5
S chlöer BADEN-WÜRTTEMBERG Vertriebskennzeichen E 30373 ISSN 0943-5298 Jahresabonnement 27,00 m Einzelverkaufspreis 7,00 m 04 2018 Bebenhausen 1918: ENDE DER MONARCHIE Württembergs König Wilhelm II. zieht sich in den Schönbuch zurück Karlsruhe 1918: NOVEMBERREVOLUTION Bewegendes Tagebuch der badischen Großherzogin Luise Schwetzingen GEFALTETE SCHÖNHEIT Joan Sallas faltet Servietten nach historischen Vorbildern

2018 S - | Staatsanzeiger BWSchloss Meersburg zeigt Ausschnitte aus dem Leben Annette von Droste-Hülshoffs ENDE DER MONARCHIE IN BADEN UND WÜRTTEMBERG 1918 2 König Wilhelm I. von

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 2018 S - | Staatsanzeiger BWSchloss Meersburg zeigt Ausschnitte aus dem Leben Annette von Droste-Hülshoffs ENDE DER MONARCHIE IN BADEN UND WÜRTTEMBERG 1918 2 König Wilhelm I. von

SchlösserBADEN-WÜRTTEMBERG

Vertriebskennzeichen

E 30 3 73ISSN 0943-5298Jahresabonnement 26,00 €Einzelverkaufspreis 6,80 €Jahresabonnement 27,00 m Einzelverkaufspreis 7,00 m

042018

Bebenhausen 1918: ENDE DER MONARCHIE Württembergs König Wilhelm II. zieht sich in den Schönbuch zurück

Karlsruhe 1918: NOVEMBERREVOLUTION Bewegendes Tagebuch der badischen Großherzogin Luise

Schwetzingen GEFALTETE SCHÖNHEIT Joan Sallas faltet Servietten nach historischen Vorbildern

Page 2: 2018 S - | Staatsanzeiger BWSchloss Meersburg zeigt Ausschnitte aus dem Leben Annette von Droste-Hülshoffs ENDE DER MONARCHIE IN BADEN UND WÜRTTEMBERG 1918 2 König Wilhelm I. von

1

Schlösser 04| 2018 Schlösser 04| 2018

42

2

10

22

Idyllischer Anblick:Die eindrucksvolleAnlage von Kloster

und Schloss Bebenhausen

mit dem Kapff‘schenBau vom Weiher

aus betrachtet

34 VERLORENE PRACHTDas Kronprinzenpalais im Herzen Stuttgarts.Gebäude brannte bei Luftangriffen 1944 aus.

40 AUSFLUGSTIPPSchloss Sigmaringen: Vor 125 Jahren gab sich der Hochadel ein Stelldichein zu einem rauschenden Hochzeitsfest im Hohenzollernschloss

42 BLICK ÜBER DEN TELLERRAND„Kaiserdämmerung“. Ausstellung zum Ende der preußischen Monarchie im Neuen Palais Potsdam

SERVICE

46 VERANSTALTUNGENAusgewählte Sonderführungen in den Schlössern und Klöstern des Landes

16 NEUPRÄSENTATIONÜber die Gemälde derköniglichen Appartements in Schloss Ludwigsburg 20 VITRINESilberglanz: Die prunkvollen Wandspiegel aus Schloss Weikersheim

22 AUSSTELLUNGENSchloss Schwetzingen:Joan Sallas und die Kunst des Serviettenbrechens

27 Die Großherzöge von Baden in den SchlössernRastatt und Favorite

30 Schloss Meersburg zeigtAusschnitte aus dem LebenAnnette von Droste-Hülshoffs

ENDE DER MONARCHIEIN BADEN UNDWÜRTTEMBERG 1918

2 König Wilhelm I. vonWürttemberg dankt abund verlässt Stuttgartmit Ziel Bebenhausen

10 Das Tagebuch derGroßherzogin Luise von Baden dokumentiertdramatische Ereignisse

16

Inhalt

20

30

Page 3: 2018 S - | Staatsanzeiger BWSchloss Meersburg zeigt Ausschnitte aus dem Leben Annette von Droste-Hülshoffs ENDE DER MONARCHIE IN BADEN UND WÜRTTEMBERG 1918 2 König Wilhelm I. von

2 3

Schlösser 04| 2018 Schlösser 04| 2018

Der letzte württembergische König Wilhelm II. unterzeichnete am 30. November

1918 seine Abdankungserklärung. Zwar stellte er fest, dass ihm „ein so guter

Abgang bereitet worden sei wie kaum einem anderen Bundesfürsten“. Aber der

Verlust der Krone schmerzte ihn. Das ehemalige Königspaar verließ Stuttgart

mit dem Ziel Bebenhausen. Im Jagdschloss, in Nachbarschaft zum Kloster, hatten

sie ein lebenslängliches Wohnrecht. Wilhelm starb bereits im Oktober 1921,

Charlotte überlebte ihn um 25 Jahre.

Das Ende der Monarchiein WürttembergRevolutionäre Ereignisse in Stuttgart: Als auf dem Wilhelmspalais die rote Fahne wehte, verließ das Königspaar sein Domizil mit dem Ziel Bebenhausen. Das Jagdschloss bot zeitgemäßen Komfort. Staatliche Rente von 200.000 Mark für den König

Kloster und Schloss Bebenhausen mit dem Kapff‘schen Bau, der eine riesige Küche mit

Vorratsräumen für die Versorgung der adeligen Jagdgesellschaften beherbergte

Page 4: 2018 S - | Staatsanzeiger BWSchloss Meersburg zeigt Ausschnitte aus dem Leben Annette von Droste-Hülshoffs ENDE DER MONARCHIE IN BADEN UND WÜRTTEMBERG 1918 2 König Wilhelm I. von

11

Schlösser 04| 2018

10

Schlösser 04| 2018

KARLSRUHE. Kaum eine Person ver-körpert das „lange“ 19. Jahrhundert in Baden so sehr wie die preußische Prin-zessin Luise (1838 – 1923). 1856 mit Großherzog Friedrich I. verheiratet, prägte sie als Großherzogin das liberale Musterländle. Sie erlebte 1871 den Auf-stieg und 1918 den Fall des deutschen Kaiserreichs, und als sie 1923 starb, war Deutschland eine parlamentarische Re-publik und Baden ein demokratischer Freistaat geworden. Über den Übergang Badens von der Monarchie zur Republik im November 1918 legte Luise in ihren privaten Aufzeichnungen Zeugnis ab. Diese geben einen vertraulichen Ein-blick in die Ereignisse vom November 1918 in Baden und im Deutschen Reich.

Die Betrachtungen der „Tage mit über-wältigenden Ereignissen“ stammen un-mittelbar aus der Feder der Fürstin. Sie spiegeln die Wahrnehmung der Kriegs-niederlage, der Revolution und der Ent-stehung der Republik aus der Sicht der Fürstin ungebrochen wider – und damit die Perspektive der herrschenden Eliten.

Die „rückhaltlose Aufgabe [monarchi-scher] Machtrechte“ begann aus Luises Sicht mit den Oktoberreformen 1918, die Max von Baden einleitete, nachdem eine „mürbe gewordene Bevölkerung“ sich „nach Frieden um jeden Preis“ sehnte, und zog eine „völlige Demokra-tisierung“ nach sich. Luise zieht eine Linie zu den ersten Unruhen Anfang No-vember in Offenburg, das schon vor der Revolution 1848/49 als das „badische

So stellte der Karlsruher Soldatenrat die großherzogliche Familie unter seinen Schutz, gleichwohl kam es in der Resi-denz zu einer Köpenickiade eines „sehr verdächtigen Matrosen“, die den nächt-lichen und lautlosen „Zusammenbruch der alten Staaten und ihrer traditionellen Staatsweisheit“ auslöste, den Fried-rich Engels schon 1887 als Folge eines Weltkriegs vorausgesagt hatte, „daß die Kronen zu Dutzenden über das Straßen-pflaster rollen und niemand sich findet, der sie aufhebt“.

In der „verhängnisvollen“ Nacht vom 11. auf den 12. November unterstellte der alkoholisierte, mit Räteausweis und roter Armbinde ausgestattete Heinrich Klumpp, der als Matrose an der Meu-

Bethlehem“ gegolten hatte, weil man aus der Ortenaustadt den Revolutions-heiland erwartete. 1918 kam es dort wie auch im benachbarten Lahr zu Unruhen, Garnisonssoldaten bildeten am 9. No-vember einen der ersten Soldatenräte Badens und vier Tage später einen Ar-beiterrat.

Der Kaiser in Berlin wird abgesetzt

Einen ersten Schock versetzte Luise die „für immer unvergeßlich strafbare […] Absetzung des Kaisers“, die freilich ihr Enkel, Prinz Max von Baden, initiiert hatte (siehe S. 42). In „wenigen Stunden des 9. November wurde die Berliner Re-volution zur badischen“ und leitete den „Umsturz aller Verhältnisse“ ein.

Auch in Karlsruhe, wo „man Unruhen durch die heimkehrenden Truppen be-fürchtete“, ergab sich eine unsichere La-ge nach dem 9. November. Zwar schlos-sen sich auch in der Residenzstadt viele der nach dem Waffenstillstand vom 11. November zurückkommenden Mili-tärs in Soldatenräten zusammen, gleich-wohl strebten sie keinen Umsturz nach sowjetischem Vorbild an, sondern sahen sich als Notstandsregime, das einen po-litischen und sozialen Übergang zu orga-nisieren hatte.

Ein Schicksal „zwischenMonarchie und Republik“Die privaten Aufzeichnungen der Großherzogin Luise von Baden vom November 1918 geben Aufschluss über dramatische Ereignisse: Flucht aus dem Schloss Karlsruhe. Großherzog Friedrich II. dankt ab. Thronverzicht für seine Nachfahren

terei der kaiserlichen Hochseeflotte am 7. November in Kiel beteiligt gewesen war, einen Trupp Soldaten seinem Be-fehl, marschierte mit diesem auf das Schloss zu und er verlangte mit den Worten „Heraus mit dem größten Lump von Baden!“ nach dem Großherzog. Vom Leiter des Oberhofmarschallamts, Sigmund Göler von Ravensburg, abge-wiesen, ließ Klumpp Gewehrsalven auf das Schloss abfeuern. Das Gebäude verzeichnete allein an der Südwestfront 54 Einschläge, die Geschosse durch-schlugen Fenster und Holzgebälk und demolierten Vasen und Hausrat. Eine Kugel beschädigte das Bildnis Friedrichs des Großen und „vollbrachte damit sym-bolisch die blutige Tat“ (Gerhard Kal-ler). Aufgeschreckt von den „planlosen Großherzogin Luise von Baden, gemalt von Otto Propheter, 1903

Der Briefbogen der Tagebuchblätter Luises vom 13. November 1918 zeigt eine Abbildung der

großherzoglichen Krone und ihren Aufenthaltsort: Schloss Zwingenberg

Friedrich II., der letzte Großherzog

von Baden: Anfang des 20. Jahrhunderts

porträtiert von Otto Hör

Page 5: 2018 S - | Staatsanzeiger BWSchloss Meersburg zeigt Ausschnitte aus dem Leben Annette von Droste-Hülshoffs ENDE DER MONARCHIE IN BADEN UND WÜRTTEMBERG 1918 2 König Wilhelm I. von

34 35

Schlösser 04| 2018 Schlösser 04| 2018

STUTTGART. Das Kronprinzenpalais am Stuttgarter Schlossplatz war als Sitz der württembergischen Thronfolger ein re-präsentativer Bau mit reich ausgestat-teten Interieurs. Es brannte im Zweiten Weltkrieg aus und wurde 1963 abge-brochen. Nun können das Gebäude und seine Innenräume in Augenschein ge-

nommen werden – ein neu erschienener Band über das Kronprinzenpalais macht es möglich. Der Rundgang führt unter anderem durch den Speisesaal, den Tanzsaal und durch die Appartements des Kronprinzenpaares. Ein Stück unse-res verlorenen Kulturerbes wird wieder lebendig gemacht.

Das Kronprinzenpalais wurde zwischen 1846 und 1850 durch Hofkammerbau-meister Ludwig Friedrich Gaab errichtet. Bauherr war König Wilhelm I., der nicht nur den Bauplatz am Schlossplatz, son-dern auch den Kostenumfang festlegte. Die Finanzierung erfolgte aufgrund des Hausgesetzes durch den württembergi-

schen Staat. Trotz der Zusage von König Wilhelm I., die innere Ausstattung auf eigene Kosten zu bewerkstelligen, war der Bau des Kronprinzenpalais in der Ständeversammlung nicht unumstritten. Im Juni 1845 beschloss die Ständever-sammlung mit 59 gegen 31 Stimmen den Bau des Palais. Der spätere Minis-ter Friedrich Römer lehnte das Projekt mit der Bemerkung ab: „Im Hinblick auf die vielen Hütten im Lande halte ich es vorläufig nicht für nötig, einen weiteren Palast zu bauen.“

Günstiger als der Kostenvoranschlag

Gaab entwarf einen breit gelagerten, dreigeschossigen Baukörper mit kurzen Seitenflügeln. Die Hauptfassade wurde durch einen dreiachsigen Mittelrisaliten mit Altan und Attika akzentuiert. Die Bauarbeiten setzten im Frühjahr 1846 ein und gingen zügig voran, sodass das Gebäude Ende 1847 im Rohbau stand. Der 1850 weitgehend fertiggestellte In-nenausbau wurde durch die Revolution von 1848 nicht beeinträchtigt – im Ge-genteil. Die damalige Wirtschaftskrise als Auslöser der Revolution führte dazu, dass die Arbeiten wesentlich günstiger an die Handwerker und Kunsthandwer-ker vergeben werden konnten. Somit blieben die Gesamtkosten erheblich un-ter dem Kostenvoranschlag. Das Palais konnte infolgedessen im Innern präch-

tiger als ursprünglich vorgesehen mit Stuckdekorationen und Intarsien-Fuß-böden ausgestattet werden. Da sich die Tapezierung und Möblierung noch einige Zeit hinzog und für die Kronprinzessin ei-ne russisch-orthodoxe Kapelle in das Pa-lais eingebaut werden musste, bezogen Kronprinz Karl und Kronprinzessin Olga ihren neuen Wohnsitz erst im Dezember 1854.

Beste Lage ohne Garten: Das Kronprinzenpalais Kronprinz Karl und Kronprinzessin Olga hatten ihren neuen Wohnsitz im Herzen Stuttgarts im Dezember 1854 bezogen. Im Zweiten Weltkrieg brannte das Gebäude bei Luftangriffen 1944 im Innern aus, die Außenmauern standen. Ein Wiederaufbau wäre möglich gewesen

Das Arbeitszimmer von Königin Olga, Aquarell von Johann Caspar Obach, um 1860

Das Kronprinzenpalais – ein wohlproportionierter Bau des späten Klassizismus

Detail eines

Palmettenfrieses

Das Kronprinzenpalais stand stilistisch am Übergang vom Klassizismus zum Historismus. Der Bau war ein Renais-sancepalast in klassizistischem Ge-wand. Die Kubatur des Gebäudes mit den turmartigen Eckrisaliten und dem kräftigen Hauptgesims ging auf den römischen Palastbau der Hochrenais-sance zurück. Die flächige Fassaden-gestaltung mit korinthischen Kapitellen, Palmettenfriesen, Arabesken und Volu-ten gehörte hingegen dem Klassizismus an. Als unmittelbares Vorbild ist das 1828 bis 1831 durch Leo von Klenze in München errichtete Herzog-Max-Palais anzusprechen, wobei Klenze die Fassade seinem Gebäude jedoch nur vorgelegt hatte. Die Raumdisposition des Kronprinzenpalais zeigte eine klare Gliederung. Hinter dem Haupteingang unter dem Altan lag das Vestibül, von dem auf der Rückseite des Gebäudes zwei Treppenhäuser in die Beletage führten. Im Parterre befand sich links das Appartement des Kronprinzen und genau darüber in der Beletage das Ap-