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Staatsanzeiger · Freitag, 15. August 2014 · Nr. 32 dern können Stadtwerke aber häu- fig nicht in diesem Bereich investie- ren“, klagt der Verband kommuna- ler Unternehmen. Rheinland-Pfalz hat vor Jahren schon Subsidiaritätsklausel gelockert Bereits jetzt haben städtische Un- ternehmen im Südwesten ausweis- lich ihrer Umsatzzahlen große wirt- schaftliche Bedeutung. So zeigen Recherchen von Wirtschaftskam- mern, dass die Beteiligungsberichte von Städten teils mehr als sechs Mil- liarden Euro an Jahresumsätzen in Bereichen ausweisen, die auch pri- vate Anbieter übernehmen könn- ten. Kommunen könnten durch verstärkte wirtschaftliche Tätigkeit ihre Haushaltslage verbessern. Andererseits würden kommu- nale Unternehmen, die privatwirt- schaftlichen Konkurrenz machen, nach Ansicht der Wirtschaft den Einkünften der Kommunen indi- rekt schaden: Weil private Betriebe wirtschaftlich geschwächt werden und dann geringere Umsatz- und Gewerbesteuern zahlen. Da die öf- fentlichen Unternehmen steuerli- che Vorteile haben, fühlt sich die Privatwirtschaft zudem im Wett- bewerb benachteiligt. Im Land Rheinland-Pfalz gilt seit 2009 die einfache Subsidiaritäts- klausel. Die Neufassung des Ge- meindewirtschaftsrechts hat dort, zum Beispiel im öffentlichen Perso- nennahverkehr, nach Ansicht von Wirtschaftsverbänden zu merkli- chen Wettbewerbsverzerrungen ge- führt. Kommunale, querfinanzierte Unternehmen konkurrieren mit privatwirtschaftlichen Unterneh- men um rentable Verkehrsgebiete. Auch die Situation bei der Müll- und Abfallverwertung wird von der Wirtschaft kritisiert. Die zuneh- mende kommunale Tätigkeit in die- sem Bereich führe zu einer merkli- chen Verdrängung gewerblicher Sammler. Der Geschäftsführer der IHK Koblenz und Federführer für Wirtschaftspolitik der IHK-Arbeits- gemeinschaft Rheinland-Pfalz, Ro- bert Lippmann, empfiehlt daher dem benachbarten Baden-Würt- temberg, die Subsidiaritätsklausel in der jetzigen qualifizierten Form beizubehalten. des Standorts zu sichern. Diese Sichtweise vertritt auch der Ver- band kommunaler Unternehmen, der eine klarstellende gesetzliche Regelung begrüßt: „Die Schranken für die kommunalwirtschaftliche Betätigung müssen in den gesetzli- chen Regelungen der Gemeinde- ordnungen auf ein angemessenes Maß reduziert werden. Nur so kön- nen kommunale Unternehmen ih- rem ‚Auftrag Daseinsvorsorge‘ nachkommen.“ Dabei geht es auch darum, beste- hende Geschäftsfelder an die tech- nische und wirtschaftliche Entwick- lung anzupassen. Ein Beispiel dafür stellt die Breitbandkommunikation dar. „Wegen unklarer oder restrikti- ver Vorgaben in einigen Bundeslän- Verbände sind gegen Wandel bei Subsidiaritätsklausel Die gesetzliche Neuregelung der Subsidiaritätsklausel wird seit Monaten diskutiert. Die Länder Rheinland-Pfalz und Sachsen- Anhalt haben in ihrem Gemein- dewirtschaftsrecht eine kom- munale Betätigung erleichtert. Baden-Württemberg könnte bald folgen. Doch Wirtschafts- verbände wehren sich dagegen. Von Doreen Ludwig STUTTGART. Aktuell werden in Ba- den-Württemberg in 103 Großen Kreisstädten und kreisfreien Städ- ten 1950 Unternehmen und Unter- nehmensbeteiligungen durch wirt- schaftliche Betätigung der Kommu- nen geführt – eine enorme Zahl. Der Baden-Württembergische Indus- trie- und Handelskammertag (IHK) sowie der Baden-Württembergi- sche Handwerkstag betrachten ein verstärktes wirtschaftliches Enga- gement von Kommunen allerdings mit großer Sorge. Kern des Streits ist die Subsidiari- tätsklausel im Gemeindewirt- schaftsrecht – Paragraf 102 Absatz 1 der Gemeindeordnung –, die bis- lang privaten Anbietern Vorrang vor staatlichen Unternehmen ein- räumt. Die Wirtschaftsverbände be- fürchten, dass die Klausel abge- schwächt wird und so kommunalen Unternehmen das Recht einge- räumt wird, sich stärker wirtschaft- lich am Markt zu beteiligen. Kommunale Unternehmen im Prinzip auf Daseinsvorsorge beschränkt Im Streitfall müssen kommunale Unternehmen in Baden-Württem- berg bei einem Tätigwerden außer- halb der kommunalen Daseinsvor- sorge bislang nachweisen, dass „der Zweck nicht ebenso gut und wirt- schaftlich durch einen privaten An- bieter erfüllt wird oder erfüllt wer- den kann“, so das Gesetz. Das hat aus Sicht der Verbände bislang für ein einträgliches Miteinander ge- sorgt. Nun aber fürchtet die Wirt- schaft, dass der Frieden bald vorbei sein könnte. Denn das Innenminis- terium führt derzeit mit anderen Ministerien, Fraktionen und Inte- ressenverbänden Gespräche über eine Gesetzesänderung. Vorrangige Aufgabe der Kommu- nen ist die Daseinsvorsorge. Neben Energie- und Wasserversorgung ge- hört dazu der Ausbau der Breit- bandkommunikation als ein erheb- licher und zu rechtfertigender öf- fentlicher Zweck, um die Qualität Monteur wartet Blockheizkraftwerk im Keller eines Hauses; welche Dienstleistungen Kommunen anbieten sollen, ist umstritten. FOTO: DPA Ingenieur aus Umkirch bei Freiburg entwickelt Wie Kommunen bereits jetzt unternehmerisch tätig sind Bereits heute findet man Aktivitäten kommunaler Unternehmen in nahezu allen Branchen: von Unternehmensbe- ratung über Reiseveranstalter bis hin zu Handwerksleistungen sowie Geräte- und Apparatebau. Kritiker aus der freien Wirtschaft fragen, was der Sinn kommu- naler Daseinsvorsorge ist, wenn die Stadtwerke Beleuchtungssysteme für Firmen-Parkplätze anbieten oder das städtische Verkehrsunternehmen im Reise- und Tourismusmarkt mitmischt. Eine Stärkung der mittelständischen, privaten Wirtschaft in den Kommunen sei daher zwingend notwendig, um auch künftig vor Ort Wachstum, Beschäf- tigung und Steuereinnahmen zu schaf- fen und dauerhaft zu erhalten. Serie Kommunale Unternehmen, Teil 1

Staatsanzeiger · Freitag, 15. August 2014 · Nr. 32 ... · Staatsanzeiger · Freitag, 15. August 2014 · Nr. 32 Wirtschaft 13 dern können Stadtwerke aber häu-fig nicht in diesem

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  • Staatsanzeiger · Freitag, 15. August 2014 · Nr. 32 Wirtschaft 13

    dern können Stadtwerke aber häu-fig nicht in diesem Bereich investie-ren“, klagt der Verband kommuna-ler Unternehmen.

    Rheinland-Pfalz hat vor Jahrenschon Subsidiaritätsklausel gelockert

    Bereits jetzt haben städtische Un-ternehmen im Südwesten ausweis-lich ihrer Umsatzzahlen große wirt-schaftliche Bedeutung. So zeigenRecherchen von Wirtschaftskam-mern, dass die Beteiligungsberichtevon Städten teils mehr als sechs Mil-liarden Euro an Jahresumsätzen inBereichen ausweisen, die auch pri-vate Anbieter übernehmen könn-ten. Kommunen könnten durchverstärkte wirtschaftliche Tätigkeitihre Haushaltslage verbessern.

    Andererseits würden kommu-nale Unternehmen, die privatwirt-schaftlichen Konkurrenz machen,nach Ansicht der Wirtschaft denEinkünften der Kommunen indi-rekt schaden: Weil private Betriebewirtschaftlich geschwächt werdenund dann geringere Umsatz- undGewerbesteuern zahlen. Da die öf-fentlichen Unternehmen steuerli-che Vorteile haben, fühlt sich diePrivatwirtschaft zudem im Wett-bewerb benachteiligt.

    Im Land Rheinland-Pfalz gilt seit2009 die einfache Subsidiaritäts-klausel. Die Neufassung des Ge-meindewirtschaftsrechts hat dort,zum Beispiel im öffentlichen Perso-nennahverkehr, nach Ansicht vonWirtschaftsverbänden zu merkli-chen Wettbewerbsverzerrungen ge-führt. Kommunale, querfinanzierteUnternehmen konkurrieren mitprivatwirtschaftlichen Unterneh-men um rentable Verkehrsgebiete.

    Auch die Situation bei der Müll-und Abfallverwertung wird von derWirtschaft kritisiert. Die zuneh-mende kommunale Tätigkeit in die-sem Bereich führe zu einer merkli-chen Verdrängung gewerblicherSammler. Der Geschäftsführer derIHK Koblenz und Federführer fürWirtschaftspolitik der IHK-Arbeits-gemeinschaft Rheinland-Pfalz, Ro-bert Lippmann, empfiehlt daherdem benachbarten Baden-Würt-temberg, die Subsidiaritätsklauselin der jetzigen qualifizierten Formbeizubehalten.

    des Standorts zu sichern. DieseSichtweise vertritt auch der Ver-band kommunaler Unternehmen,der eine klarstellende gesetzlicheRegelung begrüßt: „Die Schrankenfür die kommunalwirtschaftlicheBetätigung müssen in den gesetzli-chen Regelungen der Gemeinde-ordnungen auf ein angemessenesMaß reduziert werden. Nur so kön-nen kommunale Unternehmen ih-rem ‚Auftrag Daseinsvorsorge‘nachkommen.“

    Dabei geht es auch darum, beste-hende Geschäftsfelder an die tech-nische und wirtschaftliche Entwick-lung anzupassen. Ein Beispiel dafürstellt die Breitbandkommunikationdar. „Wegen unklarer oder restrikti-ver Vorgaben in einigen Bundeslän-

    Verbände sind gegen Wandelbei Subsidiaritätsklausel

    Die gesetzliche Neuregelung derSubsidiaritätsklausel wird seitMonaten diskutiert. Die LänderRheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt haben in ihrem Gemein-dewirtschaftsrecht eine kom-munale Betätigung erleichtert.Baden-Württemberg könntebald folgen. Doch Wirtschafts-verbände wehren sich dagegen.

    Von Doreen Ludwig

    STUTTGART. Aktuell werden in Ba-den-Württemberg in 103 GroßenKreisstädten und kreisfreien Städ-ten 1950 Unternehmen und Unter-nehmensbeteiligungen durch wirt-schaftliche Betätigung der Kommu-nen geführt – eine enorme Zahl. DerBaden-Württembergische Indus-trie- und Handelskammertag (IHK)sowie der Baden-Württembergi-sche Handwerkstag betrachten einverstärktes wirtschaftliches Enga-gement von Kommunen allerdingsmit großer Sorge.

    Kern des Streits ist die Subsidiari-tätsklausel im Gemeindewirt-schaftsrecht – Paragraf 102 Absatz 1der Gemeindeordnung –, die bis-lang privaten Anbietern Vorrang vorstaatlichen Unternehmen ein-räumt. Die Wirtschaftsverbände be-fürchten, dass die Klausel abge-schwächt wird und so kommunalenUnternehmen das Recht einge-räumt wird, sich stärker wirtschaft-lich am Markt zu beteiligen.

    Kommunale Unternehmen im Prinzipauf Daseinsvorsorge beschränkt

    Im Streitfall müssen kommunaleUnternehmen in Baden-Württem-berg bei einem Tätigwerden außer-halb der kommunalen Daseinsvor-sorge bislang nachweisen, dass „derZweck nicht ebenso gut und wirt-schaftlich durch einen privaten An-bieter erfüllt wird oder erfüllt wer-den kann“, so das Gesetz. Das hataus Sicht der Verbände bislang fürein einträgliches Miteinander ge-sorgt. Nun aber fürchtet die Wirt-schaft, dass der Frieden bald vorbeisein könnte. Denn das Innenminis-terium führt derzeit mit anderen

    Ministerien, Fraktionen und Inte-ressenverbänden Gespräche übereine Gesetzesänderung.

    Vorrangige Aufgabe der Kommu-nen ist die Daseinsvorsorge. Neben

    Energie- und Wasserversorgung ge-hört dazu der Ausbau der Breit-bandkommunikation als ein erheb-licher und zu rechtfertigender öf-fentlicher Zweck, um die Qualität

    Monteur wartet Blockheizkraftwerk im Keller eines Hauses; welche Dienstleistungen Kommunen anbieten sollen, ist umstritten. FOTO: DPA

    Mieten imSüdwestensteigen moderatHAMBURG/STUTTGART. InStuttgart sind die Mieten im ver-gangenen Jahr im Durchschnittum 1,4 Prozent gestiegen (Bund:0,9 Prozent). In Tübingen bezah-len Mieter mit neuen Verträgen 1,3Prozent und in Heidelberg 0,6 Pro-zent mehr als im Vorjahr. Insge-samt stiegen die Immobilienprei-se und Wohnungsmieten bundes-weit um 3,1 Prozent.

    Das ergab der regelmäßig erho-bene Wohnindex des HamburgerBeratungsunternehmens F und B,der am Dienstag für das zweiteQuartal veröffentlicht wurde. DieEntwicklung auf dem Mietmarktin Deutschland hat sich beruhigt:Auch im Südwesten sind die Mie-ten im vergangenen Jahr nur ge-ringfügig teurer geworden.

    Für Eigentumswohnungenmuss man im Vergleich zum Vor-jahr auch im Südwesten deutlichmehr Geld aufbringen. In Stuttgartwurden sie um 7,1 Prozent (Bun-desdurchschnitt: 5,2 Prozent) teu-rer. Mit einem Quadratmeterpreisvon durchschnittlich 3300 Euroliegt Freiburg an der Spitze Baden-Württembergs und auf Platz fünfim Bundesvergleich. Stuttgartsteht an 18. Stelle. (sta)

    Kurz notiert

    Selbstständige: Grün-Rot istso gut wie Schwarz-Gelb

    STUTTGART. Der Bund der Selb-ständigen hat 700 Mitgliedsunter-nehmen befragt, was sie von derArbeit der grün-roten Landesre-gierung halten. Die Durch-schnittsnote: 3,4. Zum Vergleich:Unter Schwarz-Gelb lag der Wertin den Jahren 2006 bis 2010 zwi-schen 3,3 und 3,6. Grün-Rot wurdeein Mal mit 3,3, zwei Mal mit 3,4und ein Mal mit 3,5 benotet. (sta)

    Ex-Porsche-Managermuss 630000 Euro zahlen

    STUTTGART. Holger Härter, Ex-Manager von Porsche, kritisierteine Entscheidung des Landge-richts Stuttgart, die ihn 630 000Euro kosten wird: Das Gerichthabe den Fall nicht richtig verstan-den. Im Juni 2013 war der ehemali-gen Porsche-Finanzchef wegenKreditbetrugs im Zusammenhangmit der Übernahmeschlacht zwi-schen Porsche und VW verurteiltworden. Der Bundesgerichtshofhabe die Revision verworfen, teiltedas Landgericht Stuttgart in dieserWoche mit (Az. 1 StR 649/13). (sta)

    Hochgeschwindigkeitszüge:Voith-Getriebe zeigen Risse

    SCHANGHAI/HEIDENHEIM. DieEisenbahngesellschaft ChinaNorth Rail hat dem AnlagenbauerVoith drei Monate Zeit gegeben,um seine Getriebeprobleme inChinas Hochgeschwindigkeitszü-gen zu lösen. Dort seien Risse auf-getreten, sagte ein Voith-Sprecherin dieser Woche in Heidenheim.Züge in Europa seien nicht betrof-fen. Nach Angaben einer chinesi-schen Zeitung wurde die Produkti-on vorerst gestoppt. (sta)

    Verluste bei Heideldruck trotzUmsatzrückgangs geringer

    HEIDELBERG. Die Firma Heidel-berger Druck steht besser da, alsallgemein erwartet: Trotz einesUmsatzrückgangs hat der ange-schlagene Maschinenbauer imersten Geschäftsquartal seine Ver-luste weiter verringern können.Das Ergebnis nach Steuern ver-besserte sich laut Firmenangabenim Vorjahresvergleich um vier Mil-lionen Euro auf minus 34 Millio-nen Euro, wie das Unternehmenam Mittwoch mitteilte. Der Um-satz sank um 14 Prozent auf 435Millionen Euro. Die Geschäfte vonHeideldruck ziehen erfahrungsge-mäß zum Ende des Jahres an. (sta)

    Operativer Gewinnvon Bilfinger umdie Hälfte gesunkenMANNHEIM. Der neue Bilfinger-Chef Herbert Bodner muss sichnach dem Weggang Roland Kochsvor allem um die ProblemspartenKraftwerke und Industrieanlagenkümmern. In Europa schwächelnbeide Segmente gleichzeitig. Öl-und Gaskonzerne stecken wenigerGeld in Investitionen und War-tung, wie Finanzchef JoachimMüller in dieser Woche bei derPräsentation der Halbjahreszah-len sagte. Zudem schlage die Ener-giewende in Deutschland imKraftwerksgeschäft durch. NeueKraftwerke werden kaum noch ge-baut. In den ersten sechs Monatenhalbierte sich der operative Ge-winn der Mannheimer nahezu.

    Der Konzern steuert mit einemSparkurs gegen. Wegen derschlechteren Auftragslage streichtBilfinger bis zum Jahresende imSpezialrohrbau rund 300 Stellen.Auch das bereits laufende großeSparpaket wird beschleunigt. Da-durch sollen wie bereits bekannt2014 und 2015 weltweit zusätzlichrund 1250 Stellen in der Verwal-tung wegfallen. Alles in allem ar-beiten rund 70 000 Mitarbeiter fürden Konzern, der sein Geld vor al-lem mit Dienstleistungen rund umKraftwerke, Industrieanlagen undGebäude verdient. (lsw)

    Ingenieur aus Umkirch bei Freiburg entwickeltneue SpeichertechnologiePhotovoltaikstrom wird erst dann abgegeben, wenn er gebraucht wird

    UMKIRCH. Aus Umkirch bei Frei-burg kommen künstliche Kniege-lenke, Skischleifmaschinen undjetzt auch eine neue Speichertech-nologie. Die Automatic Storage De-vice GmbH (ASD) von WolframWalter will im Januar 2015 einenSonnenstromspeicher auf denMarkt bringen, der Betreiber in dieLage versetzen soll, ihren Sonnen-strom zu speichern und erst bei Be-darf zu verbrauchen.

    Die Idee kam, als Walter sich überseine Photovoltaikanlage ärgerte

    Das spart Geld und macht fast un-abhängig von Energieversorgern.„Wir werden den Strommarkt dra-matisch verändern“, kündigte dergeschäftsführende Gesellschafteran, „und unser Stromspeicher wirdauch den Photovoltaikmarkt inDeutschland neu beleben!“

    Die Idee für einen modernenSonnenspeicher kam Walter vordrei Jahren, als er sich gerade überdie auf dem Dach seines Hauses in-stallierte Photovoltaikanlage geär-gert hatte. „Ich musste nämlichtagsüber zu viel produzierten Son-nenstrom für wenig Einspeisever-gütung ins Netz abgeben und

    nachts teureren Strom von meinemEnergieversorger zukaufen.“

    Deshalb machte sich der Di-plom-Ingenieur auf die Suche nacheiner Lösung. Er baute einen Son-nenspeicher, so groß wie ein kleinerKühlschrank, und passte diesen andie Leistung des Kraftwerkes aufdem Dach an. So konnte dieser denvon seiner Photovoltaikanlagetagsüber hergestellten Sonnen-strom speichern und fast ohne Ver-

    lust abgeben, wenn er im Haushaltbenötigt wurde. „Mein Ziel war es,zumindest für 24 Stunden autark zuwerden“, erläutert der Erfinder ausUmkirch bei Freiburg.

    Damit gab sich Walter nicht zu-frieden. Seine Speicher stießenschnell an ihre Grenzen. Das lagnach seiner Erkenntnis an den her-kömmlichen Batterien. Die Batte-riezellen sind dabei in Reihe ge-schaltet. Walter fand heraus:

    „Wenn eine Zelle streikte, funktio-nierte die ganze Batterie nicht.“

    Der Ingenieur entwarf das Elek-tronikboard „Pacadu“, das das Ent-laden und Aufladen jeder einzelnenZelle gezielt steuern kann. Er istüberzeugt davon, dass die Batterie-technik vor einem Paradigmen-wechsel steht. „Die Elektronik er-kennt, welche Zelle voll oder leerist“, sagt er, „wenn eine Zelle kaputtgeht, muss man nicht mehr die gan-ze Batterie wegwerfen.“

    Porsche Boxster mit Elektromotorund 150 Kilometer Reichweite

    Die versprochene Revolution voll-zieht sich nicht nur hinter Mauern.Vor dem Firmengebäude steht einPorsche Boxster, den es so offiziellgar nicht gibt. Walter hat ihn vonseinem Verbrennungsmotor be-freit und mit einem Elektromotorbestückt, der ihn bis zu 150 Kilome-ter weit transportiert.

    Der Wagen macht anschaulich,dass die Batterien nicht nur zurSpeicherung von Sonnenstrom ge-eignet sind. Erste Automobilher-steller hätten deshalb schon Kon-takt zu ihm aufgenommen, wieWalter berichtet. (kaz)

    Chef Wolfram Walter (links) und Mitarbeiter Benjamin Knödler mit „Pacadu“: IhrElektronikboard steigert Leistungsfähigkeit und Lebensdauer von Akkus. FOTO: ZURBONSEN

    Wie Kommunen bereits jetzt unternehmerisch tätig sind

    Bereits heute findet man Aktivitätenkommunaler Unternehmen in nahezuallen Branchen: von Unternehmensbe-ratung über Reiseveranstalter bis hin zuHandwerksleistungen sowie Geräte-und Apparatebau. Kritiker aus der freienWirtschaft fragen, was der Sinn kommu-naler Daseinsvorsorge ist, wenn dieStadtwerke Beleuchtungssysteme für

    Firmen-Parkplätze anbieten oder dasstädtische Verkehrsunternehmen imReise- und Tourismusmarkt mitmischt.

    Eine Stärkung der mittelständischen,privaten Wirtschaft in den Kommunensei daher zwingend notwendig, umauch künftig vor Ort Wachstum, Beschäf-tigung und Steuereinnahmen zu schaf-fen und dauerhaft zu erhalten.

    Serie KommunaleUnternehmen, Teil 1

  • Staatsanzeiger · Freitag, 22. August 2014 · Nr. 33 Wirtschaft 13

    Konzessionsverträge ermöglicht es,Tschiesche zufolge Energieversor-gungsnetze zu übernehmen – fürEnergieversorgungsunternehmenund ihre Gesellschafter, Städte undGemeinden, mitunter ein willkom-mener Anlass für eine Rekommuna-lisierung. „Die Gewinne aus demNetzbetrieb fließen dann nichtmehr an Dritte, sondern an die da-hinterstehenden Kommunen“, er-läutert Tschiesche.

    Auf die Frage, wie seine Wirt-schaftsprüfungsgesellschaft denTrend zur Rekommunalisierungeinschätzt, erklärt Papenstein, dasskommunale Energie- und Versor-gungsunternehmen das Netzge-schäft grundsätzlich genauso effi-zient betreiben und Renditen ein-bringen könnten. Zum Teil seien so-gar Effizienzsteigerungen möglich –etwa durch Synergien, wenn gleich-zeitig mehrere Netze wie Strom,Gas, Wasser betrieben würden. Zie-ger befürwortet, dass sich kommu-nale Betriebe zu großen Netzgesell-schaften zusammenschließen. Jegrößer diese seien, desto wirtschaft-licher ließen sie sich führen.

    tigkeit des jeweiligen Geschäftsmo-dells im Hinblick auf die mittelfristi-ge Finanzierbarkeit zu hinterfragen.

    Zunächst sollten Energie- undVersorgungsunternehmen den ei-genen kurz- bis mittelfristigen Fi-nanzierungsbedarf möglichst ge-nau ermitteln und dann die Investi-tionsalternativen vor dem Hinter-grund knapper werdender Ressour-cen bewerten und priorisieren. Zie-ger zufolge ist, neben einer effizien-ten Betriebsorganisation, die Ko-operation der Stadtwerke unterei-nander hilfreich – mit Blick auf In-vestitionen und den Ausbau desDienstleistungsgeschäfts.

    Auslaufen der Konzessionsverträgeist große Chance für Kommunen

    Wirtschaftsprüfer Tschiescheschätzt, dass der Wettbewerb unterden Energie- und Versorgungsun-ternehmen weiter zunehmen wird.Es sei daher notwendig, flexibel undunternehmerisch gut durchdachtumzustrukturieren, um sich einenVorteil gegenüber der Konkurrenzzu verschaffen. Das Auslaufen der

    Versorger kämpfenan vielen Fronten

    Die Energie- und Versorgungs-unternehmen stehen „im Span-nungsfeld zwischen Ertrag, In-vestitionen und Verschuldung“.Das ergab die Studie einer Wirt-schaftsprüfungsgesellschaft, der150 Bilanzen von Energie- undVersorgungsunternehmen mitmehrheitlich kommunalen Ge-sellschaftern zugrunde liegen.

    Von Doreen Ludwig

    STUTTGART. Versorgungspoliti-sche Vorschriften, die Anreize regu-lieren und Stromnetze und -erzeu-gung entflechten sollen, die unge-klärte Finanzierung neuer Netze,die fortgeschrittene Marktliberali-sierung im Endkundengeschäft undein zunehmender Preisdruck anden Strommärkten: All das führt zusinkenden Erträgen im Netzbereichsowie beim Absatz von Strom undanderen Energieformen, wie eineStudie der Wirtschaftsprüfungsge-sellschaft Price Waterhouse Co-opers (PwC) zeigt. Die Finanzie-rungskraft der Branche sinkt be-ständig.

    Hohe Investitionskosten undsinkende Margen belasten Betriebe

    Kommunale Energie- und Versor-gungsunternehmen geraten über-dies noch von anderer Seite unterDruck. Die Kosten für die kommu-nale Daseinsvorsorge belasten dieBilanzen der Haushalte von Städtenund Gemeinden. Daher legen dieseWert auf hohe Ausschüttungsquo-ten der Energie- und Versorgungs-unternehmen, deren Gesellschaftersie sind. Die Folge davon sind Fi-nanzmittelabflüsse aus den kom-munalen Energie- und Versor-gungsunternehmen. Dabei sind imHinblick auf die Energiewende abergerade mehr, nicht weniger Finanz-mittel wie bisher notwendig.

    Das Spannungsverhältnis unddie zunehmenden Herausforderun-gen für die kommunalen Energie-und Versorgungsunternehmensieht Steuerberater Bernd Papen-stein, Partner von Price WaterhouseCoopers in der schwächelnden Fi-

    nanzierbarkeit der von den Energie-und Versorgungsunternehmen er-warteten Investitionen.

    Papensteins Analyse teilt JürgenTschiesche. Er ist Wirtschaftsprüfer,Steuerberater und Partner der So-zietät Becker, Büttner, Held, zu de-ren Mandanten rund 450 kommu-nale Energie- und Versorgungsun-ternehmen zählen. Tschiesche be-tont, dass zum einen Investitionenin neue, vor allem regenerative Pro-duktionsanlagen nötig sind, ande-rerseits aber sinkende Margen undder Wertverlust bisheriger, konven-tioneller Erzeugungskapazitätenbewältigt werden müssten. DieEnergiewende führe somit zu einer

    außergewöhnlichen finanziellenKraftanstrengung der Unterneh-men in der Branche.

    Jürgen Zieger (SPD), Oberbürger-meister von Esslingen und Auf-sichtsratsvorsitzender der Stadt-werke Esslingen GmbH, sieht für diekommunalen Energie- und Versor-gungsunternehmen dagegen keinebesondere Herausforderung imVergleich zu anderen Betrieben. Inallen gut geführten Unternehmenseien bei Investitionen stets Wirt-schaftlichkeit und Kapitalstärke zuberücksichtigen. Die größte He-rausforderung sei es, die Margen inder Energiewirtschaft zu sichern.Papenstein empfiehlt, die Nachhal-

    Schornsteine eines mit Biomasse betriebenen Heizkraftwerks in Ulm; dort gibt es ein kommunales Versorgungsunternehmen, andere Städte erwägen, eines zu gründen. FOTO: DPA

    Studie: Verschuldungsgrad der Energieversorger steigt

    Bei vielen Energie- und Versorgungsun-ternehmen haben sich die finanziellenKennzahlen zuletzt verschlechtert. Daszeigt eine Studie des Beratungsunter-nehmens Price Waterhouse Coopers. DerFinanzierungsbedarf in der Branchesteigt danach. Zugleich wächst die Ver-

    schuldung der Unternehmen. Jedemvierten Energie- und Versorgungsunter-nehmen droht der Studie zufolge in Zu-kunft sogar ein Abrutschen in den kriti-schen Bereich. Die Ausschüttungen derUnternehmen bewegen sich dabei abernach wie vor auf hohem Niveau.

    Kurz notiert

    Uzin Utz legt beiUmsatz und Ergebnis zu

    ULM. Der BauchemieherstellerUzin Utz ist im Aufwind. In der ers-ten Jahreshälfte legte der Umsatznach vorläufigen Zahlen um 8,4Prozent auf 113,3 Millionen Eurozu, teilte das Unternehmen amDienstag mit. Auch das Ergebnisder gewöhnlichen Geschäftstätig-keit stieg um rund 17 Prozent: von4,9 Millionen Euro im ersten Halb-jahr 2013 auf 5,7 Millionen Euro inden ersten sechs Monaten 2014.Das Unternehmen hat 1000 Mitar-beiter und stellt unter anderemKleber für Bodenbeläge her. (sta)

    Großauftrag aus Asienfür Maschinenbauer Manz

    REUTLINGEN. Der Maschinen-bauer Manz hat in seiner Display-sparte einen Großauftrag ausAsien erhalten. Die Bestellung um-fasse Systeme und Anlagen zurMontage von Notebooks und habeein Volumen im unteren zweistel-ligen Millionenbereich, teilte dasUnternehmen mit. Manz will inAsien vom Automatisierungstrendin der Produktion profitieren.Manz hat 2013 rund 266 MillionenEuro umgesetzt. (lsw)

    Chemiebranche erwartetnun schwächeres Halbjahr

    BADEN-BADEN. Die Chemie-branche im Land rechnet in derzweiten Jahreshälfte mit schwä-cherem Wachstum. Von Januar bisJuni sei der Umsatz um 2,7 Prozentauf 9,6 Milliarden Euro gestiegen,teilten die Chemie-Verbände Ba-den-Württemberg mit. Für dierestlichen sechs Monate wird einPlus von zwei Prozent erwartet.Sorgen bereiten hohe Energie-und Arbeitskosten. (lsw)

    IG-Metall-Chef willRunden Tisch zuRüstungsexportenSTUTTGART. Über die Zukunftder Rüstungsindustrie in Deutsch-land muss nach Ansicht des baden-württembergischen IG-Metall-Chefs am Runden Tisch entschie-den werden. „Alle Beteiligten – vonden Betriebsräten bis zu den Ar-beitgebern – müssen sich mit derBundesregierung zusammenset-zen und ein langfristiges Konzeptfür die Wehr- und Sicherheitsbran-che erarbeiten“, sagte Roman Zit-zelsberger der Nachrichtenagen-tur dpa. Im Südwesten habe mandamit gute Erfahrungen gemacht.„Das Ganze verträgt aber die Auf-geregtheit der aktuellen politi-schen Bühne nicht.“

    Ziel müsse sein, die Produktpa-letten der Unternehmen zu ver-breitern und sie so unabhängigervon militärischen Gütern zu ma-chen. Als Beispiel nannte er denWaffenhersteller Heckler undKoch, der seine hohe Präzisionwieder stärker im klassischen Ma-schinen- und Werkzeugbau ein-bringen könnte. Bundeswirt-schaftsminister Sigmar Gabriel(SPD) will künftig weniger Waffen-lieferungen ins Ausland genehmi-gen. Das könnte Zitzelsberger zu-folge freilich Auswirkungen auf diebundesweit schätzungsweise80 000 bis 100 000 Arbeitsplätze inder Branche haben. (lsw/sta)

    Bauverband fordert eigenes Landesamtfür Straßenwesen im SüdwestenDiener: Personalnotstand in der Straßenbauverwaltung wird durch ungleiche Mittelverteilung verschärft

    STUTTGART. Die Bauwirtschaft imSüdwesten sieht ein neues Perso-nalproblem auf die Straßenbauver-waltung zukommen. Grund dafürsei die ungleiche Verteilung derMittel für Aus- und Neubaumaß-nahmen im Bundesfernstraßenbauunter den vier Regierungsbezirken,heißt es in einer Mitteilung der Lan-desvereinigung Bauwirtschaft Ba-den-Württemberg.

    Laut dem Bauprogramm 2014seien für die Maßnahmen im Regie-rungsbezirk Tübingen insgesamt66,6 Millionen Euro vorgesehen, fürden Regierungsbezirk Stuttgart da-gegen bloß 10,8 Millionen Euro.Das Regierungspräsidium Karlsru-he erhalte 44 Millionen Euro zuge-wiesen, das RegierungspräsidiumFreiburg 35,6 Millionen Euro.

    Um Straßenbauprojekte desBundes zu planen und auszu-schreiben, brauche es freilich Fach-personal. Doch genau daran man-gelt es nach Ansicht von Dieter Die-ner, Geschäftsführer der Landes-vereinigung. Diener zufolge hatLandesverkehrsminister WinfriedHermann (Grüne) selbst vor weni-gen Monaten eingestanden, dass esin der Straßenbauverwaltung zuwenig Mitarbeiter gebe. Dies seiauch mit verantwortlich dafür, dass

    vom Bund bereitgestellte Investiti-onsmittel für den Bundesfernstra-ßenbau von bis zu 100 MillionenEuro im Jahr 2013 erstmals nichtabgerufen werden konnten, so Die-ner weiter. Daher stelle sich die Fra-ge, wie die Regierungspräsidiendieses Jahr das Ungleichgewichtbei der Mittelverteilung personellbewältigen wollten.

    „Uns ist nicht bekannt, dass sichdie Regierungspräsidien bei ihrenStraßenbauplanungen gegenseitig

    unterstützen oder mit Personalaushelfen würden“, so Diener.

    Als Konsequenz aus der Debatteum nicht abgerufene Bundesmittelwolle das Verkehrsministeriumnun nachjustieren. Zum einen gehedas Land in diesem Jahr für den Bauvon Bundesfernstraßen in Vorleis-tung: mit rund 100 Millionen Euro,die vom Bund am Jahresende wie-der ausgeglichen würden. Zum an-deren solle die Straßenbauverwal-tung 30 zusätzliche Stellen bekom-

    men. Beides begrüßt Diener, zwei-felt aber, ob das reicht. Er warnt:„Wenn das Ministerium eine Priori-sierung von Straßenbauprojektenvornimmt und damit keine gleich-mäßige Verteilung der Gelder mehrunter den Regierungspräsidien ge-währleistet ist, muss es auch dafürsorgen, dass die Straßenbauverwal-tung damit umgehen kann.“

    Folgerichtig wäre Dieners An-sicht nach „eine Umstrukturierungder Straßenbauverwaltung undeine Bündelung der Kompetenzenin ein Landesamt für Straßenwe-sen, so wie es vor der Verwaltungs-reform 2005 der Fall war.“ (sta)

    Baustelle an Autobahn, die erweitert wird: Für Bundesfernstraßen ist der Bundzuständig, die Verwaltung der Infrastruktur obliegt dagegen den Ländern. FOTO:DPA

    Land soll Kostenfür Berufsschüleranteilig tragenSTUTTGART. Kritik am Land we-gen steigender Ausbildungskostenfür Berufsschüler übt Handwerks-präsident Joachim Möhrle. DieLandesregierung schließe Berufs-schulklassen und fasse sie an über-regionalen Standorten zusam-men. Oft müssten Berufsschülerdarum im Internat wohnen, dieKosten trügen großenteils die Aus-zubildenden selbst oder deren El-tern. Teils springe – freiwillig – derAusbildungsbetrieb ein.

    Man könne nicht für einen at-traktiven Ausbildungsplatz wer-ben, wenn die Berufsschule weitentfernt und deren Besuch teuersei, so Möhrle: „Es ist eine landes-politische Aufgabe, förderlicheRahmenbedingungen zur Stär-kung der Ausbildungsbereitschaftzu schaffen.“ Eine auswärtigeÜbernachtung koste im Schnitt 36Euro. Der Internatskostenzu-schuss des Landes sei aber konti-nuierlich auf zuletzt noch sechsEuro gesenkt worden. Das sei „ lä-cherlich, gemessen an den tat-sächlichen Kosten, und eine nichtzu rechtfertigende Benachteili-gung der Berufsschüler gegenüberden Schülern aus allgemeinbil-denden Schulen“. Möhrles Vor-schlag: „Wir teilen uns die Kostenund das Land erhöht seinen Zu-schuss auf 18 Euro.“ (sta)

    Serie KommunaleUnternehmen, Teil 2

    Dienstleister

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  • Staatsanzeiger · Freitag, 29. August 2014 · Nr. 34 Wirtschaft 13

    Holzgaskraftwerk der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm: Kommunale Unternehmen wie dieses werden von Aufsichtsräten überwacht. FOTO: DPA

    aktuelle Rechtsprechung im jeweili-gen Geschäftsfeld.“

    Stefan Dallinger (CDU), vonHaus aus Jurist, hat vor seinemAmtsantritt als Landrat im Rhein-Neckar-Kreis einen betriebswirt-schaftlichen Fachkurs absolviert,um die betriebswirtschaftlichen Be-lange in seine Tätigkeit als Auf-sichtsratsvorsitzender einzubrin-gen. Wie wichtig Fachwissen ist, un-terstreicht Helmut Riegger (CDU),Landrat im Kreis Calw: „Ich nehmedas Thema Qualifikation sehr ernstaufgrund meiner hohen Verantwor-tung. Im Verwaltungsrat der Spar-kasse muss ich darüber hinaus dieQualifikation stets nachweisen“,sagt er. „Ich besuche regelmäßigFachveranstaltungen und Semina-re und lese Artikel und Aufsätze inFachzeitschriften.“

    Kommunen unterstützenAufsichtsräte bei Qualifizierung

    Dem Corporate Governance Kodexzufolge sollen Aufsichtsräte von derGesellschaft angemessen unter-stützt werden, um die entsprechen-de Qualifikation zu bekommen. InWaiblingen erhalten die Aufsichts-räte beispielsweise ein regelmäßi-ges Schulungsangebot seitens derStadt sowie durch externe Anbieter.„Dieses Angebot wird gern ange-nommen, gerade bei neu gewähltenAufsichtsräten“, berichtet Oberbür-germeister Andreas Hesky (FreieWähler).

    Der Landkreis Rhein-Neckarsorgt darüber hinaus dafür, dass zuden Workshops die Gesellschaftenumfassend vorgestellt werden, umdem Gremium die Unternehmenund deren Ziele näher vorzustellen,so Landrat Dallinger.

    Aufsichtsräte müssenqualifiziert werden

    Um kommunale Unternehmenzu überwachen und zu steuern,wird Kommunen empfohlen,von der gesetzlich eingeräum-ten Möglichkeit zur Bildung ei-nes Aufsichtsrats Gebrauch zumachen. Dabei werden Mitglie-der dieses Gremiums in der Re-gel aus der Mitte des Gemeinde-oder Kreisrats rekrutiert. Mitun-ter fachfremde Bürger nehmensomit eine anspruchsvolle Über-wachungsfunktion wahr.

    Von Doreen Ludwig

    STUTTGART. Der Aufsichtsrat derKliniken Heidenheim besteht unteranderem aus 14 Aufsichtsräten, dieallesamt Kreisräte sind. Sie nehmendie Funktion ihres Mandats ehren-amtlich wahr – neben ihrer tägli-chen Arbeit als Beamte, Handwer-ker und Unternehmer.

    „Diese ehrenamtlichen Auf-sichtsratsmitglieder haben keinebesondere Ausbildung im Sinne ei-nes gesellschaftsrechtlichen Auf-sichtsrats“, sagt Thomas Reinhardt(CDU), Landrat des Kreises Heiden-heim. „Sie vertreten das öffentlicheInteresse und sind keine Gewinn-maximierer, auch wenn so betriebs-wirtschaftliche Entscheidungenlänger dauern können“, sagt er.

    Der Deutsche Corporate Gover-nance Kodex (DCGK) enthält Emp-fehlungen und Anregungen zur gu-ten und verantwortungsvollen Un-ternehmensführung. Danach ist derAufsichtsrat so zusammenzuset-zen, dass seine Mitglieder „über diezur ordnungsgemäßen Wahrneh-

    mung der Aufgaben erforderlichenKenntnisse, Fähigkeiten und fachli-chen Erfahrungen verfügen“. Dasist wichtig, um der Kontroll-, Über-wachungs- und Beratungsfunktiongerecht zu werden.

    Mindestkenntnissebereits bei Amtsantritt

    Der Bundesgerichtshof hat bereits1982 (BGHZ 85, 293) dazu entschie-den, dass ein Aufsichtsratsmitgliedin der Lage sein muss, die allgemei-nen Aufgaben zu erfüllen, ohne da-bei auf ständige Beratung durch Ex-terne angewiesen zu sein. „Ein Auf-sichtsratsmitglied muss diejenigenMindestkenntnisse und -fähigkei-ten besitzen, die es braucht, um allenormalerweise anfallenden Ge-schäftsvorgänge auch ohne fremdeHilfe sachgerecht beurteilen zukönnen“, so die Richter.

    Allein schon aus haftungsrechtli-chen Gründen sollten Aufsichts-ratsmitglied bestimmte Mindest-kenntnisse bereits bei Amtsantrittbesitzen. Laut InnenministeriumMecklenburg-Vorpommern gehö-

    ren dazu insbesondere Kenntnisseüber die Aufgaben als Aufsichtsrat,über seine Rechte und Pflichten,aber auch Kenntnisse, die zur Be-wertung von Berichten des kommu-nalen Unternehmens notwendigsind. Etwa um einen Jahresab-schluss bewerten zu können. Dane-ben sind Kenntnisse erforderlich,um die Ordnungsmäßigkeit, Wirt-schaftlichkeit, Zweck- und Recht-mäßigkeit von Führungsentschei-dungen beurteilen zu können.

    Der Corporate Governance Ko-dex sieht vor, „dass die Aufsichts-ratsmitglieder, die für ihre Aufga-ben erforderlichen Aus- und Fort-bildungsmaßnahmen eigenverant-wortlich wahrnehmen“.

    Jürgen Zieger (SPD), Oberbürger-meister der Stadt Esslingen, erar-beitet sich seine Qualifikation viel-fach im Selbststudium, wie er sagt:„Durch eine ständige aktuelle Aus-einandersetzung mit den Themenund den Aufgaben- und Geschäfts-feldern des jeweiligen Unterneh-mens. Ferner durch eine ständigeInformation über aktuelle Tenden-zen, Chancen und Risiken sowie die

    Kriterien bei der Vergabe von Aufsichtsratsmandaten

    � Bringen die in Frage kommenden Per-sonen die erforderlichen Kenntnisse,Fähigkeiten sowie fachlichen Erfah-rungen mit und ergänzen diese dieFähigkeiten und Erfahrungen der üb-rigen Aufsichtsratsmitglieder?

    � Ist eine ausreichende zeitliche Verfüg-barkeit gewährleistet, sodass die Tä-tigkeit als Aufsichtsratsmitglied sorg-fältig und gewissenhaft ausgeübtwerden kann?

    � Ist bei der Auswahl der Personen auchauf Vielfalt geachtet worden, wurdenFrauen angemessen berücksichtigt?

    � Besteht die Gewähr, dass die vorgese-henen Personen oder die ihnen na-hestehenden Personen oder Unter-nehmen keine eigenen Interessenverfolgen, die im Widerspruch zu denInteressen der Gesellschaft stehen?

    Quelle: InnenministeriumMecklenburg-Vorpommern

    IG Bau fordert leichtere Anerkennungvon Asbestose als BerufskrankheitJährlich gibt es bis zu 1500 Todesfälle, verursacht durch den Umgang mit den mineralischen Naturfasern

    FRANKFURT/STUTTGART. Die In-dustriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) weist auf die nachwie vor bestehende Gefahr durchAsbest hin. Die Gewerkschaft for-dert in diesem Zusammenhang ge-ringere Hürden bei der Anerken-nung von Asbest-Krankheiten alsBerufskrankheiten.

    Obwohl die Verwendung von As-best und asbesthaltigen Erzeugnis-sen schon seit 1995 in Deutschlandverboten ist, gibt es wegen der lan-gen Latenzzeit jedes Jahr immernoch zwischen 1000 und 1500 To-desfälle, die auf den Umgang mitden Fasern zurückzuführen sind.

    Gefährdet sind und waren vor allemArbeitnehmer im Asbest-Bergbauund auf Baustellen, insbesonderebei Tätigkeiten an Dächern undFassaden sowie im Umgang mitFliesenkleber. Probleme ergebensich heute immer noch, wenn Ab-bruch- und Sanierungsarbeiten anmit Asbestzementprodukten kon-taminierten Bereichen durchge-führt werden.

    „Verlieren Arbeitnehmer da-durch ihre Gesundheit, haben sieaber nur geringe Chancen, dass diesals Berufskrankheit anerkanntwird“, kritisiert der stellvertretendeIG-Bau-Bundesvorsitzende Diet-

    mar Schäfers. Er hält es für „beschä-mend, dass nur jeder fünfte Antragvon der Berufsgenossenschaft derBauwirtschaft (BG Bau) angenom-men wird“. Die übrigen 80 Prozentmüssten sehen, wie sie klarkom-men. Schäfers fordert, den Nach-weis für die Erkrankung durch As-best leichter zu machen: Am bestensei eine Beweislastumkehr.

    Laut Bundesregierung erkanntedie Berufsgenossenschaft im Jahr2012 Asbestose 1850 mal an. DieZahl der Betroffenen schätzt Schä-fers deutlich höher. „Erkrankte soll-ten ihr Recht auf medizinische undfinanzielle Unterstützung durch die

    BG Bau ohne großen Aufwand oderwomöglich Rechtsstreit durchset-zen können.“

    Asbest wird zugeschrieben, Lun-gen-, Kehlkopf- oder Eierstockkrebssowie weitere Krankheiten zu verur-sachen. Es kann bis zu 40 Jahre dau-ern, bis Erkrankungen durch Asbestausbrechen. (leja)

    MEHR ZUM THEMADie Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin hat eine Übersicht derRegelungen zum Schutz der Arbeitnehmervor Asbest herausgebracht:www.baua.de

    Handwerk umwirbtStudienaussteigerStatt Hochschule besser eine berufliche Ausbildung

    STUTTGART. Um Studienabbre-chern betriebliche Ausbildungs-stellen zu vermitteln, will die Hand-werkskammer Region Stuttgart mitder Agentur für Arbeit Stuttgart ko-operieren. Interessieren sich Studi-enabbrecher für eine betrieblicheAusbildung, beraten die Fachleuteder Agentur für Arbeit direkt an denStuttgarter Hochschulen, wie es be-ruflich weitergehen kann. Dabeiwerden die vielfältigen Ausbil-dungsmöglichkeiten im Handwerk

    und die damit verbundenen Karrie-remöglichkeiten vorgestellt.

    Bei Interesse stellen dann die Be-rater der Handwerkskammer denKontakt zu den Ausbildungsbetrie-ben her, die freie Stellen anbieten.Dabei werden die Qualifikationengeprüft, die die Bewerber in derSchule und in ihrem begonnenenStudium erworben haben. Denn inder Regel kann die Ausbildungszeitdurch entsprechende Qualifikatio-nen verkürzt werden. (sta)

    Hälfte aller Ingenieurearbeitet in der ForschungBeruf ist überwiegend eine Männerdomäne

    STUTTGART. In Baden-Württem-berg arbeiten 153 300 Ingenieur-fachkräfte. Wie das StatistischeLandesamt mitteilt, waren 112 300davon oder knapp drei Viertel allerIngenieurfachkräfte in der Produk-tion und Fertigung einschließlichder technischen Forschung tätig.Deutlich mehr als im Bundes-durchschnitt (65 Prozent). Für denhöheren Anteil an Ingenieuren imLand machen die Statistiker diestarke Präsenz des verarbeitendenGewerbes besonders im Maschi-nen- und Fahrzeugbau sowie derElektrotechnik verantwortlich.

    Die übrigen 41 000 Ingenieur-fachkräfte verteilen sich auf mehre-re Tätigkeitsbereiche. Der BereichBau, Architektur, Vermessung undGebäudetechnik bildet mit 24 000

    Fachkräften dabei einen Schwer-punkt. Das Ingenieurwesen istnach wie vor eine Domäne derMänner. 20 800 Frauen waren 2013auf diesem Gebiet beschäftigt, diesentspricht einem Frauenanteil von14 Prozent. Bei den sozialversiche-rungspflichtig Beschäftigten ist derFrauenanteil mehr als drei Mal sohoch und lag zur Jahresmitte 2013bei 45 Prozent.

    Innerhalb der Ingenieurberufeist die Frauenquote sehr unter-schiedlich. Während im BereichMechatronik, Energie- und Elek-trotechnik mit knapp sieben Pro-zent ihr Anteil am geringsten war,war der Bereich Innenarchitekturmit einem Anteil von 74 Prozent dereinzige Bereich, der deutlich vonFrauen dominiert war. (sta)

    Bauwirtschaft mitKonjunkturdämpferVerband bleibt optimistisch

    BERLIN. Die Bauwirtschaft mussteim Sommer einen Dämpfer hin-nehmen. Wie der Hauptverbandder Deutschen Bauindustrie mit-teilt, sank der baugewerbliche Um-satz der Betriebe im Bauhauptge-werbe mit 20 und mehr Beschäftig-ten im Juni gegenüber dem ent-sprechenden Vorjahreswert umnominal 1,0 Prozent. Aufgrund derausgesprochen positiven Entwick-lung in den Vormonaten ergibt sichfür das erste Halbjahr aber immernoch ein Plus von 12,8 Prozent.

    Für die kommenden Monatebleibt der Verband optimistisch: Solagen die Neubaugenehmigungen

    für Wirtschaftsbauten im erstenHalbjahr um 8,3 Prozent über demNiveau des Vorjahreswerts. Beson-ders die Nachfrage nach Fabrik-und Werkstattgebäuden hat starkangezogen (um plus 28,0 Prozent).

    Einen Dämpfer hat der Woh-nungsbau hinnehmen müssen: So-wohl der Auftragseingang (minus11,4 Prozent) als auch der Umsatz(minus 0,9 Prozent) waren im Juninegativ. Die Zukunft sieht der Ver-band weiterhin positiv. Denn: Imersten Halbjahr diesen Jahres wur-den Baugenehmigungen für rund137 000 Wohnungen erteilt, 9,6 Pro-zent mehr als im Vorjahr. (sta)

    Serie KommunaleUnternehmen, Teil 3

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  • 12 Wirtschaft Staatsanzeiger · Freitag, 5. September 2014 · Nr. 35

    In ihrer Funktion als Aufsichtsrat können für Kommunalpolitiker auch persönliche Interessenkonflikte entstehen. FOTO: DPA

    nal abgestimmt“, sagt Oberbürger-meister Wolfgang Lützner (CDU).

    Für Gerhard Bauer (parteilos),Landrat im Kreis Schwäbisch-Hall,wirken die Aufsichtsratsmitglieder„an wesentlichen konkreten Ent-scheidungen mit und müssen dafürsorgen, dass die Geschäftsführungzweck- und rechtmäßig ausgeübtwird.“ Wichtig sei dabei eine ver-trauensvolle Kooperation mit derGeschäftsführung. So werden inzahlreichen Kommunen mit denAbteilungsleitern der Kreisbehördeund den Geschäftsführern der Ge-sellschaften monatliche Jours fixeseinberufen.

    Je angespannter die wirtschaftlicheLage desto mehr Berichte

    Die Empfehlung von Stefan Dallin-ger (CDU), Landrat des Rhein-Ne-ckar-Kreises, lautet unbedingteTransparenz, hohe Qualifikationbei den Schlüsselpersonen als Ent-scheidern und regelmäßige Schu-lungen bei neuen Aufsichtsratsmit-gliedern und Mitarbeitern.

    Rechtsprechung und Literaturbetonen, dass sich das Ausmaß derÜberwachungstätigkeit nach der Si-tuation der Gesellschaft richtet. Jeangespannter die wirtschaftlicheLage der Gesellschaft ist, desto um-fassender muss der Aufsichtsrat denVorstand kontrollieren. Oberbür-germeister Rentschler ergänzt: „DieHäufigkeit und Intensität der Kon-trolltätigkeit richtet sich nach derwirtschaftlichen Bedeutung der Ge-sellschaft und danach, ob die Stadtdirekt oder indirekt an dem Unter-nehmen beteiligt ist.“

    Aufsichtsräte müssenes vielen recht machen

    Aufsichtsräte in kommunalenUnternehmen müssen nicht al-lein eine Kontrollfunktionwahrnehmen. Sie müssenüberdies viele verschiedene In-teressen unter einen Hut brin-gen. So sind sie kommunalenGremien zur Information ver-pflichtet und müssen ihre Politikzugleich am Unternehmen, amBürger sowie an ihrer Kommuneausrichten.

    Von Doreen Ludwig

    STUTTGART. „Als Aufsichtsrats-vorsitzende trägt man immer auchden Hut als Kommunalverantwort-liche“, sagt Cornelia Petzold-Schick(parteilos), Oberbürgermeisterinvon Bruchsal. Entscheidungen inden Gesellschaften seien aus Grün-den der Daseinsvorsorge nicht im-mer wirtschaftlich ausgerichtet, sowie es bei einer privatrechtlichenGmbH der Fall sei. Für Petzold-Schick ist stets der Einzelfall abzu-wägen. „Einmal stehen die kommu-nalen, ein andermal mehr die be-triebswirtschaftlichen Belange imVordergrund“, erklärt sie.

    Nutzen am Bürger undam Gemeinwesen ausrichten

    Der Fokus ist am Nutzen für Bürgerund Gemeinwesen ausgerichtetund nicht daran, den Unterneh-menswert zu maximieren, sagt Thi-lo Rentschler (SPD), Oberbürger-meister von Aalen. Im Zuge ihrer

    Organfunktion können für die Auf-sichtsratsmitglieder dabei persönli-che Interessenkonflikte entstehen.Diese müssen sie im Vorfeld offen-legen. So will es das Aktiengesetz –der Corporate Governance Kodexunterstreicht diese Forderung.

    Helmut Riegger (CDU), Landratim Kreis Calw, erklärt, dass dieKreispolitik natürlich in die Unter-nehmen getragen werde. Umge-kehrt könne der Wunsch der Öffent-lichkeit nach Transparenz zu Kon-flikten bei Kommunalpolitikernführen. Das Kommunalrecht billigeder Öffentlichkeit ein gewisses Maßan Transparenz bezüglich der Ent-wicklung von kommunalen Unter-nehmen zu, sagt er.

    Aufsichtsräte fragen sich zuwei-len, welche Informationen sie dabeiüberhaupt weitergeben dürfen. Inden Fraktionssitzungen der Kreisrä-te etwa werden die Aufsichtsrats-mitglieder häufig um Informatio-nen zu kommunalen Unternehmengebeten. „Aufsichtsräte müssen da-für sensibilisiert werden, über wel-che Themen sie unterrichten dür-fen und wo das nicht geht“, sagtRiegger. Einen Hinweis gibt das Ak-tiengesetz (Paragraf 394 AktG). Da-

    nach dürfen Aufsichtsratsmitglie-der geheime Informationen nurweitergeben, soweit dies zur Erfül-lung ihrer Berichtspflicht dient (sie-he Kasten).

    Aufsichtsräte sind in die für dieUnternehmen wesentlichen Ent-scheidungen einzubinden. Oftmalssind dabei kurzfristige Entschei-dungen vonnöten und ein enga-gierter Einsatz ist gefragt, wie esOberbürgermeisterin Petzold-Schick erlebt: „Wenn man ein ge-sellschaftliches Unternehmenführt, dann bedarf es eines hohenEngagements und einer hohen per-sönlichen Leidensfähigkeit für denZeitaufwand. Mit normaler Zeittak-tung bewegt man nichts.“ In Bruch-sal sei es üblich, zusätzliche Auf-sichtsratssitzungen abzuhalten,berichtet Petzold-Schick.

    Um hier zu unterstützen, bietetetwa die Stabstelle Beteiligungsma-nagements der Stadt Böblingen ih-ren Aufsichtsräten ein qualitativesZeitmanagement an. „Die zeitin-tensive Vorbereitung der Aufsichts-ratssitzungen und -unterlagen wirdzwischen der Geschäftsführungund dem Beteiligungsmanagementim Vorfeld erarbeitet und mit mir fi-

    Südwestindustrie stelltweiter Personal einBetriebe können zudem ihre Umsätze leicht steigern

    STUTTGART. Der Personalaufbauin der Südwestindustrie hält trotzder spürbaren konjunkturellen Ab-schwächung an. Dem StatistischenLandesamt zufolge beschäftigtendie heimischen Industriebetriebeim Juli rund 1,1 Millionen Perso-nen. Dies waren 7200 Beschäftigtemehr als im entsprechenden Vor-jahresmonat (0,7 Prozent).

    Die Südwestindustrie erzielte imJuli einen Umsatz von nominal 27,1Milliarden Euro. Die Erlöse lagendamit um fast eine Milliarde Euro

    höher als im Juli des Vorjahres (3,7Prozent). Insgesamt realisierten dieheimischen Industriebetriebe inden ersten sieben Monaten des lau-fenden Jahres einen Umsatz von176 Milliarden Euro. Gegenüberdem entsprechenden Vorjahres-zeitraum bedeutet dies ein Um-satzplus von 6,2 Milliarden Euro(3,6 Prozent). Die Exportquote derSüdwestindustrie lag im ZeitraumJanuar bis Juli 2014 mit 55,7 Prozentdeutlich über dem vergleichbarenVorjahreswert (54,4 Prozent). (sta)

    Richter stoppenTaxi-Konkurrent UberIHK sieht fairen Wettbewerb nicht gegeben

    FRANKFURT/STUTTGART. DerTaxi-Konkurrent Uber vermitteltmittels einer App Privatpersonenals Fahrer. Für die Kunden kostendie Fahrten teils nur halb so viel wiemit dem Taxi. Jetzt hat das Landge-richt in Frankfurt eine einstweiligeVerfügung gegen den umstrittenenFahrdienst erlassen. Ohne eine offi-zielle Genehmigung nach dem Per-sonenbeförderungsgesetz dürfedas Unternehmen keine Fahrgästemehr über seine Apps „Uber“ und„UberPop“ befördern, ordnete dasGericht an.

    Uber kündigte allerdings an, sichder richterlichen Anordnung zu wi-dersetzen. „Uber wird seine Tätig-

    keit in ganz Deutschland fortfüh-ren“, teilte die Start-up-Firma mitund fügte hinzu: „Der Fortschrittlässt sich nicht ausbremsen.“

    Erst vor wenigen Tagen appel-lierte die Industrie- und Handels-kammer (IHK) Region Stuttgart andie Landeshauptstadt, sich „für ei-nen fairen Wettbewerb und für dieEinhaltung der strengen Sicher-heits- und Qualitätsanforderun-gen“ durch alle Anbieter einzuset-zen. „Die Fahrzeuge der Taxiunter-nehmen unterliegen strengen Kon-trollen. Wer ohne diese Erforder-nisse Personen befördert, habedeutliche Vorteile im Wettbewerb“,monierte die IHK. (leja)

    Taxifahrer wehren sich bundesweit gegen die neue Konkurrenz, bei der Kunden mitihrem Smartphone eine schnelle Mitfahrgelegenheit buchen können. FOTO: DPA

    Weniger LehrverträgeabgeschlossenIHK: 6000 Lehrstellen könnten unbesetzt bleiben

    STUTTGART. Diese Woche starten39 800 junge Menschen mit einemAusbildungsvertrag in der Taschebei einem baden-württembergi-schen Industrie-, Handels- oderDienstleistungsbetrieb ins Berufs-leben. Die Industrie- und Handels-kammern (IHKs) im Land verzeich-nen zum Ende August allerdingsrund 740 Lehrverträge weniger alsim August 2013 – ein Minus vonknapp zwei Prozent.

    Die Kammern registrieren damitdas dritte Jahr in Folge eine Abnah-me der Zahl der neu abgeschlosse-nen Ausbildungsverträge.

    Ursachen für diese Entwicklungsind nach Angaben der Kammernder demografische Wandel, wo-durch immer weniger Jugendlichejährlich die Schulen verlassen, so-wie der Trend zu höheren Schulab-schlüssen und Studium. Die IHKsrechnen damit, dass in Baden-Württemberg rund 6 000 Lehrstel-len in diesem Jahr unbesetzt blei-ben könnten.

    „Fehlende Auszubildende vonheute sind fehlende Fachkräfte vonmorgen“, warnt Andreas Richter,der Hauptgeschäftsführer der IHKRegion Stuttgart. (leja)

    Der Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger kappterneut Prognosen – dritte GewinnwarnungBilfinger sieht schwieriges wirtschaftliches Umfeld im Energiemarkt und im europäischen Öl- und Gassektor

    MANNHEIM. Der Bau- und Dienst-leistungskonzern Bilfinger mussknapp einen Monat nach der zwei-ten Gewinnwarnung innerhalb kur-zer Zeit seine Gewinnerwartungenerneut zurücknehmen. Nach demim August erfolgten Rücktritt vonVorstandschef Roland Koch hat derneue Vorstand des Konzerns die ak-tuelle Geschäftslage in den einzel-nen Divisionen noch einmal analy-siert sowie die jeweiligen Chancenund Risiken bewertet.

    Wegen der anhaltenden großenProbleme im Geschäft mit Ener-gieunternehmen und dem Umbauder Industriesparte wird der Ge-winn im laufenden Jahr noch stär-ker fallen als Anfang August ange-

    kündigt. Der um Sondereffekte be-reinigte Gewinn werde 2014 um biszu 37 Prozent auf mindestens 160Millionen Euro fallen, teilte das imMDax notierte Unternehmen amMittwoch in Mannheim mit. DieLeistung des Konzerns wird sich imlaufenden Geschäftsjahr im Rah-men der bisherigen Prognose von7,7 Milliarden Euro bewegen.

    Anfang August hatte Bilfinger diePrognose für den bereinigten Über-schuss um 25 Millionen Euro auf205 bis 220 Millionen Euro gesenkt.Etwas mehr als einen Monat zuvorwaren die Ziele schon einmal zu-sammengestrichen worden. Die ak-tuelle Gewinnwarnung ist damit diedritte innerhalb von 66 Tagen.

    Der frühere hessische Minister-präsident Koch, der seit 2011 Vor-standsvorsitzender des Konzernswar, hatte nach zwei Gewinnwar-nungen innerhalb kurzer Zeit dasVertrauen des Aufsichtsrats verlo-ren. Kochs Nachfolger ist der lang-jährige frühere Konzernchef Her-bert Bodner, dessen Vertrag bisEnde Mai 2015 läuft.

    Bilfinger trifft derzeit nach eige-nen Angaben auf ein schwierigeswirtschaftliches Umfeld im Ener-giemarkt und im europäischen Öl-und Gassektor. Insbesondere dasGeschäftsfeld Power leidet unterden Folgen der Energiewende inDeutschland, die bei den Energie-versorgern zu einer erheblichen In-

    vestitionszurückhaltung führt. Dienegativen Auswirkungen auf das In-vestitionsverhalten in anderen Län-dern Europas waren in ihrer Di-mension nicht absehbar, so derKonzern. So verhindert etwa kos-tenloser deutscher WindstromKraftwerksneubauten in Polen.

    Das Geschäftsfeld Industrialspürt dem Konzern zufolge dieSparmaßnahmen seiner europäi-schen Kunden in der Wartung undInstandhaltung von Öl- und Gasan-lagen, ausgelöst durch die sinken-den Gaspreise in den USA. Fehlendedeutsche Kraftwerksprojekte füh-ren dazu, dass Gerüstbauer undweitere Gewerke auf andere Märkteausweichen. (leja)

    Berichte der Aufsichtsratsmitglieder

    Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veran-lassung einer Gebietskörperschaft in denAufsichtsrat gewählt oder entsandt wor-den sind, unterliegen hinsichtlich derBerichte, die sie der Gebietskörperschaftzu erstatten haben, keiner Verschwie-genheitspflicht. Das sieht das Aktien-

    recht vor (Paragraf 394). Für vertraulicheAngaben und Geheimnisse der Gesell-schaft – dazu gehören etwa Betriebs-oder Geschäftsgeheimnisse –, gilt diesnicht. Außer die Kenntnis darüber ist fürdie Berichterstattung etwa vor dem Ge-meinderat von Bedeutung.

    Serie KommunaleUnternehmen, Teil 4

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