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Alexander Leidig Rechtsanwalt Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Hersteller und Lieferanten am Bau Vorlesung am 30.01.2013: Zusatzqualifikation privates Baurecht

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Alexander LeidigRechtsanwaltFachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Hersteller und Lieferanten am Bau

Vorlesung am 30.01.2013: Zusatzqualifikation privates Baurecht

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

Produktion Baustoff Händler AN

Vermieter Geräte

Baustelle

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► Rechtsgrundlagen

„Chronologisch“ geordnet kommen folgende Rechtsgrundlagen in Betracht:

1. Für den Produzenten: ProduktHaftG2. Für den Baustoffhändler:

- bei Sachen, die noch hergestellt/erzeugt werden müssen:§ 651 BGB

- bei „fertigen“ Sachen: §§ 433 ff. BGB

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3. Für den Frachtführer:§§ 407 ff. HGB

4. Überlassung von Geräten, Baucontainern, Gerüsten etc.:

§§ 535 BGB

5. Überlassung von Personal:§§ 611 BGB; § 1b AÜG

6. Innenregress: z.B. § 823 ff. BGB, § 426 BGB

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Produkthaftungsrecht

► Anspruchsgrundlage: § 1 Abs. 1 Satz 1ProdHaftG„Wird durch den Fehler eines Produkts jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Hersteller des Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“

► Aber: § 1 Abs. 1 Satz 2 ProdHaftG andere Sache privater Ge-/Verbrauch

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Das heißt:

► Im Baubereich scheiden Sachschäden an Gewerbebauten oder ihren Teilen aus dem Anwendungsbereich des ProdHaftG von vornherein aus

► Bei „Privatbauten“ ist das ProdHaftG zu beachten, da immerhin verschuldensunabhängige Haftung.

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Anspruchsgegner = „der Hersteller“

► der, der das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat, § 4 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG

► Importeur/Zwischenhändler, § 4 Abs. 2 ProdHaftG, bei Einführung in EWR

► Lieferant, § 4 Abs. 3 ProdHaftG

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► Fall 1 „Warschau Bau“

AN hat bei der Geräteverleihfirma „Warschau Bau GmbH“ einen Betonmischer des polnischen Herstellers „Warschau“ gemietet. Beim Einsteigen auf der Baustelle löst sich die Handbremse. Der Polier P. wird verletzt.

Er nimmt die Verleihfirma aus Produkthaftung in Anspruch. Zurecht?

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Hersteller?

► § 4 Abs. 1 Satz 2 ProdHaftG Lösungsvorschlag (OLG Saarbrücken MDR 2007, 768): Die ähnliche Firmenbezeichnung führt nicht dazu, dass sich die Mietfirma als Hersteller ausgibt. Etwas anderes könnte dann gelten, wenn auf dem Fahrzeug selber Schilder etc. angebracht sind, die auf eine Herstellereigenschaft schließen lassen.

► § 4 Abs. 2 ProdHaftG?

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► Als Importeur haftet die Firma ebenfalls nicht, da Voraussetzung dafür immer ein sogenanntes „anonymes Produkt“ ist und dieses von außerhalb des Geltungsbereichs des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum in diesen eingeführt wurde.

► Vorteile bei ProdHaftG „weiter Fehlerbegriff“ verschuldensunabhängige Haftung Regelverjährungsfrist, § 12 ProdHaftG

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► Fall 2: „Dämmelemente I“

In seinem Privathaus hatte RechtsanwaltR. Dämmelemente des Herstellers S. selber eingebaut. Ca. 15 Jahre nach Bezug des Wohnhauses fällt eine Dämmplatte, die eineproduktionsbedingte mangelhafte Befestigunghatte, von der Decke. Dabei wird die Nachbil-dung des „Fetthaufen“ von Joseph Beuys(Wert: 500 €) zerstört. R. verlangt Schadensersatz.

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► Lösungsvorschlag:

§ 1 ProdHaftG Beschädigung anderer Sache (+) für privaten Gebrauch (+) Fehler eines Produkts (+)

Schadensersatz

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► Verjährung ?► § 12 Abs. 1 ProdHaftG = Kenntnis ► absolute Frist: § 13 Abs. 1 Satz 1 ProdHaftG = 10

Jahre ► Selbstbeteiligung, § 11 ProdHaftG

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Deliktsrecht► Fall 3 (nach BGH NJW 1981, 2248) „Dämmelemente

Teil II“

V stellte für K Dämmelemente für eine Flachdachkonstruktion her. Eingebaut wurden die Teile durch X. 9 Jahre nach der Fertigstellung zeigten sich Risse in der Dachhaut. Schadensursache ist ein Fehler in der Produktion bei V. Das Dach musste neu hergestellt werden. K verlangt von V die Kosten.

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► Das Vertragsverhältnis richtet sich nach Kaufrecht.Etwaige Ansprüche dürften verjährt sein, § 438 Abs. 1 Nr. 2 b) BGB

► Problem für eine Haftung nach ProdHaftG bzw. § 823 BGB ist die Verletzung eines absoluten Rechts (hier Eigentumsverletzung).

► Nach Auffassung des BGH war K. nie Eigentümer eines mangelfreien Daches („bautechnische Einheit“).

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► Fall 4 (BGH BauR 1985, 102) „Dachfolie“

Im Zuge von Dacharbeiten an einem Bürohaus brachte der AN eine von V hergestellte Folie als Endabdeckung auf ein großes Flachdach auf. Es zeigten sich gravierende Mängel an der Gesamtkonstruktion, die darauf zurückgeführt wurden, dass die Folie aufgrund eines Produktionsfehlers ihre wasserabweisende Wirkung verlor. Der AN ist insolvent.

Der Eigentümer verklagt den Hersteller der Folie, V.

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1. Problem: § 1 ProdHaftG (-), da kein privater Verbrauch.

2. Problem bei § 823 Abs. 1 BGB:

- Eigentumsverletzung?

- Unterbau soll mangelfreies Eigentum geworden sein.

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► Fall 5 (BGH VersR 1986, 1003) „Schwimmbad“

Der Kläger ließ eine von V. fehlerhaft hergestellte Folie zur Abdichtung in einer Schwimmhalle ausführen, um die dort vorhandene Fußbodenheizung gegen Chlorwasser zu schützen. Aufgrund einer Undichtigkeit musste die Folie ausgetauscht werden. Der Kläger ließ die Folie neu herstellen und beansprucht die ihm dadurch zusätzlich entstandenen Kosten.

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► Wäre die Fußbodenheizung beschädigt worden, hätte der Hersteller Ersatz leisten müssen; vgl. Fall 4 „Dachfolie“.

► Hier beschränkte sich der Mangel auf das Produkt selbst, so dass es an einer Rechtsgutverletzung fehlt.

► Merke:

Reine Mängelbeseitigungskosten werden von§§ 823 BGB, § 1 ProdHaftG nicht erfasst (keine Rechtsgutverletzung)

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Deliktsrechtliche Verkehrssicherungspflicht► Fall „Ölkanister“ (OLG Saarbrücken, 11.09.2012 – 4

U 339/10)

Die Ehefrau des Klägers erwarb einen von der beklagten Mineralölgesellschaft hergestellten 20 Liter fassenden Ölkanister und beförderte diesen im Kofferraum des klägerischen PKWs. Zuhause angekommen stellte sie fest, dass der aus einer schadhaften Liefercharge stammende Verschluss des Kanisters undicht geworden war, weshalb sich nahezu das gesamte Öl in den Kofferraum des Fahrzeugs ergossen hatte.

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► Der Hersteller des Kanisters durfte sich nicht darauf beschränken, seinen gewerblichen Abnehmern die Rücknahme der von der Liefercharge betroffenen Kanister anzubieten.

► Er hätte auch Maßnahmen ergreifen müssen, um den Endkunden beim Kauf von äußerlich unbeschädigten Kanistern vor einem Leckagerisiko zu warnen.

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Großhändler Baumarkt/ZH AN AG

Kaufrecht beim Bau

Kauf Kauf Werk

Transport

Transport

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► Fall 6 (OLG Koblenz, BauR 2003, 1740) „Steinlieferung“

Ein Hersteller und Lieferant von Steinen lieferte im Auftrag des Klägers eine Palette Steine in den 2. Stock eines Rohbaus. Bei dem späteren Versuch, die abgestellten Steine mit einem Hublader zu versetzen, fielen die Steine auseinander. Der Kläger wurde getroffen, stürzte ab und verletzte sich schwer.Die Pflichten des Lieferanten enden mit ordnungsgemäßer Ablieferung der Baustoffe – hier keine Haftung!

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Ansprüche AG AN

► §§ 634 Nr. 1, 635 Abs. 1 BGB = Nacherfüllung

► Umfang: „alles“, § 635 Abs. 2 BGB Abbruch Neulieferung Neuherstellung

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Regress AN V

► § 439 Abs. 1 BGB = Nacherfüllung, § 439 Abs. 2 BGB?

► Alte Rechtsprechung: Einbaukosten (-): BGH NJW 2008, 2837 Ausbaukosten (?): BGH NJW 2009, 1660

► Vorlageentscheidung des EuGH

Richtlinienkonforme Auslegung von § 439 Abs. 1 BGB im Verbrauchsgüterkauf: Ersatz von Ein- und Ausbaukosten!

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Umfang des Nacherfüllungsanspruchs

„Parkettstäbe-Entscheidung“ des BGH (alte Rechtslage)

Ein Bauherr kauft 2004 von einem Holzhändler zweischichtige Parkettstäbe nebst Sockelleisten zum Preis von 1.514,22 Euro. Diese lässt er in seinem Haus von einem Parkettleger verlegen.

Alsbald löst sich auf etwa der Hälfte der verlegten Fläche die Buchendecklamelle der Parkettstäbe von der darunter liegenden Weichholzschicht ab. Das beruht auf einer unzureichenden Verklebung der beiden Schichten im Herstellerwerk.

Der Bauherr fordert den Holzhändler erfolglos auf, binnen drei Wochen "den Parkettboden auszutauschen".

Mit Erfolg?

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Nein.

Der Holzhändler ist im Zuge der Nacherfüllung nicht verpflichtet, neue Parkettstäbe nicht nur zu liefern, sondern auch zu verlegen oder auf seine Kosten verlegen zu lassen.

Bei der in §439 Abs. 1 BGB vorgesehenen Lieferung einer mangelfreien Sache decken sich der Nacherfüllungsanspruch und der ursprüngliche Erfüllungsanspruch hinsichtlich der vom Verkäufer geschuldeten Leistung.

Die Ersatzlieferung erfordert daher eine vollständige Wiederholung der Leistungen, zu denen der Verkäufer nach §433 Abs. 1 BGB verpflichtet ist. Mehr hingegen nicht!

Die Verlegung der ersatzweise zu liefernden Parkettstäbe schuldete der Holzhändler somit weder bei der ursprünglichen Lieferung noch im Rahmen der Nacherfüllung.

Im Rahmen der (verschuldensunabhängigen) Nacherfüllung kann der Käufer daher weder Kosten des Ausbaus (so klarstellend BGH IBR 2010, 1319) noch der Neuverlegung („Parkettstäbe-Entscheidung“) verlangen.

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Aber: Schadensersatz gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB, 281, 284 BGB

Dies bedeutete nicht zwangsläufig, dass der Käufer auf seinen vergeblichen Aufwendungen für den erfolglosen Einbau und Ausbau der mangelhaften Parkettstäbe sitzen bleibt.

So konnte dem Käufer ein Ersatz der ihm entstandenen vergeblichen Einbau- und Ausbaukosten unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes in Form des Aufwendungsersatzes (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB, 281, 284 BGB) zustehen.

Die Neuverlegungskosten konnte er aber auf keinen Fall verlangen, da diese keine vergeblichen Aufwendungen darstellen, die der Bauherr im Vertrauen auf die Mangelfreiheit der gekauften Parkettstäbe gemacht hat.

Schadensersatz für den erfolglosen Ein- und Ausbaubau setzte zudem voraus, dass der Verkäufer den Mangel auch zu vertreten hat (was nach tatrichterlicher Würdigung in der „Parkettstäbe-Entscheidung“ nicht der Fall war.)

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Ob der Baustoffhändler die Pflichtverletzung zu vertreten hat oderein ihm obliegender Entlastungsbeweis gelingt, war Frage des Einzelfalls.

Er haftete aber nur, wenn für ihn der Mangel der vom Hersteller (ggf. verpackt gelieferten) Baustoffe erkennbar war.

Ein etwaiges Verschulden des Herstellers musste er sich dabei ausdrücklich nicht gemäߧ278 BGB zurechnen lassen. Der Hersteller war nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers.

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Rechtsprechungsänderung durch EuGH, Urteil vom 16.06.2011 - Rs. C-65/09

Art. 3 Abs. 2, 3 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 99/44/EG ist dahin auszulegen, dass, wenn der vertragsgemäße Zustand eines vertragswidrigen Verbrauchsguts, das vor Auftreten des Mangels vom Verbraucher gutgläubig gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut wurde, durch Ersatzlieferung hergestellt wird, der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind.

Diese Verpflichtung des Verkäufers besteht unabhängig davon, ob er sich im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das ursprünglich gekaufte Verbrauchsgut einzubauen.*)

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Thesen des EuGH:

► Nach Ansicht des EuGH gebietet die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, dass auch Aus- und Einbaukosten verschuldensunabhängig vom Verkäufer zu tragen sind.

► Der EuGH begründet seinen Entscheidungen vorrangig mit dem Schutzweck von Art. 3 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Die in der Richtlinie dem Verkäufer auferlegte Verpflichtung, im Rahmen der Nacherfüllung die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher unentgeltlich zu bewirken, verlange einfach, den Verbraucher vor drohenden finanziellen Belastungen umfassend zu schützen.

► Es sei daher nicht akzeptabel, wenn der Verbraucher im Fall der Ersatzlieferung für ein vertragswidriges Verbrauchsgut vom Verkäufer nicht verlangen könne, dass dieser den Aus- und Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts oder die entsprechenden Kosten hierfür übernehme.

► Ansonsten führe die Ersatzlieferung – abweichend vom Zweck der Richtlinie - zu zusätzlichen finanziellen Lasten des Verbrauchers, die er nicht hätte tragen müssen, wenn der Verkäufer den Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte.

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Obgleich mit den Entscheidungen des EuGH feststand, dass grundsätzlich vom Verkäufer in einem Vertragsverhältnis mit einem Verbraucher Aus- und Einbaukosten der Kaufsache im Wege der Nacherfüllung zu tragen sind, blieb zunächst die konkrete Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung in das deutsche Kaufrecht offen.

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Problem 1:

Es stellt sich die Frage, ob der Ersatz der Aus- und Einbaukosten auf § 439 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB gestützt werden kann.

Subsumiert man die Aus- und Einbauproblematik unter § 439 Abs. 1 BGB, in man den Begriff der Nacherfüllung richtlinienkonform weit ausgelegt, so dürfte der Verkäufer auch das Recht haben, den Aus- und Einbau auszuführen.

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Ein solches gegenüber den ursprünglichen Leistungspflichten erweitertes Recht des Verkäufers "auf der Baustelle" des Käufers tätig zu werden, liegt jedoch ersichtlich nicht im Interesse des Käufers. Zudem würde die Vertragsfreiheit des Käufers beschnitten, die fraglichen Einbauleistungen an ein Unternehmen seiner Wahl zu vergeben.

Darüber hinaus droht ein "Wettlauf der Nacherfüllungsrechte", wenn einem vom Verbraucher beauftragten Werkunternehmer, dem die Baustoffe beim "Ersteinbau" gestellt wurden, gleichfalls Nacherfüllungsrechte zustehen.

Zudem kann ein Nacherfüllungsrecht des Verkäufers auch dann zu Problemen führen, wenn der Verbraucher den Einbau der Materialien nicht in seinem eigenen Gebäude vorgenommen hat.

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Als deutlich sinnvollere Alternative - gegenüber einem weiten Begriffsverständnis des Terminus' Nacherfüllung in § 439 Abs. 1 BGB - erscheint es, § 439 Abs. 2 BGB richtlinienkonform auszulegen und die Aus- und Einbaukosten unter die dort ersatzfähigen zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen zu subsumieren.

Auch der BGH tendiert wohl dazu, wie seinem Vorlagebeschluß zur EuGH-Entscheidung zu entnehmen ist, den Weg über die richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 2 BGB zu beschreiten.

Rechtsfolge: Kein Recht des Verkäufers auf Durchführung der Aus- und Einbauarbeiten

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Problem 2:

Fraglich ist auch, ob sich die richtlinienkonforme Auslegung auch auf Verträge zwischen Unternehmen erstreckt.

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Argumente für Anwendung im Unternehmerverhältnis:

Für eine einheitliche richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 2 BGB wird argumentiert, dass der Gesetzgeber die Besonderheiten des Verbrauchsgüterkaufes ausdrücklich nur in den §§474 bis 479 BGB geregelt habe, so dass bereits aus systematischen Gründen eine "gespaltene Auslegung" ausscheide.

Die Systematik der Verbrauchsgüterkaufvorschriften spreche vielmehr dafür, dass der Gesetzgeber die Vorschrift des § 439 BGB gerade unterschiedslos sowohl auf Verbraucherverträge wie auf Verträge zwischen Unternehmern angewendet wissen wollte.

So etwa LG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 07.09.2012 - 3 O 11/10 KfH (IBR-Werkstatt)

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BGH Urteil vom 17.10.2012, VIII ZR 226/11:

Der BGH hat nun entschieden, dass die richtlinienkonforme Auslegung des § 439 BGB betreffend die Aus- und Einbaukosten bei Ersatzlieferung nicht für Kaufverträge zwischen Unternehmern gilt.

Die im Sportplatzbau tätige Klägerin kaufte bei der Beklagten EPDM-Granulat eines polnischen Produzenten zur Herstellung von Kunstrasenplätzen in zwei Gemeinden. Nach dem Einbau durch die Klägerin stellte sich heraus, dass das von der Beklagten gelieferte Granulat mangelhaft war. Die Beklagte lieferte kostenlos Ersatzgranulat, lehnte es aber ab, das mangelhafte Granulat auszubauen und das Ersatzgranulat einzubauen. Daraufhin ließ die Klägerin diese Arbeiten durch ein anderes Unternehmen durchführen. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter anderem die Zahlung der ihr für den Aus- und Einbau entstandenen Kosten begehrt. Das Landgericht hatte die Klage insoweit abgewiesen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Der BGH hat entschieden, dass die aufgrund des Urteils des EuGH vom 16.06.2011 § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB ("Lieferung einer mangelfreien Sache") auf den Verbrauchsgüterkaufvertrag (b2c) beschränkt ist und nicht für Kaufverträge zwischen Unternehmern (b2b) oder zwischen Verbrauchern (c2c) gilt.

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► Fall „Fliesenplatten“

(BGH v. 21.12.2011, Az. VIII ZR 70/08)

Richtlinienkonforme Auslegung:

Nach der Vorabentscheidung durch den EuGH entschied der BGH im geschilderten Fliesenverlegefall, dass der Kläger seinen Erstattungsanspruch für die Aus- und Einbaukosten auch bereits als Vorschussanspruch geltend machen kann.

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► Fall 7 Der Alm-Ödi

Bei einem Sommerurlaub an der Ostsee kauft K im OBI-Markt in Kiel eine Glühbirne (Kaufpreis: 1 €). Er baut die Glühbirne in die Wohnzimmerlampe seines Wochenendhäuschens auf dem Matterhorn ein. Dabei zeigt sich, dass die Glühlampe defekt ist. Welche Ansprüche hat K?

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Überlegungen:► § 439 BGB (nach den Entscheidungen

des EuGH müsste OBI eine neue Glühbirnein die Almhütte liefern, den Austausch vor-nehmen und alle damit einhergehendenKosten übernehmen bzw. die Kosten tragen)

► Grenze: § 439 Abs. 3 BGB „Interessenausgleich“ durch EuGH Beschränkung des Erstattungsbetrages auf einenBetrag, der dem Wert des vertragsgemäßen Ver-brauchsgut entspricht + Nachlieferung!

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Schadensersatz:

► §§ 437 Nr. 1, 280 Abs. 1 BGB► Verschulden (BGH NJW 2008, 2837) ► Beweislastumkehr ► Exculpation des Zwischenhändlers

(Lieferanten keine Erfüllungsgehilfen)

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► Fall 8 Verjährung

Der GU kauft bei dem Baustoffhändler B aufgrund eines Sonderrabattes 100.000 m² Dachfolie. Er nimmt diese auf Lager, um sie sukzessive zu verbauen. Drei Jahre später verbaut der GU die letzten 10.000 m². Der Bauherr nimmt den GU ein weiteres Jahr später wegen Mängeln in Anspruch, die darauf beruhen, dass die Folie infolge eines Produktionsfehlers undicht war. Im Regressprozess beruft sich B gegenüber GU auf Verjährung.

Zu recht?

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► Im Verhältnis Bauherr – GU gilt: § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB (5 Jahre) § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B (4 Jahre) Beginn: Abnahme

► Im Verhältnis GU – B gilt: § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB (2 Jahre) § 438 Abs. 1 Nr. 2b BGB (5 Jahre) Beginn: Ablieferung, § 438 As. 2 BGB

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

Hier:► Innerhalb der kaufrechtlichen Regelverjährungsfrist

wurde die mangelhafte Folie nicht für ein Bauwerk verwendet.

► Problem: Gilt § 438 Nr. 3 BGB auch dann, wenn die Sache nach 2 Jahren für die Herstellung eines Bauwerks verwendet wird?

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► Dagegen könnte die Formulierung „im Übrigen“ aus § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB sprechen – Regelverjährungsfrist.

► Dafür wohl Sinn und Zweck der Gesetzesänderung: Den Bauunternehmern sollen Regressmöglichkeiten gegenüber den Lieferanten eröffnet werden.

► Vgl dazu: jurisPK-BGB/Pammler, Aufl. 2010 Rdnr 43 ff.

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► Fall 9 Lieferkette

Wie Fall 8. Nach 3 Jahren verkauft der GU die restlichen 500 m² an den Privatmann P, der damit sein Haus neu eindeckt. Nach einem weiteren Jahr nimmt P den GU wegen der Mängel in Anspruch.

GU reguliert und will B in Regress nehmen. Kann sich B auf Verjährung berufen?

B GU P3 1

Jahre Jahr

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► Stichwort: „Regressfalle des Letztverkäufers“

§ 478 BGB = Rückgriffsanspruch § 479 Abs. 2 BGB Verjährung

Tritt frühestens zwei Monate nach Erfüllung gegenüber Verbraucher ein

► Die Inanspruchnahme des B hängt also von Zufälligkeiten ab. Hätte der GU an einen anderen Unternehmer verkauft oder selbst verbaut (z.B. bei dem Bauvorhaben des P), könnte sich B auf Verjährung berufen.

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► Haftung für die Ewigkeit § 479 Abs. 3 BGB ?

5 5 ZH 1

• Verjährungsfrist 2 Jahre § 479 Abs. 1 BGB

• Frühestes Ende: 2 Monate ab Befriedigung, § 479 Abs. 2 Satz 1 BGB

• Gilt für die gesamte Lieferkette, § 479 Abs. 3 BGB

Aber: § 479 Abs. 2 Satz 2 BGB = 5 Jahre

ZH Verbraucher…Jahre Jahre Jahr

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► Sonderprobleme KaufrechtFall 10 „Internetwerbung“

K kauft bei V einen Bodenbelag, den er in seinem Hobbyraum verlegen möchte. Nachdem das Material angeliefert wurde, liest K auf der Internet-Seite www.augen-zu-und-durch.de des Herstellers, dass sich der Belag auch für Außenterrassen eignen soll. Er verlegt daraufhin das Material auf seiner Terrasse. Drei Monate später ist der Bodenbelag witterungsbedingt völlig zerstört. K möchte V in Anspruch nehmen.

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► Hier stellt sich zunächst die Frage, ob ohne die Werbung die Verwendung im Außenbereich als Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu werten ist (Tatsachenfrage).

► Ungeachtet dessen gehören dazu die Eigenschaften, die durch den Verkäufer, Hersteller oder anderen Dritten verbreitet werden; und zwar auch dann, wenn diese nicht zu der üblichen Beschaffenheit gehören, § 434 Abs. 1 Nr. 3 BGB.

► Voraussetzung ist der Einfluss der Information auf den Kaufentschluss, wobei der Verkäufer den – unmöglichen – Gegenbeweis führen muss.

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► Besonderheit „Montageanleitung“ Fall 11 „Fertiggarage“

Rechtsanwalt R kauft bei dem Baumarkt „Geht nicht, gibt‘s nicht!“ eine Fertiggarage, die ihm als Bausatz geliefert wird. Auf die Lektüre der Montageanleitung und Befestigungsmittel verzichtet er. Am nächsten Morgen stellt er zu seiner Bestürzung fest, dass die Garage eingestürzt und sein PKW Ferrari „Sonderedition Schumacher“ total beschädigt ist. Er stellt allerdings auch fest, dass sich bei dem Bausatz keine vollständige Aufbauanleitung befindet. Er nimmt den Baumarkt auf Nacherfüllung und Schadensersatz in Anspruch.

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§ 434 Abs. 2 Satz 2 BGB = „Ikea-Klausel“

► Ein Sachmangel liegt auch dann vor, wenn bei einer zur Montage bestimmten Sache die Montageanleitung mangelhaft (oder nicht vorhanden) ist.

► Die mangelhafte Montage muss darauf zurückzuführen sein.

► Dies ist hier zweifelhaft; jedenfalls aber § 254 BGB.

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► Das Grundproblem beim Bau: Abgrenzung Werk-/Kauf-/Werklieferungsvertrag

Fall 12 „Rosa Engel“

Rechtsanwalt R beauftragt den Unternehmer Umit der Anfertigung einer Kopie eines „rosa Engels“ für seinen Garten. Die Statue soll aus Granit nach dem Abbild des Künstlers hergestellt werden. Nachdem U das Material (Granit) eingekauft hat, verlangt er von R eine Abschlagszahlung in Höhe von 10.000 € der Gesamtvergütung (50.000 €). R ist empört.

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► Anspruchsgrundlage für die Abschlagszahlung könnte § 632a BGB sein.

► Voraussetzung: Werkvertrag, § 631 BGB.► ABER § 651 Satz 1 BGB:

„Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung.“

► Werklieferungsvertrag ≠ Werkvertrag

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§ 651

Anwendung des Kaufrechts

Auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung. § 442 Abs. 1 Satz 1 findet bei diesen Verträgen auch Anwendung, wenn der Mangel auf den vom Besteller gelieferten Stoff zurückzuführen ist. Soweit es sich bei den herzustellenden oder zu erzeugenden beweglichen Sachen um nicht vertretbare Sachen handelt, sind auch die §§ 642, 643, 645, 649 und 650 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Abnahme der nach den §§ 446 und 447 maßgebliche Zeitpunkt tritt.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Abgrenzung von Kauf und Werkvertragsrecht somit zunächst nach der Formel:

Erzeugen/Herstellen und Liefern einer

beweglichen Sache (= Kaufrecht)

oder

unbewegliche Sache (= Werkvertragsrecht)

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Bewegliche Sachen sind:

– alle Sachen, die nicht Grundstücke, den Grundstücken gleichgestellt oder Grundstücksbestandteile darstellen

Unbewegliche Sachen sind:

- Grundstücke und Grundstücksbestandteile

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Unproblematische Fälle:

Kaufvertragsrecht anwendbar:

– Verträge, die keine Herstellungsverpflichtungen, sondern lediglich Lieferverpflichtungen von fremd hergestellten

Baumaterialien etc. betreffen

– Schuldner verkauft und montiert zugleich eine nicht von ihm selbst angefertigte oder hergestellte Sache („Kauf mit

Montageverpflichtung“)

Werkvertragsrecht anwendbar:

– Leistungen, die allein die Herstellung und Erzeugung einer Sache betreffen, jedoch keine Lieferverpflichtungen beinhalten

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Problematische Fälle:

Verträge, die

- Lieferverpflichtungen - Herstellungs-/Einbaupflichten

bei (zunächst) beweglichen Sachen betreffen, die in ein Gebäude eingebaut werden sollen.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Praxisfall: „Silo-Entscheidung“ (BGH NJW 2009, 2877)

Klägerin und Beklagte sind Unternehmer. Die Klägerin war beauftragt, eine Siloanlage zu erstellen und zu montieren.

Die für die Erstellung der Siloanlage erforderlichen Bauteile bestellte die Klägerin - einschließlich einer prüfbaren Statik - bei der Beklagten. Diese stellte die Teile (u. a. Dammwände, Stützen und Zugstangen) her und lieferte sie an die Klägerin aus.

Allen Beteiligten war bei Vertragsschluss klar, dass die Bauteile für den Bau einer ortsfesten Silo-Anlage verwendet werden sollten.

Kauf- oder Werkvertragsrecht anwendbar?

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Auf den Vertrag findet nach BGH ausschließlich Kaufrecht Anwendung. Wegen §651 BGB sei Kaufrecht auf sämtliche Verträge mit einer Verpflichtung zur Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen anzuwenden - unabhängig davon, ob es sich um Verträge zwischen Unternehmern handle.

An der Anwendung des Kaufrechts ändere nichts, dass die gelieferten Anlagenteile erkennbar zum Einbau in das Silo bestimmt gewesen seien.

Auch die von der Beklagten erbrachte Planungsleistung ("prüfbare Statik") eröffne nicht den Anwendungsbereich des Werkvertragsrechts. Da jeder Herstellung eine gewisse Planungsleistung vorausgehe, sei Werkvertragsrecht nur dann anwendbar, wenn die Planungsleistung so dominiere, dass sie den Schwerpunkt des Vertrags bilde.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Die Einordnung des Vertrags durch das OLG Naumburg als Werkvertrag ist rechtsfehlerhaft.

Nach § 651 Satz 1 BGB finden auf einen Vertrag, der, wie hier, die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, die Vorschriften über den Kauf Anwendung. Werkvertragsrechtliche Bestimmungen treten nur ergänzend, und nicht verdrängend neben das Kaufrecht, wenn der Vertrag die Lieferung einer nicht vertretbaren Sache zum Gegenstand hat (BGB § 651 Satz 3).

Unerheblich für die vertragsrechtliche Einordnung ist deshalb, dass der Auflieger nach den konkreten Vorstellungen und Vorgaben der Klägerin hergestellt wurde. Das mag die Annahme rechtfertigen, der Vertrag habe die Lieferung einer nicht vertretbaren Sache zum Gegenstand gehabt.

Der Herstellung von zu liefernden Sachen gehen typischerweise gewisse Planungsleistungen voraus und die Vorschrift des § 651 BGB würde weitgehend leer laufen, wenn dieser Umstand dazu führte, statt Kaufrecht Werkvertragsrecht anzuwenden

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Damit steht fest:

Herstellung von zum Einbau in Grundstücke bestimmter Sachen ohne Übernahme der Einbauverpflichtung durch den Lieferanten.

Beispiel: Wenn Hersteller von Fertigbetonteilen, Rohrleitungen oder Türen diese anfertigen und lediglich zur Baustelle anliefern – jedoch nicht einbauen, liegt objektiv keine Ingenieurleistung vor, die mit einem Grundstück oder einem Bauwerk in Verbindung steht.

= Kaufrecht („Silo-Entscheidung“)

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Bislang nicht ausdrücklich vom BGH geklärt,sind folgende Fälle:

Herstellung von zum Einbau in ein Grundstückbestimmter Sachen mit Übernahme derEinbauverpflichtung durch den Lieferanten

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Abgrenzung nach Schwerpunktheorie:

Einbau nur Neben- oder Zusatzleistung?

Abgrenzung zum Kauf mit Montageverpflichtung.

Die Herstellungspflicht, nicht die Eigentumsübertragung der einzubauenden Einzelteile muss im Vordergrund der Vertragsleistung stehen. Die Montage darf somit nicht lediglich Neben- oder Zusatzleistung sein.

Dabei soll nach BGH auch entscheidend das Wertverhältnis von Lieferung und Montage zu berücksichtigen sein.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Man sollte sich durch die Aussage des BGH, es komme nicht darauf an, ob die Montage zeitaufwendig sei, nicht beirren lassen.

Regelmäßig wird nur dann eine Einbauleistung von gewisser Erheblichkeit vorliegen, wenn diese mit größerem – zeitlichem – Aufwand verbunden ist.

Im Einzelfall wird die Montageleistung eine überragende Bedeutung für den Vertrag haben, wenn sie sich zeitlich und technisch nicht als übermäßig aufwendig erweist.

Dies kann wie im vom BGH entschiedenen Fall dann sein, wenn verschiedene vorgefertigte Bauteile vor Ort zu einem funktionsfähigen Ganzen zusammengesetzt werden.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Allerdings ist die durch den BGH im Rahmen des § 651 BGB bei der Abgrenzung in den Vordergrund gerückte Frage der vertraglichen Auslegung danach, ob der Schwerpunkt der Tätigkeit in der Pflicht zur Eigentumsübertragung oder Herstellungspflicht liegt, als einzig entscheidendes Kriterium durchaus fragwürdig. So wird das "Schwerpunkt-Kriterium" wie es der BGH versteht, der tatsächlichen Interessenlage nicht in allen Fällen gerecht.

Koppmann weist zu Recht darauf hin, dass bei der Lieferung und dem Einbau von Fenstern der Montageanteil nur einen Bruchteil der Materialkosten ausmache, bei Filigrandeckenplatten dies allerdings anders sei, obgleich eine unterschiedliche Behandlung beider Sachverhalte sachlich eigentlich nicht zu begründen sei.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Es wird vorgeschlagen, bei der Abgrenzung ergänzend darauf abzustellen, ob bei dem Einbau durch den Unternehmer mittels Verwendung von Arbeit und Material eine hinreichend feste Verbindung mit dem Erdboden hergestellt wird und auf diese Weise das Eigentum an der Sache übertragen wird.

Mit dem dauerhaften festen Einbau geht sodann auch regelmäßig das Eigentum an den hergestellten und gelieferten Bauteilen wegen §946 BGB direkt auf den Bauherrn über (wenn er denn Grundstückseigentümer ist), ohne dass es eines kaufrechtlichen Überlassungsvorganges bedürfte.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

► Abgrenzung § 651 Satz 3 BGB

Nicht vertretbare Sachen

Bestellerwünsche individuelle Merkmale nicht ohne Weiteres austauschbar schwer oder nicht anderweitig absetzbar wirtschaftlicher Schwerpunkt?

• Montage • Warenumsatz

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

Beispiele

► BGH NZBau 2009, 644 („Siloanlage“)= Kaufrecht

► BGH NZBau 2004, 326 („Solaranlage“)= Kaufrecht

► BGH BauR 2004, 1152 (Mobilheim/Wohncontainer) = Kaufrecht

► BGH NZBau 2006, 237 (Ausbau-/Fertighaus)= Werkvertrag

► Grundlegend: Koppmann, IBR 2011, 1018 (nur online)

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Praxis-Unterschied 1: Fälligkeit des Kaufpreises/Abschlagszahlungen

§632a BGB gilt nur für Werkverträge. Der Kaufpreis wird mit Übergabe des Kaufgegenstandes fällig und hängt nicht von einer Abnahme ab!

Praxis-Problem: Serienfertigung von Betonfertigteilen im Werk des Lieferanten. Die Fertigteile sollen nach und nach – je nach Baufortschritt – abgerufen und auf die Baustelle geliefert werden. Der Lieferant hat, anders als im Werkvertragsrecht, keinen gesetzlichen Anspruch auf Abschläge und erhält erst mit Übergabe aller Betonfertigteile seine Vergütung.

Lösung?

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Lösungsversuch: Lieferanten von Bauteilen treffen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Regelungen über „Abschlagszahlungen“ nach Produktion der Fertigteile.

Beispiel: „Der Kaufpreis für von uns gefertigte Betonfertigteile wird anteilig in Höhe von 60 % des vereinbarten Kaufpreises nach Fertigung in unserem Werk zur Zahlung fällig.“

Solche „Abschlagszahlungsvereinbarungen“ in AGB für die Herstellung von Bauteilen im Werk des Lieferanten sind jedoch unwirksam, da es sich rechtstechnisch nicht um eine Abschlagszahlung, sondern um eine Vorauszahlungsvereinbarung handelt, die auch unter Kaufleuten nicht in AGB vereinbart werden kann (vgl. Voit, BauR 2009, S. 376). Eine Vorauszahlungsvereinbarung liegt vor, da durch AGB ein Zahlungsanspruch für eine Leistung vereinbart werden soll, die dem bestellenden AG überhaupt noch nicht zur Verfügung steht (vgl. Jansen, in Kniffka, Bauvertragsrecht, § 651 Rn. 28)

Richtige Lösung:

Individualvertraglich kann eine solche Vorauszahlungsvereinbarung wirksam getroffen werden.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Praxis-Unterschied 2: Keine Sicherheit nach§ 648a BGB

§ 648a BGB gilt nur für Werkverträge.

Praxis-Problem: Der Verkäufer kann für die Vertragsleistung keine Sicherheit, etwa in Form einer Bürgschaft, verlangen; bei Zurückweisung einer von ihm begehrten Sicherheit ist

er nicht berechtigt, die Leistung zurückhalten oder den Vertrag zu kündigen.

Lösung: In der Praxis wird zwischen dem Baustofflieferanten und dem von ihm belieferten Nachunternehmer häufig ein verlängerter Eigentumsvorbehalt an der Kaufsache vereinbart. Anders als § 648 a BGB sichert dieser allerdings die - faktisch vorhandene Vorleistung des Herstellers in seinem Werk – nicht in ausreichendem Maße. Dem Lieferanten ist daher, falls möglich, zu raten, eine Sicherheit individualvertraglich zu vereinbaren, was in der Praxis aber eher unüblich ist.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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§ 648a BGBBauhandwerkersicherung

Der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon kann vom Besteller Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarte und noch nicht gezahlte Vergütung einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen, die mit 10 vom Hundert des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind, verlangen.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung der Kaufsache geht regelmäßig gemäß §446 S. 1 BGB mit der Übergabe der Sache (= Anlieferung auf die Baustelle) auf den Käufer über.

Praxis-Problem 1: Die Gefahr, dass einmal auf die Baustelle angelieferte und übergebene Materialien beschädigt oder zerstört werden, trägt – mangels Abnahme – der Käufer. Der Käufer muss daher Sicherungsmaßnahmen treffen und entsprechende Versicherungen abschließen.

Praxis-Problem 2: Wenn ein Baustoffhändler auf Wunsch des Käufers Baumaterialien zur Baustelle versendet, geht die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung der Kaufsache bereits mit der abgeschlossenen Beladung des Lkw auf den Käufer über. Soweit allerdings einen den Transport durchführenden Angestellten des Verkäufers an der Verschlechterung der Baumaterialien ein Verschulden trifft, so ist dieses Verschulden dem Verkäufer nach § 278 BGB zuzurechnen, mit der Folge eines Schadensersatzanspruches des Käufers gegen den Verkäufer.

Praxis-Unterschied 3: Zeitpunkt des Gefahrübergangs

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Praxis-Unterschied 4: Handelsrechtliche Untersuchungs- und Rügepflicht, §§ 377, 381 HGB

§ 377 HGB

(1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

(3) Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden; anderenfalls gilt die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt.

(4) Zur Erhaltung der Rechte des Käufers genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige.

(5) Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so kann er sich auf diese Vorschriften nicht berufen.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Was muss der Käufer tun?

- Untersuchung der Ware unverzüglich nach Ablieferung durch den Verkäufer

- unverzügliche Rüge eines Mangels an den Verkäufer

Rechtsfolge bei unterlassener Rüge:

Bei Unterlassen der Rüge gilt die genehmigte Ware als genehmigt. Der Bauunternehmer verliert jegliche Gewährleistungsansprüche. Ausnahme: der Mangel war bei der Untersuchung nicht erkennbar (kein „offener“ Mangel, §377 Abs. 2 HGB); dann unverzügliche Anzeige nach Entdeckung des Mangels.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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- Der Umfang der Rügepflicht des Käufers bemisst sich danach, was unter Berücksichtigung aller Umstände nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist:

- Eine erste grobe Überprüfung der Ware muss innerhalb des ersten Tages nach Ablieferung erfolgen.

- Bei just-in-time-Anlieferung - etwa auf den Bau gelieferten Fertigbeton oder heißen Asphalt - kann die Frist sogar deutlich kürzer bemessen sein, da die erforderliche Überprüfung in jedem Falle vor dem Einbau durch den Erwerber erfolgen muss.

- Dabei gehört neben der Kontrolle der mitgelieferten Lieferscheine auch die Untersuchung, ob die gelieferte Ware überhaupt der bestellten entspricht.

Was muss der Käufer tun?

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Form der Mängelrüge

Die Mängelanzeige ist formfrei möglich; der Käufer muss nach der ständigen Rechtsprechung aber im Zweifelsfall den Zugang der Mängelanzeige Beweisen, so dass sie jedenfalls schriftlich, angesichts der Dringlichkeit der Mitteilung, zunächst vorzugsweise vorab per Telefax und mit Einschreiben/Rückschein oder – bei wirtschaftliche bedeutenden Sachverhalten – per Bote erfolgen sollte.

Die Rüge muss vor allem präzise erkennen lassen, welcher genaue Mangel geltend gemacht wird und darf sich nicht auf pauschale oder abwertende Aussagen („unbrauchbar“, „derselbe Mist“) beschränken, da Sinn und Zweck der Mängelanzeige darin bestehen, den Verkäufer in die Lage zu versetzen, aus seiner Sicht und Kenntnis der Dinge zu erkennen, in welchen Punkten und in welchem Umfang der Käufer die gelieferte Ware als nicht vertragsgemäß beanstandet.

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Um den Zugang der Mängelrüge beweisen zu können, ist eine saubere Dokumentation beim Unternehmer entscheidend, da gemäß §175 ZPO nur durch den Zustellungsnachweis, sprich durch den Rückschein, die Zustellung beim Einschreiben/Rückschein bewiesen werden kann. Der Rückschein muss daher sorgfältig verwahrt werden.

Bei Verwendung eines Boten sollte aus praktischer Sicht sichergestellt werden, dass dieser auf der Kopie der Mängelrüge bestätigt wann, wo und bei wem er diese abgeliefert hat. Anderenfalls wird in einem Rechtsstreit, der möglicherweise erst Monate/Jahre später durchgeführt wird, dein Bote sich kaum mehr an Einzelheiten der Zustellung erinnern können. Auch dann schlägt der Beweis, dass eine Zustellung der Mängelrüge erfolgt ist, fehl.

Praxishinweis zur Zustellung der Mängelrüge:

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- An die erste grobe Überprüfung der Ware schließt sich sodann eine intensivere Untersuchung an, die bis zu einer Woche dauern kann.

- Die Intensität der Untersuchungen bemisst sich nach den jeweiligen Üblichkeiten der Branche. So kann es in der Baubranche genügen, wenn bei der Lieferung von großen Mengen gleichförmigen Materials (beispielsweise Steinen, Schotter, umfangreiche Ladungen von Kalksandsteinen oder Dachziegeln etc.) eine Stichprobenuntersuchung vorgenommen wird (Dokumentieren!)

- Als Faustformel kann gesagt werden, dass regelmäßig zumindest rund zehn Prozent der angelieferten Ware einer Stichprobenprüfung zu unterziehen sind.

- Auch bei wiederholten Lieferungen gleichartiger Ware (Teillieferungen) ist in aller Regel jede Einzellieferung zu untersuchen und zu rügen.

Was muss der Käufer tun?

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Praxisfall OLG Saarbrücken, IBR 2011, 80:

Handelskauf: Muss der Käufer verbliebene Mängel nach Nachbesserung nochmals sofort rügen?

Sachverhalt:

Nach Anlieferung gekaufter Ware rügt der Käufer unverzüglich Mängel und fordert unter Fristsetzung zur Nacherfüllung auf. Der Verkäufer holt daraufhin die Ware ab, repariert sie und bringt sie am 25.07.2007 wieder zurück. Die Reparatur ist allerdings nicht erfolgreich. Erst mit anwaltlichem Schreiben vom 25.09.2007 erklärt der Käufer deshalb unter Verweis auf die immer noch vorhandenen Mängel den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Käufer will sodann den gezahlten Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe der Ware zurück.

Lösung:

Der Rücktritt vom 25.09.2007 hilft dem Käufer nicht. Im vorliegenden Handelsverkehr hätte er gemäß § 377 HGB die Ware, nach der vermeintlichen Nachbesserung noch einmal unverzüglich auf Mängel untersuchen und (weiterhin) vorhandene Mängel sofort gegenüber dem Verkäufer nochmals rügen müssen. Dies hat der Käufer hier versäumt, indem er zwei Monate mit dem Rücktritt zugewartet hat.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Probleme durch Vertragsgestaltung vermeiden:

Um die für den Käufer bittere Rechtsfolge des § 377 HGB zu vermeiden, müssen die Weichen schon bei der Vertragsgestaltung richtig gestellt werden.

- In einer individualvertraglichen Vereinbarung kann die Untersuchungs- und Rügepflicht des § 377 HGB abbedungen werden.

- Ob die formularmäßige Einschränkung in AGB bzw. der gänzliche Ausschluss der Prüfungs- und Rügepflicht zulässig ist, ist sehr zweifelhaft. Ein Ausschluss auch für offenkundige Mängel wird jedenfalls für unwirksam gehalten Eine Einschränkung soll aber wirksam sein, wenn zugleich Qualitätssicherungssysteme auf Seiten des Verkäufers vereinbart und damit die Prüfungspflicht faktisch auf diesen verlagert wird.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Sonderfall: Rügepflicht im Anlagenbau

OLG Naumburg, IBR 2010, 204 („Kartoffelchips-Entscheidung“)

Klägerin und Beklagte sind Unternehmer. Die Klägerin betreibt eine Anlage zur Kartoffelverarbeitung; die Beklagte ist ein Maschinenbauunternehmen, das von der Klägerin im Jahr 2000 mit der Konzipierung, Lieferung und Montage einer vollständig neuen Kartoffelchips-Produktionslinie sowie der Lieferung und Montage von Anlageteilen zur Erweiterung der bestehenden Kartoffelchips-Produktionslinie beauftragt wird.

Die neue Gesamtanlage wird im Januar 2001 von der Klägerin in Betrieb genommen. Im April 2001 rügt die Klägerin erstmals gegenüber der Beklagten, dass die gelieferte und montierte Anlage eine vertraglich vereinbarte Schälverlustgarantie nicht einhalte und zudem der vertraglich zugesicherte Restwassergehalt der Kartoffelscheiben bei Backofeneinlauf bei beiden Produktionslinien nicht eingehalten werde. Die Beklagte verweigert jedoch eine unentgeltliche Mängelbeseitigung. Die Klägerin verlangt Schadensersatz wegen Nichterfüllung

Entscheidung:

Die Untersuchungs- und Rügelast der Klägerin ist noch nicht mit der Lieferung und Montage einzelner Anlagenteile entstanden, da sich der Mangel übermäßiger Schälverluste frühestens bei Inbetriebnahme der Anlage nach Lieferung aller Anlagenteile und ihrer vollständigen Montage und der Einweisung der Klägerin in die Anlagebedienung habe zeigen können. Mit Inbetriebnahme der beiden Produktionslinien im Januar 2001 war die Klägerin jedoch in der Lage, die Einhaltung der vertraglichen Schälverlustgarantie zu überprüfen und im Beanstandungsfalle die Mangelsymptome der Beklagten gegenüber anzuzeigen. Die Rüge im April 2001 ist daher nicht mehr unverzüglich erfolgt.

Kauf- und Liefervertrag am Bau

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Aber:

Ob mit dem OLG Naumburg eine vorherige Untersuchung von Einzelfunktionen einer Anlage durch isolierte Probeläufe nicht erforderlich und zumutbar ist, erscheint eher fraglich. Der BGH hat diese Frage bislang nicht entschieden.

Regelungsvorschlag für Lieferung von Anlagenbauteilen:

-Individualvertragliche Abbedingung der handelskaufrechtlichen Rügepflicht

-Individualvertragliche Vereinbarung eines gemeinsamen Abnahmezeitpunktes, zu dem die montierten Anlagenbauteile getestet werden (ggf. mehrwöchigen Probebetrieb vereinbaren)

- Klare Formulierungen, dass das handelskaufrechtliche Problem bei Vertragsschluss gesehen wurde.

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Durch „Rechtswahl“ Werkvertragsrecht vereinbaren?

„Auf den vorliegenden Vertrag findet Werkvertragsrecht Anwendung.“

Eine lediglich pauschale Verweisung auf das Werkvertragsrecht wirft eine Fülle von Problemen auf, welche Vertragspflichten bestehen (so etwa die Frage, unter welchen Voraussetzungen Abschlagszahlungen geschuldet sind oder eine Sicherheit gestellt werden muss) Eine pauschale Verweisung auf das Werkvertragsrecht wird man daher wegen fehlender Transparenz als unwirksam anzusehen haben, 307 Abs. 1 Nr. 2 BGB.

Auch in individualvertraglicher Abrede ist hiervon – ebenso wie von der Vereinbarung der VOB/B bei Kaufverträgen – dringend abzuraten, da letztlich nicht klar ist, welche einzelnen Vertragspflichten bestehen und nach der höchstr. Rechtsprechung BGH NJW 1973, 1235 (zu notariellen Bauträgerverträgen) Parteien den Vertragstypus nicht frei wählen können.

Stattdessen sollten, wenn überhaupt, nur einzelne passende werkvertragliche Regelungen (etwa Abnahmeregelungen) mit ausdrücklichem Verweis auf den Kaufvertragscharakter individualvertraglich vereinbart werden.

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So auch: Jansen, IBR-Online 2010:

Eindringlich zu warnen ist vor der unkritischen Einbeziehung der VOB/B in Verträge, die nach der nunmehr gefestigten Rechtsprechung des BGH dem Kaufrecht unterfallen.

Die VOB/B ist auf das Werkvertragsrecht zugeschnitten und soll die werkvertraglichen Regelungen für Bauverträge ergänzen und modifizieren. Sie sieht deshalb schon während des Herstellungsvorgangs umfangreiche Kontrollrechte des Bestellers, einen Anspruch auf Mangelbeseitigung schon vor Abnahme und ein daraus folgendes Kündigungsrecht vor.

Sie räumt dem Besteller unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht zur Selbstvornahme ein und einen sich daraus ergebenden Vorschuss- bzw. Kostenerstattungsanspruch.

Alle diese Regelungen - die Liste ließe sich beliebig ergänzen - sind dem gesetzlichen Leitbild Kaufrecht so fremd, dass von der Einbeziehung der VOB/B in solche Verträge gänzlich abgesehen werden sollte.

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Praxisfall: OLG Rostock, BauR 2010, 1223: Irrtum über das anzuwendende Vertragsrecht Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) auf dessen Angebot hin mit der Lieferung von herzustellenden beweglichen Bau- und Anlagenteilen, die in ein Bauwerk eingebaut werden sollen. Der Einbau selbst soll jedoch nicht durch den AN ausgeführt werden. Im Angebot des AN heißt es:

"Für die Ausführung und Abrechnung gilt die VOB neueste Fassung." Im Auftragsschreiben des AG vom 26.07.2006 heißt es zudem: "Zahlungsbedingungen: 3% Skonto, 10 Kalendertage, sonst VOB bei 100% Auszahlung, ...".

Die Auftragsbestätigung des AN vom 01.08.2006 enthält ebenfalls die Klausel: "3% Skonto, 10 Kalendertage, sonst VOB bei 100% Auszahlung". Der AN klagt nach Lieferung der herzustellenden beweglichen Bau- und Anlagenteilen auf Zahlung der vereinbarten Vergütung. Der AG verweigert die Zahlung und beruft sich auf die Mangelhaftigkeit der gelieferten Bauteile. Demgegenüber wendet der AN ein, der AG habe - was zutrifft - die Mängel nicht unverzüglich gemäß der kaufmännischen Untersuchungs- und Rügepflicht der §§ 377, 381 Abs. 2 BGB nach Anlieferung der Ware gerügt.

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Die Vergütungsklage hat Erfolg.

Der AG kann sich, mangels rechtzeitiger Rüge gemäß § 377 Abs. 1, 2 HGB, nicht wirksam auf die Mangelhaftigkeit der angelieferten Bauteile berufen, da diese als genehmigt gelten.

Die Regelungen zur handelskaufrechtlichen Mängelrüge sind nach dem OLG anwendbar, da das OLG Rostock davon ausgeht, dass auf den Liefervertrag über Bauteile - trotz der Vereinbarung der VOB/B - Kaufrecht und nicht Werkvertragsrecht anwendbar ist.

Eigentlich hätte das OLG sich mit der Frage befassen müssen, ob die kaufmännische Untersuchungs- und Rügepflicht deshalb nicht zum Tragen kommt, weil die vereinbarte VOB/B hiervon abweichende Regelungen enthält (so etwa Ingenstau/Korbion-Keldungs, § 1 VOB/B Rz. 11).

Statt dessen formuliert das Gericht etwas polemisch: "Die Vereinbarung der VOB ist gegenstandslos, da diese nur auf Bauleistungen anzuwenden ist. Die Rechtsauffassung (des AG) würde demgegenüber in letzter Konsequenz auch noch den Auto- oder Lebensmittelkauf zum Werklieferungsvertrag machen, auf den dann möglicherweise gar noch die Bestimmungen der VOB/B Anwendung finden könnten.“

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Wie geht man richtigerweise mit solchen Scheinwerkverträgen (Jansen) um?

Fuchs hält zurecht fest, dass wenn die Parteien von der Geltung des Werkvertragsrechts ausgehen und die VOB/B vereinbaren, obwohl Kaufvertragsrecht anwendbar ist, es nur zwei Lösungen:

Entweder, man kann den Vertrag so auslegen, dass die VOB/B nur bei Anwendung des Werkvertragsrechts gelten sollte, wofür eine entsprechenden Feststellung des Parteiwillens erforderlich wäre (abzulehnen).

Oder man wird die Wirksamkeit jeder einzelnen (streitrelevanten) VOB/B-Klausel als AGB so zu prüfen haben, als hätten die Parteien ein sonstiges nicht auf das Kaufvertragsrecht zugeschnittene AGB-Regelwerk vereinbart. Da durch vertragliche Gestaltung das disponible Kaufvertragsrecht dem Werkvertragsrecht weitestgehend angenähert werden kann, wird man aber nicht in „Bausch und Bogen“ von der Unanwendbarkeit der gesamten VOB/B ausgehen können (Inhaltskontrolle vor dem gesetzlichen Leitbild des Kaufvertrages), mit der Folge praktisch unvorhersehbarer vertraglicher Rechtsfolgen.

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Fazit:

Dringend abzuraten ist von einer leichtfertigen Vereinbarung der VOB/B

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Praxisfall: „Stahleinkauf“, OLG Hamm IBR 2010, 568

Der Käufer beauftragte den Verkäufer mit der Lieferung von Stahl. Dabei wurde vertraglich vereinbart, dass der Kohlenstoffgehalt des Stahls allenfalls 0,05% betragen dürfe und der Verkäufer bei Lieferung ein Werkszeugnis über die chemische Stahlgüte vorzulegen habe. Die Anlieferung des Stahls erfolgte durch den Verkäufer im August 2007. Dabei legte der Verkäufer dem Käufer auch das geforderte chemische Werkszeugnis vor, in dem es wörtlich heißt: "Es wird bestätigt, dass die Lieferung den Anforderungen der Lieferbedingung entspricht". Erst sechs Monate später unterzog der Käufer den angelieferten Stahl auch selbst einer chemischen Prüfung und stellte dabei fest, dass der Kohlenstoffgehalt des angelieferten Stahls über den vereinbarten 0,05% lag. Nach erfolgloser Rüge und Nacherfüllungsverlangen machte der Käufer Schadensersatz geltend.

Rechtslage?

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Das OLG Hamm ist der Auffassung, dass es sich bei der nicht vertragsgemäßen chemischen Zusammensetzung um einen offenen Mangel im Sinne des § 377 Abs. 1, 2 HGB handelt.

Diesen offenen Mangel hätte der Käufer unverzüglich nach Eingang und branchenüblicher Prüfung der Ware rügen müssen. Da die Rüge erst sechs Monate nach Lieferung erfolgte, galt die Ware gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt. Ein offener Mangel liegt vor, wenn er entweder bei der Ablieferung offen zu Tage tritt - was hier hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung eindeutig nicht der Fall war - oder - was das OLG hingegen bejaht - wenn er bei einer branchenüblichen Untersuchung des Käufers alsbald nach der Ablieferung hätte festgestellt werden können. Ob eine solche Untersuchung durchzuführen ist, bemisst sich danach, ob solche Untersuchungen in der Branche in Betrieben vergleichbarer Art üblicherweise vorgenommen werden. Das OLG Hamm klärt die Frage der Branchenüblichkeit mit sachverständiger Hilfe. Der befragte Sachverständige erklärt, dass es in der Stahlbranche trotz Vorlage eines Werkszeugnisses üblich sei, als Käufer eigene chemische Untersuchungen an der angelieferten Ware vorzunehmen. Dem schließt sich das OLG an.

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Fazit:

Das von Seiten des Verkäufers vorzulegende Werkszeugnis über die Stahlgüte war für den Käufer letztlich wertlos.

Nach der Rechtsprechung darf sich der Käufer nicht unbesehen auf Verkäuferangaben zum chemischen Anteil eines bestimmten Elements verlassen, wenn gerade dieser Anteil zentrale Bedeutung und negative Auswirkung für die vorgesehene Verarbeitbarkeit des Stahls hat (BGH, MDR 1970, 128).

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Was tun?

Es bietet sich aus Käufersicht, neben der individualvertraglichen Abbedingung der Rügepflicht, an, vom Verkäufer nicht nur ein Prüfzeugnis zu fordern, sondern sich die chemische Zusammensetzung des Stahls ausdrücklich schriftlich in Form eines selbstständigen Garantieversprechens garantieren zu lassen.

Auf Ansprüche aus einem selbstständigen Garantievertrag findet§377 HGB keine Anwendung!

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

► Fall 13 „Der ängstliche Fensterlieferant“

Der AG bestellt bei dem AN 150 Fenster für ein Bürogebäude, das auf einem dem AG gehörenden Grundstück errichtet werden soll. Der AN fragt seinen Rechtsanwalt, welche Möglichkeiten bestehen, seinen Vergütungsanspruch zu sichern.

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

► Vertragliche vereinbarte Sicherungselemente

Unternehmerpfandrecht, § 647 BGB? gilt nur für die Ausbesserung von Sachen des Bestellers

Sicherungshypothek gem. § 648 BGB? Voraussetzung: „Wertsteigerung an dem Grundstück des Bestellers.

Wäre hier ggf. zu bejahen, wenn der AN die Fenster auch einbaut.

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

Exkurs:► Was gilt für den Gerüstbauer?

OLG Köln BauR 2000, 1874 = Werkunternehmer (altes Recht)

► Architekt? BGHZ 51, 190 bei „Wertvergrößerung“

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

► Weitere Sicherungsmittel

Bauhandwerkersicherung gem. § 648 a BGB Eigentumsvorbehalt

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

► Fall 15 „Die Gesamtschuld“

Der AG hatte den AN mit Fliesenarbeiten in seinem Wohnhaus beauftragt. Die Keramikfliesen kaufte der AN bei dem Baustoffhändler V und baute diese dann ein. Kurze Zeit später zeigten sich beträchtliche Rissbildungen.

Der AG kann den AN wegen zwischenzeitlicher Insolvenz nicht mehr in Anspruch nehmen. Ist ihm zu helfen?

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

► Vertragliche Ansprüche bestehen nicht.► Der Baustofflieferant steht mit dem Unternehmer

gegenüber dem AG in keiner Zweckgemeinschaft, so dass Anhaltspunkte für eine gesamtschuldnerische Haftung nicht bestehen.

► § 1 ProdHaftG (-), da keine andere Sache beschädigt wurde.

► Delikt i.d.R. (-)

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

► Fall 16 BGH NJW 1981, 2248„Die Garantie“ vgl. Fall 3

Der AG ließ durch ein Fachunternehmen im Jahre 2000 Flachdächer mehrerer Wohnhäuser decken. Dabei wurden Dämmplatten des Produzenten P verbaut. Bezogen wurden diese Dämmplatte über den Baustoffhändler H.

P Händler AN AG

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

► Da es sich um neuartiges Material handelte, gab P schriftlich gegenüber dem AG folgende Erklärung ab:

„Garantieerklärung:

Unter der Voraussetzung, dass unsere Dämmplatten sach- und fachgerecht verlegt werden, übernehmen wir für die Funktionstüchtigkeit und die Beibehaltung der zugesicherten Eigenschaften eine Garantie von zehn Jahren und haften während des Zeitraums auch für Folgeschäden.“

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

► Nach 2 Jahren zeigten sich an dem Dach erhebliche Mängel.

► Der AG verklagte zunächst den AN auf Schadensersatz für die Neuherstellung der Dachflächen. Im Zuge des Rechtsstreits stellte sich heraus, dass schadensursächlich die fehlerhaften Dämmplatten waren. AN fällt in die Insolvenz. Vier Jahre Später nimmt der AG den P in Anspruch. Der beruft sich u.a. auf Verjährung. Zu recht?

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Zusatzqualifikation Baurecht Uni Marburg Vorlesung am 29. Juni 2011

► Anspruchsgrundlage könnte die „Garantieerklärung“ sein. Vertragliche Vereinbarung dürfte zu bejahen sein, da Annahmeerklärung ausnahmsweise entbehrlich, § 151 BGB

► Ggf. Vertrag zu Gunsten oder mit Schutzwirkung für Dritte, § 328 BGB

► Problem Verjährung: 10 Jahre nur für die Dauer der Garantie Tritt der Garantiefall ein, wird der Anspruch fällig. Es gelten dann die gesetzlichen Fristen

► Auslegung im Einzelfall!

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Literatur

► Gay, BauR 2010, 1827► Jansen, IBR 2010, 1361 (nur online)► Koppmann, IBR 2011, 1018 (nur online)► Rudolph, BauR 2012, 557► Schreiner/Pisal, BauR 2011, 571 ► Voit, BauR 2009, 369► Weglage/Sitz, NZBau 2011, 457; 532

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