziellen Formular. Die-ses muss entweder persönlich oder per Post bei einer Niederlassung der staatlichen Agentur Rossotrud-nitschestwo eingereicht werden. Dort wird dieser Antrag geprüft. Es besteht sogar die Möglichkeit, Wünsche bezüglich des Studien-orts und der Universität zu äußern.

Das Gespräch führte Gleb Fjodorow.

Drei Angebote gibt es zurzeit: „Russisch als Fremdsprache“ ist für Ausländer bestimmt, die Rus-sisch lernen wollen. „Russische Schule“ richtet sich an russisch-sprachige Schüler im Ausland und deren Eltern. „Professioneller Sup-port“ bietet Weiterbildungsmög-lichkeiten, um Russisch als Fremd-sprache zu unterrichten. Die Rubrik „Russisch als Fremd-sprache“ bietet sechs Lernstufen. Das entspricht dem klassischen internationalen Zertifi zierungs-system beim Fremdsprachener-werb. Kostenlos sind die Stufen A1 und A2, dabei handelt es sich um ein reines Selbstlernangebot. Die Reihenfolge, in der die Übun-gen absolviert werden, können Nutzer selbst bestimmen. In den fortgeschrittenen Kursen müssen sich die Teilnehmer an das Kur-sprogramm halten. Sie werden beim Lernen durch einen Tutor unterstützt. Virtueller Unterricht in Gruppen ergänzt das Angebot,

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