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Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 26
2.3. Stoffwechselaktivitäten
2.3.1. Übersicht: Metabolische Aktivitäten und C-Kreislauf
2.3.2. Atmungsprozesse
2.3.3. Gärungen
2.3.4. Stickstoff-Kreislauf
2.3.5. Schwefel-Kreislauf
2.3.1. Übersicht: Metabolische Aktivitäten und C-Kreislauf
a) Vielfalt der biochemischen Leistungen – Übersicht
Zweck des Metabolismus:
Frit
sch
e 1
99
9
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 27
Skizze Metabolismus
b) Kohlenstoffkreislauf – Übersicht
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 28
2.3.2. Atmungsprozesse
Sauerstoff wird als "Abfallprodukt" der oxygenen Photosynthese gebildet. Da O2 ein starkes
Oxidationsmittel ist, kann durch Oxidation organischer Stoffe viel Energie freigesetzt werden.
Aber die Zellen müssen sich selber auch vor der starken oxidativen Wirkung schützen können
(O2 als Zellgift).
a) Aerobe Atmung
Selbststudium: Repetition des Stoffwechsels, inkl. Bau der Mitochondrien (1. Jahr).
Hauptphasen der Atmungsprozesse (Fritsche, 1999):
1a.
G
lyco
lyse
(vgl.
1. S
emes
ter)
1b.
Entn
er-D
oudoro
ff-W
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1c.
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2.
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(vgl.
1. S
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3.
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1. S
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4.
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(vgl.
1. S
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ter)
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 29
Alternativen zur Glykolyse:
1b) Entner-Doudoroff-Weg
Viele Pseudomonaden und andere aerobe Gram negative Bakterien bauen Glucose so ab.
Fazit:
Frit
sch
e 1
99
9
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 30
1c) Pentosephosphat-Zyklus
Pflanzen, Tiere und Prokaryoten besitzen den Pentosephosphat-Zyklus. Die primäre Bedeutung
liegt in der Bildung von Ribosen für die Nukleinsäuren und von NADPH für Synthesen.
Beim Abbau von Hemizellulose (Bestandteil von Holz) fallen viele Pentosen an, welche dann in
diesen Zyklus eingeschleust und komplett abgebaut werden.
Der oxidative Pentosephosphat-Zyklus ist in vielem die Umkehr des Calvinzyklus (Dunkel-
reaktion bei der Photosynthese = reduktiver Pentosephosphat-Zyklus).
b) Unvollständige Oxidation
Essigsäurebakterien sind aerobe, Gram negative, bewegliche und säuretolerante Stäbchen. Viele
können Kohlenhydrate inklusive Alkohole nicht komplett zu CO2 abbauen bzw. oxidieren, son-
dern nur bis zu Essigsäure.
Grund: Bestimmten Essigsäurebakterien fehlen bestimmte Enzyme des Citratzyklus und des-
halb kann Pyruvat nicht im Citratzyklus abgebaut werden.
2 Hauptgattungen:
- Gluconobacter: polar begeisselt, unvollständiger Citratzyklus = Unteroxidierer,
- Acetobacter: peritrich begeisselt, Acetat wird weiter zu CO2 abgebaut = Überoxidierer.
Frit
sch
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9
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 31
Bildung von Acetat:
Biotechnologische Anwendungen:
Produktion diverser Säuren etc.
Auch höhere Alkohole und Zucker werden teilweise nur unvollständig oxidiert, z.B.:
- Glucose zu Gluconsäure (→ Lebensmittelindustrie, E 574 z.B. als Säuerungsmittel)
- Sorbit zu L-Sorbose (→ Lebensmittelindustrie, siehe Produktion von Ascorbinsäure)
- Glycerin zu Dihydroxyaceton (→ Kosmetik und Chemiegrundstoff)
- etc.
Produktion bakterieller Zellulose
Einige Essigsäurebakterien produzieren Zellulose. Im Gegensatz zu den Pflanzen ist die bak-
terielle Zellulose rein, d.h. ohne weitere Polymere wie Pektine, Lignin und Hemizellulose.
Mit diesen Fasern bilden sie eine Oberflächenhaut (Kahmhaut), z.B. Bestandteil der Essigmutter.
Verwendungszwecke:
- Papierzusatz,
- Zusatz in Textilien,
- Bestandteil von Nahrungsmitteln, z.B.:
- Nata de Coco = Dessert aus den Philippinen (Gelartige, fast farblose Masse aus fermen-
tierter Kokosmilch (Acetobacter xylinum) mit einem hohen Faseranteil)
- Binde- oder Dickungsmittel,
- Fasern für Functional Food
- Lautsprechermembranen,
- Medizinische Produkte wie Wundverbände oder Hautersatz
Abb. 1: Biosynthese von Bakteriencellulosefäden durch Prokaryotenzellen (Foto: Dr. L. Einfeldt, Universität Jena)
Abb. 2: Einsatz als Verbandsmaterial zur Heilung von Wunden am Pferd
Quelle: http://www.fzmb.de/forschung/forschungsprojekte/bakterienzellulose.shtml
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 32
Produktion von Essig
(aus: Grundlagen und Praxis der Biotechnologie, 1991)
Statische Oberflächenkultur
Dieses Prinzip wurde erstmals im größeren Maßstab bei der
Essigherstellung nach dem Orleans-Verfahren (15. Jahrh.)
angewandt. Wein wurde in flachen Bottichen (50-200 L, 1-
1,5 m2 der Luft ausgesetzt, wobei sich auf der Oberfläche
eine Bakterienhaut «Essigmutter») bildete. Um ein Absinken
der Haut zu verhindern, unterstützte man sie mit Holzrosten;
zur besseren Durchlüftung dienten Bohrungen in der Wand
dicht über der Flüssigkeits-Oberfläche.
Festbett-Reaktoren
Eine erhebliche Beschleunigung der Essiggewinnung brachte ein Verfahren, das im 19. Jahr-
hundert als «Schnellessigverfahren» und später in technisch verbesserter Form als «Generator-
verfahren» Verbreitung fand.
Anstelle der aufschwimmenden Bakterienhaut besiedeln die Essigsäurebakterien ein Träger-
material, bevorzugt Buchenholzspäne, die in dem Generator genannten Bioreaktor locker ge-
schichtet ist. Die Substrat-Lösung, Wein oder Alkohol, rieselt über die Träger mit der Bak-
terienschicht, während Luft von unten durch den Generator strömt. Die Lösung wird so oft
umgepumpt, bis der Alkohol vollständig oxidiert ist. Mit relativ geringem technischem Aufwand
(Umpumpen, Verteilen der Lösung) wird so eine gegenüber dem Orleans-Verfahren vielfach
verbesserte Leistung erzielt.
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 33
Produktion von Ascorbinsäure
(aus: Grundlagen und Praxis der Biotechnologie, 1991)
Prinzip
Unteroxidierende Essigsäurebakterien wie Gluconobacter suboxydans oxidieren diverse höheren
Alkohole und Zucker nur unvollständig (z.B. Glucose zu Gluconsäure). Diese Eigenschaft wird
ebenfalls bei der industriellen Produktion von Ascorbinsäure oder Vitamin C eingesetzt.
Synthese von L-Ascorbinsäure (nach Reichstein)
Zuerst wird Glucose chemisch zu Sorbit reduziert, welches dann mit Hilfe der Prokaryoten
stereospezifisch zu L-Sorbose oxidiert wird (= biologische Stoffumwandlung oder Biotrans-
formation), welches dann in weiteren Schritten chemisch zu L-Ascorbinsäure umgewandelt wird.
Weltjahresproduktion von Ascorbinsäure: über 50'000 t (v.a. für Antioxidantien).
Heute werden auch andere mehrstufige mikrobielle Verfahren zur Ascorbinsynthese evaluiert.
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 34
c) Anaerobe Atmung
(Zusammenstellung modifiziert nach Fritsche 1999)
d) Zusammenfassung: Atmung
Atmung = Oxidation eines energiereichen Substrates mit gekoppelter Reduktion eines externen
Elektronenakzeptors (Verwendung eines internen Elektronenakzeptors = Gärung).
Elektronen-Akzeptoren:
- O2 = aerobe Atmung → alle Eukaryoten und viele Prokaryoten
- NO3-, NO2
-, SO4
-2, CO2, etc. = anaerobe Atmung → bestimmte Prokaryoten
Kohlenhydrate CO2
O2 H2O
Atmung
Kohlenhydrate CO2
NO3- N2, N2O
Nitrat-Atmung
Fettsäuren, H2 Acetat, CO2
SO4-2
H2S
Sulfat-Atmung
Organika, H2
H2O
CO2 Acetat
Carbonat-Atmung
Homoacetat-Gärung
Acetat, H2
H2O
CO2 CH4
Carbonat-Atmung
Methanogenese
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Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 35
2.3.3. Gärung
a) Prinzip und Übersicht
Prinzip der Gärung:
Der Abbau von Kohlenhydraten erfolgt bei allen Organismen oxidativ, d.h. es braucht ein
Oxidationsmittel, welche die frei werdenden Protonen und Elektronen aufnimmt.
Übersicht:
(Abb. aus Schön, Bakterien, 1999)
Anmerkungen: Mit [H] ist in der Regel NADH gemeint. Als Endprodukte sind z.T. die Salze angegeben (wie sie im
neutralen Medium vorliegen) und nicht die entsprechenden Säuren, nach denen die Gärungen bezeichnet werden.
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 36
b) Ethanol-Gärung
Wirtschaftlich bedeutendste Gärung.
Wer: Mehrheitlich Saccharomyces cervisiae (Hefe = Pilz) und Zymomonas mobilis (anaerob).
Stoffwechsel der Hefe:
Die Hefe kann sowohl aerob als auch anaerob wachsen, d.h. sie ist fakultativ anaerob.
Aerob:
Anaerob:
Beispiel: Bierbrauen
1. Schritt: Das Malz wird zur Maische
In grossen Malzsilos wird das benötigte Gerstenmalz aufbe-
wahrt. Zu Beginn des Brauvorgangs wird das Malz dann in
der Schrotmühle gemahlen und anschliessend im Maisch-
bottich mit Quellwasser zur so genannten Maische ver-
mischt.
Nach dem Maischen wird die Maische in der Maischpfanne
erhitzt. Dabei wandeln die in den Malzkörnern enthaltenen
Enzyme die wasserunlösliche Stärke des Getreides in lös-
lichen Malzzucker um.
2. Schritt: Von der Maische zur Würze
Die gesamte Maische wird mit einer Temperatur von 75 bis
78 Grad in den Läuterbottich gepumpt. Die festen Be-
standteile der Maische werden hier von den flüssigen Be-
standteilen getrennt. Die aus dem Läuterbottich abflies-
sende Würze mit ihren wertvollen Inhaltsstoffen gelangt
nun in die Würzepfanne.
Hier wird die Würze etwa 90 Minuten gekocht. Während
des Siedens wird der Hopfen zur Würze hinzu gegeben.
3. Schritt: Aus der Würze entsteht das Jungbier
Nach dem Kochen in der Sudpfanne werden im "Whirlpool" noch weitere
feste Bestandteile entfernt. Bevor nun die Hefe hinzukommt und die
Gärung beginnen kann, muss die Würze im Würzekühler heruntergekühlt
werden. Im Gärtank wandelt die Hefe den in der Würze gelösten
Malzzucker in Kohlensäure und Alkohol um. Bei untergäriger Hefe ge-
schieht das bei Temperaturen zwischen 14 und 15°C. Nachdem die Hefe
ihre Arbeit verrichtet hat wird sie abgezogen und das Jungbier ist fertig.
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 37
4. Schritt: Das Jungbier erlangt seine Reife
In den Lagertanks der Brauerei gärt das
Jungbier mehrere Wochen bis zu seiner vollen
Reife nach. Während der Lagerruhe reichert es
sich auf natürliche Weise mit Kohlensäure an
und reift bis zu seiner geschmacklichen
Vollendung aus. Im Filterkeller entfernt der
Brauer die restlichen Hefen.
5. Schritt: Das Pils macht sich auf den Weg
zum Verbraucher
Vor dem Abfüllen werden alle Fässer und
Flaschen in grossen Spülmaschinen gründlich
gereinigt und von elektronischen Inspek-
tionsmaschinen einzeln überprüft.
gekürzt aus: http://www.krombacher.de
c) Milchsäure-Gärung
Milchsäure ist in der Natur ein weit verbreitetes Gärungsprodukt: Bildung durch Pro- und
Eukaryoten, auch Mensch (Schleimhäute, Muskulatur, Mund und Verdauung).
Biotechnologische Anwendungen:
Produktion diverser Lebensmittel wie:
Landwirtschaft:
Milchsäuregärung als Konservierungsverfahren, konservierende Effekte:
Es gibt 2 Arten der Milchsäure-Gärung; nämlich homo- und die heterofermentativ.
Homofermentative Milchsäuregärung:
Die meisten Lactobacillen wie
Lactobacillus lactis, L. bulgaricus
sind Gärer, weil ihnen bestimmte
Enzyme der Atmungskette fehlen.
Viele leben anaerob und können
O2-tolerieren.
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 38
Heterofermentative Milchsäuregärung:
Den Heterofermentativen fehlt ein
Enzym der Glycolyse, deshalb
wird Glucose über den Pen-
tosephosphat-Zyklus (2.3.2.) ab-
gebaut.
Lactobacillus kefir (im Kefir zu-
sammen mit Hefen), diverse
Leuconostoc-Arten (einige bilden
auch andere Verbindungen wie
Diacetyl (Butteraroma)).
Netto: 1 mol Glucose = 1 mol Lactat + 1mol EtOH + 1 mol CO2 + 1 mol ATP
Pathogene Milchsäuregärer:
Einige Streptococcen sind ebenfalls Krankheitserreger, wie Streptococcus pyogenes (Halsent-
zündung, Scharlach etc.) oder S. pneumoniae (Lungenentzündung) oder andere sind an der Ka-
riesbildung beteiligt (S. mutans).
d) Propionsäure-Gärung
Welches berühmte Produkt wird mit Hilfe von Propionsäurebakterien hergestellt?
Eigentliches Habitat dieser Organis-
men: Magen und Darm von Wieder-
käuern; bestimmte Propionibakte-
rien gehören auch zur normalen
Hautflora.
Vergärung von Glucose oder Lac-
tose zu Propionat, Acetat und CO2:
Pathogene Propionsäuregärer:
5 Arten, darunter auch Propionibacterium acnes, welches ebenfalls zur normalen Hautflora ge-
hört. Es bevorzugt feuchtes und sauerstoffarmes Mikroklima (bis 1 Mio. pro cm2).
Biotechnologische Anwendungen:
Starterkulturen für Käseproduktion,
Produktion von Folsäure, Cobalamin (Vorstufe zu Vitamin B12),
Propionibakterien als Schutzkulturen (unterdrücken Wachstum anderer unerwünschter Bak-
terien in Sauermilchprodukten, z.B. auch in Fruchtjoghurt).
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 39
e) Gemischte Säure-Gärung
Enterobakterien (Darmbakterien) sind gram negative, fakultativ anaerobe Stäbchen, welche Glu-
cose zu unterschiedlichen Gärungsprodukten abbauen.
Anhand des Gärungsmusters können 2 grosse Gruppen unterschieden werden:
- Gemischte Säure-Gärung
- Butandiol-Gärung (siehe f)
Gärungsmuster:
Aus Glucose entsteht mehrheitlich: - Lactat,
- Acetat und Ethanol,
- Formiat und dessen Abbauprodukte (CO2 und H2),
deshalb auch als Ameisensäuregärung bezeichnet
- weitere Verbindungen sind möglich.
Beispiele von Organismen:
E. coli
Gattung Escherichia = universelle Darmbewohner, E. coli synthetisiert Vitamine wie Vit. K,
einige sind auch pathogen (Enterotoxine verursachen bekannten Reisedurchfall). "Haustier"
der Molekularbiologen und vieler Biotechnologen.
Salmonellen
Salmonellen sind meistens pathogen. Sie werden anhand verschiedener Oberflächenantigenen
typisiert. Beispiele:
- Salmonella typhi (Typhus-Erreger, übertragen durch fäkalienverunreinigtes Wasser),
- Salmonella typhimurium (Durchfall mit Fieber etc., v.a. über Geflügelprodukte und Eier-
speisen verbreitet).
Proteus
Kann mit Urease (Enzym) Harnstoff spalten, daher oft Ursache von Harnwegsinfektionen,
sind sehr beweglich (Schwärmer).
f) Butandiol-Gärung
Enterobakterien, welche nebst den gängigen Gärungsprodukten auch Butandiol bilden.
Beispiele von Organismen:
Enterobacter aerogenes
Lebt v.a. im Boden und in Gewässern, ist nur gelegentlich pathogen.
Serratia marcescens
Lebt im Darm, Boden und Gewässern, bildet rote Pigmente.
Unterscheidung zwischen Gemischten Säure- und Butandiol-Gärern:
- Tieferer pH nach Gemischten Säure-Gärung (< 4.3, Methylrot-Test),
- Mehr CO2 bei Butandiolgärung,
- Acetoin als Nebenprodukt.
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 40
g) Buttersäure-Gärung
Clostridien sind gram positive, endosporenbildende Stäbchen. Sie leben in
Böden und Sedimenten, aber auch im Pansen von Wiederkäuern.
Stoffwechsel:
Sie nutzen ein weites Spektrum an Substraten wie: diverse Mono- und Polysaccharide, Amino-
säuren und Peptide, Purine, Alkohole etc.. Dem entsprechend entstehen auch sehr unterschied-
liche Gärungsprodukte, wie: Acetat, CO2, H2, Ethanol, Lactat, Butyrat, Butanol, Aceton, 2-
Propanol etc.
Bestimmte Clostridien können ebenfalls Aminosäuren vergären = Stickland-Reaktion. Bei-
spielsweise bildet C. sporogenes aus Glycin und Alanin NH3, CO2, H2 und Buttersäure.
Viele Produkte der Aminosäure-Vergärung sind ziemlich übel riechend, wie:
- Buttersäure (CH3-CH2–CH2–COOH) und Isobuttersäure (CH3)2CH2–COOH),
- Isovaleriansäure (CH3)2CH–CH2–COOH),
- Capronsäure (CH3-CH2–CH2– CH2–CH2–COOH),
- NH3, H2S und Methylmercaptan bzw. Methanthiol (CH3SH),
- Putrescin (H2N–(CH2)4–NH2) und Cadaverin = Abbauprodukt von Lysin (H2N–(CH2)5–NH2)
(beide sind so genannte Leichengifte, sind aber trotz des Namens relativ ungiftig)
Einige berühmte Clostridien:
Cl. acetobutylicum
Chaim Weizmann (1. Staatspräsident von Israel) isolierte während dem 1. Weltkrieg dieses
Bakterium und damit wurde kriegswichtiges Aceton hergestellt (für Sprengstoffherstellung).
Cl. tetani
Der Erreger des Wundstarrkrampfs lebt im Boden und im Verdauungstrakt mancher Pflanzen-
fresser, die Sporen können Jahrzehnte überleben.
Wenn in Wunden oder Geweben anaerobe Verhältnisse vorliegen, können Sporen auskeimen
und die Erreger vermehren sich wieder. Dabei produzieren sie ein Neurotoxin, welches zur
Verkrampfung der Muskulatur führt. Schutz durch Impfung und Impfauffrischung nach Ver-
letzungen.
Cl. perfringens
Erreger des Gasbrands. Vorkommen und Ansteckung ähnlich wie Tetanuserreger. Sie pro-
duzieren Gas und Toxine, welche Zellen und Gewebe absterben lassen (Nekrose).
Cl. botulinum
Vorkommen: Boden. Unter Luftausschluss kann sich Cl. botulinum in ungenügend konser-
vierten Lebensmitteln (Konserven, Würste) vermehren. Das von ihnen gebildet Gift gelangt
über ungekochte Nahrungsmittel ins Blut und dann zum peripheren Nervensystem. Die
Toxine hemmen die Freisetzung von Neurotransmittern (Acetylcholin) und als Folge treten
Lähmungserscheinungen auf, welche tödlich verlaufen können (Botulismus).
Das Toxin wird auch therapeutische und kosmetische Zwecke eingesetzt, kann aber auch als
Biowaffe missbraucht werden.
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 41
2.3.4. Stickstoff-Kreislauf
a) Stickstoffkreislauf
(Abb. aus Fritsche, Mikrobiologie, 1999 und Held Prüfungstrainer Mikrobiologie 2004)
Fakten zum N-Kreislauf:
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 42
b) Stickstoff-Fixierung
(Fritsche, Mikrobiologie, 1999) N-Fixierer:
Nitrogenase-Komplex:
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 43
c) Ammonium-Assimilation + Proteolyse/Mineralisation
NH4+ ist hauptsächliche N-Quelle der Pflanzen, Pilze und bestimmter Prokaryoten und wird für
die Synthesen N-haltiger Komponenten wie Amino- und Nukleinsäuren verwendet.
Beim Abbau von Biomasse durch Destruenten (Pilze und Prokaryoten) wird NH4+ wieder frei-
gesetzt (Proteolyse oder Mineralisation). Vielfach wird das freigesetzte NH4+ von den in der Um-
gebung vorkommenden Organismen direkt wieder aufgenommen (Kurzschluss des Kreislaufs).
d) Nitrifikation
NH4+ wird von nitrifizierenden Prokaryoten als Energiequelle verwertet und zwar indem sie es
zu Nitrit und Nitrat oxidieren (chemolithotrophes Wachstum).
Reaktionsgleichungen:
Vorkommen und Auswirkungen:
In Böden weit verbreitet.
Problem: In landwirtschaftlich genutzten Böden wird überschüssiges NH4+ zu Nitrat oxidiert.
Das negativ geladene Nitrat bindet schlechter an die Bodenpartikel und wird daher leichter aus-
gewaschen.
Folgen: Düngerverlust, Bodenversauerung, Überdüngung der Gewässer und Trinkwasserver-
schmutzung.
Abhilfe?
NH4+ in der Luft oder dem Regen: Korrosionsschäden durch Nitrifizierer: NO3
- bzw. HNO3
greift ebenfalls kalkhaltige Gesteine wie Sandstein an.
e) Assimilatorische Nitratreduktion
Pflanzen und viele aerobe und anaerobe Prokaryoten können ebenfalls NO3- aufnehmen und es
via NO2- zu NH4
+ reduzieren um dann in die Biomasse zu integrieren; es braucht allerdings viel
mehr Reduktionskraft als bei der Ammonium-Assimilation (vgl. c).
(Assimilation = Umwandlung von organismenfremden in organismeneigene Stoffe, Anabolismus)
f) Dissimilatorische Nitratreduktion/Nitrat-Ammonifikation
Enterobakterien (gärende MO) können ihr NADH auch mittels NO3- oxidieren, anstatt die Elek-
tronen und Protonen auf organische Stoffwechselzwischenprodukte wie Pyruvat zu übertragen
(vgl. 3.4.6.). Das dabei gebildete NH4+ wird dann ausgeschieden.
(Dissimilation = Abbau organismeneigener Stoffe, Katabolismus)
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 44
g) Denitrifikation oder Nitratatmung
In Sedimenten oder nassen Böden (Staunässe, nach viel Regen in verdichteten Böden) kann es
aufgrund der schlechten Sauerstoffversorgung anaerob werden.
In vernässten und gut gedüngten Böden wird dann Nitrat als Alternative zu Sauerstoff für die
Atmung verwendet.
Reaktionsgleichung:
Folgen: Düngerverlust und Bildung von Lachgas (= Treibhausgas).
h) Anammox (= Anaerobic ammonium oxidation)
Dieser Prozess wurde erst vor kurzem entdeckt und ist noch nicht in allen Details erforscht.
Reaktionsgleichung:
Verwendung:
Abwasserreinigung: Zuerst erfolgt eine partielle Nitrifikation und dann Anammox.
Dieser Prozess ist eine Alternative zur klassischen Nitrifikation und Denitrifikation in den Klär-
anlagen (s. unten)
i) Nitrifikation und Denitrifikation in der ARA
Das Abwasser aus den Haushalten, dem Gewerbe und der Industrie enthält oft zu viel gelösten
und gebundenen Stickstoff. Um die Überdüngung der Gewässer zu verhindern, muss nebst dem
Phosphat ebenfalls der N-Gehalt reduziert werden.
Zudem ist Ammoniak giftig für die Fische (sie ersticken, weil Ammoniak die Aufnahme von
Sauerstoff in den Kiemen hemmt).
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 45
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Mod. nach Fritsche 1999
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 46
2.3.5. Schwefel-Kreislauf
a) Bakterienmatten und Schwefelkreislauf
Organismen und Stoffwechsel im Farbstreifenwatt (aus BIUZ 1/96)
Kieselalgen und Cyanobakterien
betreiben oxygene Photosynthese:
2 H2O + CO2 → Zucker + H2O + O2
Schwefelkreislauf
Farblose Schwefelbakterien
sind aerober Atmer:
H2S + 2 O2 → H2SO4
Schwefelpurpurbakterien betreiben anoxygene Photosynthese:
2 H2S + CO2 → Zucker + H2O + S
Sulfatreduzierende Bakterien sind anaerober Atmer:
organ. Stoffe + SO4-2
→ Acetat + H2S
Acetat + SO4-2
→ CO2 + H2S Abb. aus Fritsche 1999
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 47
b) Oxygene phototrophe Organismen
Zuoberst eingeschichtet leben oxygene phototrophe Pro- und Eukaryoten wie Cyanobakterien
und Kieselalgen. Während des Tages produzieren sie O2 und Biomasse, davon wird ein Teil in
der Nacht wieder veratmet.
Oxygene Photosynthese: 2 H2O + CO2 → (CH2O) + H2O + O2
c) Anoxygene phototrophe Bacteria
Unterhalb den farblosen Schwefelbakterien leben anoxygene phototrophe Bacteria wie Schwe-
fel- und Nichtschwefel-Purpurbakterien. Während des Tages produzieren sie mit dem "Restlicht"
S° und Biomasse.
Anoxygene Photosynthese: 2 H2S + CO2 → (CH2O) + H2O + 2 S°
d) Schwefeloxidierende Bacteria (farblose S-Bakterien)
Schwefeloxidierende Bacteria gewinnen ihre Energie durch Oxidation mittels O2 von elemen-
tarem Schwefel und reduzierten Schwefel-Spezies (chemolithotrophes Wachstum).
Reaktionsgleichung:
Energiegewinnung:
H2S + 2 O2 → SO4-2
+ 2H+ + Energie, Energie = ΔG – 800 kJ/mol
Bei der Oxidation von S° oder Thiosulfat wird noch weniger Energie freigesetzt. Bei der
Veratmung von Glucose (ΔG – 2720 kJ/mol) wird ca. 3.5 x mehr Energie freigesetzt.
Gewinnung von ATP und NADH:
Mit Hilfe der freiwerdenden Oxidations-
Energie wird ebenfalls ein Protonengra-
dient aufgebaut, welcher zur ATP-
Synthese genutzt wird (vgl. Atmungs-
kette).
Die Reduktionskraft von H2S oder S° ist
allerdings zu tief um ebenfalls NAD+ zu
NADH zu reduzieren.
Mittels reversem Elektronenfluss, ange-
trieben über den Protonengradient, wird
NAD+ reduziert.
Fazit: Die Oxidation anorganischer Stoffe liefert weniger Energie als bei der Veratmung von
Kohlenhydraten. Deshalb wachsen die chemolithotrophen Prokaryoten in der Regel auch lang-
samer als die Organotrophen.
Bioleaching:
Bro
ck 2
00
3
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 48
Bioleaching = biologisch induzierte Laugung von Metallen aus Feststoffen wie Erze.
a) Direkte Laugung
b) Indirekte Laugung
Frit
sch
e 1
99
9
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 49
e) Sulfatreduzenten
Habitate:
Stoffwechsel:
Organische Stoffe als Energie- und C-Quelle,
Sulfat als Oxidationsmittel (siehe Sulfat-
atmung, 3.4.3. Atmungsprozesse).
In Gegenwart von Eisenionen reagiert das
gebildet H2S zu Eisensulfid, welches als
schwarzer Niederschlag ausfällt (schwarz
gefärbte Sedimente, Bildung sulfidischer Erze
wie Pyrit).
Mikrobiell induzierte Korrosion:
Sulfatreduzenten sind auch an der Korrosion von Metallen und Baustoffen beteiligt.
Bsp.: Korrosion von Eisen:
Voraussetzungen:
Prozesse:
1. Chemische Polarisation
4 Fe° + 8 H+ → 4 Fe
2+ + 4 H2
2. Sulfatreduktion
4 H2 + SO4-2
→ H2S + 2 H2O + 2 OH-
3. Chemische Reaktionen
4 Fe2+
+ H2S + 4 H2O + 2 OH- → FeS + 3 Fe(OH)2 + 6 H
+
Abb. Prinzip der Eisenkorrosion, katalysiert durch Sulfat-reduzierende Bakterien
Frit
sch
e 1
99
9
Mikrobio 1: Prokaryoten krew, FS 13, Seite 50
Bsp.: Korrosion von Betonrohren:
Voraussetzungen:
Prozesse:
1.
2.
3.
4.
Frit
sch
e 1
99
9