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ETHOLOGIE Roland Gerstmeier Alternative Paarungsstrategien Individuen innerhalb einer Art können von der Mehrheit abweichen ! ?? „abnormes“ Verhalten ?? Oft gibt es mehrere Strategien, um ein Weibchen zu finden und sich mit ihm zu paaren.

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Alternative Paarungsstrategien

Individuen innerhalb einer Art können von der Mehrheit abweichen !

?? „abnormes“ Verhalten ??

Oft gibt es mehrere Strategien, um ein Weibchen zu findenund sich mit ihm zu paaren.

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Beispiel 1: Aaskäfer (Nicrophorus vespilloides)

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Beispiel 2: Stichling (Gasterosteus aculeatus)

hohes RF-Risiko

niedriges RF-Risiko

schlechte Lichtbedingungen

gute Lichtbedingungen

RF = Raubfeind (Bachforelle)

UmweltabhängigeVariable !UmweltabhängigeVariable !

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SatellitenstrategieKonkurrierende %% setzen ihre Körperstärke ein verbesserterFortpflanzungserfolg !z.B. Rothirsch, See-ElefantenAlternative Strategie: Dickhornschaf (Satellit)Satelliten erschleichen sich Kopulationen, z.B. Ochsenfrosch

71 Kop.

2 Kop.

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Nordamerikanischer Sonnenbarsch (Lepomis macrochirus)

Sneaker

21% der %% bereits mit 2 Jahrengeschlechtsreif Brutparasiten

79% mit 7-8 Jahren geschlechtsreif

► Reales Verhältnis: 15% territoriale%% 85% brutparasitische %%

trotzdem: nur 14% der Eier von Brutparasiten befruchtet !

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Brutparasiten:

+ Bessere Chancen die Geschlechtsreife zu erreichen+ Keine Kosten für Revierverteidigung und Brutpflege- Geringere Besamungschancen

Territoriale %%:

- Geringere Chancen die Geschlechtsreife zu ereichen- Zeit und Energie für Revierverteidigung und Brutpflege+ Bessere Besamungschancen

Beide Strategien befinden sich wahrscheinlich im evolutionären Gleichgewicht =

Evolutionsstabile Mischstrategie

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Forschungsbeispiel: Grüner Schwertträger (Xiphophorus helleri)

Problemstellung: im Aquarium stabile soziale Rangordnungen

im Freiland Kämpfe Stress + hohe physiologische Kosten

erhöhte Fitness durch 2 Mechanismen:

1) Ranghohe %% vertreiben andere %% („male-male competition“)2) && wählen bevorzugt ranghohe %% („female mate choice“)

Satellitenstrategie: rangniedere ♂♂ halten sich in der Nähe der ranghohen ♂♂ auf

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= home range

Fokus-Tier-Methode

Angriffe (Verjagen)FluchtWiegebalzKopulationsversucheerfolgreiche KopulationenFressen

[= Ethogramm]

Methodik indiv. Markierung, „Messlatte“, Beobachtungsprotokoll =

grau: dominantes ♂rot: mittelrangighellrot: tiefrangig

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Schlussfolgerungen

Keinem der ♂ gelang es, sein home range in alleinigen Besitz zu nehmen

Rangniedere ♂♂ Satellitenmännchen

Dominantes ♂ konnte ♀♀ nur vorübergehend monopolisieren

Satellitenmännchen hatten weniger sexuelle Kontakte mit ♀♀

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Beispiel Kampfläufer(Philomachus pugnax)

? Evolutionsstabile Mischstrategie

Lek&

Satellit

♂ territ.

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Beispiel Feigenwespen (Idarnes spp.)

Männchen-Dimorphismus

♂ Kämpfer ♂ Abwanderer ♀

Kämpfer und Abwandererexistieren nebeneinanderim Gleichgewicht

Szenario 1: Mehrheit der ♂♂ sind Abwanderer → ♂♂ in Feige mit hohem Paarungserfolg

Szenario 2: Mehrheit flügelloser ♂♂ → Konkurrenz um ♀♀ in Feige sehr groß

Szenario 3: Viele ♀♀ in Feige → Kämpfer im Vorteil

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Szenario 4: Wenige ♀♀ in Feige → Abwanderung ist profitabler

Bei 10 Feigenwespenarten gibt eseine Korrelation zwischen geflügeltenMännchen und dem Anteil der ♀♀, diedie Feige vor der Paarung verlassen !

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Ausgeprägter Sexualdimorphismus beim Orang Utan:

♀ ca. 30 kg mit 15 J.dann 35 - 40 kg

Adultes ♂ ca. - 80 kg

Subadultes ♂ ca. 35 - 60 kg

Beide ♂-Typen sind geschlechtsreif und aktiv!= Bimaturismus

Zwei alternative evolutionäre Strategien !

• Langer Haarmantel• Kehlsack• Backenwülste• "Long Call"

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Drei Männchenmorphen

große α-♂: verteidigen Harems

kleinere β-♂: täuschen durch Weibchenmimikry

winzige γ-♂: verstecken sich innerhalb eines Harems

Alle 3 Männchenmorphen haben den gleichen Reproduktionserfolg

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Eine andere Art kommt zusätzlich ins Spiel:

Gryllus + Euphasiopteryx (Tachinidae, Raupen- oder Schmarotzerfliege)

Anzahl && Anzahl Satelliten-%%

Anzahl parasi-tärer Fliegen

Ruhe 0 0 0

80 dB Zirpen 7 7 3

90 dB Zirpen 21 16 18

von 14 ♂♂ waren 11 parasitiert

von 29 Satelliten-♂♂ waren 4 parasitiert

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Umweltsituation alternative Paarungsstrategien

Quaken alle ♂♂ viele Satelliten

Satellitenstrategie Quaken

Anpassung an das Verhalten anderer Individuen

Hyla cinerea♂♂ unterscheiden sich nicht in Körpergröße

wechseln zwischen beiden Strategien

gleicher Erfolg bei Weibchen

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Geschlechtsumwandlung als alternative Strategie

a) Bei geringer Körpergröße lohnt es sich ein & zu sein

b) Beginn als %, später Wechsel zum &

Protogyner Hermaphroditismus Protandrischer Hermaphroditismus

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Protogyner HermaphroditismusBlaukopf-Meerjunker (Thalassoma bifasciatum)

Werden die größten % % entfernt, wechseln die nächstgrößeren Tiere (also & &) das Geschlecht und werden % %.

Große Riffpopulation (-16.000): primäre % % sind dominant; andere sind sneakerKleine Riffpopulation (max 20): beginnen als & &; wenn größer: Geschlechts-

umwandlung zu % % vorteilhaft

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Protandrischer HermaphroditismusAnemonenfisch (Amphiprion akallopisos)

Lebensweise in der Anemone paarweise! = Monogames Paarungssystem

Entfernt man das & und schließt sich dem % ein kleinerer Fisch an, ändertdas „alte“% sein Geschlecht ( &), der neue Partner wird zum %

Hermaphroditismus findet man also dann, wenn der Fortpflanzungserfolg für ein Tier bei einem Geschlechtswechsel höher ist, als wenn es sich lebenslang als & oder %fortpflanzen würde.

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Warum beginnen junge See-Elefanten ihr Leben nicht als &und wandeln sich dann in %% um...??

• Geschlechtsdifferenzierung b. Säuger wesentlich komplizierter

• Innere Befruchtung

• &&→ aufwendige Brutpflege

• Erfahrung, um ein erfolgreiches % sein zu können