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27. JULI 2015 SEITE 1 Die kombinierte Streitmacht wird Berichten zu Folge von einem hochrangigen saudischen Ozier befehligt. Dies reflektiert die Dominanz Saudi Arabiens, was die Verteidi- gungsausgaben in der Region und die Förderung der Regierung as-Sisi anbetrit, einschließlich der Kofinanzie- rung in Höhe von 17 Milliarden US$ an Hilfen, um Ägyptens Wirtschaft zu stabilisieren. Die ADF wird der klassischen dreigeteilten Servicestruktur folgen, und über Land-, Luft-, und Seestreitkräfte verfügen. Operational gesehen werden nationale Einheiten neben gemischten Formationen, in denen ähnlich ausgerüstete und ausgebildete Truppen aus unterschiedlichen Ländern zusammengefasst werden, genutzt. Die ADF ist eine Erweiterung der gemeinsamen ‘Peninsular Shield Force’, die vom Golf Kooperationsrat eingesetzt wurde. Ein entfernterer Vorgänger ist der ‘Arab Joint Defence Treaty’ aus dem Jahr 1950. Dieser war Frankreich liefert Rafael Kampfflugzeuge an Ägypten (Foto: dpa) Report von: Bernard Siman Sunnitische Staaten suchen Schutz unter dem Schirm der Arab Defence Force Öentlich vorgestellt auf dem letzten Gipfel der Arabi- schen Liga in Kairo im März 2015, setzt sich die ADF vor- wiegend aus sunnitischen arabischen Staaten zusammen, unter der Führung von Saudi Arabien und Ägypten. Die Truppe dürfte, gemäß einer auf dem Gipfel verabschie- deten Resolution, auf Anfrage jeder arabischen Nation, die sich einer nationalen Sicherheitsbedrohung ausgesetzt sieht, sowie um terroristische Gruppen zu bekämpfen, eingesetzt werden. Der ägyptische Präsident Abd al-Fattah as-Sisi betonte gegenüber den Teilnehmern, dass die ADF zu strikt defensiven Zwecken dient. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil Elaraby, stellte in gleicher Weise fest, dass die Initiative „nicht zum Ziel hat, eine neue Allianz oder Armee zu formen, die irgendeinem Land gegenüber feindlich eingestellt ist“. Kuwait, Ägypten und Marokko, die Länder, die die letzte, die amtierende und die nachfolgende Präsidentschaft der Arabischen Liga innehatten beziehungsweise haben, überwachen den Prozess. Eine groß angelegte Antwort Die ADF wird ihren Sitz in Ägypten haben. Mit ihrer geplanten Größe von 40'000 Soldaten wäre sie fast doppelt so groß wie die Eingreiftruppe der Nato, die Nato Response Force. Der Großteil der Truppen wird aus Ägypten, Saudi Arabien, dem Sudan, Jordanien und Marokko kommen. Kleinere Staaten, einschließlich Kuwaits, der Vereinigten Arabischen Emirate und Katar, werden Spezialisten wie zum Beispiel für die Luftverteidi- gung und den Nachrichtendienst sowie Einheiten von Spezialeinsatzkräften beisteuern. Die Errichtung der ‘Arab Defence Force’ (ADF) markiert das Auftauchen einer von Saudi Arabien geführten Koalition, die bereit ist, eine doppelte Bedrohung zu bekämpfen – sowohl die durch den Iran, als auch die durch den Islamischen Staat. Ob sich diese neue Gruppierung als ein regionales Bollwerk für sunnitische Regime erweisen wird, die als Folge der Loslösung der Vereinigten Staaten vom Nahen Osten gefährdet sind, wird davon abhängen, wie die Operationen der ADF im Jemen und wahrscheinlich in Libyen verlaufen.

2015-07-27 Sunnitische Staaten suchen Schutz unter dem Schirm …€¦ · Arabischen Liga, Nabil Elaraby, stellte in gleicher Weise fest, dass die Initiative „nicht zum Ziel hat,

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Die kombinierte Streitmacht wird Berichten zu Folge von einem hochrangigen saudischen Offizier befehligt. Dies reflektiert die Dominanz Saudi Arabiens, was die Verteidi-gungsausgaben in der Region und die Förderung der Regierung as-Sisi anbetrifft, einschließlich der Kofinanzie-rung in Höhe von 17 Milliarden US$ an Hilfen, um Ägyptens Wirtschaft zu stabilisieren.

Die ADF wird der klassischen dreigeteilten Servicestruktur folgen, und über Land-, Luft-, und Seestreitkräfte verfügen. Operational gesehen werden nationale Einheiten neben gemischten Formationen, in denen ähnlich ausgerüstete und ausgebildete Truppen aus unterschiedlichen Ländern zusammengefasst werden, genutzt.

Die ADF ist eine Erweiterung der gemeinsamen ‘Peninsular Shield Force’, die vom Golf Kooperationsrat eingesetzt wurde. Ein entfernterer Vorgänger ist der ‘Arab Joint Defence Treaty’ aus dem Jahr 1950. Dieser war

Frankreich liefert Rafael Kampfflugzeuge an Ägypten (Foto: dpa)

Report von:

Bernard Siman

Sunnitische Staaten suchen Schutz unter dem Schirm der Arab Defence Force

Öffentlich vorgestellt auf dem letzten Gipfel der Arabi-schen Liga in Kairo im März 2015, setzt sich die ADF vor-wiegend aus sunnitischen arabischen Staaten zusammen, unter der Führung von Saudi Arabien und Ägypten. Die Truppe dürfte, gemäß einer auf dem Gipfel verabschie-deten Resolution, auf Anfrage jeder arabischen Nation, die sich einer nationalen Sicherheitsbedrohung ausgesetzt sieht, sowie um terroristische Gruppen zu bekämpfen, eingesetzt werden.

Der ägyptische Präsident Abd al-Fattah as-Sisi betonte gegenüber den Teilnehmern, dass die ADF zu strikt defensiven Zwecken dient. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil Elaraby, stellte in gleicher Weise fest, dass die Initiative „nicht zum Ziel hat, eine neue Allianz oder Armee zu formen, die irgendeinem Land gegenüber feindlich eingestellt ist“. Kuwait, Ägypten und Marokko, die Länder, die die letzte, die amtierende und die nachfolgende Präsidentschaft der Arabischen Liga innehatten beziehungsweise haben, überwachen den Prozess.

Eine groß angelegte AntwortDie ADF wird ihren Sitz in Ägypten haben. Mit ihrer geplanten Größe von 40'000 Soldaten wäre sie fast doppelt so groß wie die Eingreiftruppe der Nato, die Nato Response Force. Der Großteil der Truppen wird aus Ägypten, Saudi Arabien, dem Sudan, Jordanien und Marokko kommen. Kleinere Staaten, einschließlich Kuwaits, der Vereinigten Arabischen Emirate und Katar, werden Spezialisten wie zum Beispiel für die Luftverteidi-gung und den Nachrichtendienst sowie Einheiten von Spezialeinsatzkräften beisteuern.

Die Errichtung der ‘Arab Defence Force’ (ADF) markiert das Auftauchen einer von Saudi Arabien geführten Koalition, die bereit ist, eine doppelte Bedrohung zu bekämpfen – sowohl die durch den Iran, als auch die durch den Islamischen Staat. Ob sich diese neue Gruppierung als ein regionales Bollwerk für sunnitische Regime erweisen wird, die als Folge der Loslösung der Vereinigten Staaten vom Nahen Osten gefährdet sind, wird davon abhängen, wie die Operationen der ADF im Jemen und wahrscheinlich in Libyen verlaufen.

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unterzeichnet worden, um ein Rahmenwerk für eine militärische Kooperation gegen Israel zu schaffen, er erwies sich in der Praxis aber als untauglich.

Neudefinition des RisikosInsofern stellt die ADF einen Paradigmenwechsel der arabischen regionalen Akteure dar, da sie das geopoliti-sche Risiko von Israel weg und auf zwei andere essentielle Bedrohungen hin umdefinieren, gegen die sie eine gemein-same Verteidigung auf die Beine stellen müssen: Diese beiden Bedrohungen sind die Daesh - der Name unter dem der Islamische Staat in Arabisch bekannt ist, und der Iran.

Die Teilnahme von sunnitischen Staaten, die nicht der Golfregion angehören – vor allem Ägypten, Jordanien und Marokko – erhöht die potentielle Macht und die logistische Reichweite der ADF, um ihre Mission zu erfüllen.

Die Operation ‘Decisive Storm’, der von den Saudis geleitete Luftwaffeneinsatz um die Möglichkeiten der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen zu vermindern, war das operationale Debut des ADF Prototyps. Einen

ersten Eindruck von dem, was die verschiedenen sunniti-schen Staaten als relativen Beitrag zu dieser neuen Streitmacht leisten, kann man aus der Zusammenstellung dieses taktischen Luftangriffs herauslesen.

Zu Beginn der Operation machen saudische F-15 und Tornados rund 100 der 170 eingesetzten Militärflugzeuge aus. Die Vereinigten Arabischen Emirate boten 30 F-16 und Mirage 2000 Jagdbomber auf, während noch mehr F-16 aus Bahrain, Jordanien und Marokko kamen. Die Ägypter steuerten Seestreitkräfte zum Einsatz bei und hielten damit an ihrem strategischen Fokus fest, den Suez Kanal für die Schifffahrt offen zu halten, indem sie die Bewegungsfreiheit im Roten Meer schützen. Dies wiede-rum erfordert, dass man dem Iran die Möglichkeit verweigert, den maritimen Verkehr durch die Straße von Bab al-Mandab abzuriegeln.

Den USA wird nicht länger vertrautDie Bildung der ADF reflektiert die geopolitischen Ängste der sunnitischen Staaten in der gesamten Region, die über den Iran und Daesh hinausgehen. Es zeigt den Mangel an Vertrauen dahingehend, dass die Vereinigten Staaten

ADF-Teilnehmerstaaten

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bereit oder gewillt sind, eine effektive Unterstützung für die gegenwärtige Ordnung bereitzustellen und ebenso die Befürchtung, dass die Außenpolitik Präsident Obamas die regionale Stabilität von der Regimesicherheit getrennt hat.

Die Haltung der Vereinigten Staaten gegenüber Syrien und dem Iran, ebenso wie die wahrgenommene nachlässige Haltung, was die Amtsenthebung eines seiner ältesten und standhaftesten Verbündeten, Präsident Hosni Mubarak von Ägypten, angeht, hat das Vertrauen, das traditionell innerhalb der Allianz mit den Vereinigten Staaten bestand, tief getroffen, wenn nicht gar zerstört. Es hat Zweifel aufgeworfen, ob Amerika seinen Verbündeten im Nahen Osten beistehen würde.

Diese Ängste wurden durch den strategischen Schwenk der Vereinigten Staaten Richtung Asien und durch die Schieferenergie-Revolution verstärkt. Letztere hat in den Augen der Golfstaaten den Nahen Osten in der globalen Hackordnung herabgestuft, da Nordamerika nahezu Energieselbstversorger wurde und sich sogar zu einem Swing-Exporteur von Kohlenstoffen wandelte.

Die Saudis und die Golfstaaten sind außerdem wegen des Atom-Deals mit dem Iran besorgt, der von den Vereinigten Staaten ausgehandelt wurde. Es ist ihre Befürchtung, dass die Vereinbarung den Iran ermutigen wird, seinen Einfluss im Irak, in Syrien, im Libanon und sogar in ihrer Mitte, in Bahrain, das eine schiitische Mehrheit hat, auszudehnen und zu vertiefen.

Größere UnsicherheitenPräsident Obama hat auf dem Camp David Gipfel mit den Führern der Golfstaaten im Mai 2015 mit verschiedenen Mitteln, die etwas unterhalb eines Verteidigungspaktes lagen, versucht, diese Bedenken zu zerstreuen. Wenn überhaupt, dann hat der Gipfel das Gefühl der Unsicher-heit bei den sunnitischen Staaten vertieft und hat sie noch weiter dazu getrieben, eine gemeinsame arabische Streit-macht zu errichten.

Vom Standpunkt der Vereinigten Staaten aus wäre die ADF ein praktischer Verteidigungsschirm, der eine direktere Rolle im Kampf gegen die Daesh übernehmen könnte, während er gleichzeitig als eine nützliche Kontrolle

Arabische Kommandoeinheit (Foto: dpa)

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gegenüber den regionalen Ambitionen des Irans dient. Diese Haltung wurde durch die amerikanische Entschei-dung, Geheimdienstinformationen für den Luftwaffenein-satz im Jemen zu liefern und militärische Hilfe an Ägypten an einer kritischen Verbindungsstelle in der Formation der ADF zu geben, verstärkt.

Zusätzlich zu ihrer kollektiven Wahrnehmung der gemein-samen Bedrohungen, hat jeder der wichtigen Mitstreiter der ADF seine eigenen geopolitischen Triebkräfte. Unter-sucht man das Wechselspiel dieser länderspezifischen Ziele, so deutet dies darauf hin, wo die gemeinsamen Streitkräfte zum Einsatz gebracht werden dürften und welche Fissuren die Dauerhaftigkeit der Koalition bedrohen könnten.

D i e F u r c h t der Saudis: EinkreisungMit einem von den Huthis kontrollier-ten Jemen würde Saudi Arabien vom Iran und seinen Einflusszonen eingekreist: Irak, Syrien und der Libanon im Norden, Jemen im Süden und der Iran im Osten, mit seinem Einfluss auf Bahrain und der Kontrolle über die Straße von Hormus, der Engstelle, durch die 40 Prozent des Öls auf der Welt hindurchgehen.

Das Chaos und die Gewalt im Jemen, mit dem Iran als entscheidendem Akteur, ist ein wichtiges Element im Risikokalkül Saudi Arabiens und anderer sunnitischer Golfstaaten. Sie glauben, dass der Luftwaffeneinsatz im Jemen und die Bildung der ADF ihnen ermöglichen wird, das zurückzudrehen, was sie als den Versuch des Irans regionale Hegemonie zu erreichen, wahrnehmen.

Kritischerweise würde die zentrale Position des Irans im Jemen diesem die effektive Kontrolle über die Straße von Bab-al-Mandab geben, und somit nicht nur den Zugang zum Suez-Kanal sondern auch zu 2'000 Kilometern saudi-arabischer Westküste, einschließlich des Schlüsselhafens von Dschidda und des Zugangs zu den Heiligen Schreinen von Mekka und Medina.

Die Sicherheit Ägyptens ebenso wie sein wirtschaftliches Überleben ist eine Angelegenheit von strategischem

Interesse für Saudi Arabien. Dies bedeutet, dass, was auch immer erforderlich ist, getan wird, um Präsident as-Sisi und seine Regierung zu unterstützen. Die Errichtung der ADF dient diesem Zweck, da damit eine nahezu unverzichtbare operationale Struktur zur Verfügung gestellt wird, um dem Iran entgegenzutreten.

Ägypten: Intervention in Libyen wird ins Auge gefasstDa militante Gruppen in Libyen zunehmend den Daesh ihre Treue schwören, hat sich das Risikokalkül Ägyptens verlagert. Die Situation bei seinem westlichen Nachbarn wird nun als eine existentielle Bedrohung angesehen. Die Enthauptung von 20 ägyptischen Christen durch die Daesh war eine direkte Herausforderung, die nicht ignoriert

werden konnte.

Die anfangs takti-sche Antwort kam innerhalb von Stun-den in Form von Luftangriffen auf die den Daesh angeglie-derten libyschen Mi-

lizen in der östlich gelegenen Stadt Dernah. Diese Aktion wurde von Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt. Letztere führten ihre eigenen, damit nicht verbundenen Luftangriffe gegen Daesh Milizen in Libyen durch, mehr als 3'000 Kilometer vom Territorium der Vereinigten Arabischen Emirate entfernt und mit logistischer Unterstützung von Seiten Ägyptens.

Präsident as-Sisi dürfte zu Anfang damit gerechnet haben, eine westliche Teilnahme an der ADF Mission zur Intervention und Stabilisierung Libyens zu gewinnen. Das Vorhaben erhielt die Unterstützung Italiens und Frank-reichs, wurde aber letztendlich fallen gelassen, nachdem die Vereinigten Staaten ihr Gewicht hinter eine von den Vereinten Nationen gestützte politische Beilegung legten.

Ägypten kam dann mit der Forderung, das Waffenembargo gegen die international anerkannte libysche Regierung aufzuheben. Der Vorschlag rührte von der offensichtlichen Furcht her, dass, wenn die Rebellen, die in Tripolis ihre Basis hatten, gewinnen würden, sich die as-Sisi Regierung mit einem Feind vor ihrer Haustüre konfrontiert sähe, der den Terrorkampagnen von Extremisten innerhalb Ägyptens eine strategische Tiefe liefern könnte.

Insofern stellt die ADF einen Paradigmenwechsel der arabischen regionalen Akteure dar, da sie das geopo-litische Risiko von Israel weg und auf zwei andere essentielle Bedrohungen hin umdefinieren, gegen die sie eine gemeinsame Verteidigung auf die Beine stel-len müssen: Gegen den Islamischen Staat und den Iran.

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Auch dieser Option gelang es nicht, die Unterstützung der Vereinigten Staaten zu gewinnen. Dies führte die Ägypter, wie bereits die Saudis vor ihnen, zu dem Schluss, dass das globale Spiel nicht mehr existiert und dass sie selbst eine regionale Verteidigungsarchitektur aufbauen müssen.

Dies deutet darauf hin, dass das wahrscheinlichste Szenario in Libyen eine militärische Intervention im Stil des Jemen ist, die dieses Mal Bodenoperationen einschließt, wobei ADF Streitkräfte mit einem Mandat der Arabischen Liga und ohne eine Beteiligung der Vereinten Nationen eingesetzt werden.

Jordanien: Ungeschützte GrenzenJordanien, als ein de facto Pufferstaat, ist schon immer höchst gefährdet gewesen, was geopolitische Wechselfälle im Nahen Osten angeht. Die letzte existentielle Bedrohung geht von den Daesh aus, die Chaos an der syrischen Grenze entfachen und die Kontrolle über den westlichen Irak erlangen wollen.

Die Einnahme von Ramadi, der Hauptstadt der Provinz al-Anbar, durch die Daesh, gibt diesen die Kontrolle über die strategische Fernverkehrsstraße zwischen dem Irak und Jordanien, die über 1'500 Kilometer von Basra am Persischen Golf bis zum Hafen von Akaba am Roten Meer verläuft. Das flache Wüstengebiet an der 500 Kilometer langen Strecke zwischen Ramadi und der jordanischen Grenze gibt den Daesh einige taktische Vorteile, insbeson-dere, wenn man dies mit der festen Kontrolle kombiniert, welche die Daesh über Teile des südlichen und östlichen Syriens ausüben.

Die jordanische Armee ist Berichten zufolge dabei, eine Sicherheitszone zu errichten, um die Daesh von dem Dreiländereck wegzudrängen. Die Operationen dieser Truppe werden zwangsläufig Konflikte mit den vom Iran unterstützten Regierungen und den Milizen im Irak und in Syrien hervorrufen.

Die ADF stellt für Jordanien eine Möglichkeit dar, um Verstärkung und eine größere logistische Unterstützung für das zu erhalten, was wie eine langwierige Militärkampagne aussieht. Der strategische Vorteil einer breiter angelegten, regionalen Abmachung anzugehören ist ebenfalls eine wichtige Erwägung für ein Land, das sich traditionell auf Mächte von außerhalb verlassen hat, um seine Existenz zu bewahren.

Die Risiken für ADF und ihre OperationenOb sich die ADF zu einem effektiven Sicherheitsbollwerk entwickelt, hängt davon ab, in wie weit die Teilnehmer-staaten ein gemeinsames Vertrauen entwickeln, ohne das es keinen ernstzunehmenden Austausch von nachrichten-dienstlichen Informationen, keine Interoperabilität oder ein effektives Kommando geben wird. Politisch gesehen muss die Koalition eine gemeinsame Sprache finden, die in die regionalen Institutionen eingebettet wird und diese muss über den nationalen Führern stehen. Wenn heimische Prioritäten die Oberhand gewinnen, dann werden Risse in der Allianz auftreten. Interner Druck könnte in einigen Teilnehmerstaaten die Entschlossenheit der Führer schwächen und den Zusammenhalt der ADF untergraben. Dies könnte möglicherweise zum Scheitern der militäri-schen Operationen der ADF führen.

In Anbetracht des vorherrschenden Angstniveaus in den sunnitisch geprägten arabischen Staaten und der Wahr-nehmung einer gemeinsamen Bedrohung, wird sich die ADF aber aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwie durch-schlagen. Ihr nächster Schritt in Richtung Mündigkeit wird wahrscheinlich der sein, der Luftwaffenkampagne im Jemen den Einsatz von Bodentruppen folgen zu lassen. Danach könnte eine Streitmacht in Libyen, die das Mandat der Arabischen Liga hat, das nächste Einsatzgebiet sein.

Neue regionale RivalitätAuf längere Sicht wird das Auftauchen einer durch-setzungsfähigeren und konfrontativen saudisch geführten Koalition, die bereit ist, in einen bewaffneten Konflikt einzutreten, wenngleich durch einen Stellvertreter, weit-reichende geopolitische Auswirkungen haben.

Die Türkei, eine nicht arabische Macht, die allerdings eine Schlüsselkomponente des ‘Ökosystems’ der ADF ist, könnte beschließen, dass es besser, wäre eine Allianz mit einer sunnitischen Koalition einzugehen, die bereit ist einen sehr ambitionierten Iran zurückzudrängen. Dies ist vermutlich der Grund, weshalb die Türkei die ‘Decisive Storm’ Operation im Jemen unterstützte.

Blickt man jedoch in die Zukunft, so könnte die Türkei die von den Saudis geführte ADF als einen weiteren regionalen Konkurrenten betrachten, der durch dieselbe strategische Linse wie Israel und der Iran gesehen wird. Diese würde eine weitere geopolitische Rivalität im Nahen Osten auslösen.