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Aktion gegen Unbekannt

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Nr. 40Aktion gegen UnbekanntDie TITAN ist das gewaltigste Schlachtschiff im Universum - und doch muß sie sichvor den Verfolgern verbergen ...von Clark Darlton

Die Geschichte der Dritten Macht in Stichworten:1971 - Die Rakete STARDUST erreicht den Mond, und Perry Rhodan entdeckt den gestrandetenForschungskreuzer der Arkoniden.1972 - Aufbau der Dritten Macht gegen den vereinten Widerstand der irdischen Großmächte und Abwehraußerirdischer Invasionsversuche.1975 - Die Dritte Macht greift erstmals in das galaktische Geschehen ein. Perry Rhodan stößt im Wega-Sektorauf die Topsider und versucht das »galaktische Rätsel« zu lösen.1976 - Perry Rhodan erreicht mit der STARDUST II den Planeten Wanderer und erlangt zusammen mit Bullydie relative Unsterblichkeit - aber er verliert mehr als vier Jahre.1980 - Perry Rhodans Rückkehr zur Erde und Kampf um die Venus.1981 - Der Overhead greift an, und die Dritte Macht besteht ihre bisher schwerste Bewährungsprobe.1982 - Die »galaktischen Händler« wollen die Erde in eine Kolonialwelt verwandeln - aber Perry Rhodandreht den Spieß um und nimmt den Händlern einen wichtigen Stützpunkt ab.1984 - Perry Rhodans Vorstoß nach Arkon.Auch für die Arkoniden Crest und Thora, die 13 Jahre lang ohne Kontakt mit ihrer Heimat waren, bot Arkongroße Überraschungen - ganz zu schweigen von Perry Rhodan und seinen Raumfahrern von Terra!Trotzdem überlisten sie das große Positronengehirn, das als Regent des arkonidischen Imperiums fungiert. DieTITAN, das gewaltigste Raumschiff des bekannten Universums, ist in ihrem Besitz.Um die TITAN zu behalten, müssen sie jedoch die AKTION GEGEN UNBEKANNT starten, einen Kampf gegeneinen unheimlichen Gegner ...

Die Hautpersonen des Romans:Perry Rhodan - Der Herr der Dritten Macht.Reginald Bull - Wenn er Gucky eine Grube gräbt, fällt Bully meistens selbst hinein.Thora und Crest - In den 13 Jahren ihrer Abwesenheit hat sich die politische Situation auf Arkon grundlegend verändert.Ras Tschubai und Tako Kakuta - Ihr überraschendes Auftauchen stürzt ein ganzes Raumschiff in Verwirrung.Hemor - Ein Raumschiffskapitän von Zalit.Demesor - Vize-Imperator von Arkon und Beherrscher des Voga-Systems.John Marshall - Er erfüllt eine wichtige Aufgabe als »Gedankenspion«.

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»Das ist schon kein Raumschiff mehr, sondern einrichtiger Planet!« keuchte Bully erschöpft und ließsich in den schwarzen Schlund des Antigravliftesfallen, gefolgt von Leutnant Julian Tifflor, der mithastig geschlossenen Augen seinem Beispiel folgte.»Und wir leben in diesem Planeten!«

»Sie haben völlig recht, Mr. Bull, völlig recht«,stieß Julian Tifflor, auch Tiff genannt, mühsamhervor, während die Fallgeschwindigkeit automatischgebremst wurde und in ein sanftes Schwebenüberging. »Manchmal meine ich, man k_6nnte sichin diesem Monstrum von Schiff verirren.«

»Daher ja auch die ständigen Übungsalarme«,wurde er von Bully aufgeklärt. »Wir sollen lernen,uns in diesem Irrgarten zurechtzufinden.« Dasgesunde Rot in seinem breitflächigen Gesicht hatte

sich vertieft. Die rötlichen Haarborsten erinnerten aneine lange nicht gesäuberte Bürste, während in denwasserblauen Augen Ärger und Belustigung um dieVorherrschaft rangen. »Ich werde es nie lernen!«

Tiff nickte und gab keine Antwort. Sie waren nachStation H 35 beordert worden, wo immer das auchwar. Die Bezeichnung H wies auf einen Hangar hin,also jedenfalls in der Nähe de Außenwandung desRaumriesen gelegen. Sie fielen innerhalb des Liftesder Außenwandung entgegen, konnten aber nurhoffen, nicht die falsche Seite gewählt zu haben. Wardas aber so, hatten sie einen Umweg von mindestensdrei Kilometern gemacht.

Mit einem Ruck hielten sie an. Vor ihnen lag derhellerleuchtete Korridor mit der Bezeichnung H. Na,wenigstens das stimmte, dachte Bully erleichtert undverließ den Lift. Nicht weit entfernt lungerte einerder Techniker herum und betrachtete die beidenNeuankömmlinge mit sichtlichem Interesse. Bully

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strebte auf ihn zu.»Hören Sie, Kamerad, können Sie uns vielleicht

verraten, wo H fünfunddreißig zu finden ist? Siemüssen nämlich wissen, daß wir neu hier sind und...«

»Aber, Bully!« kam eine Stimme plötzlich ausdem Nichts und schwang vorwurfsvoll durch denrund verlaufenden Korridor, dessen beide Endenirgendwo in einer sanften Kurve verschwanden. »Seitwann wird denn hier gemogelt?«

Tiff war zusammengezuckt und suchte krampfhaftnach der verborgenen Linse einer Interkom-Kamera,die ihr Bild zur Kommandozentrale weiterleitete. Erkonnte nichts entdecken. Etwas betreten sah er Bullyan. Der machte ein unschuldiges Gesicht, als er heftignickte und zu der leeren Luft sagte:

»Ist es vielleicht fair, uns zu bespitzeln, Perry? Indiesem Labyrinth von Gängen, Hangars, Aufzügen,Stockwerken und Abteilungen kann sich niemandzurechtfinden. Da dürfte ein kleiner Trick erlaubtsein. Ich würde da nicht so kleinlich sein, Perry, und...«

»Gestern warst du es aber doch!« kam es aus demNichts zurück, von einem verhaltenen Kichernbegleitet, das Bully die Zornesröte ins Gesicht trieb.»Als du den Probealarm leitetest und John Marshallnicht sofort seinen befohlenen Platz fand und sicherkundigen wollte, hast du ihn derart angebrüllt, daßder arme Kerl fast einen Schock erlitt. Wie sollte erauch ahnen, daß sogar auf den Toiletten Kamerasverborgen sind.«

Tiff grinste erleichtert vor sich hin, weniger wegender Kameras auf der Toilette, sondern weil erannahm, daß Perry Rhodan ihren kleinenSchwindelversuch nicht so ernst nahm. Bullyhingegen blieb wütend.

»Was hat auch Marshall da zu suchen, wennAlarmzustand herrscht?« erkundigte er sichbitterböse. »Da kann ja jeder ...«

»Schluß jetzt!« wurde er unterbrochen. »Ich gebeeuch noch zwei Minuten, Abteilung Hfünfunddreißig zu finden. Dann ist die Übungbeendet Wir treffen uns in einer halben Stunde hierbei mir in der Zentrale. Verstanden?«

»Schon gut!« knurrte Bully und sah sich nach Tiffum. »Kommen Sie schon, Tiff. Wäre doch gelacht,wenn wir das nicht ohne fremde Hilfe finden ... ah,hier steht schon H vierunddreißig. Da kann das Zielnicht mehr fern sein. Mensch, haben wir Glückgehabt!« Das hatten sie in der Tat. Noch vor Ablaufder gestellten Frist konnten sie ihre Handflächen aufdas Schloß einer Tür legen und diese durch dieempfangene Körperwärme öffnen. Auf ihr stand großund deutlich die Bezeichnung H 35. Es war einHangar. Der gewaltige Raum wurde von einerriesigen Kugel ausgefüllt, deren Durchmesser an die

60 Meter betrug. Ein Raumschiff vom TypKaulquappe. Überlichtschnell und außerordentlichwendig, schwer bewaffnet und mit starkenSchutzschirmen ausgerüstet.

»Gott sei Dank!« sagte Tiff und nannte demKontroll-Offizier seinen Namen. »Nicht eineSekunde zu früh.«

»Aber auch keine zu spät!« stellte Bully zufriedenfest und gab seinen Namen ebenfalls an, obwohl derOffizier ihn kannte. »Und nun ab, zur Zentrale. Wennwir uns nicht beeilen, verhungern wir, bis wir dasind. Die nächste Alarmübung ist in fünf Stundenfällig - wenn nichts dazwischenkommt.« Ja, wennnichts dazwischenkam! In ihrer augenblicklichenSituation war das nicht ausgeschlossen.

*

Zwei grundverschiedene Ungetüme standenscheinbar reglos inmitten des unendlichenWeltraumes, der so von Sternen angefüllt war, daß eran keiner Stelle schwarz zu sein schien. Die Mengeder Sonnen war ein ungewohnter Anblick für einenMenschen, der nur den Nachthimmel der Erdekannte. Aber die Sonne Arkon stand 34000Lichtjahre von der Erde entfernt im KugelsternhaufenM-13, der mehr als 100000 Sterne auf einem Raumvon 230 Lichtjahren Durchmesserzusammengedrängt besaß. Manche Sonnen standenso eng beisammen, daß man sie beinahe fürDoppelsonnen hätte halten können,aber imastronomischen Sinne waren sie es natürlich nicht.

Arkon lag fast im Zentrum dieses Kugelhaufensund wiederum drei Lichtjahre von den beidenUngetümen entfernt, die in einem Abstand von mehrals dreißig Milliarden Kilometern eine roteRiesensonne umkreisten.

Mit einem einzigen Sprung durch den Hyperraumwar Perry Rhodan aus dem Machtbereich derArkoniden geflohen und hoffte, in der Nachbarschaftder roten Sonne Zeit zu haben, seine Mannschaft andas erbeutete Riesenschiff zu gewöhnen. EinesofortigeRückkehr zur Erde schien ihm unter dengegebenen Umständen zu riskant.

Das erbeutete Schiff war das eine Ungetüm.Wie die alte STARDUST hatte es die Form einer

Kugel, war allerdings fast doppelt so groß. Mit einemDurchmesser von anderthalb Kilometer stellte dasSuperschlachtschiff der Arkoniden alles in denSchatten, was Rhodan oder ein anderer Mensch sichvorzustellen vermocht hatte. Antrieb undBewaffnung glichen im Prinzip dem Vorbild derSTARDUST, hatten jedoch naturgemäß andereDimensionen erreicht. Es gab nichts im bekanntenUniversum, das den Schutzschirm des Kugelgigantendurchbrochen hätte.

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Zwei Wülste nördlich und südlich desKugeläquators stellten die Hangars der 40»Kaulquappen« dar, Kugelschiffe von 60 MeterDurchmesser, die jederzeit ausgeschleust werdenkonnten. Sie trugen eine Besatzung von minimal 15Mann.

Diese Riesenkugel ließ das dicht danebenschwebende Raumschiff GANYMED fast zierlicherscheinen, obwohl es auch immerhin 840 Meter langwar und an der stärksten Stelle einen Durchmesservond0 200 Metern aufwies. Doch nicht nur dieGröße, sondern insbesondere die Walzenformunterschied es von der Riesenkugel, der Rhodan denNamen TITAN gegeben hatte.

An Bord der GANYMED befanden sich 300 MannBesatzung, die von den Übungsmanövern verschontblieben, mit denen sich die 700 Leute der TITANwohl oder übel abfinden mußten. Denn die TITANbefand sich erst seit einigen Tagen in RhodansBesitz.

Die Kontroll-Zentrale war doppelt so groß wie dieder auf der Erde zurückgebliebenen STARDUST.Die unvorstellbare Fülle der Instrumente undSchalttafeln wirkte verwirrend, und wahrscheinlichhätte Rhodan ihren Sinn niemals begriffen, w_4re ernicht durch die Hypnoschulung der Arkonidengegangen. So aber hatte es nur wenige Sekundengedauert, bis das Schiff seinen Befehlen gehorchteund tat, was er wollte - sehr zum Verdruß desgigantischsten aller Positronengehirne desUniversums - des eigentlichen Herrschers über dasImperium der dekadenten Arkoniden.

Denn das war die größte Überraschung für PerryRhodan gewesen: Nicht die Arkoniden oder derenImperator, sondern ein riesiges Positronengehirnverwaltete das größte Sternenreich, das es jemals inder bekannten Geschichte des Alls gegeben hatte.Nur so war es zu verstehen, daß dieses Reich bisheute noch nicht auseinandergefallen war.

Rhodan stand mit dem Rücken gegen dieKontrollen gelehnt und betrachtete seine engstenMitarbeiter und Freunde, die nach der letztenAlarmübung und einem kurzen Imbiß in die Zentralegerufen worden waren.

Als Vertreter des Mutantenkorps stand derTelepath John Marshall, ein gebürtiger Australier,unmittelbar neben der Arkonidin Thora, deren Traumvon einer ruhmreichen Rückkehr nach Arkon so jähzerstört worden war. Ihre hochaufgerichtete Gestaltverriet nichts von der herben Enttäuschung, an der sieinnerlich fast zerbrochen wäre. Im Gegenteil. Esschien Rhodan, als habe er die Arkonidin mit demhellen Haar und den golden schimmernden Augennoch nie so entschlossen und stark gesehen wie jetztin diesem Augenblick. Auch Crest, ihr ältererGefährte und Leiter ihrer vor dreizehn Jahren auf

dem irdischen Mond notgelandeten Raumexpedition,schien wie aus einem langen, erquickenden Schlaferwacht.

Rhodan nahm die positive Veränderung seinerbeiden Freunde mit Erleichterung zur Kenntnis. Erhatte zuerst befürchtet, die Enttäuschung würde siezerbrechen lassen, aber nun stellte sich heraus, daßdas Gegenteil eingetreten war.

Oberst Freyt, jetzt Kommandant der GANYMED,war ebenfalls anwesend. Rein äußerlich gesehen,ähnelte er Perry Rhodan ein wenig, was ihn immerwieder mit unbegründetem Stolz erfüllte und Bullywiederum Veranlassung gab, ihn gelegentlichaufzuziehen.

Bully und Tiff standen zusammen. Der jungeLeutnant, ehemaliger Kadett der terranischenRaum-Akademie, hatte das vollste Vertrauen seineshöchsten Vorgesetzten errungen und gehörte bereitsmit »zur Familie«, wie Bully es gern nannte. Diebisherigen gemeinsamen Einsätze hatten Tiff undBully zu guten Freunden werden lassen.

Und dann wäre da noch Gucky zu erwähnen.Etwa einen Meter groß und mit rostbraunem Fell

bedeckt, glich Gucky einer riesenhaft vergrößertenMaus mit einem flachen Biberschwanz. Die braunenund zutraulich blickenden Augen hatten ihm denBeinamen »das Monstrum mit dem treuen Blick«gegeben, denn im Grunde genommen war Gucky inder Tat ein Monstrum - zumindest was seineFähigkeiten betraf. Als sich das Tier - eineBezeichnung, die Gucky gern hatte, denn mit einemMenschen wollte er sich unter keinen Umständenvergleichen lassen - damals bei einer Landung derSTARDUST auf dem Planeten der sterbenden Sonnean Bord des Schiffes geschlichen hatte und mit seinertelekinetischen Gabe zu spielen begann, ahnte nochniemand, daß Gucky auch die Telepathie undTeleportation beherrschte. Ja, Gucky ahnte es nichteinmal selbst. Erst die gründliche Schulung durch dieMutanten Rhodans hatten seine Fähigkeiten zutagetreten und verbessern lassen.

Heute zählte Gucky zu Rhodans besten undfähigsten Freunden.

Er saß aufrecht und lehnte den Rücken gegen dieWand. Sein einziger Nagezahn stand ein wenig vorund schien fröhlich zu grinsen. In den treuen Augenstand ein wenig Ungeduld.

Und dann sagte Gucky in reinstem Interkosrno:»Wenn ich mich nicht irre, sind wir alle da.

Könnten wir nicht endlich anfangen? Ich möchtegern wissen, wo wir nun eigentlich sind und was wirvorhaben.«

Seine Stimme stand hell und zirpend im Raum.Bully grinste und stieß Tiff unauffällig gegen dieRippen.

»Wie gut, daß wir Gucky haben. Da brauchte ich

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wenigstens diese dumme Frage nicht zu stellen.«Rhodan lächelte dem Mausbiber zu und streifte

Bully nur kurz mit einem warnenden Blick. Jetzt warkeine Zeit für die üblichen Auseinandersetzungen,die meist mit einer Niederlage Bullys endeten.

»Die Lage darf als bekannt vorausgesetzt werden«,begann er sachlich. »Der rote Riesenstern ist in denirdischen Katalogen nicht verzeichnet und wird nocheinen Namen erhalten. Immerhin haben diebisherigen Berechnungen ergeben, daß er vonfünfzehn Planeten umkreist wird, von denen mehrerebewohnt oder zumindest oberflächlich besiedelt sind.Wir sind nicht sicher, aber der 4. Planet scheint dieHauptwelt zu sein. Bis jetzt sind wir nicht bemerktworden, was bei diesem Verkehr auch kein Wunderist.«

»Verkehr?« machte Tiff verständnislos.»Jawohl, Verkehr. Wirbefinden uns, vergessen Sie

das nicht, Leutnant, im Zentrum eines gewaltigenSternenreiches. Die drei Lichtjahre bis Arkon spielenpraktisch keine Rolle. Jedenfalls sind wir hiersicherer als in einem einsamen Teil der Galaxis, wojede Transition mit Sicherheit auffiele. Hier aber warsie nur eine von vielen. Niemand hat bemerkt, daßwir hier auftauchen. Aus diesem Grund halte ich esfür richtig, wenn wir auch hier die Ausbildung derMannschaft weiter fortsetzen, ehe wir Pläne für denHeimflug zur Erde fassen - wenn überhaupt schon.«

Bully schob sich vor. Er nahm an, daß er imInteresse der Allgemeinheit eine Frage zu stellenhatte.

»Warum sollten wir länger hierbleiben? Haben wirunsere Mission nicht erfüllt und Thora wie Crestnach Arkon bringen wollen? Fragen sie doch selbst,Perry, ob sie noch ein Interesse daran haben, längerin diesem Gebiet der Milchstraße zu weilen, wo esvon Dekadenz und Robotgehirnen nur so wimmelt.«

Thora schien etwas sagen zu wollen, aber sieschwieg. Rhodan nahm den Faden auf, den Bully ihmhingeworfen hatte.

»Wir haben unsere Mission erfüllt, meinst du? Ichglaube nicht. Was stellten wir fest? Ein Gehirn, vonehemals fähigen Arkoniden erbaut, regiert dasmächtige Sternenreich mit Gewalt und kalter Logik.Ohne das Gehirn, Bully, gäbe es dieses Reich nichtmehr. Aber trotzdem: Auch das Gehirn kann irren.Wir haben den Beweis erlebt - und ohne diesenBeweis lebten wir nicht mehr. Das Gehirn hat geirrt.Damit ist erwiesen, daß sich der Versuch lohnt, eineVerständigung herbeizuführen. Wissen wir, ob nichtbereits ein Schlachtschiff zur Erde unterwegs ist, umsie im Auftrag des Arkonidenreiches zu vernichten?Unsere Position kann dem Robotgehirn bekannt sein,genau wissen wir es nicht. Wenn unsere Händler siean die Arkoniden verraten haben, müssen wir unsvorsehen. Die Frage, vor der wir stehen, lautet also

ganz schlicht und einfach: Unternehmen wir einenneuen Versuch, mit dem Gehirn zu einer Einigung zugelangen, oder kehren wir zur Erde zurück, sobaldwir dieses Schiff genau kennen und exaktmanövrieren können? Es gibt keine andereAlternative.« Thora sagte:

»Wir bleiben hier nicht lange unentdeckt. DiesesSchiff wurde gestohlen; glauben Sie nur nicht, Perry,man würde das so ohne weiteres hinnehmen. Nichtlange, dann weiß das Gehirn, wo wir zu finden sind.«

»Wie lange?«»Tage, vielleicht auch Wochen. Das hängt davon

ab, wo man zu suchen beginnt. Auch von denBewohnern dieses roten Sternsystems hängt es ab.Sie brauchen der roten Sonne übrigens keinen neuenNamen zu geben, Perry, sie hat schon einen. Wirnennen sie Voga. Voga hat fünfzehn Planeten. Dervierte Planet ist die Hauptwelt und heißt Zalit. DieZaliter waren bisher immer treue Untertanen desImperiums. Ich wüßte nicht, warum sich das geänderthaben sollte.«

»Zalit ist eine Sauerstoffwelt?«»Wie die meisten bewohnten Welten. Außerdem

wurde Zalit vor fünfzehntausend Jahren von denArkoniden besiedelt. Die Zaliter sind also unseredirekten Nachkommen. Die unmittelbare Nähe vonArkon garantiert für ihre Zuverlässigkeit.«

Rhodan überhörte die unausgesprochene Drohungin den Worten der Arkonidin nicht, denn es war eineDrohung, die nicht ihm galt.

»Wir wissen nicht, was sich hier geändert hat«,sagte er vorsichtig. »Bedenken Sie, Thora, was in denvergangenen dreizehn Jahren alles auf Arkongeschehen ist. Ihre herrschende Dynastieverschwand, und man hat Sie und Crest ausgestoßen,weil eine neue Linie an die Regierung kam. GlaubenSie nicht auch, daß etwas Ähnliches hier auf Zalitpassiert sein könnte?«

»Dann existierte Zalit bereits nicht mehr«,erwiderte Thora kurz. Crest nickte.

»Thora hat recht, Perry. Dann existierte Zalit nichtmehr.« Bully hielt es nicht mehr aus. »Wieso nicht?«wollte er wissen. »Sie wollen damit doch nichtbehaupten, daß diese lächerlichen und verspieltenLeute auf Arkon den Mut besessen hätten, einanderes System anzugreifen und zu vernichten? Diesitzen doch lieber vor ihren Fernsehgeräten undsehen sich die abstrakten Farblinien an. Sie tun nichtsanderes, als das >Robotgehirn< einen guten Mannsein zu lassen.«

»Eine gefährliche Redewendung«, warnte Rhodan,lächelte aber dabei vielsagend. »Sie stimmt jedoch -und das ist ja gerade das Problem. Sie überlassenalles dem gigantischen und organisch denkendenPositronengehirn, von dem das Imperium geleitetwird. Und dieses Gehirn trifft selten eine

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Fehlentscheidung. Tut mir leid, Bully, aber Thora hatrecht. Wenn Zalit existiert, so darf das von uns alsBeweis gewertet werden, daß die Zaliter treue Dienerdes Imperiums sind.«

»Und?«»Das bedeutet, daß wir im Falle eines Kontaktes

vorsichtig bleiben müssen. Mir geht es in erster Liniedarum, das Vertrauen des Robotgehirns zu erringen.Wir wissen, daß es nach einer altenSpezialprogrammierung handelt und genau über dieLage Arkons informiert ist. Es weiß also, wiedekadent seine Konstrukteure wurden und hat einInteresse daran, die noch denkfähigen Exemplare derArkoniden auszusieben und >aufzuwecken<. Crestund Thora sind, wenn man sie mit dem Rest aufArkon vergleicht, jugendliche Himmelsstürmer.Darum wurden sie auch von dem Gehirn wiederanerkannt, wenn auch nicht endgültig aufgenommen.Ich bin überzeugt, daß auch ich anerkannt werdenkönnte, wenn ich dem Gehirn beweise, daß ich esehrlich mit Arkon meine.«

»Anerkannt - als was?« warf Oberst Freyt ein, dersich bisher jeder Äußerung enthalten hatte. »AlsArkonide etwa?« Rhodan lächelte. »Aber - ich bitteSie, Oberst! Als Angehöriger eines treuenHilfsvolkes, was denn sonst? Aber es würde mirgenügen. Wenigstens könnte ich dieses Schiffbehalten und mich unbesorgt innerhalb desImperiums bewegen. Die Erde wäre außer Gefahrund stünde sogar unter dem indirekten SchutzArkons.« Freyt nickte erleichtert. »Ich glaube, ichbeginne allmählich zu begreifen, worauf Siehinauswollen, Rhodan.«

»Das freut mich, Oberst. Wirklich, das freut michsehr. Sie werden unter diesen Umständen auchverstehen, warum ich an einer möglichst schnellenAusbildung meiner Mannschaft so interessiert bin.Die TITAN muß einsatzbereit sein, wenn dieEntscheidung gefällt wird. Noch aber kennen wirdieses Schiff nicht. Sicher, es ist ein Gegenstück derSTARDUST, wenn auch doppelt so groß undgewaltig. Aber da sind doch gewisse Unterschiede,die zu beachten sind. Erst gestern hat sich bei einerÜbung ein Funkoffizier derart verirrt, daß wir ihn erstvier Stunden später hilflos in einem bisher nochunerforschten Teil des Schiffes wiederfanden. Siekönnen sich nicht vorstellen, was eine Kugel vonanderthalb Kilometer Durchmesser bedeutet.Theoretisch läßt sich darin die ganze Erdbevölkerungunterbringen, wenn man sie wie Heringe einpackt.«

»Theoretisch!« knurrte Bully aus demHintergrund. »Theoretisch kannst du auch nichtdamit rechnen, mit einem Robotgehirn Freundschaftzu schließen.«

»Jedenfalls muß es versucht werden, ehe es aufden irrsinnigen Gedanken kommt, ein

robotgesteuertes Schlachtschiff in die Region desSonnensystems zu entsenden. Gut, wir haben MajorDeringhouse und Nyssen dort, die wohl in der Lagesind, die Erde zu verteidigen, aber was wissen wir,mit welchen Waffen man sie angreift?«

»Ich glaube nicht«, warf Thora plötzlich ein, »daßdie Position der Erde dem Gehirn bekannt ist.«

Rhodan zog die Augenbrauen in die Höhe.»Und warum nicht, Thora?« Für eine einzige

Sekunde verschmolzen ihre Blicke. Es war Rhodan,als riesele ein Schauer seinen Rücken hinab. Wietiefgründig die Augen dieser Frau waren, der er inden vergangenen dreizehn Jahren nicht hattenà4herkommen können! Aber nein, das stimmte nichtganz. Seit Arkon sich Thora gegenüber nicht geradegut benommen hatte, war der Kontakt zwischen ihrund Rhodan enger geworden. Plötzlich waren sieechte Bundesgenossen, die das gleiche Zielverfolgten.

Die Mauer, die dreizehn Jahre zwischen ihnengestanden hatte, war nicht mehr.

»Das Gehirn hätte andere Entschlüsse behandelt.Vielleicht hätte es Sie, Perry, sogar getötet. Ich weißnicht warum, aber ich glaube, es kennt die Positionder Erde nicht.«

»Das wäre ein strategischer Vorteil für uns«, stellteOberst Freyt fest. Rhodan nickte ihm zu. »Ganzrecht, Oberst. Im übrigen können Sie auf dieGANYMED zurückkehren, sobald dieseBesprechung beendet ist. Weitere Instruktionenerhalten Sie, falls erforderlich, über den Telekom.Das ist ohne Gefahr, denn die normalen Funkwellenbenötigen drei Jahre bis Arkon.« Er wandte sichwieder an Thora: »Wie sehen die Zaliter aus?« Siebesann sich keine Sekunde. »Sie stammen, wie ichbereits betonte, von den Arkoniden ab, sehen alsoauch so aus.«

»Ich kenne eine Rasse, die ebenfalls von denArkoniden abstammt, sie hat aber heute nicht mehrdie geringste Ähnlichkeit mit Ihren Vorfahren.«

»Sie spielen auf die Überschweren an, dieSchutztruppe der Springer. Das ist etwas anderes. Siewohnten Jahrtausende auf einer Welt mit dreimalhöherer Schwerkraft als Arkon. Zalit jedoch differiertda nur geringfügig von den Planeten Arkons. DieZaliter unterscheiden sich von uns lediglich durchihre fast rotbraune Haut und das kupferfarbene Haar,das manchmal einen grünlichen Oxydationsschimmeraufweist. Das hängt mit der dortigenSonnenstrahlung zusammen. Sie sind hochintelligent,beherrschen die Raumfahrt und sind bei weitem nichtso dekadent wie mein eigenes Volk. Zalit gilt bisherals die treueste Kolonie Arkons.«

Rhodan sah Thora aufmerksam an. Schließlichfragte er:

»Ich sehe einen Widerspruch, Thora. Wenn die

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Zaliter nicht dekadent, sondern im Gegenteiltatenfreudig und intelligent sind, warum sind sie danndie gehorsamsten Vasallen eines von ihnenunterlegenen Volkes?«

Über Thoras Gesicht huschte ein Schatten.»Ich sagte Ihnen doch bereits, daß Arkon nur drei

Lichtjahre entfernt ist und das Robotgehirn im Falleeiner Auflehnung gegen das Imperium keine Gnadekennen würde. Das wissen die Zaliter genau. Siekönnen es niemals wagen, offen gegen Arkon zurebellieren.«

»Ich verstehe, Thora«, nickte Rhodan und sahseine Vermutungen bestätigt.

»Vielleicht fand er in den Zalitern Verbündete.«John Marshall trat plötzlich einen Schritt vor. In

seine Augen war ein seltsam starrer Ausdruckgetreten und Rhodan wußte sofort, daß er einetelepathische Nachricht empfing. Von wem? Voneinem der Mutanten an Bord der TITAN? »Was ist,John?« Da sprang auch Gucky schon vor und zirpteschrill:

»Die GANYMED! Sie entfernt sich von uns!«Marshall konnte nur nicken, so überrascht war er.

Für einen Augenblick schien er vergessen zu haben,daß er nicht der einzige Telepath in der Zentrale war.

»Was ist los?« rief Oberst Freyt, der alsKommandant des anderen Schiffes schließlich wissenmußte, daß es in einer stabilen Bahn die Sonne Vogaumlief, genau wie die TITAN. »Die GANYMEDkann sich nicht von der TITAN entfernen, solangeder Antrieb nicht eingeschaltet ist.«

»Aber sie tut es!« beharrte John. »Ich empfing denGedankenimpuls eines Offiziers, der in der Zentraleder GANYMED steht und die Beobachtung machte.Er wird sich jeden Augenblick melden.«

Es dauerte auch keine drei Sekunden, da summteder Telekom.

Rhodan sprang mit einem Satz zu der Anlage undschaltete den Empfänger ein. Es vergingen weitereSekunden, ehe der Bildschirm aufglühte und dasbesorgte Gesicht eines noch jungen Mannes darauferschien.

Oberst Freyt trat neben Rhodan. »Was istgeschehen, Leutnant Martin? Wieso kann sich dieGANYMED von der TITAN entfernen, wenn ...«

»Sie wissen?« wunderte sich Martin verdutzt, umaber sofort zu begreifen, als er Marshall und Guckyerblickte. »Ah - ich verstehe. Habe ich so kräftiggedacht? Ja, Sir, die GANYMED muß die Kreisbahnverlassen haben und nähert sich der roten Sonne. Ichfinde keine Erklärung und bitte um Anweisungen ...«

»Einen Augenblick!« warf Rhodan ein undschaltete weitere Sichtbildschirme an. »Erst müssenwir feststellen, was nun wirklich geschieht. Vielleichtist es eine Täuschung ...«

»Es ist keinesfalls eine Täuschung, Sir!« rief

Leutnant Martin verzweifelt, weil man ihm keinenGlauben zu schenken schien. »Wir entfernen uns inder Tat von Ihnen.«

Rhodan gab keine Antwort. Er wartete, bis dieSchirme aufglühten und in langer Reihe das Bild derAußenwelt wiedergaben.

Die GANYMED stand in Richtung des Systemsund entfernte sich tatsächlich mit erheblicherBeschleunigung in Richtung der roten Riesensonne.Die TITAN blieb hingegen unverändert in ihrerBahn.

»Unternehmen Sie nichts!« befahl Rhodan demLeutnant. »Verhalten Sie sich abwartend, bis Sieweitere Instruktionen erhalten. Haben Sieverstanden?«

»Jawohl, Sir«, kam es zurück. Leutnant Martin sahaus, als würde er lieber nicht verstanden haben. DasAbwarten schien nicht seine große Leidenschaft zusein. Rhodan wandte sich an Bully. »Jage dieAnfrage durch das Navigationsgehirn und stelle fest,ob die TITAN ihre Kreisbahn um Voga verlassen hatund wenn ja, um wieviel. Beeile dich.«

»Die TITAN?« stammelte Bully völlig verdutzt.»Du meinst die GANYMED ...«

»Ich meine die TITAN!« wiederholte Rhodan mitBetonung. »Schon mal was von optischer Täuschungoder Relationsverwirrung gehört, alter Knabe? Mitfreiem Auge läßt sich nämlich überhaupt nichtfeststellen, ob wir oder die anderen es sind, die sichbewegen oder entfernen. Und da wir uns in RichtungArkon bewegen, habe ich so meinen bestimmtenVerdacht. Begriffen?«

Das plötzliche Schweigen in der Zentrale bewiesihm, daß man in der Tat begriffen hatte.

*

Die Berechnungen ergaben eindeutig, daß dieTITAN von unsichtbaren Kräften aus demAnziehungsbereich der roten Riesensonne gezogenwurde. Die GANYMED hingegen kreiste auchweiterhin unverändert im freien Fall um das gesamteRiesensystem.

Rhodan schaltete den Interkom ein, als Bully ihmdas Ergebnis der positronischen Berechnungenvorlegte. Er nickte nur und wartete, bis die Anlagewarm geworden war. Einige Handgriffe stellten dieVerbindung zu allen Räumen des Schiffes her. Nunkonnte seine Stimme überall vernommen werden.

»Achtung, an alle!« begann Rhodan. Sein hageresGesicht mit den grauen Augen war angespannt undverriet den eisernen Willen, es nicht nur mitmenschlichen Feinden, sondern zur Not auch miteinem gigantischen Robotgehirn aufzunehmen. »Wirsind aller Wahrscheinlichkeit nach in den Bereichstarker Zugstrahlung geraten. Da wir in Richtung

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Arkon abtreiben, muß damit gerechnet werden, daßder Sender auch dort zu suchen ist. Das zurInformation. Alle Mann sofort auf dieGefechtsstation. Vielleicht greift man uns an, wennunsere Position bekannt geworden ist. FünfKaulquappen sind zu bemannen und startklar zuhalten. Weitere Anordnungen folgen.« Er schaltete abund stellte die Bildverbindung mit der GANYMEDher. »Leutnant Martin? Ihre Situation bleibtunverändert. Sie unternehmen nichts. Solange OberstFreyt auf der TITAN weilt, haben Sie dasKommando über die GANYMED. Ich bitte umBestätigung.«

»In Ordnung, Sir«, kam es knapp zurück, eheRhodan die Verbindung abbrach.

Bully saß im zweiten Pilotensessel vor denNavigationskontrollen. Er ließ jene Bildschirme nichtaus dem Auge, die das Gebiet in Richtung Arkonwiedergaben. Wahrscheinlich rechnete er jedenMoment mit dem Auftauchen arkonidischerFlotteneinheiten.

Thora und Crest schienen unschlüssig. OberstFreyt gesellte sich zu ihnen und versuchte, etwasüber die vermutliche Struktur des Zugstrahles zuerfahren, mit dem man die TITAN eingefangen hatte.

John Marshall und Tiff unterhielten sich leise.Von Gucky war nichts zu sehen. Er mußte

unauffällig die Zentrale verlassen haben, um wiedereinmal seine eigenen Wege zu gehen.

Rhodan schaltete mit einem Ruck die Triebwerkerund um den Schiffsäquator ein. Die gigantischenImpulskonverter entwickelten einen derartigenSchub, daß die TITAN mit 600 Kilometer proSekundenquadrat in weniger als zehn Minuten aufLichtgeschwindigkeit beschleunigen konnte. Vondem gewaltigen Andruck, der dasSechzigtausendfache der normalen Erdenschwerebetragen hätte, war dank der automatisch arbeitendenSchwerefelder nichts zu bemerken.

Langsam aktivierte Rhodan dann jene Triebwerke,die Arkon zugewandt waren. Bully bekam Arbeit.Das Navigationsgehirn spuckte die ersten Ergebnisseaus. Die Entfernung zur roten Sonne Voga wurdeweiterhin gleichmäßig größer. Auch als Rhodan dieImpulskonverter stärker arbeiten ließ und somit dieArkon entgegenwirkende Kraft erhöhte, änderte sichdas in keiner Hinsicht. Es war, als würde der Antriebder TITAN einfach neutralisiert.

Das Gesicht Rhodans wurde ernster.Er warf Bully einen kurzen Blick zu, zögerte noch

einige Sekunden und schaltete dann auf vollsteEnergie.

Im Innern der Riesenkugel erhöhte sich dasVibrieren und starke Summen der verschaltenKonverter. In den Ohren der Menschen brummte es,der eigene Herzschlag wurde fast schmerzhaft hörbar

und war wie das Pulsieren eines gewaltigenUniversums. Der Boden unter ihren Füßen begann zuzittern.

Mit allen ihren Kräften kämpfte die TITAN nungegen die unheimliche Macht an, die nach ihrgegriffen hatte und sie nach Arkon zu zerrengedachte.

Bully drückte auf einige Tasten. DasNavigationsgehirn begann summend zu arbeiten, undbereits Sekunden später schob sich ein dünnerblitzender Metallstreifen auf den Tisch.

Die eingestanzten Zahlen waren klar und deutlich.Sie entfernten sich mit unverminderter

Geschwindigkeit von Voga. Rhodan schaltete dieTriebwerke aus. In die plötzliche Stille hinein sagteer kühl:

»Das Robotgehirn ist stärker als wir. Was nun ...?«Oberst Freyt bewies, daß er schnell zu denken

vermochte.»Wir müssen wissen, ob nur die TITAN von den

Zugstrahlen erfaßt werden kann. Die GANYMEDjedenfalls ist frei. Wenn die Kaulquappen esebenfalls sind, könnten wir mit einigen von ihnen dieTITAN verlassen und zur GANYMEDzurückkehren.« Rhodan nickte langsam. »Sicher,damit wären wir gerettet aber wir verlören zugleichdas mächtigste Schiff des Universums. Ich glaubejedoch, daß die Erde dieses Schiff noch brauchenwird. Sollen wir es der eigenen Sicherheit wegenleichtfertig aufgeben?«

»Was nützt es, wenn wir in die Gewalt Arkonsgeraten?« fragte Freyt leidenschaftlich. »Waserreichen wir damit?«

»Nichts«, gab Rhodan sachlich zu. »Ich habe auchnicht die Absicht, mich freiwillig in eine UngewisseGefangenschaft zu begeben, der wir geradeentronnen sind. Aber ich habe genauso wenig dieAbsicht, so schnell aufzugeben. Es muß eineMöglichkeit geben, das Gehirn noch einmal zuüberlisten. Jedenfalls will ich ihm erst dann wiedergegenübertreten, wenn ich einen Trumpf in der Handhabe.«

»Einen Trumpf?«»Ja, genau das! Es soll mich anerkennen, das ist

alles!«Freyt gab keine Antwort. Stumm sah er auf die

Bildschirme und bemerkte, daß die Sonne Vogabereits zu schrumpfen begann. Die Geschwindigkeitder TITAN mußte sich inzwischen erheblich erhöhthaben.

Von der GANYMED war außer einem winzigenLichtpünktchen nichts mehr zu sehen. Plötzlich sagteTiff: »Kann man die Strahlung messen, die von demRobotgehirn ausgeht?« Rhodan sah ihn fragend an.»Wie meinen Sie das?«

»Wenn man sie messen und somit feststellen kann,

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wüßten wir wenigstens, ob sie nur auf die TITANwirkt, oder ob sie willkürlich in den Raum geschicktwird und uns nur rein zufällig und völligunkonzentriert erfaßt hat.«

Rhodans Gesicht hellte sich auf. Er nickte demjungen Leutnant freundlich zu und wandte sich dannan Bully.

»Was sagen deine Instrumente? Ich meine jetztbesonders die in der Außenwandung eingelassenenStrahlungsmesser?«

Zwei Minuten später wußten sie es. Die Intensitätder Zugstrahlung ließ sich messen; es konnte alsojederzeit und überall festgestellt werden, ob dieStrahlung vorhanden war.

Die Verbindung mit der GANYMED war schnellhergestellt. Eine kurze Überprüfung ergab, daß diegleiche Menge der Zugstrahlung auch auf dasehemalige Springerschiff einwirkte, nur völligerfolglos.

Und das war der entscheidende Punkt, an dem manansetzen mußte.

Rhodan tat es mit der ihm eigenen Logik.»Also gut, wir wissen nun, daß nur die TITAN auf

den Willen des Robotgehirns anspricht, nicht aber dieGANYMED. Wir können daraus mit ziemlicherSicherheit schließen, daß es in diesem Schiff eineSpezialschaltung geben muß, die selbst auf eineEntfernung von drei Lichtjahren von dem Gehirnbetätigt werden kann. Einmal aktiviert, werden dieZugstrahlen wirksam - aber eben nur dann! Wirstehen somit vor dem Problem, dieseSpezialschaltung zu finden und unwirksam zumachen.« Er warf Oberst Freyt einen aufforderndenBlick zu. »Nun, Oberst, meinen Sie noch immer, essei besser, zur GANYMED zu fliehen und diesesprächtige Schiff im Stich zu lassen?«

»Wir können ja immerhin versuchen, es zubehalten«, schränkte Freyt seine vorherige Forderunggehörig ein. »Schön wäre es.«

Rhodan lächelte, wurde aber sofort wieder ernst,als er Bullys nächste Navigationsberechnung erhielt.Die Geschwindigkeit der TITAN hatte sichinzwischen verdoppelt.

»Und wie finden wir diese verflixte Schaltung?«fragte Bully wütend. »In einem Schiff, das eine ganzeWelt für sich ist ...«

»Da die Konverter nicht aussetzen, sondernvorschriftsmäßig arbeiten, kann sie nur zwischen denAntriebsräumen und dem äußeren Abstrahlungsringzu suchen sein«, gab Rhodan zurück. »Damit wirdder zu untersuchende Raum sehr eingeschränkt.« Ersah sich um. »Übrigens - wo steckt Gucky?«

Erst jetzt schienen auch die anderen zu bemerken,daß der Mausbiber nicht mehr in der Zentrale weilte.John Marshall meinte enttäuscht: »Ich kann seineGedankenimpulse nicht aufnehmen, er muß sich

isoliert haben.«»Vielleicht sitzt er auf dem ...«, begann Bully,

unterbrach sich aber rechtzeitig, als er Thora sah.Dann grinste er. Die Vorstellung dessen, was er hattesagen wollen, war auch zu komisch.

»Vielleicht kann Anne Sloane uns helfen«, schlugMarshall vor.

Anne Sloane war eine sehr gute Telekinetin desMutantenkorps und hatte schon mehrmals bewiesen,daß ihre Fähigkeiten denen Guckys nichtnachstanden. Leider verstand sie nicht soviel vontechnischen Dingen wie der ungeheuer gelehrigeMausbiber.

»Gucky kann ja schließlich nicht verschwundensein«, erwiderte Rhodan und nickte dann zögernd.»Gut, Marshall, holen Sie Anne.«

Als der Telepath die Zentrale verlassen hatte, sagteFreyt:

»Warum haben Sie Miß Sloane nicht mit demInterkom gerufen?«

»Weil ich die Mannschaft nicht beunruhigenmöchte«, gab Rhodan zurück. »Das Schiff ist ihrnoch ungewohnt, und sie hat wenig Vertrauen zu derTITAN. Das wird sich erst dann ändern, wenn wireinige Feuertaufen erfolgreich hinter uns gebrachthaben.« Er sah auf die Bildschirme. »Dies jetzt istschon eine.«

John Marshall kehrte nach zehn Minuten zurückund machte ein unbeschreiblich dummes Gesicht.Trotz der ernsten Situation weidete sich Bully an demfür ihn so erfreulichen Anblick, behielt aber seineMeinung ausnahmsweise für sich. Rhodan fragteverwundert:

»Was ist passiert? Sie sehen ja aus, als hätte Ihnenjemand die Notverpflegung aus der Taschegestohlen.«

»Anne Sloane - sie war nicht mehr dort. Gucky hatsie bereits vor zehn Minuten abgeholt. Wuriu Senguhat er auch mitgenommen.«

Sengu war der Japaner, der dank seiner mutiertenBegabung durch feste Materie sehen konnte. Mannannte ihn den »Späher« des Mutantenkorps.

»Soso«, machte Rhodan und sah gar nichtenttäuscht aus. »Er ist also mit Miß Sloane bereitsunterwegs, um selbständig zu handeln. Das sieht ihmwieder ähnlich.«

»Wie hat er das gewußt?« fragte Oberst Freytverdutzt. »Er war ja nicht mehr in der Zentrale, alswir die Messungen vornahmen.«

»Er ist Telepath und verfolgte ganz bestimmtunsere Unterhaltung. So beschloß er, gleich dasNotwendige zu unternehmen. Ich muß gestehen, daßer sehr klug handelte, sich Verstärkung zu holen undauch an den Späher zu denken. Nun, ich denke, wirkönnen beruhigt abwarten, was geschehen wird. Undes wird nicht sehr lange dauern, bis wir mehr wissen

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...«Rhodan behielt recht. Bully war aufgestanden und

unterhielt sich gerade mit Oberst Freyt, als die Luft inder Zentrale plötzlich zu flimmern begann und mittenim Raum dieGestalt des Mausbibers feste Formenannahm. Ohne auf die anderen zu achten, watschelteer zum Kommandostand und rutschte mit einem Satzin Bullys leeren Sessel. Der Nagezahn schimmerteweißlich und triumphierend. Gucky grinste.

Rhodan wartete geduldig, während Bully imHintergrund zu schimpfen begann, aber sehr schnellstill wurde, als Gucky sich warnend umdrehte, dielinke Pfote hob und zur Decke zeigte. Bully hattekeine Lust, wieder einmal festzustellen, daßTelekineten stärker sind als normale Sterbliche, auchwenn diese eine Zelldusche hinter sich haben.

Beruhigt wandte sich Gucky wieder Rhodan zu.»Die Schaltung befand sich dicht vor dem

Außengürtel und war hermetisch abgeschlossen. Wirhätten mit besten Instrumenten und stärkstenImpulsschneidern Monate benötigt, die dickenArkonitwände zu durchdringen. Wuriu Sengu fanddas Empfangsgerät. Gemeinsam mit Anne konnte iches ausschalten und gleichzeitig blockieren.« Immernoch grinste Gucky. »Es war nur mit Telekinesemöglich. Ich nehme an, damit haben die Erbauernicht gerechnet.«

»Gut gemacht«, lobte Rhodan und strich wieliebkosend über das seidige Fell im Nacken desMausbibers. »Manchmal meine ich, ohne dich würdeich nicht mehr fertig.«

Gucky hörte auf zu grinsen. Der Nagezahnverschwand urplötzlich. Mit fast demütiger Gebärdeneigte der kleine Kerl seinen Kopf und legte dasGesicht auf Rhodans Hände, die er mit der Pfote zusich gezogen hatte.

Dann richtete er sich wieder auf und drehte sichum.

»Ich werde dir gleich zeigen, Bully, wer von unsbeiden der größere Heuchler ist. Du hast mal wiedereine Lehre verdient.«

Und ehe es jemand verhindern konnte, war Guckyvon dem Sessel gerutscht, auf Bully zugeschrittenund mit dem Überraschten, der seine Gedanken nichtim Zaum gehalten hatte, spurlos verschwunden.

Gucky war mit ihm zu einem anderen Ortteleportiert. Oberst Freyt sah sehr verdutzt aus. »Wasist denn das nun wieder?« Rhodan lächelte und ließdas Navigationsfeld anlaufen.

»Daran müssen Sie sich gewöhnen, Oberst. Guckyund Bully sind die besten Freunde, sie wollen es nurnicht zugeben. Wie ich den Mausbiber kenne, erteilter dem Vorwitzigen eine Lehre, damit er die nächstenTage seine Ruhe hat. Ah - das Ergebnis ...« Er nahmdie Folie in die Hand und nickte befriedigt. »Nurnoch die freie Eigengeschwindigkeit. Das läßt sich

ändern.«Und wieder heulten die Impulskonverter auf, aber

diesmal nicht erfolglos. Im Verlauf wenigerSekunden wurde der rasende Flug der TITAN inRichtung auf Arkon gestoppt und Gegenfahrtaufgenommen. Schon zwei Minuten später kam dieGANYMED wieder inSicht.

Die Messungen ergaben, daß die Zugstrahlen desfernen Robotgehirns immer noch gleich vorhandenwaren, lediglich fanden sie nun keinen Anhaltspunktmehr. Damit galt als erwiesen, daß ihr Aufenthaltsortnicht bekannt war, sondern sie nur rein zufällig inden Bereich der wahllos ausgesandten Zugstrahlunggeraten waren.

Als die TITAN wieder dicht neben derGANYMED schwebte und die alte Kreisbahnverfolgte, tauchte Gucky in der Zentrale auf. Er tatsehr harmlos und gab keine Antwort, als man ihnnach Bully fragte.

Erst als Bully bei der nächsten Besprechung nichtauftauchte, begann Rhodan, sich ernste Sorgen zumachen. In seiner Kabine war er nicht gewesen.Hatte er wieder Erkundungsgänge auf eigene Faustunternommen? Seine Abneigung gegen die GröÐfeder TITAN war, bekannt, also war damit an sichnicht zu rechnen.

Gucky aber schwieg. Auch Marshall fand nichtsheraus, da der Mausbiber einen Block um seinGehirn legte.

Erst sechs Stunden später hörte einer derTechniker auf seinem Rundgang durch die Korridoredes inneren Kugelsegmentes merkwürdige Klopftöneaus einem bisher unberührten Teil des Schiffes. Erfolgte dem Klang und sah sich im Geiste schonbisher nicht bemerkten Ungeheuern gegenüber, dieirgendwo in den Tiefen des gigantischenKugelraumers hausten.

Das Klopfen kam aus der Gegend der sanitärenAnlagen.

Dazwischen erklang ein unheimliches Heulen, wiees wohl ein Mann ausstoßen konnte, der nicht mehrwußte, ob er seiner Wut oder seiner Verzweiflungden Vorzug geben sollte.

Der Techniker stand vor einer verschlossenen Tür.Das ziemlich einfache Schloß konnte nur von außenbetätigt werden, wenn von innen nicht abgesperrtwurde.

Die Erbauer der TITAN waren eben auch nurMenschen.

Der Techniker auch. Er fühlte Mitleid, gepaart mitheldenhaftem Entdeckermut.

Er zog seine Waffe und öffnete die Tür.Vorsichtshalber sprang er zurück und brachte dieWaffe in Anschlag, ließ sie aber gleich wiedersinken, als er die menschliche Jammergestalterkannte,die nach sechs Stunden vergeblichen

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Wartens endlich den kleinen Raum verlassen durfte,der normalerweise nicht für derart extrem langeAufenthalte berechnet war.

Es war Bully, den man so lange vermißt hatte.Niemand ahnte, wie er in einen von außenverschlossenen Raum geraten war. Lediglich Rhodanund die anderen Zeugen in der Zentrale hatten ihrenVerdacht.

Und außer Bully wußte nur einer, was wirklichgeschehen war: der so unschuldig in die Weltblickende Mausbiber Gucky.

Der aber hielt den Mund genauso wie Bully.

2.

Der inzwischen auf Erdzeit eingestellteautomatische Bordkalender zeigte den 17. Juni 1984.Seit gestern hatte sich nichts geändert.

Ständig wurde die Funkzentrale der TITAN besetztgehalten, und die Empfänger arbeiteten permanent,um alle von Arkon ausgehenden Nachrichtenaufzufangen und zu registrieren. Die Strukturtasternahmen jede Transition der nächsten Umgebung aufund speicherten alle Informationen abrufbereit in derBordpositronik. Danach zu urteilen, fanden in demSystem der Sonne Voga stündlich etwa fünfhundertTransitionen statt.

Kein Wunder, daß man die TITAN bisher nochnicht entdeckt hatte.

Allmählich begann Rhodan, sich ein Bild ihrerSituation zu machen. Das Robotgehirn auf Arkonhatte zweifellos Großalarm gegeben. Alle imSternnebel M-13 stationierten Streitkräfte warenangewiesen worden, das Auftauchen des Raumriesensofort zu melden. Ein direkter Angriff wurde nichtempfohlen, da das Robotgehirn nur zu gut wußte, wieunangreifbar das gestohlene Schiff in der Hand eineskühnen Kommandanten war. Und als solchen hatte esRhodan bereits anerkannt. Damit lief die größteFahndung an, die jemals in diesem Teil derMilchstraße stattgefunden hatte. Niemand hatte auchnur die geringste Veranlassung anzunehmen, daß ineinem anderen Teil der Galaxis schon einmal etwasÄhnliches geschehen sein konnte.

Rhodan verhielt sich abwartend. Solange er nichtentdeckt wurde, blieb ihm die Zeit, seine Mannschaftweiter zu schulen. Und erst dann, wenn dieseSchulung beendet war, konnte er weitere Plänefassen. Die eventuelle Rückkehr zur Erde war dannkein Problem mehr.

Doch vorher wollte er etwas anderes erreichen: Ermußte dem Robotgehirn beweisen, daß er ein Freunddes Imperiums war.

Neue Meldungen trafen ein. Der Chef-Funker gabsie ihm durch.

»Sektor BM-G-Y-387-J. Starke Transitionen in

Richtung CN-G-76-K. Dort keine Einheiten von uns.Wir forschen nach. Wahrscheinlich mehrere Schiffe.Ende.«

Keine Unterschrift. Kein Hinweis. Nur die nackteMeldung.

Bully, der sich von seinem Separatabenteuerwieder erholt hatte, gab den Zettel zurück und sahRhodan an.

»Na und? Das hören wir nun schon seit Stunden.Uns können sie damit kaum meinen.«

»Das behauptet auch niemand, aber einmal könnteeine Meldung nach Arkon gehen, die uns dochbetrifft. Darauf müssen wir gefaßt sein.«

Bully strich sich über das Kinn. »Ich weiß nicht,warum du unbedingt hier ausharren willst, obwohlwir eine herrliche Gelegenheit haben, unbemerkt zuverschwinden. Laß doch das Robotgehirn von unsdenken, was es will, Hauptsache ist, wir sind außerReichweite.«

»Wer vermag zu sagen«, lächelte Rhodan kalt,»wie groß die Reichweite eines solchen Robotgehirnsist?«

»Nun, der Nebel hat einen Durchmesser von knappzweihundertdreißig Lichtjahren. Man sollte meinen,das genüge dem Monstrum.«

»Aller Wahrscheinlichkeit tut es das aber nicht.Die Sicherheit des Imperiums steht an erster Stelle.Wir gefährden scheinbar diese Sicherheit. Ich binüberzeugt, daß die Reichweite des Robotgehirns imFalle der Bedrohung nicht nach Lichtjahren zumessen ist. Ich bin weiter überzeugt, daß es durchausin der Lage ist, von hier aus innerhalb einer halbenStunde die Erde angreifen und vernichten zu lassen,wenn es die Notwendigkeit dazu erkennt und ihrePosition weiß. Beginnst du nun zu ahnen, in welcherGefahr wir alle schweben?«

Bully sah erschrocken aus, aber er widersprachtrotzdem:

»Und wenn schon? Was erreichst du, wenn wirhierbleiben? Dadurch wird das Gehirn auch nichtnachsichtiger. Vergiß nicht, daß wir dem Imperiumein Schiff gestohlen haben.«

»Wenn wir beweisen können, daß es nur zumWohle des Imperiums geschah, wird sich auch dasRobotgehirn dieser Logik nicht verschließen können.Nur - man muß es eben beweisen!«

»Und wie gedenkst du das zu tun?«Als Rhodan antworten wollte, kam einer der

Funker in die Zentrale.»Sir, schalten Sie die optischen

Beobachtungsschirme ein. Vom System Voga hernähert sich uns ein Schiff.«

Rhodan handelte blitzschnell. Mit ein paarHandgriffen traten die Schirme in Aktion. Dann erstfragte er den Funker:

»Nur ein Schiff? Wie groß ist es?«

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»Ich glaube nicht, daß es eine Gefahr bedeutet, Sir.Seine Länge beträgt kaum mehr als hundert Meter.Es fliegt nur Lichtgeschwindigkeit und wird, wenn esentsprechend verlangsamt, in einer halben Stundehier eintreffen.«

»Danke«, erwiderte Rhodan und sah, daß dieSchirme aufglühten. »Achten Sie auf Funkzeichenund unterrichten Sie mich, wenn eine Nachrichteintrifft.«

Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder denBildschirmen zu, auf denen allmählich der Weltraumsichtbar wurde. In der Vielzahl der funkelnden Sternewar es schwer, das Schiff optisch zu erkennen. Bullyschaltete den Spezialsucher ein, dessen Prinzip demdes Radar ähnelte. Nun war es nur noch eineAngelegenheit von wenigen Sekunden, das fremdeSchiff zu finden.

Nach Einregulieren der Vergrößerung stand es klarund deutlich auf dem Spezialschirm. Es war in derTat nur einhundert Meter lang, besaß Torpedoformund mochte an der umfangreichsten Stellefünfundzwanzig Meter dick sein. Eine Reihe vonrunden Luken war erleuchtet und wies darauf hin,daß man keinen gesteigerten Wert aufGeheimhaltung legte. Dafür sprach auch der direkteKurs, den das fremde Schiff nahm. Es steuerte genauauf die TITAN zu. Bully kniff die Augen zusammen.»Es sieht so aus, als sollten wir Besuch erhalten. Obsie glauben, wir seien ein Schiff des Imperiums?«

»Der Diebstahl dürfte sich langsamherumgesprochen haben«, war Rhodan andererMeinung. Er stellte die Verbindung mit derGANYMED her, die in knapp zwei KilometerEntfernung schwebte. Leutnant Martin meldete sich.Rhodan bat ihn, sofort Oberst Freyt zu verständigenund an den Telekom zu holen. Zu Bully gewandt,fuhr er fort, ohne die Verbindung abzuschalten: »DerKommandant des fremden Schiffes weiß genau, wener vor sich hat, um so mehr verwundert mich sein -gelinde gesagt - freches Verhalten.«

»Auf den Burschen bin ich aber gespannt«, freutesich Bully.

Oberst Freyt erschien auf dem Bildschirm.»Wir haben ihn schon bemerkt«, meldete er sich

und meinte offensichtlich den Fremden. »Er kommtaus dem System. Sicher ein Zaliter, wenn ich nichtirre.«

»Wahrscheinlich sogar ein Zaliter«, bekräftigteRhodan. »Sie versetzen auf jeden Fall dieGANYMED in den Verteidigungszustand. Man weißnicht, welche Waffen den Zalitern zur Verfügungstehen. Warten Sie mein Kommando nicht erst ab,wenn Gefahr droht. Vernichten Sie den Fremden -aber nur in Notwehr. Verstanden?«

»Klar - nur in Notwehr!« Rhodan schaltete ab. AufFreyt konnte er sich verlassen. Erstellte die

Bordverbindung zum Aufenthaltsraum der Mutantenher. John Marshall meldete sich.

»Hier Zentrale«, sagte Rhodan. »Marshall, Siehalten sich und das Korps einsatzbereit. Schicken Siemir Ralf Marten und Gucky her. Aber beeilen Siesich. Eventuell Ras Tschubai und Tako Kakuta aufeinen Einsatz vorbereiten. Ende.«

Die beiden zuletzt Genannten waren dieTeleporter, die sich kraft ihres Willens an jedenbeliebigen Ort versetzen konnten. Ralf Martenhingegen besaß eine andere Fähigkeit, die derunauffälligen Aufklärung diente. Er war derTeleoptiker des Korps. Er war in der Lage, seinpersönliches Ich völlig auszuschalten und durch dieAugen und Ohren anderer Wesen zu sehen und zuhören. Ohne, daß der Betreffende es bemerkte,konnte Martens »Geist« in ihm wohnen und seineWerkzeuge gebrauchen.

»Wozu Ralf Marten?« wunderte sich Bully. »Duwillst dem Fremden doch keinen indirekten Besuchabstatten?«

»Warum nicht?« gab Rhodan kurz zurück, denn imgleichen Augenblick betraten der Genannte undGucky die Zentrale. Der Mausbiber warf Bully einenvergnügten Blick zu, watschelte zum nächsten Sesselund kletterte hinein. Ralf Marten wartete höflich ander Tür, bis Rhodan ihm einen Wink gab, imNachbarsessel Platz zu nehmen.

»Der TITAN nähert sich ein fremdes Raumschiff«,erklärte er, denn Ralf Marten war kein Telepath. »Ichmöchte wissen, wer sich an Bord befindet und wasman plant. Gucky, du hast noch keine Impulseaufgenommen?«

»Doch, aber sehr merkwürdige Impulse«, nickteder Mausbiber gelassen. »Ich werde nicht klug ausihnen.«

»Keine klaren Gedanken?«»Nur wenige, aber sie werden von stärkeren

Impulsen überlagert, die mir unverständlich bleiben.Soll ich springen? Die Entfernung hat sich verringert,und das Schiff nähert sich uns nur noch mit einerGeschwindigkeit von fünfhundert Metern proSekunde.«

»Woher weißt du das?« Gucky grinste. »Dort aufdem Sucher steht es.« Rhodan ärgerte sich, eineunnötige Frage gestellt zu haben. Aber das konntesogar ihm passieren. Er hatte in den letzten Minutennicht mehr auf das fremde Schiff geachtet.

»Marten, versuchen Sie, in einen an Bord desFremden befindlichen Körper zu schlüpfen, damitwir wissen, wie es drüben aussieht. Suchen Sie sichirgendeinen aus, es spielt keine Rolle. Während Siedas tun, wird Gucky weiter Impulse auffangen undvielleicht endlich einmal einen identifizieren. Eskönnen sich ja nicht nur Wahnsinnige in dem Kahnbefinden.«

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Ralf Marten lehnte sich in den Sessel zurück undschloß die Augen. Sekunden später schien er in eineArt Totenstarre zu verfallen. Sein Atem ging nurnoch schwach, und von einem Pulsschlag war kaumnoch etwas zu spüren.

Er weilte bereits viele Kilometer entfernt in demanderen Schiff.

Gucky seufzte und vertiefte sich erneut in seineAufgabe, den Fremden mit seinen telepathischenFühlern entgegenzueilen. Sein fähiges Gehirn nahmin der Tat eine erstaunliche Menge anGedankenimpulsen auf, von denen einige auch einenSinn besaßen. Überlagert wurden sie jedoch - wieauch vorher von abstrakten Gedankenmustern, ausdenen er einfach nicht schlau werden konnte.

Und dann spürte er etwas anderes ...Etwas griff vorsichtig und tastend nach seinem

Gehirn - zögernd noch, als sei es blind und versuchees aufs Geratewohl. Er stutzte und schirmte sichsofort ab, ohne sich zu melden. Der Fremde tasteteweiter, schien nichts zu finden - und verschwandwieder.

Nun wußte Gucky, woran er war. Er schüttelte sichund sah Rhodan an.

»In dem fremden Schiff«, sagte er nachdenklich,»sind Esper. Telepathen und schwache Suggestoren.Ich hätte es mir denken können.« Rhodan warüberrascht. »Thora hat nichts davon gesagt, daß dieZaliter parapsychische Fähigkeiten besitzen. Hm, dasist ja merkwürdig. Bist du sicher, Gucky?«

»Ganz sicher, Rhodan. Du kannst es mir glauben,denn einer hat versucht, mich zu finden. Aber er istwie blind. Ich könnte, wäre ich ein Suggestor, ganzbestimmt in ein Gehirn eindringen und esbeeinflussen. Die Esper auf dem fremden Schiffscheinen es nur dann zu können, wenn sie ihr Opferauch optisch wahrnehmen.«

»Wir müssen warten, was Marten berichtet. Er regtsich bereits.«

Ralf Marten stöhnte leise und öffnete abrupt dieAugen. Er sah aus, als erwache er soeben aus einemTraum, der alles andere als angenehm gewesen war.In seinen fragenden Augen war sogar so etwas wieEntsetzen.

»Gott sei Dank!« sagte er leise und richtete sichein wenig auf. »Das habe ich nicht erwartet.«

»Berichten Sie«, drängte Rhodan.»Wir haben nicht mehr viel Zeit.« Marten nickte.»Als ich wieder sehen konnte, erblickte ich die

Menschen. Sie sahen aus wie wir, nur hatten sierotbraune Haut und kupferne Haare. Ihre Gebietersind nicht böse, und sie scheinen auch keine bösenAbsichten gegen uns zu hegen. Aber das ist es nicht,was mich erschreckte - wie sollte es auch? Mir kamgleich alles so verschwommen vor, als sähe ich alleswie durch Wasser. Und das war es dann auch. Ich

steckte in einem Glasbehälter - oder besser derBesitzer des Körpers, in den ich übergewechseltwar.«

Rhodan verstand zwar kein Wort von dem, wasRalf Marten ihm berichtete, aber er unterbrach ihnnicht. Er wußte, daß er eine Antwort auf seinestummen Fragen erhalten würde - wenn Marten siewußte.

»Ich versuchte, mich selbst zu erkennen - dasWesen zu erkennen, in das ich geschlüpft war. Ichkonnte es nicht. Ich kam mir vor wie ein Fisch imAquarium. Vielleicht war es das auch. Die Leute, diean mir vorbeikamen, beachteten mich nicht, also mußich den Körper einer sehr unwichtigen Persönlichkeitgewählt haben. Ich kann aber jederzeit zurückkehrenin das fremde Schiff und versuchen ...«

»Warten Sie, Marten, das ist nicht nötig«, hieltRhodan ihn auf. »Mir genügt es vorerst zu wissen,daß man uns nicht anzugreifen beabsichtigt. Gucky,etwas Neues?«

»Es sind Esper an Bord«, wiederholte derMausbiber seine Feststellung. »Ich spüre ganzdeutlich, wie sie versuchen, mich zu suggerieren.«

»Also keine Telepathen, sondern Suggestoren, dieden Willen eines anderen übernehmen können.«

»Beides!« zwitscherte Gucky knapp und fügtehinzu: »Aber sie kommen über ein paar jämmerlicheVersuche nicht hinaus.«

Rhodan sah auf den Bildschirm. Das fremde Schiffhatte sich weiter genähert und stoppte ganz ab. Eswar nur noch zehn Kilometer von der TITANentfernt. Der Funker kam in die Zentrale.»Funkspruch von dem fremden Schiff«, meldete er.»Der Kommandant bittet, an Bord kommen zudürfen.«

Rhodan überlegte nur wenige Sekunden, dannnickte er.

»Gut. Geben Sie mein Einverständnis. Aber er darfkeine Begleiter mitbringen, sondern soll alleinkommen. Das fremde Schiff kann vor Schleusesiebzehn anlegen. Lassen Sie die Stelle durchLeuchtsignale kenntlich machen.«

Der Funker verschwand. Das Anlegemanöverbegann. Rhodan wandte sich an Gucky. »Du kehrstzu den Mutanten zurück. Haltet euch bereit. Achtetauf weitere Versuche der Zaliter, uns unter ihregeistige Kontrolle zu bringen. Marshall soll zu mir indie Zentrale kommen. Sobald der fremdeKommandant an Bord ist, sollen die Teleporter RasTschubaiund der Japaner an Bord des anderenSchiffes gehen und sich umsehen. Wenn möglichunbemerkt. Alles verstanden, Gucky?«

Gucky rutschte aus dem Sessel und stellte sichaufrecht. So war er fast anderthalb Meter groß. Als ermit der rechten Pfote salutierte, sah das sehrpossierlich aus. Leider verhinderte der grinsende

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Nagezahn, daß er von Bully ernst genommen wurde.»Alles verstanden, Sir!« quietschte er und hoppelte

davon. Er vergaß völlig, daß er teleportieren konnte.Die Sache mit den anderen Espern schien ihn argmitgenommen zu haben. - Ralf Marten folgte ihm.

Rhodan ließ Thora und Crest in die Zentralekommen und erwartete mit ihnen sowie Bully unddem Telepathen John Marshall den fremdenKommandanten.

Ras Tschubai maß fast an die zwei Meter undverriet auch damit seine Abstammung von denkriegerischen Häuptlingen des Sudan. Als er sicheinmal in Lebensgefahr befand, entdeckte er seineFähigkeit sich an einen anderen Ort wünschen zukönnen. Damals sprang ihn ein Löwe an - aber derLöwe traf mit seinem Prankenhieb nichts als leereLuft. Ras Tschubai war verschwunden und fand sichdreitausend Kilometer entfernt in seinem Heimatdorfwieder.

Damit begann seine Laufbahn als Teleporter.Ähnlich war es bei Tako Kakuta gewesen. Der

schmächtige Japaner hatte bei einer Katastropheseine außergewöhnliche Fähigkeit entdeckt und solange geheimgehalten, bis er zum MutantenkorpsRhodans gestoßen war.

Als die beiden den Einsatzbefehl erhielten,handelten sie sofort. Der Sprung zu dem an der Hülleder TITAN verankerten Schiff war eine Kleinigkeit,viel wichtiger würde es sein, von der Besatzung desFremden nicht bemerkt zu werden.

Sie arbeiteten getrennt. Während Tako sich auf dasHeck des anderen Schiffes konzentrierte, nahm sichRas das Mittelschiff vor.

Als er materialisierte und zu sehen begann, stellteer erleichtert fest, daß er allein war. In dem Raumstanden allerlei Geräte umher, deren Sinn ihm vorerstverborgen blieb. Da keine Sichtluke vorhanden war,mußte er sich inmitten des Schiffskörpers befinden.

Er beschloß, seine Suche ganz normalfortzusetzen.

Der Raum hatte zwei Türen. Die eine ließ sich miteinem Handdruck leicht öffnen, und er gelangte aufeinen Korridor, in den andere Türen mündeten. Erwagte es nicht, eine von ihnen zu öffnen,sondernschlich weiter, jede Sekunde daraufvorbereitet, plötzlich zu entmaterialisieren.

Die vordere Tür führte sicherlich in dieVerlängerung des Korridors und war so etwas wie einSchott. Er zögerte einen Augenblick, ehe er sieaufstieß. Der Gang dahinter war ebenfalls leer.

Er stand mit dem Rücken gegen die Wand gelehntund lauschte.

Irgendwo waren menschliche Stimmen. Sieunterhielten sich in Interkosrno, der Umgangsspracheder Arkoniden, die er dank seiner Hypnoschulungebenfalls beherrschte. Trotzdem konnte er kein Wort

verstehen.Es gehörte jedoch zu seiner Aufgabe, etwas über

die Zaliter auf diesem Schiff zu erfahren. Vorsichtigpirschte er sich also weiter, bis er die Stimmendeutlicher wahrnahm. Sie kamen aus einem Raum,der hinter einer der zahlreichen Türen lag. Innerlichzum sofortigen Sprung bereit, legte er sein Ohr gegendie glatte Metallfläche. Ja, nun konnte er sieverstehen.

» ... werden wir uns vielleicht in die Nesselnsetzen.«

Der Unbekannte sagte das nicht wörtlich so, aberder Sinn war der gleiche. Eine andere Stimmeantwortete:

»Hemor muß schließlich wissen, was er tut. Erhandelt auf Befehl des Zarlt. Und der weiß erst recht,was er tut.«

»Das gebe ich zu, aber mit dem Imperium ist nichtzu spaßen. Wenn es bemerkt, daß wir falsch spielen,schickt es uns eine Flotte auf den Hals. Darauf solltenWir es nicht ankommen lassen.«

»Die Gelegenheit ist einmalig. Bedenke, derFremde aus dem Universum hat das große Gehirnüberlistet!«

»Eben! Und der Zarlt meint, wiederum schlauer alser zu sein. Mir scheint das vermessen.«

Es entstand eine kurze Pause. Ras hörte Schritte,die auf die Tür zukamen. Er wich zurück und suchtenach einem Ausweg, ohne springen zu müssen. Aberihm blieb nicht viel Zeit, sich zu entscheiden.

Die Tür wurde aufgestoßen, und ein Kopf schobsich auf den Korridor.

Ras hätte später nicht zu sagen vermocht, ob derKerl ihn noch gesehen hatte. Er entmaterialisierte inder gleichen Sekunde und konzentrierte sich dabeiauf den Bug, wo die Zentrale des fremden Schiffessein mußte.

Das war ein großes Risiko, aber er tröstete sichdamit, daß er ja jederzeit wieder verschwindenkonnte, wenn er Menschen antraf. Er hatte Glück.Als er zu sehen begann und sich zugleich auf einneuerliches Verschwinden vorbereitete, erkannte er,daß er allein war. Rings um ihn herum war - dasUniversum.

Aber es war voller Luft, und er konnte atmen.Seine erste Befürchtung, die Richtung verfehlt und

mitten im Vakuum gelandet zu sein, erfüllte sich zumGlück nicht. Zu seinem Erstaunen stand er inmitteneines fast runden Raumes, dessen Wände und Deckeaus einem durchsichtigen Material bestanden. EineArt Beobachtungsraum vielleicht.

Jedenfalls sah er die gigantisch hohe Hülle derTITAN wie eine Riesenwand rechts nach obenstreben. Durch eine Plastik-Tunnelverbindungerkannte er eine menschliche Gestalt, die die wenigenMeter zwischen dem fremden Schiff und der TITAN

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mit schnellen Schritten zurücklegte. Er sah, wie sievon einigen Offizieren in Empfang genommenwurde.

Das mußte der fremde Kommandant sein, derRhodan um eine Unterredung gebeten hatte.

Nur eine einzige Tür führte in denBeobachtungsraum, stellte Ras zu seiner Beruhigungfest. Er eilte zu ihr und warf einen kurzen Blick inden hinter ihr liegenden Korridor. Er war leer.

Von hier also drohte keine Gefahr. Er schloß dieTür wieder und wandte sich um.

Und dann erblickte er das Ungeheuer ...

*

Tako hatte von Anfang an weniger Glück.Als er materialisierte, Stander mitten in einer

erregt debattierenden Menge. Es waren ausnahmslosZaliter in verschmutzten Arbeitskleidern, alsohöchstwahrscheinlich Angehörige des technischenPersonals.

Dem Japaner fehlte die Geistesgegenwart, sofortwieder zu verschwinden. Vielleicht hielt er es auchnach der einmal erfolgten Entdeckung nicht mehr fürso wichtig, denn gefangennehmen konnten sie ihnohnehin nicht.

Das erregte Gespräch verstummte sofort. DieMänner wandten die Köpfe in seine Richtung undrissen die Augen auf. Wortlos starrten sie die soplötzlich mitten unter ihnen aufgetauchteGeistergestalt an, die jedoch aus Fleisch und Blut zubestehen schien.

Tako amüsierte sich innerlich, aber sein Gesichtblieb hart und grimmig. Einen krasseren Gegensatzzu seiner schmächtigen und sehr schwach wirkendenGestalt konnte es kaum geben.

Einer der Zaliter, ein stämmiger Bursche in grünerHose, trat vor und griff nach Tako. SeinGesichtsausdruck zeigte eine Mischung von Furchtund Neugier. Mit einer Handbewegung wischte derJapaner die Hand weg.

»Nicht anfassen!« warnte er in Interkosrno. DerZaliter verstand sofort. »Wer bist du?« fragte er. Undlauernd fügte er hinzu. »Wo kommst du her?«

»Vielleicht kann ich mich unsichtbar machen«,entgegnete Tako und schob den nächsten Zaliter mitder Hand beiseite, um langsam durch die entstandeneGasse der nächsten Tür entgegenzuschreiten. »Ihrgestattet, daß ich mir das Schiff ansehe.«

Er öffnete die Tür. Niemand hinderte ihn daran.Sie sahen ihm einfach nach, als könnten sie das nichtglauben, was sie mit ihren eigenen Augen sahen.

Erst als Tako schon halb draußen auf dem Gangwar und die Tür hinter sich schließen wollte,stürmten sie wie auf ein Kommando hinter ihm her,drängten sich durch die schmale Öffnung und griffen

nach ihm.Aber sie griffen nur in die Luft. Tako

entmaterialisierte und sprang in RichtungMittelschiff, wo er das Pech hatte, genau an derStelle zu landen, wo Sekunden vorher noch Rasgewesen war.

Der Offizier, der eben seinen Kopf in den Korridorstreckte, wurde somit Zeuge eines mysteriösenEreignisses, an dessen logischer Erklärung er nochviele Jahre zu arbeiten haben würde.

Zuerst sah er ein schwarzes Ungeheuer, dasplötzlich zu flimmern begann und sich in Luftaufzulösen schien. Aber das war nichts als eineunheimliche Wandlung, die man nicht erklärenkonnte. Denn kaum war das schwarze Geschöpfunsichtbar geworden, da tauchte es schon wieder inneuer Gestalt auf. In der von Tako. Mit einemAufschrei fuhr der Offizier zurück und knallte dieTür hinter sich zu.

Tako wunderte sich über die schnelle Reaktion desZaliters und machte sich daran, Ras zu suchen. Hiermußte er irgendwo sein, wenn nichtsUngewöhnliches passiert war.

Er hatte kaum zehn Schritte zurückgelegt, daschrillte der Alarm durch das Schiff. Die Sirenenhatten einen ungemein hohen Ton und wirkten fastschmerzhaft auf das menschliche Trommelfell ein.Selbst ein Schlafender würde durch sie gewecktwerden.

Tako fluchte und raste den Korridor entlang. Erhatte eigentlich nichts erreicht, außer, daß er einigenLeuten einen Schrecken verursacht hatte. Rhodanwürde damit nicht sehr zufrieden sein, aber es ließsich nicht ändern. Vielleicht war es besser, an Bordder TITAN zurückzukehren. Ras hatte es sicherlängst getan.

Also sprang Tako in die TITAN zurück.

*

Ras Tschubai erstarrte in seiner Bewegung.Er hatte geglaubt, allein in dem Kristallraum zu

sein, aber er war es nicht.Das Wesen war knapp anderthalb Meter hoch und

fast einen Meter breit, etwa kreisrund und erinnertean eine Riesenqualle. Ganz unten erkannte Ras eineunbestimmbare Anzahl kurzer Stummelfüße, diegenau so schwabbelig wie der ganze Körper wirkten.Gekrönt wurde das Ganze von einem kugelrundenKopf, der genau auf der Mitte des Puddings saß.Knopfartige Augen starrten ihn kalt und böse an.

Das Merkwürdigste aber war die Tatsache, daß dasunheimliche Wesen in einem Glasbehälter hockte,der nach allen Seiten hin hermetisch abgeschlossenschien. Ein kugelförmiger Druckbehälter, wußte Rassofort. Leitungen aus silbern schimmerndem Metall

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verbanden den Behälter mit einer Vorrichtung, die anein Sauerstoffaggregat erinnerte.

Ein Fahrgestell einfacher Konstruktionvervollständigte das Gebilde.

Ras stand unbeweglich und betrachtete dasUngeheuer, von dem er ahnte, daß es ihm nichtsanhaben konnte. Nur darum blieb er auch. Er hattedas Gefühl, etwas außerordentlich Wichtigesentdeckt zu haben.

Woher kommst du?Ras war kein Telepath. Darum war er zuerst sehr

verwundert darüber, eine lautlose Stimme verstehenzu können - etwas, was nur ein Telepath vermochte.

Doch dann fiel ihm ein, daß ein guter Hypno oderSuggestor auch Nichttelepathen bestimmteGedankengänge aufzwingen konnte.

Er ignorierte die Frage und machte einen Schrittauf den Glasbehälter zu. Wenige Meter davor blieb erstehen. Die kalten und forschenden Augen machtenihm zu schaffen. Es ging eine Drohung von ihnenaus, deren Natur Ras nicht zu bestimmen vermochte.Was Rhodan wohl zu seiner Entdeckung sagenmochte.

Wer ist Rhodan? kam die nächste Frage.Ras erschrak. Wenn das Biest Gedanken lesen

konnte, wurde die Angelegenheit gefährlich.Krampfhaft bemühte er sich, die in der Schulungerlernte Abschirmung gegen telepathischeÜberwachung wirksam werden zu lassen. Es mußteihm gelungen sein; der nächste Gedanke bestätigte esihm.

Warum schirmst du dich ab? So kann keineUnterhaltung zustande kommen.

Ras beschloß, die einmalige Gelegenheit nicht zuversäumen.

Was - wer bist du? dachte er konzentriert.Ich bin Mooff, kam die Antwort, verbunden mit

einem merkwürdigen Druck gegen das Gehirn desTeleporters. Ras hatte plötzlich das Bedürfnis, näheran den Glasbehälter heranzugehen. Als er einenSchritt machte, wurde der Druck deutlichstärker.

Irgendwo in seinem Innern begannenAlarmsirenen zu schrillen.

Das Schrillen drang auch an seine Ohren. Es warwirklich vorhanden und raste durch das ganze Schiff.Getrappel von Füßen erscholl. Es näherte sich demBeobachtungsraum. Türen wurden aufgerissen,fragende Stimmen erschollen! Gefahr!

Ras konzentrierte sich auf die TITAN und sprang.Er wollte springen. Etwas hielt ihn zurück und

hemmte seine Entmaterialisation. Es war, als griffentausend unsichtbare Augen nach ihm und seinemGehirn. Der Druck wurde stärker, verbunden mit demBefehl zu bleiben.

Das Monster versuchte, ihn zu hypnotisieren.Ras begann zu ahnen, in welche Falle er geraten

war. Er mußte ihr entrinnen, oder er gefährdete nichtnur Rhodan, sondern auch die Menschheit. OberstesGebot der irdischen Raumfahrer jedoch war, keinenVerrat an der Menschheit zu begehen, sondern lieberdas eigene Leben zu opfern.

Nun, soweit war es noch nicht. Mit allerKonzentration, deren er noch fähig war, dachte er anRhodan und die Zentrale. Er sah Rhodan vor sich undspürte zugleich die furchtbare Gefahr, in der er selbstsich jetzt befand. So ähnlich war es damals imUrwald gewesen, als die Raubkatze ihn ansprang.

Nur war es diesmal keine Raubkatze, sondern einviel schrecklicheres Geschöpf, ein telepathischesUngeheuer, das über suggestive Kräfte verfügte undsein Feind war. Es gelang.

Als die Tür zum Beobachtungsraum aufgerissenwurde, entmaterialisierte er.

Er starrte genau auf den Rücken eines ihmunbekannten Mannes, der Rhodan gegenüberstandund sein Erscheinen nicht bemerkte.

3.

John Marshall nahm den Besucher an der Schleusein Empfang und begleitete ihn durch unzähligeKorridore und Gravitationslifts zur Zentrale. Dabeifand er genügend Gelegenheit, die Gedanken desGastes zu sondieren und diesen gründlichauszuspionieren.

Der Zaliter ahnte nichts davon. Er war keinTelepath, wie John leicht feststellen konnte. Das wareine Überraschung, denn Gucky hatte fest behauptet,daß sich an Bord des anderen Schiffes Telepathenaufhielten.

Rhodan erwartete seinen Besucher. Bei ihm warendie beiden Arkoniden und Bully. Gucky befand sichnebenan in der Funkabteilung; es war besser, er hieltsich vorerst im Hintergrund.

Rhodan stand auf, als John Marshall mit demFremden eintrat.

Der Zaliter machte keinen schlechten Eindruck,aber in seinen Augen war etwas, was Rhodan nichtgefiel. Die kupferfarbenen Haare waren lang undleicht gewellt. Rotbraun und sonnenverbrannt wirktedie Haut selbst hier unter der künstlichenBeleuchtung. Er trug eine Art Uniform mit silbernenund goldenen Abzeichen.

»Sie baten mich um eine Unterredung«, eröffneteRhodan das Gespräch.

Der Zaliter nickte, eine Bewegung, die auch beiden Arkoniden eine Bejahung bedeutete.

»Ich bin Hemor, der Kommandant des kleinenSchiffes, das der Zarlt Ihnen entgegenschickt. Ichhabe den Auftrag, Ihnen einige Vorschläge zuunterbreiten und hoffe, daß Sie bereit sind, sieanzunehmen.«

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Rhodan zog die Augenbrauen in die Höhe.»Das käme auf die Vorschläge an«, erwiderte er.

Es klang wie eine Aufforderung und war auch eine.Hemor begriff.

»Sie haben diesen Kugelraumer auf Arkongestohlen«, begann er und sah dabei sehr selbstsicheraus. »Das ganze Imperium macht Jagd auf sie. Bisherweiß niemand, wo Sie sich befinden.«

»Sie wissen es aber ...?«»Nur wir!« nickte Hemor und lächelte kühl. »Es

war reiner Zufall, aber wir wissen es eben. KeineSorge, wir haben nicht die Absicht, IhrenAufenthaltsort Arkon bekanntzugeben. Der Zarltmöchte mit Ihnen sprechen.«

»Wer ist Zarlt?« Der Zaliter verbarg seinErstaunen nicht. Er schien fest damit gerechnet zuhaben, daß alle Intelligenzen des Universums denZarlt kannten.

»Der Herrscher über das System Voga undgleichzeitig der Vize-Imperator von Arkon, also derdirekte Stellvertreter des Imperators. Sein Name istAdmiral Demesor, und er erwartet Sie in Tagnor, derHauptstadt von Zalit, dem vierten Planeten der SonneVoga.«

»Und was will er von mir?« Rhodans Stimmeklang kühl und gelassen. Er tat ganz so, als handeltees sich um eine äußerst nebensächlicheAngelegenheit, die sich zwischen Tür und Angelerledigen ließ. Innerlich war er sehr gespannt, wasder Vize-Imperator des arkonidischen Imperiums vonihm wollte.

»Ich bin nicht befugt, darüber zu sprechen - bis aufeinige geringfügige Andeutungen. Fragen Sie.«

Rhodan warf dem abseits stehenden Marshalleinen kurzen Blick zu. Der Telepath nickte zurück.

»Hat das Robotgehirn von Arkon mich zumStaatsfeind erklärt?«

Hemor ließ einige Sekunden verstreichen, ehe erantwortete:

»Nicht ausdrücklich, aber es verfolgt Sie mit allenzur Verfügung stehenden Mitteln. Ist Ihre Fragedamit beantwortet?«

»Ja, danke. Zweite Frage: Was hat Ihr Zarlt damitzu tun? Warum befolgt er nicht den Befehl desGehirns?«

»Ich bin nicht ermächtigt, Ihnen darauf eineAntwort zu geben.«

John Marshall in der Ecke nickte unauffällig.Rhodan zuckte die Achseln.

»Auch gut, ich werde es ja erfahren. Wasgeschieht, wenn ich der Aufforderung keine Folgeleiste?« Hemor lächelte leicht.»Unsere gesamteFlotte ist alarmiert. Bisher hatte sie den Auftrag, Sienach Zalit zu geleiten, und sie wird das auch tun,wenn kein gegenteiliger Befehl erfolgt. Diesengegenteiligen Befehl erteile ich nicht, sondern mein

Stellvertreter - wenn ich bis zu einer bestimmten Fristnicht zurück bin. Wir haben alles in Erwägunggezogen, sie Sie sehen.«

»In der Tat«, lobte Rhodan die Umsicht desZaliters. »Das haben Sie. Aber ich denke, weitereFragen haben wenig Sinn. Ich werde mir alsoanhören, was der Zarlt mir vorzuschlagen hat.«

Hemors Gesicht hellte sich auf. Ein Stein schienihm vom Herzen zu fallen. Er warf einen Blick zuThora und Crest, die bisher geschwiegen hatten.

»Ich wußte nicht, daß auch Arkoniden an Bord desKugelraumers sind. Davon wurde nichts erwähnt.«

Crest machte eine wegwerfende Handbewegung.»Ist es wichtig?« erkundigte er sich leichthin.Die Tür öffnete sich, und der Funker betrat die

Zentrale.»Vom System her nähert sich eine Flotte. Sie

besteht aus mindestens zweihundert Einheiten undgeht in Angriffsposition.«

Rhodan warf Hemor einen fragenden Blick zu. DerZaliter lächelte.

»Nur eine Vorsichtsmaßnahme, mehr nicht. AberSie kommen ja mit, wenn ich Sie recht verstandenhabe. Kann ich an Bord meines Schiffeszurückkehren?«

In dieser Sekunde entstand unmittelbar hinter ihmdie Gestalt Ras Tschubais aus dem Nichts. Für eineSekunde schien der Neger verblüfft, dann begriff erRhodans stumme Aufforderung und wich an dieWand zurück. Alle außer dem Zaliter hatten seineRückkehr bemerkt.

»Das steht Ihnen frei. Ist das Landefeld auf Zalitgut gekennzeichnet?«

»Sie brauchen mir nur zu folgen«, sagte Hemor,machte eine knappe Verbeugung und wandte sichum. Er sah Marshall fragend an, der ihnhierhergebracht hatte. Dann schritt er ohne Gruß aufden Korridor hinaus, von dem Telepathen gefolgt.

Rhodan sah ihm nachdenklich nach. Bully regtesich. »Ein arroganter Kerl«, faßte er seine Eindrückezusammen. »Ein Gesicht, das man ohrfeigen könnte.Möchte wissen, was der sich so vorstellt.«

»Wir werden es erfahren, wenn Marshallzurückkehrt. Du wirst so freundlich sein, die TITANdem kleinen Schiff folgen zu lassen. Gib OberstFreyt entsprechende Anweisungen, damit er Bescheidweiß. Sehen wir uns Zalit und den Zarlt einmalgenauer an. Ich habe so ein merkwürdiges Gefühl.«

»Ich auch«, sagte Crest von der anderen Seite desRaumes her. »Mir scheint, die Zaliter sind nicht ganzso zuverlässig, wie wir immer angenommen haben.Vielleicht können wir dem Imperium einen Diensterweisen.«

»Das«, sagte Rhodan, »ist genau meine Absicht.«John Marshall kam drei Minuten später in die

Zentrale zurück und hörte die letzten Worte des

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Berichtes, den Ras gab.»... versuchte diese Qualle, von meinem Willen

Besitz zu ergreifen. Ich nahm Reißaus, aber ichfürchte, man hat mich bemerkt. Jedenfalls wurdeSchiffsalarm gegeben.«

»Macht nichts«, beruhigte ihn Rhodan. »Siewissen bestimmt nicht, daß sie es mit einemTeleporter zu tun hatten. Was wurde aus Tako?«

Gucky kam in die Zentrale gewatschelt.»Ist zurück«, zirpte er schrill. »Erschreckte einige

Männer fast zu Tode und verdrückte sich.« Er wandtesich an Marshall. »Willst du erzählen? Ich habe auchalles erfahren, was dieser Hemor gedacht hat.«

»Ja. Ergänze, wenn ich etwas vergesse.« Marshallsah Rhodan an. »Ich brachte ihn zurück zur Schleuse.Er läßt noch bestellen, daß der Flug nach Zalit in dreiMinuten beginnt. Wir sollen gleiche Geschwindigkeiteinhalten. Ja, was er dachte ... - Eigentlich nicht viel.Nur soviel fand ich heraus - vielleicht hatte Guckymehr Glück - daß der Zarlt den Versuch unternehmenwill, dem Robotgehirn mit unserer Hilfe einSchnippchen zu schlagen. Er scheint dem Imperiumnicht gerade gut gesonnen.«

»Meine Ahnung!« seufzte Crest. Rhodan lächelte.»Kein Wunder - wer läßt sich schon gern von

Maschinen regieren. Noch etwas Konkretes,Marshall?«

»Eigentlich nicht. Nur einmal dachte dieser Hemoran einen gewissen Mooff, aber ich weiß nicht, werdas ist.«

»Ja, wir wissen schon. Ras ist diesem Mooffbegegnet. Es ist ein Tier.«

»Und was für eines!« schrillte Gucky in dieDiskussion. »Es ist das Biest, dessenGedankenimpulse die der Zaliter überlagern. Deshalbwurde ich nicht schlau. Jedenfalls ist der Mooff einTelepath und ein Suggestor.«

»Ja, ich konnte es am eigenen Leibe erfahren«,warf Ras ein.

Bully kümmerte sich nicht um die Unterhaltung.Er wartete die drei Minuten ab und schaltete dannden Antrieb ein. Langsam und vorsichtig folgte erdem winzigen Schiff und bemerkte gleichzeitig, daßauch die GANYMED die Kreisbahn verließ. Mitmäßiger Beschleunigung strebten die Schiffe derroten Riesensonne entgegen. Die ganze Flotte folgtein respektvollem Abstand.

»Was ist dieser Mooff?« fragte Rhodan.»Ich habe noch nie in meinem Leben etwas von

einem Mooff gehört«, sagte Crest. »Sie müssen ganzneu bei uns aufgetaucht sein.«

»Mir scheint, eine Art Talisman«, vermutete Ras.»Warum sollten sie diese Viecher sonst in ihrenSchiffen mit sich herumschleppen? Außerdemscheinen die Mooffs nur in einer besonderenAtmosphäre existieren zu können, denn sie halten

sich in einem Druckbehälter auf.«»Das war das Aquarium, durch das Marten

hindurchsah. Er suchte sich ausgerechnet den Mooffaus.«

»Ganz verständlich«, behauptete Gucky. »DerMooff sendet die stärksten Impulse aus. KeinWunder, daß Marten auf ihn hereinfiel.« Rhodanfaßte zusammen: »Also ein Talisman - hm, vielleicht.Aber ich denke, die Antwort lautet noch anders. Undvielleicht erleben wir eine Überraschung.« Bullydrehte sich um. »Sie haben ganz anständige Brockendabei«, teilte er mit. Offenbar meinte er dieKampfschiffe der Zaliter. »Für uns bedeuten sie jawohl keine Gefahr, aber ich möchte jetzt nicht aufder GANYMED sein.«

»Niemand wird uns angreifen«, wischte Rhodanjeden Gedanken an eine akute Gefahr beiseite. »DerZarlt ist viel zu neugierig, uns kennenzulernen.Solange sind wir sicher.«

Gucky richtete sich plötzlich auf. Er warf Marshalleinen schnellen Blick zu und sagte dann leise:

»Denkt nicht an das, was ich jetzt sage, sondernversucht, euer Gehirn mit einem Abwehrschirm zuumgeben. Jemand versucht, unsere Gedanken zulesen! Ein guter Telepath, aber nicht gut genug füruns. Es ist nicht nur einer - es sind viele. Sehr vielesogar ...«

Rhodan kniff die Augen zusammen. Für eineSekunde schien er unschlüssig, dann flüsterte er mehrzu sich selbst:

»Irgendwo droht eine fürchterliche Gefahr - ganzbestimmt. Ich ahne es. Aber diese Gefahr heißt nicht:Zaliter! Sie hat einen ganz anderen Namen.«

»Mooff!« sagte John Marshall entschieden.Rhodan nickte. »Ja, ich glaube auch. Der Mooff istdie Gefahr.«

Gucky schüttelte so heftig den Kopf mit dengroßen Mauseohren, daß er fast das Gleichgewichtverloren und von seinem dicken Hinterteil gefallenwäre.

»Nein, nicht der Mooff! Mindestens zweihundertMooffs! Denn auf jedem Schiff der Zaliter weilt einMooff!« Niemand gab Antwort.

*

Die Stadt Tagnor bedeckte die Fläche eineskleinen irdischen Staates. Sie hatte 30 MillionenEinwohner, was hinsichtlich derGesamtbevölkerungszahl von Zalit - 8 Milliarden-nicht verwunderlich scheinen konnte.

Dominierend wie auch auf den Planeten Arkonswaren die merkwürdigen Trichterbauten. Unten amsäulenförmigen Standbein befand sich der Eingang,der den Besucher in eine völlig in sichabgeschlossene Welt führte. Ringsum waren die

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schräg ansteigenden Wände, teils mit bunten Gärtenund herrlichen Veranden geschmückt, die auf denringförmigen Terrassen lagen. Dann wiederWohnungen, jede individuell für sich abgeschlossenund durch weitere Gärten von der nächsten getrennt.

Die Form der Trichterbauten entsprach demBedürfnis der Arkoniden, möglichst allein undungestört zu wohnen. Die Zaliter, Abkömmlinge derArkoniden, hatten die alte Sitte übernommen underhalten.

Bis zum Raumfeld herüber leuchtete derrotgefärbte Riesentrichter des Regierungspalastes.Rhodan war er schon bei der Annäherung aus großerHöhe aufgefallen, und ganz zufällig hatte einer derZaliter auf dem kleinen Führerschiff daran gedacht.Marshall gab die Information an Rhodan weiter. Dortalso residierte der Zarlt. Das Landefeld war vonriesigen Ausmaßen. Es wurde fern am Horizontdurch gewaltige Bauten begrenzt. Der Durchmesserbetrug gut und gern zwanzig Kilometer. Erst als dieBegleitflotte niederging und in geordneter Formationlandete, wurde Rhodan klar, daß diesesRaumlandefeld auf keinen Fall zu groß war.

Die TITAN setzte sanft wie ein schwereloser Baliauf. Die Antigravstrahlen hielten sie, bis der Ring derTeleskopstützen festen Halt fand. Rhodan wagte esnicht, die Strahlen völlig auszuschalten, weil erbefürchtete, das unvorstellbare Gewicht der TITANkönnte sie alle in die Oberfläche des Planetenhineinsinken lassen. Er ließ die Antigravfelder alsoweiterhin wirksam bleiben und verringerte so dasGewicht des Schiffes um die Hälfte.

Ein Wagen mit seltsamer Torpedoform kurvteherbei und wartete geduldig, bis die Besucher sichentschlossen, ihr Schiff zu verlassen.

Rhodans Pläne standen bereits fest.»Crest, Bully und John Marshall begleiten mich.

Es ist besser, wenn wir nur wenige sind - so wenigwie möglich. Thora weiß ich jetzt lieber hier imSchiff. Leutnant Tifflor, Sie rid0bleiben hier in derZentrale und halten Verbindung mit mir. Ich nehmeden kleinen Armband-Sender mit und lasse ihneingeschaltet. So sind Sie stets über das unterrichtet,was draußen vorgeht. Sollte man uns eine Fallestellen, greifen Sie mit den Mutanten ein. Allesklar?«

»Was ist mit der GANYMED?«»Bleibt startklar. Beim geringsten Zeichen eines

Angriffes starten. Die TITAN bleibt; sie kann sichwehren. Aber ich glaube nicht, daß wir derartiges zubefürchten haben. Die Zaliter haben andere Pläne.«

»Und ich?«Gucky hockte mit bittenden Augen neben der Tür

und sah Rhodan so flehend an, daß diesem ganzanders zumute wurde. Aber er schüttelte den Kopf.

»Es geht nicht - heute nicht! Die Zaliter sollen

nicht mehr als unbedingt notwendig erfahren.Außerdem muß jemand das Mutantenkorps führenund den eventuellen Einsatz leiten. Du siehst, duwirst hier an Bord dringend benötigt. Außerdem gibtmir die Gewißheit, dich als Verstärkung im Rückenzu wissen, eine größere Sicherheit. Nicht wahr, dasverstehst du doch, Gucky?«

Der Mausbiber verstand es. Mit einemverächtlichen Seitenblick auf Bully, der ja nur mitRhodan gehen durfte, weil seine Anwesenheit auf derTITAN völlig bedeutungslos war, watschelte er ausder Zentrale. Sie hörten ihn draußen auf dem Gangvergnügt vor sich hin kichern. Ein Zeichen, daßRhodan wirklich gesagt hatte, was er auch dachte.

»Nehmen wir Waffen mit?« fragte Bully.»Die kleinen Nadelstrahler in der Tasche

genügen.« Rhodan schüttelte den Kopf. »Allesandere wäre sinnlos.«

Nach vielen Liften und Korridoren erreichten siedie Nebenschleuse dicht bei dem Ring derTeleskopstützen. Eine Rampe wurde automatischausgefahren, als sich die Außenluke öffnete.

Rhodan betrat als erster die Oberfläche derfremden Welt. Seine geübten Sinne spürten sofortden nur geringfügigen Schwereunterschied zur Erde.Die Luft war klar und sauber. Vielleicht eine Spurmehr Sauerstoff als gewohnt, aber durchaus nochnormal.

Der Boden bestand aus einer harten, glatten Masse,die an Beton erinnerte. Sie war fugenlos und völligeben.

Der Wagen kam herbei und hielt neben ihnen. Einmuskulöser Zaliter stieg aus und öffnete den Schlagfür sie. Ganz wie auf der Erde, dachte Rhodangrimmig. Allerdings erinnerte nichts sonst an einenStaatsbesuch, und als solcher könnte der ihreeigentlich betrachtet werden.

Die Fahrt durch die Stadt ließ ihnen keine Zeitzum Reden. Sie bewunderten die gut angelegtenFahrbahnen, die herrlichen Parks, die vielenTrichterbauten und den regen Verkehr. Man hättesich nach dem Kristallplaneten Arkonszurückversetztfühlen können, wenn man nichtständig und überall die regsamen und sehr lebendigenZaliter gesehen hätte.

Sie waren es, die den ganzen Unterschiedausmachten.

Statt der müden und degenerierten Arkoniden, diealle Arbeit den Robotern und den positronischenGehirnen überließen, lebte das Volk auf Zalit noch.Hier wurde gearbeitet und geschafft; man sah es anden fröhlichen Gesichtern der Stadtbewohner, daß siemit ihrem Dasein durchaus zufrieden waren. Nichtsvon der trübsinnigen Melancholie der Arkoniden; imGegenteil, mehr als einmal konnten die Terranerlachende Zaliter beobachten, die in kleinen Gruppen

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umherzogen und die Parks aufsuchten.Rhodan warf Crest einen heimlichen Blick zu. Der

Arkonide sah aus dem Wagenfenster und nahm allesin sich auf. Keine Miene in seinem Gesicht regtesich, aber Rhodan glaubte zu wissen, worüber ernachdachte. Und das Ergebnis dieses Nachdenkensw_crde Crest sicherlich nicht befriedigen.

Der Regierungspalast kam in Sicht.Schon von weitem hatte er einen gewaltigen

Eindruck gemacht, aber er übertraf doch dieErwartungen Rhodans. Allein die zylindrische Säule,auf der der Trichter stand, hatte einen Durchmesservon fünfzig Meter. Oben am »Rand« mußte dieserDurchmesser bereits dreihundert Meter betragen, dieHöhe war schätzungsweise 150 Meter. Die Wändestrebten in einem Winkel von 45 Grad schräg in dieHöhe und waren bis auf die Reihenfenster glatt.

Die blutrote Farbe erweckte Erinnerungen an dieWega in Rhodan.

Zwei mit Orden geschmückte Offiziere nahmenRhodan und seine Begleitung in Empfang undführten sie in das Innere des Palastes.

Der Innenhof glich einem weiten Garten.Blumenbeete umsäumten eine gepflegte Rasenfläche,die von schmalen Wegen durchzogen wurde. Undgenau in der Mitte des Raumes stand ...

»Achtung!« warnte Marshall auf Englisch. »EinMooff!«

Rhodan hatte ihn schon längst gesehen.Mitten auf dem Rasen stand eine gläserne Glocke,

wie Ras sie beschrieben hatte. In ihrem Innern hocktedas Quallenwesen und glotzte mit seinen starrenKnopfaugen zu ihnen herüber. Es war, alskontrolliere es die Besucher des Palastes. Rhodanverspürte völlig unmotiviert den Wunsch, den beidenOffizieren seinen Nadelstrahler zu übergeben, derunbemerkt in seiner Tasche ruhte. Für einenAugenblick wunderte er sich über diesenmerkwürdigen Gedanken, da sah er, wie Bully in dieTasche griff - langsam und bedächtig, als überlege ernoch.

Es war die Tasche, in der er den Nadler hatte. Dabegriff Rhodan. Er legte seine Hand auf den ArmBullys und zog ihm die Hand aus der Tasche. Sie warleer.

»Jemand versucht, uns seinen Willenaufzuzwingen«, sagte er ebenfalls auf Englisch. »Eskann nur der Mooff drüben auf der Wiese sein. Ersorgt dafür, daß niemand den Palast bewaffnet betritt.Ich beginne zu ahnen, daß die Zaliter die Mooffs alseine Art telepathische Wachhunde benutzen.«

Er wußte nicht, wie falsch seine Ahnung war ...

*

Der Zarlt schien keinen besonderen Aufwand zu

lieben, oder aber er verzichtete diesmal bewußtdarauf.

Er saß hinter einem langen und breiten Tisch, dermit Nachrichtengeräten und entsprechendenKontrollen bedeckt war. Dazwischen lagen ganzeStöße von Akten, Papier und Schreibutensilien. Erschien ein vielbeschäftigter Mann zu sein und diewichtigen Arbeiten selbst zu erledigen, was zu seinenGunsten sprach.

Die Augen allerdings, mit denen er seine Gästebetrachtete, machten keinen sehrvertraueneinflößenden Eindruck. In ihnen war etwasGehetztes und Unstetes. Wille zur Macht sprach ausihnen, und die absolute Gewißheit, jedes einmalgesteckte Ziel auch zu erreichen.

Er bat Rhodan und seine Begleiter Platz zunehmen. Der Tisch war zwischen ihnen. Außer ihnenbefand sich niemand in dem großen Raum, an dessenWänden Bildschirme hingen, die jedoch im Momentnicht eingeschaltet waren.

Rhodan betrachtete ungeniert den Zarlt. Der fasthünenhaft gebaute Mann trug eine farbenprächtigeUniform, die nicht zu seinem sonstigen Gebarenpassen wollte. Sie wirkte verspielt, aber der Zarlt waralles andere, nur nicht das. Er kam direkt zur Sache.»Sie haben dem Imperium ein Superschlachtschiffgestohlen - das neueste und modernste, das es besitzt.Man jagt Sie und wird Sie eines Tages fassen, wennSie nicht vorsichtig sind und sich nach mächtigenFreunden umsehen. Wir, die Zaliter, könnten IhreFreunde werden.« Rhodan sah den Zarlt an.»Warum?« fragte er. Der Herrscher lächelte sanft,aber seine Augen blieben hart.

»Ich will ehrlich sein und nicht viel Wortemachen. Es gelang mir vor kurzer Zeit, dieMarionette der Arkoniden zu beseitigen. DieOffiziere der Flotte standen auf meiner Seite. Wirwaren und sind nicht gewillt, die Befehle einesRobotgehirns auszuführen. Früher war es derarkonidische Imperator, der das Imperiumbeherrschte, heute ist es nur noch eine Maschine.«

»Ist eine Maschine nicht die Garantie dafür, daßkeine Fehler gemacht werden?« warf Rhodan ein.

»Nein! Allein Ihr Hiersein beweist das zurGenüge.«

Das war nicht abzustreiten. Trotzdem ...»Verwaltet das Gehirn das Imperium nicht im

Sinne der Arkoniden und damit ihrer Verbündeten,Zarlt Demesor?«

»Sie kennen meinen Namen?«»Hemor verriet ihn mir.«»Ach ja - Hemor. Sie sind Rhodan?«»Ja.«»Und wie kommt ein Arkonide in Ihre

Begleitung?« Die Blicke des Zarlt lagen mißtrauischauf Crest.

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»Vielleicht«, sagte Rhodan, »gibt es auchArkoniden, die so ähnlich wie der Zarlt von Zalitdenken.«

Langsam nickte der Zarlt. Für Bully und Marshallschien er kein Interesse zu haben.

»Gut, reden wir weiter. Sie sehen also, daß ichnicht viel für die Herrschaft der Maschine übrig habe.Ich bin - nur dem Namen nach - der Vize-Imperatordes Imperiums. Mein Ziel ist es, der Imperator zuwerden.«

Das war deutlich genug. Rhodan spürte Mißtrauen.Er war für den Zarlt ein völlig Fremder, und es warzumindest ungewöhnlich, daß dieser ihm seinegeheimsten Pläne so offen darlegte.

»Warum verraten Sie mir das, Demesor? Könnteich Ihnen nicht schaden ...?«

»Nein, das würden Sie nicht tun. Haben Sie nichtselbst auf Arkon erlebt, wie dekadent dieses ehemalsso stolze Volk der Arkoniden geworden ist? HabenSie nicht selbst das Robotgehirn überlistet und soerkennen müssen, daß es nicht vollkommen ist?Nein, ich glaube nicht, daß Sie meine Pläne vereitelnwerden. Außerdem benötigen Sie unsere Hilfe. Hierauf Zalit erhalten Sie einen Schlupfwinkel, in demSie sich mit dem gestohlenen Schiff solangeaufhalten können, wie Sie es für richtig halten. Ichverlange nur eine geringe Gegenleistung.«

»Und die wäre?« fragte Rhodan gespannt.»Wie gelangten Sie gegen den Willen des

Robotgehirns durch den äußeren Sperring derArkoniden?«

Aha, dachte Rhodan. Das also ist es! Natürlichkonnte er dem Zaliter nicht verraten, daß das nur mitHilfe des Fiktiv-Transmitters möglich gewesen war.Erstens besaßen die Zaliter keinen solchenTransmitter - grid0 den gab es nur an Bord derGANYMED und zweitens bestand auch nicht dieAbsicht, ihnen einen solchen zu überlassen.

»Das ist mein persönliches Geheimnis«, sagte ervorsichtig. »Vielleicht bin ich später bereit, es Ihnenmitzuteilen, wenn wir uns besser kennen.«

Der Zarlt verbarg seinen Ärger. »Ich habeVertrauen zu Ihnen, Rhodan, aber Sie keins zu mir.Nun, das wird sich mit der Zeit ändern. Jedenfalls istes meine feste Absicht, das Robotgehirnauszuschalten.« Er sah Rhodan forschend an.»Wollen Sie mir dabei, so gut es geht, helfen?«

Rhodan spürte auch die Blicke von Crest undBully auf sich. Der Zarlt hatte eine direkte Fragegestellt was sollte er ihm darauf antworten? EinKompromiß vielleicht ...? »Erwarten Sie sofort eineAntwort, oder räumen Sie mir eine Bedenkzeit ein?Ich verspreche Ihnen, in der Zwischenzeit nichts zuunternehmen.«

Der Zarlt zögerte. Schließlich nickte er.»Gut. Sehen Sie sich Tagnor an und überzeugen

Sie sich, daß das Volk der Zaliter fähig ist, diedegenerierten Arkoniden abzulösen. Ich erwarte IhreEntscheidung in zwei Tagen.«

Er drückte auf einen unter der Schreibtischplattebefindlichen Knopf. Hinter Rhodan öffnete sich dieTür. Jemand trat ein. »Ornor, Sie geleiten unsereGäste zum Wagen, der sie zum Landefeldzurückbringen soll.« Und wieder zu Rhodangewandt, fügte er hinzu: »Der Wagen steht Ihnenständig zur Verfügung. Vielleicht komme ichmorgen, wenn meine Zeit es erlaubt, zu Ihnen hinausund statte Ihnen einen Gegenbesuch ab.«

»Sie sind uns stets willkommen«, nickte Rhodanund erhob sich.

*

Als sie eine halbe Stunde später mit dem Lift zurKommandozentrale der TITAN hinauffuhren,erwartete sie Oberst Freyt. Er schien sehr aufgeregtzu sein. Thora und Gucky saßen in der Ecke auf einerCouch; die zarte Hand der Arkonidin kraulteliebevoll das Fell des Mausbibers, der inregelmäßigen Abständen ein zufriedener Grunzenvon sich gab und alle Probleme vergessen zu habenschien.

Als Rhodan mit seiner Begleitung eintrat, richteteer sich auf, streifte Marshall mit einem kurzen Blick,sondierte dessen Gedanken und zwitschertegleichmütig:

»Berichte du zuerst, John. Ich habe Zeit.« Und erlegte sich zurück und schloß die Augen. Thora bliebnichts anderes übrig, als ihre nur für Sekundenunterbrochene Tätigkeit wieder aufzunehmen.

Rhodan begrüßte Freyt und winkte ab, als dieseretwas sagen wollte.

»Warten Sie, Oberst. Zuerst habe ich Marshalleinige Fragen zu stellen. Während der Fahrt wagtenwir es nicht, weil wir ständig telepathisch überwachtwurden. Nun, Marshall, welchen Eindruck haben Sievom Zarlt? Spricht er die Wahrheit?«

»Sie werden erstaunt sein - er spricht die Wahrheit.Er hat Ihnen nichts verschwiegen, und er hat inkeinem Punkt gelogen.«

Rhodan schien enttäuscht - und auch wieder nicht.»Gut, dann wissen wir, woran wir sind. Der Zarlt

will die Macht über das verfallende Imperium. Dasein Volk lebendiger und fähiger als das Arkons ist,wäre nichts dagegen einzuwenden, aber ich habetrotzdem Bedenken. Die Zaliter denken inprovinziellen Begriffen, ich weiß nicht, ob siekosmisch denken lernen können. Sie sehen nur ihreneigenen Vorteil, wenn sie das Imperium regierenwollen. Habe ich recht. Marshall?«

»Es stimmt, den Eindruck habe ich auch. Abermeinen Sie nicht, das würde sich ändern, wenn sie

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erst einmal an der Macht sind?« Rhodan lächelte:»Nie! Jemand, der nur in engen Grenzen zu

denken gewohnt ist, wird nicht von einem Tag zumanderen ein Kosmopolit. Immerhin wäre es möglich -aber ich habe ein ungutes Gefühl. Wenn ich nurwüßte, was mich daran hindert, dem Zarlt zuvertrauen ... Er hat mir gegenüber nicht gelogen, dasist wahr. Und doch meine ich, er spräche nicht das,was er denkt.«

»Ich habe es kontrollieren können«, gab Marshallzu bedenken. »Er hat genau das gesagt, was er auchgedacht hat.« Rhodan schüttelte den Kopf.»Merkwürdig, wirklich sehr merkwürdig.« Er sahOberst Freyt an. »Nun, wo drückt der Schuh? Istetwas geschehen?«

»Einiges!« polterte Freyt und wurde um eineNuance dunkler im Gesicht. »Meine Leute spielenverrückt - wenigstens ein paar von ihnen.«

»Ach?«»Ja. Völlig harmlos, zugegeben, aber immerhin.

Sie tun irgend etwas, das völlig sinnlos ist, und dann,wenn man sie fragt, wissen sie angeblich nichts mehrdavon. Mir sind die reinsten Schlafwandlerbegegnet.«

»Schlafwandler?« Rhodan sah sehr nachdenklichauf. Auf der Couch richtete Gucky sich auf und ließseinen Nagezahn sehen. Der Mausbiber grinsterespektlos.

»Ja, und wenn man sie anspricht, wachen sie auf.Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu.«

Rhodan sah hinüber zu Gucky.»Warum lachst du, Gucky? Wenn du etwas weißt,

dann 'raus mit der Sprache!«Gucky rutschte von der Couch und marschierte

gravitätisch zur Mitte der Zentrale, wo er sichbequem auf sein Hinterteil fallen ließ und mit demSchwanz das Gleichgewicht hielt. Er benutzte ihn alseine Art Stütze.

»Mich hat bisher niemand gefragt«, gab er bekanntund hörte nicht mit dem impertinenten Grinsen auf,was Bully zur Raserei brachte. »Natürlich sind es dieMooffs!«

»Ich habe es mir fast gedacht!« nickte Rhodan.»Aber ich möchte mehr wissen. Sie versuchen, unszu hypnotisieren, Gucky?«

»Ja, aber sie kommen über die Versuche nichthinaus. Die Zaliter sind dankbarere Objekte.«

Durch Rhodan ging es wie ein Ruck.»Was sagst du da, Gucky? Die Zaliter? Das

verstehe ich nicht. Unserer Ansicht nach halten sichdie Zaliter die Mooffs als eine Art Talisman oderWachhunde. Als wir den Palast betraten, versuchteein Mooff, uns durch Suggestion zu entwaffnen.«

»Schon möglich!« zwitscherte Gucky vergnügt, alsfreue ihn das ganz besonders. Plötzlich aberverschwand sein Nagezahn. Er wurde ganz ernst und

wachsam. »Ich habe in den vergangenen Stundengenug Gelegenheit gehabt, die Mooffs zu studieren.Schließlich versuchen sie ja ohne Pause, uns zubeeinflussen. Es gelang mir, einen zu belauschen undeiniges zu erfahren. Nicht die Zaliter beherrschen dieMooffs, sondern die Mooffs beherrschen die Zaliter.Sie waren es auch, die den alten Zarlt stürzten undDemesor an die Macht brachten. Mit seiner Hilfewollen sie das Robotgehirn auf Arkon vernichten unddie Macht über das Imperium an sich reißen. DieMooffs sind es, die die Arkoniden ablösen wollen -die Zaliter glauben nur, es zu tun.«

Rhodan sah Gucky lange an. Niemand sprach.Crest kaute nervös an der Unterlippe und verbargseine Unruhe.

Die Situation hatte sich mit einem Schlag geändert.Rhodan erkannte das blitzschnell. Wenn er vorher

gezögert und nicht so recht gewußt hatte, ob dieHerrschaft der Zaliter über das Imperium ein Vorteilfür die vielen unbekannten Rassen bedeutete, die inihm existierten, so wußte er jetzt mithundertprozentiger Gewißheit, daß die Herrschaft derMonsterquallen den sicheren Untergang für allehumanoiden Rassen bedeutete.

Die Entscheidung war daher nicht schwer.»Wissen die Zaliter, daß sie nur Puppen sind,

Gucky? Haben Sie eine Ahnung, daß sie unter demEinfluß der Mooffs stehen?«

»Nicht die geringste. Sie halten sich für die Herrenihres Systems. Sie glauben, die Mooffs seien eine ArtHaustiere. Offiziell werden sie als Dolmetscherbenutzt, falls man mit fremden Rassenzusammentrifft, die Interkosrno nicht verstehenoderüberhaupt nicht sprechen können. Dann schaltensich die Mooffs ein.«

Rhodan bemerkte Crests Unruhe und lächelte.»Seien Sie unbesorgt, Crest, unser Entschluß kann

nur lauten: Wir stehen selbstverständlich in diesemspeziellen Fall ganz auf der Seite des Robotgehirns!Niemals werden wir es zulassen, daß einenichtmenschliche Rasse über Menschen regiert. DerZarlt ist also ein doppelter Verräter. Nun, wir werdendementsprechend handeln. Mit der Rückkehr zurErde ist es vorerst nichts.« Er zog die Augenbrauenin die Höhe. »Ich möchte nur wissen, wie die Mooffsauf den Gedanken gekommen sind, sich dasImperium Untertan zu machen. Gucky, was sind dieMooffs?«

Der Mausbiber war in eine bequemere Lageübergewechselt. Er flegelte sich in einen der Sessel.Seiner Wichtigkeit vollauf bewußt, nutzte er dieGelegenheit.

»Es gibt kaum dümmere Geschöpfe als dieMooffs«, eröffnete er den gespannt Lauschenden.»Da sie nicht sprechen können, sind sie von Geburtaus Telepathen. Später entwickelten sie dann die

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Gabe der Suggestion, aber - wie ich schon betontesehr mangelhaft. Die Zaliter sind leicht zubeeinflussen und waren daher für denUmsturzversuch wie geschaffen. Mit normalenMenschen von Mutanten ganz abgesehen - haben sieSchwierigkeiten. Das verwirrt sie nicht wenig.«

»Die Mooffs sind dumm?« staunte Bully.Gucky nickte ihm ernsthaft zu. »Sehr richtig, sie

sind dumm - und das verwundert mich nicht. Es gibtauch dumme Menschen, die absolut über andereherrschen wollen und nicht einsehen können, daß nurder kluge - und manchmal auch starke undrücksichtslose Mensch - zur Macht geschaffen ist.Aber wie ich schon sagte: Je dümmer einer ist, destogrößer sind seine Komplexe und seinMachtbedürfnis.«

Er wandte sich nach dieser zweideutigen Lektionwieder an Rhodan: »Die Mooffs haben keine Ahnungvon Technik und wissen nichts über die Raumfahrt,aber sie sind auf allen Schiffen der Zaliter zu finden.Die eigentlichen Herren des Voga-Systems sind dieMooffs, nicht aber die Zaliter.«

»Ich verstehe nicht, was in den vergangenendreizehn Jahren geschehen ist«, mischte sich Thora indie Debatte. »Natürlich sind mir die Mooffs vomHörensagen her bekannt. Sie lebten auf einemPlaneten innerhalb des Imperiums. Wir ließen sie inFrieden, denn sie waren zu nichts zu gebrauchen.Und nun ...«

»Anscheinend«, sagte Rhodan, »sind sie doch zuetwas zu gebrauchen.«

Guckys Ohren spitzten sich plötzlich. Er richtetesich ganz steil in seinem Sessel hoch und sah Rhodanaus seinen klugen Augen an. Dann kam der Zahnwieder zum Vorschein. Gucky grinste.

»Zu gebrauchen ...?« dehnte er und stieß einschrilles Pfeifen aus, das so unmelodisch klang, daßBully sich entsetzt die Ohren zuhielt. »Ich glaube,Rhodan, da hast du das rechte Wort für des RätselsLösung gefunden.«

Niemand wunderte sich mehr als Rhodan überdiese Bemerkung, aber er fragte nicht weiter.

4.

Der Zarlt war sehr erfreut, als Rhodan ihn bereitsam folgenden Tag aufsuchte und ihm einenVorschlag unterbreitete.

»Ich kenne des Geheimnis des arkonidischenSperrgürtels«, spielte er seinen stärksten Trumpf aus.»Außerdem gelang es mir ja auch, bei der Flucht dasangeblich unfehlbare Gehirn zu täuschen. Damit istder Beweis geliefert, daß der Mensch stärker undklüger als das positronische Gehirn ist, das dasImperium beherrscht. Um jedoch zu einementscheidenden Schlag gegen das Robotgehirn

auszuholen, bedarf es sorgfältiger Vorbereitungen.Vielleicht hatte ich nur Glück, und darauf darf manes nicht ein zweites Mal ankommen lassen. Ichmöchte also mein neues Schiff, das ich TITANnenne, genau kennenlernen. Geben Sie mir einigeWochen Zeit, meine Mannschaft auszubilden. Dannkönnen wir gemeinsam den Angriff durchführen.«

Der Zarlt wiegte den Kopf hin und her.»Warum helfen Sie mir mehr, als ich Sie gebeten

habe? Welches Interesse haben Sie am Imperium?Wo liegt Ihr Heimatplanet?«

»Er gehört nicht zum Bereich des Imperiums«,beantwortete Rhodan die letzte Frage zuerst. »Aberwenn ich später wieder mit dem Imperium inBerührung geraten sollte, möchte ich, daß es vonMenschen, nicht aber von Robotern geleitet wird.Genügt Ihnen das als Begründung?« Diesmal nickteder Zarlt. »Ja, das klingt logisch. Sie werden mir alsohelfen?«

»Sie können sich darauf verlassen, daß ich zumWohle des Imperiums handele. Übrigens - wer sinddie Mooffs?«

Überraschung verdüsterte das Gesicht desHerrschers. »Was wissen Sie von den Mooffs?«Rhodan lächelte. »Man sieht sie überall, Demesor.Warum dieser Aufwand, wenn sie nicht von Naturaus auf dieser Welt leben können? Von wo hat mansie eingeführt?«

»Unsere Expeditionen fanden sie auf einemeinsamen Planeten. Sie sind Telepathen und dienenuns als Dolmetscher. Auch als Lügendetektor, wennwir welche benötigen. Ich könnte zum Beispiel mitHilfe eines Mooffs jedes Ihrer Worte überpr_cfenlassen. Sie sehen, sie leisten uns außerordentlich guteDienste.«

»Ja, das glaube ich gern«, sagte Rhodan und erhobsich. »Ich darf Sie in den nächsten Tagen wohl zueinem Besuch auf der TITAN erwarten. Sicher sindSie daran interessiert, das Schiff der Arkonidenkennenzulernen.«

»Gern, Rhodan. Ich werde kommen.«

*

In der TITAN gab es noch ganze Stockwerke, dienicht erforscht waren. Eine gewisse Erleichterungbedeutete die Tatsache, daß der Raumgigant eine fastgenaue Vergrößerung der bekannten STARDUSTdarstellte. Trotzdem verzichtete Rhodan nicht darauf,täglich Alarmübungen abzuhalten, die derMannschaft Gelegenheit geben sollten, die TITANvon Grund auf kennenzulernen.

Es stellte sich heraus, daß allein die vorhandeneBewaffnung genügte, um ganze Sonnensysteme inSekundenschnelle auf verschiedenste Arten zuvernichten. Auch die gefürchteten

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Gravitationsbomben lagerten in gut verschlossenenRäumen - eine Waffe, die bisher von Arkon noch nieeingesetzt worden war. Sie riß einen ganzen Planeteneinfach aus dem vierdimensionalenRaum-Zeit-Gefüge und ließ ihn verschwinden.

Was würde geschehen, wenn die Mooffs dieseWaffe in die Hand bekämen?

Die Antwort war nicht schwer, und sie gab auchden Ausschlag für Rhodans Handlungen.

Während Bully damit beschäftigt war, Offiziereund Mannschaften von einer Ecke der TITAN in dieandere zu jagen, - wobei er immer kürzereSuchfristen ansetzte, - fand in der Zentrale eineBesprechung statt. Anwesend waren außer Thora undCrest die besten Mutanten. Besonders jene, die fürden geplanten Einsatz in Frage kamen.

Außerdem waren Oberst Freyt, Leutnant Tifflorund der Arzt Dr. Haggard anwesend, der zugleich alsSpezialist für Biologie fungierte.

»Folgende Lage also«, begann Rhodan und warfeinen Blick auf seine Aufzeichnungen. »Der Zarlt istdurch Gewalt an die Macht gelangt, wahrscheinlichnoch ohne Hilfe der Mooffs. Die kamen erst später,wie ich inzwischen erfuhr. Er hatte von Anfang andie Idee, den Imperator abzusetzen und das Imperiumzu übernehmen. Dazu allerdings mußte zuerst dasRobotgehirn ausgeschaltet werden. Nur die geplanteVernichtung des Gehirns verschaffte ihm auf ZalitFreunde. Das spricht für die Zaliter, die den Kampfnicht der bloßen Macht wegen wollen. Sie wollenlediglich nicht von einer Maschine regiert werden.«

»Mir gefällt, ehrlich gesprochen, der Gedankeauch nicht, das Imperium nun in der Hand einesRoboters zu wissen«, bekräftigte Crest ruhig. Thoranickte beifällig. Sie hatten beide stichhaltige Gründe,mit der jetzigen Lage nicht zufrieden zu sein.

»So weit, so gut!« nickte Rhodan. »Leiderkommen aber weitere Umstände hinzu, die unsereLage erschweren. Wir müssen so tun, als wollten wirden Zarlt unterstützen, damit wir Zeit gewinnen.Denn wenn wir auch dem Gehirn und damit demImperium helfen wollen, so ist es doch unser Gegner- so lange wenigstens, bis es unsere ehrlichenAbsichten logisch erkennt. Und das wird es, wennwir dafür sorgen, daß auf Zalit die normalenZustände wiederhergestellt werden. Bedingung dazuist, daß die Mooffs ausgeschaltet werden. Sieregieren Zalit durch Suggestion - und niemand derEingeborenen ahnt etwas davon. Nicht einmal derZarlt.«

Oberst Freyt schüttelte besorgt den Kopf.»Wieviel Mooffs gibt es auf dieser Welt?«Rhodan zuckte die Schultern. »Wir wissen es

nicht, aber sicherlich Tausende. Genug jedenfalls, umacht Milliarden Zaliter in Schach zu halten.«

Gucky regte sich. Rhodan wurde sofort

aufmerksam Er hatte in den vergangenen Tagen dieErfahrung machen können, daß der Mausbiberüberraschend viel wußte. Wenn er sprach, lagmeistens eine Sensation in der Luft.

»Es ist ihnen aber nicht vollständig gelungen«,zirpte er mit seiner dünnen Stimme. »Einige Zaliterdenken noch an den ermordeten alten Zarlt undwollen seinen Tod rächen. Sie sind dem Imperiumtreu ergeben und nehmen sogar die Bevormundungdurch das Robotgehirn hin. Sie meinen, das Gehirnsei vernünftiger als Demesor, der neue Zarlt.«

»Das ist höchst interessant«, lobte Rhodan unddachte nach. »Wir werden uns bei Gelegenheit umdiese Zaliter kümmern müssen. Sie scheinendemnach mehr geistige Widerstandskraft als dieanderen zu besitzen.«

»Die Mooffs kümmern sich in der Hauptsache umdie Führungsschicht«, erklärte Gucky. »Wenn wir sieunschädlich machen, ist Zalit frei.« Haggard hob dieHand. Über sein stets freundliches Gesicht unter derblonden Mähne huschte ein Schatten.

»Unschädlich machen? Wie sollen diese Quallenunschädlich gemacht werden? Sie hocken in starkenDruckbehältern und leben, wie wir inzwischenerfahren konnten, in einem giftigen Gasgemisch.Insbesondere Methan.«

Rhodan sah John Marshall an. »Dr. Haggard hatrecht. Wir sollten uns Gedanken machen, wie man sieumbringt. Sicher, wenn der Druckbehälter zerstörtwird, sterben sie ab. Aber wir können doch nicht injedes Schiff gehen und die Behälter zur Detonationbringen. Ganz zu schweigen von den vielen tausendMooffs, die überall auf diesem Planeten verstreutexistieren.«

»Daran habe ich schon gedacht!« triumphierteGucky.

»Ich hätte es mir auch denken können«, sagteRhodan. »Hast du darum Tama Yokidamitgebracht?«

»Kannst du neuerdings Gedanken lesen?«wunderte sich der Mausbiber und spielte denVerblüfften. »Tama ist genau der Mann, den wirbrauchen.«

»Ein Telekinet?« zweifelte Frank Haggard.Rhodan lächelte wissend. Er ahnte, was der

Mausbiber plante, wenn er auch nicht völlig verstand,warum Gucky soviel Umstände machen wollte.

»Tama ist nicht nur ein ausgezeichneterTelekinet«, erklärte er Haggard. »Er hat außerdembewiesen, daß er am besten mit Guckyzusammenarbeiten kann. Ich weiß zwar nicht genau,was unser kleiner Freund plant, aber es steht fest, daßzwei Telekineten wirkungsvollere Leistungenzuwege bringen als einer. Jeder Telekinet vermag nurin einer Richtung tätig zu sein, also entweder nurDruck oder nur Zug auszuüben. Zwei können beides

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gleichzeitig tun.«Er blickte den Mausbiber fragend an.»Aber vielleicht bist du so freundlich, uns jetzt

deutlicher zu erklären, was du willst!« Guckyverbeugte sich grinsend. »Ganz einfach, Chef. Ichspüre den betreffenden Mooff telepathisch auf.Danach nehme ich Tama und springe mit ihm an Ortund Stelle. Indem wir von zwei Seiten zugleichtelekinetischen Zug ausüben; wird das Glas an jenerStelle gasdurchlässig. Das Methan entweicht - undder Mooff segnet das Zeitliche. Das ist alles. KeineSprengung, kein Aufsehen, nichts.«

Das leuchtete allen ein. Niemand hatte Bedenken.Lediglich Ras Tschubai meinte etwas beleidigt:

»Und wir? Was sollen wir tun? Vielleicht nurzusehen?«

Gucky grinste, wie nur ein Mausbiber grinsenkann.

»Bewahre, Ras! Ihr habt eine Menge zu tun - eineganze Menge sogar!«

»Und das wäre?«»Beteiligt euch an den Alarmübungen der

Mannschaft. Es wird Zeit, daß ihr das Schiffchenkennenlernt habe ich recht?«

Rhodan enthielt sich eines Urteils. Er wollteniemand weh tun.

»Da werden die Zaliter aber bald merken, daßetwas nicht stimmt«, warf Leutnant Tifflor ein.»Wenn ihnen die Mooffs alle absterben ...«

»... werden wir dafür sorgen, daß sie an eineMooff-Seuche glauben«, unterbrach ihn Guckygeschwind.

»Ich lasse dir freie Hand«, sagte Rhodan zuGucky, der sich daraufhin stolz in die Brust warf,»aber ich stelle zur Bedingung, daß die Aktion sodurchgeführt wird, daß die Zaliter ahnungslosbleiben. Das ist von besonderer Wichtigkeit.«

»Das ist mir klar«, zwitscherte Gucky. »Imübrigen ist es kein Fehler, wenn hier und da auch malein Druckbehälter explodiert. Das sorgt für einegewisse Abwechslung. Los, Tama, fangen wir an.Nehmen wir den Zalitern ihre niedlichenHaustierchen weg.« Ohne eine Entgegnungabzuwarten, rutschte Gucky aus dem Sessel, hoppeltezu demkleinen Japaner, nahm ihn bei der Hand undmarschierte aus der Zentrale. Ras Tschubai sah ihmneiderfüllt nach.

»Und wir«, schloß Rhodan die Diskussion,»bereiten uns auf den Besuch des Zarlt vor. Er wirdnur von einem Offizier begleitet, der gleichzeitigauch sein engster Vertrauter ist. Wir kennen ihnbereits. Sein Name ist Hemor.«

*

Die planmäßige Ausschaltung des Mooff auf dem

Zaliter-Kreuzer MRO verlief nicht unbedingtplanmäßig. Der Zufall spielte mit und sorgte für eineinteressante Überraschung - allerdings nicht fürGucky und Tama.

Die beiden Mutanten materialisierten mittschiffsund gelangten unbemerkt bis zu derBeobachterkuppel auf dem Rücken des Kreuzers, indenen die Mooffs meist untergebracht waren. DerRaum war leer - bis auf die Glasglocke, unter derwachsam der Mooff hockte und seine Gedankenspielen ließ, um die Mannschaft des auf einemRoutineflug befindlichen Schiffes zu überwachenund die einzelnen Suggestionsbefehle - wennnotwendig zu erneuern.

Gucky ließ Tama los, der ja nicht selbständigteleportieren konnte und auf die Hilfe desMausbibers angewiesen war. Sie näherten sich demMethanbehälter und betrachteten das Monstrum.

»Nun, alter Freund«, sagte Gucky halblaut zu demMooff und gab den starren Blick der schwarzenKnopfaugen zurück. »Du kannst dein Testamentmachen.«

Der Mooff hatte natürlich keine Ahnung, was einTestament war, aber Gucky machte sich nicht dieMühe, seine Gedanken abzuschirmen. Deutlich lasder Mooff die Absichten des merkwürdigenLebewesens in dessen Gehirn. Er war bereit, sich zuwehren.

Tama verspürte die anbrandende Welle brutalerDrohung zuerst und versuchte, sich abzuschirmen.Sofort wurde die Drohung schwächer und versiegtedann völlig. Die Suggestionskraft des Mooffs warnicht stark genug, den Schutzschirm zu durchdringen.

Gucky war noch widerstandsfähiger. Er kicherteund ließ seinen Nagezahn blitzen.

»Gib dir keine Mühe!« zwitscherte er. »Hast dunoch einen Wunsch?«

Der Mooff mochte merken, daß seine Energienicht genügte. Er versuchte es mit Drohung.

Wer bist du, Fremdling? Und sichtlichentschlossen: Du wirst fürchterlich bestraft werden,wenn du einem Mooff etwas antust!

»Wer will mich bestrafen?« fragte Gucky. Endlichmal ein Mooff, der »gesprächiger« war als dieanderen.

Du wirst es erfahren - wenn es für dich zu spät ist!Und noch einmal brandete die Suggestionswelle

gegen die beiden Mutanten an, genau so wirkungsloswie zuvor.

»Warum wollt ihr das Imperium erobern - undwarum müssen die Zaliter es für euch tun?«

Der erste Eindruck war Erstaunen. Dann kam derdeutliche Impuls:

Ihr wißt? Dann wißt ihr auch, daß die Zaliter füruns genau das sind, was wir für die Herren sind.

Gucky spitzte die Ohren, obwohl er das nicht nötig

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hatte.»Die Herren? Wer sind die Herren?«Oh, ihr wußtet es nicht?Und dann verschloß sich der Mooff, als habe er

zuviel verraten und fürchte, noch mehr Unheilanzurichten. Gucky versuchte, dem Monstrum nochweitere Informationen zu entlocken, sah aber ein, daßes zwecklos war. Er watschelte schließlich wütendvon dem Behälter weg und gab Tama einen Wink.

Mit dem, was er jetzt schon wußte, ließ sich beieinem anderen und unvorbereiteten Mooff einigesanfangen.

Tama und Gucky konzentrierten sich gleichzeitigauf ein- und dieselbe Stelle des Druckbehälters. Aberihre telekinetischen Geistesströme wirkten inverschiedenen Richtungen. In der Wandung entstandeine »verdünnte« Stelle, durch die das unter Druckstehende Gas entwich die lebenswichtigeAtmosphäre des Mooff.

Die Qualle wurde unruhig. Gucky empfingpanikartige Eindrücke, die schnell schwächerwurden. Einmal versuchte das Wesen, sichaufzurichten, aber es sackte sofort wieder zusammen.Jetzt sah es aus wie eine gestrandete Qualle0 -unansehnlich und sehr unappetitlich. Gucky nahmTama bei der Hand. »Wir verschwinden besser. DasGiftzeug ist nichts für unsere Lungen.«

Es flimmerte - und dann war der sterbende Mooffallein.

In der gleichen Sekunde war dem Ersten Offizierder MRO, als habe er bisher immer Kopfschmerzengehabt, die urplötzlich nachgelassen hatten. Erwunderte sich flüchtig, daß er früher nie darübernachgedacht hatte, nahm jedoch dankbar dieErleichterung zur Kenntnis.

Auf seiner üblichen Runde betrat er zehnSekunden später, als Gucky und Tamaentmaterialisierten, den Beobachtungsraum.

Er griff in die Tasche und zog ein Päckchen daraushervor. Es enthielt aus aromatischen Blättern einergewissen Pflanze gerollte Stangen, die nicht nuräußerlich terranischen Zigarren ähnlich sahen. Ausder anderen Tasche holte er das elektrischeFeuerzeug.

Er schnupperte. Merkwürdiger Geruch hier - sonach verfaulten Baumstümpfen. Der Mooff schien zuschlafen. Er lag zusammengesunken in seinemGlaskasten und rührte sich nicht.

Der Erste Offizier schob kopfschüttelnd seineZigarre zwischen die Lippen und betätigte denAuslöser des Feuerzeuges. Der elektrische Funkesprang gegen den mit Lassit angefeuchteten Docht,eine kleine Flamme zuckte empord0 - und mitunwiderstehlicher Gewalt wurde der Offizier durchdie zu seinem Glück nur angelehnte Tür hinaus aufden Gang geschleudert. Eine Stichflamme raste heiß

über ihn hinweg und prallte gegen das nächsteSchott.

Immer noch benommen, blieb der Zaliter einigeMinuten auf dem Boden liegen. Dann, als die Hitzenachließ, richtete er sich auf. Gebrochen war nichts,aber seine Uniform war versengt.

Was war überhaupt geschehen? Eine Explosion?Das Feuerzeug fiel ihm ein. Als er es betätigte, hattees eine grelle Stichflamme gegeben und ihn aus demBeobachtungsraum geschleudert. Wenn dieexplodierenden Gase nicht durch die offene Türhätten entweichen können ...

Er wagte nicht, sich die Folgen auszumalen. DieKuppel wäre gesprungen, und er wäre in den Raumhinausgeschleudert worden. Er und der Mooff. DerMooff!

Schritte wurden hörbar, dann wurde das Schottaufgerissen, und einige Männer stürzten in den Gang,halfen dem Ersten Offizier, sich zu erheben. FünfMinuten später wußten sie es. Der Mooff war tot undder Behälter mit normaler Atmosphäre gefüllt. VonMethangas keine Spur. In dem Behälter war keinLeck.

Es war ein unbegreiflicher Zwischenfall. Es gabkeine Erklärung.

Der Kommandant setzte sich sofort mit anderenSchiffen in Verbindung und mußte erfahren, daß aufden meisten von ihnen die Mooffs auf ebensounerklärliche Weise gestorben waren. Jedesmalerstickt, denn in den Behältern gab es keine für dieQuallen lebensnotwendige Atmosphäre mehr. Siewar entwichen, ohne, daß ein Leck vorhandengewesen wäre.

Methan mit Sauerstoff ergab ein explosivesGasgemisch. So ließ sich wenigstens eine Erklärungfür die Detonation auf der MRO finden.

Alles andere jedoch blieb ein Rätsel.

*

Niemand auf Zalit ahnte, daß eine heftige Schlachtentbrannt war.

Am allerwenigsten ahnte es der Zarlt. Er warteteungeduldig auf Rhodans Entschluß, wagte es jedochnicht, weiter zu drängen. Mit einigem Unbehagenmußte er gestatten, daß Rhodan und seine Leute sichfrei auf Zalit bewegten und die Bewohner studierten.

Und er ahnte auch nicht, daß Rhodan damit einenganz bestimmten Zweck verfolgte.

Es war John Marshall gelungen, die erstenunbeeinflußten Zaliter zu finden. Eine kurzetelepathische Überprüfung ergab, daß sie einenschwachen natürlichen Schutzschirm besaßen, der esden Mooffs nicht gestattete, diese Zaliter nach ihremWillen zu beeinflussen.

Während Marshall sich mit Andre Noir, dem

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Hypno des Mutantenkorps, auf den Weg machte, umdie heimliche Widerstandsgruppe aufzusuchen,wuchs Rhodans Ungeduld hinsichtlich derMaßnahmen, die das Robotgehirn eventuell ergriff.Bully versuchte ihn zu beruhigen. »Ich kann mirnicht vorstellen, daß es die Erde angreift. Thora istder Auffassung, daß unsere astronomische Positionunbekannt geblieben ist. Die Springer haben keinenGrund, ihren Erbfeinden - den Arkoniden - diesePosition zu verraten. Sie würden sich selbst damitschädigen.«

»Was sie nicht haben können, wollen siezerstören«, argumentierte Rhodan zweifelnd. »Siekönnen uns nicht haben, aber sie können uns auchnicht vernichten. Also ist es ihnen nur recht, wennein anderer uns vernichtet.«

Thora und Crest warfen sich einen Blick zu.»Sie dürfen uns jetzt nicht im Stich lassen«, flehte

die Arkonidin. »Das Imperium steht vor einer Krise.Selbst das Robotgehirn hat keine Ahnung, daß derFeind direkt vor der Tür steht. Die Zaliter könnenungehindert Arkon betreten, - solange sie keinenVerdacht erregen - und der Zarlt ist viel zu klug, daszu tun. Wenn er die Geduld verliert und nicht mehrlänger warten will, wird er eines Tages zu List undGewalt greifen. Vielleicht gelingt ihm seinVorhaben.«

»Bis dahin gibt es keine Mooffs mehr, die ihnberaten.«

»Vergessen Sie nicht«, warnte Crest, »daß es nichtdie Mooffs allein sind. Schon sind Expeditionsschiffedes Zarlt unterwegs, um neue Mooffs abzuholen. Soschnell können Gucky und Tama nicht arbeiten, wieder Nachschub anrollen wird. Das ist keine Lösung!«

»Warten wir ab, was Marshall erreicht, Crest.Vielleicht kann der Zarlt von seinen eigenen Leutengestürzt werden.«

»Und wenn schon ...! Die Mooffs finden Ersatz. Eswird ein endloser Kampf sein, für den Sie amallerwenigsten Zeit haben dürfen. Denken Sie anTerra.« Rhodan lächelte. »Ich danke Ihnen, daß Siemich daran erinnern. Bully, wir werden Deringhouseeinen Funkspruch senden. Bereite den Hyperkom vorund verschlüssele den besprochenen Text.Kurzimpuls, wie verabredet. Wir müssen esriskieren.«

Crest machte ein bedenkliches Gesicht.»Ist das nicht leichtsinnig, Perry? Wie Sie wissen,

besitzen die Arkoniden sehr empfindlicheOrtungsgeräte. Sie werden bei der AntwortDeringhouses genau den Ausgangsort seiner Sendungfeststellen können. Damit haben sie bereits diePosition der Erde.«

»Daran haben wir gedacht«, erwiderte Rhodanleichthin. »Deringhouse wird nicht von der Erde ausantworten, sondern von einem Punkt der Milchstraße

aus, der mindestens zweitausend Lichtjahre von derErde entfernt ist. Das Robotgehirn wird dortvergeblich nach unserer Heimatwelt suchen.«

Nun war die Reihe an Crest, verbindlich zulächeln.

»Sie haben wohl an alles gedacht, Perry?«»Ich hoffe es, Crest. Ich hoffe es sehr.«Bully ging in den Funkraum und bereitete die

Sendung vor. Die andere Tür öffnete sich, und hereinkamen Gucky und Tama. Die beiden machten einenerschöpften Eindruck, was in Anbetracht ihrerSchwerarbeit kein Wunder war.

Der Mausbiber hockte sich einfach auf den Bodenund lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.Tama setzte sich in einen der freien Sessel.

»Die Mooff-Seuche greift um sich«, erklärteGucky müde. »Sie sterben wie die Fliegen. Abereinige sind wenigstens nicht ganz umsonstgestorben.«

»So?« machte Rhodan und verbarg sein Interessenicht. »Warum?«

»Ich konnte einiges erfahren - besonders von jenenMooffs, die Angst vor dem Sterben bekamen. Abermehr als sie wußten konnten sie auch nicht sagen.«

»Sprich weiter«, forderte Rhodan den Mausbiberauf, der eine effektvolle Pause einschob.

»Die Zaliter sollen für die Mooffs das Imperiumangreifen und das Robotgehirn ausschalten. Dannsoll der Zarlt erster Imperator werden. Natürlichwürde er nur das tun, was die Mooffs ihm befehlen -was der Zarlt wiederum nicht ahnt. Aber es ist nochkomplizierter. Die Mooffs wiederum führen nur dieBefehle anderer aus, die im Hintergrund bleiben. Fürsie schicken sie die Zaliter in den Kampf. Die Mooffssind nichts als die Verbindungsglieder zwischenZalitern und den eigentlichen Drahtziehern, densogenannten Herren.«

»Ich ahnte es«, sagte Rhodan. »Was wollten diehilflosen Mooffs auch mit einem Sternenreichbeginnen? Und wer sind diese Herren?«

Gucky machte ein betrübtes Gesicht.»Das fanden wir leider nicht heraus. Die Mooffs

schienen es auch nicht zu wissen. Vielleicht stehensie unter dem Zwang eines Hypnoblocks, ich kann esnicht feststellen. Jedenfalls sind sie nichts alsWerkzeuge in den Händen sehr mächtiger Meister.«

»Und diese Meister«, murmelte Rhodannachdenklich, »werden bald wissen, daß auf Zalitnicht alles so verläuft, wie sie geplant haben.Vielleicht gehen sie dann aus ihrer Reserve herausund verraten sich.«

»Möglich, aber wenig wahrscheinlich«, schüttelteder Mausbiber den pelzigen Kopf so heftig, daß dieOhren flogen. »Nicht einmal die Mooffs haben jeeinen der Herren gesehen, sonst könnten sie ihnbeschreiben. Ich glaube nicht, daß sie so unvorsichtig

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sein werden.«Bully kam mit einem Zettel in die Zentrale und

reichte ihn Rhodan. Mit einem Seitenblick streifte erGucky, grinste und winkte mit der Hand.»Kampfpause!«

»Warte nur, bis du dran bist!« knurrte Guckydrohend und schloß die Augen, als könne er denAnblick seines alten Freundes nicht mehr ertragen. InWirklichkeit war er nur zu müde, um sich mit ihm zustreiten.

Rhodan nahm den Klartext und las:»An Major Deringhouse, Terra! Erbitte sofort von

verabredeter Position aus Meldung, ob alles inOrdnung. Fremde Transitionen sofort orten. EigeneRückkehr verzögert. Eventuellen Angriff auf Erde inBetracht ziehen und energisch abwehren. Rhodan.«

Er gab den Zettel zurück und nickte Bully zu.»Absenden und dann auf Empfang bleiben. Die

Antwort kann nicht vor einigen Stunden eintreffen,da Deringhouse seine Vorbereitungen zu treffen hat.Das heißt - wenn alles in Ordnung ist.«

Bully verließ die Zentrale. Rhodan wandte sich anGucky, um die Unterhaltung fortzusetzen, aber eswar bereits zu spät.

Der Mausbiber lag lang ausgestreckt auf demBoden und gab verhaltene Grunztöne von sich, die andas Schnurren einer Katze erinnerten. Er wareingeschlafen ...

5.

Bis zu einem gewissen Grad war es Rogalgelungen, die Verhältnisse auf Zalit zu durchschauen.

Rogal war nur ein einfacher Techniker in einemder großen Werke, in dem Einzelteile der auf Zalitüblichen Bildgeräte hergestellt wurden. Seine Freizeitwar beschränkt, aber er nutzte sie, um sich politischzu betätigen. Das geschah nicht aus irgendwelchenMachtgelüsten heraus oder gar in dem Bestreben, ausdem Dunkel der Anonymität aufzutauchen, sondernaus echter Besorgnis.

Seine Freunde hatten genausogut wie er erkannt,daß der neue Zarlt nicht auf legale Weise an dieMacht gelangt war. Der plötzliche Tod des alten Zarltwurde zwar nie als politischer Mord bezeichnet, aberdas war nur eine Formsache. Die Offiziere, die nachtsin den Palast eingedrungen waren und ihn töteten,bekleideten heute einflußreiche Posten und waren niebestraft worden. Trotzdem hieß es in der offiziellenRegierungserklärung des neuen Zarlt, der alteHerrscher sei gestorben. Und zwar eines natürlichenTodes.

Rogal wußte, daß diese Behauptung eine Lügewar.

Ja, und dann kamen die Mooffs. Ein Schiff brachtesie mit. Sie erhielten die Druckbehälter und konnten

so auf Zalit leben. Zuerst hielt man sie für eineSpielerei der Offiziere der Flotte, aber dann erkannteman ihren Wert. Die Mooffs konnten die Gedankender Zaliter lesen und sich telepathisch mit ihnenunterhalten. Jeder, der etwas auf sich hielt, kaufteeinen Mooff. Mit seiner Hilfe konnte er dann sogardie Gedanken seiner Mitmenschen kontrollieren.

Und das war die erste Gefahr, die auftauchte.Die Verhaftungen begannen. Jeder, der nicht im

Sinne des neuen Zarlt dachte, wurde von den Mooffsaufgespürt und verraten. Ganz offen mischten sichdie Mooffs in die Politik ein und stellten sich auf dieSeite der neuen Regierung, die praktisch nur ausOffizieren der Raumflotte bestand.

Von dieser Sekunde an haßte Rogal die Mooffs.Er fand Freunde und Anhänger, die mit dem Kurs

der Regierung nicht einverstanden waren. Sie wolltentreue Untertanen des Imperiums sein und bleiben,auch wenn es von einem mechanischen Gebildegeleitet wurde. Das schien immerhin noch besser, alsden neuen Zarlt an seiner Stelle zu wissen.

Die Widerstandsbewegung entstand, mußte vieleRückschläge hinnehmen und wurde trotzdem stärkerund einflußreicher.

Ihr größter Feind waren und blieben die Mooffs.

*

Als Rogal den kleinen Kellersaal betrat, waren diemeisten seiner Freunde schon anwesend. Er begrüßtesie und erkannte in ihren Gesichtern den Schein vonZuversicht, den er so lange vermißt hatte.

»Die Mooffs sterben!« sagte jemand laut undvernehmlich. »Überall sterben sie - und niemandweiß, warum sie sterben.«

»Ich weiß«, lächelte Rogal. »Bald bedeuten siekeine Gefahr mehr.«

»Aber es sind schon Transportschiffe unterwegs,um Nachschub zu holen. Ohne die telepathischenMooffs kann die Regierung nicht existieren. Siewürde die Kontrolle über uns verlieren. Der Zustromzur Widerstandsbewegung hat sich verzehnfacht, seitdie Mooffs sterben.«

»Kein Wunder«, erklärte Rogal seinen Freunden.»Wenn die Verräter verschwinden, verschwindetauch die Furcht der Zaghaften.«

Er ahnte nicht, daß es auch noch andere Gründe fürden plötzlichen Zustrom gab. Die von demsuggestiven Einfluß befreiten Zaliter erkannten erstjetzt klar und deutlich, in welcher Gefahr sich ihrSystem befand. Sie wollten den Zarlt absetzen - undkein geistiger Zwang hielt sie nunmehr zurück.

»Ob die Fremden etwas damit zu tun haben?«fragte jemand.

Rogal sah in Richtung des Sprechers.»Die Fremden? Was wissen wir schon von den

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Fremden? Sie sind Gäste des Zarlt. Außerdem stahlensie dem Imperium ein Schiff. Ich glaube kaum, daßwir mit ihnen rechnen dürfen. Am allerwenigstenaber glaube ich, daß sie etwas mit dem Sterben derMooffs zu tun haben.«

»Vielleicht irren Sie sich, Rogal ...«, sagte eineStimme laut und deutlich vom Eingang her. »UrteilenSie erst dann über uns, wenn Sie uns kennen.«

Die Köpfe der Männer ruckten herum; ihre Augenrichteten sich starr auf die beiden Männer, die in derTür standen und die Blicke ruhig und furchtloszurückgaben. Sie trugen eine unauffällige Uniformund im Gürtel fremdartig aussehende Waffen.

Rogal erkannte sie. Oft genug hatte er dieBildberichte gesehen. Die Fremden ... Für einenAugenblick stieg die Panik in ihm hoch. Waren sieverloren? Wenn seine Vermutung hinsichtlich derFremden stimmte, dann allerdings. Aber hatte derFremde nicht eben gesagt, er könne sich vielleichtirren?

Er beschloß, alles auf eine Karte zu setzen. Zuverlieren gab es ohnehin nichts, denn wenn dieFremden ihn und seine Gruppe gefunden hatten, dannwußten sie auch um seine Pläne.

»Sie kommen zu uns?« fragte er beherrscht.»Warum?«

»Vielleicht, um Ihnen zu helfen«, sagte JohnMarshall und las in den Gedanken Rogals Zweifelund eine vage Hoffnung. Andre Noir neben ihmbegann damit, die Widerstandskraft derversammelten Männer abzutasten. Innerhalb vonSekunden wußte er, daß er ihnen ausnahmslos seinenWillen aufzwingen konnte, wenn ihr Verhalten ihndazu zwang. »Helfen - wobei?«

»Zalit wieder zu einer Welt zu machen, auf der zuleben es sich lohnt. Sie sehen, ich spreche ganz offenmit Ihnen. Wollen Sie genau so offen zu uns sein?«

»Woher kennen Sie unsere Absichten? Sie sindfremd auf diesen Planeten und Feinde des Imperiumsgenau wie der Zarlt. Wie können wir Ihnenvertrauen?«

»Der Schein trügt, Rogal. Auch Sie gelten nachaußen hin als ein treuer Untertan Demesors, und dochsind Sie sein Feind. Warum sollen wir nicht alsFeinde des Imperiums gelten - und seine Freundesein?«

Rogal fand, daß an dieser Argumentation einigesdran sei. Er nickte langsam.

»Und der Beweis für Ihre Annahme?« Marshalllächelte. »Sie sind nur eine Widerstandsgruppe vonvielen, die über ganz Zalit verstreut sind. Meistbestehen keine Verbindungen, da man sich vor denverräterischen Mooffs hüten muß. Ich bin bereit, denKontakt zwischen diesen Gruppen herzustellen undso den Widerstand zu vereinigen und zu stärken.Genügt Ihnen das als Beweis meines guten Willens

und meiner Loyalität?«»Und wenn Sie die Absicht haben, uns alle dem

Zarlt auszuliefern?«»Dann könnte ich das auch ohne Verhandlungen

mit Ihnen. Ich kenne die anderen Gruppen und ihreFührer. Wenn ich wollte, wären sie längstfestgenommen. Aber unser Ziel ist, dendiktatorischen Zarlt durch den rechtmäßigenNachfolger des ermordeten Herrschers abzulösen.Und Ihr Ziel lautet nicht anders.«

Rogal erkannte, daß der Fremde nicht log. Zögerndschritt er ihm entgegen und reichte ihm die Hand.

»Ich möchte Ihnen vertrauen, Fremder. Vielleichterreichen wir gemeinsam das Ziel schneller. Nur wasist mit den Mooffs?«

Marshall hatte nicht die Absicht, seinen neuenFreund über das wahre Wesen der Mooffsaufzuklären.

»Die Mooffs sind die Verbündeten des Zarlt. Siehelfen ihm bei der Kontrolle über die Gedankenseiner Untertanen. Die Mooffs sind Verräter, alsomüssen sie beseitigt werden. Wir haben mit dieserAufgabe bereits begonnen.« Rogals Gesicht leuchteteauf. »So seid ihr es, denen die Mooffs dasMassensterben zu verdanken haben? Sagt mir, wieihr das macht wir werden euch helfen. Erst wenn eskeine Mooffs mehr gibt, hat unser Kampf Aussichtauf Erfolg.«

»Überlaßt die Mooffs nur uns, für euch gibt esandere Arbeit«, sagte Marshall und gab Andre Noireinen Wink. »Darf ich eurer Versammlungbeiwohnen? Dann werden wir einen Weg finden ...«

Rogal nickte und schritt auf eine erhöhte Stelle desKellersaals zu, um die Aussprache zu eröffnen.

*

Es dauerte volle acht Stunden, ehe dieHyperfunk-Empfänger auf der TITAN DeringhousesRafferimpulse registrierten. Sie kamen aus einerEntfernung von 32000 Lichtjahren. Ohne jedenZeitverlust legten sie die unvorstellbare Streckedurch die fünfte Dimension zurück und kehrten erstbeim Empfänger in den normalen Raum zurück.

Deringhouse, jetzt Oberkommandierender derterranischen Raumflotte unter dem Zeichen derDritten Macht, hatte Rhodans Nachricht empfangenund schickte folgende Antwort:

»An Perry Rhodan, Sektor Arkon: Um Terra allesruhig. Keine Transitionen. Flotte in Bereitschaft. VielGlück! Deringhouse.«

Wenn Rhodan sich selbst gegenüber ehrlich war,dann mußte er zugeben, daß ihm ein Stein vomHerzen fiel. Das Robotgehirn hatte also nichts gegendie Erde unternommen. Thora hatte recht behalten,wenn auch der Beweis für ihre Vermutung noch

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ausstand. Jedenfalls erhielt Rhodans Expedition nunZeit, ihr Vorhaben in aller Ruhe zu Ende zu führen.

Die TITAN lag zur Hälfte in einem nach obenabgedeckten unterirdischen Hangar, während dieobere Hälfte durch Tarnmaterial unkenntlich gemachtworden war. So bestand für die Suchschiffe desRobotgehirns nur wenig Aussicht, das gestohleneSuperschlachtschiff zu finden.

Wenn ihnen niemand verriet, was wirklich aufZalit vor sich ging ...

Auf den Zarlt war kein Verlaß. Zwar stand er nochunter dem Einfluß der nachhaltigenSuggestionsbefehle der Mooffs, aber im Grundeseines Herzens dachte er auch als freier Mensch nichtviel anders. Ein geeigneteres Werkzeug hatten dieMooffs sich nicht aussuchen können. Die Ziele warendieselben, wenn vielleicht auch die Methodendifferierten.

Wenn Zarlt Demesor es für richtig hielt, sich demRobotgehirn durch einen Dienst erkenntlich zuzeigen, so würde er Rhodan ohne Gewissensbisseverraten. Für einen Augenblick dachte Rhodan daran,ihn durch seine Mutanten suggestiv beeinflussen zulassen, aber dann verzichtete er doch darauf. JedenTag konnten die neuen Mooffs eintreffen, und wenndiese bemerkten, daß auch die GegenseiteSuggestoren besaß, komplizierte sich die Situation.Jene Unbekannten, die sich mit Hilfe der Mooffs undder Zaliter daranmachten, das Imperium derArkoniden zu erobern, sollten nicht ahnen, wie starkder Gegner war.

Der Funker war gegangen. Bully hielt geradewieder eine seiner so beliebten Alarmübungen ab.Unbemerkt hatte Thora die Zentrale betreten. EineWeile stand sie neben der Tür und beobachteteRhodan, der in Gedanken versunken in einem Sesselsa f.

Dreizehn Jahre lang hatte dieser Terraner siefestgehalten und ihre ersehnte Rückkehr nach Arkonverhindert. Sie war fest davon überzeugt gewesen,ihm sein Verhalten niemals verzeihen zu können.Jetzt war sie sich ihrer Sache nicht mehr so sicher.Die Rückkehr nach Arkon war eine bittereEnttäuschung gewesen.

Nur ungern dachte Thora daran zurück. DieVorwürfe, die sie Rhodan zu machen beabsichtigte,waren niemals laut geworden. Sie erkannte, wie rechter gehabt hatte, die Arkoniden als dekadent undunfähig zu bezeichnen. Allein ihre Maßnahmen, dieVerantwortung für ein Sternenreich einemPositronengehirn zuzuschieben, hatte das Urteil übersie gefällt.

Ohne den Kopf zu wenden, sagte Rhodan in dasSchweigen hinein:

»Sie stören mich nicht, Thora. Kommen Sie näher.Ich möchte mit Ihnen sprechen.«

Sie schritt langsam auf ihn zu, die stolze Gestalthoch aufgerichtet und einen undefinierbarenAusdruck im Gesicht. Ihr fast weißes Haar umrahmteden schmalen Kopf und stach fast unnatürlich vonder braunen Hautfarbe ab. Dreizehn JahreErdensonne hatten ihre Spuren hinterlassen. In ihrengoldenen Augen leuchtete etwas, das Rhodan nochnie zuvor in ihnen gesehen hatte.

»Unsere Absichten kreuzten sich also«, murmeltesie.

»Gott sei Dank nicht unsere Ansichten ... scheintmir«, gab Rhodan zurück. »Bitte, nehmen Sie Platz,Thora. - Übrigens hatten Sie recht. Das Robotgehirnhat kein Schiff zur Erde entsandt. Ob es das freiwilligtut, oder ob es die Position der Erde nicht kennt?«

»Letzteres!« sagte sie und setzte sich. »Wenn esdie Position kennen würde, wäre die Erde so gut wieverloren, glauben Sie mir. Ein Robotgehirn kenntkeine Gefühle.«

»Aber es denkt logisch - hoffe ich. Es müßteerkennen, daß ich kein Feind des Imperiums bin.«

»Bisher lieferten sie ihm dafür keinen Beweis.Jeder, der sich nicht nach seinen Anordnungenrichtet, ist ein Feind des Imperiums. Sie haben ihmsogar ein Schiff gestohlen.«

»Und wenn ich es nur tat, um dem Imperium zudienen?« Thora lächelte zweifelnd. »Das müssen Siedem Gehirn erst beweisen, Perry. Ist das nicht sehrschwer, fast aussichtslos?« Rhodan schüttelte denKopf. »Durchaus nicht. Die Mooffs tauchten geradeim richtigen Augenblick auf. Wenn wir Zalit wiederzur Schwesterwelt von Arkon machen, darf das wohlals Beweis für unsere Loyalität dem Imperiumgegenüber gelten.« Ihr Lächeln vertiefte sich. »Mirgegenüber schon, Perry. Ich zweifle nicht an Ihremguten Willen. Aber ob das Gehirn genau so denkt?«

»Sie denken logisch, Thora - das Gehirn auch. DieSchlüsse müßten also gleich aussehen. Warten wir esab. Eigentlich wollte ich noch über ein anderesThema mit Ihnen sprechen.« Er zögerte. Dann setzteer kurz entschlossen hinzu: »Wie stellen Sie sich IhreZukunft vor, Thora?«

Ihr Lächeln verschwand, als habe es eineunsichtbare Hand weggewischt.

»Meine Zukunft ...?« Ein Schatten huschte über ihrGesicht. »Welche Zukunft kann es für mich aufArkon geben? Meine Dynastie wurde so gut wieausgelöscht. Crest und ich sind Ausgestoßene, wennman uns auch notgedrungen und auf Umwegenwieder anerkannt hat. Ich will ehrlich sein, Perry ...wenn ich heute vor der Wahl stünde, Arkonidin zubleiben oder Terranerin zu werden die Wahl fiele mirnicht schwer.«

Das war eine ungeheuerliche Feststellung wennman sich erinnerte, wie stolz die Arkonidin einstgewesen war, und wie sehr sie die barbarischen

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Terraner verachtet hatte. Der Umschwung warverständlich, aber er kam Rhodan zu schnell. Ervermutete eine Falle, einen Pferdefuß.

»Terranerin?« sagte er nachdenklich undbetrachtete sie. Offen und frei gab sie den Blickzurück. In ihren Augen war so etwas wie eine Bitte,die er nicht verstand. »Stehen denn die Terraner nichtweit unter Ihnen, Thora?«

»Heute nicht mehr, Perry. Manchmal meine ichsogar, es sei umgekehrt. Hat nicht der Unsterblicheetwas Ähnliches geäußert?«

Der Unsterbliche ...! Plötzlich glaubte Rhodan zuwissen, was Thora bewegte. Der geheimnisvolleUnsterbliche, das unfaßbare Wesen aus Energie, dasauf dem künstlichen Planeten »Wanderer« existierte,hatte den Arkoniden die lebenserhaltende Zellduscheverweigert. Nur Rhodan und Bully hatten sieerhalten.

Weil Sie Terraner waren! Sein Lächeln war vonBitterkeit durchzogen.

»Ich verstehe Sie, Thora, aber ich weiß nicht, obder Unsterbliche sich bestechen läßt« Sie wich einwenig vor ihm zurück. »Nein, Perry, das dürfen Sienicht denken! Es ist nicht allein das ewige Leben, dasmich lockt. Arkon hat mich so enttäuscht, daß ichschon fast nicht mehr leben wollte, geschweige dennewig leben. Nein, ich habe mehr als ein JahrzehntGelegenheit gehabt, unter Terranern zu sein. Ich habeerlebt, wie sie in diesen dreizehn Jahren das schufen,wozu wir Jahrtausende benötigten. Und ich habe mirauch schon Gedanken darüber gemacht, welchenAufschwung das Imperium nehmen könnte, wenn esnicht von den Arkoniden oder einem Robotgehirn,sondern von Terranern regiert würde.«

Rhodan gab keine Antwort. Er spürte, daß dieArkonidin die Wahrheit sagte. Und dieses neueDenken erschien ihm so ungeheuerlich, daß er langeSekunden benötigte, um es zu begreifen. Aber schonwieder meldeten sich Bedenken.

»Ihre Rasse würde in einem solchen Fall ihrebeherrschende Stellung einbüßen«, machte er sieaufmerksam. »Sie sind Arkonidin, Thora. Natürlichkönnten Sie dem Papier nach eine Terranerin werden,aber im Herzen bleiben Sie das, was Sie sind:Arkonidin! Ob dieser Zustand Sie glücklich werdenläßt?«

Und wieder lächelte sie, diesmal fraulicher. Einweicher Zug war um ihren Mund, und in dengoldenen Augen leuchtete es auf.

»Glücklich ...? Warum sollte ich nicht glücklichsein dürfen?« fragte sie und sah an Rhodan vorbei.

Da war es ihm, als presse eine Faust sein Herzzusammen. Wie Schuppen fiel es von seinen Augen,und nur mit äußerster Anstrengung gelang es ihm,sich nichts anmerken zu lassen. Vorsichtig forschte erin ihrem Gesicht, in ihren Augen - aber er fand keine

Bestätigung für seine ungeheuerliche Vermutung,von der er wußte, daß sie mehr als eine bloßeVermutung war.

Schon setzte er zu einer Entgegnung an, als die Türaufgestoßen wurde und Bully mit polterndenSchritten die Zentrale betrat. Für zwei Sekundenverschlug es ihm die Sprache, als er Thora undRhodan dicht beieinander in den Sesseln sitzen sah,dann faßte er sich.

»Alarmübung beendet!« meldete er übertriebenmilitärisch. »Ich habe die nächste für heute abendfestgesetzt. Die Leute kennen die TITAN nun fastbesser als ihre eigenen Hosentaschen.«

Rhodan erwachte wie aus einem Traum.Geistesabwesend sah er Bully an und nickte.

»Schon gut, Bully. Nächste Übung heute abend.«Bully blieb stehen. »Ist etwas?« fragte er besorgt.Rhodan lächelte. »Nein, es ist nichts - wenigstensnichts, was dich beunruhigen sollte.«

»Aha!« machte Bully, der nicht das geringstebegriff. Er warf Thora einen schnellen Blick zu,schüttelte den Kopf und ging wieder. Mit einemRuck schloß er die Tür. Seine Schritte verhallten aufdem Gang. Rhodan wandte sich wieder Thora zu. DieStimmung war verflogen. Ihr Mund war so strengwie immer, und in ihren Augen fehlte das helleLeuchten, das Rhodan den ersten Hinweis gegebenhatte. Nun war sie wieder die Thora, die er kannte.Aber er wußte jetzt, daß es noch eine andere Thoragab, auf die man achten mußte.

Eine Thora nämlich, die ein Herz besaß.

*

Gucky und Tama Yokida kehrten erst gegen abendins Schiff zurück.

Ihr erster Weg führte sie zur Rhodan, der in derMesse saß und mit Thora, Crest, Bully und denMutanten das Abendessen einnahm. In einer Eckesaßen Leutnant Tifflor und Frank Haggard bei einemSchachspiel.

Der Mausbiber salutierte und ließ sich auf seinHinterteil nieder.

»Sondereinsatz beendet!« meldete er. »In diesenzwei Wochen sind alle auf Zalit befindlichen Mooffseingegangen, soweit wir sie aufspüren konnten. DieWissenschaftler zerbrechen sich zwar die Köpfe,wieso die druckfesten Glasbehälter, in denen dieMooffs gehalten wurden, porös werden konnten, aberich fürchte, sie werden keine Erklärung finden.«

»Was ist mit den Schiffen der Raumflotte?«Gucky zuckte die Schultern und hätte fast das

Gleichgewicht verloren.»Soweit es uns möglich war, haben wir auch sie

kontrolliert und die Mooffs ausgeschaltet. Natürlichkehren immer wieder Schiffe von Patrouillenflügen

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zurück, die noch lebende Mooffs an Bord haben.«»Das muß ebenfalls verhindert werden«, ordnete

Rhodan an und klopfte dem Mausbiber auf denRücken. »Euer Einsatz wird weitergeführt. DieMooffs müssen ausgeschaltet werden. IhreAuftraggeber sollen zu glauben beginnen, daß ihnendas Klima auf Zalit nicht bekommt - wobei ich>Klima< mehr symbolisch meine. Auch wenn dieTransporte mit Mooffs eintreffen, müssen diesesofort bearbeitet werden.«

»Machen wir«, nickte Gucky und reckte denkleinen Körper. Mit den Augen konnte er so geradeüber den gedeckten Tisch sehen. »Ich habe Hunger.«

»Komm her!« rief Bully vom anderen Ende desTisches. »Wir haben dir ein paar Mohrrüben aus demGefrierraum der GANYMED holen lassen.«

Der Mausbiber spitzte die Ohren und teleportiertein den freien Sessel neben Bully.

Zwei Sekunden später hing Bully an der Decke derMesse und bemühte sich vergebens, dentelekinetischen Energieströmen Guckys zuentkommen. Er ruderte mit Armen und Beinen undversprach, sofort jemand zur GANYMED zuschicken, um die Rüben holen zu lassen, und es sei jaauch nur ein Scherz gewesen, und ...

Gucky kümmerte sich nicht um Bullys Gerede.Er knabberte mit Todesverachtung das Fleisch von

dem Knochen eines Tieres, das auch den Arkonidenals Nahrung diente.

Mohrrüben wären ihm lieber gewesen.

*

John Marshall bestätigte Rhodans Vermutung.»Der Zustrom zur nun vereinigten

Widerstandsbewegung hat sich verzehnfacht, seit dieMooffs sterben und ihre Suggestionskräfte fehlen.Die Zaliter hassen den Zarlt, der ihren altenHerrscher ermorden ließ, um an die Macht zugelangen. Wenn ihnen die Bevormundung durch dasarkonidische Positronengehirn auch nicht angenehmist, so sind sie einsichtig genug, sie einer Herrschaftdes neuen Zarlt vorzuziehen. Sie wissen, daß danndas Imperium verloren ist, denn sie kennen ihreSchwächen.«

»Die Zaliter sind ein bemerkenswertes Volk«,bestätigte auch Andre Noir, der Hypno. »Es ist nichtnötig, die von den Mooffs befreiten Männer neu zubeeinflussen, soweit es sich nicht um dem Zarltergebene Offiziere handelt. Die allerdings hätten eineBehandlung nötig.«

»Noch nicht!« warnte Rhodan. »Die Zaliter sollensich frei entscheiden können. Ich möchte, daß derZarlt sein Spiel weiter treibt und nicht ahnt, daß wirfür den Tod der Mooffs verantwortlich sind. Er sollweiterhin annehmen, wir seien die Feinde des

Imperiums und verbergen uns vor denNachforschungen des Robotgehirns.«

John Marshall forschte in Rhodans Gedanken,stieß aber zu seinem Bedauern auf einenundurchdringlichen Schutzschirm. Rhodan lächelteihm zu.

Bully, der von Gucky wieder herabgelassenworden war und nicht mehr unter der Decke hing,meinte lauernd:

»Angenommen, Perry, wir würden die regierendeSchicht der Zaliter unter unseren Einfluß bringen -sie würden tun, was wir wollen. Mit einem Schlaghätte der Spuk ein Ende, und Zalit wäre frei. DasRobotgehirn wäre uns Dank schuldig und ...«

»... und wir wüßten immer noch nicht, wer hinterdem Plan steckt, das Gehirn zu vernichten, Bully!Nein, so geht das nicht! Der Zarlt muß weiter freibleiben und nach eigenem Ermessen handeln können,sonst schöpfen die Drahtzieher Verdacht. Sie sind es,die ich entlarven möchte, wer immer sie auch sind.Der Zarlt ist nichts als eine Puppe. Wenn wir dieFäden abschneiden, an der sie hängt, werden wirniemals erfahren, wer sie tanzen läßt. Gut, wirschalten die Mooffs aus. Wir unterstützen auch dieFreiheitskämpfer. Aber damit haben wir die Grenzeerreicht. Vorerst wenigstens.«

»Wenn ich dich recht verstehe, soll der Zarltseinen Plan zur Ausführung bringen können, damitwir ...«

»Nein, er soll nur die ersten Schritte zurAusführung tun, mehr nicht. In dem Augenblick, dadie eigentlichen Drahtzieher entlarvt sind, schlagenwir zu und retten das Imperium. Mehr will ich nicht.«

»Sie sind entschlossen, das Imperium zu retten?«warf Crest ein. In seiner Stimme war nicht derleiseste Zweifel. »Ja«, nickte Rhodan. Crest sah ihnvoll an. »Für wen?« fragte er freundlich. Rhodan gabkeine Antwort. Er lächelte nur ebenso freundlichzurück.

6.

Zum zweitenmal besuchte Zarlt Demesor dieTITAN.

Er kam nicht allein, sondern brachte einigeOffiziere mit, von denen Rhodan annahm, daß sie alseine Art Leibwache fungierten.

Der Zarlt konnte seine Unruhe nicht ganzverbergen. Zwar tat er sehr freundlich undzuvorkommend, aber man sah ihm an, daß schwereSorgen am Horizont seiner Zukunftspläneaufgezogen waren. Natürlich, er ahnte nichts von derentscheidenden Rolle der Mooffs; für ihn waren sienichts als willkommene Helfer in seinem Kampfgegen die wachsende Unzufriedenheit seines Volkes.Wie sollte er nun die heimlichen Gedanken seiner

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Untertanen überprðcfen, wenn es keinetelepathischen Mooffs mehr gab?

Er schritt Rhodan entgegen, der ihn in der Messeerwartete. Den abseits stehenden John Marshallbeachtete er nicht, ebenso wenig wie er ahnte, daßseine Gedanken und Absichten in dieser Sekundeeiner sorgfältigen Prüfung unterzogen wurden.

»Viel Zeit ist verstrichen, seit Sie zu unserer Weltkamen«, begann er die Unterhaltung, als dieBegrüßung vorbei war. »Noch immer beharren Sieauf Ihrem Schweigen und wollen mir nicht verraten,wie es Ihnen gelang, den Sperrgürtel von Arkon zudurchdringen.« Rhodan lächelte kühl. »Sie stellen essich sehr einfach vor, Zarlt Demesor. Ich muß Siewarnen. Selbst wenn es Ihnen gelänge, stehen Sieimmer noch der gewaltigen Flotte der Arkonidengegenüber, ganz zu schweigen von denrobotgesteuerten Kampfeinheiten, die unabhängigvom Robotgehirn eingesetzt werden. Ich glaubenicht, daß Sie auch nur die geringste Chance haben,das Imperium zu erobern.«

»Wer sagt, daß ich es erobern will? Ich will eslediglich von der Willkürherrschaft einer Maschinebefreien das ist alles.«

»Ein lobenswertes Vorhaben«, gab Rhodan zu.»Und ich soll Ihnen dabei helfen?«

»Natürlich! Ist das Gehirn nicht Ihr Gegner?Verfolgt es Sie nicht wie einen Todfeind? Ich wüßtenicht, welche Gründe Sie davon abhalten könnten,mein Verbündeter zu sein.«

»Allein die Vorsicht könnte mich dazu zwingen,Zarlt. Und noch etwas: Wie steht es mit Ihremeigenen Volk? Können Sie sich auf dessenUnterstützung voll und ganz verlassen?«

Der Zarlt nickte selbstsicher. »Ja, das kann ich!Die Zaliter lieben den Frieden, aber sie sind auchbereit zu kämpfen, wenn es um ihre Freiheit geht.«

Rhodan warf Marshall einen schnellen Blick zu.Die stumme Verständigung blieb unbemerkt. DerZarlt log. Er wußte genau, daß die Mehrheit derZaliter gegen ihn stand. Niemand hieß seineAbsichten gut, das Robotgehirn anzugreifen.

»Die inneren Angelegenheiten von Zalit«, sagteRhodan, »gehen mich nichts an. Ich werde Ihnen,wenn die Zeit dazu gekommen ist, den Weg durchdie Sperrgürtel von Arkon verraten. Wenn die Zeitgekommen ist, Zarlt, und keine Sekunde vorher.«

Über das rotbraune Gesicht unter demkupferfarbenen Haar huschte ein Schatten desUnwillens, aber Demesor beherrschte sichausgezeichnet.

»Ich habe Zeit, bis Ihr Vertrauen sich gefestigt hat.Zum Zeichen meiner Freundschaft gebe ich heute einFest im roten Palast, zu dem ich Sie und IhreOffiziere einlade. Sie weilen nun bereits vieleWochen auf unserer Welt, ohne, daß Sie Gelegenheit

erhielten, feiernde Zaliter kennenzulernen. Sienehmen an?«

»Warum sollte ich nicht? Wie viele meiner Leutedarf ich mitnehmen?«

»Das steht Ihnen selbstverständlich frei. Ich nehmean, Sie bringen nur Ihre besten Freunde mit. Nochetwas: Heute besuchte mich ein persönlicher KurierArkons und stellte Nachforschungen an. DasRobotgehirn hat Anhaltspunkte dafür, daß Sie vonArkon aus in diese Richtung flohen. Ich habeenergisch bestritten, Sie jemals innerhalb unseresSystems bemerkt zu haben!«

»Ich danke Ihnen«, entgegnete Rhodan und wußtebereits, daß der Zarlt gelogen hatte. Nicht eineinziger Kurier war heute auf Zalit gelandet und hattederartige Äußerungen getan. Der Robot-Koordinatorhatte in Wirklichkeit nicht den geringsten Hinweis,wohin Rhodan mit dem gestohlenen Schiff geflohenwar.

»Ich werde Ihnen heute zwei Wagen schicken«,versprach der Zarlt. »Ändern Fest nehmen nurMitglieder der Regierung teil. Ich darf Sie bitten,diese Tatsache bei der Auswahl Ihrer Begleitung zuberücksichtigen.«

Auch das versprach Rhodan, obwohl es nichts anseinen Absichten ändern konnte. Ihm war darangelegen, dem Zarlt ein Gefühl der Überlegenheit zugeben. Er sollte sich stark fühlen und seiner Sacheganz sicher sein. Rhodan wußte nicht, wieweit diegroßen Unbekannten des Spiels ihre Spione auf Zalitbesaßen wenn überhaupt. Vielleicht stellten dieMooffs die einzige Verbindung zwischen Zarlt undihnen dar. Vielleicht aber auch nicht.

Der Zarlt wandte sich anderen Dingen zu undwünschte, das Schiff zu besichtigen. Rhodan hattenichts dagegen und benachrichtigte Bully, der dieAufgabe sehr dankbar annahm und hoffte, seineintöniges Dasein durch einige Mätzchenverschönern zu können.

Rhodan schützte Arbeit vor, um mit Marshallallein bleiben zu können, der ihn in die geheimstenGedanken einweihte, die in dem Zarlt und seinenOffizieren vorgegangen waren.

Es stellte sich heraus, daß Demesor seineAbsichten - obwohl nun frei von jeglichem Einflußder Mooffs nicht im geringsten geändert hatte.

Nach wie vor plante er, das Robotgehirn zuzerstören und als Imperator das gewaltigeSternenreich der Arkoniden zu übernehmen.

*

Zu seinem Leidwesen mußte Bully in der TITANzurückbleiben. Rhodan machte ihm klar, daß er dasSchiff nicht ohne entsprechenden Schutzzurücklassen durfte. Er, Bully, kenne es in- und

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auswendig und sei allein der geeignete Mann, dasKommando zu übernehmen, wenn sich etwasUnvorhergesehenes ereignen sollte.

Das tröstete Bully ein wenig. Sein Murren wurdeschwächer, wenn es auch nicht völlig verstummte.Mit äußerster Sorgfalt suchte sich dann Rhodan seineLeute aus, die ihn begleiten sollten. Außer Thora,Crest und Dr. Haggard nahmer die Mutanten JohnMarshall, Ras Tschubai und Andre Noir mit. Damitwaren sie sieben Personen. Der Teleoptiker RalfMarten ruhte in seiner Kabine und weilte mit seinemGeist im roten Palast. Er »übernahm« den Körpereines gewissen Milfor, der für die Bewaffnung derFlotte von Zalit verantwortlich zeichnete. Durchseine Augen und Ohren sehend und lauschend nahmer unbemerkt an dem Fest teil und konnte so, wennnötig, Bully jederzeit unterrichten.

Im ersten Wagen nahm Rhodan mit Thora und denMutanten Platz. Frank Haggard und Crest nahmenden zweiten Wagen. Die beiden Männer verband einetiefe Freundschaft, deren Ursprung vielleicht darin zusuchen war, daß Haggard es gewesen war, der Crestvor dreizehn Jahren vor dem sicheren Tod durch dieLeukämie gerettet hatte. Der australische Arzt warSpezialist für Bluterkrankungen und Entdecker desHeilserums gegen diese schreckliche Krankheit, dieinzwischen auf der Erde ihre Schrecken verlorenhatte.

Die Alleinfahrt mit dem Wagen zur nahen Stadtwar kein Zufall. Crest hatte dafür gesorgt, und ihmwar es gleich, ob Rhodan Verdacht schöpfte odernicht. Thora war ebenfalls überaus eifrig daraninteressiert, Crest mit Haggard allein zu wissen.

Rhodans Wagen fuhr an; der Fahrer des zweitenWagens folgte. Crest sagte auf Englisch: »Ich wolltemit Ihnen sprechen, Frank. Auf dem Schiff ist dazukaum Gelegenheit. Auch hier müssen wir vorsichtigsein, denn Marshall kann uns überwachen. Bitte,schirmen Sie daher Ihre Gedanken ab. Ich möchteIhnen eine Frage stellen, deren Beantwortung sehrviel für mich und Thora bedeutet.«

»Das ist ja eine feierliche Einleitung, Crest«,scherzte Haggard und sah in den abendlichenDämmerhimmel von Zalit. Da saßen sie nun, 34000Lichtjahre von der Erde entfernt auf einem fremdenPlaneten und sorgten dafür, daß ihr Gegner, dasRobotgehirn von Arkon nicht vernichtet wurde. Eineverzwickte Situation, aus der sicherlich nur Rhodanklug wurde. »Fangen Sie an, ich höre.«

»Und Sie werden sich nicht über meine Fragewundern?« vergewisserte sich Crest vorsichtig.»Keineswegs. Fragen Sie nur.« Crest ließ einigeSekunden verstreichen. Seine Erinnerung ging zurückbis zu jenem fürchterlichen Augenblick, da er mitRhodan vor dem Unsterblichen stand und das ewigeLeben für sich forderte. Seit Jahrtausenden geisterte

die Sage vom Planeten des ewigen Lebens durchArkons Imperium - bis die Sage zur Wirklichkeitwurde und er, Crest, gemeinsam mit Rhodan diesenPlaneten entdeckte.

Und dann hatte der Unsterbliche, ein Wesen ausder Vergeistigung einer ganzen Rasse, mit einigennüchternen Worten erklärt, daß es nur für Terranerein ewiges Leben geben könne. Die Arkoniden, sofügte er hinzu, hätten ihr Dasein hinter sich und siehätten es nicht genutzt. Warum sollte jemand, dernichts mit seinem Leben anzufangen wisse, seinenatürliche Spanne erweitern? Er, der Unsterbliche,sehe dazu keine Veranlassung.

Crest hatte sich damals widerspruchslos gefügt,wenn sein Selbstbewußtsein auch einen argen Stoßerlitten hatte. Thora war es nicht anders ergangen. Anihrer Stelle hatte der Terraner Rhodan die relativeUnsterblichkeit erhalten - und mit ihm dieser Bully,dem nichts heilig war. Crest seufzte. »Halten Sie esfür möglich, mit den Ihnen bekannten Mitteln einegenerelle Zellenerneuerung beim menschlichenKörper einzuleiten und durchzuführen, Frank?«

Dr. Haggard sank in die Polster zurück und sahCrest forschend an. Er wußte natürlich um dieVorgänge auf »Wanderer«. Er wußte auch, daß es inRhodans Macht lag, jedem Terraner die relativeUnsterblichkeit zu geben, den er dem Unsterblichenvorschlug. Nur die beiden Arkoniden warenausgeschlossen.

Warum eigentlich? Hatten Thora und Crest nichtzur Genüge bewiesen, daß sie der allgemeinenDegeneration ihrer Rasse entgangen waren undsicherlich fast die gleiche Tatkraft undEntschlossenheit besaßen wie Terraner? Vielleichthatten sie noch fünfzig oder hundert Jahre zu leben,aber was war das schon, wenn es um Jahrtausendeging?

Haggard verstand plötzlich, wie einem zum TodeVerurteilten zumute war - aber war nicht jederMensch, der geboren wurde, schon in der erstenSekunde seines Lebens zum Tode verurteilt?»Warum fragen Sie, Crest?«

»Ich möchte nur wissen, ob Sie es für möglichhalten, Frank, mehr nicht. Gibt es eine Hoffnung, denUnsterblichen zu übergehen?«

Haggard sah auf die Rückfront des voranfahrendenWagens.

»Das hieße nicht nur den Unsterblichen, sondernauch Rhodan zu überlisten - wissen Sie das?«

»Nein! Wir wollen ja die Unsterblichkeit aufmedizinischem Weg erlangen, nicht durch die Gnadeeines unfaßbaren Wesens, das aus Milliarden andererWesen besteht. Wenn es uns gelingt, dieZellerneuerung zu entdecken, überlisten wirniemand. Was wir uns erarbeiten, gehört auch uns.«

»Seit wann«, fragte Haggard, »denken Sie an diese

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Möglichkeit?« Crest schloß die Augen. »Seit einigerZeit schon - genauer gesagt, seit jenem Augenblick,da Sergeant Harnahan auf einem Mond der SonneTatlira ein Wesen fand, das schon eine Million Jahrealt ist.« Haggard nickte. Er entsann sich. »Wir wissennichts von diesem Wesen, das wie eine Kugelaussieht und sich vom Licht der Sterne ernährt. Es istvielleicht nicht organisch aufgebaut und hat somitandere Voraussetzungen ...«

»Wir wissen«, sagte Crest mit eigenartigerBetonung, »daß es älter ist als jegliche existierendeZivilisation. Und wir wissen weiter, daß es auch unsund unsere Zivilisation überleben wird. Genügt dasdenn nicht?«

»Wie meinen Sie das?«»Ich meine, daß es vielleicht nicht so engherzig

wie der Unsterbliche ist! Es hat uns um Hilfegebeten. Wir können dafür einen Preis verlangen.Dieser Preis wird das Geheimnis seinerUnsterblichkeit sein. Ist das nicht fair?« Haggardnickte langsam. »Ich sehe, was Sie meinen. Vielleichtwird es uns sein Geheimnis verraten, aber wir könnennichts damit anfangen, weil wir organischeLebewesen sind. Können Sie vom Licht der Sterneleben, Crest?«

»Nein«, sagte Crest bedauernd, doch in seinenAugen glühte ein seltsames Feuer, »aber ich weiß,daß ich ohne ihren Anblick nicht mehr leben könnte.Vielleicht besteht da ein Zusammenhang.«

Haggard sah in der Ferne den roten Trichter desPalastes auftauchen. Farbige Scheinwerfer tauchtenihn gleichsam in das kalte Feuer riesiger Diademe.

»Ja, vielleicht«, gab er flüsternd zu. »Wir werdennoch darüber sprechen müssen. Mag sein, daß es eineHoffnung für Sie gibt. Für Sie und Thora ...«

*

Während Festreden ausgetauscht und die Gäste derZaliter begrüßt wurden, blieben Marshall und Noirnicht untätig. Der Telepath kontrollierte unablässigdie Anwesenden und stellte dabei fest, daß es sichausnahmslos um treue Vasallen des Zarlt handelte.Zufällig entdeckte er auch die Mörder des alten Zarlt.Es waren hochgestellte Persönlichkeiten der jetzigenRegierung und einige Offiziere der Flotte, aus derenReihen der Zarlt Demesor stammte.

Andre Noir überprüfte inzwischen die Gehirne derGäste nach etwa noch vorhandenen Hypnoblocks.Von einem Einfluß der Mooffs konnte keine Redemehr sein. Die Zaliter waren frei, aber siebeabsichtigten nach wie vor, an ihrem Planfestzuhalten.

Ras Tschubai hatte vorerst nichts zu tun. Er hieltsich ein wenig im Hintergrund und wurde wegenseiner fast schwarzen Hautfarbe von allen bewundert.

Von einem Gegensatz der Rassen war nichts zuspüren. In dieser Beziehung waren die Zaliter sogarden Terranern überlegen, die immer noch einschweres Erbe mit sich herumtrugen.

Crest und Thora verhielten sich reserviert,während Rhodan und Haggard in der Hauptsache dieUnterhaltung bestritten.

Und dann war es Marshall plötzlich, als mischtensich fremde Gedanken unter die der Anwesenden.

Er unterhielt sich gerade mit Cenets, dem Chef derFlottenrüstung, als die Impulse seinen telepathischenGehirnsektor trafen. Leider gelang es ihm nicht, dienotwendige Konzentration aufzubringen, denn derOffizier stellte ihm immer wieder neue Fragen undwartete auf entsprechende Antworten. Erst seintelepathischer Hilferuf machte Andre Noiraufmerksam, der als Hypno immerhin derartigeImpulse spüren, wenn auch nicht verstehen konnte.

Mit Noirs Unterstützung konnte Marshall sichschließlich entschuldigen und in eine ruhigere Eckedes festlich geschmückten Saales zurückziehen, woer sich den auftretenden Impulsen widmen konnte.Zuerst nahm er an, es handelte sich um neueingetroffene Mooffs, die nun versuchten, denverlorenen Kontakt wiederherzustellen, aber danner-, kannte er seinen Irrtum. Es waren Zaliter.

Und sie waren gerade dabei, die Wachen zuüberwältigen und in den Palast einzudringen.

*

Rhodan sprach gerade mit dem Zarlt, als erMarshalls Wink bemerkte. Er dachte: Ist es sehrwichtig? Ein Nicken war die Antwort. So wichtig,daß ich den Zarlt stehen lassen kann? Wieder nickteMarshall.

Rhodan entschuldigte sich und schritt quer durchden Saal. Marshall folgte ihm. In einer leerenNebenhalle trafen sie sich. »Was ist, John?«

»Die Rebellen! Sie haben die Wachen überwältigtund dringen in großer Zahl in den Palast ein, um denZarlt und seine Anhänger zu ermorden. Mein FreundRogal leitet die Aktion. Wir sollen von demGemetzel verschont bleiben.«

»Wo ist Noir? Er muß sofort eingreifen, ehe es zuspät ist. Wenn der Zarlt von dem Anschlag erfährt,können wir Rogal und seine Freunde kaum retten.«

»Rogal rechnet mit unserer Unterstützung.«»Das können wir uns nicht erlauben. Bedenken

Sie, daß es nicht um den Zarlt allein geht. Ich mußdie Hintermänner der Mooffs kennenlernen, aber daskann ich nicht, wenn die Pläne des Zarlt frühzeitigins Wasser fallen. Wo also istNoir?«

»Er spricht mit Cenets, einem der Offiziere.«»Holen Sie ihn - aber schnell!« Die Bombe in

Rogals Hand war entsichert. Nur der Druck seines

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Daumens auf den Sprengzünder verhinderte dieDetonation. Selbst wenn man Rogal tötete, würde dieverheerende Wirkung der Bombe seinen Mörder mitins Verderben reißen.

Zwei seiner Gefährten hatten den Wachtpostenlinks vom Eingang unschädlich gemacht. Einer vonihnen nahm die Stelle des Toten ein. Auf der rechtenSeite des Portals stand bereits einer der Rebellen aufWache.

Ungehindert drangen die Aufrührer in den Palastein. Kein Mooff war da, der sie verraten konnte. DieZaliter waren keine Telepathen.

Zwei weitere Posten wurden ohne Lautüberwältigt. Von fern drang bereits dasStimmengemurmel aus dem zu ebener Erdeliegenden Festsaal. Jemand hielt eine Ansprache.

Rogal lächelte kalt vor sich hin, während er seinenGetreuen einen Wink gab und weiterschritt. Er würdeden Saal betreten und die Fremden aus dem anderenSonnensystem auffordern, sofort den Palast zuverlassen. Und dann würde er die Bombe werfen.Zalit würde wieder frei sein. Vorn im Korridor wareine Bewegung. Eine Gestalt trat aus der Tür, diezum Saal führte. Sie schritt aufrecht und furchtlosden Rebellen entgegen.

Rogal erkannte Andre Noir, aber der andere nebenNoir war ihm fremd.

Der Rebell blieb stehen und wartete. Es war hellgenug im Korridor, um die beiden Fremden gut sehenzu können. Der Mann neben Noir erweckte Rogalsungeteiltes Interesse. Die hagere undhochaufgerichtete Gestalt flößte Rogal einen Respektein, den er sich nicht erklären konnte und den er miteiner Art Handbewegung verscheuchen wollte. Esgelang ihm nicht.

Dabei war nichts besonderes an diesem Mann.Sicher, die Augen mit dem kalten, grauen Feuerwaren bemerkenswert, auch der Mund mit denschmalen Lippen. Und vor allen Dingen diesouveränen und ruhigen Bewegungen, mit denen derFremde auf ihn zuschritt, ohne auf die gefährlicheBombe in der Hand des Rebellen zu achten.

Noir blieb einige Schritte vor Rogal stehen.»Mein Herr möchte dich kennenlernen, Rogal. Das

also ist Rogal, Perry Rhodan.«Rogal hatte den Namen bereits von Noir und

Marshall gehört. Rhodan war der Leiter derExpedition, die den Arkoniden das Schiff gestohlenhatte. Er war nach außen hin ein Feind desImperiums, aber Marshall hatte betont, daß erinnerlich zu den freien Zalitern stünde.

Nun, wie dem auch sei, von Diplomatie hielt Rogalnicht viel. Seine Faust ballte sich um die Bombe. Eintrotziger Ausdruck überzog sein Gesicht.

»Ich bin gekommen, um Gerechtigkeit zu üben«,sagte er hart und blickte Rhodan in die grauen

Augen. »Der Zarlt muß sterben.« Rhodan nicktezustimmend. »Natürlich muß er sterben, aber nochnicht heute, Rogal. Die Zeit ist noch nichtgekommen. Vielleicht werden es andere sein, diedein begonnenes Werk vollenden. Wenn der Zarltheute stirbt, wird sich der ganze Prozeß in einigenJahren wiederholen.«

»Warum?«Rhodan hatte nicht die Absicht, dem Zaliter seine

Vermutungen mitzuteilen. Was wußte Rogal schonvon dem Auftrag der Mooffs? Was von jenen, diehinter allem standen? Noch weniger als er, Rhodan.

»Wir werden später alles erklären, wenn derZeitpunkt des Handelns gekommen ist. Und nun gehtnach Hause, ehe der Zarlt von dem geplantenAttentat erfährt. Ich könnte euch jetzt nicht helfen.«Rogal zögerte. »Woher wußten denn Sie davon?«Rhodan lächelte. »Wir wußten es eben, Rogal.« Ernickte ihm freundlich zu und drehte sich um. Ohnedarauf zu achten, was weiter in seinem Rückengeschah, schritt er zum Ende des Korridors zurückund verschwand wieder im Festsaal.

Noir blieb allein zurück. Er war innerlich bereit,seine Fähigkeit einzusetzen, aber er wollte warten,bis es unbedingt notwendig war.

Rogal starrte auf seine Bombe. Ihm zur Seitestanden die zu allem entschlossenen Gefährten. Inihren Händen blitzten die Mordwaffen.

»Nun?« fragte Noir. »Wollt ihr klug sein undwarten, oder zieht ihr es vor, die Gewalt vor Klugheitzu setzen?«

»Klugheit?« murrte Rogal. »Wir haben dieWachen ausgeschaltet und sollen nun aufgeben?Wäre das nicht Feigheit? Wer weiß, wann eineGelegenheit wie diese wiederkehrt. Nein, Freund, wirwerden uns nicht aufhalten lassen. Ich gebe dir unddeinen Leuten fünf Minuten, den Saal zu verlassen.Dann explodiert die Bombe. Der Zarlt muß sterben!«

Noir erkannte, daß seine Überredungskünste amEnde waren. Selbst Rhodan hatte es nicht geschafft.Also blieb nichts anderes übrig, als die Rebellen miteinem posthypnotischen Block zu versehen, der siealles vergessen ließ, was geschehen war.

Und so kam es, daß bereits zwanzig Sekundenspäter Rogal mit seinen Freunden den Rückzugantrat, den er später niemand erklären konnte amallerwenigsten sich selbst.

Als die Ermordung der Palastwachen amfolgenden Tag bekanntgegeben wurde, wunderte sichdarüber niemand mehr als ausgerechnet Rogal.

*

»Ich verstehe überhaupt nichts mehr«, protestierteBully und sah Rhodan vorwurfsvoll an. »Da kommenandere und wollen die Arbeit für uns erledigen - und

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du hinderst sie daran. Wir wären alle Sorgen los,ebenso das Robotgehirn. Zalit wäre frei gewesen undhätte treu zum Imperium gestanden ...«

»... und das Robotgehirn hätte sofort erkannt, daßnur wir allein dafür verantwortlich sind - meinst du?«gab Rhodan zurück. »Nein, unsere Situation hättesich nicht geändert. Nach wie vor wären wir in denpositronischen Augen der Maschine ihr Feindgewesen. Was ist es schon für ein Dienst, eine kleineRebellion zu unterstützen? Wenn wir dem Imperiumunsere Treue beweisen wollen, dann nur durch eineTat, deren Unterlassung zumindest die Vernichtungdes Robotgehirns garantierte.«

»Der Zarlt will doch gerade das tun!« Rhodanlächelte. »Aber er schafft es nicht - wenigstens nichtohne mich oder die Mooffs. Der Zarlt allein ist einStümper mit ein wenig Intelligenz. In den Händender Mooffs jedoch ist er ein alles zerstörenderVulkan. Du siehst, Bully, noch gilt es abzuwarten.Und wenn es Wochen dauert. Die Gegenseite ist amZug.«

Bully sah das zustimmende Nicken der anderenund verzichtete auf eine weitere Argumentation.Rhodan würde schon wissen, was er tat.

Gucky watschelte quer durch die Messe und nahmBully bei der Hand.

»Wann ist die nächste Alarmübung? Diesmalnimmt das gesamte Mutantenkorps daran teil, habeich mir sagen lassen ...«

Bullys Gesicht hellte sich auf. Der Gedanke,ausgerechnet die Mutanten durch die tausendAbteilungen des Raumgiganten jagen zu dürfen,stimmte ihn sofort froh. Er grinste.

»In zehn Minuten, Gucky. Ich bitte mir aus, daßjeder pünktlich und frisch gewaschen erscheint.Außerdem ordne ich an, daß ...«

Leider wurde er von Rhodan unterbrochen.»Verzeih, Bully, ich leite die nächste Übung! Alle

nehmen daran teil, auch du! Wir müssen das Schiffnoch besser kennenlernen.«

»Aber ...«»Kein Aber! Dir schadet es absolut nichts, wenn

du dir einmal die Brust wäschst. War es das nicht,was du Gucky empfohlen hast?«

Das Grinsen von Bullys Gesicht verschwand.»... Brust waschen ...?« stotterte er verdutzt. Dann

schüttelte er fassungslos den Kopf und schritt alsgeschlagener Mann aus der Messe, um sich auf dieverhaßte Übung vorzubereiten.

Er liebte sie nur dann, wenn er sie von der Zentraleaus leiten durfte.

*

Der Zaliter Orbson, kommandierender Offizier derRaumpatrouille im Sektor Voga, übernahm die

Fracht am Rande des Systems. Der schwereTransporter kam gerade aus dem Hyperraum undwürde in wenigen Sekunden wieder in unbekannterRichtung verschwinden. Sein Geheimauftrag führteihn zu einem weit entfernten Sonnensystem, in demes einen Riesenplaneten mit fast doppelterSchwerkraft gab.

Auf diesem Planeten hausten die Mooffs.Orbson betrachtete die Reihe der Glasbehälter mit

sichtlichem Widerwillen. Er konnte diesequallenartigen Geschöpfe nicht besonders gut leiden,aber irgend etwas zwang ihn dazu, seinenWiderwillen nicht zu zeigen. Sicher, diese Mooffserinnerten in nichts an zivilisierte Lebewesen, abersie hatten sich als nützlich erwiesen. Außerdem hatteder Zarlt befohlen, weitere zweitausend der Wesen zuimportieren, als die auf Zalit vorhandenen starben.Die alten Glaskuppeln waren unbrauchbar geworden.

Orbson machte sich deshalb keine Gedanken.Sein Widerwille verschwand, wie er aufgetaucht

war. Ohne, daß er es ahnte, stand er wieder unter denSuggestionsbefehlen der Mooffs, die ihrerseits neueInstruktionen erhalten hatten, bevor sie ihreHeimatwelt verließen.

Und das Versprechen, künftig in der Regierung desarkonidischen Imperiums eine wichtige Rolle zuspielen.

Die Übergabe der Fracht verlief reibungslos.Orbsons Schiff kehrte nach Zalit zurück, während derTransporter der Sonne Voga das Heck zuwandte undin den Tiefen des Alls untertauchte.

Die Unbekannten streckten erneut ihre Hand nachdem Imperium aus. Zalit war nicht mehr ohneMooffs.

*

»Das ist schon kein Raumschiff mehr, sondern einrichtiger Planet!« keuchte Bully erneut außer Atemund ließ sich in den schwarzen Schlund desAntigravliftes fallen. Leutnant Tifflor folgte ihm wiegewohnt. Während die Fallgeschwindigkeit durch dieunsichtbaren Kraftfelder gebremst wurde, stöhnte er:

»Haben Sie das nicht vor einigen Tagen schoneinmal festgestellt?«

Bully landete und trat auf den Gang. Aus einemnahen Lautsprecher kam Rhodans Stimme:

»Waffenalarm! Alle Stationen besetzen!Probealarm für Waffen! Sofort alle Stationenbesetzen!« Bully knurrte: »Unsere Station istD-einhundertfünfunddreißig - was immer das auchheißen mag. In diesem Stockwerk - etwa achthundertMeter entfernt. Machen wir uns auf den Weg!«

Sie rannten einen leicht nach links gebogenenKorridor entlang, denn das Transportband war nichtin Betrieb. Tifflor fluchte leise. Bully schimpfte und

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entsann sich seiner Tätigkeit als Leiter der früherenProbealarme. Das war wesentlich amðcsantergewesen.Von links trat eine Gestalt auf den Gang. RasTschubai! Bully atmete auf. »He, Ras! Wollen Siemir nicht helfen? Bringen Sie mich nachD-einhundertfünfunddreißig - das ist auch IhreStation.«»Unfair!« rief Tiff und rannte an Ras vorbei. Bullyblieb stehen. »Nun, Ras? Wir sind doch immer guteFreunde gewesen. Du bist Teleporter und kannst ineiner Sekunde dort sein. Ich mit meinen kurzenBeinen ...«»O-Beinen!« sagte eine Stimme von oben.Bully stieß einen Fluch aus und begann zu laufen.Ras sah ihm verwundert nach. Dann schüttelte er denKopf, warf einen scheuen Blick auf den kleinenLautsprecher unter der Decke, entmaterialisierte undsprang in die Abteilung D-einhundertfünfunddreißig,wo er Bully in aller Ruhe erwarten konnte.Der kam fünf Minuten später schnaufend undächzend an. Mit einem wütenden Seitenblick auf Tiffder bereits hinter den Kontrollen eines Desintegrators

hockte, nahm er seinen Platz ein.Irgendwo knackte es. Dann sagte Rhodans Stimme:»Ausgezeichnet! Schiff in zehn Minutenkampfbereit! Morgen schaffen wir es in neunMinuten!« Und nach einer winzigen Pause:»Teleporter müßte man sein, was meinst du, Bully?Besonders dann, wenn man so kurze Beine hat ...«»Hauptsache: glücklich!« knurrte Bully und gingnicht weiter auf das Thema ein. Er ahnte, was ihmbevorstand. Denn erst gestern hatte er bei derFrühübung den Teleportern verboten, von ihrerFähigkeit Gebrauch zu machen. Und als Gucky, demvieles Gehen ein Greuel war, die zugewiesene Stationals letzter erreichte, hatte Bully hämisch seinenkurzen Beinen die Schuld gegeben.So rächt sich eben alles, und nicht nur auf Erden.Wenn also der Mausbiber von dem Vorkommniserfuhr und hörte, daß Bully selbst zugab ... Nein! Eswar nicht auszudenken. Natürlich erfuhr es Gucky ...

E N D E

Die Raumfahrer der Dritten Macht haben das gigantische Positronengehirn, das als Regent von Arkonfungiert, zwar überlistet und erfreuen sich immer noch des Besitzes der TITAN - aber ihre AKTION GEGENUNBEKANNT hat es sehr eindringlich bestätigt, wie wichtig es ist, das Positronengehirn zum Freund und nichtzum Gegner zu haben ...

DER PARTNER DES GIGANTEN

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