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KOMPENDIUM KULTURMANAGEMENT Armin Klein (Hrsg.) Handbuch für Studium und Praxis 4. Auflage Vahlen

4.A. · 2017-04-24 · Kulturmarketing im Internet ... Öffentlichkeitsarbeit im Kulturbetrieb (Ekkehard Jürgens) Kulturelle Bildung (Kilian Lembke/Stephan Opitz) Herausforderung

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KOMPENDIUMKULTURMANAGEMENT

Armin Klein (Hrsg.)

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Handbuchfür Studium und Praxis4. Auflage

Vahlen

„Ein Werk, das man guten Gewissens und ohne Übertreibung als eines der wichtigsten Grund- und Standardwerke für Kulturmanagement bezeichnen kann“Dirk Schütz, Kulturmanagement Network

„ ,Der Klein‘ kann in der Kulturmanagementlehre das werden, was ,der Wöhe‘ den BWLern ist“ Peter Vermeulen, Kulturpolitische Mitteilungen

Kompendium Kulturmanagement – Eine Einführung (Armin Klein) Der Kulturbetrieb (Dieter Haselbach) Der Kulturbetrieb in Deutschland (Armin Klein) Managementtechniken im Kulturbetrieb (Ekkehard Jürgens) Projektmanagement (Armin Klein) Controlling im Kulturbetrieb (Petra Schneidewind) Kulturpolitik in Deutschland (Armin Klein) Kulturpolitik der Schweiz (Rolf Keller) Kulturpolitik in Österreich (Tasos Zembylas) Kulturentwicklungsplanung (Patrick S. Föhl) Kulturverfassungsrecht – Kulturverwaltungsrecht (Oliver Scheytt) Rechtsformen (Petra Schneidewind/Annika Trockel) Kulturmarketing (Armin Klein) Kulturökonomik (Ingrid Gottschalk) Kosten- und Leistungsrechnung im Kulturbetrieb (Petra Schneidewind) Kulturfinanzierung (Tom Schößler) Kulturmarketing im Internet (Simon A. Frank) Empirische Methoden der Besucherforschung (Patrick Glogner-Pilz) Öffentlichkeitsarbeit im Kulturbetrieb (Ekkehard Jürgens) Kulturelle Bildung (Kilian Lembke/Stephan Opitz) Herausforderung Kulturelles Erbe und Kulturmanagement (Martin Lätzel/Heinrich Wolf)

Kultur und Tourismus (Yvonne Pröbstle)

Der Herausgeber, Prof. Dr. Armin Klein, lehrt Kulturmanagement und Kulturwissenschaften am Institut für Kulturmanagement in Ludwigsburgund ist Autor zahlreicher Fachbücher zum Kulturmanagement.

www.vahlen.de

ISBN 978-3-8006-5362-1

44,90

Klein_KompKulturmanagement_4A_print.qxp_Klein_KompKulturmanagement_4A_pr1 03.04.17 16:17 Seite 1

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Zum Inhalt:

„Ein Werk, das man guten Gewissens und ohne Übertreibung als eines der wichtigsten Grund- und Standardwerke für Kulturmanagement bezeichnen kann“

Dirk Schütz, Kulturmanagement Network

„ ,Der Klein‘ kann in der Kulturmanagementlehre das werden, was ,der Wöhe‘ den BWLern ist“

Peter Vermeulen, Kulturpolitische Mitteilungen

• Kompendium Kulturmanagement – Eine Einführung (Armin Klein) • Der Kulturbetrieb (Dieter Haselbach) • Der Kulturbetrieb in Deutschland (Armin Klein) • Managementtechniken im Kulturbetrieb (Ekkehard Jürgens) • Projektmanagement (Armin Klein) • Controlling im Kulturbetrieb (Petra Schneidewind) • Kulturpolitik in Deutschland (Armin Klein) • Kulturpolitik der Schweiz (Rolf Keller) • Kulturpolitik in Österreich (Tasos Zembylas) • Kulturentwicklungsplanung (Patrick S. Föhl) • Kulturverfassungsrecht – Kulturverwaltungsrecht (Oliver Scheytt) • Rechtsformen (Petra Schneidewind/Annika Trockel) • Kulturmarketing (Armin Klein) • Kulturökonomik (Ingrid Gottschalk) • Kosten- und Leistungsrechnung im Kulturbetrieb (Petra Schneidewind) • Kulturfinanzierung (Tom Schößler) • Kulturmarketing im Internet (Simon A. Frank) • Empirische Methoden der Besucherforschung (Patrick Glogner-Pilz) • Öffentlichkeitsarbeit im Kulturbetrieb (Ekkehard Jürgens) • Kulturelle Bildung (Kilian Lembke/Stephan Opitz) • Herausforderung Kulturelles Erbe und Kulturmanagement (Martin Lät-

zel/Heinrich Wolf) • Kultur und Tourismus (Yvonne Pröbstle)

Zum Herausgeber: Prof. Dr. Armin Klein lehrt Kulturmanagement und Kulturwissenschaften am Institut für Kulturmanagement in Ludwigsburg und ist Autor zahlreicher Fach-bücher zum Kulturmanagement.

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Kompendium KulturmanagementHandbuch für Studium und Praxis

von

Prof. Dr. Armin Klein

4., überarbeitete Auflage

Verlag Franz Vahlen München

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Vorwort zur vierten Auflage

„Es kann also niemand sich für praktisch bewandert in einer Wissenschaft ausgeben und doch die Theorie verachten, ohne

sich bloß zu geben, dass er in seinem Fache ein Ignorant sei: indem er glaubt, durch Herumtappen in Versuchen und

Erfahrungen, ohne sich gewisse Prinzipien (die eigentlich das ausmachen, was man Theorie nennt) zu sammeln, und ohne sich ein Ganzes (welches, wenn dabei methodisch verfahren

wird, System heißt) über sein Geschäft gedacht zu haben, weiter kommen zu können, als ihn die Theorie zu bringen vermag.“

Immanuel Kant: Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis

2004 erschien die erste Auflage des Kompendium Kulturmanagement, das zum ersten Mal in dieser Form versuchte, das in den rund 15 vorangegangenen Jahren seit Gründung die-ser Disziplin im deutschsprachigen Raum erarbeitete Wissen für die Studierenden und die Praktiker des Kulturbetriebs darzustellen. Die dritte Auflage erschien vor sechs Jahren – und seither hat sich das Fach weiter entwickelt: manche Themen (wie das kameralistische Rech-nungswesen) traten mehr und mehr in den Hintergrund, andere (wie z.B. Kulturelle Bildung oder Kulturelles Erbe) gewannen deutlich an Bedeutung. Die vorliegende vierte Auflage trägt dieser Entwicklung Rechnung, indem neue Inhalte aufgenommen und die Texte nahezu vollständig überarbeitet wurden.

Längst hat sich Kulturmanagement als Hochschuldisziplin im deutschsprachigen Raum etabliert; davon zeugen über 100 Studiengänge an Universitäten und Fachhochschulen. Herausgeber, Autorinnen und Autoren hoffen, dass ihnen mit der vorliegenden Neuauflage eine Fortschreibung der Bemühungen zur Grundlegung des Kulturmanagements gelungen ist.

Ludwigsburg / Ettlingen im März 2017 Armin Klein

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur vierten Auflage .................................................................................................V

Kompendium Kulturmanagement – Eine Einführung ...................................................1Armin Klein

Der Kulturbetrieb ...............................................................................................................7Dieter Haselbach

Der Kulturbetrieb in Deutschland...................................................................................17Armin Klein

Managementtechniken im Kulturbetrieb .......................................................................35Ekkehard Jürgens

Projektmanagement ..........................................................................................................57Armin Klein

Controlling im Kulturbetrieb ..........................................................................................81Petra Schneidewind

Kulturpolitik in Deutschland .........................................................................................101Armin Klein

Kulturpolitik der Schweiz ................................................................................................119Rolf Keller

Kulturpolitik in Österreich ............................................................................................141Tasos Zembylas

Kulturentwicklungsplanung ..........................................................................................157Patrick S. Föhl

Kulturverfassungsrecht – Kulturverwaltungsrecht ....................................................181Oliver Scheytt

Rechtsformen ...................................................................................................................203Petra Schneidewind / Annika Trockel

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VIII Inhaltsverzeichnis

Kulturmarketing .............................................................................................................229Armin Klein

Kulturökonomik ..............................................................................................................249Ingrid Gottschalk

Kosten- und Leistungsrechnung im Kulturbetrieb .....................................................279Petra Schneidewind

Kulturfinanzierung .........................................................................................................299Tom Schößler

Kulturmarketing im Internet .........................................................................................321Simon A. Frank

Empirische Methoden der Besucherforschung ............................................................337Patrick Glogner-Pilz

Öffentlichkeitsarbeit im Kulturbetrieb .........................................................................361Ekkehard Jürgens

Kulturelle Bildung ..........................................................................................................393Kilian Lembke / Stephan Opitz

Herausforderung Kulturelles Erbe und Kulturmanagement .....................................415Martin Lätzel / Heinrich Wolf

Kultur und Tourismus – Entwicklung, Strukturen und Merkmale einer strategischen Partnerschaft ..................................................................................425Yvonne Pröbstle

Biografische Angaben der Autoren ...................................................................................447

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Kompendium Kulturmanagement – Eine EinführungArmin Klein

„Es kann also niemand sich für praktisch bewandert in einer Wissenschaft ausgeben und doch die Theorie verachten, ohne

sich bloß zu geben, dass er in seinem Fache ein Ignorant sei: indem er glaubt, durch Herumtappen in Versuchen und

Erfahrungen, ohne sich gewisse Prinzipien (die eigentlich das ausmachen, was man Theorie nennt) zu sammeln, und ohne sich ein Ganzes (welches, wenn dabei methodisch verfahren

wird, System heißt) über sein Geschäft gedacht zu haben, weiter kommen zu können, als ihn die Theorie zu bringen vermag.“

Immanuel Kant: Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis

Was ist, was tut ein Kulturmanager? Der 2014 verstorbene, langjährige Leiter der Salzburger Festspiele und vieler Opernhäuser, Gerard Mortier, selbst einer der erfolgreichsten Kultur-manager, brachte die dienende Funktion des Kulturmanagements zu Beginn der neunziger Jahre sehr treffend auf den Begriff: „Gegen die Berufsbezeichnung ‚Kulturmanager’ habe ich nichts einzuwenden, wenn man den Begriff so versteht, dass der Kulturmanager nicht die Kultur managt, sondern für die Kultur managt. Der Kulturmanager ist eigentlich ein Katalysator. Er löst Reaktionen aus. Seine Hauptaufgabe besteht darin, die richtigen Leute zusammenzubringen, den richtigen Regisseur mit dem richtigen Dirigenten. Kombinationen, aus denen sich Spannungen und Spannendes ergibt.“1

Die ausgehenden achtziger und beginnenden neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts mar-kieren in Deutschland den Durchbruch der Kulturmanagementlehre. In der Kunstkonzeption des Landes Baden-Württemberg von 1990 heißt es dementsprechend: „Unter gesellschafts-politischen und kulturpolitischen Gesichtspunkten (...) zeichnet sich (...) zunehmend ein Bedarf nach umfassender Ausbildung von Kulturvermittlern und Kulturadministratoren ab (...) Da es aller Voraussicht nach eine länger anhaltende Tendenz ist, dass der kulturelle Informations- und Beteiligungswille der Bevölkerung in allen Teilen des Landes zunimmt, wächst der kulturpolitischen Aufgabe der Städte und Gemeinden auch längerfristig zuneh-mende Bedeutung zu. Ob sie mit ihren Institutionen (z. B. Kulturämtern, Bibliotheken, Volkshochschulen, Kommunale Kinos) ein Kulturprogramm erarbeiten und durchführen können, das von der Bevölkerung angenommen wird, hängt zum großen Teil davon ab, ob ein hinreichend kompetenter und engagierter Kreis von Vermittlern zur Verfügung steht.“2

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2 Armin Klein

Kulturmanageriales Handeln ist zum Ende der achtziger Jahre noch fast ausschließlich auf staatliches bzw. kommunales Tätigwerden fixiert. Erst in den neunziger Jahren weitet sich der Blick: Neben dem öffentlichen Kulturbetrieb (also vor allem dem Handeln der Bundesländer und der Kommunen, in den letzten Jahren aber verstärkt auch des Bundes) geraten nun der privatrechtlich-kommerzielle (also die Kulturwirtschaft) sowie der privatrechtlich-gemein-nützige Kulturbetrieb (also die zahllosen Vereine, Verbände, Gesellschaften, Stiftungen usw., also der sog. Dritte Sektor) in den Blick. Auch in diesen Bereichen bestand und besteht nach wie vor ein hoher Professionalisierungsbedarf, den Wolfgang Sander im Zusammenhang mit der schwierigen Intendantensuche eines Symphonieorchesters so beschreibt: „Gute Kultur-manager sind noch immer selten im Musikland Deutschland, in dem die Künstler zumeist nichts vom Geschäft verstehen und die Organisatoren nicht wissen, wie der ‚Tristan’-Akkord klingt. Persönlichkeiten wie der visionäre Pragmatiker August Everding, der Wasser und Öl verbinden konnte und dazu noch erfolgreich den Klingelbeutel durch die Kunstgemeinde trug, wachsen eben auch hierzulande nicht auf den Bäumen.“3 Um nicht länger auf ein sol-ches Naturwunder zu warten, wurde zu Beginn der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts die Hochschuldisziplin des Kulturmanagements etabliert.Das Fach Kulturmanagement war in den angelsächsischen Ländern bereits seit den sechziger Jahren ausgewiesene Hochschuldisziplin, die dort seither an Colleges und Universitäten studiert werden kann. Im deutschsprachigen Raum entstanden zunächst in Wien (seit 1979), dann 1989 in Hamburg, 1990 in Ludwigsburg, in Berlin und an der Fernuniversität Hagen entsprechende Studiengänge; mittlerweile ist die Vielzahl der Angebote in Deutschland auf Anhieb kaum noch überschaubar (vgl. hierzu Siebenhaar 2002: 17-32). Zu Beginn des 21. Jahrhunderts kamen entsprechende Angebote in der deutschsprachigen Schweiz (hier vor allem an der Universität Basel und der Wirtschaftsfachhochschule Zürich / Winterthur) hinzu. Es handelt sich also durchaus um die „Erfolgsgeschichte eines Orchideenfaches“ (Siebenhaar 2002: 13).Heinrichs konnte daher Ende der neunziger Jahre in seiner bereits in zweiter Auflage erscheinenden Einführung in das Kulturmanagement feststellen: „Nur wenige Begriffe haben in den letzten Jahren im Kulturbetrieb eine solche Konjunktur erlebt wie das Wort ‚Kulturmanagement‘. Kaum eine einschlägige Publikation, die diesen Terminus nicht mit Eifer verwendet, kaum ein Ausstellungsmacher, Konzertvermittler oder Kulturreferent, der nicht unversehens die Berufsbezeichnung ‚Kulturmanager‘ für sich in Anspruch nimmt“ (Heinrichs 1999a: 13). In der Praxis hat sich die neue Berufsbezeichnung also in weniger als zehn Jahren durchgesetzt.Allerdings ist Kulturmanagement keine traditionelle wissenschaftliche Disziplin, für die bislang ein einheitlicher theoretischer Unterbau zur Verfügung stünde. Darüber hinaus spielen die spezifischen Kulturtraditionen der einzelnen Länder eine prägende Rolle. Des-halb konnte es in Deutschland, das sich nach wie vor als „Kulturstaat“ versteht, bei allem interkulturellen Austausch und aller notwendiger Lernbereitschaft von anderen nicht darum gehen, umstandslos die sehr viel weiter entwickelten angelsächsischen Methoden, Techniken und Instrumente (z. B. des Kulturmarketing, des Sponsoring, des Fundraising, der Freiwil-ligenarbeit / Volunteering usw.) zu übernehmen. Es kam und kommt vielmehr darauf an, sie zur Kenntnis zu nehmen, sie für die jeweils spezifischen Bedingungen vor Ort zu adaptieren und weiter zu entwickeln. Kapieren statt kopieren steht auch hier im Vordergrund. Da das

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3Kompendium Kulturmanagement – Eine Einführung

Kulturmanagement „interdisziplinär und querschnittsorientiert arbeitet“, ist darüber hinaus nach wie vor eine „gewisse Pluralität der theoretischen Ansätze im Kontext von Bezugsdis-ziplinen“ zu beobachten (Heinrichs / Klein 2001: 194f.).

So konnte es kaum verwundern, dass seinerzeit bei einem der ersten Treffen von Vertretern der einschlägigen Studiengänge der Versuch, eine „Theorie des Kulturmanagements“ zu entwickeln, zunächst zu einem „Blick über Grenzen“ (Fuchs 1993) geriet – sowohl inhaltlich als auch national. Damals drängende Fragen waren unter anderen etwa: • Wie inhaltsneutral sind die Managementmethoden des Wirtschaftsmanagements, und

inwieweit sind sie daher im Kulturmanagement tauglich?• Wo gibt es Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den verschiedenen Arbeitsfeldern des

Kulturmanagements? Wie sieht in dieser Hinsicht eine sinnvolle Typologie dieser kulturellen Arbeitsfelder aus? Müssen wir etwa Kulturmanagement, Kulturpolitik und Kulturverwal-tung säuberlich voneinander trennen oder sind die Unterschiede doch vernachlässigbar?

• Welche Voraussetzungen müssen die Kulturmanager/innen für die von ihnen ermöglichten Angebote übernehmen?

• Wie reflektieren Kulturmanager/innen den Managementanteil – und nicht bloß ihr inhalt-liches Kulturverständnis – an ihrer Tätigkeit, und wie kann man durch Bildungsangebote zu einer solchen professionellen Reflexion anleiten?

• Welches sind die Bezugsdisziplinen von Kulturmanagement? Sollte sich eine Theoriedis-kussion eher auf Probleme beschränken, die sich unmittelbar aus der Praxis ergeben, oder kann sie mit großem historischem und philosophischem Atem weit reichende Erkenntnisse anderer Wissenschaften integrieren (Fuchs 1993: 13)?

Mit dem Begriff „Bezugslehre“ sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass „die Theorie des Kulturmanagements sich nicht auf eine einfache Übernahme betriebswirtschaftlicher Methoden beschränken darf, sondern immer auch den Kontext berücksichtigen muss, in dem kulturelles Handeln stattfindet. Das gilt vor allem für die Frage nach der Qualität und dem Erfolg von Kulturmanagement. Gerade in nicht-kommerziellen Kulturbetrieben lässt sich der Erfolg eben nicht allein mit betriebswirtschaftlichen Methoden messen (z. B. mit Hilfe einer Gewinn- und Verlustrechnung), sondern muss immer auch im Kontext von Bezugsdis-ziplinen gesehen werden (...) Solche Bezugsdisziplinen können vorrangig eine Kunstlehre, die Kultursoziologie oder Kulturanthropologie sowie die Kulturpolitik sein. Wird der Erfolg von Kulturmanagement an der Realisierung von Kunst gemessen, sollte eine Kunstlehre (z. B. Musikwissenschaft) die vorherrschende Bezugsdisziplin sein. Versteht man dagegen Kulturmanagement als eine Steuerungshandlung für soziale Prozesse (Kultur findet immer in einem sozialen Kontext statt), so bietet sich die Kultursoziologie als Bezugsdisziplin an. Andererseits kann man Kulturmanagement aber auch – gerade in öffentlichen Kulturbetrie-ben – als Umsetzung kulturpolitischer Ziele verstehen. In einem solchen Verständnis würde sich die Kulturpolitik als Bezugsdisziplin anbieten. Für die Lehre des Kulturmanagements bedeutet dies, dass sich ein Studienangebot nie allein auf das Kulturmanagement im engeren Sinne (Steuerung von arbeitsteiligen Prozessen in kulturellen Betrieben) beschränken darf, sondern immer auch das Studium einer Bezugsdisziplin anbieten muss“ (Heinrichs / Klein 2001: 38f.).

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4 Armin Klein

In dieser ersten Phase der Selbstverständigung einer in Deutschland sich neu konstituierenden Wissenschaftsdisziplin entstanden zahlreiche Veröffentlichungen, die sowohl der Grundle-gung wie auch der ersten Orientierung der Studierenden des neuen Faches dienen sollten. „Die Gründungsphase war zunächst bestimmt durch eher grundsätzliche Erörterungen zu Selbstverständnis, Stellenwert und Funktion des Fachgebiets (Theorie des Kulturmanage-ments) einerseits bzw. durch ausgesprochen praxisorientierte Handreichungen andererseits. Daneben stand in der unmittelbaren Anwendung ein eher funktionales Management ohne inhaltliche Anbindung im Vordergrund. Da ein professionelles Management nicht für den kommerziellen Kulturbetrieb, wohl aber für den Nonprofit-Bereich neu und herausfordernd war, konzentrierte sich zudem die Diskussion zunächst nur auf den öffentlichen und gemein-nützigen Kulturbetrieb.“ (Heinrichs / Klein 1998: 7)

Ende der neunziger Jahre ist eine gewisse Konsolidierung des Faches zu beobachten, d. h. „Kulturmanagement wurde so ganz allmählich als Hochschuldisziplin ‚salonfähig‘, nachdem anfangs über Jahre die Wissenschaftstauglichkeit oder – weltanschaulich getönt – die Berech-tigung eines Managements kultureller Prozesse angezweifelt, ja gänzlich bestritten worden war. Während die studentische Nachfrage zunahm, hielten die akademisch-intellektuellen Diskussionen über das Fach an“ (Siebenhaar 2002: 14).

In rund 25 Jahren hat sich das Fach Kulturmanagement an Universitäten, Musikhochschulen und Fachhochschulen sowie im Bereich privater Anbieter konsolidiert und seinen kaum mehr ernsthaft bestrittenen Platz in Forschung und Lehre gefunden. Das Zentrum für Kul-turforschung in Bonn registrierte in seiner Erhebung von 2001 bereits 83 Studiengänge und Qualifizierungsmaßnahmen: „Kulturmanagement entwickelt sich vom Spezialfach zu einem Baukastensystem von Techniken und Fachwissen“ (Siebenhaar 2002: 17).

Mit dem nun in vierter Auflage vorliegenden Kompendium Kulturmanagement wird das bislang erarbeitete Grundlagenwissen knapp und übersichtlich dargestellt und so allen Interessierten in Forschung und Lehre, aber auch in der kulturmanagerialen Praxis in übersichtlicher Form zur Verfügung gestellt. Um den vorgegebenen Umfang nicht allzu sehr zu sprengen, musste allerdings notgedrungen ausgewählt und konnten daher einige Bereiche bedauerlicherwei-se nicht in ihrem vollen Umfang dargestellt werden. So wäre der Bereich der empirischen Kulturforschung, hier vor allem der Kulturstatistik und der Evaluation, sicherlich breiter darzustellen. Dies gilt insbesondere auch für den rechtlichen Bereich, wo Beschränkung nötig war. Dafür sind in der vierten Auflage die stark an Bedeutung zugenommenen Bereiche „Kulturelle Bildung“ und „Kulturelles Erbe“ neu hinzugekommen.

Der Internationalität des Faches entsprechend konnten erfreulicherweise Autorinnen und Autoren aus verschiedenen Ländern gewonnen werden. Schlicht der einfachen Lesbarkeit halber wurde stets die männliche Form gewählt, wobei sich alle Autorinnen und Autoren sehr bewusst sind, dass im heutigen Kulturbetrieb der Anteil von Frauen speziell auch in Leitungs-funktionen einen sehr erfreulichen Anteil gewonnen hat. Der Autor dankt ihnen allen, die auf ihrem Fachgebiet ausgewiesene Kenner sind, dass sie sich zu einer engagierten Mitarbeit bereit erklärt haben. Der Dank gilt dem Verlag, der es unternommen, das umfangreiche Buch zu einem für Studierende noch tragbaren Preis zu veröffentlichen. Und ein ganz besonderer Dank gilt – wie so oft – Ulrike Moser, ohne die dieses Buch sicherlich in der vorliegenden Form nicht zustande gekommen wäre.

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5Kompendium Kulturmanagement – Eine Einführung

Anmerkungen

1 Mortier, G. in: Frankfurter Allgemeine Magazin vom 2.8.1991

2 Der Kunstkoordinator des Landes Baden Württemberg: Kunstkonzeption des Landes Baden-Württem berg, Stuttgart 1990: 268

3 Sander, W.: Kopflos. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9.4.2001

Literaturhinweise

Fuchs, Max (Hrsg.) (1993): Zur Theorie des Kulturmanagements. Ein Blick über Grenzen, Remscheid.

Heinrichs, Werner (1993): Einführung in das Kulturmanagement, Darmstadt.

Heinrichs, Werner (1997): Kulturpolitik und Kulturfinanzierung. Strategien und Modelle für eine politische Neuorientierung der Kulturfinanzierung, München.

Heinrichs, Werner (1999): Kulturmanagement. Eine praxisorientierte Einführung, Darmstadt.

Siebenhaar, Klaus (2002): Karriereziel Kulturmanagement. Studiengänge und Berufsbilder im Profil, Nürnberg.

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Der KulturbetriebDieter Haselbach

Es ist beim zusammengesetzten Nomen „Kulturbetrieb“ fast alles umstritten. Mit Versuchen zur Frage, was genau mit Kultur gemeint ist, kann man Bibliotheken füllen. Was ein Betrieb ist, darüber sind sich Fachleute nicht einig. Große Emotion entsteht, wo die beiden Worte zusammengesetzt erscheinen. Darf Kultur mit Betrieb zusammengedacht werden? Oder stehen nicht vielmehr Kultur und Betrieb für entgegengesetzte gesellschaftlich-menschliche Handlungen, Institutionen, Absichten? – Einen Pfad durch das Dickicht von Begriffen, Wün-schen, Beobachtungen zu schlagen, ist die Absicht der nachstehenden Zeilen.

Dazu mag ein dritter Begriff helfen: der des Wirtschaftens. Von hier aus kann man begrün-den, wie sinnvoll über „Betrieb“ in der Kultur gesprochen werden kann. Von hier aus ist dann zu erarbeiten, welche Formen von Betrieben es gibt. Eine Definition von Kultur ist für die Überlegungen hier nicht notwendig, Kunst oder die Künste mögen als die Aktivitäten gelten, die sich dann als Kultur sedimentieren. Mehr muss man hier nicht darüber wissen, was diese Kultur dann ist oder sein soll.

1. Wirtschaften

Menschen handeln, weil sie Ziele verfolgen. Es gibt viele Ziele. Unterschiedliche Menschen verfolgen unterschiedliche Ziele. Alle Menschen verfolgen zu unterschiedlichen Zeiten verschiedene Ziele. Mal hat man Hunger, mal braucht man Urlaub, dann möchte man reich werden, aber nur, wenn man geliebt wird. Also erst essen, dann lieben, dann reich werden? Oder eben sparen, reich werden, dann gut essen? Eine Teilmenge menschlicher Ziele sind künstlerische Ziele. So kann sich Handeln auf ein Bild, eine Operninszenierung, eine Musi-kaufführung richten. Oder darauf, ein Museum oder eine Opernaufführung zu besuchen oder auch einem Konzert zu lauschen. Antrieb zum Handeln ist immer jenes Ziel. Wer keine Ziele hat, handelt nicht, sondern verhält sich allenfalls. Ebenso wie künstlerische kann es beispiels-weise auch soziale oder wirtschaftliche Ziele geben: auch dies sind Teilmengen möglicher Ziele. Ein wirtschaftliches Ziel mag sein, aus einer Beschäftigung einen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Dann schneidet eine Friseurin die Haare nicht, weil sie schön geschnittene Haare in ihrer Umgebung möchte, sondern um davon Essen und Miete zu bezahlen.

Der Begriff Wirtschaften beschreibt eine Art und Weise, wie ein Ziel verfolgt wird. Wirtschaften ist kein Ziel, sondern ein Modus der Zielerreichung. Ziele, welche Ziele auch immer, können auf mehr oder weniger wirtschaftliche Weise verfolgt werden. Besser in Bezug auf ihr Ziel wirtschaftet die Friseurin unseres Beispiels, die in derselben Zeit ein höheres Einkommen erzielt als eine andere, nicht aber unbedingt die, die hübschere Haarschnitte kreiert. Es kann natürlich helfen, schöne Haarschnitte zu machen, wenn ein hohes Einkommen erzielt werden

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soll. Besser wirtschaftet ein Theater, das aus derselben Förderung mehr und qualitätsvolleres (was immer das sein soll) Theater anbietet als ein anderes, nicht aber unbedingt das, das bessere Gagen zahlt. Denn hier war das Ziel die Kunst und dort das Einkommen.

Verwendet man die Begriffe so, ist es nicht sinnvoll, einen Gegensatz zwischen Wirtschaften und der Kultur zu konstruieren. Ziele können überall liegen. Die Wege dorthin können in ganz unterschiedliche Richtungen weisen. Ziele können einander widersprechen. Der Modus der Zielerreichung betrifft den Weg zum Ziel, nicht das Ziel selbst. Er liegt nicht in derselben Dimension wie ein Ziel. Ein Weg zum Ziel kann kurz oder lang sein, leicht oder mühsam. Man kann den Weg finden oder sich auf ihm verlaufen. Aber das hat zunächst einmal nichts mit dem Ziel zu tun. Allenfalls damit, ob man das Ziel erreicht.

Etwas anderes ist der Gegensatz ‚der Wirtschaft‘ mit ‚der Kultur‘. Hier geht es nicht um einen Weg zu kulturellen Zielen. Sondern die Aussage betrifft einen Bereich ‚Wirtschaft‘, dessen Ziele denen der Kultur entgegengesetzt sei. Was wäre ein solcher Bereich, was sein Ziel? Die Entgegensetzung von Kultur und Wirtschaft bezieht ihre Energie aus Karl Marx‘ Kritik des Kapitalismus. Im Kapitalismus verkürzen sich hiernach alle Ziele auf das eine, aus Geld mehr Geld zu machen, auf „Plusmacherei“. Wenn dies so ist, dann möge die Kultur sich dem entgegenstellen, denn solche Wirtschaft ist Teil einer pathologischen Gesellschaftsformation. Es ist nicht nur ‚die Kultur‘, die gegen solche Verkürzung menschlichen Handelns auf Reich-tumsvermehrung steht. Auch Liebe, Solidarität, Genuss u. a. m. sind nicht Plusmacherei und sie sind im Kapitalismus nicht verschwunden. Liegt das vielleicht daran, dass diese Kritik den Kapitalismus sehr lebensfremd und weitgehend auffasst?

Was macht nun den Modus des Wirtschaftens aus? Wirtschaften bedeutet, so wenige Res-sourcen wie möglich einzusetzen, um Ziele zu erreichen. Ressourcen, das sind Materialien, Zeit, körperliche oder geistige Kraft. Warum wirtschaften? Es ist eine Grunderfahrung, dass es keine Grenze in Zahl und Umfang von Zielen (Wünschen) gibt, aber eine Grenze bei den Ressourcen, die zur Verfügung stehen. Mit anderen Worten: selbst auf unserem Planeten, der den Menschen potentiell alles im Überfluss zur Verfügung stellt, was sie brauchen, ist Knappheit eine Grunderfahrung: Menschen haben meist mehr Ziele als sie über Mittel verfügen, um sie zu erreichen. Würden Menschen nur die Ziele verfolgen, die zu erreichen sie die Ressourcen haben, gäbe es keine Knappheit. Wirtschaften ist Handeln unter der Be-dingung von so erfahrener Knappheit. Anders gesagt: Knappheit ist eine soziale Erfahrung, die Handeln prägt und begrenzt. Und sie ist eine soziale Konstruktion. Ziele, die Menschen jenseits von physisch bestimmten Grundbedürfnissen haben, sind in unterschiedlichen Ge-sellschaften und Epochen verschieden. Man versuche einmal, den Satz „Auf mein Auto kann ich nicht verzichten.“ in einen anderen historischen oder geografischen Kontext zu stellen Vielleicht ist es dies, was Kultur ausmachen mag: eine Normalitätsvorstellung zu dem, was Menschen wollen.

Alles dies lässt sich leicht auf künstlerische Ziele beziehen. Auch hier tut sich eine Schere auf zwischen dem, was Künstler wollen können und dem, welche Ressourcen sie zur Ver-fügung haben, um diese Ziele zu erreichen. Wo sich diese Schere auftut, stehen den Han-delnden mehrere Optionen zur Verfügung. Die erste stand bisher im Fokus: Wirtschaften, den Ressourcenverbrauch zu verkleinern, um Ziele besser erreichen zu können. Das zweite wäre, zusätzliche Ressourcen zu beschaffen, um mehr Ziele erreichen zu können. Das dritte

8 Dieter Haselbach

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schließlich, die Ziele so zu modifizieren oder zu priorisieren, dass sie mit den verfügbaren Ressourcen erreichbar werden, also weniger wollen. Es zeigt sich schnell, dass die zweite Möglichkeit auch ein Wirtschaften ist, nur womöglich an anderer Stelle. Denn auch ein solches Handeln stößt auf Grenzen. Es entsteht Aufwand zur Vergrößerung des Spielraums, was wiederum Ressourcen verbraucht. Letzteres muss weniger sein als ersteres. Und wieder ist man im Modus des Wirtschaftens.

Etwas anders sieht das bei einem Perspektivwechsel aus: Wenn die Ausweitung der Res-sourcenbasis meines Handelns auf Kosten Dritter gehen kann, die sich dann ihrerseits mit einer bei ihnen wachsenden Knappheit herumschlagen müssen, dann ist das für mich eine gute, vielleicht allenfalls für jenen Dritten eine problematische Lage. Dies wäre etwa dort der Fall, wo ein Teil der Ressourcen für die Verfolgung eines künstlerischen Ziels aus einer öffentlichen Förderung kommen. Dann müssten sich die öffentlichen Förderer der Kunst damit herumschlagen, bei welchen anderen Zielen sie zurückstecken, um ein künstlerisches Ziel ohne Einschränkungen zu ermöglichen. Nur auf diesem Weg übrigens ist es mir möglich, Ziele zu verfolgen, ohne dass ich auch gleich wirtschaften müsste: um hier keine Grenzen zu haben, muss eben woanders gewirtschaftet werden.

In den Auseinandersetzungen um die Verteilung öffentlicher Ressourcen auf Ziele können viele Argumente mobilisiert werden. Für die Künste ist es ein attraktives (und nicht ganz aussichtsloses) Argument, dass es nicht zumutbar sei, in den Künsten zu wirtschaften. Viel-mehr lebe die Kunst davon, dass sie Grenzen überschreite. Dieses Argument mag angehen, wo sich Adressaten und Adressatinnen finden, die es glauben. Es geht dann aber nur um einen sektoralen Vorteil und hebt nicht jene Grunderfahrung auf, dass Ziele weniger Grenzen haben als die Mittel. Und dass also gewirtschaftet werden muss.

Nicht wirtschaften müssen Menschen, wo es Fülle gibt, wo von allem genug da ist; dort muss man sich nicht entscheiden, welche Ziele verfolgt werden sollen. Ein schöner Zustand wäre dies, er ist aber nur zu erreichen, wo entweder Menschen gelernt haben, weniger zu wollen oder als eine sektorale Ausnahme von der Knappheitserfahrung. Eine Gesellschaft kann entscheiden, solche Ausnahmen zu organisieren, etwa ein Opernhaus so auszustatten, dass es aus dem Vollen handeln kann. Ob künstlerische Ziele einer Inszenierung besser zu erreichen sind, wenn Mittel unbegrenzt zur Verfügung stehen, ist eine Frage, die hier nicht verfolgt werden muss. Hier mag getrost im Folgenden davon ausgegangen werden, dass in aller Regel auch in den Künsten gewirtschaftet werden muss.

2. Betrieb

Zum Phänomen des Betriebs kann man sich mit folgender Arbeitsdefinition annähern: Der Betrieb ist die Fassung eines Ziels (oder einiger miteinander verbundener Ziele) als Insti-tution. Unter einer Institution ist ein Regelwerk zu verstehen, das ein Innen und ein Außen organisiert: Handeln in der Institution ist an Regeln gebunden, von außen kann die Institution an ihrem Ziel identifiziert werden (wenn man Institutionen hier nicht berücksichtigt, die geheime Ziele verfolgen oder die als solche geheim sind: das ist schwerer zu erkennen). Die Regeln in einem Betrieb sind auf die Realisierung von Zielen zweckmäßig ausgerichtet. Zu

9Der Kulturbetrieb

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diesen Regeln gehören auch solche über das Wirtschaften, also darüber, wie mit Knappheit umgegangen wird.

Das Besondere eines Betriebs lässt sich im Kontrast zu einem Haushalt herausarbeiten. Ein Haushalt organisiert seine Mitglieder, ein Betrieb ein Ziel. Die Ziele der Mitglieder eines Haushalts werden in irgendeinem Prozess (durch den Haushaltsvorstand, durch ein demo-kratisches Entscheidungsverfahren, nach Gewohnheit) so abgestimmt, dass einige Ziele aus den vorhandenen Mitteln erreicht werden können. Mindestens muss es fürs Überleben der Mitglieder reichen. Schön ist, wenn es noch etwas dazu gibt. Das Ideal eines Haushalts ist das Wohlergehen seiner Mitglieder. Ein Betrieb dagegen ist einseitig, er ist nur das eine Ziel oder Zielbündel. Er wird alles tun, um dieses Ziel zu erreichen, was auch einschließt, die Mittel zu erlangen, die er für seine Ziele braucht. Ideal des Betriebs ist, das Ziel zu erreichen. Der Haushalt hat ein gutes Leben im Blick, also eine Abwägung. Aber beide, Haushalte und Betriebe wirtschaften, gehen mit der Knappheit um, die sie erfahren oder um die sie sich konstruieren. Der Haushalt erfährt Knappheit als ein Überschießen der Ziele über die Mittel, sein Wirtschaften ist zuerst ein Haushalten, ein Umgang mit konkurrierenden Zielen. Der Betrieb erfährt Knappheit erst bei den Mitteln, sein Wirtschaften bezieht sich auf den Umgang mit den Mitteln.

Sinnfällig wird der Unterschied von Haushalt und Betrieb immer dann, wenn Betriebe da-rauf angewiesen sind, ihre Mittel aus Haushalten zu beziehen. Wenn also etwa künstlerische Betriebe gefördert oder subventioniert werden. Dann stoßen zwei unterschiedliche soziale Logiken aufeinander. Für den Haushalt wird ein Ziel neben anderen unter dem Gesichts-punkt des Wohlergehens erwogen, für den Betrieb gibt es nur den einen Zweck, denn der Betrieb ist nichts anderes als dieser Zweck. Der abwägenden Haltung dort steht die fordernde Dringlichkeit hier entgegen. Die Handlungen der je anderen Seite sind mit der eigenen Handlungslogik nicht verstehbar.

Haushalte jedenfalls werden in der Regel darauf bestehen, dass Betriebe, die von ihnen geför-dert oder subventioniert werden, wirtschaften: Angesichts der vielen Ziele, die in Haushalten verfolgt werden müssen, um Wohlergehen zu erreichen, sind aus Sicht des Haushalts die Mittel für jedes der ausgewählten Ziele knapp. Entsprechend liegen die Erwartungen an die Betriebe, an die einzelne Ziele ausgelagert sind. Sie sollen so handeln, dass sie möglichst wenige der Ressourcen der Haushalte brauchen. Dieser begriffliche Zugang löst ein Miss-verständnis auf, das gerade bei künstlerischen Betrieben immer wieder aufkommt, und das ein großer kulturpolitischer Aufreger ist: Muss ein Betrieb wirtschaftliche Ziele anstreben? Hier zeigt sich der begriffliche Sinn der Unterscheidung zwischen Wirtschaften als Modus und wirtschaftlichen Zielen: Jeder Betrieb wird bestrebt sein, sich so zu organisieren, dass seine Ziele im wirtschaftlichen Modus erreicht werden. Ob aber zu den Zielen eines Betriebs auch ein wirtschaftliches Ziel gehört, etwa das Ziel, einen Eigentümer oder Intendanten reich zu machen, eine gewisse Verzinsung des eingesetzten Kapitals zu erreichen, ist eine ganz andere Frage, und muss für jeden Betrieb einzeln beantwortet werden. Es ist dies jedenfalls nicht Gegenstand einer Definition von „Betrieb“.

Betriebe können sehr unterschiedliche Ziele haben, es müssen keine wirtschaftlichen Ziele dabei sein. Das aber lässt sich sagen: Nur der Betrieb kann seine Ziele erreichen, der auch die Mittel mobilisiert, die er für die Erreichung seiner Ziele braucht. Aus der Handlungslogik

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des künstlerischen Betriebs mag es sich manchmal so anfühlen, als ob sie von den Haushalten wirtschaftliche Ziele aufgegeben bekommen. Das ist aber nicht der Punkt: auch den Haus-halten geht es um diese künstlerischen Ziele. Dafür fördern und subventionieren sie. Aber Verschwendung ist aus der Handlungslogik der Haushalte zu vermeiden, das widerspräche dem Prinzip des Haushaltens.

Ein Beispiel aus den darstellenden Künsten mag verdeutlichen, warum diese Unterschei-dungen wichtig sind. Die Rahmenbedingungen öffentlicher Theater (was immer deren Ziele im Einzelnen sein mögen) sind durch einen hohen Grad an Vereinbarung und tariflicher Verrechtlichung gekennzeichnet. Diese Betriebe können ihre Ziele nur erfüllen, wenn sie sich den Regeln unterwerfen, oder wenn es ihnen gelingt, sich der Regelsysteme zu entledi-gen. Und genau dies wird dann bestimmen, wie sie wirtschaften. Solange die sie tragenden öffentlichen Haushalte das Wohlergehen der Haushaltsmitglieder mehr dadurch gefördert sehen, dass diese Regeln eingehalten werden, so wird dies geschehen. Wenn öffentliche Haushalte andere Bewertungen anlegen, dann eben nicht mehr.

3. Ökonomisierung

Wenn es in Betrieben regelmäßig um das Wirtschaften geht, dann stellt sich als letzte allge-meine Frage die, ob Wirtschaften grundsätzlich im Widerspruch mit künstlerischen Zielen des Kulturbetriebs steht oder in einen solchen Widerspruch geraten kann. Gibt es eine Dialektik zwischen künstlerischen Zielen und dem Modus des Wirtschaftens? Die Antwort liegt in einem schon oben gegebenen Hinweis: Es geht um unterschiedliche Dimensionen menschlichen Handelns. Im Ziel ist festgelegt, was durch das Handeln erreicht werden soll. Hier liegt die Priorität. Wirtschaften ohne Ziel ist sinnlos. Geiz? Ein womöglich pathologisches Ziel, das Sparen, ist dominant: aber es ist doch ein Ziel. Andersherum gilt auch: Ob das Ziel auf mehr oder weniger wirtschaftliche Weise erreicht wird, betrifft nicht das Ziel.

Ob ein Künstler mit seinen Ressourcen gut wirtschaftet oder nicht, darf dem Rest der Welt gleichgültig sein und hat auch nichts damit zu tun, ob dieser Künstler mit seiner Kunst bei anderen Anklang und Anerkennung findet. Es sei denn, jener Künstler erwartet, dass seine Ressourcen durch Dritte, etwa die Öffentliche Hand oder einen Mäzen eingebracht werden, oder dass sie durch einen Verkauf des künstlerischen Produkts wieder ersetzt werden. Dann mag es für die Adressaten der Erwartung relevant sein, ob verschwendet wurde.

In der Diskussion des Verhältnis‘ von Kultur und Wirtschaft steht der Begriff der ‚Öko-nomisierung‘ für die gegenteilige Behauptung. Meist in kritischer Absicht wird von der Ökonomisierung immer weiterer Lebensbereiche im Kapitalismus und zumal unter einem „neoliberalen Regime“ gesprochen. Was wäre die Ökonomisierung der Kunst oder die Ökono-misierung der Kultur? Es wäre dies, dass namentlich öffentlich geförderte oder subventionierte künstlerische Betriebe nicht mehr künstlerische, sondern wirtschaftliche Ziele verfolgen, oder von den Geldgebern genötigt würden, wirtschaftliche Ziele zu verfolgen. Es wäre aber ein anderes Theater, in dem nicht Kunst, sondern das Geldverdienen im Vordergrund steht. Und ein anderes Museum, das nicht Aufklärung durch seine Sammlung und Ausstellungen, sondern Verwertung dieser Sammlung in Geld sich auf die Fahne schriebe. Es wären dies

11Der Kulturbetrieb

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andere Ziele. Bei solchen Zielen würde der Grund wegfallen, unter dem die Förderung oder Subventionierung aus öffentlichen Haushalten vorher stand.

Wären alle künstlerischen Handlungsfelder und Betriebe in diesem Sinne ökonomisiert, so wäre das nicht weniger als das Ende von Kunst und Kultur. Wenn Kunst ihre Eigenart daraus erhält, dass sie am Werk als Ziel festhält, dann wäre eine Unterwerfung unter das Ziel der Plusmacherei die Aufgabe ihres Wesenskerns. Möglicherweise könnte unter solchen Bedingungen der eine oder andere Kunstbetrieb noch eine Weile weiterlaufen und niemand würde es merken. Aber: Kunst käme nicht mehr zustande.

Dass der Vorwurf der Ökonomisierung von künstlerischen Betrieben auch einmal taktisch in der Konkurrenz um Geld aus öffentlichen Haushalten verwandt wird, macht das Verständnis von Begriff und Begriffsgebrauch nicht einfacher. Die Artikulation einer Angst vor Ökono-misierung geht dann meist einher mit einer Forderung, mehr öffentliche Förderung auf die je eigenen Ziele eines Betriebs zu lenken oder wenigstens den bisher üblichen Geldfluss zu verteidigen. Es wird dann argumentiert, dass der Betrieb ohne dieses Geld wirtschaftlichen Zielen folgen müsse. Ökonomisierung bedeutet dann, dass Kunst – vor allem aber: dass Kulturinstitutionen – durch die öffentliche Zuweisung von Ressourcen in ihren Möglich-keiten beschränkt würden, dass sie Knappheit intensiver erfahren. Hinter einer solchen Argumentation steht in der Regel die unausgesprochene Überzeugung im Betrieb, dass die beste Voraussetzung zur Realisierung künstlerischer Ziele die Existenz und die gegebene Ausstattung des infrage stehenden kulturellen Betriebs ist. Hier vermischen sich manchmal Interessen am Selbsterhalt des Betriebs und der Freiheiten, die er den in ihm Beschäftigten bietet, mit denen zur Erreichung eines künstlerischen Ziels.

4. Formen von Kulturbetrieben

Künstlerische Betriebe gibt es in einem breiten Spektrum von Formen. Die Unterscheidung öffentlicher und privater Betriebe leuchtet sofort ein, sie richtet sich auf die Eigentümer der Betriebe. Die unterschiedlichen Rechtsformen, die für Betriebe, vor allem Wirtschaftsbetriebe, kodifiziert sind, sind weniger übersichtlich.

Zunächst zur Unterscheidung der Betriebe nach Eigentümern. Kriterium ist, wem der Betrieb gehört, oder genauer, wer ihn kontrolliert. Damit einher geht die Frage, welche Ziele in einem solchen Betrieb üblicherweise verfolgt werden.

Private oder erwerbswirtschaftliche Formen sind auch bei den künstlerischen Betrieben in der europäischen Wirtschaftsordnung der Normalfall. Sie gehören privaten Eignern, seien es Personen, Personengruppen, selbst privatrechtlich organisierte Körperschaften, jedenfalls aber nicht einer öffentlichen Körperschaft. Mit der Ausnahme von mäzenatischen Betrieben (dazu unten) mischt sich bei privaten Betrieben mit den künstlerischen Zielen das Ziel der Eigner, einen Unternehmerlohn, vielleicht auch eine Verzinsung eventuell eingesetzten Kapitals zu erwirtschaften. Wie sich künstlerische und unternehmerische Ziele miteinander mischen, unterliegt keiner allgemeinen Regel. Ob ein erwerbswirtschaftlicher Betrieb in die Kategorie der künstlerischen Betriebe fällt, ist nicht vorab definitorisch festzulegen, sondern ergibt sich aus den Zielen, die dieser Betrieb verfolgt und daraus, welcher Zielmischung in

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einer solchen Definition noch zuerkannt werden soll. Die Fülle des Lebens sprengt jede De-finition. Wenn erwerbswirtschaftliche Betriebe nicht wirtschaften, werden sich regelmäßig andere finden, die es besser können. Die Nachfrage entscheidet, welche Betriebe bestehen und welche eingestellt werden. Das hat manchmal, aber nicht immer damit zu tun, in welcher Mischung wirtschaftliche und künstlerische Ziele verfolgt werden.

Ein Exkurs zu kultur- und kreativwirtschaftlichen Betrieben: Sie gehören dem erwerbswirt-schaftlichen Bereich an, sind aber nicht unbedingt durch künstlerische Ziele geprägt. Nach der gängigen Definition umfasst die Kulturwirtschaft zum einen Betriebe, die in enger oder weiterer Beziehung zu einem künstlerischen Akt stehen, zum anderen Betriebe, in denen ein außergewöhnlich großes Maß „kreativer“ Arbeit geleistet werde. Dass es in der Definition und der öffentlichen Diskussion um die Kultur- und Kreativwirtschaft nur um erwerbswirtschaft-liche Betriebe geht, hängt mehr an der statistischen Quelle als an dem Wunsch, definitorisch die nicht-erwerbswirtschaftlichen Betriebe auszuschließen: Nur was in der Umsatzsteuersta-tistik steht, qualifiziert für die Kultur- und Kreativwirtschaft, aus der Umsatzsteuerstatistik heraus wurde sie definiert. In dieser Statistik stehen aber keine Zahlen für Betriebe, die nicht dieser Steuer unterliegen, womit der nicht-erwerbliche und der steuerbefreite Bereich nicht ins Blickfeld kommen. Wichtig für die Formierung der Kultur- und Kreativwirtschaft ist eine Hoffnung oder ein Bias: Diesem Teil der Erwerbswirtschaft werden außergewöhnliche Wachstumsimpulse zugeschrieben, die auf den gesamten erwerbswirtschaftlichen Sektor ausstrahle. Kultur- und Kreativwirtschaft gilt als dann ein Wachstumsmotor in der Wissen-sökonomie der spätindustriellen Gesellschaft. Eine solche Hoffnung wird allerdings durch die statistischen Zahlen nicht gestützt.

Wie weit in der Definition der Kultur- und Kreativwirtschaft der Kreis um einen schöpfe-rischen Akt des Künstlers gezogen wird, ergibt sich daraus, welche politische Absicht mit dem Begriff verfolgt wird: Geht es darum, den Sektor der Kultur- und Kreativwirtschaft als groß und bedeutend erscheinen zu lassen, wird der Kreis rund um den Akt der Künstlerin oder des Künstlers größer. Man kann so beispielsweise Druckereien und Buchbindereien der Kulturwirtschaft zuschlagen, weil der künstlerische Akt des Schreibens (in digitalen Zeiten: noch und teilweise) auf Drucken und Binden angewiesen ist, um zum Publikum zu finden. Man kann aber auch mit dem Argument, dass mehr Werbung gedruckt und mehr Esoterik gebunden wird als Bücher von Künstlern, auf eine solche Zurechnung verzichten. Die Zuord-nung von Branchen zu mehr oder weniger kreativen Tätigkeiten schließlich ist willkürlich, sinnfrei. Kurz: man kann aus der Beschäftigung mit der Kultur- und Kreativwirtschaft zum Thema Kulturbetrieb nichts lernen.

Öffentliche Kulturbetriebe sind Betriebe unter der Kontrolle öffentlicher Hände. Sie ver-folgen als Betriebe einen öffentlichen Auftrag, ihr Ziel ist mit diesem öffentlichen Auftrag identisch. Bei künstlerischen Betrieben beschränkt sich der Auftrag der öffentlichen Hand auf eine generelle Beschreibung des künstlerischen Feldes und ungefähre Leistungsgrößen; er ist meist nicht ausformuliert. Inhaltlich beanspruchen öffentliche Betriebe die in der Verfassung kodifizierte künstlerische Freiheit. Sie tun recht daran, denn ohne diese Freiheit gibt es keine Kunst, womit auch der öffentliche Auftrag nicht erfüllt wäre. Öffentliche Kul-turbetriebe verfolgen keine erwerbswirtschaftlichen Ziele. Aber wie gesehen wird von ihnen erwartet, dass sie wirtschaften.

13Der Kulturbetrieb

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Zwischen dem erwerbswirtschaftlichen und dem öffentlichen Betrieb gibt es eine dritte und eigenständige Form, den privaten mäzenatischen Betrieb: Dies ist ein Kulturbetrieb, der zwar unter privater und eben nicht öffentlicher Kontrolle steht, der aber keine wirtschaftlichen Ziele oder wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer verfolgt. Am einen Ende des Spektrums solcher Betriebe denke man an das nicht seltene Arrangement, bei denen aus dem privaten Umfeld ein Partner oder eine Partnerin jemanden unterstützt, um ihm oder ihr künstlerische Arbeit zu ermöglichen. Das ist Mäzenatentum im privaten Nahbereich und es ist gleichzeitig eine sehr häufige, öffentlich aber kaum wahrgenommene Form der Kunstförderung. Belastbare Zahlen gibt es hier nicht. In der Mitte des Spektrums stehen Zusammenschlüsse von Personen, etwa Vereine, die künstlerische Ziele verfolgen und dabei ihre Mittel selbst aufbringen. Dies ist der Kern der organisierten Laienkultur, auch hier liegt ein wenig erforschtes kulturelles Handlungsfeld. Das andere Ende des Spektrums markiert die Kunstförderung aus einem Kapitalstock, etwa eine als Förderin der Künste aktive private Stiftung. Alle diese privaten Betriebe sind frei darin, welche Ziele sie verfolgen, diese Freiheit erwächst daraus, dass sie die Ressourcen zur Verfolgung dieser Ziele selbst mitbringen. Das unterscheidet sie von öffentlichen Betrieben. Die Abwesenheit erwerblicher Zielen unterscheidet vom privaten Kulturbetrieb – hier gibt es fließende Übergänge.Die zweite gängige Unterscheidung von Betrieben ist die danach, in welcher Rechtsform sie auftreten. Was sind und wozu gibt es unterschiedliche Rechtsformen? Sie stellen Trans-parenz her. Transparenz ist ein hoher Wert für alle Teilnehmerinnen am wirtschaftlichen Geschehen, namentlich für die öffentlichen Hände, die wissen wollen, welche Anlässe zur Besteuerung entstanden sind. Rechtsformen regeln das gerade in der privaten Wirtschaft wichtige Problem der Haftung für ein Unternehmen. Wo als Subjekt einer Handlung eine Person erkennbar ist, ist auch für alle Partner nachvollziehbar, dass sie für ihr Handeln und die Folgen ihres Handelns verantwortlich ist. Eine solche Person haftet für die Folgen ihres Handelns theoretisch unbegrenzt, tatsächlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Schon bei einer Gruppe von Personen werden Verantwortlichkeit und Haftung zum Problem für Dritte, sind von außen nicht gut erkennbar. Spätestens aber, wenn ein Betrieb als „juristische Person“ gefasst ist, muss rechtlich kodifiziert sein, was dieser Betrieb ist und kann und wie es um die Haftung und die Fähigkeit hierzu bestellt ist. Nur so ist es möglich, dass Dritte wissen, woran sie bei diesem Betrieb sind.Die Frage nach der „richtigen“ Rechtsform ist eine Zweckfrage. Was soll ein Betrieb leisten? welche Haftungsregelung ist dafür sinnvoll? welche Abgabenpflichten sind zu beachten? wie soll ein Betrieb gesteuert werden? wer ist einzubinden? wie soll er innerlich verfasst sein? Die Rechtsformfrage für privatwirtschaftliche Betriebe beantworten betriebswirtschaftliche Lehr- oder Handbücher. Hier soll knapp darauf eingegangen werden, welche Kriterien im öffentlichen Bereich angelegt werden, um die „richtige“ Rechtsform zu finden. Eine Liste möglicher Rechtsformen kritisch zu besprechen, würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen (vgl. hierzu den Beitrag von Schneidewind / Trockel in diesem Buch).Kriterien zur Rechtsformfrage für öffentliche Kulturbetriebe können in drei Gruppen gegliedert werden. (1) Welche Form ist richtig für die Erbringung der Leistung, für die Zielerreichung? (2) Welche Aufwände und Kosten sind rechtsformspezifisch? (3) Welche Möglichkeiten bietet die Rechtsform für die notwendige Steuerung, intern und extern durch die öffentlichen Geldgeber?

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Diese Kriterien können dann in Unterkriterien untergliedert werden: Unter der ersten Gruppe stehen zum Beispiel Fragen nach der künstlerischen Autonomie eines Betriebs, wenn dies qualitätsrelevant ist, nach einer Organisation, in der die Mitarbeiterinnen zu besten Leistun-gen motiviert sind u. a. m. Die zweite Gruppe fokussiert die Kosten der Organisation: Es ist formal aufwendiger, eine GmbH zu führen als einen Verein, für erstere gibt es gesetzlich vorgeschriebene Pflichten in Buchhaltung und Gestaltung des Jahresabschlusses, bei letz-terem allerdings kann die demokratische Mitbestimmung der Vereinsmitglieder aufwendig sein. Bei letzterer Gruppe stehen Fragen wie die nach Eigentumsverhältnissen, nach der Einbindung in die Beteiligungsverwaltung einer öffentlichen Körperschaft, die Regelung von Managementverantwortung, die Nähe oder Ferne zu öffentlichen Haushalten. Aus einer Abwägung dieser Fragen im Licht der öffentlichen Ziele und der Steuerungskultur, in der die Betriebe geführt werden sollen, lässt sich aus dem breiten Spektrum möglicher öffentlicher und privater Rechtsformen das Richtige finden.

Öffentlich sind auch Betriebe in einer privatrechtlichen Form, die so aussehen wie ein privat-wirtschaftlicher Betrieb (z. B. die gemeinnützige GmbH). Entscheidend ist, dass sie öffentliche Eigentümer haben und öffentlich definierte Ziele verfolgen. Erwerbswirtschaftliche Ziele sind in eine Rechtsform nicht eingeschrieben, sondern sie sind eine Möglichkeit. So werden inzwischen viele öffentliche Theaterbetriebe als GmbH, also in einer privatrechtlichen Form geführt, weil die Steuerung eines solchen Betriebs viel größere Flexibilität zulässt als die Einbindung als Amt, Regiebetrieb oder auch Eigenbetrieb o.ä. im öffentlichen Haushalt. Und dies, ohne, dass ihnen in dieser Form mehr abverlangt würde als zu wirtschaften.

5. Ordnungspolitik

Die letzte Frage in diesem Text schließt den Kreis, konzentriert dabei noch einmal auf öf-fentliche Kulturbetriebe. Warum gibt es eigentlich Förderung, warum öffentliche Betriebe in der Kultur? Grundsätzlich steht die Antwort oben schon: weil es öffentliche Ziele gibt, die durch die Förderung von Kunst erreicht werden sollen. Diese öffentlichen Ziele sind Teil einer Entscheidung in den Haushalten, wie ein gutes Leben gestaltet werden soll.

Es sind meritorische Motive, die Haushalte dazu bewegen, Mittel für kulturelle Ziele ein-zusetzen. Meritorisches Handeln geschieht auf Märkten, an sozialen Orten also, an denen Produzenten Waren und Dienstleistungen anbieten und Konsumenten sich entscheiden, was davon sie haben möchten (zumindest gilt dies, solange Kunstgenuss nicht unter Zwang ge-schieht), damit über den Erfolg der Anbieter entscheiden. Meritorisches Handeln, also die Stützung bestimmter Ziele aus öffentlichen Haushalten, bewirkt auf diesen Märkten, dass es von geförderten künstlerischen Angeboten mehr gibt oder dass es wohlfeiler angeboten werden kann, oft beides. Allerdings gilt auch die umgekehrte Beobachtung: Es agieren nicht nur mehrere öffentliche Haushalte mit ihren je eigenen Gestaltungsvorstellungen, sondern auch private Betriebe. Jeder geförderte Betrieb trifft auf andere Betriebe, die je eigene Ziele verfolgen und die möglicherweise im selben Handlungsfeld agieren. Aus der Logik der öffentlichen Haushalte, dem Abwägen von Zielen, sollte folgen, dass erstens nur solche Betriebe gestützt werden, die einen klar formulierte öffentlichen Auftrag haben, zweitens die Förderung nur dort erfolgen sollte, wo es keine Betriebe gibt, die das öffentlich gewollte Ziel

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aus Eigenantrieb und ohne Förderung durchführen, schließlich drittens, dass die öffentliche Förderung nicht selbst Verhältnisse herstellt, in denen private Anbieter aus dem Markt ge-drängt werden, denn dann wird Förderung alternativlos. Diese drei Überlegungen zeichnen die Umrisse einer Ordnungspolitik der Kulturförderung.

Derzeit folgt Kulturpolitik nicht dem hier entfalteten begrifflichen Verständnis und ist sich über die ordnungspolitischen Implikationen der Förderpraxis meist nicht bewusst. Förderung erfolgt nicht aus klar definierten Zielen heraus, sondern in institutioneller Tradition. Das heißt, dass die beste Chance auf Förderung hat, wer schon immer gefördert wurde, nicht, wer öffentliche Ziele verfolgt. Alles so wie immer zu machen, kann zwar auch ein Wert sein, der zu einem guten Leben gehört. Zumindest sind die etablierten Interessen dann gut bedient. Es funktioniert ein solches Haushalten allerdings nur so lange, wie sich auch sonst nichts ändert. Das kulturpolitische Ziel eines „Weiter so“ bezieht sich weniger auf eine Definition guten Lebens als auf die Legitimation einer politischen Praxis, die den Weg des gegenwärtig geringsten Widerstandes geht. Kulturpolitik braucht Mut, das bedeutet klare Begriffe, einen nüchternen Verstand und einen Blick auf die Wirkungen des eigenen Handelns. Sonst wird sie nicht reflexiv, also nicht modern, sondern irrelevant.

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Der Kulturbetrieb in DeutschlandArmin Klein

1. Der Kulturbetrieb in Deutschland – systematisch betrachtet

Der Begriff „Kulturbetrieb“ bezeichnet zweierlei.

1. Einerseits ist damit eine einzelne kulturelle Einrichtung wie z. B. ein bestimmtes Theater, ein bestimmtes Museum, ein Orchester, ein soziokulturelles Zentrum oder eine Musik- oder Volkshochschule gemeint. Mit deren innerbetrieblichen Steuerung befasst sich vorrangig die Disziplin des Kulturmanagements, das somit gleichsam die Betriebswirtschaftslehre des Kulturbetriebs darstellt.

2. Andererseits versteht man unter Kulturbetrieb aber auch die Gesamtheit aller Einrich-tungen, Organisationen und Institutionen, die sich mit der Produktion und Distribution bzw. Vermittlung von Kunst und Kultur befassen; in diesem Sinne spricht man dann von dem „Kulturbetrieb in Deutschland“ – etwa im Vergleich zu dem in den USA oder in Frankreich. Die sich damit befassende entsprechende Disziplin, also quasi die Volkswirt-schaftslehre des Kulturbetriebs in seiner Gesamtheit, ist die Kulturökonomik (vgl. hierzu die Beiträge von Haselbach und Gottschalk).

1.1 Das Drei-Sektoren-Modell des Kulturbetriebs

Um den Kulturbetrieb in Deutschland in seiner Gesamtheit analytisch genauer zu fassen und dabei der Frage nachzugehen: Wer produziert Kulturprodukte (d. h. kulturelle Güter und Dienstleistungen), unterscheidet das Kulturmanagement zunächst unter dem Aspekt der rechtlichen Verfasstheit („Rechtsform“) zwei große Bereiche: auf der einen Seite den öffentlich-rechtlichen Sektor (zu dem beispielweise die Staats- und Stadttheater, die Kulturorchester, die Landes- und Stadtmuseen, das Archivwesen usw., aber auch die städtischen Kulturämter oder auf Landesebene die Ministerien bzw. die Abteilungen für Kunst und Kultur gehören) und auf der anderen Seite den privatrechtlichen Sektor. Darunter fallen alle Kulturbetriebe, die nicht öffentlich-rechtlich organisiert sind, sondern nach Privatrecht verfasst (vgl. hierzu ausführlich Heinrichs 2006).

Allerdings muss bei genauerer Analyse festgestellt werden, dass die zweite Kategorie („privatrechtlich“) noch zu unscharf ist, um die Realität exakt zu erfassen; sie lässt sich – je nach spezifischer Zielsetzung des jeweiligen Kulturbetriebs - weiter differenzieren in einen privatrechtlich-kommerziellen Bereich (zu dem z. B. das Verlagswesen, die Film- und Musikindustrie, die Musical-Theater, der Kunstmarkt mit Galerien, Auktionshäusern und Messen usw. zu rechnen sind) und einen privatrechtlich-gemeinnützigen Bereich (hierunter fallen beispielsweise die gerade in Deutschland so zahlreichen Kunst- und Literaturvereine,

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Musikvereine und Chöre, selbstverwaltete soziokulturelle Zentren und freie Theatergruppen usw.; vgl. dazu Heinrichs 2006 S. 22)

Zentrales Unterscheidungskriterium für die drei dargestellten Bereiche unter dem zweiten Gesichtspunkt ist, wie gesagt, ihre jeweils unterschiedliche Zielsetzung: Geht es im öffent-lich-rechtlichen Kulturbereich um die Erfüllung eines kulturpolitischen Auftrags (entweder auf explizit gesetzlicher Grundlage im Archivwesen, im Denkmalschutz, in der kulturellen Bildung oder als Ergebnis einer kulturpolitischen Übereinkunft, wie z. B. im Theater, im Museum, in der öffentlichen Musikschule), so orientiert sich der privatwirtschaftlich-kom-merzielle Sektor vor allem am finanziellen Gewinn, zumindest aber an der Existenzsicherung des jeweiligen Kulturbetriebs. Eine Kunstgalerie beispielsweise, die einen Künstler oder eine Künstlerin vertritt, verdient am Verkauf dessen Werke.

Der privatrechtlich-gemeinnützige Sektor (auch Non-Profit-Sektor) wiederum ist – wie auch der öffentlich-rechtliche – inhaltlich primär am Gemeinwohl bzw. kulturell-inhaltlich orientiert; dabei geht es nicht um Gewinn – wie die Bezeichnung „Non-Profit“ ja bereits sagt. Eine solche ideelle Zielsetzung kann z. B. die eigene Selbstverwirklichung (etwa im Chorgesang oder im Musikverein) sein oder die Förderung der Selbstverwirklichung von Dritten (indem man z. B. Mitglied in einem Kunst- oder Literaturverein wird und jungen Künstlerinnen und Künstlern Ausstellungs- und andere Förderungsmöglichkeiten eröffnet). Die Organisationen dieses Sektors haben in aller Regel den Status der Gemeinnützigkeit, setzen aber nicht vorrangig kulturpolitisch festgelegte Ziele um, sondern wollen private oder zivilgesellschaftlich formulierte Ziele realisieren.

1.2 Die volkswirtschaftliche PerspektiveAus einer anderen, nämlich der volkswirtschaftlichen, Perspektive kann man die Kulturbetriebe in Deutschland aber auch insgesamt (also nicht nach der jeweiligen Rechtsform oder Zielset-zung) betrachten und analysieren, nämlich als Quelle von Wertschöpfung und Bereitstellung von Arbeitsplätzen. Aus diesem Blickwinkel stehen also das privatwirtschaftlich-kommer-zielle Musicaltheater auf einer Stufe mit dem öffentlich-rechtlichen Staats- und Stadttheater, die gewinnorientierte Galerie und das Aktionshaus mit dem gemeinnützigen Kunstverein usw. Unter dieser Fragestellung kommt man dann beispielsweise zu folgenden Aussagen:

• „Im Jahr 2013 sind in der Kultur- und Kreativwirtschaft schätzungsweise rund 249 Tausend Unternehmen tätig, die zusammen in Umsatzvolumen von 145 Milliarden Euro erwirtschaften.

• Rund 791 Tausend, und damit 2,67 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, sind in dieser Branche tätig. Hinzu kommen die rund 249 Tausend Selbstständigen.

• Die Kultur- und Kreativwirtschaft trägt 65,3 Milliarden Euro und somit 2,32 Prozent zur gesamten Bruttowertschöpfung bei“ (Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundes-regierung 2014, S. 4; Im Folgenden kurz: Monitoring 2014)).

Betrachtet man also die einzelnen Sektoren nicht getrennt, sondern gemeinsam (nämlich unter dem Aspekt ihrer wirtschaftlichen Leistung), so ergibt sich für die sog. „kleine Kulturwirt-schaft“ in Deutschland (d. h. also die Kulturproduktion in einem „engeren“ Sinn ohne z. B.

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den Presse- und Werbemarkt, Architektur, Design oder die Software- und Games-Industrie) folgendes Bild:

• Nach Unternehmen (absolute Zahlen)

Teilmarkt nach Unternehmen 2009 2013Musikwirtschaft 13.862 13.812Buchmarkt 16.232 17.063Kunstmarkt 13.763 13.032Filmwirtschaft 18.312 18.226Darstellende Künste 14.993 16.992

(Quelle: Monitoring 2014: Anhang)

Geht man nur von der Zahl der Unternehmen aus, so haben wir es mit einem weitgehend stabilen, teilweise sogar expandierenden Markt zu tun. Das bestätigt sich (mit Ausnahme des Buchmarkts, wo die Umsätze gesunken sind), wenn man die Zahl der in der kleinen Kulturwirtschaft erzielten Umsätze (in Millionen Euro) betrachtet.

• Nach Umsätzen (absolute Zahlen in Millionen)

Teilmarkt nach Umsätzen 2009 2013Musikwirtschaft 6.307 7.416Buchmarkt 14.848 13.908Kunstmarkt 2.146 2.413Filmwirtschaft 8.734 9.285Darstellende Künste 3.316 4.122

(Quelle: Monitoring 2014: Anhang)

• Nach Beschäftigten (absolute Zahlen)

Teilmarkt nach Beschäftigten 2009 2013Musikwirtschaft 46.813 47.495Buchmarkt 78.831 78.410Kunstmarkt 19.422 18.668Filmwirtschaft 58.496 56.868Darstellende Künste 32.295 37.013

(Quelle: Monitoring 2014: Anhang)

Bei diesen statistischen Zählungen ergeben sich allerdings durchaus Probleme bzw. die Gefahr von Doppelzählungen, etwa bei der Zuordnung einzelner im Kulturbetrieb Beschäftigter: Wie ist etwa der Musiker zuzuordnen, der halbtags an einer kommunalen Musikschule (öf-fentlich-rechtlicher Sektor) arbeitet, in seiner anderen Hälfte der Arbeitszeit als Privatlehrer (Selbständiger, d. h. privatrechtlich-kommerzieller Sektor) tätig ist und in seiner Freizeit als Dirigent des lokalen Musikvereins (privatrechtlich-gemeinnütziger Sektor) wirkt? Oder der Schauspieler an einem Staatstheater (öffentlich-rechtlicher Sektor), der nebenbei als

19Der Kulturbetrieb in Deutschland

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„Tatort“-Kommissar (privatrechtlich-kommerzieller Sektor) auftritt und in seiner Freizeit als Mitglied einer freien Theatergruppe tätig ist? Dies sind nur einige der Probleme, mit der sich die öffentliche Finanzstatistik im Kulturbereich auseinander setzen muss (vgl. hierzu Kulturfinanzbericht 2012).

2. Der Kulturbetrieb in Deutschland nach Sparten betrachtet Musik

Das Monitoring der Bundesregierung gibt einen ersten statistischen Überblick über die in der Musikwirtschaft Tätigen bzw. die Zahl der Betriebe und die dort erzielten Umsätze.

Musikwirtschaft (2013) Anzahl Unternehmen Beschäftigte Umsatz in

Mill.

Selbständige Musiker/-innen 2.709 2.890 290

Musik-/Tanzensembles 1.479 5.758 240

Tonstudios etc. 662 1.580 138

Tonträgerverlage 360 1.875 1.012

Musikverlage 1.062 2.717 944

Theater-/Konzertveranstalter 1.319 8.413 1.743

Private Musical-/ Theaterhäuser 217 3.574 474

Dienstleistungen für darstellende Kunst 2.508 6.757 491

Einzelhandel Musikinstrumente 1.924 6.243 1.296

Einzelhandel mit Tonträgern 353 1.348 172

Herstellung Musikinstrumente 1.220 6.341 615

Summe 13.182 47.495 7.416

(Quelle: Monitoring 2014: Anhang)

Über das Musikleben gibt in Deutschland detailliert die Musikstatistik des Deutschen Musikrates zusammen mit dem Deutschen Musikinformationszentrums Auskunft (www.miz.org). Das Musikleben in Deutschland wird zunächst geprägt von den großen Orchestern; der Deutsche Bühnenverein zählte für die Spielzeit 2012/13 insgesamt 130 Orchester, davon 48 selbstän-

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dige Kulturorchester, 70 in Theater integrierte Orchester sowie 13 Rundfunkorchester; über deren Aufgaben und Fragestellungen informiert die Deutsche Orchestervereinigung (www.dov.org). Für die Ausbildung in Musikhochschulen (vgl. hierzu www.die-deutschen-musik-hochschulen.de/) ebenso wie in kommunalen Musikschulen (www.musikschulen.de Verband deutscher Musikschulen VdM bzw. Bundesverband deutscher Privatmusikschulen www.bdpm-musikschulverband.de/) sind in Deutschland ebenfalls weitgehend die öffentliche Hand, teilweise auch die Kirchen (Kirchenmusik) zuständig.

Besondere Bedeutung hat in Deutschland darüber hinaus die Laienmusik in den unterschied-lichsten Chören und Ensembles; hier zählt die Statistik insgesamt rund 172.600 verschiedene Ensembles mit über 5 Millionen aktiven Mitgliedern; nimmt man die fördernden Mitglieder hinzu, steigt die Zahl auf 6,8 Millionen in der Laienmusik engagierte (vgl. hierzu www.deutscher-chorverband.de/).

Zweifelsohne ist der Musikmarkt in den letzten Jahren am stärksten von der Digitalisierung betroffen. Insbesondere die digitale Distribution von Musik (Downloads, digitale Tausch-börden etc.) haben die herkömmlichen Strukturen weitgehend verändert (vgl. hierzu Höhne / Maier 2014).

2.1 KunstmarktIm Bereich der Bildenden Kunst ist das Zusammenspiel zwischen öffentlicher Hand (Kunst-museen, Kunsthochschulen usw.) und kommerziellem Markt (Kunsthandel, Messen, Auktions-häuser, Galerien), zwischen privatem (Sammler, Privatmuseen) und zivilgesellschaftlichem Engagement (Kunstvereine, Kunststiftungen) ganz besonders ausgeprägt. Über die Struktur gibt zunächst wiederum das Monitoring Auskunft.

Kunstmarkt (2013) Anzahl Unternehmen Beschäftigte Umsatz in

Mill.

Künstler/-innen 8.917 10.267 776

Einzelhandel mit Kunst 1.576 3.197 781

Museumsshops etc. 609 1.863 429

Einzelhandel Antiquitäten 1.931 3.342 428

Summe 13.032 18.668 2.413

(Quelle: Monitoring 2014: Anhang)

Der Deutsche Künstlerbund (www.kuenstlerbund.de/) wurde Anfang des 20. Jahrhunderts auf Initiative des Kunstförderers Harry Graf Kessler in Weimar von Lovis Corinth, Max Klinger, Alfred Lichtwark, Max Liebermann u. a. gegründet. Motivation war zunächst das gemeinsame Vorgehen gegen die Bevormundung durch den staatlichen Kunstbetrieb, und zwar mit dem Ziel, die Freiheit der Kunst zu sichern, verschiedenen Strömungen der Kunst

21Der Kulturbetrieb in Deutschland

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ein Forum zu geben und junge Künstler zu fördern. Derzeit gehören dem Deutschen Künst-lerbund rund 680 bildende Künstlerinnen und Künstler an. Mitglied werden kann prinzipiell jede/r in Deutschland lebende professionelle Künstler/in, unabhängig von der Nationalität. Ein Aufnahmeverfahren prüft Professionalität und Qualität der künstlerischen Arbeit.

Die Produzenten Bildender Kunst haben sich im Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (www.bbk-bundesverband.de/) zusammengeschlossen. In ständigem Kontakt mit den zuständigen Bundesministerien, mit dem Gesetzgeber und mit nachgeordneten Behörden bemüht sich der BBK um adäquate gesetzliche und soziale Rahmenbedingungen für den Berufsstand. Diejenigen, die sich zum Künstler berufen fühlen, können sich an einer der 24 Kunsthochschulen oder Akademien bewerben, die alle z. T. sehr unterschiedliche Studiengänge anbieten (www.hochschulen-deutschland.org/kunsthochschulen/).

Auf dem kommerziellen Markt agieren vor allem Galerien, Auktionshäuser und Kunsthänd-ler. Die Galerien sind zusammengeschlossen im Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler e. V. (BVDG) (www.bvdg.de/). Mit rund 340 Mitgliedern ist er der weltweit größte Zusammenschluss von Galeristen, Kunsthändlern und Editeuren, die hauptberuflich und überwiegend mit der Bildenden Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts handeln. Der BVDG engagiert sich für die Gestaltung der kulturpolitischen kommerziellen Rahmenbedingungen, innerhalb derer Kunstvermittlung stattfinden kann.

Die GEDOK (gedok.de/) ist als Verband der Gemeinschaften der Künstlerinnen und Kunst-förderer e. V., das älteste und europaweit größte Netzwerk für Künstlerinnen aller Kunstgat-tungen: Bildende Kunst / Literatur / Musik / Angewandte Kunst / ArtDesign / Interdisziplinäre Kunst / Schauspiel / Tanz. GEDOK zählt heute mehr als 2.800 Mitglieder in 23 deutschen Städten. Die Künstlervereinigung wurde 1926 in Hamburg als „Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnenvereine aller Kunstgattungen“ gegründet. 2010 löste sich die Sektion Österreich bis auf weiteres auf. 1990 gründeten sich nach der Wiedervereinigung weitere Regionalgruppen in den neuen Bundesländern, so dass der Verein mit seinen 23 Regionalgruppen heute ein funktionierendes Netzwerk bildet.

Die Internationale Gesellschaft der Bildenden Künste (IGBK)( (www.igbk.de/) schließlich ist das deutsche Nationalkomitee der International Association of Art (IAA). In ihr sind die drei wichtigsten deutschen, überregional tätigen Künstlerorganisationen gleichberechtigt zusammengeschlossen: der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK), der Deutsche Künstlerbund sowie der Verband der Gemeinschaften der Künstlerinnen und Kunstförderer (GEDOK). Damit repräsentiert die IGBK mehr als 14.000 bildende Künst-lerinnen und Künstler.

Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine (ADKV) ist der Dach- und Fachverband der in Deutschland ansässigen nichtkommerziellen Kunstvereine, die sich der Präsentation und Förderung zeitgenössischer Kunst widmen (www.kunstvereine.de/). Ihr gehören rund 290 Kunstvereine an, die insgesamt etwa 120.000 Mitglieder haben. Die ADKV wurde 1980 gegründet. Ihr Sitz ist Berlin. Die ADKV versteht sich als Mittlerin zwischen Kunst, Politik, Medien und der von bürgerschaftlichem Engagement getragenen Institution Kunstverein. Sie unterstreicht mit ihrer Arbeit die große kulturpolitische Bedeutung der Kunstvereine, die auf eine über 200-jährige Geschichte zurückblicken können.

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2.2 Darstellende Kunst

Darstellende Künste (2013) Anzahl Unternehmen Beschäftigte Umsatz in

Mill.Selbständige Bühnen-, Film-, TV-Künstler/innen 9.954 10.548 913

Selbständige Artisten/-innen, Zirkusbetriebe 541 1.151 61

Theaterensembles 132 191 82

Theater- und Konzertveranstalter 1.319 8.413 1.743

Private Musical-/Theaterhäuser, Konzerthäuser 217 3.574 474

Varietés und Kleinkunstbühnen 151 970 85

Dienstleistungen für darstellende Kunst 2.508 6.757 491

Kulturunterricht / Tanzschulen 2.171 5.410 274

Summe Teilmarkt 16.992 37.013 4.122

(Quelle: Monitoring 2014: Anhang)

Die Theaterlandschaft in Deutschland ist in ihrem Umfang und in ihrer Vielfältigkeit ein-malig auf der Welt; die Hälfte aller Opernhäuser weltweit steht in Deutschland (Bollmann 2012). So kann es kaum verwundern, dass sie auch den größten Anteil an der öffentlichen Förderung hat (zusammen mit dem Musikbetrieb über 36 % der öffentlichen Zuwendungen). Für die Spielzeit 20112/13 konnten auf der Basis der Statistik des Deutschen Bühnenvereins folgende Angebote festgestellt werden:

• 142 öffentliche Theater mit 825 Spielstätten (www.buehnenverein.de/)

• 221 Theater in gemeinnütziger oder gewerblicher Ausrichtung mit festem Haus

• Rund 75 Tournee- und Gastspieltheater ohne festes Haus vgl. hierzu die Interessenge-meinschaft deutschsprachiger Tournee- und Privattheater (www.tourneetheater-portal.de/)

• Rund 115 Theaterhäuser ohne festes Ensemble (www.inthega.de/)

• Zahlreiche freie Theatergruppen (www.freie-theater.de/)

• 48 selbständig betriebene Kulturorchester und 70 integrierte Kulturorchester, die regel-mäßig Operndienste verrichten

• Ca. 75 Festspiele

• mehr als 2.400 Amateur- und Laientheater (www.bdat.info/)

23Der Kulturbetrieb in Deutschland

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Wichtige Verbände der Darstellenden Kunst sind der 1846 gegründete Deutsche Bühnenver-ein als Arbeitgeber- und Interessenvertreter der deutschen Theater, in dem die Träger der Theater und ihre Intendanten repräsentiert sind. Die Theaterbeschäftigten ihrerseits sind in der 1871 gegründeten Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger (GDBA) organisiert. Die Inthega (Interessengemeinschaft der Städte mit Theatergastspielen) vertritt diejenigen Städte und Gemeinden, die über Spielstätten, aber keine eigenen Theaterensembles verfügen. Der Rat für Darstellende Kunst schließlich ist die kulturpolitische Vertretung der Theater und Teil des Deutschen Kulturrates.

2.3 Literatur- und Buch-Markt

Im Literaturbetrieb arbeiten als Produzenten Autoren und Übersetzer, in der Distribution Buchverlage, der Großhandel (Barsortiment) und Buchhandlungen und auf der Rezipientenseite schließlich alle in der Literaturvermittlung Tätigen wie Literaturvereine und Lesegesellschaf-ten, Literaturhäuser und Leseförderung zusammen. Auf jährlichen Großveranstaltungen wie den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig werden literarische Werke und Sachbücher einem breiten Publikum vorgestellt und Preise verliehen (vgl. im Überblick: Schütz u. a. 2005). Das Monitoring gibt folgenden Überblick.

Buchmarkt Anzahl Unternehmen Beschäftigte Umsatz in

Mill.

Schriftsteller/-innen 7.613 8.053 593

Übersetzer/-innen 1.878 5.411 307

Buchverlage 2.234 25.489 8.597

Einzelhandel 3.962 28.589 3.470

Antiquariate 414 753 67

Buchbinderei 963 10.116 875

Summe 17.063 78.410 13.908

(Quelle: Monitoring 2014: Anhang)

Die deutsche Literaturkonferenz (www.literaturkonferenz.de/) will als Vereinigung der am literarischen Leben in der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich beteiligten Verbände und Institutionen auf die öffentliche Meinung, die Erziehung und die Gesetzgebung einwirken, um der Literatur die ihrer gesellschaftlichen Bedeutung entsprechende Stellung zu gewährleisten und Beiträge für die Weiterentwicklung der Literatur zu leisten. Sie ist die gemeinsame Stimme der am literarischen Leben in Deutschland maßgeblich beteiligten Verbände und Institutionen.

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Die deutsche Literaturkonferenz wurde 1991 als gemeinnütziger Verein gegründet, um die Belange der Literatur gegenüber der Öffentlichkeit sowie gegenüber Behörden und Gesetz-gebern zu vertreten. Zu diesen Belangen gehören satzungsgemäß neben der „Wahrung der Literaturfreiheit“ u. a. das Urheberrecht und die Literatur- und Übersetzungsförderung. Die Deutsche Literaturkonferenz bildet als einziges Mitglied die Sektion Literatur im Deutschen Kulturrat. Innerhalb der

Viele deutsche Autoren sind im Verband deutscher Schriftsteller in der Dienstleistungsge-werkschaft verdi organisiert (www.verdi.de) organisiert. Er bietet den rund 3.600 Mitgliedern insbesondere Rechtsschutz und Beratung in Fragen des Urheberrechts. Der VS handelt darüber hinaus auch Normverträge mit dem deutschen Buchhandel aus und versteht sich als Lobby, wenn es um die soziale Absicherung von Autoren und sie betreffende Gesetzestexte geht. Das PEN-Zentrum Deutschland ist eine deutsche Schriftstellervereinigung (www.pen-deutschland.de/). Die Abkürzung PEN (international auch P.E.N.) bedeutet hierbei „Poets, Essayists, No-velists“. Wie der internationale PEN, ist die Arbeit des Deutschen PEN entsprechend seiner Charta darauf gerichtet, sich für Schutz und Freiheit von Kultur einzusetzen.

Viele Schriftsteller und Autoren werden durch Buchpreise geehrt. ein Literaturpreis ist in der Regel eine Auszeichnung, die meist an Schriftsteller für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Literatur vergeben wird. Gewöhnlich wird ein Literaturpreis für ein einzelnes Werk oder für das Lebenswerk eines Schriftstellers verliehen. Literaturpreise sind somit ein wichtiger Bestandteil des Literaturbetriebs. Das Goethe-Institut nannte für das Jahr 2000 allein für Deutschland 1331 Einzelvergaben, was einen europäischen Spitzenwert darstellte. Hinzu kommen zahlreiche Schriftstellerstipendien und Stadtschreiberpreise.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels (www.boersenverein.de/) ist ein eingetragener Verein (e. V.) mit Sitz in Frankfurt am Main, der die Interessen aller drei Handelsstufen im Buchhandel vertritt, nämlich (1) den Verlag als Hersteller, (2) den Zwischenbuchhandel als Großhandel sowie (3) den verbreitenden Buchhandel als Sortimentsbuchhandel. Der Börsen-verein besteht aus dem Bundesverband mit Sitz in Frankfurt am Main sowie neun rechtlich eigenständigen Landesverbänden. Das Vereinsorgan ist das Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. Die Mitgliedschaft ist Buchhandelsunternehmen, Verlagen, Verlagsvertretern und ähnlichen branchennahen Körperschaften vorbehalten. Der Börsenverein veranstaltet jährlich die Frankfurter Buchmesse. Seit 1950 verleiht er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Er ist ideeller Träger der Leipziger Buchmesse und verleiht hier den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.

In den letzten Jahrzehnten entstanden in manchen Städten Literaturhäuser zur Förderung des Lesens. Sie kooperieren im Netzwerk Literaturhaus (www.literaturhaus.net/). In diesem Netzwerk entwickeln und veranstalten 14 Literaturhäuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit verschiedenen Partnern internationale Projekte wie Länderschwerpunkte, bilaterale Stadtschreiberprojekte, Plakataktionen und den Preis der Literaturhäuser. Die 1986 gegründete Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten (ALG) ist der Dachverband von aktuell 241 Literaturgesellschaften und Literaturmuseen (www.alg.de/).

Die Stiftung Lesen schließlich ist eine deutsche Stiftung mit Sitz in Mainz die zur Förderung von Lesefreude und Lesekompetenz 1988 gegründet wurde (www.stiftunglesen.de). Sie versteht

25Der Kulturbetrieb in Deutschland