8
S. Paepke 1 , V. Ritter 1 , M. Kiechle 1 , S. Metz 2 . 1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München; 2 Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Institut für Radiologie, München 31. Mai 2017 Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven Mammadiagnostik Die minimal-invasive Mammadiagnostik ist bei jeder Diagnosestellung in nahezu jeder Befundkonstellation gefragt, somit integraler Bestandteil in der Diagnostikkette und in ihrer Treffsicherheit bestimmend für alle weiteren Therapieschritte. Die grundlegende Bedeutung der minimal-invasiven Diagnostik findet u.a. ihren Niederschlag in der ausführlichen Bearbeitung und Darstellung in den AGO-Leitlinien 2017 (1). Minimal-invasive Mammadiagnostik Die minimal-invasive Biopsie (Oxford Level of Evidence (LoE) 1c, A; +) gehört wie die klinische Untersuchung, die Mammographie und die Sonographie von Brust und Axilla in die präoperative und prätherapeutische Diagnostik (LoE 1b, A; ++; mit dem Hinweis auf die erforderliche histologische Sicherung von Zusatzbefunden bei therapeutischer Relevanz). Da die Effektivität der minimal-invasiven Mammadiagnostik nur so gut sein kann wie die zugrundeliegende Bildgebung, werden gerade hier durch Tomosynthese (LoE 3b, B; +), Kontrastmittel-unterstützte Mammographie, MRT und hochauflösenden Ultraschall mit Zusatzuntersuchungen wie Elastographie (LoE 2a, B; +) (2-7) Anstrengungen unternommen, um Detektierbarkeit, Spezifität und Sensitivität weiter zu erhöhen. Screening, intensivierte Früherkennung in Hochrisikogruppen und Brust-Ultraschall in der täglichen Versorgung führen zudem zur vermehrten Diagnose kleiner oder unklarer Befunde, bei denen eine histologische Klärung indiziert, aber schwierig durchzuführen ist und unsere Standardbiopsie-Methoden an ihre Grenzen kommen können (8). In diesem Kontext von besonderer Bedeutung ist die Aufarbeitung der Stanzbioptate und die radiologisch-pathologische Korrelation mit der notwendigen Eingruppierung in die B-Klassifikation (National Coordinating Group for Breast Screening Pathology (NHBSP); E.C. Working Group on Breast Screening Pathology). Gerade im Bereich der B3-klassifizierten Befunde, die an sich als benigne gelten, denen aber ein unsicheres biologisches Potenzial zugeschrieben wird, besteht Handlungsbedarf. Retrospektiv betrachtet werden zu viele benigne Befunde offen chirurgisch nachoperiert. Es besteht mit der Weiterentwicklung von Biopsieverfahren die Hoffnung, eine noch präzisere Nadelführung, maximalen Gewebegewinn und minimale Traumatisierung zu erreichen. Gerade im Kontext der Nachsorgebeurteilung sind immer wieder die erweiterte Bildgebung, z.B.

Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven Mammadiagnostik · S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz2.1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München; 2 Klinikum rechts

  • Upload
    others

  • View
    4

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven Mammadiagnostik · S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz2.1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München; 2 Klinikum rechts

S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz2. 1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU

München; 2 Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Institut für Radiologie,

München

31. Mai 2017

Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven MammadiagnostikDie minimal-invasive Mammadiagnostik ist bei jeder Diagnosestellung in nahezu jeder Befundkonstellation gefragt, somit integraler Bestandteil in der Diagnostikkette und in ihrer Treffsicherheit bestimmend für alle weiteren Therapieschritte. Die grundlegende Bedeutung der minimal-invasiven Diagnostik findet u.a. ihren Niederschlag in der ausführlichen Bearbeitung und Darstellung in den AGO-Leitlinien 2017 (1).

Minimal-invasive Mammadiagnostik

Die minimal-invasive Biopsie (Oxford Level of Evidence (LoE) 1c, A; +) gehört wie die klinische Untersuchung, die Mammographie und die Sonographie von Brust und Axilla in die präoperative und prätherapeutische Diagnostik (LoE 1b, A; ++; mit dem Hinweis auf die erforderliche histologische Sicherung von Zusatzbefunden bei therapeutischer Relevanz).

Da die Effektivität der minimal-invasiven Mammadiagnostik nur so gut sein kann wie die zugrundeliegende Bildgebung, werden gerade hier durch Tomosynthese (LoE 3b, B; +), Kontrastmittel-unterstützte Mammographie, MRT und hochauflösenden Ultraschall mit Zusatzuntersuchungen wie Elastographie (LoE 2a, B; +) (2-7) Anstrengungen unternommen, um Detektierbarkeit, Spezifität und Sensitivität weiter zu erhöhen. Screening, intensivierte Früherkennung in Hochrisikogruppen und Brust-Ultraschall in der täglichen Versorgung führen zudem zur vermehrten Dia­gnose kleiner oder unklarer Befunde, bei denen eine histologische Klärung indiziert, aber schwierig durchzuführen ist und unsere Standardbiopsie-Methoden an ihre Grenzen kommen können (8).

In diesem Kontext von besonderer Bedeutung ist die Aufarbeitung der Stanzbioptate und die radiologisch-pathologische Korrelation mit der notwendigen Eingruppierung in die B-Klassifikation (National Coordinating Group for Breast Screening Pathology (NHBSP); E.C. Working Group on Breast Screening Pathology). Gerade im Bereich der B3-klassifizierten Befunde, die an sich als benigne gelten, denen aber ein unsicheres biologisches Potenzial zugeschrieben wird, besteht Handlungsbedarf. Retrospektiv betrachtet werden zu viele benigne Befunde offen chirurgisch nachoperiert. Es besteht mit der Weiterentwicklung von Biopsieverfahren die Hoffnung, eine noch präzisere Nadelführung, maximalen Gewebegewinn und minimale Traumatisierung zu erreichen. Gerade im Kontext der Nachsorgebeurteilung sind immer wieder die erweiterte Bildgebung, z.B.

Page 2: Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven Mammadiagnostik · S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz2.1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München; 2 Klinikum rechts

durch das MRT, und damit auch MRT-geführte Biopsieverfahren zielführend (Abb. 1, 2).

  Abb. 1: Planung und Ablauf einer MR-gestützten Vakuumbiopsie links. 78-jährige Patientin; Z.n. BET rechts bei Mamma-CA, ED 2006: NST, Hormonrezeptor- positiv, HER2-negativ; Z.n. RTx bis 10/2006, Z.n. Letrozol (Femara®) für 5 Jahre. Aktuell: auffälliger Herdbefund links in der Kontrastmittel-verstärkten spektralen Mammographie (CESM, GE Healthcare). �Histologie: NST, G3, ER- und PR-positiv, HER2 1+A) 3D-T1-FFE axial nach i.v.-Kontrastmittelgabe, Herdbefund, B) Subtraktion axial, Herdbefund, C) Subtraktion sagittal, Herdbefund, D) T1-w sagittal MPR, Grid-Platte, Nullmarker mit Kontrastmittel, E) 3D-T1-FFE axial mit Introducer-Set vor Probenentnahme, Zugang von lateral, F) 3D-T1-FFE axial nach Vakuumbiopsie, Hämatom, G) Beispiel Nadelpositionierung, andere Patientin. Grid-Platte außen mit Nullmarker, Grid-Block zur Nadelführung. MR-Biopsienadel: Suros Surgical Systems, ATEC®-Brust-Biopsie und Exzisions-System, 9G.

 

  Abb. 2: Planung und Ablauf einer stereotaktisch-gestützten Vakuumbiopsie links. Durchführung an einem Fischertisch in Bauchlage, Positionierung L-ml, Zugang von innen. 54-jährige Patientin, blutige Flüssigkeitsabsonderung Mamma links, Zytologie: Mamillensekret mit einzelnen Duktusepithelien mit verschobener Kern/Plasma-Relation bei starker Überlagerung durch Blut, Familienanamnese: Leer bzgl. Mamma- und Ovarialkarzinom, Zusatzbefund: Z.n. Zervix-CA 2010, Histologie: Erweiterte Gänge mit DCIS mit zentralen Nekrosen und Kalk, Z.n. BET: DCIS, intermediärer Malignitätsgrad (Mikrokalk-assoziiert), pTis (DCIS), R0, ER 80%, PR 10%;

Page 3: Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven Mammadiagnostik · S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz2.1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München; 2 Klinikum rechts

Z.n. RTx. TamoxifenA) Standard 2D Mammographie L-mlo, Mikrokalk, B) Galaktographie L-ml, Assoziation zwischen Kontrastmittel-gefülltem Gang und Mikrokalk, C) L-ml nach Vakuumbiopsie, Clip, D) L-cc nach Vakuumbiopsie, Clip, E) Stereotaxie +15 Grad zur Planung, F) Stereotaxie -15 Grad zur Planung, G) +15 Grad vor der Probenentnahme, Kontrolle der Nadelposition (Suros Surgical Systems, ATEC®

-Brust-Biopsie und Exzisions-System, 9G), H) -15 Grad nach der Probenentnahme, I) Präparateradiographie, J) Kontrolle +15 Grad nach Clipapplikation, Clip TriMark für ATEC®.

Diagnostik und Gewebeentfernung

Der Übergang von der minimal-invasiven Diagnostik zur minimal-invasiven Therapie wird fließend, wie Untersuchungen zu hoch-intensivem fokussierten Ultraschall (HIFU) (8) oder zur Kryoablation von benignen Befunden zeigen. So konnten Golatta M. et al. nachweisen, dass eine komplette Kryo­ablation und damit Entfernung von his­tologisch gesicherten Fibro­adenomen bis zu einem Maximaldurchmesser von 3 cm in 93% der Fälle gelingt (9). Ähnliche Untersuchungen liegen unter Studienbedingungen für maligne Befunde vor.

Minimal-invasive Methoden bei neoadjuvanter Behandlung

Behandlungsstandard beim triple-negativen, HER2-überexprimierenden und hoch-proliferativen Mammakarzinom ist die primäre Chemotherapie. Gemessen an der pathologischen Komplettremission beträgt die Erfolgsrate bis zu 60%. Schon daraus leitet sich ab, dass eine prätherapeutische Markierung des späteren Operationsziels und ein enges Therapiemonitoring Grundbedingun­gen für eine präzise Behandlungsführung sind (Abb. 3).

  Abb. 3: A) Therapiemonitoring unter primär-systemischer Therapie; hier eine Patientin im BRIGHTNESS-Protokoll der GBG nach der 6. Chemotherapie-Gabe. Es lassen sich sowohl Residualtumor als auch Vaskularisation der Tumorperipherie darstellen; damit Partialremission, B) Therapiemonitoring einer 28-jährigen Patientin mit Luminal-B-Subtyp-Mammakarzinom im Status progressus nach 4 Zyklen EC (in der Mitte des echoarmen

Page 4: Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven Mammadiagnostik · S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz2.1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München; 2 Klinikum rechts

Tumors Tumorclip echoreich darstellbar).

Zudem gibt es viele zusätzliche Fragestellungen zu prädiktiven Markern, die nur durch die Untersuchungen des Behandlungseffekts direkt im Gewebe beantwortet werden können. Am Beispiel einer Patientin, die in die GeparNuevo-Studie eingeschlossen wurde, sollen die Aspekte minimal-invasiver Diagnostik verdeutlicht werden (Abb. 4).

 

  Abb. 4: A) Prätherapeutisch erfolgt die Einlage des Tumorclips. Platzieren der den Clip enthaltenden Nadel im Zentrum des Tumors, B) Sonographische Lagekontrolle des Tumorclips.

Die GeparNuevo-Studie ist eine multizentrische, prospektive, randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Phase-II-Studie der GBG/AGO. Sie soll die pathologische Komplettremissionsrate von Patientinnen mit frühem Brustkrebs (TNBC) bei einer Taxan-Anthrazyklin-Chemotherapie ge­folgt von dem PD-L1-Antikörper MEDI4736 evaluieren.

Bekannt ist, dass das triple-negative Mammakarzinom mit einer hohen Anzahl Tumor-infitrierender Lymphozyten (TIL) einhergeht. Das Hinzufügen eines Checkpoint-Inhibitors zusätzlich zur Chemotherapie könnte eine Option für diese Patienten sein, um die pathologische Komplettremission (pCR) zu erhöhen. Das Protokoll sieht die Bestimmung und den Vergleich vordefinierter und explorativer molekularer Marker, wie Tumor-infiltrierende Lymphozyten, PD-1, PD-L1, Ki67 u.a.m., an Stanzbiopsaten vor, die vor der Therapie, nach 2 Behandlungswochen und vor der Operation entnommen werden sollen. Damit soll ermöglicht werden, Ergebnisse aus der translationalen Forschung unmittelbar in Therapieabfolgen einzubinden. Das stellt wiederum besondere Anforderungen an die minimal-invasive Diagnostik, die Therapiemonitoring mit exakter Dokumentation, Re-Biopsien aus bereits mit einem Clip versorgten, z.T. kleinen Tumoren beinhaltet (Abb. 5).

 

Page 5: Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven Mammadiagnostik · S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz2.1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München; 2 Klinikum rechts

Abb. 5: A) Re-Biopsie (Biopsieführung, Darstellung der Biopsielokalisation im Tumor), B) Abschließendes Bild nach mehrfacher Re-Biopsie zur Gewinnung von Tumormaterial aus allen Bereichen des Tumors zum Nachweis der Wirksamkeit der primär-systemischen Therapie und von Gewebemarkern für die translationale Forschung.

Ziel der primär-systemischen Therapie ist die pCR, deren sicherster Vorhersageparameter die klinische und bildgebende Komplettremission ist. Die Kernüberlegung in diesem Kontext ist, ob eine minimal-invasiv geführte Biopsie im Gebiet des ehemaligen Tumorlagers absolut repräsentativ für eine offen-chirurgische Gewebeentfernung nach mammographischer Markierung wäre. Vorarbeiten zeigen bisher eine Falsch-negativ-Rate von insgesamt 25,9% – dies aber aufgrund ungenauer Detektierbarkeit des Tumorlagers. Ist das Target exakt über einen visualisierbaren Clip bestimmbar, sinkt die Falsch-negativ-Rate auf 4,8% (95% KI 0,0-11,6) (10). Von den Kollegen J. Heil et al. des Brustzentrums der Universität Heidelberg und gefördert von der Deutschen Krebshilfe wurde jetzt die RESPONDER-Studie initiiert, bei der mittels Vakuumbiopsie der Nachweis erbracht werden soll, dass eine großlumige Gewebeentnahme bei Patientinnen mit bildgebender Komplettremission repräsentativ für das Ergebnis einer offen-chirurgischen Intervention ist.

 

Minimal-invasive Diagnostik der Axilla

Der axilläre Lymphknotenstatus bleibt ein wichtiger Prognosefaktor beim frühen Mammakarzinom und somit relevant für die gesamte Behandlungsplanung. Demzufolge liegt die Zielsetzung der axillären Diagnostik in der prätherapeutisch korrekten Dignitätseinschätzung (11). Klar ist, dass die alleinige klinische Einschätzung für einen tatsächlichen Nodalbefall bei 65-68% liegt. Nach den aktuellen S3-Leitlinien und den Empfehlungen der AGO ist der Ultraschall das empfohlene diagnostische Verfahren in der Axilla (1) – wobei die Sensitivität mit einer Streubreite von 35-95% und die Spezifität zwischen 44-89% angegeben wird; beides keineswegs zufriedenstellend. Auch Zusatztools wie die Elastographie haben keine relevante Verbesserung gebracht. Ziel der Diagnostik muss es sein, sonomorphologisch suspekt erscheinende aber nicht sicher metastatisch befallene Lymphknoten durch Feinnadelaspiration (FNA) zytologisch oder durch eine Biopsie histologisch interventionell zu sichern.

Von herausragender Bedeutung für den Kontext der axillären Diagnostik sind in der deutschsprachigen Studienlandschaft die INSEMA- (12) und die SenTa-Studie (Kümmel S. et

Page 6: Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven Mammadiagnostik · S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz2.1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München; 2 Klinikum rechts

al./GBG).

So wird in aktuell laufenden Studienprotokollen, wie der INSEMA-Studie (12), die axilläre Biopsie zur Festlegung des Nodalstatus bei unklarem Lymphknotenstatus direkt gefordert. Dies wird in Zukunft zu einer deutlichen Verbesserung der prätherapeutischen Diagnostik, Stadieneinteilung und individuelleren Behandlung führen. Die INSEMA-Studie hat den Fokus auf dem Stellenwert der axillären Dissektion bei positivem Sentinel. Einschlusskriterium ist bei iN+ der zytologische oder histologische Nachweis der Nodalpositivität – hier ist bei dem klinisch bedeutsamen Endpunkt krankheitsfreies Überleben die Bildgebung in der Axilla und die minimal-invasive Diagnostik wichtiges Steuerkriterium.

Die SenTa-Studie hingegen arbeitet wiederum im Bereich der primär systemischen Therapie; diese von den Kliniken Essen-Mitte initiierte Studie ist eine prospektive, multizentrische Regis­terstudie zur Anwendungshäufigkeit und Durchführbarkeit einer gezielten, axillären Lymphknoten-Exzision nach Stanzbiopsie und Clipmarkierung beim primären Mammakarzinom mit klinisch suspekten Lymphknoten (Targeted Axillary Dissection). Im Studienkontext werden u.a. neue Begrifflichkeiten eingeführt, die für die Zukunft noch mehr Bedeutung erlangen werden:- �Der Target-Lymphknoten (TLN) wird als der auffälligste axilläre Lymphknoten beschrieben.- �Die Targeted Axillary Dissection (TAD) umfasst die Entfernung des Target-Lymphknotens und des Sentinel-Lymphknotens (SLN).

Ausgangspunkt der Konzentration auf auffällige Lymphknoten ist die Konversionsrate von 40% von pN+ zu ypN0 (ACOSOG Z1071) und eine Falsch-negativ-Rate der TAD von 1,4% bzw. der Target-Lymphknoten-Entfernung (TLNB) von 2-4,2% im Vergleich zu einer Falsch-negativ-Rate der Entfernung der Sentinel-Lymphknoten (SLNB) von 10,1% (13), wobei die Erfahrungen zur Durchführbarkeit von Clipmarkierungen und Stanzbiopsien in der Axilla ebenso begrenzt sind, wie die zu Wiederfindungsraten des Clips nach PST und wie zuverlässig die Resektion des (Lymphknoten-) Gewebes um den Clip nach PST gelingt. Um hier für die Zukunft deutlich mehr Klarheit zu gewinnen, wurde als primäres Studienziel die Bestimmung der operativen Detektionsrate des Clip-markierten Target-Lymphknotens TLN gewählt. Aus unserer Sicht besonders relevant sind die Untersuchungen hinsichtlich der Übereinstimmung des TLN mit dem SLN und die Anzahl der entfernten Lymphknoten bei der TAD, die die Entfernung der Sentinel-Lymphknoten und Target-Lymphknoten (SLNB+TLNB) umfassen würde.

Weiterentwicklung axillärer Diagnostik

Wie schon mehrfach dargestellt, gehen Überlegungen und erste Untersuchungen dahin, ob die Stanzbiopsie auffälliger Lymphknoten durch die 3-dimensionale, Ultraschall(US)-geführte vakuumbioptische Freehand-­SPECT-Lymphknotenentfernung ersetzt werden kann. Technische Grundlage dieser Überlegung ist die Freehand-SPECT-Technologie, eine synchronisierte Erfassung der räumlichen Position und Orientierung anhand des Emissionsmus­ters eines radioaktiv markierten SLN in der Achselhöhle intraoperativ in Echtzeit. Es wird ein 3-dimensionales Aktivitätsvolumen aus einem ca. 1-minütigen frei geführten Scan (freehand) mit einer handgehaltenen Gammakamera erstellt. Diese Gammakamera ist in ein Navigations- und Bildgebungssystem integriert, das die Freehand-SPECT-Bildgebung (declipseS®PECT, Surgic-Eye, München) implementiert. Damit erfolgt eine intraoperative 3D-Darstellung der radioaktiv markierten Lymphknoten. Dieser Datensatz wird anschließend auf ein hochauflösendes Ultraschallsystem übertragen. Die Überlagerung zwischen ultrasonographisch dargestelltem

Page 7: Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven Mammadiagnostik · S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz2.1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München; 2 Klinikum rechts

Lymphknoten mit dem 3-dimensionalen Aktivitätsbild markiert den oder die SLNs, die somit ultrasonographsich geführt, biopsiert werden können. Um einen „sampling error“ zu vermeiden, wurden in der Testphase verschiedene großlumige Biopsie- bzw. Vakuumbiopsienadeln benutzt. Ziel war ein größtmöglicher Gewebegewinn aus dem SLN. Die erste Test- bzw. Lernphase dieses multizentrischen Studienprojektes unter dem Dach der Arbeitsgemeinschaft minimal-invasive Mammainterventionen (AG MiMi) ist abgeschlossen. In der anschließenden Auswertungsphase wurden alle aufgetretenen Fehlbiopsien analysiert, um ein effektives Biopsiesystem auszuwählen, das im Weiteren Verwendung finden kann (Abb. 6) (14-16).

  Abb. 6: Schritte der nicht-chirurgischen SLNB.

 

Abschlussbemerkung

Screeningdaten weisen aus, dass der Anteil kleiner Karzinome und DCIS von 36 auf 68% im Verlauf der Screeningperiode steigt (17). Dies stellt uns insgesamt vor neue Herausforderungen in der weiterführenden Bildgebung und Diagnostik. Die minimal-invasive Mammadiagnostik ist eine tragende Säule im Gesamtprozess der Therapieentscheidungen für jede Mammakarzinom-Patientin und ist eingebettet in die rasante Dynamik der Behandlungskonzepte. Neue Entwicklungen öffnen auch hier die Wege individualisierten Vorgehens bei der Wahl der Biopsiemethoden, bei der Entscheidung ob neben der histologischen Sicherung auch gleich eine Entfernung des Befundes angestrebt werden sollte, um den Patientinnen ggf. operative Eingriffe zu ersparen. Grundlage bleibt jedoch weiterhin eine exzellente sono- und mammographische Basisdiagnostik und viel Erfahrung im Biopsieren.

Interessenskonflikte: Bezüglich des Inhalts des Artikels besteht kein Interessenkonflikt.

 

Page 8: Aktuelle Aspekte der minimal-invasiven Mammadiagnostik · S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz2.1 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München; 2 Klinikum rechts

Dr. med. Stefan Paepke

Interdisziplinäres Brustzentrum der Technischen Universität München,Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe,Roman Herzog Comprehensive Cancer CenterIsmaninger Straße 2281675 München

E-Mail: [email protected]

 

  ABSTRACT

S. Paepke1, V. Ritter1, M. Kiechle1, S. Metz21 Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, TU München2 Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, Institut für Radiologie, München 

High awareness and mammography screening resulted in an in­creasing detection rate of small invasive and non-invasive lesions. This and treatment modalities like primary systemic targeted therapy strategies and the need of translational research require new strategies of detection, therapy monitoring and minimal-invasive diagnostic procedures. B3-lesions are an unsolved problem because the rate of unnecessary surgical procedures is unacceptable high. Detection and characterization of lymph node involvement, sense or non-sense of diagnosis, biopsy and removal are new focuses in ongoing clinical trial (INSEMA, SenTa-trial). 

Keywords: minimal-invasive diagnostics, SLNB, TAD, TLNB