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1 Laborübungen aus Physikalischer Chemie Karl-Franzens-Universität Graz Karl-Franzens Universität Graz Kalorimetrie

Kalorimetrieahgroup.at/user_files/PC-LAK/LU/PCLU_Kalorimetrie.pdf · 2019. 3. 9. · 6 Probennummer 7 Bombennummer 8 Messzellennummer 9 Leitfähigkeit des Elektrolyten 10 relative

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    Laborübungen aus Physikalischer Chemie Karl-Franzens-Universität Graz

    Karl-Franzens Universität Graz

    Kalorimetrie

  • 2

    Thermodynamik: Kalorimetrie Ziel des Experimentes In diesem Experiment wird die Verbrennungsenenergie verschiedener organischer Substanzen in einem anisotropen Bombenkalorimeter (IKA C4000) bestimmt.

    • Zunächst wird das IKA C4000 dazu mit Benzoesäure kalibriert; • damit wird dann die molare und spezifische Verbrennungsenthalpie einer

    bekannten Substanz (Saccharose) bestimmt und die Ergebnisse mit Literaturwerten verglichen;

    • anschliessend wird die spezifische Verbrennungsenthalpie einer unbekannten organischen Kohlenstoffverbindung bestimmt.

    • In einem Laborbuch sind die technischen Informationen zur Durchführung des Experimentes sowie die Messdaten zu dokumentieren.

    • Im Arbeitsbericht sind Hintergrund des Experimentes, Messdaten und erzielte Ergebnisse numerisch und graphisch darzustellen und zu besprechen.

    • Alle Ergebnisse sind mit Genauigkeiten darzustellen und dazu die Vorgangsweise, wie diese Genauigkeiten berechnet wurden, zu beschreiben.

    Literatur • Peter W. Atkins, Julio De Paula, Physikalische Chemie; Wiley-VCH Verlag GmbH & Co.

    KGaA; 5. Auflage; Weinheim, Germany, 2013 Hintergrund Formal wird im Konzept der Thermodynamik zwischen abgeschlossene oder isolierte Systemen (weder Stoff noch Energieaustausch mit der Umgebung), geschlossenen Systemen (Energieaustausch; Wärme, Arbeit) und offenen Systemen (sowohl Stoff- als auch Energieaustausch mit der Umgebung) unterschieden. Für geschlossene und offene Systeme wird schliesslich unterschieden, wie der Austausch stattfindet:

    • Systeme, die Stoffe und Arbeit, aber keine Wärme austauschen, werden als adiabatische (wärmedichte) Systeme bezeichnet;

    • arbeitsdichte oder rigide Systeme tauschen keine (ausser Schubarbeit in stationären Fließprozessen) Arbeit mit der Umgebung aus;

    • diatherme Systeme tauschen nur Wärme mit der Systemumgebung aus.

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    Das Konzept der Thermodynamik ermöglicht mit seinen Hauptsätzen und daraus abgeleiteten Zustandsgleichungen sowie der Einbeziehung von Gleichgewichtsbedingungen Aussagen darüber, welche chemischen Reaktionen oder Phasenübergänge spontan ablaufen, welche nicht und wie gross dabei beteiligte Zustandsgrössen sind. Konkret können frei werdende Wärmeenergie und Änderungen von Druck, Temperatur oder Volumen für technische Systeme (chemische Prozesse, Wärmekraftmaschinen) berechnet werden.

    Wenn ein System seinen Zustand von einer Ausgangssituation (A) in einen Endzustand (B)

    verändert, kann dies nach Gl.1, unabhängig davon, ob es sich dabei um eine reine T-Änderung,

    einen Phasenübergang oder eine chemische Reaktion handelt, mit dem ersten Hauptsatz der

    Thermodynamik und dabei mit der Zustandsgrösse Innere Energie (U) und den Prozessgrössen

    Wärme (Q) und Arbeit (W) beschrieben werden

    dU Q Wδ δ= + Gl. 1

    Zustandsgleichungen beschreiben den funktionalen Zusammenhang zwischen Zustandsgrößen

    eines thermodynamischen Systems, mit einer der Zustandsgrößen als Zustandsfunktion und den

    anderen, von ihr abhängigen Zustandsgrößen, als Zustandsvariablen. Die Gesamtheit aller

    Zustandsgleichungen eines Systems beschreibt das thermodynamische Potenzial dieses Systems.

    Temperaturänderungen bei chemischen Reaktionen sind mit dem Energieunterschied zwischen

    Ausgangs- und Endzustand dieser Reaktion verknüpft. Aus der Messung solcher

    Temperaturänderungen sind einige Kenndaten dieser Reaktionen unmittelbar zugänglich –

    beispielsweise, ob die Reaktion endotherm oder exotherm ist, oder, wie groß die umgesetzte

    Wärmemenge ist - andere können daraus berechnet werden. Dazu wird beispielsweise nach Gl.2a

    die Enthalpie (H) als Zustandsgrösse, zusammengesetzt aus den Beiträgen Innere Energie (U),

    Druck (p) und Volumen (V) des Systems formuliert.

    H U + pV≡ Gl. 2a

    Mit der Annahme, dass sich die bei einer Reaktion gebildeten Gase (in erster Näherung) ideal

    verhalten, wird daraus der Zusammenhang nach Gl.2b.

    H U + n RT≡ Gl. 2b

    In realen Prozessen erfolgt der Wärmeumsatz einer chemischen Reaktion üblicherweise bei

    konstantem Druck (isobar), Untersuchungen des Energieinhaltes werden aber zumeist bei

    konstantem Volumen (isochor) durchgeführt. Dazu wird die chemische Reaktion (z.B. Oxidation) in

    einem geschlossenen und stabilen Behälter (kalorimetrische Bombe) und, um die quantitative

    Umsetzung sicherzustellen, im Überschuss des Reagens (O2) durchgeführt. Dabei wird aufgrund

    des stabilen Reaktionsgefässes keine Volumsarbeit geleistet und die in das umgebende

    Wasserbad abgeleitete Reaktionswärme (QV) ist nach Gl.3 über die isochore Wärmekapazität (CV)

  • 4

    und der Temperaturänderung des umgebenden Wasserbades (∆T ) mit der Änderung der Inneren

    Energie der Reaktion ( V∆U ) verknüpft.

    V V v∆U = Q = C ∆T Gl. 3

    Die Wärmekapazität des Systems (Ccal) ist der Proportionalitätsfaktor, mit dem die (übertragene)

    Wärmemenge aufgrund einer chemischen Reaktion in einem Reaktionsgefäss mit der daraus

    resultierenden Temperaturänderung des umgebenden Systems (Wasserbad) errechnet werden

    kann.

    caldQ = C dT Gl. 4

    Dabei gilt für isochore Prozesse nach Gl.5a:

    [ ]cal VU

    C = C = J/KT V

    ∂ ∂

    Gl. 5a

    Für isobare Prozesse (dp=0) gilt nach Gl.5b, dass Arbeit nur als Volumenarbeit δW= –p dV

    auftreten kann und eine allenfalls ausgetauschte Wärmemenge der Änderung der Enthalpie

    (dHp=δQ) entspricht.

    [ ]cal p HC = C = J/KT p∂ ∂

    Gl. 5b

    Die Wärmekapazität (Ccal), eine extensive Grösse, wird, um Vergleichbarkeit herzustellen,

    üblicherweise in eine intensive Grösse, entweder die spezifische Wärmekapazität (Ccal / Masse →

    [J K-1 g-1]) oder die molare Wärmekapazität (Ccal / mol → [J K-1 mol-1]), umgewandelt.

    Bestimmung der Verbrennungsenergie mit einem anisothermen Kalorimeter

    Für die Bestimmung der Verbrennungsenergie chemischer Verbindungen wird oft eine Anordnung

    wie Abb.1a und 1b. skizziert, gewählt, bei der sich ein Reaktionsgefäss mit konstantem Volumen in

    ständigem Wärmeaustausch mit einem umgebenden Wasserbad befindet. Nach vorhergehender

    Kalibrierung des Systems (Bestimmung der Wärmekapazität) kann aus der Temperaturänderung

    dieses Wasserbades im Zuge des Verlaufes einer (Verbrennungs)Reaktion im Reaktionsgefäss

    auf den Energieinhalt der Umsetzung und der dabei involvierten Edukte und Produkte geschlossen

    werden.

  • 5

    Kalorimeter IKA C4000

    1 Netzschalter

    2 Zündtaste

    3 - LED gelb: Zündung läuft / erfolgt

    4 - LED rot: Störung / Fehler

    5 - LED grün : Messung aktiv / beendet

    6 Probennummer

    7 Bombennummer

    8 Messzellennummer

    9 Leitfähigkeit des Elektrolyten

    10 relative Temperaturanzeige

    11 T-Sensor 1 (Mess-Sensor)

    12 T-Sensor 2

    13 T-Sensor 3

    14 Zündkontakte

    15 Innenkesselrührer

    16 Einfüllöffnung für den Elektrolyt

    17 Aussenmantel

    18 Frontplattenverschluss

    Abb.1a Kalorimeter IKA C4000

    Kalorimetrische Bombe

    1 Sechskantmutter

    2 Sprengring

    3 O-Ring

    4 Flachdichtung

    5 Dichtungsring

    6 Klemmnippel

    7 Gummifeder

    8 O-Ring

    9 Lagerbuchse

    10 Unterteil-Aufschluss/Reaktionsgefäss

    11 Deckel - Aufschluss/Reaktionsgefäss

    12 Überwurfmutter

    13 Auslassventil

    14 Druckring

    15 Elektrode

    16 Schalenträger

    Abb.1b Kalorimetrische Bombe: Reaktionsgefäss für das Kalorimeter IKA C4000

  • 6

    Für die Berechnung der Energieinhalte der Reaktion ist die Temperaturänderung (∆T ) im

    umgebenden Wasserbad des Kalorimeters folgendermassen festzustellen:

    • der Drift der Vorlaufphase wird linear (in Richtung Reaktionsphase) extrapoliert • der Drift der Nachlaufphase wird linear (in Richtung Reaktionsphase) extrapoliert • bei ca. 60% der Gesamt-T-Änderung wird ∆T und die Temperatur (Td) für die Berechnung

    der Enthalpiewerte aus dem Abstand der beiden Extrapolationen ausgelesen.

    Vorlaufphase:

    Permanenter Wärmeaustausch

    des Reaktionsgefässes mit dem

    Wasserbad bewirkt einen

    geringfügigen, in Zeiträumen von

    Minuten in erster Näherung

    linearen Temerpaturdrift im

    Wasserbad

    Reaktionsphase:

    Temerperaturänderung im

    Wasserbad aufgrund von

    Wärmetransfer aus dem

    Reaktionsgefäss

    Nachlaufphase:

    T-Stabilisierung + Nachlauf-T-

    Drift, ähnlich wie in der

    Vorlaufphase

    Abb.2 Temperaturverlauf des umgebenden Wasserbades aufgrund der übertragenen

    Reaktionswärme einer chemischen Reaktion in einer anisothermen kalorimetrischen Bombe

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    Aufgaben 1. Kalibrieren des Kalorimeters Für die korrekte Umrechnung festgestellter ∆T -Werte zu Verbrennungsenergie bzw. Verbrennungsenthalpiewerten untersuchter Substanzen muss nach Gl.7 der Beitrag der Wärmekapazität der Experimentalanordnung in der kalorimetrischen Bombe (Ccal) mit der Verbrennungsenthalpie eines Standardmaterials, z.B. Benzoesäure (Hst [J/g]), Masse des Standards (mSt [g]) und Verbrennungsenthalpie des Zündfadens (ewire [J]) berücksichtigt werden.

    st st wirecal

    H m + eC =

    ∆T

    Gl. 7

    Die Ermittlung der Wärmekapazität des verwendeten Kalorimeters Ccal wird mit einer Substanz bekannter Verbrennungsenergie durchgeführt:

    Benzoesäure: ∆U = –3226 kJ mol-1 bzw. -2.657 kJ g-1 molare Masse / Molekulargewicht: 122.1 g/mol

    Verbrennungsenergie des Zündfadens (ewire): spez.Verbrennungsenergie . Masse …. J g-1

    zu dokumentieren bzw. festzustellen:

    • stöchiometrische Reaktionsgleichung der vollständigen Oxidation von Benzoesäure

    Cx Hy Oz (s) + n O2 (g) x CO2 (g) + y/2 H2O (g) + Energie

    • Wärmekapazität ( calC ± StD) des Systems: Mittelwert +/- Standardabweichung aus 5 Bestimmungen

    2. Bestimmung der Verbrennungsenthalpie einer bekannten Verbindung: Saccharose Zu dokumentieren bzw. festzustellen:

    • Reaktionsgleichung der vollständigen Oxidation von Saccharose (Molmasse: 342 g/mol) • Spezifische & molare Verbrennungsenenthalpie (Mittelwert +/- Standardabweichung aus 5

    Bestimmungen)

    dH = U n R T∆ ∆ + ∆ Gl.8

    • Vergleich mit Literaturwert: molare & spezifische Verbrennungsenthalpie (-5640 kJ/mol bzw. -34.8 kJ/g) von Saccharose

    3. Bestimmung der Verbrennungsenthalpie einer unbekannten organischen Verbindung Zu dokumentieren bzw. festzustellen:

    • Spezifische Verbrennungsenthalpie (Mittelwert +/- Standardabweichung aus 5 Bestimmungen)

    4. Laborbuch: Dokumentation der technischen Aspekte des Experimentes + Messdaten 5. Arbeitsbericht

    Laborbuch.xls + Arbeitsbericht.doc an: [email protected]